Sprachpsych PP

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Sprachpsych PP
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 1 -
Sprachpsychologie
Prof. Dr. Joachim Funke
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 2 -
Sprachpsychologie: †bersicht (1)
1 Allgemeine Sprachpsychologie
¨1.1 EinfŸhrung
¨1.2 Strukturen sprachlicher €u§erungen: Dialog,
Monolog, Satzstrukturen
¨1.3 Sprachverstehen (Wort - Satz -Text)
¨1.4 Sprachproduktion
¨1.5 RelativitŠt vs UniversalitŠt
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 3 -
Sprachpsychologie: †bersicht (2)
2 Spezielle Sprachpsychologie
¨2.1 Entwicklung der Sprache: Phylogenese (Schrift)
¨2.2 Entwicklung der Sprache: Ontogenese
¨2.3 Pathologie der Sprache, Fehlleistungen
¨2.4 Soziolinguistik
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 4 -
Sprachpsychologie: †bersicht (3)
3 Angewandte Sprachpsychologie
¨3.1 Textanalyse und -produktion: VerstŠndlichkeit,
Werbung
¨3.2 Lesen & Legasthenie
¨3.3 Diagnose: Sprachnormen, Sprachtests,
Graphologie
¨3.4 Sprachen lernen: Mutter- und Fremdsprache
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 5 -
†ber Sprache
ÒDer Besitz der Sprache unterscheidet den Menschen
vom Tier. In der Sprache liegen alle Mšglichkeiten des
Menschseins beschlossen. Wahrheit gibt es nur in ihr
oder jedenfalls nur auf dem Weg Ÿber sie. Nur in der
Sprache kann man lŸgen.Ò
[H…RMANN, 1967, ãPsychologie der SpracheÒ]
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 6 -
1 Allgemeine Sprachpsychologie (1)
Gegenstand der SP ist ...
¨nicht die Sprache, sondern das menschliche
Individuum, das fŸr verschiedenste Zwecke Sprache
produziert und rezipiert, im kommunikativen Kontext
¨ÒPsycholinguistikÒ: hŠufig synonym fŸr SP
¥spezifischer: Forschung, die sich mit dem Nachweis der
psychologischen RealitŠt linguistischer Strukturen und Regeln
beschŠftigt
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 7 -
Allgemeine Sprachpsychologie (2)
Sprachproduktion:
¨Sprechen als Erzeugung geordneter Folgen von
Sprachlauten
¨die diesem Vorgang vorangehenden Prozesse
(Sprachplanung)
¨die diesen Vorgang begleitenden Kontroll- und
Regulationsprozesse
¨phonetische wie nicht-phonetische Sprachproduktion
(Schreiben!)
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 8 -
Allgemeine Sprachpsychologie (3)
Sprachrezeption:
¨Wahrnehmung partnerseitigen Sprechens (=Hšren
von Gesprochenem)
¨Prozesse der kognitiven/emotionalen
Weiterverarbeitung des Gehšrten
¨handlungsbezogene Nutzung (mi§-)verstandener
€u§erungen
¨Lesen von Geschriebenem
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 9 -
Klassisches Kommunikationsmodell
EmpfŠnger
Sender
Bedeutungsvorrat
Bedeutungssequenz
Zeichensequenz
Zeichenvorrat
Bedeutungsvorrat
BedeutungsZeichenZuordnung
Nachricht
(Stšrung)
Bedeutungssequenz
Zeichensequenz
Zeichenvorrat
¨zu primitiv fŸr menschliche Sprache!
[nach HERRMANN, 1990, S. 287]
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 10 -
Sprachrezeption und Sprachproduktion
sprachlicher Input
nichtsprachlicher Input
Sprachrezeption
Laut- und
Buchstabenidentifikation
Sprachproduktion
Bereitstellung der
kognitiven
€u§erungsbasis
Wort- und
Wortfolgenidentifikation
Erkennen von kognitiven Inhalten
Erkennen der Sprecherintention
Situationsauffassung und
Handlungsplanung
Selektion/Linearisierung
des semantischen Inputs
Bewertungen
Sprachliche
Enkodierung
akustisch-phonetische
Realisation
nichtsprachlicher Output
[nach HERRMANN, 1990, 317]
sprachlicher Output
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 11 -
Zwecke einer Sprechhandlung
eine Frage
beantworten
Aufforderung,
das zu Šndern
Vorwurf
machen
?
eine Aussage
machen
um Rat
bitten
"Die Suppe ist fad"
[nach Grimm, 1982, 511]
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 12 -
1.1 EinfŸhrung
¨Unterscheidung von SAUSSURE:
¥ãSpracheÒ (language; la langue):
>ein fŸr eine Sprachgemeinschaft verbindlicher, gesellschaftlich
normierter und historisch verŠnderlicher Bestand an Phonemen,
Wšrtern, grammatikalischen Regeln usw.
¥ãSprechenÒ (speech; la parole):
>individueller Akt der Sprachnutzung; wesentlich durch
nichtsprachliche Bedingungen (allgemeines Weltwissen z.B.)
determiniert
¨zentraler Begriff der Sprachwissenschaft:
¥das Zeichen!
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 13 -
Semiotik (= allg. Zeichentheorie)
¨(1) Syntax
¥Beziehungen zwischen Zeichen
¨(2) Semantik
¥Bedeutung von Zeichen (-> Lexikon!)
¨(3) Pragmatik
¥Beziehung zwischen Zeichen und ihren Benutzern
(kommunikativer Aspekt)
=> die Reihenfolge ist charakteristisch fŸr Linguisten:
erst kommt das Zeichen, dann haben sie eine
Bedeutung und kšnnen schlu§endlich sogar
verwendet werden...
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 14 -
Organon-Modell
GegenstŠnde und
Sachverhalte
Symbol
Darstellung
Organon-Modell
nach Karl
B†HLER
(vereinfacht)
Z
Ausdruck
Symptom
Sender
Appell
Signal
EmpfŠnger
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 15 -
Zeichenkonzept nach MORRIS
Bezeichnetes
semantische
Dimension
z
syntaktische
Dimension
Zeichen
Vereinfachtes
Schema nach
MORRIS (1972)
pragmatische
Dimension
Zeichenbenutzer
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 16 -
Referentielle Zeichen-Auffassung
¨Òstat aliquid pro aliquoÒ (etwas steht fŸr etwas
anderes; mittelalterliche Scholastik)
¨(a) Wie erhŠlt ein Zeichen Bedeutung? (wie wird aus
dem ZeichentrŠger ein Zeichen?)
¥Schaffung von Zeichen durch Festlegung bzw. †bernahme
von Konventionen - Kommunikative Erfahrung!
¨(b) Was ist Òdas BezeichneteÒ?
¥Lautgestalt + Inhalt (signifikant + signifiŽ, SAUSSURE)
¥jedoch: was ist der Inhalt von ãaber, ãfŸrÒ, etc.?
¨(c) was hei§t ÒfŸr etwas stehenÒ?
¥keine statische Stellvertretung des ãApfelÒ fŸr einen Apfel,
sondern als Teil der zwischen zwei Menschen in einer
Situation wirksamen Dynamik (auf dem Marktplatz z.B.)
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 17 -
Versuch von OLSON (1970)
¥OLSON (1970): Bezeichnung fŸr ein Holzklštzchen Šndert sich je
nach Kontext der daneben liegenden Klštze: das runde, wei§e...
Item
StandardKontextGegenstand GegenstŠnde
Sprach
verhalten
1
der wei§e
2
der runde
3
der runde wei§e
4
der Holzklotz
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 18 -
Strukturalistische Zeichen-Auffassung
¨nach SAUSSURE wird ein Zeichen durch das
definiert, was es von anderen unterscheidet (=
formale Definition)
jedoch...
¨sind Unterschiede nicht immer nur objektiv gegeben
¨z.B. in der Phonologie werden Laute, die ein Ònative
speakerÓ als gleichbedeutend akzeptiert, zu einem
Phonem klassifiziert, auch wenn es tatsŠchlich
Allophone sind!
¨d.h. keine Unterschiede Òan sichÒ, sondern immer nur
in Bezug auf die Gelegenheiten der Verwendung von
Zeichen
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 19 -
Historisches (1)
l Antike
¨Sprache als ÒOrganonÒ (Werkzeug)
l Neuzeit
¨Behaviorismus
¥Sprache lŠ§t sich nicht auf einfache Reiz-Reaktions-Formel
bringen
¨Gestaltpsychologie
¥interessiert sich nicht fŸr Sprache
¥Ausnahme: BŸhler (1934) ãSprachentheorieÒ -> Emigration...
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 20 -
Historisches (2)
l Erst
in den 50er Jahren ...
¨wird ÒSpracheÒ als Thema von Psychologen
wiederentdeckt!
l Zur
gleichen Zeit Revolution in der
Sprachwissenschaft:
¨von der Philologie (Literaturwissenschaft) ...
¨... Ÿber die Sprachgeschichte (Diachronie) ...
¨... zur Sprachstruktur
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 21 -
Noam CHOMSKY (1955)
l stellt
neue Frage (im Unterschied zu Ferdinand
de SAUSSURE, 1916):
¥nicht mehr Sprache untersuchen als geschlossenes System
von Zeichen,
¥nicht mehr die systematische Struktur der Sprache an sich,
¥sondern Sprache als Ansammlung von Kenntnissen, die es
dem Sprecher einer Sprache gestatten, grammatikalisch
richtige von falschen SŠtzen zu unterscheiden.
l Kenntnisse:
¥Regelwerk, nach dem grammatisch richtige SŠtze generiert
werden (Ògenerative GrammatikÒ)
¥das Schreiben dieser Grammatik (als Theorie eines
Automaten) wird zur rationalen Theoriekonstruktion
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 22 -
Chomsky (2)
l Faszination
des CHOMSKY-Ansatzes fŸr
Psychologen:
¨Grammatik ist rationale Ausformulierung von
(unbewu§ten) Regelkenntnissen eines Sprechers
-> Bedeutung von Kognition!
¨GrundzŸge dieser Regeln sind angeboren
-> Suche nach der anthropologischen
Grundausstattung
¨Funktionieren des Regelwerks zeigt sich in der
Verwendung
-> dies festzustellen ist Aufgabe der Psychologie!
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 23 -
Chomsky (3)
¨klassische Vorstellung, wonach...
ÐLinguistik = liefert Beschreibung der Sprache
ÐPsycholinguistik = verwendet Begriffe und Konstrukte der
Linguistik bei der Untersuchung des Gebrauchs der Sprache
¥... hat sich als Irrtum erwiesen!!
¨Problem:
¥Sprache-an-sich wird untersucht, erst spŠter kommt
(eventuell) eine Pragmatik hinzu
¥FŸr Psychologie ist Zeichen aber immer verwendetes Zeichen!
¥linguistischer Ansatz: Sprache als System
¥psychologischer Ansatz: Sprache als funktionierendes
Werkzeug
¨Emanzipation der Psychologie von der Linguistik!
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 24 -
Verschiedene Ebenen
¥Morphem:
Ðkleinste bedeutungstragende Einheit (nicht identisch mit
Silbentrennung!)
Ðun-glŸck-lich; aber: Hose-n, nicht: Ho-sen
¥Phonem:
Ðkleinste bedeutungsunterscheidende Laut-Einheit
Ðz.B. (l) und (r): Land, Rand
ÐAllophone:
ÐLautvariation ohne €nderung der Bedeutung (z.B. Dialekte, Soziolekte)
¥Lexem:
Ðabstrakte Einheiten des Lexikons, die den verschiedenen
Flexionsfragen zugrunde liegen
¥Wort:
ÐBLOOMFIELD: ãminimale freie FormÒ
¥Satz:
Ðgrš§te linguistische Einheit, ãSpielfeld der GrammatikÒ
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 25 -
OberflŠchen- vs. Tiefenstruktur 1
l OS:
¨wahrnehmbare Gestalt eines Satzes (Segmentierung
derWortfolge durch Konstituentenanalyse)
l TS:
¨legt nach CHOMSKY fest:
¥grammatikalische Kategorien
¥grammatikalische Relationen zwischen den Kategorien
¥lexikalische Einheiten fŸr die grammatikalische Kategorien
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 26 -
OberflŠchen- vs. Tiefenstruktur 2
l Unterscheidung
erlaubt...
¨ ... Erkennen bedeutungsgleicher, aber verschiedener
SŠtze:
¥Der Vogel baut ein Nest.
¥Ein Nest wird vom Vogel gebaut.
¨ ... Erkennen von AmbiguitŠten:
¥Ich reibe drei Tage alte Brštchen.
¥Ich gehe zu meiner Bank.
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 27 -
Grammatiksystem
Syntax
+Lexikon
nach Chomsky (1969)
Tiefenstruktur
Semantischer
Teil
Transformationsregeln
Bedeutungsstruktur
OberflŠchenstruktur
Phonologischer
Teil
Artikulation
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 29 -
1.2 €u§erungsstrukturen
l Frage:
¨in welchem VerhŠltnis stehen Struktureigenheiten
(z.B. HS-NS) zu Produktions-/ Verarbeitungseinheiten
(z.B. Pausen)?
l Kontexte
sprachl. €u§erungen:
¨(1) Dialog / GesprŠch
¨(2) Monolog / Text
¨(3) Satz
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 30 -
Dialogstrukturen (1)
l (a)
Regeln zur Eršffnung
¨wer darf beginnen und wie?
¥amerikanische Studenten: ãHi.....byeÒ
¥japanische Studenten: zunŠchst Entscheidung der
Sprachebene (normal vs. hšflich)
¨Dialog: erfordert Abstimmung zw. 2 Partnern
¥ãSummons (Klingeln) - answerÒ-Folge (z.B. am Telefon)
l (b)
im GesprŠchsablauf
¨Signale Ÿber die Strukturierung:
¥Hšflichkeit: Verwendung von mehr Wšrtern!
¥Hšrer mu§ rechtzeitig erfahren, da§ er Sprecher wird
¥ãturn takingÒ, z.B. durch Blickkontakt markierte Pause; am
Telefon viele ãfalse-startsÒ!
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 31 -
Dialogstrukturen (2)
l (c)
HerbeifŸhren des Dialog-Endes am Telefon
¨abstrakt:
¥A und B einigen sich auf GesprŠchsende
¥Sie beenden es tatsŠchlich
¨praktisch:
¥A: gedehntes JAAAH...
¥B: langsames ALSO DANN
¥A: BIS BALD
¥B: CIAO
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 32 -
Vom Dialog zum Monolog
Probleme: z.B. bei einer Landschaftsbeschreibung
¨(1) Auflšsungsniveau (ÒlevelÒ)
¥wie prŠzise soll Schilderung sein?
¨(2) Inhalt
¥welche Teile sind erwŠhnenswert?
¨(3) Reihenfolge
¥zeitlich, rŠumlich, nach Wichtigkeit, etc.
¨(4) BezŸge zwischen einzelnen Teilen
¥abhŠngig vom Zweck
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 33 -
Monolog-/Textstrukturen (1)
l (a)
wie sind lŠngere €u§erungen gegliedert?
¨Linde & Labov (1975): 100 New Yorker sollten ihre
Wohnung beschreiben.
¥97% nehmen Hšrer auf eine Tour durch die Wohnung mit, 3%
entwerfen verbal einen Grundri§
¥Tourbeginn
ÐEingang der Wohnung, dann die Haupt-RŠume in der
Reihenfolge, wie sie vom Eingang aus erreicht werden; liegt hinter
einem Raum ein weiterer: kurzes ãHineinschauenÒ
¥ausfŸhrlicher:
ÐKŸche, E§zimmer, Wohnzimmer, Schlafzimmer (mit bestimmtem
Artikel!)
¥kŸrzer:
ÐAbstellraum, etc. (unbestimmter Artikel!)
¥insgesamt ca. 20 Regeln extrahierbar
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 34 -
Monolog-/Textstrukturen (2)
l (b)
Texte
¨†berschrift
¨Wiederholung von frŸheren Propositionen in spŠteren
¨Pronominalisierung (Paul... Er...)
¨Verwendung des bestimmten Artikels bei
Wiederholung (ein Tisch.... der...)
¨nach KINTSCH (1976) sind Propositionen die
zentralen Einheiten der Textanalyse
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 35 -
Modell von Kintsch (1976)
¨Beispiel fŸr eine hierarchische Propositionsstruktur nach Kintsch et
al. (1975)
¨TextoberflŠche:
¥Die Griechen liebten schšne Kunstwerke. Als die Ršmer die Griechen
besiegten, imitierten sie die Griechen und lernten so, schšne Kunstwerke
zu schaffen.
¨Textbasis:
¥Die Ziffern beziehen sich auf die Abfolge der einzelnen Propositionen in
der Textbasis. Einige Propositionen sind in andere eingebettet, was durch
entsprechende Ziffern in den einbettenden Propositionen gekennzeichnet
ist
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
(LIEBEN, GRIECHEN, KUNSTWERK)
(SCH…N, KUNSTWERK)
(BESIEGEN, R…MER, GRIECHEN)
(IMITIEREN, R…MER, GRIECHEN)
(ALS, 3, 4)
(LERNEN, R…MER, 8)
(KONSEQUENZ, 3, 6)
(SCHAFFEN, R…MER, 2)
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 36 -
Kintsch-Modell: KohŠrenz
¨strukturelle KohŠrenz eines Textes ergibt sich aus
¥†berlappung der Argumente in aufeinander folgenden
Propositionen
¥hierarchische Gliederung der Textbasis
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 37 -
Kintsch: empirische Befunde
¨KINTSCH & KEENAN (1973)
¥Pbn lesen Texte, die bei gleicher Wortzahl verschieden viele
Propositionen enthalten
¥je mehr Propositionen, umso langsameres Lesen
¨KINTSCH et al. (1975)
¥Pbn lesen Text und reproduzieren ihn
¥Propositionen der oberen Hierarchie-Ebenen hŠufiger erinnert
¨Kritik:
¥bei KINTSCHÔs Textmodell ist die pure Anzahl der
Propositionen ma§geblich
¨besser:
¥ãstory grammarÒ (Geschichtengrammatik) von RUMELHART
(1975) bzw. THORNDYKE (1977)
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 38 -
Story Grammar
¨Regelsystem der Story Grammar in der Version von
Thorndyke (1977)
1. STORY = SETTING + THEME + PLOT + RESOLUTION
2. SETTING = CHARACTERS + LOCATION + TIME
3. THEME = (EVENT)* + GOAL
4. PLOT = EPISODE*
5. EPISODE = SUBGOAL + ATTEMPT* + OUTCOME
6. ATTEMPT = [ EVENT*, EPISODE ]
7. OUTCOME = [ EVENT*, STATE ]
8. RESOLUTION = [ EVENT, STATE ]
9. [ SUBGOAL, GOAL ] = DESIRED STATE
10. [ CHARACTERS, LOCATION, TIME ] = STATIVES
Ðder links vom Gleichheitszeichen stehende Ausdruck kann durch
den rechtsstehenden ersetzt werden
Ð ein * kennzeichnet, da§ es sich um ein oder mehrere Ereignisse
handeln kann (nŠhere ErlŠuterungen siehe Text!).
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 40 -
l Figur
4: Hierarchische Struktur der Geschichte
ãCircle IslandÒ nach Thorndyke (1977). Die
Ziffern kennzeichnen die Propositionen von
Tabelle 2; ihre Anordnung ergibt sich nach dem
Regelsystem von Tabelle 1.
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 41 -
l Tabelle
3: Textgrammatik nach THORNDYKE.
l alter Bauer
¨(1) Es war einmal ein alter Bauer. (2) Der hatte einen
stšrrischen Esel. (3) Eines Abends wollte der Bauer
den Esel in seinen Stall bringen. (4) Zuerst zog der
Bauer den Esel. (5) Aber der Esel rŸhrte sich nicht. (6)
Dann schob der Bauer den Esel. (7) Aber der Esel
bewegte sich immer noch nicht. (8) Schlie§lich bat der
Bauer seinen Hund, (9) da§ er den Esel laut anbelle,
(10) damit dieser vor Schreck in den Stall ginge. (11)
Aber der Hund wollte nicht. (12) Da sagte der Bauer
zur Katze, (13) da§ sie den Hund kratzen solle, (14)
damit dieser laut belle, (15) wodurch der Esel in den
Stall gescheucht wŸrde. (16) Aber die Katze
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 42 -
Experiment von Thorndyke
¨Thorndyke (1977): bei gleicher Geschichte die
zugrundeliegende Struktur geŠndert
a) sinnvoller Aufbau entsprechend ãstory grammarÒ
b) Thema wird erst hinterher eingefŸhrt
c) Thema-Propositionen werden gar nicht eingefŸhrt
d) Text ohne Angabe von zeitlichen/kausalen Sequenzen
¨Ergebnisse:
¥je mehr innere Struktur die Geschichte enthŠlt, umso mehr
wird erinnert
¥Pbn von (a) erinnern nur die wichtigsten, Pbn von (b-d) nichtzentrale Propos.
¨insgesamt:
¥Verletzung der Text-Struktur fŠllt nur vage auf, im Unterschied
zum Satz, wo sofort ãAlarmklingelÒ lŠutet.
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 43 -
Story Grammar: Kritik
l Probleme
der story grammars:
¨mšgliche Inferenzen des Rezipienten beim Lesen
werden nicht berŸcksichtigt
¨Geschichten sind nicht starr festgelegt, wie es die
Geschichtengrammatik postuliert
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 44 -
(3) Satzstrukturen
¥syntaktisch-semantische Tiefenstruktur (TS) des Satzes
bestimmt seine Verarbeitung!
¥JOHNSON (1965): Modell fŸr Satzgenerierungsproze§:
Ðãvon links nach rechts - von oben nach untenÒ
Ðje hšher die Ebene der Kodiereinheit, umso mehr Schritte bis zur
Wortebene
Ðje hšher die Schrittanzahl, umso eher kommt es zu Fehlern (TEP,
transitional error probabilities: das vordere Wort erinnert, nicht aber das
folgende)
S
VP
NP1
Nomen
Art
Der
(1)
Adj
gro§e
(2)
NP2
Nomen
N
Junge
(3)
V
rettet
(4)
Art
die
(5)
Adj
hilflose
(6)
N
Frau
(7)
Schritt
------1
2
3
4
5
6
7
8
...
Inhalt
-----------S=NP*VP (123)+(4567)
NP=Art+Nomen (1)+(23)
Art=ãDerÒ
Nomen=Adj+N (2)+(3)
Adj=ãgro§eÒ
N=ãJungeÒ
VP=V+NP2 (4)+(567)
V=ãretteteÒ
...
KZG
-----VP
VP, Nomen
VP
VP, N
VP
NP2
...
ÐBefund: TEP (2Ð3) < (3Ð4), (2Ð3) < (1Ð2)!
[H…RMANN 1981, 95f.]
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 46 -
Eine einfache Grammatik
Nr
Ersetzungsregel
1
HS -> S + PKT
2
S -> NP + VP
3
VP -> VERB + NP
4
NP -> NOMEN
-> PRONOMEN
-> ART + (ADJ)
+ NOMEN
+ (PP)
5
PP -> P + NP
[WENDER, 1990, 575]
Kommentar
Ein Hauptsatz besteht aus einem Satz und
einem Punkt
Ein Satz besteht aus einer Nominalphrase und
einer Verbalphrase
Eine Verbalphrase besteht aus einem Verb und
einer Nominalphrase
Eine Nominalphrase besteht aus einem Nomen
oder
einem Pronomen oder
einem Artikel, evtl. einem oder mehreren
Adjektiven
und einem Nomen
plus evtl. einer Propositionalphrase
Eine Propositionalphrase besteht aus einer
Proposition und einer Nominalphrase
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 47 -
Generative Grammatik: Grenzen 1
¨rekursive Regeln sind nicht beliebig verschachtelbar:
¥Die Frau, die den Polizisten, der den HŠndler, der die
Nachbarin, die den EigentŸmer, der die Katze, die den Hund
gebissen hat, getštet hat, nicht leiden mochte, geliebt hat,
verhaftet hat, gekannt hat, ist gestorben.
¨... oder nicht doch lieber so:
¥Die Frau ist gestorben, die den Polizisten gekannt hat, der den
HŠndler verhaftet hat, der die Nachbarin geliebt hat, die den
EigentŸmer nicht leiden mochte, der die Katze getštet hat, die
den Hund gebissen hat.
¥NP+VP, NP*VP,...==> NP+VP sind kognitive
Organisationseinheit!
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 48 -
Generative Grammatik: Grenzen 2
¨Entscheidend an generativer Grammatik:
¥nicht, da§ man unbegrenzt viele SŠtze (im Sinn von
Satzstrukturen) erzeugen kann,
¥sondern da§ die Menge an SŠtzen wegen der verwendbaren
Wšrter praktisch unbegrenzt ist
¨z.B.
¥Regel VP -> V + NP:
¥V=ãschlagenÒ, als NP kommen alle physikalischen Objekte,
Menschen, Tiere,Pflanzen, unbelebte GegenstŠnde in Frage
[ENGELKAMP 1974, 36f.]
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 49 -
1.3 Sprachverstehen (1)
¨Sechs Ebenen/Teilschritte des Verstehens (nach
HERRMANN, 1990, 296f):
1 Wahrnehmung von Lauten
2 Wahrnehmung von Wšrtern
3 Wahrnehmung zusammenhŠngender, grammatisch
geordneter Wortfolgen
4 Erkennen von kognitiven Inhalten
5 Erkennen der Sprecherintention
6 Bewertung des Gesagten fŸr Situationsauffassung/
Handlungsplanung
¨z.T. simultan bzw. parallel ablaufend
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 50 -
Sprachverstehen (2)
¨vier Ebenen des Sprachverstehens nach CARROLL
(1986, p. 108):
¥perzeptuell: Identifikation der konstituierenden Einheiten einer
Nachricht
ÐF-e-u-e-r-w-e-h-r
¥lexikalisch: Abruf der Wortbedeutung aus GedŠchtnis,
Integration in Kontext
ÐãFeuerwehrÒ
¥satzweise: syntaktische Struktur festlegen, semantischen
Gehalt extrahieren + speichern
ÐãDie Feuerwehr kam und lšschteÒ
¥Diskurs: Kontext fŸr Satz identifizieren und Einbau des Satzes
in eben diesen
ÐãDie Oper stand in Flammen. Jemand gab Alarm. Die Feuerwehr
kam und lšschte. Es entstand gro§er SchadenÒ
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 51 -
Given-new-Kontrakt
¨nach CLARK & HAVILAND (1977)
¨Sprecher ist verpflichtet, alte und neue Info in einer
€u§erung so zu konstruieren, da§
Ðdie Referenz auf die alte Info eindeutig ist,
Ðdie neue Info wahr, aber dem Hšrer noch unbekannt ist.
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 52 -
Exp. von HORNBY (1972)
¨Pbn lesen SŠtze (1) - (5) und sollen jeweils angeben,
von welchem Bild (DOG oder CAT) die Rede ist auch wenn gewisse Unstimmigkeiten bestŸnden (alle
SŠtze sind falsch!):
GIVEN AND NEW INFORMATION
Wahl
Bild 1:
1. It is the BOY who is petting the cat.
Given: X is petting the cat
New: X = the boy
CAT
2. It is the CAT which the boy is petting.
Given: the boy is petting X
New: X = the cat
Junge streichelt
Hund
DOG
Given: X is petting the cat
3. The one who is petting the cat is the BOY. New: X = the boy
CAT
Bild 2:
4.What the boy is petting is the CAT.
Given: the boy is petting X
New: X = the cat
DOG
MŠdchen streichelt
Katze
5. The BOY is petting the cat.
Given: X is petting the cat
New: X = the boy
CAT
SENTENCE
¥=> Pbn wŠhlen Bild, das der Given-Information entspricht!
¥Bei (5) Wahl von CAT, obwohl BOY das Subjekt ist!
[CLARK & CLARK 1977, 92f.]
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 53 -
ãPhonemische RestaurationÒ
¨Demonstration der top-down-Verarbeitung durch
WARREN, 1970):
¥ãThe gouvernors met with their legi*latures in the capital city.Ò
(*= Husten)
¥Pbn berichten, ein /s/ gehšrt zu haben!
¥nach Information, da§ ein Laut fehlte, sollten Pbn raten
welcher: fast alle tippten daneben!
¨Rolle des Kontextes nach WARREN & WARREN
(1970):
¥ÒIt was found that the *eel was on the [axle ->wheel, shoe- >
heel, orange->peel, table->meal]
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 54 -
weitere Hinweise fŸr Òtop-downÓ
¨prosodische Faktoren:
¥Betonung (ãstressÒ): z.B. projekt=Plan, project = planen
¥Intonation (ãpitchÒ): Pausen fŸr unterschiedliche Bedeutungen
ÐDer brave Mann denkt an sich (,) selbst zuletzt
¥Rhythmus: Geschwindigkeit
Ðwenn erhšht: Vokaldauer verkŸrzt, Reibelaute reduziert, etc.
[CARROLL 1986, 130 f.]
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 55 -
SatzgedŠchtnis
¨ÒLevels of processingÒ: Studien mit isolierten SŠtzen was ist mit SŠtzen im natŸrlichen Verlauf? OberflŠche
vs Bedeutung!
¨WANNER (1974)
¥Pbn lesen unverdŠchtige Instruktion und werden
Ÿberraschend getestet. SchlŸsselsatz:
ÐWhen you score your results, do nothing to your correct answer
but mark carefully those answers which were wrong.
¥Test 1: ãyour correctÒ oder ãcorrect yourÒ?=> 100 % - 0 %
¥Test 2: ãmark carefullyÒ oder ãcarefully markÒ?=> 50 % - 50 %
¨also: wenn Personen SŠtze lesen, ohne da§ sie von
einem Test wissen, behalten sie primŠr die
Bedeutung, nicht die OberflŠche!
[CARROLL 1986, 201]
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 56 -
Zeitlicher Verlauf des Behaltens
¨Hypothese zum SatzgedŠchtnis:
¥syntakt. Struktur wird nur benutzt, um Bedeutung zu
extrahieren. Diese wird behalten, die syntaktische Struktur
dagegen vergessen!
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 57 -
SatzgedŠchtnis ff.
¥SACHS (1967):
ÐPbn hšren Satzpassagen vom Tonband und werden anschlie§end
getestet
ÐUV 1: Art der TestsŠtze:
ÐfŸr jede Passage vier TestsŠtze: (1) das Original, (2+3) zwei mit
gleicher Bedeutung aber geŠnderter Wortfolge, (4) einer mit geŠnderter
Bedeutung und Wortfolge
ÐUV2: Behaltensintervall:
Ðsofort, nach 40 Silben (ca. 12 sek), nach 80 Silben
Ð1. sofortiger Test: Bedeutung und Form excellent
Ð2. nach 40 Silben: Form schlechter, Bedeutung unverŠndert
Ð3. nach 80 Silben:Form noch schlechter, Bedeutung unverŠndert
¥HANSON & BELLUGI (1982):
Ðkonnten diese Befunde replizieren bei tauben Pbn, die ãAmerican
Sign LanguageÒ (ASL) verstanden: Bedeutung wird gleich gut
behalten, formale Aspekte dagegen vergessen
[CARROLL, 1986, 201 f.]
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 58 -
1.4 Sprachproduktion
¨Drei Proze§stufen (nach HERRMANN, 1990, 310 f.) :
(1) Erzeugung der kognitiven €u§erungsbasis
ãŸber welche Bewu§tseinsinhalte will ich reden?Ò
(2) Selektion und Linearisierung
ãwelche Teilinhalte in welcher Abfolge?Ò
(-> semantischer Input)
(3) Enkodierung
Umwandlung des semantischen Inputs in geordnete Wortfolge:
(a) lexikalisch (ãWortwahlÒ)
(b) grammatisch-syntaktisch (ãSatzbauÒ, Flexionen,...)
(c) prosodisch (Tonhšhe, Betonung, Pausen)
¨wichtig: zeitliche †berlappung und RŸckwirkungen
der verschiedenen Stufen
¥vgl. Heinrich von KLEIST, 1805: †ber die allmŠhliche
Verfertigung der Gedanken beim Reden
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 59 -
Kleist (1805)
... Aber weil ich doch irgendeine dunkle Vorstellung habe, die mit
dem, was ich suche, von fern her in einiger Verbindung steht, so
prŠgt, wenn ich nur dreist damit den Anfang mache, das GemŸt,
wŠhrend die Rede fortschreitet, in der Notwendigkeit, dem Anfang
nun auch ein Ende zu finden, jene verworrene Vorstellung zur
všlligen Deutlichkeit aus, dergestalt, da§ die Erkenntnis, zu
meinem Erstaunen, mit der Periode fertig ist. Ich mische
unartikulierte Tšne ein, ziehe die Verbindungswšrter in die LŠnge,
gebrauche auch wohl eine Apposition, wo sie nicht nštig wŠre, und
bediene mich anderer, die Rede ausdehnender Kunstgriffe, [um]
zur Fabrikation meiner Idee auf der WerkstŠtte der Vernunft die
gehšrige Zeit zu gewinnen. ...
Heinrich von Kleist (1805): Ò†ber die allmŠhliche Verfertigung der
Gedanken beim RedenÓ
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 60 -
Abb
l Abbildung
12.1: Fokusinformation als kognitive
Basis fŸr eine Aufforderung zum Fensteršffnen vereinfachte Darstellung (ErlŠuterung siehe
Text).
l [HERRMANN & HOPPE-GRAFF 1988, 290]
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 61 -
Abb
l Abbildung
12.2: Abstrakte Rekonstruktion des
Aufforderungsschemas - vereinfachte
Darstellung (vgl. Herrmann, 1982, S. 124;
ErlŠuterung siehe Text).
l [HERRMANN & HOPPE-GRAFF 1988, 291]
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 62 -
Grice 1967: Kooperationsprinzip
¨Sprecher & Hšrer kooperieren:
¥Sprecher versuchen informativ zu sein, wahrheitsgetreu,
relevant und klar
¥Hšrer interpretieren das Gesagte unter dieser Annahme
¨Vier Prinzipien, denen der Sprecher folgt:
¥Maxime der QuantitŠt: Mache Deinen Beitrag so informativ wie
nštig, aber keine zusŠtzlichen Informationen!
¥Maxime der QualitŠt: Mache einen wahren Beitrag, d.h. sage
nichts, von dem Du glaubst, das er falsch ist oder fŸr das es
keine Evidenz gibt:
¥Maxime der Relation: Mache Deinen Beitrag relevant fŸr die
laufende Konversation!
¥Maxime des Stils: Sei klar! Vermeide Unklarheit,
Mehrdeutigkeit, Ungeordnetheit!
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 63 -
Beispiele
¨Bsp.: Versto§ gegen Maxime des Stils
¥A: Wilfried trifft heute abend eine Frau. B: Wei§ seine Frau
davon? A: NatŸrlich: es ist seine Frau!
¨Bsp.: Verhalten gemŠ§ Maxime der Relation
¥A: Ich habe kein Benzin mehr. B: Um die Ecke ist eine
Tankstelle.
¥hier besteht eine ãconversational implicatureÒ:
ÐB erwartet, da§ A der Info folgt; A interpretiert B vor dem
Hintergrund der Maximen
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 64 -
Indirekte Sprechakte 1
¥bauen auf Kooperationsprinzip von Grice (1967) auf
¨vier Methoden, mit denen A indirekt B zu einer
Handlung auffordert (Òfelicity conditionsÒ nach Austin
bzw. Searle)
¥(1) FŠhigkeit: A schreibt B zu, da§ er/sie etwas Bestimmtes
kann
ÐDu kannst mir mal den Spiegel geben.
ÐKannst Du mir das Salz geben?
¥(2) Wunsch: A teilt B mit, da§ A etwas mšchte
ÐIch hŠtte gerne das Salz.
¥(3) ZukŸnftige Aktion: A unterstellt B, da§ B etwas tun wird
ÐDu wirst mir die WagenschlŸssel dalassen.
¥(4) GrŸnde: A nennt B vernŸnftige GrŸnde fŸr die Handlung
ÐDu solltest mir den Spiegel geben. Warum gibst Du mir nicht das
Salz?
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 65 -
Indirekte Sprechakte 2
¨andere Bsp.:
¥Es ist warm hier, Charles.
¥Das Fenster ist immer noch geschlossen.
¥Ich mšchte, da§ Du das Fenster šffnest.
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 66 -
Sprechakte
¨Sprecher Ÿbertragen ihre Absichten durch drei
Aspekte ihrer €u§erungen:
¥(1) der Sprechakt
¥(2) der propositionale Gehalt
¥(3) der thematische Inhalt
¨z.B. fragt Axel Biggi: ÒBesitzt Chris ein AutoÒ?
¥(1) Sprechakt = Frage
¥(2) Proposition = ãChris besitzt ein AutoÒ
¥(3) thematischer Inhalt = Axel glaubt, da§ Biggi Ÿber Chris`
Autobesitz Bescheid wei§
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 67 -
Sprechakte nach SEARLE (1975)
¨(1) ReprŠsentativa
¥Sprecher teilt Hšrer mit, da§ er eine Proposition fŸr wahr hŠlt
(Aussage)
¨(2) Direktiva
¥Sprecher versucht Hšrer zu etwas zu bringen (Frage,
Aufforderung)
¨(3) Commisiva
¥Sprecher verpflichtet sich zu etwas (versprechen)
¨(4) Expressiva
¥Sprecher verleiht seinem psychis. Zustand angesichts eines
Sachverhaltes Ausdruck (Danksagung, Gratulation)
¨(5) Deklarativa
¥Sprecher verŠndert durch seine Worte einen gegebenen
Sachverhalt (Gericht, Kirche, Regierung, etc.)
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 68 -
1.5 RelativitŠt - UniversalitŠt
¨Sprache existiert nicht im Vacuum:
¥da sie Ideen Ÿbermitteln soll, ist ihre Struktur und Funktion von
diesen Ideen beeinflu§t
¥da sie leicht & effizient gesprochen und verstanden werden
soll, unterliegt sie den BeschrŠnkungen des kognitiven
Systems
¥da sie zur Kommunikation in einer Gesellschaft dient, wirken
diese KrŠfte auch zurŸck
¥wegen der allen Menschen gemeinsamen BeschrŠnkungen
sollte es Dinge geben, die alle Sprachen gemeinsam haben
(z.B. Substantive zur Objektbezeichnung) -> Universalien
¥wegen spezifischer LebensumstŠnde sollte es auch
Unterschiede geben (z.B. Reissorten bei Burmesen vs.
Eskimos) -> RelativitŠt
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 69 -
Standpunkte
¥Herder, Wilhelm von Humboldt, Sapir, Whorf:
ÐSprache bestimmt die Art und Weise, wie Menschen ihre Umwelt
wahrnehmen und organisieren
Ðschwache Form der Sapir-Whorf-Hypothese
(ÒRelativitŠtsannahmeÓ):
Ðsprachliche Unterschiede kšnnen zu Unterschieden im Denken
beitragen
ÐBeleg von Whorf: Sprache der Hopi (=amerikanische Navajo-Indianer)
kennt keine Substantive/Verben, sondern feste/nicht-feste EntitŠten;
Zeitauffassung: nicht kontinuierlicher Strom, sondern stete Wiederkehr
Ðstarke Form der Sapir-Whorf-Hypothese (ÒDeterminismusÓ):
Ðsprachliche Unterschiede fŸhren notwendigerweise zu Unterschieden
im Wahrnehmen und Denken
ÐProblem dieser Sicht: wie kšnnen wir Sprecher anderer Sprachen
verstehen?
¥Chomsky:
ÐLinguistische Universalien reflektieren die angeborene
PrŠdisposition zum Lernen von Sprache
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 70 -
Forschungsbefunde zur RelativitŠt
l (a)
Biologische Spezialisierung
l (b) Perzeptuelle Kategorien
l (c) Kognitive Kategorien
l (d) Soziale Kategorien
l (e) VerarbeitungsbeschrŠnkungen
l (f) Variation in der Sprache
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 71 -
(a) Biologische Spezialisierung
¨Hypothese:
¥menschiches. Gehirn besitzt im Gegensatz zu Tieren eine
sprach-spezifische KapazitŠt -> menschliche Sprache besitzt
Merkmale, die andere Spezies nie lernen kšnnen
¨Belege aus verschiedenen Bereichen, die
nachfolgend behandelt werden:
¥Physiologische Faktoren
¥Sprache bei Schimpansen
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 72 -
Physiologische Faktoren 1
¨peripher:
¥ausgezeichneter Artikulationsapparat! (aber: vgl. sprechende
Papageien!)
¨zentral:
¥grš§eres & schwereres Gehirn
¥stŠrkere Faltung des Cerebrums
¥breitere ãassoziativeÒ Gebiete mit dichterem Kontakt zwischen
visuellen + akustischen Infos
¨LateralitŠt:
¥Sprache ist nicht die einzige Funktion, die asymmetrisch
verteilt ist; linke HirnhŠlfte besitzt generelle Funktion
(propositional, analytisch, seriell), die gŸnstige Voraussetzung
fŸr Sprache sein mšgen
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 73 -
Physiologische Faktoren 2
¨Kritische Perioden:
¥nach Lenneberg die Phase der Lateralisierung (Geburt bis
PubertŠt);
¥dagegen Kinsboorne & Smith (1974): Lateralisierung mit 2
Jahren abgeschlossen
¨Menschen haben spezielle FŠhigkeiten, die einen
Vorteil fŸr Sprachbenutzung darstellen, aber diese
FŠhigkeiten sind nicht notwendig an Sprache
gebunden
[Clark & Clark 1977, 518 f.]
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 74 -
Sprache bei Schimpansen 1
¨Premack (1971):
¥KŸnstliche Sprache fŸr Schimpansin ãSarahÒ in Form von
Plastik-Figuren; gelernt wurden:
ÐNegation (ãQuadrat ist nicht Form der BananeÒ);
ÐGleichheit/Unterschiedlichkeit;
ÐWšrter fŸr Form/Grš§e/Farbe von Objekten;
Ðdas Konzept ãist einÒ;
Ðbestimmte rŠumliche Relationen (ãinÒ, ãaufÒ)
¥aber:
ÐãSarahÒ benutzte diese Sprache nicht spontan, um eigene SŠtze
zu produzieren!
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 75 -
Sprache bei Schimpansen 2
¨Gardner & Gardner (1969, 1971, 1975):
¥Schimpanse ãWashoeÒ (1 Jahr alt) lernt ãAmerican Sign
LanguageÒ (Ameslan) mit 4 Jahren: kann 130 verschiedene
Zeichen produzieren, noch mehr verstehen; erst EinwortSŠtze, spŠter lŠngere SŠtze; Erkenntnisse:
Ðihre Sprache macht Sinn; paradigmatische Gruppen werden
gebildet: mehr A, mehr B, ....
Ðin 3-Wort-SŠtzen dient Satzstellung zur Unterscheidung von
Subjekt/Objekt (S-V-O)
ÐMarkierung des Satzendes durch Zeichen fŸr Punkt
Ѐu§erungen sind dem Kontext angemessen
¥natŸrliche Sprache scheint auf einem Kontinuum mit anderen
Formen der Kommunikation zu liegen
[Clark & Clark 1977, 520f.]
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 76 -
(b) Perzeptuelle Kategorien
¥Hypothese des KomplexitŠtsprinzips als erster Universalie:
ÐKomplexitŠt der Gedanken spiegelt sich in KomplexitŠt des
Ausdrucks
¥KomplexitŠt des Ausdrucks nach Greenberg (1966)
feststellbar am Grad der Markiertheit, d.h.
ÐzusŠtzliche Morpheme:
ÐHund <-> Hunde, d.h. Plural ist ãmarkiertÒ
ÐKontextneutralisierung:
Ðdog (neutral, da sowohl Hunde als HŸndinnengemeint sein kšnnen) <->
bitch (markiert, da auf HŸndinnen beschrŠnkt)
¥Suche nach unmarkierten Kategorien, die in verschiedenen,
nicht verwandten Sprachen vorkommen
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 77 -
Begriffe fŸr Grund-Farben
¥Berlin & Kay (1969) untersuchten die Begriffe fŸr Grundfarben
in 98 Sprachen
ÐEigenschaften eines ãGrund-FarbbegriffsÒ:
Ðnur 1 Morphem (z.B. ãrotÒ, aber nicht ãlachsfarbenÒ)
Ðnicht in anderem Begriff eingeschlossen (z.B. nicht crimson [entspricht
dunkelrot] <-> red)
Ðdarf nicht auf begrenzten Objektbereich anwendbar sein (z.B. nicht
ãblondÒ)
Ðmu§ ein gebrŠuchlicher Begriff sein (nicht ãmagentaÒ fŸr ãviolettÒ)
¥Befund 1
Ð11 Begriffe reichen aus, um die Grundfarben aller untersuchten
Kulturen zu bezeichnen
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 78 -
Grundfarben 2
¥Befund 2
ÐDiese 11 Farbbegriffe stehen in hierarchischer Ordnung:
schwarz
wei§
rot
gelb
grŸn
blau
braun
purpur
violett
orange
grau
Ðd.h. von 2048 (= 211) mšglichen Kombinationen kšnnen nur 33
auftreten!
[Clark & Clark 1977, p 524 f.]
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 79 -
fokale vs. non-fokale Farben
¨Rosch (1977):
¥Untersuchungen an den Danis [kennen nur ãschwarzÒ und
ãwei§Ò als ãbasic color termsÒ] mit 320 Farbchips; pro ãbasic
color termÒ erfragt:
Ðzugehšrige Farben (-> Grenzen, variabel)
Ðbestes Exemplar (-> Fokus, universal!)
¥ãperzeptuelle SalienzÒ
Ðfokale Farben sind besser (schneller) zu lernen
Ðfokale Farben sind besser zu behalten
Ðfokale Farben sind schneller zu benennen
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 80 -
Farbbegriffe und Farb-Theorie
¥Vgl. Gegenfarbtheorie von Hering, drei opponente Prozesse:
Ð(1) Helligkeit (schwarz-wei§)
Ð(2) Farbton rot vs. grŸn
Ð(3) Farbton gelb vs. blau
¥ergibt sechs Punkte mit maximalem Antwortverhalten, die den
ersten sechs Grundfarben entsprechen (vgl. Berlin & Kay!)
¥Farbbegriffe sind universal, weil das visuelle System universal
ist!
¥Weitere Bereiche: Formbegriffe, Raumbegriff
[Clark & Clark 1977, 526 f.]
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 81 -
(c) Kognitive Kategorien
¥Zahlen
ÐSingular : Plural [: Dual] (in aufsteigender KomplexitŠt)
ÐKardinalzahlen (zwanzig; zum ZŠhlen): Ordinalzahlen
(zwanzigste; zum ZŠhlen und Ordnen)
¥Negation
Ðpositiv : negativ (eine der zwingendsten Universalien!)
Ðgut : schlecht
Ðgood vs. ungood, aber nicht: bad vs. unbad
ÐZajonc (1968): gut-Wšrter hŠufiger im Englischen + in EuropŠischen
Sprachen
¥Ursache-Wirkung
ÐZustand (tot) : ZustandsŠnderung (sterben) : Ursache der
ZustandsŠnderung (ermorden)
¥Zeit
ÐGegenwart (lebt) : Vergangenheit (lebte) : Zukunft (wird leben)
Ðaktuell : hypothetisch
[Clark & Clark 1977, 536 f.]
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 82 -
(d) Soziale Kategorien
¥Verwandschaftsbegriffe
Ðin allen Sprachen Angaben zu ...
ÐGeneration: Eltern-Kinder-Gro§eltern-Enkel....
ÐBlutsverwandschaft: Vater-Schwiegervater....
ÐGeschlecht: Bruder-Schwester-Vater-Mutter....
ÐVorgŠnger : Nachfolger
Ð1 Generation entfernt : 2 Generationen entfernt : 3 Generationen
entfernt usw.
ÐÒA wide spread though not universal biasÒ:
ÐMŠnnlich : Weiblich
Ðd.h. sprachlicher Sexismus in Sprachen der Welt weit verbreitet
ÐmŠnnliche Begriffe hŠufig neutralisierend, d.h. nicht markiert
Ðãder LeserÒ -> mŠnnlich und weiblich (ãgenerisches MaskulinumÒ; vgl
Irmen & Kšhncke, 1996)
ÐPronomen
ÐSprecher (Ich) : Hšrer (Du)
ÐPronomen als komfortable AbkŸrzung in Kommunikation
ÐSprecherrolle ist immer klar, aber Hšrer komplex markiert
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 83 -
(e) VerarbeitungsbeschrŠnkungen
¥auf ersten Blick wenig Konsistenz zwischen Sprachen im
Hinblick auf Wortstellung:
ÐVerb an erster Stelle: Samoanesisch, Tagalog
ÐVerb an letzter Stelle: Japanisch, TŸrkisch
ÐVerb an mittlerer Stelle: Englisch, Franzšsisch, Deutsch
¥trotzdem viel Ordnung, erkennbar an ...
ÐWort-Gruppen
ÐWortfolge
ÐParadigma (Grammatik)
ÐKunstsprachen
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 84 -
Wort-Gruppen
Ðrotes Auto, red car, voiture rouge
¥BehagelÔs erstes Gesetz:
ÐWas mental zusammengehšrt, steht auch syntaktisch zusammen!
¥Greenberg (1972, 1975):
Ðuntersuchte Sprachen mit Quantor (Q), Adjektiv (A) und Nomen
(N), ãzwei dicke BŸcherÒ
Ð6 mšgliche Abfolgen, davon aber nur 4 empirisch vorkommend:
Ð(Q + A)+ N
Ð(A + Q)+ N
ÐN+ (Q + A)
ÐN + (A + Q)
Ðkeine ãnatŸrlicheÒ Folgen bei Trennung von Q und A:
ÐQ + N + A
ÐA + N + Q
¥Regeln der †bereinstimmung beziehen sich immer auf
zusammengehšrige Wort-Gruppen:
Ðle soleil rond - la lune ronde
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 85 -
Wort-Folge 1
¨Greenberg (1963):
¥Abfolge von Subjekt (S), Objekt (O) und Verb (V) untersucht
nach normaler bzw. prŠferierter Folge
ÐVO-Sprachen (SVO 35%, VSO 19%, VOS 2%): HebrŠisch,
Portugiesisch,
ÐOV-Sprachen (SOV 44%): Japanisch, TŸrkisch
ÐOVS und OSV: gibt es nicht!
ÐEnglisch: †bergang von SOV -> SVO
¥alle Konstituenten der OberflŠchenstruktur folgen einer der 2
Abfolgen (V+O, Noun + Adj, Aux + main verb)
¥Proze§erklŠrung!
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 86 -
Wort-Folge 2
¥given information:
Ðerscheint vor neuer Information
¥Subjekt:
Ðerscheint (als given) vor Objekt, Objekt vor indirektem Objekt,
usw.
¥Langacker (1974):
ÐWšrter mit objektivem Inhalt stehen an prominenten Stellen der
OberflŠchenstruktur (mit Betonung)
ÐãDer Mann hat den Elefanten gefangenÒ
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 87 -
Paradigmen 1
¥VerarbeitungsbeschrŠnkungen bei Paradigmen:
ÐSprachen bevorzugen regulŠre Paradigmen!
Ðz.B. Vergangenheitsform: regelmŠ§ige vs. unregelmŠ§ige Verben
Ðerheblicher Lernaufwand fŸr Ausnahmen (bei 10.000 Verben im
Extrem 20.000 Formen!)
ÐKinder lernen erst Paradigmen, spŠter Ausnahme (geht - ãgehteÒ)
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 88 -
Paradigmen 2
¥Paradigmen erkennbar an Erfundenen Sprachen
ÐPidgin:
ÐHandelssprachen mit rudimentŠrer Struktur
Ðkeine Artikel, keine RelativsŠtze, kein Plural, keine Morpheme fŸr
verschied. Zeiten
ÐCreole:
Ðwenn Pidgin als Muttersprache gelernt wird, werden neue ãDevicesÒ
erfunden, z.B. fŸr Relativsatz
Ðhochinteressante Entwicklungsabfolge: was ist psychologisch
notwendig, um Creole zu einer ãSpracheÒ zu machen?
ÐSprach-Universalien werden ergŠnzt!
[Clark & Clark 1977, 545ff]
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 89 -
(f) Variation in der Sprache
¥trotz aller Universalien:
ÐSprachen variieren in Klang, OberflŠchenstruktur, grammatikalischen Kategorien,
im Vokabular etc.
Ðviele Universalien definieren nicht einen Standard, sondern einen
Bereich (z.B. 33 Kombinationen fŸr Farbnamen)
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 90 -
Variation 2
¥Bsp. Vokabular:
ÐVergleich von GARO, einer Sprache in Burma, mit Englisch:
Ðviele Wšrter fŸr ãTragenÒ Ñ carry
Ðviele Wšrter fŸr ãKorbÒ Ñ basket
Ðviele Wšrter fŸr ãReisÒ Ñ rice
Ðvier Farben Ñ elf Farben
ÐnatŸrlich lŠ§t sich alles auch in Englisch ausdrŸcken, aber eben
nicht in basic terms
ÐReis, Korb, Tragen: zentral fŸr Agrikultur; Farben dagegen
Indikator fŸr Industrialisierung
ÐEinflu§ von Expertise
ÐBereicherung des Vokabulars, zugleich Lieferant von AbkŸrzungen
(ãproliferation and shorteningÒ)
Ðz. B. Elfer fŸr Elf-Meter, Zehner fŸr Zehner-SchlŸssel (Zipf`s Gesetz)
[Clark & Clark 1977, 551f.]
WS 1997/98 Vorlesung Sprachpsychologie (Funke) - 91 -
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