Die Vollblutzucht in Neuseeland unter besonderer Berücksichtigung

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Die Vollblutzucht in Neuseeland unter besonderer Berücksichtigung
Die Vollblutzucht in Neuseeland
unter besonderer Berücksichtigung der Vor- und Nachteile
der Einführung der künstlichen Besamung
Projektarbeit
im Klinisch-Praktischen Jahr,
angefertigt von
Eva-Maria Klose
Studentin im 10. Fachsemester Veterinärmedizin,
Matrikel 2006
Betreuer: Prof. Dr. Axel Sobiraj
Universitätstierklinikum,
Ambulatorische und Geburtshilfliche Tierklinik,
Veterinärmedizinische Fakultät,
Universität Leipzig
Leipzig, 2011
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Einleitung und Zielstellung
Inhalt dieser Projektarbeit ist im ersten Abschnitt die allgemeine Darstellung der
Vollblutpferdezucht Neuseelands und des wirtschaftlich-kulturellen Hintergrundes des
Galopprennsports.
Kernpunkt der Arbeit ist das bestehende Verbot der künstlichen Besamung (KB) in
der Vollblutpferdezucht.
Dies wird im Hauptteil anhand von züchterischen und tierärztlichen Aspekten im
Vergleich zur künstlichen Besamung, wie sie beispielsweise Warmblutpferden üblich
ist, aufgeführt.
Abschließend wird die Diskussion aufgegriffen, aus welchen Gründen an diesem
Verbot festgehalten wird und was sich vermutlich ändern würde bei Zulassung der
künstlichen Besamung in der Galopprennpferdezucht.
Pferderennen und Vollblutpferdezucht in Neuseeland
Das erste Vollblutpferd kam zwischen 1840 und 1850 aus Australien nach
Neuseeland, der erste Import aus England folgte 1862.
In Neuseeland sind aktuell 52 Galopprennbahnen in Betrieb, auf denen jährlich über
Rennpferde gegeneinander antreten. Es finden mehr als 300 Rennveranstaltungen
im Jahr mit über 3000 Einzelrennen statt.
Das Preisgeld beträgt jährlich um die 59 Mio. NZ$ (2009), bzw. im Durchschnitt fast
20,000 NZ$ pro Rennen.
Die im englischsprachigen Raum bezeichnete „Thoroughbred Industry“ beschäftigt in
Neuseeland
5.800
Personen
in
Vollzeit
und
erwirtschaftet
0,34%
des
Bruttoinlandprodukts.
Abb. 1: Zieleinlauf
eines Galopprennens
in Matamata
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Die jährlichen Umsätze aus Wetteinsätzen betragen rund 450 Millionen NZ$ (NZTR
2011).
Dank seines milden Klimas und der geringen Bevölkerungsdichte eignet sich
Neuseeland hervorragend zur Pferdezucht, weil eine ganzjährige Weidehaltung
möglich ist (Abb. 2).
Abb. 2: typische Weide für Pferde in Neuseeland
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Abbildung 3: Neuseelands Galopprennpferdezucht seit 1994 in Zahlen
Aus den Daten der Abbildung 3 wird deutlich, dass seit 1994 ein Rückgang an Stuten
im Zuchteinsatz eingesetzt hat, damit auch ein Rückgang an Fohlen und an Pferden
zum Exprort.
Der Natursprung als einzige zugelassene Reproduktionsmethode
Das hierfür verbindliche Regelwerk wird vorgegeben durch die „International
Federation of Horseracing Authorities“ sowie auf nationaler Ebene durch „New
Zealand Thoroughbred Racing“. Demzufolge werden nur solche Vollblutpferde, die
Produkt des natürlichen Deckaktes sind, ins Zuchtbuch aufgenommen. Künstliche
Besamung, Embryotransfer sowie Spermasexing bzw. Klonen von Embryonen sind
verboten.
Erlaubt ist jedoch jede Art von hormoneller Unterstützung zur Zyklus- und
Rosseinduktion bei den Stuten.
Des Weiteren sind folgenden Identifizierungsvorschriften für eingetragene VollblutZuchtpferde festgelegt:
Von jedem Pferd (Stuten, Hengste und Fohlen bis zum 31.7. des ersten
Lebensjahres) muss eine DNA-Analyse vorliegen. Bei dem zu untersuchenden
Material handelt es sich Haarbälge aus dem Mähnenhaar.
Jedes Pferd muss außerdem mit einem Mikrochip und mit einem Kaltbrand versehen
sein (bei Fohlen ab dem 3. Monat bis spätestens 31.7. des ersten Lebensjahres).
Ein lückenloser Abstammungsnachweis im „New Zealand Stud Book“ oder im
„International Stud Book“ muss gewährleistet sein, um ins Zuchtbuch aufgenommen
zu werden. Nur Pferde, die im Zuchtbuch eingetragen sind, dürfen für Rennen
melden und daran teilnehmen (MAF 2001).
Management und Ablauf der Anpaarungen im Natursprung
Falls die zu deckende Stute nicht schon auf dem Gestüt des Deckhengstes
stationiert ist – das trifft für 49% der Stuten in Neuseeland zu -, kommt sie entweder
nur zum Deckakt auf das Hengstgestüt (43%), um es mit festgestellter
Frühträchtigkeit wieder zu verlassen, oder sie bleibt dort für die gesamte Zuchtsaison
(inklusive Abfohlung, 8%).
Der Transport der Stuten erfolgt zu 79% mit kommerziellen Transportunternehmen
(ROGERS und COGGER 2010).
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Nach tierärztlicher Zykluskontrolle und einem aussagekräftigen „Teasing“ durch
einen Probierhengst wird die Stute schließlich mit dem Deckhengst verpaart.
Sicherheitsmaßnahmen sind hierbei gepolsterte Boots an den Hufen der Stute und
eine Nasenbremse zur Beruhigung der Stute.
Sehr nervöse Maidenstuten werden nötigenfalls sediert. Verwendet wird dabei
beispielsweise eine Kombination aus Azepromazin, Xylazin und Butorphanol.
Nach einer Studie an Vollblutmaidenstuten aus Kentucky, USA, hatte dies keinen
Einfluss auf die Fertilitätslage der Stuten (BLANCHARD et al. 2010).
Die Anpaarung findet auf einem rutschfesten, überdachten Untergrund statt. Das
Personal trägt Schutzhelme und Schutzwesten. Sowohl Hengst also auch Stute
werden an der Hand geführt.
Eine dritte Person hilft beim Einführen des Penis in die Vagina. Nach dem Deckakt
wird der Penis des Hengstes mit klarem Wasser, nicht jedoch mit Antiseptika
abgespült.
Zuchthygiene und Deckinfektionen
Neuseeland ist frei von Equiner Infektiöser Anämie (EIA) sowie von der Contagiösen
Equinen Metritis (CEM) und von der Beschälseuche (Dourine) (OIE 2010). Durch
umfassendes Importmanagement, festgelegt im „Import Health Standard for Horses“
(MAF 2011) wird die Erhaltung der Seuchenfreiheit weitgehend gewährleistet. Neben
den genannten equinen Erregern wurden auch weitere wie Influenza, Piroplasmose
oder das West-Nile-Virus in Neuseeland bislang nicht nachgewiesen.
Im Jahre 2011 gab es als einzige Deckinfektion bei einem einzelnen Deckhengst
einen Fall mit der Equinen Virus-Arteritis (EVA). Seither sind keine Fälle mehr
aufgetreten (OIE, 2010). Auf die dazu aktuellen Untersuchungen vor dem Deckakt
wird im nächsten Abschnitt weiter eingegangen.
Vollblut-Deckhengste
Vollbluthengste treten ihren Dienst als Zuchthengst nach erfolgreicher Karriere auf
der Rennbahn mit exzellenter Abstammung und entsprechender Rennleistung an. Im
Zeitraum der Decksaison in Neuseeland (Anfang September bis Ende Dezember)
kommt der Hengst je nach Nachfrage bis zu drei Mal am Tag zum Deckeinsatz.
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In Neuseeland waren in den letzten Jahren pro Saison 170 Hengste im Deckeinsatz.
Über 10% von ihnen deckten mehr als 100 Stuten pro Saison. Der Durchschnittswert
lag bei 38 Stuten pro Hengst pro Saison bei solchen Hengsten, die 10 und mehr
Stuten pro Saison deckten (1994-2010).
Abb. 4: Entwicklung der Anzahl an Vollbluthengsten mit durchschnittlich mehr als 10
gedeckten Stuten pro Saison
Aus Abbildung 4 geht eine konstante Abnahme der Zahl an Vollblutdeckhengsten
seit der Saison1999-2000 hervor (NZTBA, 2011).
Voraussetzung für den Einsatz als Deckhengst ist eine negative Blutuntersuchung
auf EVA, oder falls diese positiv ausfällt, das negative Untersuchungsergebnis des
Spermas auf die EA-Viren. Zusätzlich und zur Absicherung wird ein serologisch
positiver Hengst mit zwei serologisch negativen Stuten gepaart, deren Blut nach 28
Tagen erneut auf EVA-Antikörper untersucht wird. Fallen beide Tests negativ aus,
kann der Hengst zugelassen werden. Dieser Test muss jährlich vor Beginn der
Decksaison wiederholt werden. (NZTR, 2011)
„Shuttle“-Deckhengste
Shuttle-Hengste absolvieren jährlich zwei Decksaisons: Sie wechseln dabei von der
der nördlichen zur südlichen Hemisphäre, also zwischen einem Deckeinsatz im
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Frühjahr in Europa oder in den USA und dem späteren Deckeinsatz in AustralienNeuseeland. Der erste sehr erfolgreiche Shuttle-Hengst war „Danehill“1989 in
Australien. Zuvor galten Neuseeland und Australien nur als „Abstellplatz“ nicht mehr
sehr gefragter Hengste aus Europa und den USA.
In Neuseeland sind heute 5 von 13 der wertvollsten Hengste mit Decktaxen von über
10.000 NZ$ Shuttle-Hengste (NZRBA 2011). In der Zuchtsaison 2006/07 waren
insgesamt 25 Shuttle-Hengste im Einsatz.
Pro Jahr verzeichnen diese Hengste bis zu 371 Bedeckungen (PERKINS 2005).
Vollblut-Zuchtstuten
Allgemein gibt es keine Vorgaben aus dem Regelwerk des NZTR. In den meisten
Fällen wird aber eine EHV1-Impfung von den Hengsthaltern verlangt, bevor die Stute
zur Bedeckung auf das Gestüt kommt.
Die Stutenbesitzer kommen dem nach, da im Falle eines durch EHV1 ausgelösten
Aborts die Lebend-Fohlen-Garantie nicht in Kraft tritt.
Neben der Kontrolle des Impfstatus und der Entwurmung werden normalerweise
keine
Quarantänemaßnahmen
bei
Ankunft
einer
Stute
auf
dem
Gestüt
vorgenommen, lediglich bei schlechter körperlicher Verfassung oder bei eitrigem
Nasenausfluss.
Je nach Gestütspolitik wird eine Zervix-Tupferprobe entnommen und untersucht, um
eine vorliegende bakterielle Kontamination vor dem Deckakt auszuschließen.
Importierte Stuten werden zusätzlich auf CEM und weitere Deckinfektionen getestet.
Es ist grundsätzlich verboten, Stuten im letzten Drittel der Trächtigkeit nach
Neuseeland zu importieren (MAF 2001).
Neben dem Stress des Deckaktes an sich kommt für die Stute meist noch der
Transport zum Deckgestüt hinzu. Falls die Stute nicht über die gesamte Saison auf
dem Gestüt des Hengstes bleibt, kommen oft mehrere An- und Abreisen auf sie zu.
Besonders problematisch ist es, wenn die Stute ein Fohlen mitführt.
Verletzungen an den Gliedmaßen und speziell an den Gelenken der Fohlen,
zugezogen beim Auf- und Abladen über Transporterrampen, sind daher häufig zu
beobachten.
Im Falle von Verletzungen der Stute auf dem Deckgestüt haftet der Hengsthalter
dafür nicht. Dies wird im Anpaarungs-Vertrag festgelegt (NZTBA, 2011).
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Nach den Bedeckungen zeigen viele Stuten eine „persistent breeding induced
endometritis“. Dabei wird primär durch das Sperma des Hengstes eine Entzündung
hervorgerufen welche in unterschiedlichem Umfang bestehen bleibt. Ursache dafür
ist eine mangelnde Kontraktion des Uterus und damit eine fehlende Elimination von
Flüssigkeit.
Genausogut
kann
es
sich
dabei
um
chronische
subklinische
Endometritiden bereits vor der Bedeckung gehandelt haben, die mit dem Deckakt
und der damit verbundenen bakteriellen Kontamination klinisch wurde. Dies ist vor
allem unter dem Aspekt nahe liegend, als Uterus- bzw. Zervixtupferproben mit
unbedenklichem mikrobiologischem Untersucnungsergebnis nicht vorschgeschrieben
sind.
Vulvoplastische Operationen (Caslick-OP)
Die Caslick-OP ist der häufigste chirurgische Engriff in der Gestütspraxis. Bei
Deformation der Vulven bzw. mangelhaftem bis fehlendem Schamschluss besteht
die Gefahr der Entstehung einer Pneumo-, Kopro-oder Urovagina und einer damit
verbundenen anhaltenden Reizung der Vagina und bakteriellen Kontamination mit
Aufstieg in den Uterus.
Die Ursachen für eine Deformation der Vulven sind:
-
angeboren zu kurzer Damm (selten)
-
geburtsbedingte Dehnungsrisse, -verletzungen an den Vulven
-
deck-, geburtsbedingte Verletzungen im perinealen Bereich
-
schlechter Ernährungszustand bei älteren Stuten mit tiefen perianalen
Gruben und Schrägstellung der Schamspalte (SMITH und THOMAS 2009).
Daraus resultiert zumindest ein erhöhtes Risiko für einen vermehrten Eintrag von
kontaminierten Substanzen (Kot, Luft mit Staubpartikeln) ins Genitale. Bei einer
Pneumovagina kommt der Dehnungsreiz in der Vagina und die damit verbundene
Irritation der Stute hinzu. Die Fertilität von solchen Stuten ist gemindert.
Bei der vulvoplastischen Operation werden unter Lokalanästhesie die beiden
Schamlippen über die Verlängerung des Dammes gestrafft, also wird die
Schamspalte zum Teil erheblich verkürzt, in manchen so extrem, dass die Stuten
geradeso noch ungestört Urin absetzen können.
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Die dadurch entstandene Narbe muss natürlich vor einer Bedeckung bzw. vor der
Geburt chirurgisch beseitigt werden, da es sonst zum unkontrollierten Einreißen mit
Verletzungsgefahr kommt.
Generell gilt also: „Einmal Caslick, immer Caslick“.
Das gebildete Narbengewebe erschwert die Wundheilung. Auch muss beim
Auffrischen der Wundränder darauf geachtet werden dass nicht zu viel Gewebe
abgetragen wird.
Leider ist je nach Gestütsmanagement der Glaube an einen besseren Schutz der
gedeckten Stuten vor dem embryonalen Fruchttod weit verbreitet, indem sie nach der
letzten Bedeckung eine Caslick-OP erhalten, so dass die meisten Stuten ohne
medizinische Indikation operiert werden.
Abb. 5: Ältere pluripare Stute
mit frisch
durchgeführter
Dammverlängerung (CaslickOP). Indikation war die
deutlich von der Senkrechten
abweichende Scham
Argumente für die Beibehaltung des Verbots der kB in der Vollblutzucht
Alle Vollblüter stammen, seit der Gründung des Zuchtbuches im Jahre 1791, von
einem Stamm aus ca. 80 Tieren ab.
Studien im Jahre 1994 zur Analyse der Vollblüterpopulation in Australien belegten
einen hohen Inzucht-Koeffizienten von bis zu 36%. Der Durchschnitt betrug 9,3%.
(PERKINS 2005).
Falls nun besonders erfolgreiche und beliebte Hengste über die kB noch mehr
Nachkommen erzeugen als bisher, besteht die Gefahr der weiteren Einengung des
Genpools.
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Damit verbunden könnte es möglicherweise zu einer Inzuchtdepression innerhalb der
Rasse kommen. Gleichzeitig besteht die Gefahr, dass weniger beliebte Hengste
komplett mit der kB nicht mehr gefragt sind und verschwinden.
Traditionsreiche große Gestüte verlören an Bedeutung durch Wegfall des
Deckbetriebs.
Argumente für die Abschaffung des Verbots der kB in der Vollblutzucht
Es gäbe keine Hemmnisse mehr durch Ortsgebundenheit.
Der Transport der Stute zum Hengst mit dem damit verbundenen Stress wäre nicht
mehr notwendig.
Es kann Sperma von Hengsten aus der ganzen Welt bezogen werden, vorausgesetzt
das Sperma ist kryotauglich.
Sehr
gefragte
Hengste
müssten
nicht
mehr
„shutteln“,
es
gäbe
keine
Überbeanspruchung stark gefragter Hengste mehr.
Die kB hätte ökonomische und ökologische Vorteile.
Das Verletzungsrisiko für die Hengste, vor allem aber für die Stuten und fürs
Personal ist minimiert.
Mit der kB wird die Verbreitung von Deckinfektionen eingedämmt.
Das Angebot und der Zugriff auf genetisch interessante Hengste wäre enorm
vergrößert.
Diskussion des Für und Wider der kB-Einführung in der Vollblutzucht
Das lange Zeit starke Argument des möglichen Abstammungsbetrugs kann seit 2001
ausgeschlossen werden durch die obligatorischen DNA-Tests. Seit den letzten 20
Jahren zeichnet sich trotz Verbots der KB ein deutlicher Trend in die Richtung ab,
dass immer weniger Hengste immer mehr Stuten pro Saison decken. ShuttleHengste verzeichnen z.B. bis zu 371 Einsätze pro Saison („Thunder“ und „Gulch“
2001 in den USA und Australien, PERKINS 2005).
Die Frage, ob diese Zahlen überhaupt übertroffen werden mit Einführung der KB,
bleibt offen.
Falls es dennoch dazu kommen sollte, dass Hengste noch mehr Nachkommen pro
Saison erzeugen, sinkt vermutlich damit auch ihr Marktwert, und es pendelt sich in
den folgenden Generationen wieder ein Rückgang ein. Nach Zulassung der KB in
der Trabrennpferdezucht wurde das genauso beobachtet. Dies wurde von Prof.
10
William ALLEN durch Studien belegt, welche zeigen, dass die Anzahl von Stuten, die
von den 10 meistverwendeten Hengsten besamt wurden, deutlich abgenommen hat
(2000-2008,
USA
und
Canada).
Vergleichend
aufgeführt
werden
die
Vollblutzuchtstuten, die von den „Top-10“-Hengsten gedeckt wurden. Wie vorher
schon erwähnt nahm deren Anzahl deutlich zu (POWER, 2008).
Was würde sich vermutlich sonst noch ändern, wer profitiert, wer verliert? Am
meisten würden die Züchter mit weniger als zehn Stuten profitieren, da sie ohne
großen Aufwand die bestmöglichen Hengste für ihre Stuten wählen könnten. Auch
Länder, in denen die Vollblutpferdezucht weniger stark vertreten ist, wie z.B. in
Deutschland, hätten Zugriff auf Hengste von internationaler Klasse.
Deutlich verändern wird sich mit Einführung der KB die Funktion der großen Gestüte
der Hengsthalter und Kooperationen, welche den Markt im Moment dominieren.
Fazit
Das Hauptargument gegen die Einführung der kB in der Vollblutzucht bleibt die
Gefahr der Einengung des Gen-Pools. Würde sich die Anzahl der aktuell rund 3700
Hengste im Deckeinsatz weltweit beispielsweise auf 200 Hengste reduzieren, kann
man mit Sicherheit von dem Risiko sprechen, die Zucht damit gravierend zu
beschädigen.
Andererseits hat sich in der Trabrennpferdezucht dieses Phänomen mit der
Legalisierung der kB nicht eingestellt, im Gegenteil, es hat sich dadurch sogar eine
breitere Basis an Zuchthengsten entwickelt.
Zudem ist die Gefahr der Limitierung des Gen-Pools bereits vorhanden, wenn
einzelne Hengste weit über 300 Stuten pro Jahr decken (PERKINS 2005).
Bereits 2002 stellte sich Stan Bergstein, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der
„Harness Tracks of America“ daraufhin die Frage: „Thoroughbred breeders must
know of the health benefits of artificial insemination. Any veterinarian can list them.
So the question lingers: If it makes sense to protect mares and stallions from injury
and disease, and top studs now are breeding 200, 300, and in some cases nearly
400 mares a year, why not use artificial insemination?“
Einen ersten Schritt gegen das Verbot der KB unternahm Bruce McHUGH. Herr
McHUGH nimmt eine zentrale Position in der Vollblutszene Australiens als
ehemaliger Vorsitzender des „Sydney Turf Club“ und langjähriger Züchter ein. Er zog
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im Oktober 2009 vor Gericht und klagte das „Australian Stud Book“ (ASB) und das
„Australian Racing Board“ (ARB) an. Er sieht durch das Aufnahmeverbot ins
Zuchtbuch bzw. der Teilnahme an Pferderennen von Pferden, die durch KB gezeugt
wurden, eine Beschränkung des freien Handels. Er plädiert für ein separates
Zuchtbuch für „KB-Vollblutpferde“ und eine damit verbundene Erlaubnis dieser
Pferde an regulären Rennen teilzunehmen. Bis heute gibt es kein rechtskräftiges
Urteil hierzu. Der nächste Gerichtstermin ist auf Ende August 2011 datiert. Das
Ergebnis wird mit großem Interesse erwartet und sollte, falls die Klage erfolgreich ist,
ein großer Schritt gegen das Verbot der KB sein. Der Beschluss wird vermutlich auch
an den neben Australien weiteren 68 Mitgliedern der „International Federation of
Thoroughbred Racing“ nicht ohne Konsequenzen vorüberziehen (STEVENSON,
2009).
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