Lese - utb-Shop

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Zusatzmaterialien zum UTB-Band
Maik Philipp,
Lese- und Schreibunterricht
bereitgestellt über www.utb-shop.de/9783825240226
PISA und Co. zeigen, dass ein immer noch zu großer
Teil von Heranwachsenden im Umgang mit
Schriftsprache schwach ist. Dieses Buch geht aus
verschiedenen
Perspektiven der Frage nach, wie sich der Weg zur
Lese- und Schreibkompetenz besser gestalten lässt.
So erhalten (angehende) Lehrpersonen einen
Überblick
über wichtige Förderelemente und -bereiche jenseits
des unmittelbaren Schriftspracherwerbs. Dazu
werden Modelle zu Lese- und Schreibprozessen sowie
Entwicklungsmodelle konsultiert. Diese zeigen, dass
Lesen und Schreiben komplexe und aufwändige
mentale Prozesse sind, welche langfristiges Üben
erfordern. Neben die theoretischen Modelle treten
empirische Befunde. Sie zeigen konkret, durch
welche Maßnahmen sich die Lese- und
Schreibkompetenz nachweislich verbessern lassen
und was effektiven Unterricht ausmacht.
Dieser Band vermittelt alles Wichtige zum guten
Lese- und Schreibunterricht kompakt, mit vielen
Beispielen, verständlich und auf solider
wissenschaftlicher Grundlage.
Die Zusatzmaterialien wurden vom Autor / der Autorin / den Autoren zur Verfügung gestellt und sind
genau auf den Inhalt des Werkes abgestimmt.
Nutzung und Copyright
Die Nutzung der Materialien für eigene Studienzwecke ist kostenlos, das Copyright liegt bei den
Autoren bzw. beim Verlag. Eine Weiterverbreitung gleich in welcher Form ist nur mit schriftlicher
Genehmigung der UTB GmbH Stuttgart gestattet.
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Beispiel 4‑1: Zur Berechnung von Cohens d
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Wie man Cohens d berechnet, sei am Beispiel von den PISA-Werten aus zwei Ländern
aus der Erhebung 2009 zur Lesekompetenz demonstriert. Die Schüler des PISAPrimus Südkorea erzielten durchschnittlich 539 Punkte auf der Gesamtskala zum
Lesen, also allen lesebezogenen Aufgaben, und die Werte streuten um 79 Punkte
innerhalb einer Standardabweichung. Deutschland kam auf 497 Punkte (SD = 95
Punkte; Naumann et al., 2010). Cohens d wird in aller Regel berechnet, indem man
zunächst die Mittelwertdifferenz bestimmt. Das wären im Vergleich von Südkorea und
Deutschland 539–497 = 42 Punkte. Danach ermittelt man die gemeinsame Standardabweichung, indem man die Werte beider Länder addiert und den Wert halbiert:
79 + 95 = 174; 174 / 2 = 87. Zu guter Letzt dividiert man die Mittelwertdifferenz durch
die gemeinsame Standardabweichung und erhält damit Cohens d: d = 42 / 87 = 0,48.
Die Null vor dem Komma lässt man in der Forschung häufig weg und ersetzt zudem
das Dezimalkomma durch einen Dezimalpunkt, sodass der Koeffizient so dargestellt
wird: d = .48.
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Beispiel 4-2: Zur Ermittlung des PND
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Interventionsphase
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In einer Studie wurden vier schwach schreibenden türkischen Jugendlichen Schreibstrategien vermittelt (Guzel-Ozmen, 2006). Diese sollten dazu dienen, dass die
Jugendlichen bessere Sachtexte schreiben, die dem Muster Problem–Lösung folgen.
Die Daten für einen der vier Schüler sind in Abbildung 6 dargestellt. Vier Texte eines
Schülers hatten vor der Intervention auf der Skala zu den Textelementen höchstens
einen Wert von 2 erhalten. Nach der eigentlichen Förderung (Interventionsphase)
lagen die Werte zwischen 9 und 13 Punkten bei einer maximal zu erreichenden Zahl
von 15 Punkten. Auch noch nach drei bzw. zwölf Wochen waren die Werte mit 10
Punkten hoch. Weil keiner der fünf Werte nach der Förderung unter den vier Werten
vor dem Erhalt der Fördermaßnahme lag, ergibt sich ein PND von 100 Prozent.
Textstrukturelemente
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Schreibaufgabe
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(nach 3 Wo)
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(nach 12 Wo)
Abbildung 6: Punkte auf der Skala der Textstrukturelemente (eigene Darstellung, basierend
auf Guzel-Ozmen, 2006, S. 291)
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Beispiel 4‑3: Die morphologische Bewusstheit bei leseschwachen
Zweitklässlern systematisch und explizit fördern
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Verschiedene Zielbereiche auf Wortebene hatte eine Intervention, bei der geschulte
Helfer (Tutoren) leseschwachen Zweitklässlern über einen Zeitraum von 20 Wochen in
1-zu-1-Tutoring unter die Arme griffen. Die Förderung umfasste vier wöchentliche
Übungslektionen, die jeweils 30 Minuten dauerten. In den ersten zehn Wochen ging es
um die Phonem-Graphem-Korrespondenz, in der zweiten Hälfte stärker um die
morphologische Bewussheit. Aus Platzgründen wird nur die zweite Hälfte aus
Teilstudie 1 vorgestellt (Vadasy, Sanders & Peyton, 2006). Bei dem Training wurden
sowohl das Wortlesen als auch die Rechtschreibung gefördert.
Von den insgesamt 40 Lektionen der zweiten Hälfte war ein Viertel dafür reserviert,
gebeugte Formen von Wörtern und Pluralformen zu lesen und zu schreiben. Die
verbleibenden drei Viertel – 30 Lektionen – waren für Wörter mit mehreren Silben
vorgesehen, die häufig vorkommende Prä- und Suffixe enthielten. Die Tutoren
machten den Kindern vor, wie man mehrsilbige Wörter in Silben segmentiert und
nutzten das Diktieren, um Kinder zunächst silbenweise Wörter aufschreiben zu lassen.
Dieses mündliche Segmentieren wurde sowohl in Lese- als auch Schreibaktivitäten
integriert, in denen es immer um mehrsilbige Wörter ging. Die Kinder wurden
ermutigt, die Vokale der Silben zu erkennen, Silben zu bestimmen und die einzelnen
Silben zum Wort zusammenzusetzen. Die Prä- und Suffixe lasen und schrieben die
Tutoren zunächst isoliert auf, um so die Aufmerksamkeit gezielt auf diesen Bestandteil
des Wortes zu lenken. Danach lasen die Kinder Wörter mit dem entsprechenden Präbzw. Suffix, ließen es aus, lasen das Stammwort und führten danach beide Bestandteile
zusammen.
Jeweils 15 Minuten, also die Hälfte jeder Übungslektion, waren dafür reserviert,
Texte laut zu lesen – was auch bei Verfahren der Leseflüssigkeitsförderung üblich ist (s.
Beispiel 4‑5 in Kap. 4.2.3). Bei Verlesungen oder längerem Zögern wiesen die Tutoren
die Kinder unter anderem darauf hin, dass sie sich zunächst auf die ihnen bekannten
Wortteile konzentrieren sollten.
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Beispiel 4‑4: Die Bewusstheit für die Phonem-Graphem-Korrespondenz
bei leseschwachen Erstklässlern systematisch und explizit fördern
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Schwach lesende Erstklässler aus Neuseeland wurden in Kleingruppen von drei bis vier
Kindern erfolgreich gefördert, den Zusammenhang zwischen Buchstaben und Lauten
zu erkennen. In 56 Lektionen – vier pro Woche mit je einer Dauer von durchschnittlich 25 Minuten und über den Zeitraum von insgesamt 24 Wochen – wurden sie
zusätzlich zum Muttersprachenunterricht gefördert (Ryder, Tunmer & Greaney, 2008).
Jede Lektion folgte einem dreiteiligen Aufbau: Aufgaben zur a) phonologischen
Bewusstheit sowie b) Entsprechung von Buchstaben und Lauten (Phonem-GraphemKorrespondenz) und c) verstärkende Aktivitäten. Zunächst zur phonologischen
Bewusstheit, die rund fünf Minuten lang gefördert wurde: Die schwachen Erstklässler
sollten begreifen, dass Sprache durch Laute und Laute durch Buchstaben repräsentiert
werden. Um den ersten Zusammenhang zu verstehen, wurden mündliche Übungen
durchgeführt, in denen es um Reime und Lautproduktion, Silbenzählen, das Isolieren,
Segmentieren und Austauschen einzelner Laute sowie das Zusammensetzen von
Einzellauten zu Wörtern ging. In der allerersten Lektion etwa erhielten die Kinder
Spiegel und sollten ihren Namen langsam sagen und dabei ihren Mund beobachten.
Die Lehrperson sagte jeden Namen der Kinder und übertrieb dabei durch Verlangsamung gezielt die Betonung, um die Aktivitäten von Mund und Zunge zu demonstrieren. Die Kinder sollten es ihr gleichtun, und damit sie es besser verstanden, sagte
die Lehrperson, die Kinder sollten sich vorstellen, sie seien Außerirdische, die alles
ganz langsam tun. Nach einer Diskussion darüber, was der Mund beim Sprechen
genau macht, sollten die Kinder ihren Namen sagen, aber dabei nur den ersten Laut
aussprechen (dies wurde als „Bremse ziehen“ bezeichnet). Die Lehrperson hatte alle
Namen der Kinder in der Gruppe aufgeschrieben und zeigte auf den ersten Buchstaben, wobei sie darauf hinwies, dass der erste Buchstabe dem gerade ausgesprochenen Laut entsprach. Die Kinder übten zudem noch, Wörter wie „Mann“ oder
„Sonne“ ohne den ersten Laut zu sprechen.
Im Hauptteil der Lektion (10–15 Minuten) ging es um die Phonem-GraphemKorrespondenz. Hier kamen Bilderkarten zum Einsatz, zum Beispiel solche mit einer
Axt, einer Ameise, einem Astronaut oder einem Apfel (im Englischen ist der Laut bei
allen vier Wörtern identisch, im Deutschen nicht). Die Lehrperson hielt die Karte mit
dem Bild und den Buchstaben(folgen) hoch und ließ die Kinder den entsprechenden
Laut mit der „Alienstimme“ und dem „Bremsen“ vor dem Spiegel sagen. Sie
beobachtete die Kinder genau und leitete sie dazu an, was sie mit dem Mund tun
sollten. Die Einführung der Buchstaben erfolgte in einer festgelegten Sequenz.
Der dritte Teil – die Verstärkung – diente dazu, das neu Gelernte zu festigen. Zum
Beispiel begannen Kinder, sobald es einen gewissen Grundstock an Buchstaben gab,
Wörter mittels Karten zu buchstabieren. Es gab auch eine Übung namens „Verketten“,
bei der systematisch immer ein Buchstabe ausgetauscht wurde, z. B. in dieser
Reihenfolge: „pat“, „pot“, „not“, „nat“, „nap“, „map“, „tap“, „top“. Die Kinder übten
zudem, Bilderkarten mit Karten zu kombinieren, auf denen sich der Anfangsbuchstabe des abgebildeten Gegenstands befand.
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Beispiel 4‑5: Flüssiger lesen lernen – drei exemplarische Ansätze
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Exempel 1: Zweitklässler, die mehrfach Geschichten lesen
In einer Studie mit langsam dekodierenden US-amerikanischen Zweitklässlern
wurde über den Zeitraum von sechs Wochen das wiederholte Lesen geübt (Dowhower,
1987). Die Kinder erhielten dazu fünf Geschichten, die exakt 200 Wörter lang und
genau in der Mitte geteilt waren. Die erste Hälfte der Geschichte lasen die Kinder
jeweils fünfmal hintereinander, was insgesamt höchstens 15 Minuten dauerte. Diese
viertelstündigen Lektionen fanden vier bis sechsmal pro Woche statt. Diese wiederholte Lektüre erfolgte solange, bis die Kinder es schafften, die erste Geschichtenhälfte
in einer Minute zu lesen (also ein Lesetempo von 100 Wörtern pro Minute zu erzielen).
Erst danach lasen sie die zweite Hälfte der Geschichte (dies diente der Forscherin dazu,
den Trainingserfolg festzustellen). Diese Prozedur erfolgte bei allen fünf Geschichten.
Die Kinder waren dabei in zwei Gruppen eingeteilt, die unterschiedliche Arten von
Unterstützung erhielten. Die nicht-unterstützte Gruppe ging wie schon beschrieben
vor. Die unterstützte Gruppe erhielt eine Tonaufnahme der Passage, die von einer
Erwachsenen vorgelesen wurde. Die Kinder konnten simultan lesen und hören. Sie
wurden dazu ermutigt, auf die Tonaufnahme zu verzichten und selbstständig zu üben,
sobald Tonaufnahme und Lesen der Kinder simultan waren. Aus den Analysen ergab
sich, dass gerade langsame Leser gern darauf zurückgriffen. Jene, die schneller waren,
hörten sich die Aufnahme ein- bis zweimal an, ehe sie dann analog zur nichtunterstützten Gruppe selbstständig übten.
Exempel 2: Drittklässler, die mit dem Ziel Schnelligkeit oder Textverstehen lesen
Die Drittklässler in einer weiteren Studie aus den USA hatten je nach Gruppenzugehörigkeit einen klaren Auftrag. Die eine Gruppe sollte so schnell wie möglich
lesen (Gruppe Schnell), die andere sollte auf die Inhalte achten (Gruppe Verstehen).
Drei Geschichten mit je 200 Wörtern Umfang lasen die Kinder, und die erste Gruppe
bekam folgenden Auftrag: „Ich möchte, dass du die folgende Geschichte so schnell und
so korrekt laut vorliest, wie du kannst. Ich werde die Zeit mit der Stoppuhr nehmen.
Wenn du schnell und genau liest, bekommst du einen Aufkleber.“ Die andere Gruppe
erhielt diese Anweisung: „Ich möchte, dass du die Geschichte laut liest. Ich möchte,
dass du dich so viel wie möglich an das erinnerst, was in der Geschichte geschah. Das
Wichtige ist, dass du so viel über die Geschichte herausfindest, wie du kannst. Wenn du
fertig mit dem Lesen bist, werde ich dich bitten, mir die Geschichte zu erzählen. Wenn
du dich an viel erinnerst, bekommst du einen Aufkleber.“ Ehe es mit dem lauten Lesen
losging, wurden die Kinder noch einmal daran erinnert, dass sie entweder schnell und
korrekt lesen bzw. sich an die Inhalte erinnern sollen. Erwartungsgemäß erzielten die
Kinder aus der Gruppe Schnell höhere Werte bei der Wortlesemenge, aber sie
erinnerten sich an weniger Inhalte (O’Shea, Sindelar & O’Shea, 1985).
In der Studie wurde zudem noch getestet, ob es einen Unterschied machte, wenn die
Geschichte ein-, drei- oder siebenmal laut gelesen wurde. Für die Wortlesemenge
ergab sich, dass sich bei häufigerer Anzahl der Lautlesedurchgänge die Anzahl der
gelesenen Wörter statistisch auffällig steigern ließ. Bei der Gruppe Verstehen hingegen
spielte es keine Rolle, ob ein Text drei- oder siebenmal gelesen wurde. In beiden Fällen
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erinnerten sich die Kinder aber an mehr Inhalte, als wenn sie die Geschichte nur ein
einziges Mal gelesen hatten.
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Exempel 3: Leseschwache Sechstklässler, die täglich drei Lautleseaktivitäten absolvieren
Mit Sechstklässlern, die erhebliche Lernschwierigkeiten aufwiesen, wurde wiederum eine andere Variante der Leseflüssigkeitsförderung durchgeführt (Mercer,
Campbell, Miller, Mercer & Lane, 2000). Über einen langen Zeitraum (ein halbes
bis sogar zweieinhalb Jahre) absolvierten diese Jugendlichen jeweils mit einer Lehrperson täglich in der Schule eine kurze Sequenz von fünf bis sechs Minuten, in der sie
laut lasen. Die Sequenz umfasste drei Teilschritte mit gleichem Ablauf. Die Schüler
wurden gebeten, eine Minute lang jeweils Inhalte vorzulesen, die auf einem Blatt
standen. Verlasen sie sich dabei oder zögerten länger als drei Sekunden, wurden sie von
der Lehrperson korrigiert bzw. sprach diese das jeweilige Element aus. Die Lehrperson
notierte zudem auf einem Exemplar des Übungsblattes Verlesungen. Wenn der
Schüler es in einer Sitzung schaffte, das jeweilige Blatt mit maximal zwei Fehlern
richtig vorzulesen, erhielt er das nächste Mal ein weiteres Übungsblatt mit einer
höheren Schwierigkeit. Schaffte er es nicht, wiederholte er den Vorgang mit demselben
Übungsblatt. Wenn der Schüler in einer Sitzung das jeweilige Blatt schneller schaffte,
als ihm Zeit dafür zur Verfügung stand, las er wieder vom Anfang des Übungsblattes
an vor.
Zum Einsatz kamen pro Sitzung drei Übungsblätter. Das erste Übungsblatt enthielt
– mit steigender Schwierigkeit – folgende Elemente: Vokale, Konsonanten, Abfolgen
von Konsonanten sowie Kombinationen von Konsonanten und Vokalen. Die Lehrperson demonstrierte bei schwierigen Kombinationen, wie sie ausgesprochen werden.
Das zweite Übungsblatt enthielt Listen von einfachen Wörtern, mit denen der
Sichtwortschatz gefördert werden sollte. Auf dem dritten Übungsblatt befand sich
eine Geschichte, die der Schüler laut lesen sollte. Dabei wurde er dazu ermutigt,
schneller vorzulesen, als es vom Sprechtempo her angenehm war.
Am Ende der Übungssitzung notierte die Lehrperson auf einem Diagramm, wie
viele Wörter der Schüler auf einem Übungsblatt gelesen hatte und wie viele Fehler ihm
dabei unterlaufen waren. Dieses Diagramm fungierte als Fortschrittsdiagnostik und
sollte dem jeweiligen Schüler dabei helfen, die Verbesserungen zu erkennen und
anzuerkennen sowie sich für das nächste Mal selbst Ziele zu setzen.
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Beispiel 4‑6: Mit einem Handschrifttraining den Schreibfluss erhöhen
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Der Rolle der Handschrift bei Schriftanfängern ist eine Studie mit Erstklässlern
nachgegangen (Graham, Harris & Fink, 2000). In dem Förderansatz ging es darum,
das Schreiben mit der Hand gezielt zu verbessern. Insgesamt 27 Lektionen à
15 Minuten fanden statt; pro Woche gab es drei Lektionen. Die 27 Lektionen waren
zu Einheiten mit jeweils drei Lektionen zusammengefasst. In jeder Lektion wurden –
mit einer Ausnahme – drei ähnliche Kleinbuchstaben trainiert. Zum Beispiel wurden
Buchstaben mit schrägen Linien (v, w, y) oder solche mit einer Kreisbewegung gegen
den Uhrzeigersinn (c, d, g) kombiniert. Großen Wert legte man in der Studie darauf,
Verwechslungen zu vermeiden, weshalb bestimmte Paare bewusst vermieden wurden
(u/n, d/b, p/q). Zwei Kriterien wurden gewählt, um die Reihenfolge bei der Einführung
zu bestimmen: erstens die Häufigkeit der Buchstaben in englischen Wörtern und
zweitens die Schwierigkeit bei der Schreibung. Häufiger vorkommende und leichter zu
schreibende Buchstaben waren entsprechend die ersten, auf die die Kinder trafen.
Jede viertelstündige Lektion bestand aus vier Aktivitäten: das Alphabet-Aufwärmen (2 min), Alphabet-Üben (6 min), Alphabet-Raketen (5 min) und Alphabet-Spaß (2 min). Beim Aufwärmen ging es darum, die Buchstabennamen zu lernen,
Buchstabennamen und ‑aussehen zu verknüpfen und das Wissen übers Alphabet zu
automatisieren. Hierzu dienten vier einzelne Teilaktivitäten. Erstens sangen die Kinder
ein Lied zum Alphabet, während zugleich die Buchstaben auf einer Karte gezeigt
wurden. Zweitens sagte der Lehrer den Namen des Buchstabens, und das Kind sollte
ihn auf einer Karte zeigen. Die dritte Teilaktivität war die gleiche wie die zweite nur mit
vertauschten Rollen. Zum Abschluss sollte das Kind den vorherigen und den
folgenden Buchstaben zu jenem benennen, den der Lehrer zuvor nannte. Dafür
stand eine Übersicht des Alphabets zur Verfügung, die aber entfernt wurde, sobald die
Kinder sicherer bei dieser Aufgabe geworden waren.
Das Alphabet-Üben wurde in fünf Teilaktivitäten untergliedert. In einer ersten
Teilaktivität demonstrierte der Lehrer, wie man einen Buchstaben schreibt. Dazu
benutzte er eine Karte, auf der mit nummerierten Pfeilen die einzelnen Bewegungen
der Striche angedeutet waren. Parallel dazu beschrieb der Lehrer, wie er vorging. In
einer zweiten Teilaktivität machte das Kind das gerade Gesehene nach – inklusive dem
Beschreiben des Vorgehens. In der dritten Teilaktivität diskutierten die beiden, worin
sich die drei bzw. zwei Buchstaben glichen und unterschieden. In der vierten
Teilaktivität schrieben die Kinder auf einem Trainingsblatt jeweils einen Buchstaben.
Zunächst halfen ihnen Pfeile dabei, die Form nachzuvollziehen, dann schrieben sie die
Buchstaben dreimal ohne diese Unterstützung. Weitere dreimal schrieben sie dann
den Buchstaben innerhalb einer angedeuteten Form nach und dann weitere dreimal
auf Linien. Bei all diesen Schreibvorgängen sollte das Kind den Buchstaben benennen,
den es gerade schrieb. In der letzten Teilaktivität beurteilte das Kind die am besten
gelungene Variante des Buchstaben und umkreiste sie. Dieses Vorgehen wurde in der
jeweils zweiten bzw. dritten Lektion einer Einheit noch etwas modifiziert. Zum
Beispiel wurde die Teilaktivität 3 reduziert und das Üben zum Teil modifiziert, indem
die Kinder Wörter abschrieben, die die Zielbuchstaben enthielten. Auch wurde in der
letzten Teilaktivität nicht mehr der am besten gelungene Buchstabe, sondern das beste
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Wort umkreist. Zusätzlich gab es noch Rückmeldungen des Lehrers bei Fehlanwendungen und Schwierigkeiten.
In der dritten Aktivität, Alphabet-Raketen, schrieben die Kinder drei Minuten
maximal 34 Wörter umfassende Sätze ab, in denen die Wörter möglichst viele der
Buchstaben enthielten, die gerade gelernt wurden. Zum Beispiel schrieben die Kinder
in der Einheit mit den Buchstaben „l“, „i“ und „t“ Sätze wie „Little kids like to get
letters“. Die Kinder sollten sich dadurch in der Schreibflüssigkeit mit der Hand
verbessern. Nach drei Minuten Üben wurden die Buchstaben vom Lehrer gezählt und
in eine Grafik mit dem Aussehen einer Rakete übertragen. In der jeweils zweiten bzw.
dritten Lektion sollten die Kinder drei Buchstaben mehr als in der Lektion zuvor
schreiben. Gelang dies, wurde über den entsprechenden Wert ein Stern gezeichnet.
Die vierte Aktivität, Alphabet-Spaß, diente dazu, dass die Kinder in einer
spielerischen Art und Weise mit den Buchstaben verfahren konnten. Sie konnten
die Buchstaben besonders langgezogen oder gestaucht schreiben oder aus den
Buchstaben Zeichnungen machen. Wenn sie dies nicht wollten, konnten sie aber
auch den Buchstaben weiter üben.
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Beispiel 4‑7: Dem Wortschatz von Viertklässlern durch
Mehrfachkontakt mit Wörtern einige neue Preziosen hinzufügen
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Ein umfangreiches Programm zur Förderung des Wortschatzes wurde in einer Gruppe
von Viertklässlern durchgeführt (Beck, Perfetti & McKeown, 1982). In insgesamt fast
75 täglichen Lektionen von jeweils 30 Minuten Umfang kamen die Kinder mit 104
neuen Wörtern in Kontakt. Am Ende des Förderprogramms war jedes Wort zwischen
26 und 40 Mal aufgetaucht. Die Wörter wurden in einem Dutzend zusammengehörigen Kategorien eingeführt, die aus acht bis zehn Wörtern bestanden. Beispielsweise umfasste die Kategorie „Menschen“ folgende acht neue Wörter: a)
Komplize, b) Virtuose, c) Gegner, d) Geizhals, e) Menschenfreund, f ) Anfänger, g)
Einsiedler, h) Tyrann. Die Wörter und Erläuterungen zu ihrer Bedeutung waren in
einer Art Tagebuch für jedes Kind zugänglich. Jede Kategorie wurde in einem FünfTage-Zyklus abgedeckt. Nach dem dritten, fünften, siebten, neunten, elften und
zwölften Zyklus wurden ferner zusätzliche Übungslektionen durchgeführt.
Jeder der zwölf Zyklen folgte einem Muster, das anhand des Beispielwortes Komplize
erläutert werden soll. Im Rahmen eines Zyklus’ tauchte jedes neue Wort mindestens
zehnmal auf. Den Erstkontakt erhielten die Kinder am ersten Tag, als die Lehrperson das
Wort zunächst laut vorlas und die Kinder es ihr nachmachten. Danach las die Lehrperson
die Begriffserklärung vor und die Kinder schrieben das Wort selbst in ihr Tagebuch. Dies
geschah mit der ersten Hälfte der Wörter in der Kategorie. Danach fand eine
Wortassoziationsaktivität statt. Dazu wurden die Kinder gebeten, Verknüpfungen
der Wortbedeutung mit anderen ihnen bekannten Wörtern zu generieren. Beispielsweise
präsentierte die Lehrperson im Zusammenhang mit dem Wort „Komplize“ den Ausdruck „Gauner“. Die Kinder sollten nun erklären und begründen, warum die Wörter
zusammenpassen. Im Anschluss bekam das Wort eine affektive Komponente, indem die
Kinder auf jedes Wort – je nach ihrer Ansicht bezüglich der Bedeutung – mit „Yeah“ oder
„Buh“ reagierten. Wenn dieses Bündel an Aktivitäten durchgeführt war, kam die nächste
Hälfte der Wörterliste dran. Die Prozedur war identisch.
Am zweiten Tag wurden die Wörter in Sätzen geübt. Die Kinder vervollständigten
Sätze, deren Anfang vorgegeben war (zum Beispiel: „Der Komplize schwor, dass er das
Gesetz nie wieder brechen würde, weil ______“). Wenn für alle Wörter diese
Satzaktivität beendet war, fand ein Wettbewerb statt. Die Klasse wurde hierfür in
zwei Teams eingeteilt. Die Teams sollten die Wortbedeutungen und die neu gelernten
Wörter zusammenbringen. Dabei sollten sie einerseits genau und andererseits schnell
arbeiten, um gewinnen zu können.
Am dritten Tag stand das Kontextualisieren im Vordergrund. Konkret ging es
darum, die Wörter in bestimmten Situationen zu verwenden. Dazu erhielten die
Kinder beim Wort „Komplize“ zum Beispiel folgende Frage: „Würde ein Komplize
wahrscheinlich a) jemanden bei der Polizei verpetzen, um nicht selbst ins Gefängnis zu
gehen; b) eine Bank selbst ausrauben; c) gern Babysitting machen?“ Wenn die Kinder
ihre Antwort ausgesucht und begründet hatten, sollten sie selbst darüber nachdenken,
was ein Komplize sonst noch tun würde.
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Der vierte Tag enthielt eine Übung zur Automatisierung, die „Auf die Plätze, fertig,
los“ hieß. In der Übung ging es darum, die Wörter und ihre Definitionen in
Partnerarbeit mit Linien zu verbinden. Jedes Kind durfte dies vier Runden tun
und wurde ermutigt, sich zu verbessern. Danach wurden die Kinder gebeten, über die
Verbindungen zwischen den Wörtern auf eine neue Art nachzudenken. Es ging dabei
darum, mögliche Verbindungen und Schnittmengen zwischen den Wörtern zu finden,
indem die Kinder Fragen wie diese bearbeiten: „Könnte ein Komplize ein Anfänger
sein?“ oder „Würde ein Einsiedler ein Komplize sein?“. Der fünfte und letzte Tag eines
Zyklus’ schließlich bestand darin, einen Multiple-Choice-Test zu den neu gelernten
Wörtern durchzuführen.
Neben diese systematischen Übungen traten die schon erwähnten Übungslektionen (mit zwei bis drei Sitzungen), die inhaltlich den fünf Tagen der Zyklen ähnelten,
aber mehr schnelle, spielähnliche Übungen enthielten und in denen die Kinder
selbstständig die bis dahin gelernten Wörter einsetzten. Eine zweite Unterstützung
bestand darin, die Verwendung der Wörter außerhalb der Schule zu fördern. Unter
dem Wettbewerbsmotto „Wörterzauberer“ konnten die Kinder Punkte verdienen
(und damit zu Wörterzauberern werden), wenn sie nachweisen konnten, die neuen
Wörter gesehen, gehört oder verwendet zu haben.
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Beispiel 4‑8: Wie man leseschwachen Jugendlichen beibringt,
Hauptideen zu finden und sich dabei selbst zu überwachen –
zur kombinierten Vermittlung von Organisations- und metakognitiven
Strategien
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Eine Gruppe von Sechst- bis Achtklässlern mit Lernschwierigkeiten wurde in einer
Reihe von Lektionen damit vertraut gemacht, Hauptideen in Texten zu finden
(Jitendra, Kay Hoppes & Xin, 2000). Dazu absolvierten die Jugendlichen über einen
Zeitraum von 15 Tagen jeweils eine Lektion von einer Schulstunde. Die 15 Tage
Durchführungsdauer bestanden aus acht Blöcken à zwei Sitzungen. Nur ein Block
(Nr. 3) umfasste eine Sitzung. Die Arbeit fand in Gruppen von sechs bis acht Personen
statt.
Die Vermittlung der Strategie, Hauptideen zu finden, erfolgte in einem Muster:
Zunächst benannte die Lehrperson, welcher Teil der Strategie in dem jeweiligen Block
gefragt war. Dann demonstrierte die Lehrperson das Vorgehen und nutzte dazu ein
wichtiges Instrument: eine Hinweiskarte (s. Abbildung 7), die den Jugendlichen die
ganze Zeit über zur Verfügung stand. Mittels dieser Karte sollten die Jugendlichen
zunächst identifizieren, mit welcher Art von Absatz sie es zu tun hatten, ehe sie dann
gezielt die Hauptidee finden oder formulieren sollten. Nachdem die Lehrperson das
Vorgehen vorgemacht hatte, übten die Jugendlichen zunächst mit Unterstützung und
danach unabhängig mit Materialien, die auf die jeweiligen aktuell behandelten
Strategieteile zugeschnitten waren.
Die Hauptidee finden
Berichtet der Absatz,
• was oder wer das Thema ist?
• was die Handlung ist?
• warum etwas geschieht?
• wo etwas ist oder geschieht?
• wann etwas geschieht?
• wie etwas aussieht oder gemacht wird?
Achtung: In manchen Absätzen können Sätze sein, die nichts zur
Hauptidee erzählen.
Abbildung 7: Hinweiskarte für das Bestimmen von Absatzarten als Vorbereitung für das
Formulieren/Finden von Hauptideen (Quelle: Übersetzung von Jitendra et al.,
2000, S. 130, sprachlich leicht modifiziert)
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Für den Förderansatz wurden eigens zehn Textsammlungen mit Übungen erstellt, in
denen mittels kleiner Texte von drei bis fünf Sätzen Umfang das Finden von
Hauptideen trainiert wurde. Teile davon sind in Tabelle 5 enthalten. Es gab dabei
sowohl Übungen, in denen die Jugendlichen selbst Hauptideen formulieren mussten,
als auch solche, in denen sie aus Multiple-Choice-Vorgaben eine Hauptidee aussuchen
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konnten. Diese letztgenannten Übungen sind einfacher als die ersten. Der allgemeine
Verlauf entsprach einer ansteigenden Schwierigkeit, die sich auch in den Überschriften
zu den einzelnen Blöcken in Tabelle 5 niederschlägt. So war es im ersten Block nötig,
eine Gruppe von Handlungen zu klassifizieren (in diesem Beispiel: aus Einzelhandlungen das Wort „einkaufen“ bilden). In Block 2 mussten zusätzlich mehrere Personen
zu einer übergeordneten Kategorie verdichtet werden. In Block 4 kamen Sätze ins
Spiel, die mit der eigentlichen Hauptidee nichts zu tun hatten („Distraktoren“). Und in
den Blöcken 5–8 wurde geübt und vermittelt, Orte, Gründe, zeitliche Angaben bzw.
Beschreibungen/Reihenfolgen zu erkennen.
Tabelle 5: Passagen aus den acht Übungsblöcken (Quelle: Übersetzung von Jitendra et al.,
2000, S. 138 f., sprachlich leicht modifiziert)
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Block 1: Eine Person und eine Gruppe von Handlungen klassifizieren
„Mrs. Perez ging in das Lebensmittelgeschäft. Sie suchte sich Äpfel und Orangen aus. Sie
packte Brot und Milch in den Einkaufswagen. Sie ergänzte Fleisch und Gemüse. Sie
bezahlte für die Lebensmittel.
Die Hauptidee dieses Absatzes ist: ________.“
Block 2: Eine Gruppe von Personen und eine Gruppe von Handlungen klassifizieren
„Bill tat Kleidungsstücke in die Waschmaschine. Martha fügte Waschmittel hinzu und
stellte die Waschmaschine an. Wes packte die Kleider in den Trockner und faltete sie
zusammen, als sie fertig waren.
Die Hauptidee dieses Absatzes ist: ________.“
Block 3: Aus Antwortvorgaben gezielt diejenige auswählen, die am besten zum Absatz
passt
„Nach der Schule gehe ich in das Restaurant, in dem meine Mutter arbeitet. Ich fülle die
Salz- und Pfefferstreuer. Ich lege auch Servietten auf die Tische. Ich nehme die
schmutzigen Teller und bringe sie in die Küche. Wenn nicht zu viel los ist, lässt mich
Josephine, der das Restaurant gehört, beim Kochen mithelfen.
Die Hauptidee dieses Absatzes ist:
a) Josephine lehrt mich, wie man kocht.
b) Ich helfe im Restaurant aus, in dem meine Mutter arbeitet.
c) Nach der Schule gehe ich in das Restaurant, in dem meine Mutter arbeitet.
d) Im Restaurant zu arbeiten macht viel Spaß.“
Block 4: Distraktoren (Sätze, die nicht zur Hauptidee gehören) bewusst ignorieren
und die Hauptidee bilden
„Linda nahm Mehl und Zucker heraus. Sie nahm Eier aus dem Kühlschrank. Die Eier
waren von den Hühnern ihrer Großmutter. Danach nahm sie den Mixer und das
Backblech heraus.
Die Hauptidee dieses Absatzes ist: ________.“
Block 5: Hauptideen in Absätzen bilden, in denen der Ort genannt wird
„David lebt zwei Wohnblocks von seiner Schule entfernt. Er lebt in einem großen
Wohnhaus an der Ecke gegenüber vom Park. Seine Wohnung liegt im vierten Geschoss
und vorn im Gebäude.
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Die Hauptidee dieses Absatzes ist:
a) David lebt in einer Wohnung.
b) Wie man zum Park kommt.
c) Wo David wohnt.
d) David lebt zwei Wohnblocks von seiner Schule entfernt.“
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Block 6: Hauptideen in Absätzen bilden, in denen der Grund genannt wird
„Gestern konnte ich meine Schultasche nicht finden, als es Zeit wurde, zur Schule zu
gehen. Ich schaute überall nach ihr. Dann rief mich meine Freundin an, um mir zu sagen,
dass ich meine Schultasche bei ihr im Haus gelassen hatte. Sie stand auf dem Boden genau
neben der Hintertür.
Die Hauptidee dieses Absatzes ist:
a) Was ich im Haus meiner Freunden gelassen hatte.
b) Warum ich für die Schule spät dran war.
c) Warum ich meine Tasche nicht finden konnte.
d) Warum es gut ist, Freunde zu haben.“
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Block 7: Hauptideen in Absätzen bilden, in denen die Zeit genannt wird
„Mein kleiner Bruder und meine kleine Schwester kommen um 15:30 Uhr aus der Schule.
Mein älterer Bruder geht zur High-School. Er kehrt um 14:30 Uhr zurück. Mein mittlerer
Bruder und ich kommen um 15 Uhr aus der Mittelschule.
Die Hauptidee dieses Absatzes ist:
a) Die Kinder der Familie gehen auf verschiedene Schulen.
b) Wann einige Kinder aus der Schule kommen.
c) Wann die Kinder meiner Familie aus der Schule kommen.
d) Wann ich gern aus aus der Schule kommen würde.
Block 8: Hauptideen in Absätzen bilden, in denen genannt wird, wie etwas aussieht
oder gemacht wird
„Wenn du ein richtig großartiges Sandwich machen willst, folge diesen Anweisungen.
Zuerst nimmst du zwei Scheiben Weißbrot. Streich Erdnussbutter auf eine Scheibe Brot.
Ich mag die knusprige Erdnussbutter am liebsten. Als Nächstes fügst du so viele
Dillgurken wie möglich auf die bestrichene Scheibe. Zum Schluss packst du die andere
Scheibe oben drauf.
Die Hauptidee dieses Absatzes ist:
a) Warum ich ein Erdnussbutter-Dillgurken-Sandwich mache.
b) Wie man ein Erdnussbutter-Dillgurken-Sandwich macht.
c) Wo man ein Erdnussbutter-Dillgurken-Sandwich macht.
d) Wann man ein Erdnussbutter-Dillgurken-Sandwich macht.
Stand bislang die kognitive Strategie, Kernaussagen zu finden, im Vordergrund,
kommt nun die zweite Strategie ins Spiel. Es handelt sich um das Überwachen des
Strategieeinsatzes, also eine metakognitive Strategie. Diese Strategie wurde von Anfang
an mitvermittelt, kommt aus Gründen der Komplexitätsreduktion aber erst jetzt vor.
Zentral dafür war eine weitere Hinweiskarte, die in Abbildung 8 dargestellt ist. Mittels
dieser zweiten Hinweiskarte sollten die Jugendlichen die Anwendung der Strategie-
14
schritte gezielt überwachen und mittels Häkchen die Anwendung der Schritte für sich
dokumentieren.
Meine Handlungen überwachen
Mach einen 9 auf die Karte, wenn du
a) den Text gelesen hast.
b) die andere Hinweiskarte genutzt hast, um zu erkennen, was
das für ein Absatz war.
c) die Strategie verwendet hast, um die Hauptidee zu finden
oder selbst zu bilden.
d) die Hauptidee ausgesucht oder aufgeschrieben hast.
Abbildung 8: Hinweiskarte für das Überwachen des Strategieeinsatzes (Quelle: eigene
Darstellung, basierend auf den Angaben von Jitendra et al., 2000, S. 131)
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Die Einführung beider Komponenten – Strategie und metakognitive Überwachung –
soll die abschließende Lehrsequenz verdeutlichen. Sie bezieht sich auf Block 1:
„Hört zu, heute werdet ihr lernen, die Hauptidee eines Absatzes zu finden, indem
ihr das Thema benennt und die Handlungen zusammenfasst. Die Hauptidee zu finden,
hilft euch dabei, Texte besser zu verstehen. Das können Texte sein, die ihr für die Schule
lest oder weil sie euch interessieren. Eine Hauptidee erzählt euch, worum es in einem
Textteil hauptsächlich geht.
Jetzt lasst uns die vier Schritte auf dieser Karte [s. Abbildung 8] verwenden, die uns
helfen, die Hauptidee zu finden. Der erste Schritt sagt, dass ich den Text lesen soll.
[Lehrperson liest vor] ‚Ann ging in den Park. Sie schwang sich auf die Schaukel. Sie
rutschte die Rutsche herunter. Sie kletterte auf dem Gerüst.‘ Ich habe den Text gelesen,
also mache ich ein Häkchen bei ‚den Text gelesen hast‘ [Lehrperson macht Häkchen].
Der zweite Schritt sagt mir, dass ich die andere Hinweiskarte nutzen soll, um die
Hauptidee in dem Absatz zu finden. Der erste Hinweis auf der anderen Karte erinnert
mich daran, das Thema zu nennen, das heißt, worum es am meisten im Absatz ging.
Und ich soll die Handlung benennen, also das, was am meisten getan wird. Ich habe die
Hinweiskarte genutzt, die mich an die Regel erinnert hat, also mache ich ein Häkchen
hinter ‚die andere Hinweiskarte genutzt‘ [Lehrperson macht Häkchen].
Der dritte Schritt sagt mir, dass ich die Hauptidee finden soll. Weil es ein Absatz mit
einem Thema und einer Handlung war, soll ich beides nennen. In dem Absatz ist Ann
das Thema. In jedem Satz kommt sie vor. Was ist ihre Handlung? Sie schaukelte, sie
rutschte und sie kletterte im Park. Das sind drei Handlungen, die ich nun noch
zusammenfassen soll. Ich will nur eine Handlung. Für mich ist die Handlung, dass
Ann spielte. Jetzt mache ich ein Häkchen hinter ‚die Strategie verwendet hast‘
[Lehrperson macht Häkchen].
Als Nächstes soll ich die Hauptidee aufschreiben. Ich schreibe auf: ‚Ann spielte im
Park.‘ Jetzt kann ich ein Häkchen hinter den vierten Schritt machen [Lehrperson
macht Häkchen]“. (Übersetzung und im Schritt 3 und 4 Ergänzung von Jitendra et al.,
2000, S. 131)
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Beispiel 4‑9: Was Geschichten mit dem eigenen Leben zu tun haben –
ein Beispiel für eine Elaborationsstrategie
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Wie schon im Beispiel zuvor ist die folgende Strategie Sechst- bis Achtklässlern mit
Lernschwierigkeiten vermittelt worden. Die Vermittlung umfasste zwölf Lektionen, in
denen ein Dutzend narrativer Texte (Fabeln, Märchen, realistische Geschichten)
verwendet wurden. Jeweils vier Texte hatten ein klar erkennbares, moralisches Thema,
zum Beispiel „Wir sollten nicht jemanden vorverurteilen“ (Wilder & Williams, 2001).
Das Bündel an Strategien beinhaltete sowohl Anteile von Organisationsstrategien
(vorrangig in Lektionsbestandteil 3) als auch Elaborationsstrategien. Letztere überwogen aber deutlich.
Die Lektionen umfassten sieben regelmäßig wiederkehrende Bestandteile. Im
ersten Bestandteil ging es um eine Diskussion über das Thema der Geschichte
und den Zweck der Lektion. Im zweiten Bestandteil las die Lehrperson die Geschichte
laut vor, um die Jugendlichen beim Dekodieren zu entlasten. An drei Zeitpunkten beim
Vorlesen unterbrach die Lehrperson sich und stellte Fragen. Diese Fragen dienten
dazu, Assoziationen zwischen Textinhalten und den alltäglichen Erfahrungen der
Jugendlichen herzustellen, Textinhalte und wichtige Geschehnisse in den Geschichten
zu klären, den weiteren Verlauf der Geschichte zu bestimmen und Fragen an den Text
zu stellen. Ein Beispiel für diesen Umgang mit den Texten ist an einer Geschichte zu
erkennen, bei der ein Mädchen angstvoll von einer neuen Lehrerin träumt. Fragen, die
im Laufe des zweiten Bestandteils der Lektion gestellt wurden, waren unter anderem:
„Was denkt ihr, wie Mrs. Green sein wird?“, „Denkt ihr wirklich, das das geschehen
ist?“ und „Wenn ihr euren idealen Lehrer beschreiben solltet, was würdet ihr dann
sagen?“. Nach dem lauten Lesen der Geschichte diskutierte die Klasse die Hauptinhalte. Im Anschluss las die Lehrperson noch eine Zusammenfassung der Geschichte,
um sicherzustellen, dass alle in der Klasse einen gemeinsamen Bezugspunkt hatten.
Im dritten Bestandteil der Lektion standen die Organisationsstrategien im Vordergrund, indem sechs Fragen bearbeitet wurden. Vier Fragen dienten dazu, die
Hauptelemente der Geschichte zu bestimmen. Die beiden letzten Fragen haben jedoch
einen elaborierenden Charakter:
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■
■
■
■
■
Wer war die Hauptfigur?
Was war ihr bzw. sein Problem?
Was hat sie/er gemacht?
Was ist am Ende der Geschichte passiert?
War das, was geschehen ist, gut oder schlecht?
Warum war es gut oder schlecht?
Im vierten Bestandteil lernten die Jugendlichen, wie sie anhand eines Schemas das
Thema der Geschichte in Aussagen mit dem Hilfsverb „sollen“ transformieren
können. Dazu kamen drei Aussagen zum Einsatz, die einen immer größeren Abstraktionsgrad aufwiesen und sich auf den moralischen Kern der Geschichte bezogen:
1) [Name der Hauptfigur] hat gelernt, dass sie (nicht) _______ sollte.
2) Wir sollten (nicht) _______.
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3) Das Thema der Geschichte ist _______.
Im fünften Bestandteil ging es um die Anwendung der Textinhalte auf Erfahrungen aus
der Lebenswelt der Jugendlichen. Hier sollten die Jugendlichen Situationen benennen,
in denen es um die Anwendung des Gelesenen geht:
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1) Kannst du jemanden benennen, der (nicht) _______ sollte?
2) Wann ist es wichtig für [diesen jemand], (nicht) zu _______?
3) In welcher Situation wird es (nicht) helfen, zu _______?
Nach diesen Fragen und der Anwendung auf lebensweltliche Zusammenhänge
wurden im sechsten Bestandteil eine von drei von Aktivitäten durchgeführt: Rollenspiel, etwas zum Thema zeichnen oder einen Rap-Song zum Thema schreiben. Der
siebte Bestandteil schloss die jeweilige Lektion ab. Die Jugendlichen sollten die Fragen
aus dem Bestandteil 3 wiederholen und darüber nachdenken, wie sie sie später
anwenden könnten. Außerdem erfolgte eine Vorschau auf die nächste Lektion.
Bei der Einführung der einzelnen Bestandteile gab es eine Reihe von „Reißleinen“.
Zum Beispiel demonstrierte die Lehrperson zunächst, wie man die Fragen beantwortet. Wenn die Lehrperson merkte, dass die Jugendlichen nicht selbstständig die
Schritte befolgen konnten, demonstrierte sie das Vorgehen erneut. Auch bei der
Eingangsdiskussion lag die Verantwortung zunächst bei der Lehrperson, die beispielsweise das Thema benannte, Verknüpfungen von eigenen Erfahrungen und den
möglichen Inhalten der Geschichte herstellte und die Diskussion leitete. Erst ab der
fünften Lektion fingen die Jugendlichen selbst an, Themen zu benennen und die
Diskussion selbstständig zu führen.
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Beispiel 4‑10: Der Förderansatz „Cognitive Strategy Instruction
in Writing“ – Sachtexte planen, Entwürfe schreiben und diese nach
Peer-Feedback überarbeiten
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Die Vermittlung von Schreibstrategien ist besonders gut erforscht, sodass eine Vielzahl
von Beispielen zur Verfügung steht. An dieser Stelle soll stellvertretend ein einzelner
Ansatz genauer vorgestellt werden: „Cognitive Strategy Instruction in Writing“
(CSIW). Der CSIW-Ansatz bietet den Vorteil, dass sowohl das Planen und Organisieren von Inhalten als auch das Schreiben von Entwürfen und deren Überarbeitung
auf der Basis von Peer-Feedback in ihm enthalten sind. Zusätzlich enthält der Ansatz
Denkblätter, die den Schreibprozess entlasten helfen, indem sie ihn vorstrukturieren
und mit spezifischen Fragen steuern. Im Original fokussiert der Ansatz auf verschiedene Sachtextarten, dauerte im Falle einer Studie mit Viert- und Fünftklässlern
rund ein halbes Jahr und umfasste pro Woche zwei bis drei Lektionen (Englert,
Raphael, Anderson, Anthony & Stevens, 1991).
Die Intervention bestand aus insgesamt vier großen Phasen: erstens einer Analyse
von Texten, zweitens dem Modellieren des Vorgehens, drittens dem angeleiteten Üben
und schließlich viertens Gelegenheiten für die Schüler, das Schreiben unabhängig zu
üben. In der ersten Phase analysierten die Lehrpersonen vor den Augen der Kinder
echte Schülertexte aus dem vergangenen Schuljahr. Es handelte sich um Beschreibungen, die bereits vergleichsweise gut gelungen waren und die über einen Projektor
an die Wand projiziert waren. Diese Texte enthielten zum Beispiel gelungene Einstiege
oder sinnvolle Aufzählungen. Diese Elemente hob die Lehrperson mit der Methode des
lauten Denkens hervor. Überhaupt kommentierte die Lehrperson alles, was das
Verständnis erleichterte bzw. erschwerte. Insbesondere untersuchte sie die Textstruktur und stellte Fragen zum Text, zum Beispiel ob klar beschrieben wurde,
um was es geht oder was bestimmte Einzelschritte waren. Nach den eher gelungenen
Beispielen kamen mangelhafte zum Einsatz, und die Schüler wurden nun viel stärker
eingebunden, indem sie die Probleme der Beispieltexte gemeinsam mit der Lehrperson
identifizieren sollten. Aus dem Dialog zwischen der Lehrperson und den Schülern
wurde sukzessive einer, der zwischen den Schülern stattfand.
Danach schloss sich die zweite Phase an, in der die Lehrperson explizit vormachte,
wie ein Text in der zu schreibenden Textform – in diesem Fall eine Beschreibung –
entsteht. Auch hier bildete das laute Denken einen zentralen Bestandteil. Die Lehrperson demonstrierte für die Schüler deutlich sichtbar, was sie tat und kommentierte,
wie sie es tat, wozu sie es tat und wann ein bestimmtes Vorgehen sinnvoll ist. Hier
halfen die Denkblätter, von denen das zum Planen in Abbildung 9 dargestellt ist.
Dieses Denkblatt (nicht zu verwechseln mit einem Arbeitsblatt) enthält vier Elemente:
a) Thema, b) Adressaten, c) Absicht und d) Textform. Auf ihm werden Ideen für den
Text festgehalten und vorläufig gruppiert; hierdurch soll das Gedächtnis entlastet
werden. Die Lehrperson lud nach dem Modellieren die Klasse ein, gemeinsam einen
Text zu planen, und notierte die Ideen auf dem Denkblatt, das wiederum über eine
Folie an die Wand projiziert und damit für alle sichtbar war. Jedes der folgenden
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Denkblätter (zum Organisieren und Revidieren; beides wird nicht im Beispiel
dargestellt) wurde auf diese Art eingeführt.
In der dritten Phase ging es vor allem darum, dass die Schüler angeleitet übten.
Dabei wurden der gemeinsame Austausch über das Vorgehen und die Kooperation
gezielt gefördert, indem zum Beispiel Mini-Konferenzen einberufen wurden, in denen
die Schüler das eigene Vorgehen mit dem der Mitschüler vergleichen konnten.
Außerdem griff die Lehrperson Probleme und Fehlanwendungen gezielt auf, indem
sie sie gezielt zum Gegenstand der gemeinsamen Reflexion machte und mit den
Kindern zusammen nach Lösungen suchte. In der vierten Phase schließlich schrieben
die Schüler, nachdem sie je einen Text geschrieben hatten, den zunächst die gesamte
Klasse bzw. im Anschluss sie selbst geplant hatte(n), einen neuen Text zu einem
selbstgewählten Thema, aber mit der gleichen Textstruktur.
Denkblatt – PLANEN
Name:
Datum:
THEMA:
Wer?
Für wen schreibe ich?
Warum? Warum bzw. wozu schreibe ich?
Was?
Was weiß ich zu dem Thema?
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3.
4.
5.
Wie?
a) Wie kann ich meine Ideen gruppieren?
b) Wie werde ich meine Ideen organisieren?
als Beschreibung
als Erklärung
als Vergleich
anders
Abbildung 9: Denkblatt zum Planen von Sachtexten (Quelle: eigene Darstellung basierend auf
Englert et al., 1991, S. 346)
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Beispiel 4‑11: Dramatische und zeichnerische Aktivitäten vor dem
Schreiben von Geschichten
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In einer Studie mit Zweit- und Drittklässlern dienten Aktivitäten vor dem Schreiben
dazu, bessere Erzählungen zu verfassen (Moore & Caldwell, 1993). Über 15 Wochen
hinweg erhielten die Kinder eine spezielle Intervention, die je nach Gruppe unterschiedlich ausfiel. Es gab insgesamt drei Gruppen: eine Drama-Gruppe, eine Zeichnen-Gruppe und eine Kontrollgruppe. Auch wenn die drei Gruppen sich hinsichtlich
der Förderinhalte unterschieden, so war der grundsätzliche Aufbau der Lektionen
doch gleich. Jede Lektion begann mit einer 15-minütigen klassenweiten Diskussion. In
diesen Diskussionen ging es um Einzelaspekte des narrativen Schreibens. Solche
Aspekte waren Genres, Figuren, Dialoge, mögliche Einstiege und Enden von
Geschichten etc., wobei für jeden Aspekt Beispiele aus der Kinderliteratur herbeigezogen wurden. Die Kinder aus der Drama- und Zeichnen-Gruppe wurden kreativ
tätig, während die Kinder aus der Kontrollgruppe sofort eine halbe Stunde lang eine
Geschichte schrieben und danach 45 Minuten eine (relativ analytische) Fördermaßnahme zum Schreiben erhielten.
Die Kinder aus der Drama-Gruppe vollzogen nach der Diskussion zunächst eine
Aufwärmaktivität. Diese bezog sich auf das Thema der vorangegangenen Diskussion.
Bei der Aufwärmaktivität kamen verschiedene Formen der szenischen Interaktion vor.
Darunter befanden sich Pantomime, Improvisationen von Dialogen, Sprechübungen
und Bewegungen. Danach arbeiteten die Schüler an ihren eigenen Ideen für
Geschichten weiter, wobei es permanent die Gelegenheit des Austauschs, des Darstellens von Szenen aus den Geschichten und für andere Präsentationsformen gab.
Nach 45 Minuten schrieben die Kinder jeweils eine halbe Stunde lang ihre Geschichten. Die Kinder aus der Zeichnen-Gruppe gingen anders vor. Ihre Aufwärmaktivität
bestand darin, Charaktere, Settings, Darstellungen aus ungewöhnlichen Perspektiven
etc. zu zeichnen. Dies sollte dazu dienen, einen stärkeren grafischen Ausdruck zu
fördern. Nach dem Aufwärmen arbeiteten die Kinder (zum Teil mit regem Austausch
untereinander) an Story-Boards für ihre Geschichten. Nach einer Dreiviertelstunde
schrieben sie 30 Minuten lang ihre Geschichten. Sowohl die Drama- als auch die
Zeichnen-Gruppe verbesserte sich mehr, als es bei der Kontrollgruppe der Fall war.
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Beispiel 4‑12: Zur Strategievermittlung noch Selbstregulation
hinzufügen
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In einer Studie mit deutschen Viertklässlern konnte gezeigt werden, dass eine reine
Strategievermittlung ohne explizite Anleitung zur Selbstregulation einem Ansatz
unterlegen ist, bei dem den Primarschulkindern neben Strategien auch selbstregulatorische Fähigkeiten beigebracht wurden (Glaser & Brunstein, 2007). Bemerkenswert ist an der Studie die kurze Laufzeit, denn es waren lediglich vier Lektionen, die
jeweils zwei Schulstunden umfassten und jeweils einmal pro Woche durchgeführt
wurden.
Die Kinder lernten ein Strategiebündel für narrative Texte kennen, mit dem sie
Geschichten erstens planen, zweitens aufschreiben und drittens überarbeiten können.
Konkret wurde ihnen vermittelt, dass eine Geschichte aus drei Teilen (und in diesem
Falle auch mindestens drei Absätzen) besteht: Anfang, Hauptteil und Schluss.
Ebenfalls wurde ihnen ein Set von sieben Fragen vermittelt, welches im Sinne einer
Geschichtengrammatik (also jener konventionellen Art, wie narrative Texte erzählt
werden) auf sieben Bestandteile von Geschichten abzielte (a) Hauptfigur, b) Ort, c)
Zeit, d) Ziel der Hauptfigur, e) Höhepunkt der Geschichte, f ) Kette der Ereignisse, die
zum Höhepunkt führen, g) Ende der Geschichte – s. a. Beispiel 4‑14). Diese Bestandteile waren sowohl für die Planung als auch für die Revision besonders wichtig. Die
Kinder aus der Gruppe, denen neben dem eigentlichen Strategiebündel auch noch die
Fähigkeit zur Selbstregulation vermittelt wurde, wurden auf viererlei Art damit
vertraut gemacht: Selbstbeurteilung, Überwachen des Planens, Ziele formulieren
und Überwachen der Revision.
In der ersten Lektion wurde nach der Einführung (Diskussion mit den Kindern
über Bestandteile und Merkmale guter Geschichten, Elemente der Strategien) und
dem Modellieren der einzelnen Teilschritte beim Planen durch die Lehrperson die
Selbstbeurteilung implementiert. Mittels einer Checkliste, die die sieben Elemente der
Geschichte enthielt, sollten die Kinder die Qualität ihrer Texte beurteilen, die sie zu
Beginn der Studie vor der eigentlichen Förderung verfasst hatten. Die Implementeure
(Studierende) leiteten sie an, das Vorhandensein eines Elements mit einem Punkt zu
bewerten. Waren die Elemente gut beschrieben, gab es zwei Punkte. Fehlte ein
Element, gab es keinen Punkt. So ließen sich bis zu 14 Punkte bei der Qualität der Texte
verdienen. Nebenbei lernten die Kinder dadurch, was ihren Geschichten noch fehlte.
In der zweiten Lektion kam ein weiteres Element zur Förderung der Selbstregulation hinzu: ein überwachtes Planen. Hierfür verwendeten die Implementeure ein
Plan-Denkblatt (s. a. Abbildung 9 in Beispiel 4‑10), in das sie die per Brainstorming
gewonnenen Geschichtenbestandteile eintrugen und mittels Modellieren kommentierten, miteinander verknüpften und allmählich ihren Schreibplan konkretisierten.
Ebenfalls demonstrierten die Implementeure, wie der Plan dafür genutzt werden
konnte, um das Vorhandensein der Geschichtenbestandteile zu überprüfen. Nach
diesem Planen kam ein weiteres Element der Selbstregulationsförderung hinzu: das
Formulieren von Zielen. Die Implementeure modellierten, wie sie sich für die zu
schreibende Geschichte ein Ziel setzen. Dafür waren die Punkte aus der Selbstbeur-
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teilung gefragt, denn es ging darum, ein moderat herausforderndes Ziel im Sinne einer
etwas höheren Punktzahl zu formulieren. Dieses selbstgewählte Ziel ließ sich mittels
der Selbstbeurteilungsprozedur überprüfen und machte im Sinne einer Fortschrittsdiagnostik bessere Leistungen auch sichtbar. Neben das Ziel einer erhöhten Punktzahl
trat noch ein weiteres, das sich konkret auf einen Aspekt der Geschichte bezog (z. B. „In
meiner nächsten Geschichte werde ich versuchen, mehr aufregende Wörter zu
verwenden, um die Ziele der Hauptfigur zu beschreiben“). In unmittelbarem
Anschluss daran wurde das vierte Element eingeführt: das Überwachen der Revision.
Hierfür waren die Ergebnisse bei der Beurteilung der Geschichte wichtig, machten sie
doch deutlich, welche Bestandteile der Geschichte verbesserungswürdig waren. Für
diese Bestandteile fragten die Implementeure die Kinder danach, wie sie die Kriterien
aus der Selbstbeurteilungsliste besser erfüllen könnten.
In der dritten Lektion übten die Kinder in kleinen Gruppen gemeinsam, Inhalte
einer Geschichte zu generieren, tauschten sich über das Zielesetzen aus, schrieben
einen Entwurf, den sie beurteilten und planten eine Überarbeitung, die sie dann
ausführten. Die vierte Lektion ähnelte der eben beschriebenen im Ablauf, allerdings
gab es zwei wichtige Modifikationen. Zum einen wurden sämtliche Hilfsmittel wie
Denkblätter oder Selbstbeurteilungslisten nicht mehr verwendet, damit die Kinder
wirklich selbstständig vorgingen. Zum anderen arbeiteten – mit dem gleichen Ziel der
Selbstständigkeit – die Kinder nun allein.
Verglichen mit der Gruppe, denen nur Strategien zu den drei Teilen einer
Geschichte sowie deren sieben Bestandteilen vermittelt wurden, schnitt die Gruppe
mit zusätzlicher Selbstregulationsvermittlung erheblich besser ab. (Ausnahmsweise
sollen deshalb hier auch einmal konkret Effektstärken benannt werden.) Ihre
Geschichten waren qualitativ besser (d = 2.06), enthielten mehr geschichtentypische
Bestandteile (d = 4.40), und die Kinder planten vor dem Schreiben mehr (d = 1.56) und
gaben mehr Dinge an, die sie bei ihrer Überarbeitung berücksichtigen wollten (d =
1.39). Außerdem waren sie auch aufmerksamer bei Geschichten, die ihnen in einem
trainingsfernen Test mündlich dargeboten wurden, konnten sie doch mehr Inhalte aus
der Geschichte berichten (d = 2.48). Diese Effekte konnten nicht nur am Ende der
eigentlichen Förderperiode nachgewiesen werden, sondern überwiegend (mit Ausnahme des Planens) auch noch fünf Wochen später. Die Werte waren dann bis auf den
Transfer bei erinnerten Inhalten der mündlich vorgetragenen Geschichte sogar noch
größer als am Ende der eigentlichen Förderung.
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Beispiel 4‑13: Klare Produkt- und Prozessziele setzen
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Gleich mehrere Formen von Zielen kamen in einer Untersuchung zum Einsatz, die mit
Viert- und Fünftklässlern durchgeführt wurde (Schunk & Swartz, 1993). Drei Ziele
wurden unterschieden: Prozessziele, Produktziele und ein generelles Ziel. Je nach Ziel
sagte der Implementeur in den Lektionen etwas anderes. Bei den Prozesszielen erfolgte
der Einstieg mit der Aussage „Wenn ihr arbeitet, hilft es euch, euch zu merken, was ihr
tun wollt. Ihr werdet lernen, wie ihr diese Schritte [s. u.] nutzen könnt, um einen
beschreibenden Absatz zu schreiben.“ Bei den Produktzielen lautete der zweite Satz
anders, denn ihm fehlte der Bezug zu den Schritten: „Ihr werdet einen beschreibenden
Absatz schreiben.“ Das generelle Ziel wurde ebenfalls mit einer spezifischen Aussage
vermittelt: „Wenn ihr arbeitet, versucht euer Bestes zu geben.“ Die drei Formen von
Zielen, die zu Beginn der Lektionen angegeben wurden, bildeten zugleich auch die
Unterschiede in den einzelnen Untersuchungsgruppen (Gruppe 1: generelle Ziele;
Gruppe 2: Produktziele; Gruppe 3: Prozessziele). Es gab zusätzlich noch eine vierte
Gruppe, in der die Prozessziele mit begleitenden Rückmeldungen zum Fortschritt
kombiniert wurden, und jedes Kind erhielt drei- bis viermal pro Lektion Rückmeldungen wie „Du hast die Schritte gelernt“ oder „Du machst das gut, denn du
befolgst die Schritte in der richtigen Reihenfolge“ (Gruppe 4: Prozessziele und
Feedback).
Die Kinder aller vier Gruppen lernten, insgesamt vier Formen von Absätzen zu
schreiben. Erstens ging es um beschreibende Absätze, zweitens um informierende,
drittens um eine Reihenfolge von Handlungen und viertens um Anleitungen. Für jede
der vier Formen der Absätze waren fünf Lektionen à 45 Minuten vorgesehen, und die
Gesamtdauer betrug 20 Tage mit jeweils einer Lektion pro Tag. Der Ablauf war für alle
Absatzformen gleich, und die Förderung erfolgte in Kleingruppen.
Die Lektion begann jeweils mit der oben genannten Zielsetzung, die explizit von der
Lehrperson genannt wurde. Danach fragte sie, was sie zu tun habe, und verwies auf die
fünf Schritte einer Schreibstrategie, die für alle sichtbar auf einem Poster standen:
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2)
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4)
5)
Wähl ein Thema, über das du schreiben willst.
Notier deine Ideen zum Thema.
Wähl die Hauptidee aus.
Plan den Absatz.
Schreib die Hauptidee und die anderen Sätze auf.
Nachdem die Lehrperson die Schritte benannt hatte, demonstrierte sie für zehn
Minuten das Vorgehen deutlich sichtbar. Danach wendeten die Schüler das Vorgehen
selbst an, und in diesen 20 Minuten hatten sie dabei Unterstützung von der Lehrperson. Weitere 20 Minuten arbeiteten sie selbstständig, während die Lehrperson die
Strategieanwendung überwachte. Pro Lektion arbeiteten die Kinder an zwei bis drei
Absätzen.
Nicht alle Schritte wendeten die Kinder aber gleich zu Beginn an. In der ersten
Lektion pro Absatzart ging es nur um die ersten drei Schritte. In der zweiten Lektion
wurde nur Schritt 4 behandelt, in der dritten Lektion nur Schritt 5. Erst in der vierten
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Lektion kamen alle fünf Schritte zum Einsatz, und in der fünften Lektion erfolgte dies
ohne das Modellieren der Lehrperson.
Die Ergebnisse der Studie sprechen dafür, dass die Kombination von Prozesszielen
mit Feedback die für die Textqualität wirksamste Variante war, und zwar sowohl
hinsichtlich der Textqualität als auch der Selbstwirksamkeit. In aller Regel schnitten
die Kinder mit klaren Prozesszielen und flankierenden Rückmeldungen zum Vorgehen besser ab als jene mit nur produkt- oder nur prozessbezogenen Zielen. Dennoch
waren diese Kinder immer noch erfolgreicher als jene, die unbestimmte und nur sehr
allgemeine Ziele verfolgen sollten.
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Beispiel 4‑14: Textstrukturwissen vermitteln
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Eine der effektivsten Studien zur Vermittlung des Textstrukturwissens stammt aus
Kanada (Gordon, 1986). In der Untersuchung wurden Fünftklässler insgesamt
15 Stunden lang über einen Zeitraum von fünf Wochen zu den Elementen und
der Sequenz von Inhalten in narrativen Texten instruiert (s. auch Beispiel 4‑10). Dabei
modellierte die Lehrperson zunächst mittels einer Folie, wie sie eine Geschichte zu
schreiben anfing. Das Modellieren beinhaltete ein Zwiegespräch mit sich selbst, in dem
es ums Planen und Entscheiden ebenso ging wie um die präzise Benennung von
Elementen aus der Geschichtengrammatik. Dies diente dazu, die Schüler mit der
Terminologie und dem Schreibprozess vertraut zu machen. Insgesamt vier Lektionen
waren für das Modellieren durch die Lehrkraft und die Beobachtung dieses Vorgangs
seitens der Schüler reserviert.
Danach wurden zwei Geschichten analysiert, um die Elemente der Geschichte wie
Ort, Figuren etc. als Schaubild darzustellen und mit den Schülern zu diskutieren.
Insbesondere ging es darum, die wechselseitige Verflechtung zu betonen. In den
Folgestunden bildeten Settings, die sich die Schüler ausgedacht hatten, die Grundlage
dafür, dass sich der Lehrer für dieses Setting eine Kette von Ereignissen ausdachte, die
zu einer Handlung in der Geschichte führte. Im Anschluss daran ersannen die Schüler
in Gruppen solche Handlungen, und der Lehrer fungierte als Moderator und schrieb
zudem die Geschichten auf. Zwei Lektionen wurden zudem dafür verwendet, aus
früheren Settings neue Geschichten zu spinnen.
In einer nächsten Phase erhielten die Schüler grobe Überblicksorientierungen. In
denen war das allgemeine Setting der Geschichte nebst einigen anderen Vorgaben
(darunter auch die Auflösung der Geschichte) enthalten. Damit standen den Schülern
diverse Anhaltspunkte für die gesamte Geschichte zur Verfügung. Zunächst diskutierten die Schüler über die Folge der Ereignisse, die vom Ausgangs- zum Endpunkt
der Geschichte führen könnten. Dann schrieb jeder Schüler für sich die Geschichte zu
Ende. Erst in den letzten drei der 15 Lektionen schrieben die Schüler unabhängig
voneinander einzelne Geschichten.
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Beispiel 4‑15: Aus einfachen Sätzen komplexere machen
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Ein Beispiel für das erfolgreiche Kombinieren von Sätzen ist die Studie von Bruce
Saddler und Steve Graham (2007). Bei diesem Förderansatz wurde Viertklässlern
beigebracht, wie sie in Tandems mit einem besseren und einem schlechteren Schüler
aus mehreren einfachen Sätzen als Ausgangsmaterial syntaktisch komplexere Sätze
bilden können. Dazu erhielten sie über zehn Wochen lang jede Woche dreimal für
rund eine halbe Stunde eine Förderung. Die 30 Lektionen umfassten fünf Einheiten à
sechs Stunden. In Einheit 1 lernten die Kinder, wie sie mittels Konjunktionen mehrere
Einzelsätze zu einem zusammengesetzten Satz verbinden können (Bsp.: „Der Wurm
war matschig“ und „Der Wurm schmeckte nicht schlecht“ zu „Der Wurm war
matschig, aber er schmeckte nicht schlecht“). Einheit 2 beinhaltete, Adverbien oder
Adjektive aus einem Satz in einen anderen zu überführen (Bsp.: „Sie rannten zur
Höhle“ und „Sie rannten schnell“ zu „Sie rannten schnell zur Höhle“). In den
Einheiten 3 und 4 lernten die Kinder, wie sie Adverbialsätze einbetten können bzw. aus
einem Satz in einen anderen überführen (Bsp.: „Die Schüler jubelten“ und „Der Film
stoppte“ zu „Sie jubelten alle, als der Film stoppte“). Die letzte Einheit, Einheit 5, diente
dazu, diverse Einbettungen verschiedener Art zu üben (Bsp.: „Ralph steckte seinen
Kopf heraus“, „Ralph war in Ryans Tasche“, „Ralph schaute umher“ und „Ralph
wusste nicht, wo er war“ zu „Ralph, der in Ryans Tasche war, wusste nicht, wo er war,
als er seinen Kopf herausstreckte und umherschaute“).
Jede Einheit hatte einen grundsätzlich ähnlichen Aufbau. In der ersten Lektion
machten die Implementeure (in diesem Falle: Studierende) den Kindern zunächst mit
lautem Denken vor, worum es ging, und erklärten, wozu das Kombinieren dient,
nämlich einen Trick zu erlernen, interessantere Sätze zu schreiben. Danach übten die
Kinder mündlich, und der Student schrieb die Sätze auf. Erst danach übten die Kinder
im Wechsel (das eine kombinierte die Sätze, das andere fungierte als Helfer) und
reflektierten über die Gelungenheit der Satzkombination. In den ersten beiden
Lektionen gab es zusätzliche Hilfestellungen. Zum einen stand hinter einem der
Sätze ein Ausdruck in Klammern, der dabei helfen sollte, die Sätze zu vereinen. Zum
anderen waren in den Sätzen die zu kombinierenden Teile unterstrichen. Diesen
zweiten Hinweis gab es auch noch in der jeweils dritten Lektion, aber nicht mehr den
ersten Hinweis. Ab der vierten Lektion fehlte auch diese Hilfe. Innerhalb der einzelnen
Lektion stieg ebenfalls der Schwierigkeitsgrad kontinuierlich an, ohne dabei zu
überfordern: vom Aufschreiben kombinierter Sätze in den ersten beiden Lektionen
zum Schreiben eines veränderten Absatzes (Lektion 3) hinüber zum Schreiben und
Verändern einer Geschichte (Lektionen 4–6). Die Schüler wurden ausdrücklich
ermutigt, das Vorgehen auch im Alltag anzuwenden und sich die einzelnen Schritte
so rasch wie möglich einzuprägen.
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Beispiel 4‑16: Absätze aus Geschichten schriftlich zusammenfassen
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20
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Dritt- bis Sechstklässer mit Lernschwierigkeiten wurden in einem Experiment
erfolgreich gefördert, Absätze von Geschichten zusammenzufassen und dadurch
Texte besser zu verstehen. Dazu waren 10 bis 15 Lektionen nötig, die jeweils
20 Minuten dauerten (Jenkins, Heliotis, Stein & Haynes, 1987). Die Lektionen
bestanden hinsichtlich der Förderelemente aus drei Blöcken à drei bis fünf Lektionen,
die sukzessive durchgeführt wurden.
Im ersten Block lasen die Kinder Geschichten, zwischen deren Absätzen leere
Linien vorzufinden waren. Die Instrukteure demonstrierten, wie man auf zwei Fragen
antwortete: 1.) Wer? 2.) Was passierte? Die beiden Fragen zielten darauf auf, die
wichtigste Person in einem Absatz und die Handlung zu benennen. Nach dem
Demonstrieren sollten die Kinder dieses Vorgehen üben und wurden dabei bei Fehlern
konsequent korrigiert. Konnten sie nicht antworten, sollten sie den jeweiligen Absatz
nochmals lesen. Gaben sie danach immer noch unwichtige Details an, fragte sie der
Instrukteur „Was war das Wichtigste, was in diesem Absatz passiert ist?“. Die richtigen
Antworten wurden auf der Tafel notiert.
Im zweiten Block ging es darum, die Antwort auf die beiden Fragen knapp zu
geben. Die Kinder sollten versuchen, in höchsten drei bis vier Wörtern die Haupthandlung des Absatzes auf den Linien unter den Textteilen zu notieren. Dies taten die
Kinder individuell, aber die Instrukteure waren ebenfalls tätig, indem sie die Kinder
bei Fehlern korrigierten. Wenn ein Kind mit dem Text fertig war, gab es sein Blatt dem
Instrukteur. Der las die Zusammenfassung des Kindes vor, und das Kind sollte dann –
ohne Zugriff auf den Text zu haben – angeben, worum es im Bezugsabsatz ging. Mit
diesem Vorgehen sollten die Kinder verstehen, dass die Zusammenfassungen eine
wichtige Funktion dafür haben, sich an Inhalte zu erinnern. Im dritten und letzten
Block erhielten die Kinder Texte, in denen es keine Linien gab. Sie sollten ebenfalls
zusammenfassen, aber auf einem separaten Blatt.
27
Beispiel 4‑17: Notizen anfertigen und dabei Textinhalte in Schaubilder
überführen
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Wie man aus sozialwissenschaftlichen Texten eigene Schaubilder erstellt, lernten USamerikanische Sechstklässler innerhalb von sechs Wochen mit je einer 45-minütigen
wöchentlichen Lektion (Berkowitz, 1986). Die Texte, auf die sich der Förderansatz
dabei stützte, waren Schulbuch-Texte mit einer Länge zwischen 600 und 1000
Wörtern. In den sechs Schulstunden wurde das immer gleiche Ablaufschema genutzt.
In den ersten fünf Minuten führte die Lehrperson Fachvokabeln ein und lieferte
Hintergrundwissen. Die nächsten zehn Minuten lasen die Jugendlichen die Texte. Eine
Viertelstunde lang fertigten sie dann anhand eines Schemas (s. Abbildung 10) ihr
Schaubild an. Im Anschluss daran wurde ihnen ein von der Forscherin vorbereitetes
Schaubild vorgestellt, das sie mit dem eigenen vergleichen und bei noch bestehenden
Fragen diskutieren sollten. Die Schüler konnten im direkten Anschluss ihre Schaubilder noch modifizieren. Dazu hatten sie fünf Minuten zur Verfügung. Die nächsten
fünf Minuten studierten die Jugendlichen gemäß Schritt 6 aus Abbildung 10 ihre
Schaubilder. In den letzten fünf Minuten erzählten sich die Jugendlichen in Partnerarbeit gegenseitig, woran sie sich aus dem Text erinnern konnten. Zudem erhielten
sie in den Lektionen 2–6 von der Forscherin kommentierte Schaubilder aus der
Vorwoche. In den letzten beiden der sechs Wochen erzählten sie sich nicht mehr
gegenseitig erinnerte Textinhalte, sondern schrieben sie auf.
28
1. Lies sorgfältig den Text.
2. Schreib den Titel des Textes in einen Kasten in die Mitte des leeren Blattes,
das quer vor dir liegt.
Titel
3. Lies den Artikel, um die Hauptthemen (Hauptideen) zu bestimmen. Schreib
die Themen im Uhrzeigersinn um den Titel. Nummerier und unterstreich sie.
5.
1.
4.
2.
3.
4. Schau den Text an, um 2 bis 4 wichtige Details zu finden und schreib sie unter
die passende Überschrift. Schreib nur Stichwörter, die beim Erinnern helfen.
5.
1.
4.
2.
3.
5. Zeichne einen Kasten um jede Hauptidee und die wichtigen Details.
Verbinde diesen Kasten mit dem Titel-Kasten in der Mitte.
5.
1.
4.
2.
3.
6. Schau dir dein Schaubild genau an. Konzentrier dich ebenso auf den Inhalt
wie auf die Anordnung der Informationen.
Abbildung 10: Prozedur bei der Erstellung des Schaubilds (Quelle: Übersetzung und leichte
sprachliche Anpassung von Berkowitz, 1986, S. 170)
29
Beispiel 4‑18: Ein Schreibjournal bei einer Romanlektüre für ein zentrales Kapitel führen
1
5
10
Mit dem Roman „Der große Gatsby“ beschäftigten sich Zwölftklässler in einer USamerikanischen Studie (Wong, Kuperis, Jamieson, Keller & Cull-Hewitt, 2002). Sie
lasen den Roman und stellten ihn im Rahmen des Unterrichts vor. Das war erklärtes
Ziel der Lehrerin, die ihre Schüler auf die zukünftigen Rollen im Studium vorbereiten
wollte. Zu einem Kapitel führten die jungen Erwachsenen ein Schreibjournal, das eine
Diskussion in der Klasse über das Kapitel vorbereitete. Die Fragen, die die Zwölftklässler bearbeiteten, wurden auch in der Diskussion eingesetzt. Dabei kamen zwei
verschiedene Arten von Frage-Sets zum Einsatz: allgemeine Fragen zum Texte und
solche zu den Charakteren. Unabhängig davon, welcher Gruppe die Schüler angehörten, sollten sie zwischen einer halben und einer ganzen Seite schreiben.
Die Fragestellungen und Hinweise bei der allgemeinen Variante waren diese
(Hinweise auf zu lesende Passagen wurden für diese Darstellung getilgt):
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a) „Was fällt dir auf?
(z. B. Haben dich einige der Eigenschaften der Hauptfiguren betroffen gemacht?
Siehst du Veränderungen in den Figuren, während die Geschichte weitergeht?
Erkennst du etwas, das ironisch oder symbolisch ist?)
b) Welche Fragen hast du?
(z. B. Welche Fragen zu den Ereignissen dieses Kapitels hast du? Stellst du infrage,
dass Gatsby Daisy zwingt, sich zwischen ihm und Tom zu entscheiden? Warum ist
Myrtle auf die Straße zum gelben Auto gelaufen?)
c) Was fühlst du?
(Lässt dich die Geschichte traurig, wütend oder verängstigt fühlen? Kannst du jene
Teile ausfindig machen, die dich das fühlen lassen?)
Beantworte Frage c) und such dir zwei Fragen aus Frage a) oder b) aus, die du
bearbeitest.“
Die Fragestellungen zu den Hinweisen auf die Charaktere lauteten:
1) „Was hast du über den Höhepunkt in dieser Geschichte gelernt, zum Beispiel, wen
Daisy wählen würde: Würde sie mit Gatsby gehen oder bei Tom bleiben?
2) Was hast du über Nicks Sicht auf Gatsbys Nachtwache gelernt?
3) Erstell je eine Frage, die du Gatsby bzw. Daisy stellen würdest.
Wie denkst du über
4 a) Daisy (z. B. ihre Antwort auf Gatsbys Appelle/sein Angebot oder warum sie nicht
anhielt, als sie über Myrtle gefahren ist)?
4 b)Gatsby?
35
Bearbeite die Fragen 3, 4 a und 4 b und wähle aus den Fragen 1 und 2 eine aus, die du
bearbeitest.“
(Quelle: sprachlich adaptierte Übersetzung von Wong et al., 2002, S. 189 f.)
30
Beispiel 4‑19: Der Förderansatz „Concept-Oriented Reading
Instruction“ (CORI)
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Einer der umfassendsten Förderansätze entstammt einer Kooperation von Biologiedidaktik und Pädagogischer Psychologie, die Anfang der 1990er Jahre stattgefunden
hat. Der „CORI“ genannte Ansatz stellt das Fachlernen ins Zentrum, bei dem das
Lesen (ein) Mittel zum Zweck der intensiven Beschäftigung mit einem Lerngegenstand
bzw. Thema ist. Dieser Förderansatz ist vor allem bei Primarstufenkindern (Klasse 3
und 5), inzwischen aber auch mit Mittelstufenschülern der Klassenstufe 7 erprobt
worden.
CORI lässt sich als eine sehr komplexe Form des Projektunterrichts vorstellen, bei
dem der reguläre Unterricht massiv verändert wird und die Schüler selbstständig
Fragestellungen bearbeiten, wozu sie auch lesen müssen. Dabei folgt das Programm
fünf Prinzipien. In den zwölfwöchigen CORI-Projekten mit jeweils zwei Stunden pro
Tag werden die Kinder zunächst in ein Themengebiet eingeführt (etwa aus dem
Bereich Ökologie, Astronomie (Sonnensystem) oder Geschichte (Kolonialisierung
Amerikas, die Besiedelung des Westens Amerikas)), in dem sie sich lesend und
forschend Wissen aneignen sollen (erstes Prinzip). Ein zweites Prinzip bildet eine
reichhaltige Klassenbibliothek, in der die Kinder Texte finden können, die ihren
Fähigkeiten und Informationsbedürfnissen entsprechen. Interessant gestaltet sind – so
ein drittes Prinzip – zudem die Materialien, anhand derer sechs Lesestrategien geübt
werden und dabei ihren Nutzen entfalten: 1) Vorwissen aktivieren, 2) Fragen stellen, 3)
Informationen suchen, 4) Zusammenfassen, 5) Schaubilder erstellen und 6) Textstruktur identifizieren. Ergänzt werden die Leseaktivitäten durch – als viertes Prinzip –
in der Praxis gewonnene, sinnliche Erfahrungen, etwa durch Exkursionen und
Experimente. Das fünfte Prinzip schließlich bildet die unter motivationaler Perspektive wichtige Akzentuierung von Zusammenarbeit mit den Peers (in Kleingruppen von vier bis sechs Kindern): Der Austausch über Gelesenes und von Texten
sowie die Fragen an die Peers sind also ausdrücklich erwünscht (für einen umfassenden Überblick siehe Guthrie, Wigfield & Perencevich, 2004).
31
Beispiel 4‑20: PLAN + WRITE – ein Exempel für den SRSD-Ansatz
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SRSD ist eine Art von Meta-Skript zur Vermittlung von Strategien und der Fähigkeit,
das eigene Schreiben positiv zu beeinflussen. Mit dem Ausdruck „Meta-Skript“ ist
gemeint, dass das Vorgehen zunächst einmal prinzipiell unabhängig von der eigentlichen Strategie ist. Davon zeugt die Vielfalt von Dutzenden Studien, in denen unter
dem Deckmantel SRSD sehr unterschiedliche Strategien bei verschiedenen Textsorten
vermittelt wurden. Eine weitere Besonderheit besteht darin, dass bei diesem Ansatz
Lehrpersonen ganz ausdrücklich dazu eingeladen sind, den Fähigkeiten ihrer Schüler
entsprechend Modifikationen vorzunehmen, zum Beispiel bei den sechs Phasen, die
SRSD zugrunde liegen (Harris & Graham, 1996).
Die sechs SRSD-Phasen dienen der Strukturierung des Lernprozesses. Die erste
Phase besteht darin, Hintergrundwissen zu entwickeln, also Informationen zum
Nutzen und den Namen einer Strategie zu vermitteln. Die zweite Phase dient der
Diskussion. Hier geht es darum, mögliche Einsatzmöglichkeiten gemeinsam mit den
Schülern zu besprechen oder über hinderliche Selbstaussagen wie „Ich kann nicht
schreiben“ zu debattieren. In diese Phase fällt auch, dass die Lehrperson Teilschritte
von Strategien benennt. Dies leitet zur dritten Phase über, dem Modellieren des
Vorgehens mit lautem Denken und Selbstinstruktionen. In der nächsten Phase sollen
sich die Schüler die einzelnen Schritte bewusst einprägen, um später automatisiert auf
sie zurückgreifen zu können. Erst in der nächsten und zeitlich deutlich umfangreicheren fünften Phase wenden die Schüler die Strategien an, wobei die Lehrperson
nur so viel Unterstützung wie nötig liefert. Die sechste und letzte Phase besteht darin,
dass die Schüler die erlernten Fähigkeiten unabhängig üben, um so das selbstregulierte
Schreiben zu konsolidieren.
Als ein Beispiel unter den vielen SRSD-Studien sei jene von Susan de la Paz und
Steve Graham (2002) angeführt, die mit Siebt- und Achtklässlern durchgeführt wurde.
In dieser Studie wurde den Jugendlichen über eine Zeit von sechs Wochen mit jeweils
vier Lektionen pro Woche vermittelt, wie sie selbstreguliert Sachtexte schreiben, die
aus fünf Absätzen mit einer vorangestellten Vorstrukturierung (nur im ersten Absatz),
unterstützenden Absätzen und einem schlussfolgernden Absatz am Ende bestehen.
Bemerkenswert ist an dieser Studie, dass in ihr – ganz den Ermunterungen zur
Modifikation entsprechend – die erste und die zweite SRSD-Phase getauscht wurden.
Wie die Förderung erfolgte, wird im Folgenden erläutert.
In der Interventionsstudie ging es darum, Jugendlichen Strategien zum Planen von
Texten, dem Schreiben von Erstfassungen sowie dem Überarbeiten dieser Fassungen
zu vermitteln. Neben der reinen Strategievermittlung spielte auch eine Rolle, dass die
Jugendlichen sich selbst Ziele setzten sowie Probleme (wie mangelnde Motivation oder
Fehlanwendungen) wahrnehmen und darauf adäquat reagieren sollten. In der ersten
Lektion ging es zunächst einmal darum, einen Überblick über die zwei Strategiebündel
zu geben und über ihren Nutzen mit den Schülern zu diskutieren. Insbesondere
sprachen die Lehrpersonen mit den Jugendlichen darüber, dass gute Schreiber solche
Strategien anwenden, um damit bessere Texte zu schreiben. Die Jugendlichen
notierten sich in dieser Lektion die einzelnen Schritte und Begründungen.
32
45
Die beiden Strategiebündel „PLAN“ und „WRITE“ stehen für diverse Einzelhandlungen und Operationen, die die Schüler ausführen sollten. Bei den Wörtern handelt
es sich um Akronyme, die noch kurz erläutert seien, zunächst für PLAN:
■
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Das zweite Bündel an Strategien bezog sich stärker auf das Schreiben des Textes und
trug sinnigerweise den Namen WRITE.
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„Pay attention to the prompt.“ Das bedeutet, dass die Jugendlichen auf den
Schreibauftrag achten sollten, um so das Thema und die Art des Schreibens genau
zu bestimmen. Dafür nutzten die Jugendlichen Schreibaufträge, bei denen sie
einfach unterstrichen, worüber sie schreiben sollen (z. B. „Such dir ein Zeitalter
aus, in dem du gern sein würdest“), und zweifach unterstrichen, wie sie vorgehen
sollen (z. B. „Schreib einen Aufsatz, in welchem du erklärst, warum du dort leben
willst.“)
„List main ideas.“ Damit sind Hauptideen in Absätzen gemeint, in diesem Falle
sind es Argumente für das präferierte Zeitalter. Insgesamt drei solche Hauptideen
sollten die Jugendlichen zunächst generieren, ohne sich schon zu entscheiden,
über welche sie schreiben wollen. Stattdessen sollten sie sie erst einmal nur
auflisten.
„Add supporting ideas.“ In diesem Teilschritt ging es darum, für die Hauptideen
bzw. Argumente unterstützende Details zu generieren. Auch hier sollten die
Jugendlichen drei Beispiele finden. Außerdem wurden sie ermutigt, andere
Themen zu wählen, wenn sie nicht genügend Details finden.
„Number your ideas.“ In diesem Teilschritt geht es darum, absichtsvoll eine
Reihenfolge der Ideen zu bilden, die sich auch im Text niederschlägt.
■
■
■
„Work from your plan to develop your thesis statement.“ Mit dieser Erinnerung
des Schreibplans sollte eine vorstrukturierende Aussage erstellt werden, die dem
Leser klar offenbart, worum es in dem Text gehen wird und welche Hauptaspekte
der Text beinhaltet (thesis statement). Es handelt sich dabei um Absätze, die dem
Text vorangestellt werden und die kognitiv vorstrukturieren. Die etwas besseren
Schüler erhielten auch noch Hinweise auf Alternativen, zum Beispiel eine Serie von
Fragen, eine lustige oder aggressive Passage oder das Gegenteil dessen, worauf die
Schüler später abzielen würden.
„Remember your goals.“ Der Verweis auf die Schreibziele betraf schriftlich
festgehaltene Absichten für das Schreiben, nämlich zum Beispiel beim Thema
zu bleiben, die Inhalte klar zu arrangieren, angemessenes Vokabular zu verwenden
und die Satzlänge und ‑art zu variieren. Die Schreibziele wurden in der Phase des
unabhängigen Übens individualisiert und griffen jene Bereiche auf, in denen die
Schüler jeweils individuelle Schwierigkeiten hatten.
„Include transition words for each paragraph.“
„Try to use different kinds of sentences.“
„[Use] Exciting, interesting, $100,000 words.“ Die letzten drei Punkte zielen auf die
Textoberfläche ab, indem Konjunktionen und für Leser angenehme Übergänge
zwischen den Absätzen, variierende Sätze und interessante Wörter und Synonyme
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in den Blick gerieten. Diese Elemente sollten die Jugendlichen schon beim
Schreiben beachten, spätestens aber beim Überprüfen und Überarbeiten der Texte.
Nachdem die Teilschritte der Strategien beschrieben worden waren, kümmerten sich
die Lehrpersonen um das Hintergrundwissen. Sie vermittelten das Textstrukturwissen
zu den Absätzen und wiesen die Jugendlichen auch darauf hin, dass man Schreibpläne
während des Schreibens verändern und überprüfen darf und sollte, um Erfolg zu
haben. Außerdem kontrollierten die Lehrpersonen in den folgenden Lektionen, ob
sich die Jugendlichen die einzelnen Teilschritte eingeprägt hatten. Das deklarative
Wissen zu Textstruktur und Strategieschritten kam in zwei aufeinander folgenden
Sitzungen zum Einsatz. An einem Beispieltext sollten die Jugendlichen die Textteile
wie die vorstrukturierende Aussage suchen und benennen (s. dazu auch Beispiel 4‑14
in Kap. 4.3.2). Außerdem überprüften sie, ob die Übergänge zwischen den Themen
sprachlich gelungen waren, suchten verschiedene Satzarten und diskutierten mit der
Lehrperson, wie man den Text optimieren könne. Am Folgetag kam der sprachliche
Ausdruck hinzu. In einem zweiten Text sollten die Schüler zusätzlich zu dem, was sie in
der Lektion zuvor getan hatten, noch die Angemessenheit der Wortwahl beurteilen
und Vorschläge zur Verbesserung machen.
Im Anschluss daran vereinbarten die Lehrperson mit jedem Schüler in MiniKonferenzen individuelle Ziele zur Verbesserung des Schreibens. Die Schüler wurden
dabei ausdrücklich von den Pädagogen ermuntert, sich ein bis zwei Ziele auszuwählen
und die bisherigen Schwächen aktiv anzugehen. Da die Klassen bis zu 30 Mitglieder
umfassten, bearbeiteten jene Schüler, die nicht gerade mit dem Lehrer Ziele vereinbarten, andere Aufgaben. Dabei handelte es sich um das, was den Kern des ersten
Schrittes bei PLAN ausmacht: das Klären des Themas und dessen, was im Text
passieren soll. Die Schüler unterstrichen für ein Dutzend solcher Hinweise die
entsprechenden Passagen und generierten im Anschluss daran gemäß den anderen
drei Teilschritten mögliche Inhalte.
Erst jetzt begann die Phase des Modellierens. Die Lehrperson demonstrierte mit
lautem Denken ihr Vorgehen, dies dauerte bis zu drei Lektionen. Dabei waren
Selbstaussagen wichtig, darunter Problemdefinitionen („Weil ich mich entschieden
habe, meine vorstrukturierende Aussage zuerst zu schreiben, nehme ich sie als ersten
Satz im Einstiegsabsatz.“), Planen („Ok, mein nächster Schritt ist . . .“) und Selbstbewertungen („Mir gefällt, was ich bislang so geleistet habe“). Zusätzlich verwendete
die Lehrperson drei Hilfsmittel: erstens ein Blatt für das Brainstorming, auf dem die
Hauptideen und Details festgehalten und nummeriert werden konnten, zweitens ein
Aufsatz-Blatt, auf dem Einzelteile des Textes (z. B. Einleitungsabsatz oder Schlussfolgerung) standen, und drittens Hinweiskarten für die einzelnen Absätze. Diese
Hinweiskarten enthielten Hinweise zu möglichen Formulierungen bei den Übergängen. Zum Modellieren gehörte auch, dass die Lehrpersonen mehr als drei
Hauptideen und Details generierten und schon beim Schreiben auf unterschiedliche
Satzlängen und einen abwechslungsreichen Ausdruck achteten. Sie demonstrierten
damit die Komplexität des Schreibprozesses, aber zugleich auch, worauf gute Schreiber
achten.
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Nach dem Modellieren begann eine neue Phase, nämlich die des angeleiteten
Übens. Als Erstes planten und komponierten die Schüler im Klassenverband einen
Aufsatz, als Zweites folgte ein ähnliches Vorgehen in Kleingruppen. Die Lehrpersonen
hielten die Jugendlichen dazu an, auf das Blatt zum Brainstorming „PLAN“ und auf
jenes zum Aufsatz „WRITE“ zu schreiben. Immer wenn die Jugendlichen jenen
Teilschritt absolviert hatten, für den einer der Buchstaben stand, sollten sie diesen
Buchstaben durchstreichen. Auf das Aufsatz-Blatt sollten die Jugendlichen außerdem
noch ein bis zwei Ziele schreiben, an denen sie arbeiten wollten. Immer wieder wurde
auch in dieser Phase diskutiert, zum Beispiel darüber, wie der einleitende mit dem
abschließenden Absatz zusammenhängt, oder über günstige Wortwahlen in den
Texten der Schüler.
Die Lehrpersonen führten nun auch die Überprüfung der Texte durch Mitschüler
(per Modellieren) ein. Mittels einer Checkliste wurden Texte auf spezifische Aspekte
geprüft, etwa darauf, dass das Thema klar benannt wurde oder ob der Text günstig
aufgebaut ist. Mittels dieser Checkliste wurden Impulse für die Verbesserung gegeben.
Zusätzlich stellte sich bei den Lehrkräften eine stärker werdende passgenaue Diagnostik ein, die sie in Mini-Konferenzen dafür verwendeten, detailliertes Feedback zu
geben und den Jugendlichen dabei zu helfen, sich realistische und erreichbare Ziele zu
setzen. In diesen Konferenzen ging es auch darum, mit den Jugendlichen über etwaige
Schwierigkeiten und Lösungen zu sprechen.
In der finalen Phase übten die Jugendlichen mit immer weniger Unterstützung
durch die Lehrkräfte. Die Lehrkräfte nahmen nun die Hilfsmittel zurück. Sie
ermunterten die Jugendlichen, nicht mehr die Hinweiskarten, Essay- und Brainstormingblätter etc. zu verwenden, sondern stattdessen die Schritte ohne Hilfsmittel
anzuwenden. Die Jugendlichen nutzten nun nur noch reguläre Schreibblöcke, um zu
schreiben, und die Lehrkräfte reduzierten zusätzlich die Häufigkeit, die Jugendlichen
explizit zu unterstützen. Am Ende übte jeder Heranwachsende im Schnitt fünf Tage
lang ohne Unterstützung und schrieb bis zu vier Aufsätze.
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Beispiel 4‑21: Der Prozessansatz bei Kindern mit Lernschwierigkeiten
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Sieben Monate lang erhielten Viert- und Fünftklässler mit Lernschwierigkeiten die
Gelegenheit, an Schreibworkshops teilzunehmen, die dem Prozessansatz folgten
(Clippard & Nicaise, 1998). Die Intervention umfasste pro Woche jeweils vier
etwa einstündige Lektionen zum Schreiben. Die Lektionen folgten einer stets gleichen
Dramaturgie. Zunächst hatten die Kinder zehn Minuten Zeit, sich für ein Thema zu
entscheiden und sich inspirieren zu lassen. In diese erste Phase fielen auch das Lesen
von Texten und auf Beobachtungen der Lehrkraft basierende Minilektionen für
einzelne Schüler. In der folgenden halben Stunde schrieben die Schüler für sich selbst,
ehe sie danach 15 Minuten Zeit hatten, in Kleinkonferenzen untereinander oder mit
der Lehrkraft den Text zu diskutieren. Bei diesen Diskussionen ging es um Vorschläge
für Verbesserungen, aber auch um den Ideenaustausch und das Vorstellen von fertigen
oder sich noch in der Produktion befindlichen Texten. Alle sechs Wochen wurden
zudem die Texte der Schüler zusammengestellt und als Buch sowohl im Klassenzimmer ausgestellt als auch in der Schulbibliothek deponiert.
36
Beispiel 4‑22: Beobachten und schreiben
1
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In einer älteren Studie mit Neunt- und Elftklässlern kamen die Jugendlichen mit dem
Schreiben als Forschen über insgesamt zehn Tage, verteilt über fünf Wochen, in
Berührung (Hillocks, 1979). Dabei stand das Beobachten und bewusste Wahrnehmen
mit mehreren Sinnen im Vordergrund. Beispielsweise arbeiteten die Schüler in
Gruppen zusammen und trugen Augenbinden, während sie Objekte auf dem Tisch
(Sandpapier, Teppich, Zwiebelscheibe) ertasteten. Sie sollten dann die Ausdrücke
wählen, die die Textur am besten und präzisesten beschreiben. Diese Ausdrücke
stellten sie zu einer Liste zusammen, die sie als Gruppe in der Klasse vorstellten.
In den einzelnen Lektionen ging es nicht nur um einen genauen Ausdruck, sondern
auch um Textelemente wie Hauptideen, unterstützende Details, Resümees sowie
Schreibziele, die Differenz von allgemeinen und spezifischen Ausdrücken etc. Zugleich
standen Beispieltexte zur Verfügung, und zwar sowohl solche von Mitgliedern der
Klasse als auch von professionellen Schreibern.
37
Beispiel 4‑23: Reziprokes Lehren – ein Klassiker unter den
Förderprogrammen mit kooperativem Lernen
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Das Reziproke Lehren wurde in seiner bekanntesten Form, nämlich der wechselseitigen Anwendung und Überwachung von vier Lesestrategien in Kleingruppen, von
Annemarie Palincsar und Ann Brown entwickelt. Im Original wurden leseschwache
Jugendliche aus siebten Klassen über rund 20 Tage in jeweils halbstündigen Sitzungen
gebeten, im steten Wechsel Strategien anzuwenden (Studie 1 bei Palincsar & Brown,
1984). Der stete Wechsel schlägt sich auch im Namen nieder: Das wechselseitige
Auffordern und Anwenden wird als reziprokes Lehren bezeichnet. Dabei hatte immer
ein Schüler die ‚Lehrerrolle‘ inne und forderte ein Gruppenmitglied auf, als ‚Schüler‘
eine Strategie anzuwenden. Der ‚Lehrer-Schüler‘ überwachte, ob das angemessen
erfolgte. Danach kam es zu einem Wechsel der ‚Lehrerrolle‘. Bei alldem war die
Lehrperson anwesend, um zu assistieren (in späteren Studien wurden aber beispielsweise leistungsheterogene Gruppen mit einem besseren Schüler und zwei schwächeren
gebildet, und der bessere Leser wurde gezielt vorbereitet, was Lehrpersonen entlastete;
Palincsar, Brown & Martin, 1987).
Bei den vier Lesestrategien handelt es sich um diese:
1. Fragen zum Text stellen, und zwar gleichermaßen solche, für deren Antwort man
nur einen Textabschnitt zu lesen braucht, und solche, bei denen man mehrere
Textabschnitte verknüpfen muss;
2. das Zusammenfassen von Absätzen;
3. das Klären von unbekannten Wörtern und Sätzen (über gegenseitiges Erklären,
nochmalige Lektüre, Erschließen der Bedeutung aus dem Kontext oder durch
Lexika) und
4. das Vorhersagen des weiteren Textinhalts.
Wie schon erwähnt, war die Lehrperson in den Übungslektionen in den Gruppen
anwesend. Es gab gleichwohl eine Einführungsphase, in der die Lehrperson selbst
demonstrierte, was sie später von ihren Schülern erwartete. Das bedeutet, sie wendete
die Strategie erst selbst an und übertrug sukzessive Verantwortung auf die Schüler.
Die Lektionen begannen aus Sicht der Lehrperson entweder damit, einen der
insgesamt 13 Texte (Sachtexte mit rund 1500 Wörtern Umfang) einzuführen, wenn er
neu war, oder den noch nicht zu Ende bearbeiteten Text der letzten Lektion mit den
Jugendlichen zu diskutieren. Im ersten Fall lenkte die Lehrperson die Aufmerksamkeit
auf den Titel und bat die Schüler um Prognosen zum Inhalt. Im zweiten Fall, wenn es
am Tag zuvor nicht gelungen war, den Text zu beenden, stellte die Lehrperson andere
Fragen. So sollten die Jugendlichen das Thema des Textes und Aspekte des Themas
benennen, die bislang im Text Gegenstand waren. Dann benannte die Lehrperson
einen ‚Lehrer-Schüler‘, und die Gruppe las leise den ersten Absatz.
Nun bat der ‚Lehrer-Schüler‘, die oben genannten vier Strategien anzuwenden.
Dabei assistierte der Lehrer dem ‚Lehrer-Schüler‘ und der Gruppe, indem er Hinweise
gab („Was könnte ein Lehrer deiner Ansicht nach für eine Frage stellen?“), nochmals
instruierte („Denk dran: Eine Zusammenfassung ist eine verkürzte Fassung und
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55
enthält keine Details“) oder die Aktivitäten modifizierte („Wenn es gerade schwer ist,
eine Frage zu stellen, fang doch mit dem Zusammenfassen an“). Weitere Unterstützungsleistungen durch die Lehrperson bestanden darin, dass sie Rückmeldungen gab,
etwa präzise Fragen oder gute Vorhersagen lobte oder aber beim Zusammenfassen
zurückmeldete, dass der Jugendliche hier ein Detail statt der übergeordneten Hauptidee angeführt hatte. Das, was der Lehrperson verbesserungswürdig erschien, machte
sie selbst vor und bezeichnete dies als Vorschlag.
Neben diesen schon genannten Unterstützungsleistungen durch die Lehrpersonen
gab es noch zwei weitere. Zum einen wurde den Jugendlichen immer wieder dezidiert
erklärt, dass Strategien wie diese ihnen helfen, Texte besser zu verstehen, und dass sie
die Strategien immer beim Lesen anwenden sollen. Ihnen wurde auch gesagt, dass das
Paraphrasieren (Zusammenfassen in eigenen Worten) und das Fragenstellen gute
Möglichkeiten seien, das eigene Textverstehen zu überprüfen. Zum anderen wurde
ihnen der praktische Nutzen auch insofern demonstriert, dass jede Lektion mit der
Lektüre eines 400 bis 475 Wörter umfasenden Sachtextes abgeschlossen wurde. Zu
jedem Text gab es zehn Fragen, die die Jugendlichen beantworteten. Der Anteil richtig
beantworteter Fragen wurde in ein Diagramm eingetragen und zu einer Kurve
verbunden, um so den Jugendlichen ihre Entwicklungen zu demonstrieren (die
Jugendlichen verdoppelten ihre Leistungen).
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Beispiel 4‑24: „Paired Writing“ – zu zweit schreiben, überprüfen,
anderen Rückmeldungen geben und überarbeiten
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In einer britischen Studie mit Zehn- und Elfjährigen kam ein „Paired Writing“,
Schreiben im Tandem, genannter Ansatz zum Einsatz (Yarrow & Topping, 2001). Die
beiden Partner haben dabei jeweils unterschiedliche Funktionen. Es gibt den Schreiber
und den Helfer, der assistiert. Insgesamt sechs Schritte umfasst die Prozedur, und bei
jedem der Schritte haben Schreiber und Helfer genau definierte Rollen. Die Schritte
sind: a) Ideen generieren, b) Entwurf schreiben, c) Lesen, d) Überarbeiten, e) beste
Variante schreiben und f ) Beurteilen.
Beim Ideen-Generieren benutzt der Helfer einen Katalog von zehn Fragen, die er
dem Schreiber stellt, um so auf mögliche Inhalte des zu schreibenden Textes zu stoßen.
Der Helfer notiert die Inhalte stichwortartig, und beide Partner können im Anschluss
die Organisation der Inhalte vornehmen. Im zweiten Schritt, dem Schreiben des ersten
Entwurfs, diktiert der Schreiber jeden Satz einzeln und kann wählen, ob er selbst etwas
schreibt oder der Helfer dies tun soll. Der Helfer wird zudem selbst aktiv, wenn er
Hindernisse beim Schreiber bemerkt. Auf diese Weise soll vermieden werden, dass der
Schreiber sich im Schreibprozess verliert.
Wenn der erste Entwurf vorliegt, liest der Helfer im dritten Schritt den Text laut vor.
Dadurch wird der Schreiber zum Adressaten des eigenenTextes. Im Anschluss liest der
Schreiber den Text selbst noch einmal vor. Dies leitet zum vierten Schritt über: dem
Überarbeiten. Sowohl der Schreiber als auch der Helfer betrachten den Text genauer,
und zwar in Hinblick auf vier Aspekte: Bedeutung, Organisation, Rechtschreibung
und Zeichensetzung. Dabei helfen einige Leitfragen, um die Aufmerksamkeit gezielt zu
lenken. An den Stellen, an denen es Überarbeitungsbedarf gibt, wird der Text farbig
markiert. Dann diskutieren Schreiber und Helfer, welche Änderungen sie vornehmen
wollen, und der Schreiber führt die Veränderungen durch, auf die sich beide geeinigt
haben. Von dieser überarbeiteten Fassung wird dann eine Abschrift erstellt, die
sogenannte „beste Variante“. Der letzte Schritt besteht darin, dass die beste Variante
jeweils zwischen zwei Tandems ausgetauscht wird. Die Texte werden dann analog zum
Schritt 4 beurteilt, wobei das Lob die Kritik überwiegen soll.
Auf diese Weise verfassten die Kinder insgesamt fünf Texte in einem Zeitraum von
sechs Wochen. Pro Woche fanden vier Lektionen statt. Die jeweils erste Lektion war für
das Generieren von Inhalten reserviert, die zweite für den ersten Entwurf, die dritte für
das laute Lesen sowie Überarbeiten und die vierte für das Schreiben der besten Version
und das wechselseitige Evaluieren.
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Beispiel 4‑25: Durch Lesen und aktives Zuhören, was Erwachsene zu
Texten sagen, besser schreiben
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In diesem Falle ist das Beispiel keine quasi-experimentelle Studie, die im regulären
Unterricht stattfand, sondern außerhalb im Labor. Gleichwohl ist das Beispiel
lehrreich, da es die grundsätzlichen Mechanismen der Rückmeldungen zu Texten
beinhaltet. Das eigentliche Experiment umfasste insgesamt drei einstündige Lektionen, die mit Sechstklässlern durchgeführt wurden. Dabei waren die untersuchten
Jugendlichen allein (Lumbelli, Paoletti & Frausin, 1999).
Bei der Aufgabe ging es darum, die Beschreibung eines Spiels zu lesen, welches die
schreibende Person wertschätzte, das aber die angestrebten Adressaten des Textes
nicht kannten. Die Spielbeschreibungen als solche waren per se nicht vollumfänglich
verständlich, weil sie dafür nicht alle nötigen Informationen enthielten. Ein Text, der
zum Einsatz kam, war der folgende:
„Ein Spiel, das ich mit meinen Freunden spiele, wird ‚Tierschritte‘ genannt. Das
Spiel ist sehr einfach. Fünf Jungen oder Mädchen stehen vor einer Wand, während ein
Mädchen oder ein Junge vor einer anderen Wand steht und zum Beispiel sagt: ‚Lucy,
ein Känguruschritt; Laura, ein Froschschritt‘ und so weiter. Wenn jemand der Wand
nahe kommt und sie berührt, muss der, der dort vorher war, an die Stelle gehen, wo der
andere war, und so weiter.“
Eines der Probleme dieses Textes besteht darin, dass man nicht erfährt, ob die
beiden Wände gegenüber sein müssen oder nicht. Gravierender ist aber, dass man
nicht erfährt, auf welche Art die Tierschritte mit dem Erreichen der Wand zu tun
haben. Das heißt, dass die Leser von selbst darauf kommen müssen, dass die
Schrittlängen unterschiedlich ausfallen. Es war Auftrag für die Jugendlichen, die
Fehler zu entdecken, möglichst zu korrigieren oder – für den Fall, dass den Jugendlichen das Spiel unvertraut war – Fragen zu formulieren, die das Problem beheben
könnten. Konkret lautete der Arbeitsauftrag so:
„Das ist eine Schreibaufgabe, die ziemlich anders ist als die, die du gewohnt bist.
Was du machen sollst, ist: Lies und korrigier einen Text, in dem jemand in deinem
Alter sein Lieblingsspiel beschreibt. Deine Korrekturen sollen nur eines berücksichtigen: Dein Schulkamerad wurde gebeten, das Spiel jemandem, der das Spiel nicht
kennt, so zu beschreiben, dass er es verstehen kann. Also solltest du dich beim
Korrigieren in die Lage dieser Person versetzen, die mit dem Spiel überhaupt nicht
vertraut ist. Achte auf
1. unklare Ausdrücke, die du so ändern kannst, dass sie einem Leser klar werden, der
das Spiel nicht kennt;
2. fehlende Ausdrücke, die du ergänzen kannst, wenn du das beschriebene Spiel
kennst. Oder du schreibst Fragen an denjenigen auf, der die Beschreibung
geschrieben hat, wenn das Spiel für dich neu ist. Die Fragen dienen dazu
herauszufinden, was er vergessen hat, in den Text zu schreiben.
Du wirst eine merkwürdige Hilfestellung bekommen, die du sehr vorsichtig nutzen
solltest. Es handelt sich um die Aufnahme von Kommentaren und Fragen eines
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Erwachsenen, der den Text nach und nach liest. Diese Kommentare und Fragen sind
direkt mit den unklaren Stellen und fehlenden Informationen verbunden. Diese
Stellen machen es für jemanden, der das Spiel nicht kennt, unmöglich, es zu verstehen.
Wenn du liest, solltest du den aufgenommenen Kommentaren genau zuhören.
Während du zuhörst, kannst du die Aufnahme jederzeit stoppen und dir Stellen noch
mal anhören. Wenn du willst, kannst du dir Dinge notieren, die für deine Korrekturen
nützlich sein könnten.“
(Quelle: Übersetzung von Lumbelli et al., 1999, S. 150)
Die im Arbeitsauftrag angesprochenen Tonaufnahmen stammten vom Forschungsteam, aus dem ein Mitglied einen Text laut gelesen und spontan seine Überlegungen
mit lautem Denken verbalisiert hatte. Der Wortlaut eins auf den oben abgedruckten
Text zum Tierschritte-Spiel bezogenen Aufnahme ist in Tabelle 6 dargestellt.
Tabelle 6: Auszug aus einer Reaktion eines Erwachsenen auf einen Schülertextes
(Quelle: Übersetzung von Lumbelli et al., S. 151 f.)
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Originaltext
Aussage des Forschungsteammitglieds
Ein Spiel, das ich
mit meinen Freunden spiele, wird
„Tierschritte“
genannt. Das Spiel
ist sehr einfach.
Lass mich mal sehen, ob ich verstanden habe, wie man dieses Spiel
spielt. Als Erstes: Das Spiel heißt Tierschritte, und deshalb hat es
mit den Schritten zu tun, die verschiedene Tiere machen. Das
Spiel ist sehr einfach, also sollte ich dazu in der Lage sein, es leicht
zu verstehen.
Fünf Jungen oder
Mädchen stehen
vor einer Wand,
während ein Mädchen oder ein Junge
vor einer anderen
Wand steht
Nun, es gibt zwei verschiedene Wände. Aber ich habe noch nicht
ganz verstanden, wo diese beiden Wände sind. Vielleicht liegen
sie einander gegenüber. Aber der Schreiber erzählt es mir nicht.
Eine Sache, die ich verstanden habe, ist, dass an einem Ort nur
eine Person ist und am anderen die Gruppe.
und zum Beispiel
sagt: „Lucy, ein
Känguruschritt;
Laura, ein Froschschritt“ und so
weiter.
Die Person, die vor der einen der beiden Wände steht, sagt . . . Die
Beispiele der Tierschritte machen es klar, dass es verschiedene
Schritte gibt, je nach Tier, weil ich weiß, dass ein Känguru sich auf
eine andere Art bewegt als ein Frosch. Also denke ich, dass diese
Kinder unterschiedliche Arten von Schritten machen, um die
Tiere nachzumachen.
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Originaltext
Aussage des Forschungsteammitglieds
Wenn jemand der
Wand nahe kommt
und sie berührt,
muss der, der dort
vorher war, an die
Stelle gehen, wo der
andere war, und so
weiter.
Nun, um mal anzufangen. Ich habe verstanden, dass „der, der dort
vorher war“, derjenige ist, der alleine stand. Das ist klar. Und ich
weiß auch, dass am anderen Ort all die anderen sind, die all die
Schritte machen müssen, die der eine ihnen sagt. Also wenn es
jemand aus der Gruppe hinbekommt, die Wand zu berühren,
muss der eine, der dort zuvor alleine war, an den Ort gehen, an die
Stelle gehen, wo der andere war. Welcher andere? Offenbar
tauschen zwei Leute die Stelle. Wenn jemand von ihnen die Wand
berührt, muss der, der an der Wand stand, der Gruppe beitreten
und die Schritte machen, die man ihm sagt.
Aber an dieser Stelle ist etwas, das ich nicht verstanden habe,
was mir aber sehr wichtig zu sein scheint: Wer ist die Person, die
entscheidet, ob jemand die Wand berühren kann? Es ist klar, dass
jemand, der die Wand erreicht, auf eine bestimmte Art gewonnen
hat. Was mir nicht klar ist, ist die Regel, die darüber entscheidet,
wer gewinnt und wer verliert. Was ich weiß, ist, dass die Spieler
verschiedene Schritte von verschiedenen Tieren machen, die
ihnen derjenige kommandiert, der an der Wand steht. Aber ich
weiß nicht, wie jemand die Wand vor jemand anderem erreicht,
wenn er die Schritte wie aufgetragen befolgt. Erreicht jeder früher
oder später die Wand? Oder kommen einige Spieler nie dort an?
Das ist mir nicht klar, weil es der Schreiber mir nicht mitgeteilt
hat. Ich kann nur raten.
Zum Beispiel weiß ich, dass es viele Unterschiede zwischen
einem Känguru und einem Frosch gibt. Aber gibt es einen
bestimmten Unterschied, der mir erlaubt vorherzusagen, wer
zuerst die Wand erreicht? Können Tierschritte danach unterschieden werden, ob sie dem Spieler dabei helfen, die Wand früher
zu erreichen? Die Antwort könnte sein: Der Frosch ist kleiner als
das Känguru, und wenn ich sage „ein Froschschritt“, dann bitte
ich jemanden um einen kleineren Schritt, als wenn ich sage „ein
Känguruschritt“. Also, folgt daraus nicht, dass die Spieler die
Wand zuerst erreichen, die die längsten Schritte machen sollten?
Aber wer entscheidet das? Es scheint, als würde die Person, die
allein steht, ganz allein entscheiden, wer gewinnt und wer verliert,
weil die Person jener, die gewinnen soll, sagt, sie soll die längsten
Schritte machen. Etwas anderes, was ich mich frage, ist, ob die
Spieler immer Schritte vorwärts oder auch rückwärts machen.
Das sind Fragen, die ich dem Schreiber dieses Textes stellen
würde, damit ich alles verstehe, was er mir mitteilen wollte.
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Beispiel 4‑26: Auf dem Weg zu besseren schriftlichen Zusammenfassungen auf der „Summary Street“
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Ein grundsätzliches Problem bei den Metaanalysen zum Computereinsatz beim Lesen
besteht darin, dass viele der berücksichtigten Studien recht alt sind, der technische
Wandel aber zu immer mehr Einsatzmöglichkeiten des Computers und auch zu
veränderten Anforderungen an die Leser führt (Afflerbach & Cho, 2009). Aus
Anwendungssicht sind insbesondere Applikationen anzuführen, die die Vorteile
des Rechners gezielt nutzen, schnell Analysen durchzuführen und unmittelbare
Rückmeldungen zu geben. Ein solches Beispiel bildet eine Anwendung, die auf
der sogenannten „latenten semantischen Analyse“ fußt. Mit ihr werden große
Textmengen statistisch analysiert. Bei diesem Vorgehen, das aus dem Kontext der
Forschung zur künstlichen Intelligenz stammt, wird nicht der tatsächliche Textsinn
rekonstruiert. Stattdessen geht es darum, die Häufigkeiten zu bestimmen, in denen
Wörter gemeinsam auftauchen. Auf der Basis dieser komplexen Berechnungen lassen
sich wiederum Texte miteinander vergleichen und dadurch bestimmen, wie eng sie
zusammenhängen. Ein solches Vorgehen macht sich ein in den USA entwickeltes
Programm zunutze: „Summary Street“ (Wade-Stein & E. Kintsch, 2004; Franzke,
Kintsch, Caccamise, Johnson & Dooley, 2005), das zugleich das Potenzial für eine
integrative Lese- und Schreibförderung mittels digitaler Medien erahnen lässt. Für den
deutschsprachigen Raum liegen inzwischen auch erste Adaptionen vor (Lenhard et al.,
2013).
Eine Studie mit Achtklässlern demonstrierte, dass sich mit „Summary Street“ die
Fähigkeit verbessern lässt, Texte zusammenzufassen (Franzke et al., 2005). In der
Studie erhielten die Jugendlichen ein Heft mit 19 Texten, die zwischen etwa 700 und
knapp 1700 Wörter umfassten. Diese Texte mit unterschiedlichen Textsorten waren
zudem auch noch unterschiedlich schwierig, und die Reihenfolge war entsprechend
angepasst: Die leichtesten und kürzeren Texte befanden sich zu Beginn, die schwierigsten und längeren am Ende. Über einen Zeitraum von vier Wochen fand die
Förderung statt, wobei pro Woche zwei Lektionen für das Zusammenfassen reserviert
waren. Die Kontrollgruppe schrieb Zusammenfassungen mit Textverarbeitungssoftware, die Experimentalgruppe mit „Summary Street“. Über das Internet wurden die
Zusammenfassungen mit den Originaltexten verglichen, und die Jugendlichen
erhielten umgehend Rückmeldungen zur Abdeckung von Einzelthemen der Texte
und Länge der Zusammenfassung. Die Rückmeldung erfolgte grafisch mit farbigen
Balken und Säulen, die verdeutlichen, welche Aspekte der Zusammenfassung wie gut
gelungen waren. Daneben analysierte „Summary Street“ auch die Rechtschreibung
und wies zusätzlich auf irrelevante Sätze und plagiierte Sätze hin. Durch diese
Rückmeldungen wurden Überarbeitungen angeregt, die zeitnah erfolgten und durch
die direkte Lenkung der Aufmerksamkeit auf überarbeitungsbedürftige Aspekte
bessere Textzusammenfassungen ermöglichten.
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Beispiel 4‑27: Haustiere mit TELE-Web beschreiben
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Viele Förderansätze basieren zum Teil nur darauf, dass der Computer und mit ihm
Textverarbeitungssoftware zur Verfügung standen. Dieses Vorgehen nutzt das Potenzial lediglich ansatzweise, denn es gibt durchaus innovative Anwendungen, die zeigen,
wofür der Rechner außerdem genutzt werden kann. Ein Programm, das für das
Schreiben bei Schülern mit Lernschwierigkeiten nachweislich wirksam ist, ist TELEWeb (Technology-Enhanced Learning Environments on the Web; Englert et al., 2007).
In einer Studie mit Zehn- und Elfjährigen, die Lernschwierigkeiten bzw. weitere
Beeinträchtigungen hatten, wurden TELE-Web und eine analoge Variante der
Schreibstrategievermittlung verglichen. Es ging dabei darum, Haustiere zu beschreiben. Konkret sollten die Kinder schreiben, a) um welches Haustier es sich handelt, b)
warum es ein gutes Haustier ist, c) wie es aussieht, d) wovon es sich ernährt und e) wie
man es pflegt.
In der analogen Variante mit Papier und Stift nutzte die Lehrperson ein Denkblatt
als Folie, in der TELE-Web-Variante die Software. Beiden war gemein, dass es sich um
semantische Netze handelte. In der Mitte befand sich ein freies Kästchen, in das der
Name des Haustieres eingetragen wurde. Rund um dieses Kästchen waren andere
angeordnet, die schon Text enthielten, z. B. „wie es aussieht“ (im Grunde die
Umkehrung von dem, was in Beispiel 4‑17 in Kap. 4.3.5 beschrieben wird). Bei jeder
dieser vorgegebenen Kategorien war noch Platz für individuelle Ergänzungen, denn
die Schüler sollten zwei oder mehr Details generieren. Ehe die Schüler das taten,
demonstrierte die Lehrperson das Vorgehen und trug in die leeren Elemente eigene
Ideen ein, wobei sie einen Papagei beschrieb. Erst nachdem die Lehrperson einen
Durchgang selbst durchlaufen hatte, fingen die Schüler an, für ein Haustier ihrer Wahl
die Details einzutragen. Dies bildete die erste von insgesamt vier Lektionen.
In der darauffolgenden Lektion am nächsten Tag ging es ums eigentliche Schreiben.
Die Lehrperson modellierte wieder das Vorgehen. Sie begann damit, einen möglichst
interessanten Einstieg in das Thema zu finden. Außerdem betonte sie, dass für jede
Kategorie wie das Aussehen je ein Absatz geschrieben werden solle. Dieser Absatz
sollte einen einleitenden Satz enthalten, der das Thema des Absatzes klar benennt. Auf
diesen Satz sollen die Details aus dem Denkblatt folgen. Die Lehrkraft modellierte
dieses Vorgehen und notierte zudem mögliche Einstiegssätze auf der Tafel.
Zusätzlich erinnerte die Lehrperson die Kinder daran, dieses Vorgehen auch bei
anderen Texten anzuwenden, indem sie vier Aspekte beachten sollten. Erstens sollten
sie einen einleitenden Absatz schreiben, der Aufmerksamkeit erregt, Fragen enthält
bzw. die Kategorien aus dem Denkblatt klar benennt. Zweitens sollten sie für jede
Kategorie aus dem Denkblatt einen eigenen Absatz mit einem themenbezogenen Satz,
Schlüsselwörtern und Details verfassen. Drittens sollten sie einen abschließenden Satz
pro Absatz schreiben und viertens am Ende des Textes einen resümierenden Absatz.
Zu guter Letzt verwies die Lehrperson noch auf schriftsprachliche Konventionen wie
Satzanfänge mit Großbuchstaben etc.
Die TELE-Web-Gruppe erhielt dieselbe Fördermaßnahme wie die eben beschriebene, die für die Papier-und-Stift-Gruppe galt, nur dass die Lehrperson und die
Schüler eben den Rechner benutzten. Zusätzlich leistete die Software noch weitere
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Unterstützung, indem zum Beispiel Details in der gleichen Farbe angezeigt wurden wie
die übergeordnete Kategorie. Am zweiten Tag verwendeten Lehrperson und Schüler
eine Benutzeroberfläche zum Schreiben. Hier lieferte die Oberfläche mehr Unterstützung, als in der anderen Gruppe mit Papier und Stift zur Verfügung stand. Beispielsweise wurden sämtliche Arbeitsaufträge angezeigt und konnten mit einem Text-toSpeech-Tool angehört werden. Zusätzlich gab es einzelne Eingabemasken für den
einleitenden Satz eines Absatzes, die Details und den abschließenden Satz. Über
Schaltflächen konnten die Kinder weitere Absätze anlegen. Ihnen standen ferner über
Pop-up-Fenster Hinweise zur Verfügung, welche Themen in dem Text behandelt
werden sollten. Der gesamte Schreibprozess wurde auf diese Weise stark segmentiert,
indem vor allem die Absatzebene zum Tragen kam. Zugleich konnten sie ihren Text am
Ende aus den erstellten Einzelabsätzen generieren.
Drei weitere Hilfsmittel seien noch erwähnt, die bei TELE-Web zum Einsatz
kamen: erstens die Möglichkeit, die Rechtschreibung überprüfen zu lassen, zweitens
konnten sie über ein Text-to-Speech-Tool den bisherigen Text vorlesen lassen, und
drittens konnten die Kinder Textteile der Lehrperson zukommen lassen, die ihnen
Rückmeldung geben konnte. Die dritte Hilfestellung wurde aus Gründen der Vergleichbarkeit zwischen beiden Gruppen aber in der Studie nicht verwendet. Trotz einer
Beschäftigung von insgesamt höchstens zwei Zeitstunden waren die Differenzen
zwischen beiden Gruppen zum Teil erheblich, und zwar zugunsten der TELE-WebAnwender in punkto Inhalt und Sprachformalia.
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Beispiel 4‑28: Mit vier Elementen Leseverstehen und -motivation
gleichermaßen fördern
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Exempel 1: Wenn „Einbrecher“ und „Hauskäufer“ eine Geschichte mit unterschiedlichem Interesse lesen
Eine fünfseitige Geschichte über Einbrecher und Hauskäufer sollten PsychologieStudenten in einer Reihe von Experimenten lesen und zum Teil hinsichtlich
interessanter Details beurteilen (Schraw & Dennison, 1994). Die Studenten sollten
dabei einerseits die Perspektive des Einbrechers („Lies den Text, als wenn du das Haus
ausrauben wolltest“), andererseits die des Hauskäufers einnehmen („Lies den Text, als
ob du das Haus kaufen wolltest“). Eine dritte Kontrollgruppe bekam keine spezifische
Anweisung. Das Ergebnis der Experimente: Die „Einbrecher“ erinnerten sich an mehr
Details, die etwas über mögliche Wertgegenstände und Zugangsmöglichkeiten in das
Haus verrieten. Die „Hauskäufer“ hingegen konnten sich an mehr Dinge erinnern, die
den Zustand des Hauses und seine Eigenschaften betrafen. Diese Details beurteilten
die Studenten auch als deutlich interessanter.
Exempel 2: Wenn Zweitklässler langfristig Wahlmöglichkeiten und ein breites Literaturangebot haben
Ein recht umfangreiches Experiment fand in den USA mit Zweitklässlern statt
(Morrow, 1992). In besagtem Experiment gab es drei Gruppen. Die erste Gruppe
absolvierte regulären Leseunterricht (ca. 7,5 Stunden pro Woche), die anderen beiden
hatten im selben Zeitraum Zugriff zu einem reichhaltigen, stets erneuerten Angebot an
Lesestoffen. Aus diesem Angebot konnten sich die Kinder acht Monate frei aussuchen,
was sie lesen wollten. Dies machte den Großteil der generell mit Leseförderung
verbrachten Unterrichtszeit – nämlich rund vier Stunden pro Woche – aus. Die Kinder
aus der Experimentalgruppe schnitten am Ende des Förderprogramms in Leseverstehenstests besser ab (außer in einem standardisierten Test). Sie produzierten in
schriftlichen und mündlichen Nacherzählungen vom Wortschatz her reichhaltigeres
Material. Zudem lasen die Kinder in ihrer Freizeit mehr.
Exempel 3: Wenn Ziele über den Verstehenserfolg entscheiden
In einem Experiment wurden Fünftklässler einer von drei Bedingungen (nichtgelenkt; gelenkt und kontrolliert, gelenkt und nicht-kontrolliert) zugewiesen und
sollten einen Text lesen (Grolnick & Ryan, 1987). Um sich an die Situation zu
gewöhnen, lasen die Kinder zunächst einen anderen Text, erst danach unterschieden
sich die Aufforderungen. In der nicht-gelenkten Gruppe war der Arbeitsauftrag dieser:
„Wenn du fertig bist, werde ich dir ein paar Fragen stellen, die so ähnlich sind wie die,
die ich dir zum anderen Text gestellt habe.“ Bei der gelenkten und kontrollierten
Bedingung wurde den Kindern dies gesagt: „Wenn du fertig bist, werde ich dich dazu
testen. Ich möchte sehen, an wie viel du dich erinnerst. Du solltest so hart wie möglich
arbeiten, weil ich dich beim Test benoten werde, um zu sehen, ob du gut genug gelernt
hast.“ In der gelenkten und nicht-kontrollierten Bedingung war der Arbeitsauftrag wie
folgt: „Wenn du fertig bist, werde ich dir ein paar Fragen zum Text stellen. Es wird kein
richtiger Test sein, und du wirst auch nicht benotet. Ich bin einfach daran interessiert,
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woran sich Kinder nach dem Lesen erinnern. Lies den Text auf die Weise, die für dich
am besten ist.“
In den beiden gelenkten Gruppen erinnerten sich die Kinder an mehr Inhalte und
hatten mehr auswendig gelernt. Aber die Kinder, denen gesagt wurde, es sei ein Test,
hatten bei einem weiteren Test acht Tage nach dem Experiment mehr vergessen.
Außerdem verspürten sie mehr Druck und fanden den Text weniger interessant.
Inhaltlich hatten die Kinder mit Lenkung, aber ohne Kontrolle am meisten gelernt.
Exempel 4: Wenn Drittklässler bei lesebezogenen Aufgaben zusammenarbeiten
In einer Studie mit Drittklässlern sollten die Kinder eine geschlossene und eine
offene Aufgabe in Gruppen von fünf bzw. sechs Personen bearbeiten (Ng, Guthrie, van
Meter, McCann & Alao, 1998). Die geschlossene Aufgabe bestand darin, neun MultipleChoice-Aufgaben auf einem großen Poster zu lösen, die sich ums Thema Vögel
drehten. Dazu erhielten die Kinder drei Seiten Text, und eines der Kinder wurde
auserkoren, die Antworten der Gruppe auf dem Poster festzuhalten. Die Gruppe
musste sich dabei auf eine Antwort einigen.
Die offene Aufgabe hatte auch mit dem Thema Vögel zu tun, und es wurde das
gleiche Textmaterial wie bei der geschlossenen Aufgabe verwendet. Aber dieses Mal
sollten die Kinder zwei Probleme in der Gruppe lösen: 1.) einen Ort finden, an dem
Vögel auf gutes Futter stoßen, und 2.) bestimmen, wo in der Stadt ein Vogel ein Nest
bauen könnte. Die Kinder hatten die Möglichkeit, sich für einen von vier Vögeln zu
entscheiden. Bei dieser zweiten Aufgabe berichteten die Kinder in Interviews direkt im
Anschluss an die Aufgabe von einer – im Vergleich mit der ersten Aufgabe – stärkeren
intrinsischen Motivation.
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Beispiel 4‑29: Texte analysieren
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Eine vergleichende Studie hat Ruth Knudson (1991) Anfang der 1990er Jahre
vorgelegt. Ihre Zielgruppe waren Viert-, Sechst- und Achtklässler, die einer von
vier Gruppen zugewiesen wurden und über 14 Tage jeweils 20-minütige Lektionen
erhielten. Eine Gruppe war die Kontrollgruppe, die Extrazeit zum Schreiben erhielt, in
der die Heranwachsenden zu einem Bild eine Geschichte schreiben sollten. Daneben
gab es drei Experimentalgruppen, die verschiedene Materialien erhielten.
Die erste Gruppe erhielt Beispiele von Argumentationen, in denen Pro- und
Contra-Seiten dargestellt wurden. An einem Tag erhielt die Gruppe beispielsweise
einen Text, in dem es darum ging, dass es UFOs gibt. Nachdem die Heranwachsenden
diesen Text gelesen hatten, sollten sie selbst einen Text zum Thema schreiben, dass
Mädchen in Mathematik besser seien als Jungen. In der Folgelektion erhielten sie einen
kurzen Text, in dem es darum ging, dass es keine UFOs gibt, und sollten danach einen
Text dazu schreiben, dass Mädchen im Fach Mathematik nicht den Jungen überlegen
sind.
Die zweite Gruppe erhielt explizitere Hinweise. Zum einen wurde anhand von
Beispielen („George Washington war unser größter Präsident“ vs. „George Washington war unser erster Präsident“) den Heranwachsenden nahe gelegt, sich über den
Unterschied zwischen Fakten und Meinungen Gedanken zu machen. Danach sollten
sie selbst einen Text schreiben, mit dem sie den Leser dazu bringen sollten, auf die
gleiche Art zu denken wie sie selbst. Zum anderen erhielten die Schüler noch eine
weitere Unterstützung in Form von vier Fragen, die sie zum Überprüfen des gerade
geschriebenen Textes nutzen sollten: a) Habe ich meinen Standpunkt klar gemacht? b)
Habe ich ihn meinen Lesern vermittelt? c) Habe ich überzeugende Aussagen gemacht,
sodass meine Leser meine Sicht als wahr akzeptieren? d) Sind meine Argumente
logisch und schlüssig?
Die dritte Gruppe erhielt als Texte zum Beispiel persuasive Zeitungsartikel, die zum
Spenden für ein Sommercamp für arme Kinder aufriefen. Die Heranwachsenden
sollten diese Texte lesen und danach Fragen beantworten. In diesen Fragen ging es
darum, die Absicht des Autors zu rekonstruieren, und im Anschluss sollten die
Heranwachsenden selbst überzeugende Texte schreiben. Gegenüber der vierten
Gruppe, die ohne Anleitung schrieb, verbesserten sich die Kinder aus den drei
Gruppen, die die Modelle studiert hatten.