Jagd als Thema der Bildung für nachhaltige Entwicklung

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Jagd als Thema der Bildung für nachhaltige Entwicklung
Jagd als Thema der Bildung für nachhaltige Entwicklung
Anmerkungen zum Konzept des Naturlehrpfades „Auf Pirsch“
am „Haus des Waldes“ Gräbendorf
Markus Barth (2006)1
Der Begriff der Jagd unterliegt einem Wandel. Der Aufgabenbereich der Jäger
und die Rechtfertigung ihres Berufes sind gegenwärtig Bestandteil heftiger
Diskussion in Expertenkreisen wie auch in der breiten Öffentlichkeit. Einerseits
genießen die Weidmänner große Anerkennung als Naturschützer, andererseits
werden sie als kauzige Tiermörder verachtet. Angesichts dieser brisanten Situation
stellt es eine besondere Herausforderung an die Jäger dar, ihre Tätigkeiten sowie
Beweg- und Hintergründe leicht verständlich offen zu legen und der Öffentlichkeit
zugänglich zu machen. Das „Haus des Waldes“ in Gräbendorf beim Amt für
Forstwirtschaft Wünsdorf ist die zentrale Einrichtung für Waldpädagogik im Land
Brandenburg. Es koordiniert und vernetzt im Auftrag der Landesforstverwaltung die
forstliche Dienstaufgabe Waldpädagogik und hat sich zum Ziel gesetzt, zum Ende
des Jahres 2007 einen neuen Naturerlebnispfad zum Thema Jagd zu schaffen. Die
Motivation besteht zum einen darin, das gegenwärtig aktuelle pädagogische Konzept
der Bildung für nachhaltige Entwicklung in die Tat umzusetzen. Zum anderen soll
eine Imagepflege des Jägerberufes vorgenommen, das gesellschaftliche Bild der
Anerkennung von Jagd und Jägern verbessert und die jagdliche und forstliche
(Zusammen-)Arbeit transparenter dargestellt werden.
Dieses essayistisch verfasste Dokument stellt den ersten Versuch dar, eine
systematische Einschätzung der Themenwahl Jagd für die Bildung für nachhaltige
Entwicklung vorzunehmen. Für diesen Zweck wird der Syndrom-Ansatz von de Haan
vorgestellt. Anhand der zentralen Kriterien zur Bestimmung globaler Syndrome –
globale Relevanz, längerfristige Bedeutung, Wissensquantität und -diversität,
Solidarität/ Engagement und Lösungskompetenz – werden dann unterschiedliche
Aspekte der Jagd angesprochen, um somit Anregungen für die Umsetzung eines
Naturlehrpfades als Projekt der Bildung für nachhaltige Entwicklung zu geben.
1
Diese Abhandlung entstand im Rahmen meines Praktikums am Haus des Waldes in Gräbendorf.
Meine Recherchearbeit begann vor Ort im August 2005 und ist mit Abgabe dieses Dokumentes noch
nicht abgeschlossen (kritische Hinweise und Anmerkungen bitte an mbarth@rz.uni-potsdam.de).
Das Bild von der Jagd in der Gesellschaft
Anhand der öffentlichen Einstellung zur Jagd kommen unterschiedliche Wertvorstellungen innerhalb der Bevölkerung zum Ausdruck. Die Tagung „Über die Jagd“
der Bayerischen Akademie der Wissenschaften im April 2002 hatte eine
Bestandsaufnahme zur gegenwärtigen Situation der Jagd zum Ziel. Sigrid Schwenk
von der Forschungsstelle für Jagdkultur in Bamberg spricht gleich zu Beginn der
Tagung in ihrem Vortrag die Bedeutung des allgemeinen gesellschaftlichen
Wertewandels (in Deutschland) an. Waffen werden zunehmend als negativ besetzte
Aggressionsinstrumente gesehen und Friedenssehnsucht und Todesverdrängung
kommen in einem romantisierten Verhältnis zur Natur zum Ausdruck. Jäger werden
dabei häufig schlichtweg als Tiermörder gesehen (Schwenk 2002, S.19/20). „Seit
Ende des 2. Weltkriegs lässt sich weltweit eine verstärkt kritische Haltung der
nichtjagenden
Bevölkerung
gegenüber
Jägern
und
Jagd
feststellen,
interessanterweise weit mehr gegenüber den Jägern als gegenüber der Jagd. Was
ist der Grund dafür? Nicht dass die Jäger oder die Jagd sich entscheidend geändert
hätten, vielmehr hat die Gesellschaft sich in ihrer Struktur und in ihren
Einschätzungen, ihrem Selbstverständnis entschieden geändert, ohne dass die
Jäger dies entsprechend wahrgenommen haben (oder wahrnehmen wollten?),
jedenfalls lange, ohne sich intensiv damit auseinander zu setzen. Wir befinden uns in
einer Zeit des allgemeinen Wertewandels, um bewußt nicht zu sagen des
Werteverfalls. Tradiertes ist nicht mehr an sich schon ein Wert; Traditionen,
»altbewährte« Haltungen, werden in Frage gestellt, müssen auf den Prüfstand.“
(ebd.).
Rainer Brämer, Natursoziologe am Institut für Erziehungswissenschaften der
Universität Marburg und Leiter der Forschungsgruppe Wandern, beschäftigt sich in
„Jugendreport Natur“ von 1997 und 2003 genauer mit der ablehnenden Haltung von
Kindern und Jugendlichen gegenüber der Jagd und den Jägern. Von zentraler
Bedeutung in Brämers Bericht ist die als „Bambi-Syndrom“ betitelte These einer
überdurchschnittlichen Helfer- und Schützerhaltung zur Natur bei Kindern und
Jugendlichen. „Natur ist wie ein Kitz unschuldig, gut, seelenvoll, schön und sauber.
Sie muss behütet und aufgezogen und namentlich vor dem bösen Wolf namens
Mensch beschützt werden, der ihr nichts zuleide tun, ja sie noch nicht einmal, wie
man es ja von Kitzen weiß, berühren darf. Ein solche Bambi-Natur spricht alle Helferund Pflegeinstinkte junger Menschen an, die andererseits aber das Wolfsbild, das sie
von ihren Artgenossen zeichnen, offenkundig nicht auf sich selbst beziehen.“
(Brämer 2004, S.41).
2
Das allgemeine „Grundmissverständnis Jugendlicher von Natur“ (ebd.)
spiegelt sich auch in der infantilen Jagdkritik wieder. Diese geht einher mit
geringfügigen Wissensdefiziten, mit einer (emotional betonten) Idealisierung der
Natur und einem animistischen Naturbild sowie einem strikten Naturnutzungstabu auf
Seiten der Jagdgegner (ebd., S.67).
Aus seiner Befragung von 1.400 „Das Waldrand-Grasland-Tier Reh ist durch
intensive Bejagung mit sehr intensiver Hege
Schülern und Schülerinnen der weitaus mehr zum Waldtier gemacht worden,
sechsten und neunten Klassenstufe als dies seiner Natur entspricht.“ (Reichholf
2002, S.88). „Jagd richtet sich hauptsächlich
schlußfolgert
Brämer
eine oder
nahezu
ausschließlich
im
Verbindung zu dem von der
Forstsoziologie für Erwachsene
immer wieder empirisch nachgewiesenen
„Schlachthauspara-
mitteleuropäischen Bereich auf Säugetier- und
Vogelarten, die alle in mehr oder minder
großem Umfang lernfähig sind. Auf der
Bezugsebene des Individuums enden daher die
jagdlichen Auswirkungen nicht mit dem Tode
des geschossenen Tieres, sondern sie
verursachen Nach- und Nebenwirkungen auf die
Überlebenen. Die wichtigste Auswirkung, die
vielleicht insgesamt mit weitem Abstand
wichtigste Nachwirkung der Jagd überhaupt, ist
die Scheuheit, die dadurch verursacht wird.“
(ebd., S.84).
dox“2, „demzufolge zwar der Wald
einerseits und der Rohstoff Holz
andererseits von der Bevölkerung
hoch
geschätzt
werden,
die
Forstwirtschaft
als
notwendige
Vermittlungsinstanz zwischen beidem aber in geringem Ansehen steht.“ (ebd., S.37).
„Das Schlachthaus wird als Bindeglied zwischen glücklichen Kühen und saftigen
Steaks im Verbraucherbewusstsein allzu gern verdrängt.“ (ebd.). Diese Verdrängung
und das daraus folgende allgemeine Nutzungstabu stehen in direktem Konflikt zum
Prinzip der Bildung für nachhaltige Entwicklung, welche ja gerade die Nutzung der
Natur zum Inhalt hat. „.. wenn im jugendlichen Weltbild die Nutzung der Natur
tabuisiert wird, ist hierin kein Platz mehr für einen Begriff, in dem es allein um die Art
dieser Nutzung geht. Wer die Notwendigkeit einer umfassenden Naturnutzung nicht
als Grundpfeiler einer Sicherung unseres individuellen wie kollektiven (Über-)Lebens
zu erkennen vermag, kann der Diskussion über die Art und Weise dieser Nutzung
keine Bedeutung beimessen.“ (ebd., S.7). Einerseits ließe sich nach Brämer der
Verdacht einer pädagogischen Fallenkonstellation ableiten, doch anderseits muss
diese erschreckende Feststellung gerade als Anreiz zur pädagogischen Arbeit im
Bereich der Bildung für nachhaltige Entwicklung verstanden werden.
2
„das Schlachthaus wird als Bindeglied zwischen glücklichen Kühen und saftigen Steaks im
Verbraucherbewusstsein allzu gern verdrängt“ (Brämer 2004, S.37)
3
Nachhaltigkeitsindikatoren und Jagd. Vorbemerkungen zum Naturerlebnispfad
Die Pädagogik wird derzeit als eine der ausschlaggebensten Methoden bei
der Umsetzung einer nachhaltigen Entwicklung angesehen. Das zeigt sich nicht
zuletzt an der Ausrufung der Weltdekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ durch
die Vereinten Nationen (www.dekade.org). Nachhaltigkeit und nachhaltige
Entwicklung; diese Begriffe sind für die einen die Leitideen für das 21. Jahrhundert
schlechthin, für die anderen lediglich alter Wein in neuen Schläuchen, leere
Worthülsen. Eine sehr umfangreiche und unübersichtliche Anhäufung von Literatur
zum Leitbild der nachhaltigen Entwicklung macht es zunächst schwer, den Begriff der
Nachhaltigkeit auf festen Boden zu stellen. Umso schwieriger erweist sich die Suche
nach pädagogischen Nachhaltigkeitskriterien für die Bewertung der bisherigen
Konzeption des Naturerlebnispfades als außerschulisches Bildungsprojekt. Die
„Commission on Sustainable Developement“ hat nicht weniger als 130
Nachhaltigkeitsindikatoren vorgestellt, die sich auf ganz unterschiedliche Bereiche
des gesellschaftlichen Lebens beziehen; Konsum, Energie, Verkehr, Bauen und
Wohnen, Klima- und Naturschutz und Bürgerbeteiligung (Born/de Haan, S.11). Ein
Bildungskonzept, das auf Nachhaltigkeit ausgerichtet ist, muss sich inhaltlich mehr
oder weniger an diesen Indikatoren orientieren. In wissenschaftlichen Modellrahmen
für
Nachhaltigkeitsindikatoren
können
die
Schwerpunktsetzungen
ganz
unterschiedlich ausfallen. Eine Übersicht zu „Methodik, Entwicklung und Anwendung
von Nachhaltigkeitsindikatoren“ bieten Born und de Haan. Je nach
Herangehensweise an die Thematik der nachhaltigen Entwicklung können bzw.
müssen ganz unterschiedliche Modellrahmen herangezogen werden. Reicht es aus,
das Retinitätsprinzip, d.h. die Vernetzung der drei Nachhaltigkeitsdimensionen
Ökologie, Ökonomie und Soziologie zu berücksichtigen? Oder soll z.B. die bereits
auf konkretere Probleme und Handlungsfelder bezogene Themenwahl der Agenda
21 handlungsleitend sein? Es ist daher wichtig, sich im Vorfeld der Etablierung eines
Naturerlebnispfades, der unter dem Leitbild der Nachhaltigkeit gestaltet werden soll,
Gedanken darüber zu machen, was genau unter Nachhaltigkeit verstanden wird und
welches die zentralen Bezugsgrößen sind.
4
In der Einleitung seines Buches „Die Geschichte der Jagd. Kultur, Gesellschaft
und Jagdwesen im Wandel der Zeit“3 stellt Werner Rösener fest: „Die Jagd lässt
vielfältige Aspekte und Funktionen erkennen: neben wirtschaftlichen, rechtlichen und
soziologischen treten auch biologische und ökologische hervor; mit zeitlich
wechselndem Gewicht beeinflussen sie die Einstellung der Menschen zur Jagd.
Diese interessanten Elemente der Jagd, die in Recht, Wirtschaft, Literatur, Kunst,
Sprachen und in anderen Bereichen ihren Niederschlag gefunden haben, können am
besten in der interdisziplinären Vernetzung analysiert werden.“ (Rösener 2004, S.24).
Das Thema Jagd besitzt auf den ersten Blick also aufgrund seiner Vielschichtigkeit
auf jeden Fall das Potenzial, „vernetztes Denken“ anzuregen. Doch wie identifiziert
man, was ein Umweltthema ist und wie bestimmt man die Bedeutung des Themas für
die Nachhaltigkeit genau? Diese Frage stellen sich Born und de Haan in Bezug auf
die Sondierung von jenen Themen der Umweltbildung, die für die Nachhaltigkeit
relevant und zudem von globaler Bedeutung sind. Eine Antwort soll der SyndromAnsatz liefern.
Der Syndrom-Ansatz
Als Orientierungshilfe für die Themenauswahl in der Bildung für nachhaltige
Entwicklung formuliert Gerhard de Haan die Idee vom Syndrom-Ansatz (de Haan
1998). Der Syndrom-Ansatz wurde 1993/94 vom Wissenschaftlichen Beirat für
Globale
Umweltveränderungen
(WBGU)
entwickelt
und
stellt
eine
„Operationalisierung des für den globalen Wandel erforderlichen vernetzten
Denkens“ dar (WBGU 1996, nach de Haan 1998, S.3). „Die Grundthese des Beirats
ist, daß sich die komplexe globale Umwelt- und Entwicklungsproblematik auf eine
überschaubare Anzahl von Umweltdegradationsmustern zurückführen läßt“ (ebd.).
Allgemein meint der Begriff Syndrom das gleichzeitige, gemeinsame Auftreten
verschiedener Merkmale und bezeichnet ein Symptomenkomplex.4 Der WBGU
benutzt den Begriff speziell in Zusammenhang mit Basisdynamiken der MenschUmwelt-Wechselwirkungen, d.h.mit transektoralen Problemen und Konflikten mit
Bezug zu Naturressourcen. Global relevant sind Syndrome dann, wenn sie den
Charakter der Erde modifizieren oder globale Lösungsansätze nötig werden, so die
Definition des Beirates.
3
Das Buch „Die Geschichte der Jagd. Kultur, Gesellschaft und Jagdwesen im Wandel der Zeit“ ist im
Jahr 2004 erschienen und beschäftigt sich in erster Linie mit der Kulturgeschichte der Jagd (vgl. ebd.
S.25). Die Schwerpunktsetzung auf kulturelle Aspekte sowie bereits der Titel und das
Erscheininungsjahr deuten auf die aktuelle Brisanz der Thematik Jagd in der öffentlichen Diskusion
hin.
4
Syndrom, griechisch: syn - zusammen~, mit~ und drómos - der Weg, Lauf (vgl. www.Wikipedia.de)
5
Die Kriterien für die Bestimmung bedeutsamer Syndrome sind:
1) globale Relevanz,
2) längerfristige Bedeutung,
3) Wissensquantität und –diversität,
4) Solidarität und Engagement
5) Lösungskompetenz.5
Eine Übersicht aller Hauptsyndrome des globalen Wandels beinhaltet weltweit
auftretende Phänomene wie „Umweltbelastung durch weiträumige diffuse Verteilung
von meist langlebigen Wirkstoffen“, „nicht-nachhaltige industrielle Bewirtschaftung
von Böden und Gewässern“ oder „Umweltschädigung durch zielgerichtete
Naturraumgestaltung im Rahmen von Großprojekten“.6 Der Syndrom-Ansatz stellt
den Versuch dar, „nichtnachhaltige Entwicklungen systematisch zu erfassen. Es
handelt sich um ein inhaltlich ausgerichtetes Konzept, das unter dem Anspruch steht,
auch für künftige Situationen unter Relevanzgesichtspunkten ein Diagnose- und
Analyseinstrument an die Hand zu geben, mit dem sich erfassen lässt, wo
ökologische Problemlagen – in ihrer Verflechtung mit der Ökonomie und dem
Sozialen – auftreten können. Der Syndromansatz bietet eine ausgezeichnete Basis
für eine „ökologische Alphabetisierung“ (Schreier), da mit ihm die Inhalte (noch nicht
die Methoden) dieser ökologischen Alphabetisierung identifiziert werden können.“
(Born/ de Haan 1998, S.16). Die Kriterien zur Bestimmung der Syndrome werden im
folgenden als Indikatoren für die Einschätzung der bisherigen Konzeption des
Naturerlebnispfades „Auf Pirsch“ herangezogen.
Die globale Relevanz des Jagens in Brandenburg bzw. in Deutschland ist
wenn überhaupt marginal. Doch das Thema Jagd biete viele Ansätze und Beispeile
aus aller Welt, anhand derer sich unterschiedliche Wechselwirkungen zwischen
Mensch und Natur thematisieren lassen. So kann man der Jagd beispielsweise eine
wichtige Bedeutung für die generelle Entwicklung sozialer Gemeinschaftswesen und
der zwischenmenschlichen Verständigung zusprechen. Die Jagd stand an der Wiege
der menschlichen Kultur. „Sozial- und Rechtsordnung, technischer Fortschritt, Handel
haben ebenso wie Sprache, bildene Kunst, Musik, Mythos und Religion eine ihrer
Wurzeln in der Jagd.“ (Schwenk 2002, S.15). „»Mit der Jagd beginnt die Geschichte
des Menschen« - diese, zugegeben stark vereinfachende, Behauptung hat
zumindest in unserer Region mit zeitweise extremen klimatischen Verhältnissen ihre
Berechtigung“ (ebd.). Doch das Jagen hat heute nicht die gleiche Bedeutung wie in
der Frühgeschichte. Lange war das Jagen die Überlebensgrundlage des Menschen.
5
6
WBGU 1996, nach de Haan 1998, S.4 (vgl. Abb.9 in de Haan 1998, siehe Anhang
Vgl. „Hauptsyndrome des globalen Wandels“ (Abb.8 in de Haan 1998)
6
„Versorgten ihn doch die erlegten Tiere mit dem Nötigsten, das er für seine Existenz
brauchte: Sie lieferten Fleisch zur Nahrung, Felle oder Häute zum Schutz gegen die
Unbilden der Witterung, Knochen und Sehnen für die Herstellung von
Handwerkszeug und Waffen, Mägen und Blasen zum Transport von Flüssigkeiten.“
(ebd., S.17). Eine Thematisierung der anthropologischen Bedeutung des Jagens
sollte in der pädagogischen Veranstaltung zur Jagd nicht fehlen. Anhand einer
Gegenüberstellung der Alltagsbedeutung der Jagd in der Vergangenheit und in der
Gegenwart kann man den gesellschaftlichen Wandel kritisch betrachten. Teilnehmer
können für Probleme sowie für Chancen der Globalisierung sensibilisiert werden und
außerdem einen ersten Einstieg in das Gebiet der nachhaltigen Entwicklung
erlangen. Um dem Leitbild der Bildung für nachhaltige Entwicklung anhand des
Indikators der globalen Relevanz gerecht zu werden, darf sich die Behandlung der
Thematik Jagd nicht ausschließlich auf eine einzelne Region, in diesem Fall
Brandenburg oder Deutschland, beschränken. So kann zum Beispiel anhand der
Thematisierung gegenwärtig weltweit (noch!) vorhandener Jägerkulturen die
ursprüngliche Bedeutung des Jagens veranschaulicht werden. Kleinwüchsige
Pygmäen7, rohes Fleisch essende Eskimos8, Aboriginees9 und andere Urvölker
können das Interesse und die Neugier nicht nur von Heranwachsenden wecken.10
7
Pygmäen ist ein traditioneller und gängiger, aber ethnologisch unbrauchbarer Sammelbegriff zur
Bezeichnung einer Vielzahl kulturell unterschiedlicher Gesellschaften - ca. 150 000 Menschen - in
Zentralafrika. Gemeinsames Merkmal ist die relativ geringe Körpergröße. Der deutsche Name leitet
sich von dem altgriechischen Wort pygmaios ab, was soviel wie "eine Faust kurz" bedeutet.
Sprachkritiker wie Andriana Boussoulas empfehlen, den Begriff ersatzlos zu streichen und statt
dessen für die einzelnen Gesellschaften deren jeweilige Selbstbezeichnungen zu verwenden. […] Die
als Pygmäen bezeichneten Völker in Zentralafrika gelten als Urbevölkerung der heutigen Staaten
Zentralafrikanische Republik, Ruanda, Gabun und Demokratische Republik Kongo (früher Zaire). Sie
leben heute wie seit jeher als Jäger und Sammler. […]Bis ins frühe Teenageralter verläuft ihr
Wachstum fast wie bei anderen Menschen, nur wachsen sie danach nicht mehr weiter. Mbuti,
Khoisan, Bambuti, Binga, Bongo, Bagielli, Twa u.a. haben eine verringerte Produktion des
Wachstumsfaktors IGF. Aber nicht bei allen Gruppen der Pygmäen zeigt sich diese genetische
Besonderheit. Die durchschnittliche Körpergrösse erwachsener Pygmäen liegt bei Männern bei ca.
152 cm und bei Frauen bei ca. 147 cm. (http://de.wikipedia.org/wiki/Pygm%C3%A4en)
8
Die Inuit haben eine relativ einheitliche (Jagd-) Kultur, die lange Zeit auf dem Jagen von
Meeressäugern (Robben, Walrosse, Wale, Eisbären), aber auch von Landtieren (Karibus) basierte.
Wichtigste Jagdwaffe war die Harpune. Daneben betrieben sie Fischfang und sammelten Früchte.
Das Verfolgen jagdbarer Tiere war der Grund für ihre nomadische Lebensweise; in Zeiten
ausreichender Jagdwildvorkommen lebten sie ortsfest. (http://de.wikipedia.org/wiki/Eskimo)
9
Als Aborigines (lat. ab origine „von Beginn an“), engl. auch Aboriginals, werden die Ureinwohner
Australiens, Tasmaniens und einiger anliegenden Inseln bezeichnet. […] Das primäre Werkzeug, dass
zur Jagd benutzt wurde, ist der Speer, der mittels eines Woomera oder per Hand geworfen wurde.
Bumerangs wurden auch benutzt, wobei die nicht-zurückkehrende Variante (bekannter unter der
korrekten Bezeichnung Wurfstock) effektiver war als die zurückkehrende, mit ihr konnten sogar
Kängurus getötet werden. (http://de.wikipedia.org/wiki/Aborigine)
10
Aus Gründen des geringen Umfangs dieses Dokumentes soll darauf verzichtet werden, die
Bedeutung und die Stärkung der „kulturellen Kompetenz“ genauer zu behandeln (vgl. dazu Weiler
2003).
7
Indianerkulturen sind häufig Anreiz der spielerischen Beschäftigung von vielen
Kindern. Hier besteht die Möglichkeit, kulturelle und ethnische Klischees
anzusprechen. So berichtet Werner Rösener in seiner „Geschichte der Jagd“: „Der
nordamerikanische Kontinent war mit Ausnahme einiger Gebiete zur Zeit seiner
Erschließung größtenteils von Jägerkulturen bewohnt. Einige indianische
Völkerschaften, wie z.B. das Volk der Sioux, die später zu Prototypen der
Bisonjägerkulturen wurden, betrieben allerdings vor der Einführung des Pferdes
durch die spanischen Eroberer Brandrodung und andere Formen des Bodenbaus.
Nur wenige Stämme in Nordamerika waren auch schon ohne Pferd ausschließlich
Jäger und Fischer ohne Bodenkultur“ (Rösener 2004, S.42/43). Auch die Navajo, so
weiß Radkau zu berichten, sind einerseits berühmt für ihre Jagdrituale sowie
Jagdtabus, andererseits ernährten sie sich überwiegend vom Ackerbau (Radkau
2002, S.62/63).
Das Prinzip der Ressourcennachhaltigkeit kann am Beispiel der Bisonjagd
veranschaulicht werden. Nur so viele Bisons zu erlegen, dass der Bestand der Herde
nicht
gefährdet
wird,
dieses
Prinzip
erinnert
an
den
forstlichen
Nachhaltigkeitsgedanken. Die vollständige Verarbeitung der Tiere, ihrer Felle, Häute,
Mägen, ihres Fleisches und mehr sind ein gutes Vorbild effizienter, nachhaltiger
Nutzung. Die Lebensweisen und Einstellungen zu Natur und Umwelt können in
diesem Zusammenhang ebenso thematisiert werden, wie die gewalttätige
Erschließung des amerikanischen Kontinents durch die europäischen Siedler. „Ein [..]
Beispiel für Raubbau an Tierbeständen ist die düstere Geschichte der BisonAusrottung in den nordamerikanischen Prärien. Die systematische Abschlachtung
dieser wilden Weidetiere durch die weißen Amerikaner raubte den Indianern die
Existenzgrundlage.“ (Rösener 2004, S.383).
Eine Dimension der Jagd mit globaler Auswirkung stellt die (Gefahr der)
Ausrottung von Tierbeständen dar. Waljagd in Japan, Robbenfang in Grönland oder
Elfenbeinhandel werden gelegentlich in den Tagesnachrichten kritisiert, meistens
aber ohne auf die geschichtliche Entwicklung, die kulturelle Bedeutung in der
jeweiligen Region oder globale Zusammenhänge einzugehen. Ähnliche Szenarien
spiel(t)en sich aber auch vor der eigenen Haustür ab. „Durch die Jagd sind
zahlreiche Tierarten im Laufe der Zeit ausgerottet wurden, wie allgemein bekannt ist.
Dies betrifft in Mitteleuropa z.B. das Urwildpferd und den Auerochsen, also die
Stammformen zweier wichtiger Haustierarten, Pferd und Rind.“ (ebd., S.382/383).
8
Der WBGU betont das Kriterium der globalen Relevanz, da er sich speziell mit
globalen Umweltveränderungen beschäftigt. Andere Modellrahmen setzen je nach
Interessenlage andere Akzente. Dem Kriterium der längerfristigen Bedeutung einer
Thematik wird die Jagd eher gerecht als dem der globalen Relevanz. Denn in
Zusammenhang mit der funktionalen Bedeutung für den Naturschutz kommt der Jagd
neuerdings ein noch nie da gewesener Stellenwert zu. „Vor allem war die Jagd
ursprünglich der stärkste Antrieb des Waldschutzes“, weiß Radkau in seiner
„Weltgeschichte der Umwelt“ zu berichten (Radkau 2002, S.68). Und „die Jägerschaft
ist die einzige absolut flächendeckende Naturschutzorganisation“, zumindest in
Deutschland (Droste zu Vischering 1992, S.32). Die Verantwortung der Jäger gilt
sowohl der Fauna als auch der Flora. Die langfristige Bedeutung der Maßnahmen
bezieht sich nicht nur auf Tier-, sondern auch auf Baumbestände (und andere
Pflanzen), also den Jahrhunderte andauernden Prozess von Wachstum und
Regeneration des Waldes. Die in Deutschland fest etablierte und fast
selbstverständliche Idee der Hege entstand als „Reaktion auf das jagdliche
Intermezzo von 1848, als nach Aufhebung der herrschaftlichen Jagdregale kurzzeitig
alle Grundbesitzer das Recht hatten, ohne Reglementierung alles Wild auf ihrem
Gelände zu schießen. Ziel dieser Reaktion war es, einen hohen Wildbestand zu
sichern, und sie setzte dabei auf einen Hegegedanken, wie er einige Jahrzehnte
später im Reichsjagdgesetz von 1934 festgeschrieben wurde. Dieses Gesetz, das bis
heute fortwirkt, legte fest, dass die Jäger einen artenreichen und der Landschaft
angemessenen Wildbestand sichern müssen. Dazu sollen sie zum einen die Hege
mit der Büchse betreiben und den Wildbestand durch Jagd auf einem bestimmten
Niveau halten.“ (Schriewer 2001, S.26).
Die Auswirkungen jagdlicher Aktivitäten auf den Zustand der Wälder werden
sehr unterschiedlich bewertet. In den 1980er Jahren rückte der Deutsche Wald
zunehmend in das Interesse der breiten Öffentlichkeit und der Medien. Insbesondere
für die Deutschen, das „Waldvolk“ Europas, mußte das „Waldsterben“ eine
schmerzliche Erfahrung sein; ein kultureller Verlust (Lehmann 2001, S.6). Ende der
80er Jahre vollzieht sich innerhalb der Jägerschaft ein langsamer Wandel weg von
herkömmlichen Hegegedanken und Weigerechtigkeit hin zu einer „Öko-Jagd“
(Schriewer 2001, S.25ff.). „Die “Öko-Jäger“ wollen den Wildbestand so reduzieren,
dass Bäume ohne speziellen Schutz wachsen können, ohne verbissen zu werden.
Deshalb fordern sie konsequentere Abschüsse, andere Jagdmethoden und das
Verbot der Winterfütterung. Außerdem soll keine einseitige Auslese nach Gewicht
und Geweih vorgenommen werden. Vermutlich bekommt die Jagd in einiger Zeit ein
neues Gesicht“ (ebd., S. 26/27). Dabei treffen insbesondere die Interessen der
Naturschützer und das traditionelle Verständnis vieler Jäger aufeinander.
9
Die langfristige Bedeutung der „Das Thema «Jagd» ist bis heute von viel
Auswirkungen des Jagens wird also Leidenschaft umgeben: Das hemmt eine
nüchterne Analyse. So oder so: Eine Schule
nicht nur anhand der Beeinflussung forstlicher Nachhaltigkeit scheint die Jagd nicht
von Tierbeständen deutlich, sondern gewesen zu sein. Eine überlegte Wildhege, die
tritt speziell in Zusammenhang mit die Kapazität eines Waldes berücksichtigt,
setzte sich erst im 19. und 20. Jahrhundert
Natur- und insbesondere Wald- durch, und auch dann oft nur auf dem Papier.“
schutzinteressen deutlich hervor. (Radkau 2002, S. 68).
Schließlich ist ein „Denken in Generationen“, also das Vorausschauen über
Jahrzehnte und Jahrhunderte hinweg, Voraussetzung für die forstliche Arbeit.
Verantwortungsbewusstes Handeln und vorausschauendes Denken kann anhand
unterschiedlicher Aspekte der Jagd veranschaulicht werden. Eine Thematisierung
des beschriebenen Interessenkonfliktes unter Jägern und eine Darstellung
unterschiedlicher Positionen sollte eine pädagogische Veranstaltung nicht
unterlassen, da somit dem Kriterium der Wissensquantität und –diversität genüge
getan und. Kontrovers diskutierte Themen betreffen Fragen der Umweltethik, des
Naturbezuges und der praktischen Naturnutzung, Probleme gesetzlicher Vorgaben
sowie naturkundliches und ökologisches Faktenwissen. Gerade die teilweise recht
brisante Beziehung dieser unterschiedlichen Wissensbereiche zueinander kann in
der Bildungsarbeit als Herausforderung angesehen werden. Als Herausforderung
zum einen, möglichst viele relevante Kenntnisse zu vermitteln (Wissensebene), und
zum anderen, in die Lage zu versetzen, Stellung zu nehmen und Position zu
beziehen. So kann die Voraussetzung für das eigene Handeln geschaffen werden
(Handlungsebene). Denn in der Bildung für nachhaltige Entwicklung es soll nicht in
erster Linie darum gehen die komplexen Themenbereiche nur auf der Wissensebene
zu vermitteln. „Das Ziel der Bildung für nachhaltige Entwicklung ist es, dem Einzelnen
Fähigkeiten mit auf den Weg zu geben, die es ihm ermöglichen, aktiv und
eigenverantwortlich die Zukunft mit zu gestalten. In diesem Zusammenhang spielen
ebenso emotionale wie auch handlungsbezogene Komponenten der Bildung eine
entscheidende Rolle.“ (UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ 20052014). Teilnehmern einer jagdpädagogischen Veranstaltung muss also der Blick für
das eigene Aktiv-Werden, für das individuelle Eingreifen und das InitiativeÜbernehmen aufgezeigt werden. Welche Handlungsmöglichkeiten stehen dem
interessierten Besucher zur Verfügung. Was kann man tun, auch wenn man selbst
(noch) kein Jäger oder Förster ist. Diese Fragen müssen beantwortet werden, um
dem zentralen Kriterium der Bildung für nachhaltige Entwicklung gerecht zu werden;
der Lösungs- und Gestaltungskompetenz.
10
Komponenten
einer
Bildung
für
nachhaltige
Entwicklung,
gestaltungskompetentes Entscheiden und Handeln ausmachen, sind:
die
• vorausschauend denken können
• weltoffen und neuen Perspektiven zugänglich sein
• interdisziplinär denken und agieren können
• partizipieren können
• an der Nachhaltigkeit orientiert planen und agieren können
• Empathie, Engagement, Solidarität zeigen können
• sich und andere motivieren können
• individuelle wie kulturelle Leitbilder reflektieren können“11
„Gestaltungskompetenz als Leitziel der Bildung für nachhaltige Entwicklung
bezeichnet das nach vorne weisende Vermögen, die Zukunft von Sozietäten, in
denen man lebt, in aktiver Teilhabe im Sinne nachhaltiger Entwicklung modifizieren
und modellieren zu können“.12 Diese Definition vonseiten der Weltdekade „Bildung
für nachhaltige Entwicklung“ der Vereinten Nationen deutet auf ein Kriterium hin,
welches die Konzeption der Jagderlebniswelt am „Haus des Waldes“ in Gräbendorf
auf jeden Fall erfüllt. Dies ist der persönliche Bezug der Teilnehmer zur Region; ein
Aspekt, der gerade bei einem waldpädagogischen Naturerlebnispfad grundsätzliche
Bedeutung hat. Das fordert auch Megerle in ihren Qualitätsstandards für die „neue
Generation“ von Naturerlebnispfaden (Megerle 2003). Ein Pfad sollte regionale
Besonderheiten im Standortbereich aufgreifen und die Landschaftspotentiale
ausnutzen, um die individuelle Konzeption und die Einzigartigkeit des Erlebnispfades
an diesem Standort hervorzuheben. Der Regionalbezug bringt nicht nur im
touristischen Wettbewerb Vorteile mit sich, sondern bekräftigt auch einen
emotionalen Zugang zur Thematik und schärft das Regionalbewusstsein der
Besucher (ebd., S360). So kann dem Kriterium von Solidarität und Engagement
begegnet werden. Das Haus des Waldes sollte dementsprechend die vernetzte
Zusammenarbeit mit Förstern, Naturschützern, gastronomischen Betrieben, dem
Deutschen Jagdschutzverband als bundesweiten Ausbilder (Jagdschein), mit
Schulen, Pfadfindergemeinschaften, Funk und Fernsehen u.ä. suchen und diese
auch im Naturerlebnispfad thematisieren und der Öffentlichkeit darstellen, um die
verschiedenen Facetten der Jagdarbeit aufzuzeigen. „Gemeinsames Ziel von
Förstern, Jägern und Waldbesitzern ..“, so fordert Brosinger „.. sollte es daher sein,
der Öffentlichkeit zu vermitteln, dass die Jagd die wichtige Aufgabe hat, für die
Schaffung und Bewahrung eines ausgewogenen Gleichgewichtes zwischen den
Schalenwildbeständen und der Waldverjüngung zu sorgen. Wenn dies gelingt, wird
11
12
UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ 2005-2014 (www.dekade.org).
Ebd.
11
die Jagd auch weiterhin Anerkennung und Akzeptanz in unserer Gesellschaft finden.“
(Brosinger 2002, S.77). Ohne die Akzeptanz der breiten Öffentlichkeit wird es in
Zukunft für (die nächsten Generationen der) Jäger und Förster noch schwerer, sich
solidarisch, gemeinnützig und engagiert zu betätigen.
Das Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften an der
Universität Kiel fasst ihre Erfahrungen mit dem Syndromansatz wie folgt zusammen.
„Die mit dem Syndromansatz verbundene Denkweise als didaktischen Zugang zum
Aufbau interdisziplinärer und handlungsorientierter Wissensstrukturen zu nehmen, ist
sicherlich nur für höhere Klassenstufen ein gangbarer Weg. Wir halten ihn aber für
sehr viel versprechend im Hinblick darauf, dass Wissen aus verschiedenen
Bereichen miteinander vernetzt sein muss, um für das Handeln der Schüler relevant
zu werden. Es soll in diesem Programm eben nicht nur um bloßes Einüben von
umweltverträglichen Verfahrensweisen gehen, sondern um den hohen Anspruch der
Entwicklung einer Gestaltungskompetenz.“ (Leibniz-Institut 1999). In diesem Zitat
wird deutlich, dass der Syndromansatz Gestaltungskompetenz in erster Linie durch
die Behandlung von interdisziplinären und handlungsorientierten Wissensstrukturen
zu vermitteln versucht. Die eingangs beschriebenen Phänomene vom
Schlachthausparadox und Bambi-Syndrom werden begleitet von Wissensdefiziten in
den Themenbereichen der nachhaltigen Entwicklung und naturkundlichen oder
ökologischen Kenntnissen. Daher liegt es nahe, sich bei der allgemeinen
Einschätzung des Naturerlebnispfades zum Thema Jagd zunächst auf Aspekte der
Wissensvermittlung zu konzentrieren. Außerdem wäre es interessant zu prüfen,
inwiefern sich die Jagd mithilfe des Syndrom-Ansatzes im schulischen Unterricht
thematisieren ließe. Zur Diskussion steht die Frage, ob man die Jagd einem
bekannten globalen Syndrom (im Sinne des WBGU) zuordnen kann. Die Folgen
einer falschen Jagdausübung stellen sich nicht selten als sehr einflussreich für
Pflanzen, Tiere und Menschen heraus und können unter Umständen im
Syndromkomplex „Umweltschädigung durch zielgerichtete Naturraumgestaltung im
Rahmen von Großprojekten“ thematisiert werden. Einige interdisziplinäre Ansätze
wurden bereits angesprochen. Unterschiedliche Aspekte der Jagd lassen sich in den
einzelnen Unterrichtsfächern aufgreifen. Am Haus des Waldes können diese im
Naturerlebnispfad in Zusammenhang gesetzt und „ganzheitlich“ dargestellt werden.
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