Flexible Übergänge vom Arbeitsleben in den Ruhestand erleichtern
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Flexible Übergänge vom Arbeitsleben in den Ruhestand erleichtern
Flexible Übergänge vom Arbeitsleben in den Ruhestand erleichtern BDA-Vorschlag für vereinfachte Hinzuverdienstgrenzen 24. Juli 2014 Nach dem Entschließungsantrag des Bundestags vom 22. Mai 2014 (BT-Drs. 18/1507) sind die bestehenden Regelungen für ein flexibles Weiterarbeiten vor Erreichen der Regelaltersgrenze (derzeit 65 Jahre und 3 Monate) „bürokratisch und unflexibel“. Eine Vereinfachung der Hinzuverdienstgrenzen könne „einen wichtigen Beitrag für einen gleitenden Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand leisten“. Die BDA schlägt vor, die Hinzuverdienstmöglichkeiten zur Altersrente wie folgt zu regeln: Grundsatz: Jeder soll unbeschränkt zur Altersrente hinzuverdienen dürfen. Begründung: Renten der gesetzlichen Rentenversicherung sind keine Fürsorge-, sondern Versicherungsleistungen, die durch entsprechende Beitragszahlungen verdient sind. Es gibt daher keinen Grund, Rentenleistungen zu verweigern, wenn jemand auch nach Rentenbeginn weiter oder noch einmal arbeitet. Im Gegenteil ist es angesichts des zunehmenden Arbeits- und Fachkräftemangels positiv, wenn möglichst viele auch nach Rentenbeginn weiter arbeiten. Vorteile: Das Signal, dass auch Rentner noch arbeiten dürfen, würde deutlich gestärkt. Die heute geltenden Hinzuverdienstgrenzen werden vielfach als Arbeitsverbot verstanden. Künftig könnten nicht nur Rentner erst ab der Regelaltersgrenze (derzeit 65 Jahre 3 Monate), sondern auch bereits Bezieher von vorgezogenen Altersrenten (ab 63 Jahren) in den Arbeitsmarkt zurückkehren, ohne Beschränkungen durch rentenrechtliche Hinzuverdienstgrenzen berücksichtigen zu müssen. Die Rentenversicherungsträger würden von ihrer bürokratieaufwändigen Aufgabe der Überwachung der Hinzuverdienstgrenzen entlastet. Viel Ärger würde vermieden: Da die Überschreitung von Hinzuverdienstgrenzen oftmals erst mit großem Zeitverzug auffällt, werden in diesen Fällen regelmäßig größere Rentenrückzahlungen fällig, was bei den Betroffenen auf wenig Verständnis stößt. Praxisbeispiele: Es wäre möglich, dass ein Arbeitgeber als Ersatz für einen vorübergehend ausgefallenen Arbeitnehmer (v. a. wegen Elternzeit, Pflegezeit, längere Krankheit) auf einen in die vorgezogene Altersrente gewechselten ehemaligen Arbeitnehmer zurückgreifen kann, ohne dass dessen Rente gekürzt würde. Gerade ehemalige Mitarbeiter eines Unternehmens eignen sich in besonderer Weise für Vertretungen, da sie keine oder nur verkürzte Einarbeitungszeit benötigen. Ein Arbeitsloser, der mit 63 Jahren in Rente gegangen ist, könnte ohne Rentennachteile noch einmal eine Vollzeittätigkeit aufnehmen, wenn er z. B. ein hal- bes Jahr nach Rentenbeginn eine Stelle bekommt. Auch Einkommen aus ehrenamtlichen Tätigkeiten (z. B. Aufwandsentschädigungen für Bürgermeister) würden nicht mehr auf die Rente angerechnet werden, wodurch in der Vergangenheit entstandene Problemfälle künftig vermieden würden. Ausnahmen: Von diesem Grundsatz sollte in zwei Ausnahmefällen abgewichen werden, um Fehlanreize zu vermeiden: 1. Bisheriges Arbeitsverhältnis besteht fort Hinzuverdienstgrenzen sollten weiter gelten, solange ein bislang bestehendes Arbeitsverhältnis über den Rentenbeginn hinaus weiter ausgeübt wird. Damit wird verhindert, dass Arbeitnehmer, die weiter voll arbeiten wollen, vorzeitig in Altersrente gehen, weil sie sich von da an die Zahlung von Rentenversicherungsbeiträgen ersparen wollen. Sinnvoll wäre, in diesen Fällen eine Hinzuverdienstgrenze vorzusehen, wie sie im Entwurf des „Alterssicherungsstärkungsgesetzes“ (Kombi-RentenModell) in der letzten Legislaturperiode geplant war. Danach sollte während des Bezugs einer vorgezogenen Altersrente ein Einkommen aus Rente und Hinzuverdienst bis zur Höhe des zuletzt erzielten BruttoEinkommens möglich sein. Eine solche Grenze würde verhindern, dass Beschäftigte Vollzeit weiter arbeiten, aber schon Rente beziehen, jedoch zulassen, dass eine voll sozialversicherungspflichtige Teilzeittätigkeit ggf. durch eine Teilrente aufgestockt wird. 2. Vorzeitiger Bezug einer abschlagsfreien Altersrente Beim vorzeitigen Bezug einer abschlagsfreien Altersrente (v. a. Rente für besonders langjährig Versicherte, sog. „Rente ab 63“) sollte nur ein Hinzuverdienst in Höhe der Geringfügigkeitsgrenze von derzeit bis zu 450 € monatlich zulässig sein. Mit die- ser niedrigen Hinzuverdienstgrenze wird verhindert, dass zusätzliche Anreize für die Inanspruchnahme abschlagsfreier Renten gesetzt werden, deren Zahlung mit Mehrbelastungen der gesetzlichen Rentenversicherung verbunden ist. Wer vorzeitig in Rente geht, aber trotzdem mehr als nur geringfügig weiter arbeiten will, kann und soll dafür die Rente für langjährig Versicherte nutzen, die nach diesem Vorschlag umfassende Hinzuverdienste zulässt. In keinem Fall sollte das Kombi-RentenModell, nach dem ein Hinzuverdienst bis zur Höhe des früheren Vollzeiteinkommens zulässig ist, bei den abschlagsfreien Altersrenten umgesetzt werden. Denn dann würde sich eine Vollzeittätigkeit gar nicht mehr lohnen, sobald eine abschlagsfreie Altersrente bezogen werden kann, weil das gleiche Einkommen dann – ohne spätere Rentenabschläge – auch durch Teilzeittätigkeit und Teilrente erzielt werden könnte. Dies wird an folgendem Beispiel deutlich: Ein vollzeitbeschäftigter Durchschnittsverdiener verdient derzeit rund 3.750 € im Monat und erwirbt durch seine Rentenversicherungsbeiträge rund 1,3 Entgeltpunkte pro Jahr. Unter der Voraussetzung, dass der vollzeitbeschäftigte Durchschnittsverdiener diese relative Entgeltposition über seine gesamte Erwerbsbiografie eingenommen hat, verfügt er mit 63 Jahren und 45 Beitragsjahren über eine Rentenanwartschaft von 58,5 Entgeltpunkten. Das entspricht einer monatlichen Bruttorente von rund 1.675 €. Würde die im Entwurf des Alterssicherungsstärkungsgesetzes vorgesehene „Kombi-Rente“ umgesetzt, könnte der vollzeitbeschäftigte Durchschnittsverdiener die abschlagsfreie Rente ab 63 in Anspruch nehmen und gleichzeitig bis zu 2.075 € pro Monat hinzuverdienen. Mithin könnte er seinen Arbeitszeitumfang auf 55 % seiner bisherigen Vollzeittätigkeit reduzieren, ohne Einkommenseinbußen und ohne Rentenabschläge hinnehmen zu müssen. Vollzeitarbeit würde daher nicht mehr lohnen, sobald eine abschlagsfreie Rente bezogen werden kann. BDA-Vorschlag für vereinfachte Hinzuverdienstgrenzen 23. Juli 2014 2 An diesem Ergebnis ändert auch nichts, dass derjenige, der bis zur Regelaltersgrenze in Vollzeit weiterarbeitet, aufgrund seines höheren Entgelts höhere Rentenanwartschaften erwirbt als ein Beschäftigter, der vorzeitig in die abschlagsfreie Rente wechselt und bis zum vorherigen Bruttoarbeitsentgelt hinzuverdient. Im Beispielsfall erwirbt rund 30 € Monatsrente zusätzlich, wer voll bis 2016 weiterarbeitet, statt sofort 2014 in die abschlagsfreie Rente zu gehen und nur im Rahmen der neuen Hinzuverdienstgrenzen beschäftigt bleibt. Denn diesem Vorteil einer etwas höheren Rente stehen drei Nachteile gegenüber: Erstens muss der weiter Vollzeitbeschäftigte in der Zeit bis zur Regelaltersgrenze zusätzliche Rentenbeiträge zahlen (im Beispielsfall knapp 5.000 €) und hat daher in dieser Zeit sogar ein geringeres NettoEinkommen als der nur noch Teilzeitbeschäftigte. Zweitens muss der weiter Vollzeitbeschäftigte sein Arbeitseinkommen – anders als die Rente – voll versteuern, während der Teilzeitbeschäftigte den Renten-Anteil seines Einkommens nur anteilig (bei Rentenbeginn in 2014 zu 68 %) versteuern muss. Drittens hat der um zwei Kalenderjahre spätere Rentenbeginn des weiter Vollzeitbeschäftigten zur Folge, dass die eigene Rente mit einem um 4 Prozentpunkte höheren Anteil besteuert wird (72 % statt 68 %). Diese Nachteile führen zu einem vergleichsweise geringeren NettoEinkommen. Ansprechpartner: BDA | DIE ARBEITGEBER Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände Soziale Sicherung T +49 30 2033-1600 soziale.sicherung@arbeitgeber.de BDA-Vorschlag für vereinfachte Hinzuverdienstgrenzen 23. Juli 2014 3