Fliegender Stern
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Fliegender Stern
Die Autorin Ursula Wölfel * 16. September 1922 in Duisburg-Hamborn Sie studierte zunächst Germanistik, Geschichte, Psychologie und Philosophie in Heidelberg. 1943 heiratete sie. Ein Jahr später kam ihre Tochter Bettina zur Welt. Nach dem Krieg arbeitete Ursula Wölfel als Schulhelferin, absolvierte ihre Lehrerausbildung und unterrichtete an einer Sonderschule in Darmstadt. Ihr erstes Kinderbuch „Der rote Rächer“ erschien 1959. Seit 1961 lebt Ursula Wölfel als freie Schriftstellerin im Odenwald. Seit 1972 ist sie außerdem P.E.N.-Mitglied. (P.E.N. ist eine internationale Schriftstellervereinigung, die am 5. Oktober 1921 von der Schriftstellerin Catherine Amy Dawson Scott in London gegründet wurde.) Ursula Wölfel ist eine der erfolgreichsten deutschen Autorinnen für Kinder- und Jugendliteratur der Nachkriegszeit. Viele ihrer Texte wurden in Schulbücher aufgenommen. Neben lustigen Geschichten, Gedichten, Bilderbüchern und historischen Romanen schreibt sie vor allem realistische Kinderbücher, in denen es um psychische Probleme von Kindern und um Sozial- und Gesellschaftskritik geht. Als Autorin hat Ursula Wölfel die deutsche realistische Kinderliteratur in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg sehr beeinflusst. Sie war eine der ersten, die über seelische Probleme von Kindern in Büchern für Kinder geschrieben hat. Die Helden sind darin meistens unglückliche, einsame Kinder, die aus eigener Schuld oder durch die Schuld anderer Menschen zu Außenseitern wurden oder in eine schwierige Situation gerieten. Die Probleme der Kinder können aber immer gelöst werden, weil sie selbst ihr Verhalten ändern oder weil sich ihre Umwelt ändert, die aus Eltern, Freunden oder Mitschülern besteht. Fliegender Stern Inhalt Behandelte Themen in Stichworten • Lebensweise der Indianer • Abenteuer zweier Jungen • Bedrohung der Lebensgrundlage der Indianer durch die Besiedlung der Europäer 112 Seiten ab 8 Jahren Die Handlung des Buches spielt in der Zeit zwischen1890 und 1900, in der die Bedrohung der Indianerstämme in Nordamerika durch die weißen Siedler existenziell wurde. Im Zentrum steht der Indianerjunge Fliegender Stern aus dem Stamm der Schwarzfußindianer. Fliegender Stern verbringt eine recht zufriedene Kindheit in seinem Stamm. Auf den ersten Blick scheint alles in Ordnung. Sein Vater Guter Jäger geht auf die Jagd, die Mutter kümmert sich um Zelt und Nachwuchs, und Fliegender Stern ist gerade dabei, in der Hierarchie der Kinder von „den Kleinen“ zu „den Großen“ aufzusteigen. Er muss mehrere Prüfungen bestehen, zum Beispiel Reiten und Angeln, aber auch Mut beweisen und Schmerz aushalten. Dass Fliegender Stern über reichlich Mut verfügt, zeigt sich, als er erfährt, dass „der weiße Mann“ eine Bedrohung für die Indianer darstellt. Nicht selten müssen die Mitglieder seines Stammes hungrig ins Bett, da die Jäger kaum noch auf Büffel stoßen, die ihre Lebensgrundlage darstellen. Schuld daran soll „der weiße Mann“ sein, der von den Stammesmitgliedern jedoch nicht für prinzipiell bösartig, sondern eher für unwissend gehalten wird. Diesen Zustand möchte Fliegender Stern ändern. Er hat sich vorgenommen, mit seinem besten Freund Grasvogel die Weißen aufzuklären. Nach seinen Vorstellungen wäre es nicht nur von Vorteil, wenn diese das Jagen der Büffel unterlassen würden, nochbesser wäre es, kehrten sie gleich in ihr Heimatland zurück. Die beiden brechen heimlich auf, um „den weißen Mann“ zu suchen. Nach einer kurzen, nicht ganz unproblematischen Reise stoßen sie auf eine Siedlung der Weißen. Dort lebt ein weiser Mann, der Doktor Christoph genannt wird. Er kennt die Probleme der Indianer, nimmt den Jungen jedoch jede Hoffnung auf eine Veränderung der Situation. Die weißen Menschen, so macht er den Kindern deutlich, werden das Land der Indianer nicht mehr verlassen. Fliegender Stern und Grasvogel sind zwar enttäuscht, erkennen aber auch, dass die Weißen nicht grundsätzlich böse sind. Dieser Eindruck wird dadurch verstärkt, dass Doktor Christoph ihnen auf einer Karte einzeichnet, wo noch Büffel anzutreffen sind. Diese Karte sollen sie dem Häuptling übergeben, damit der Stamm dorthin ziehen und den Winter überleben kann. Zu Hause werden die Kinder schon sehnsüchtig erwartet. Nach einigem Streit unter den Stammesmitgliedern über die Richtigkeit der Karte ziehen die Schwarzfußindianer los und treffen tatsächlich auf die lang ersehnten Büffel. Haupthema Das Hauptthema des Buches ist das Leben der Schwarzfußindianer unter den erschwerten Bedingungen, denen sie durch das Eindringen der weißen Siedler in ihre Territorien ausgesetzt sind. Im Zentrum der dadurch auftauchenden Probleme steht die Verdrängung der Büffel, die die Lebensgrundlage der Indianer darstellen. Wie nebenbei erhält der Leser eine Vielzahl interessanter Informationen über die ursprüngliche Lebensweise der Indianer, über ihre Behausungen, Aufgabenverteilungen und Jagdmethoden. Auch ihre Rituale werden vorgestellt, vor allem anhand der Entwicklungsgeschichte des Jungen Fliegender Stern, der gerne zu den Erwachsenen gehören möchte. Das Kinderbuch „Fliegender Stern“ umfasst 112 Seiten und ist in elf unterschiedlich lange Kapitel gegliedert. Die erzählte Zeit umfasst einige Wochen. Ein Nachwort beschreibt, wie es Fliegender Stern in seinem weiteren Leben ergeht, und ordnet das Geschehen in die realen historischen Ereignisse ein. Die linear strukturierte Handlung wird in personaler Erzählweise mit Fokus auf den Jungen Fliegender Stern wiedergegeben. Das Geschehen wird mit großem Einfühlungsvermögen leicht verständlich dargestellt. Die erzählenden Passagen werden durch zahlreiche Dialoge unterbrochen, die zur Lebendigkeit des Buches beitragen. Eine Vielzahl gelungener Illustrationen lockern den Text auf und tragen zum Textverständnis bei. Das Buch ist aufgrund der überschaubaren Länge, der kindgerechten Sprache, des Spannungsbogens und der unterschwellig vermittelten Informationen auch für weniger lesemotivierte Schülerinnen und Schüler geeignet. Didaktische Überlegungen Das Buch „Fliegender Stern“ eignet sich aus mehreren Gründen für den Einsatz im Deutschunterricht. Durch seinen Abenteuercharakter und durch die männlichen Protagonisten spricht es auch wenig lesemotivierte Schüler an. In der Regel interessieren sich Schülerinnen und Schüler im Grundschulalter für das traditionelle Leben der Indianer. Das wird schon an der Fülle der Sachbücher zu dieser Thematik deutlich. Die Schülerinnen und Schüler sind fasziniert von einer Lebensweise, die ihrer eigenen so gar nicht gleicht. Statt auf überfüllte Städte, Lärm, Fernsehen und Handys stoßen sie bei der Auseinandersetzung mit der traditionellen indianischen Kultur auf weite Prärien mit Tieren, auf Stille und ein Zusammenleben, das nicht von Einsamkeit, sondern durch Familie und Stamm geprägt ist. Dieses Interesse kann man sich für einen abwechslungsreichen und eventuell fächerübergreifenden Unterricht (zum Beispiel mit dem Fach Sachunterricht) zu Nutze machen. Das Buch bietet auch die Möglichkeit, die Auswirkungen der Besiedlung durch die Weißen auf das Leben der Indianerstämme zu thematisieren – ein Aspekt, der oft in der Kinderliteratur vernachlässigt wird. Auszeichnungen Ursula Wölfels Bücher wurden mit vielen nationalen und internationalen Preisen und Auszeichnungen gewürdigt und in viele Sprachen übersetzt. Bereits achtmal wurden ihre Titel für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert. Ursula Wölfel erhielt zahlreiche Preise und Auszeichnungen für ihre Bücher. Achtmal stand sie auf der Auswahlliste des Deutschen Jugendliteraturpreises, dreimal auf der Ehrenliste des Hans-Christian-AndersenPreises. Für ihr Gesamtwerk erhielt sie den 1991 erstmals verliehenen Sonderpreis des Deutschen Jugendliteraturpreises. Für "Feuerschuh und Windsandale" erhielt sie 1962 den Deutschen Jugendliteraturpreis in der Sparte Kinderbuch. • • • 1962 Deutscher Jugendliteraturpreis für Feuerschuh und Windsandale 1991 Buxtehuder Bulle für Ein Haus für alle 1991 Deutscher Jugendliteraturpreis (Sonderpreis: Autorenpreis) Begründung Von Beginn an beschäftigt sie sich mit den Problemen von Außenseitern und zeigt Wege zur Bewältigung. Erst mit dem Band "Die grauen und die grünen Felder" (1970) gewinnt Wölfel eine gesellschaftskritische Perspektive. Immer wieder hat sie auch historische Romane geschrieben. In "Ein Haus für alle" etwa geht es um die Euthanasie im Dritten Reich. Ursula Wölfel gewann unter anderem den Sonderpreis des Deutschen Jugendliteraturpreises. In der Begründung wird ihr ein "hoher Grad an Gegenwärtigkeit" bescheinigt. Kollegin Pressler beschreibt es persönlicher: "Wölfels Figuren wecken selten Wut, höchstens Trauer. Und vor allem wecken sie Verständnis. Immer". Auswahl ihrer Werke * Hans im Glück. Das alte Märchen als modernes Klassenspiel, 1959 * Der rote Rächer und die glücklichen Kinder, 1959 * Fliegender Stern, 1959 * Sinchen hinter der Mauer, 1960 * Feuerschuh und Windsandale, 1961 * Mond, Mond, Mond, 1962 * Der Herr Wendelin, 1963 * Julius, 1964 * Wunderbare Sachen. Mein 1. Lesebuch, 1966 * Siebenundzwanzig Suppengeschichten, 1968 * Achtundzwanzig Lachgeschichten, 1969 * Das blaue Wagilö, 1969 * Das Wundertor, 1969 * Die grauen und die grünen Felder. Wahre Geschichten, 1970 * Sechzehn Warum-Geschichten von den Menschen, 1971 * Joschis Garten, 1972 * Nebenan wohnt Manuel, 1972 * Du wärst der Pienek. Spielgeschichten, Spielentwürfe, Spielideen, 1973 * Neunundzwanzig verrückte Geschichten, 1974 * Geschichten-Sammelsurium, 1974 * Der Nachtvogel. Eine Geschichte, 1975 * Ein Käfig für den gelben Vogel, Kindertheater-Stück, 1979 * Jacob, der ein Kartoffelbergwerk träumte. Nacherzähltes aus seinem Leben 1832-1854, 1980 * Bruder Franz von Assisi, 1981 * Winzige Geschichten, 1986 * Vom Morgen bis zum Abend, 1987 * Hannas Reise, 1989 * Ein Haus für alle, 1991 * Die Glückskarte, 1993 * Von der Zaubermütze und elf andere winzige Geschichten, 1996 * Vom Apfelhäuschen und elf andere winzige Geschichten, 1996 * Morgenkind. Geschichten zum Vorlesen, 1997 * Das schönste Martinslicht, 2003 * Nur für Weiße * Die anderen Kinder Quellen www.wikipedia.de www.detlef-heinsohn.de/ki-woelfel.htm www.tdb.carlsen.de/carl2_resources/uploads/instructionMaterials/UM-9783551356574.pdf www.derwesten.de/kultur/Erzaehlerin-der-Aussenseiter-id1900694.html http://www.rossipotti.de/inhalt/literaturlexikon/autoren/woelfel_ursula.html