der kuckuck

Transcription

der kuckuck
uckuck
13.08.2007
8:51 Uhr
Page 1
DER
Kuckuck, Kuckuck ruft´s aus dem Wald
Fast jeder kennt den Kuckuck aus Kinderliedern, aber
gehört oder gar gesehen haben ihn die wenigsten.
Deshalb haben NABU und LBV es sich zur Aufgabe
gemacht, auf den Kuckuck, den Vogel des Jahres 2008,
aufmerksam zu machen und seine Lebensweise vorzustellen. Wie funktioniert der Brutparasitismus? Welche
Lebensräume bevorzugt der Kuckuck und welche Gefahren drohen ihm? Antworten und weitere Informationen finden Sie in dieser Broschüre.
KUCKUCK
Vogel des Jahres 2008
IMPRESSUM
© NABU-Bundesverband
NABU – Naturschutzbund Deutschland e.V.
Internet: www.NABU.de
Bundesgeschäftsstelle
Charitéstraße 3
10117 Berlin
Telefon: 0 30.28 49 84-0
Telefax: 0 30.28 49 84-20 00
E-Mail: NABU@NABU.de
Text: Heinz Kowalski, Markus Nipkow, Helmut Opitz, Hans-Jürgen Stork
Redaktion: K2. agentur für kommunikation, www.K2-kommunikation.de
Gestaltung: Cornelia Berner, www.conniberner.de
Druck: Druckpunkt Offset (8/2007), gedruckt auf 100 % Recyclingpapier
Art.Nr. 1901
Bildnachweis: Titelseite, U3: D.Kjaer/rspb-images; S.1: C.Gomersall/rspb-images;
S.2,18: naturfoto.cz/J.Bohdal; S.3,8,9 unten, 14,21: Fotonatur.de/H.-W.Grömping,
S. 4/5: M. Schäf, S. 6 oben: Fotonatur.de/S. Morsch, S. 6 unten, 7, 10, 11 unten,
17 oben, 20, 21 unten, 22: Photocase.com; S. 9 oben: A. Klein; S. 11 oben, 12 unten,
16, 17 unten: M. Delpho, S. 12 oben: M. Hamblin/rspb-images, S. 13: Pixelio.de,
S. 14/15 oben: D. Nill, S. 15 unten: Fotonatur.de/H. Duty, S. 23: NABU
RZ_Kuckuck innen-1.8
08.08.2007
11:59 Uhr
Page 1
INHALT
VORWORT
Der Vogel der Kinder ..................................................................
3
DER KUCKUCK
Vogel des Jahres 2008 ...............................................................
4
STECKBRIEF
Unverwechselbar ........................................................................
8
FORTPFLANZUNG
Das Kuckucksei im fremden Nest ...............................................
14
RUFE UND GESANG
Kuckuck, Kuckuck ruft’s aus dem Wald ....................................
16
EIN ZUGVOGEL
10.000 Kilometer hin und zurück .................................................
19
GEFÄHRDUNG
Schutz und Hilfe ..............................................................................
20
INFORMATIONEN
Literatur und Experten ....................................................................
22
1
RZ_Kuckuck innen-1.8
08.08.2007
11:59 Uhr
Page 2
VORWORT
Der Vogel der Kinder
„Den kennt doch jedes Kind!“ Mit Liedern und Reimen über den Kuckuck werden
Kinder groß. Ob sie den Kuckuck jemals in der Natur hören oder gar sehen werden, ist
allerdings fraglich. Denn vielerorts ist der Kuckuck verschwunden, weil sein Lebensraum verloren geht - bei uns genauso wie im afrikanischen Winterrevier. Außerdem ist
er für die Jungenaufzucht auf Wirtsvögel angewiesen und wenn diese seltener werden,
leidet darunter auch der Kuckuck.
Dabei gilt er den Menschen als Glücksbringer, es sei denn, sie haben zu viele Schulden und der Gerichtsvollzieher kommt mit dem „Kuckuck“-Aufkleber, den in Wirklichkeit gar kein Vogel ziert. Viele Mythen und Geschichten erzählen vom Kuckuck: wir
möchten diese Zuneigung für unser Engagement im Naturschutz nutzen, um seine
Lebensräume in Deutschland und anderswo besser schützen zu können.
Im großen Naturschutzgebiet Lüneburger Heide ist der Kuckuck noch überall zu
hören. Auch in Mooren, großen Feuchtgebieten, Hochheiden und Flussauen ruft er
vom Frühjahr bis zum Spätsommer immer noch. Wir müssen diese Lebensräume
erhalten, wenn wir uns weiterhin gemeinsam am Kuckuck erfreuen wollen. Dafür brauchen wir eine breite Unterstützung und deshalb haben der NABU und sein bayerischer
Partner LBV den Kuckuck zum Vogel des Jahres 2008 gewählt.
3
Heinz Kowalski, Markus Nipkow, Helmut Opitz, Hans-Jürgen Stork
NABU-Experten für Vogelschutz
RZ_Kuckuck innen-1.8
08.08.2007
12:00 Uhr
Page 4
DER KUCKUCK
Redensarten:
- Zum Kuckuck noch mal!
- Scher Dich zum Kuckuck!
- Weiß der Kuckuck...
- Wolkenkuckucksheim
Vogel des Jahres 2008
4
Um von NABU und LBV zum Vogel
des Jahres gekürt zu werden, muss die Art
schon etwas Besonderes sein, und das trifft
beim Kuckuck (Cuculus canorus) zu. Jeder
kennt den Vogel, der seinen Namen nach
seinem eingängigen Ruf erhalten hat und
eine ungewöhnliche Form der Jungenaufzucht betreibt, den Brutparasitismus.
Damit bezeichnet man die Angewohnheit,
die eigenen Eier jeweils einzeln in fremde
Nester zu legen und von den Wirtseltern
ausbrüten zu lassen, die dann auch zumeist
den Jungvogel bis zum Ausfliegen füttern.
Seinen Stiefgeschwistern dankt er das
allerdings nicht, denn die wirft der Jungkuckuck aus dem Nest, entweder bereits
die Eier oder die jungen ausgeschlüpften
Vögel. Das machen nicht alle Kuckucks-
arten so: Von den 130 Kuckuckarten der
Welt sind nur 52 Brutparasiten.
Der Kuckuck ist in Deutschland kein
„Allerweltsvogel“. Manche Gegenden durchquert er nur beim Zug; dann kann man seinen Ruf im April oder Mai gelegentlich
hören. Geeignete Bruthabitate gibt es im
Prinzip genug: Wälder oder halboffene
Landschaften mit Baum- und Strauchgruppen, aber auch offene Flächen wie zum
Beispiel Heiden, solange einige erhöhte
Sitzwarten zur Verfügung stehen.
Von solchen Landschaften gibt es in
Deutschland viele und dennoch findet sich
nicht überall ein Kuckuck ein. Das liegt
unter anderem daran, dass der Kuckuck
sein Ei nicht in jedes Nest legt. Er ist auf bestimmte Wirtsvögel geprägt, zum Beispiel
den Teichrohrsänger, der eben nur im dichten Schilf an Teichen oder Seen
vorkommt, oder den Wasserpieper, der fast nur am Alpenrand zu finden
ist. Neben diesen beispielhaft genannten Wirtsarten gibt es viele andere
Vogelarten, die als Wirtseltern bekannt sind.
Kuckucke wählen häufig Heiden, Moore, Niederungen, Flussauen und
Sumpfwälder sowie das Ried zum Brut- und Lebensraum. Auch reich
gegliederte hügelige Landschaften mit Steinriegeln und kleinen Feldgehölzen neben Wiesen, Obstbaumgärten, Streuobstwiesen und Äckern gehören
zu den bevorzugten Bruthabitaten. Solchen Biotopen ist eines gemeinsam:
Sie sind in den vergangenen Jahren häufig großflächigen Monokulturen
zum Opfer gefallen oder wurden gerodet, entwässert, für die Freizeitnutzung erschlossen und durch Straßen zerschnitten. Wo Landschaft verschwindet oder sich verändert, geht auch Nahrung für die Vögel verloren.
Der Verlust der Vielfalt, der Biodiversität, ist die Hauptursache für den
Rückgang.
RZ_Kuckuck innen-1.8
08.08.2007
12:00 Uhr
Ornithologen und Vogelschützer haben
genauer untersucht, wie es um den Kuckuck in Deutschland steht. Seit etwa Mitte
der 1960er Jahre ging der Bestand deutlich
zurück und diese negative Entwicklung
hält weiter an. Beispielsweise in BadenWürttemberg, wo der Kuckuck bis auf die
ganz hohen Schwarzwaldlagen flächendeckend und in hoher Dichte vorkam,
wurden am Bodensee zwischen 1981 und
1991 Verluste von 14,2 Prozent festgestellt,
im württembergischen Allgäu Verluste von
rund 30 Prozent. Aus vielen anderen Teilen Deutschlands werden ähnliche Zahlen
gemeldet.
Page 6
Aber auch in mehreren anderen europäischen Ländern werden Rückgänge verzeichnet. Die östlichen Staaten sind mit
einem konstanten Bestand die Ausnahme.
In der Schweiz, wo der Kuckuck Vogel des
Jahres 2001 war, steht er bereits auf der
Roten Liste als „potenziell gefährdet“.
Großräumige Bestandserhebungen
sind für Deutschland nur in geringer Zahl
bekannt. Traditionell werden sich die
Vogelkundler aber dem Jahresvogel besonders widmen. Der NABU wird zum Beispiel
2008 eine bundesweite Bestandserhebung
zum Kuckuck durchführen. Mit aktuellen
Zahlen ist deshalb 2009 zu rechnen.
RZ_Kuckuck innen-1.8
08.08.2007
12:00 Uhr
Page 8
1
STECKBRIEF
Unverwechselbar
Die Familie der Kuckucke (Cuculidae) umfasst rund 130
Arten. Sie besiedeln weite Teile der Alten und Neuen Welt.
„Unser“ Kuckuck (Cuculus canorus) ist die einzige Art in Mitteleuropa. Nur in Spanien und vereinzelt auch in anderen
Mittelmeerregionen gibt es einen weiteren Verwandten, den
auch äußerlich deutlich zu unterscheidenden Häherkuckuck
(Clamator glandarius). In Deutschland ist der etwa taubengroße
Vogel also unverwechselbar.
1
8
Name
Der markante Ruf des KuckuckMännchens war nicht nur im
Deutschen und Englischen
(Cuckoo) namensgebend. Lautmalerisch ist auch sein lateinischer, also wissenschaftlicher
Name Cuculus canorus.
2
Kennzeichen
Mit 34 Zentimeter Körpergröße
ist der Kuckuck etwa so groß wie
sein Vorgänger unter den „Jahresvögeln“, der Turmfalke. Aber er
ist ein eher scheuer Vogel, der die
Nähe des Menschen meidet.
Meist ist er im Flug zu sehen.
Dabei erinnert er ebenfalls ein
wenig an einen Falken, doch sein
Schwanz ist deutlich länger, sein
Flügelschlag auffallend flach.
Gerne sitzt er weithin sichtbar auf
einem Busch oder Zaunpfahl.
Das Männchen ist überwiegend
schiefergrau. Seine quergebänderte Unterseite erinnert an einen
Sperber. Die Weibchen sind leicht
rostfarben getönt. Ihre etwas
schwächere Bänderung beginnt
bereits an der Kehle. Besonders
die Weibchen kommen aber auch
in einer selteneren, kräftig rostbraunen und auch oberseits gebänderten Variante vor. Diese
Abweichung ähnelt dem Jugendkleid, besitzt jedoch nicht dessen
weißen Nackenfleck.
3
Lautäußerungen
Mit dem bekannten und weit zu
hörenden Kuckucksruf markiert
das Männchen sein Revier. Dabei
sitzt es meist hoch auf einem
Baum, mit gestrecktem Körper,
leicht gefächertem Schwanz und
hängenden Flügeln.
Vor allem im Mai und Juni ist sein
meist zweisilbiger Ruf zu hören,
ein „gu-kuh“ in unterschiedlicher
Tonhöhe, eine kleine Terz abwärts,
aber auch größere Tonintervalle
werden gerufen. Die Männchen
verfolgen die Weibchen oft mit
einem heiseren „hach hachhach“.
Diese wiederum haben eine ganz
andere Stimme, ein laut trällerndes „Kichern“.
RZ_Kuckuck innen-1.8
4
8
08.08.2007
12:00 Uhr
Nahrung
Der Kuckuck ist ein Insektenfresser.
Zu seiner Lieblingsspeise zählen
Schmetterlingsraupen, aber auch
Heuschrecken, Käfer und Libellen.
Solche Insekten werden meist von
Sitzwarten aus gezielt angeflogen,
Raupen dagegen von Blättern und
Zweigen aufgesammelt. Weibchen
verzehren auch Singvogeleier.
5
Page 10
Fortpflanzung
Männchen und Weibchen gehen keine längere Paarbindung ein. Nicht
einmal eine kurzfristige Bindung, die
länger als einen Tag dauert, ist belegt.
Die größte Besonderheit ist ihr Brutparasitismus: Nach genauer Beobachtung verteilt das Weibchen seine
Eier gezielt auf die Nester anderer
Vögel. Diese Wirtsvögel sind viel
kleiner als der Kuckuck selber. Die
Eiablage erfolgt in nur wenigen
Sekunden, wobei in jedes Nest nur
ein Ei gelegt wird. Das Männchen
lenkt dabei manchmal die Wirtsvögel ab.
Zwischen Ende April und Anfang
Juli legt ein Weibchen neun bis
zwölf, manchmal bis zu 25 Eier.
Liegt ein Kuckucksei im Nest, ist die
Brut des Wirtsvogels verloren. Nach
dem Schlüpfen schiebt der erst
wenige Stunden alte Jungkuckuck
nacheinander sämtliche Eier und
die bereits geschlüpften Stiefgeschwister über den Nestrand und
lässt sich alleine „bewirten“. Seine
Nestlingszeit beträgt - abhängig
vom Wirtsvogel - 19 bis 24 Tage.
In Europa sind mehr als 100 Vogelarten bekannt, die dem Kuckuck
als Wirt dienen. Häufige Wirtsvögel sind der Teichrohrsänger, der
Wiesenpieper, der Neuntöter, der
Hausrotschwanz, das Rotkehlchen,
die Bachstelze und sogar der winzige Zaunkönig.
6
7
Lebensraum
8
Verbreitung
Wanderungen
Kuckucke überwintern südlich des
Äquators, nur ein kleinerer Teil
auch in Westafrika. Damit zählen
sie zu den Langstreckenziehern
unter den Zugvögeln. Alt- und Jungvögel verlassen uns ab Anfang
August und kehren im Normalfall
in der zweiten Aprilhälfte zurück.
Sie ziehen überwiegend nachts.
Der Kuckuck lebt in allen Teilen
Deutschlands von den Küstenmarschen bis zur alpinen Weide- und
Waldlandschaft. Flussniederungen
mit einzelnen Sitzwarten sowie
Moore und Heiden sind am dichtesten besiedelt. In ausgeräumten
Ackerlandschaften wird man ihn
dagegen vergeblich suchen. Sein
Vorkommen hängt regional auch
von der Häufigkeit geeigneter
Wirtsvögel ab.
Über ganz Europa verbreitet fehlt
der Kuckuck nur auf Island und im
äußersten Norden Russlands. Im
Osten reicht sein Verbreitungsgebiet von Kamtschatka über Japan
bis nach Südostasien.
11
RZ_Kuckuck innen-1.8
9
12
08.08.2007
12:00 Uhr
Bestand und Bestandsentwicklung
Genaue Bestandsangaben über
größere Gebiete und längere
Zeiträume gibt es kaum. Die
Zahlen scheinen auch von Jahr
zu Jahr deutlich zu schwanken.
In Europa wird der Bestand auf
4,2 bis 8,6 Millionen Brutpaare
geschätzt. Zwischen 51.000 und
97.000 Paare leben in Deutschland.
Nahezu alle Länder West- und
Mitteleuropas melden seit längerem rückläufige Zahlen. In England verringerte sich der Bestand
in den letzten 30 Jahren um fast
60 Prozent. Auch in einigen Teilen Deutschlands ist der Kuckuck
seltener geworden. Lediglich im
östlichen Europa scheint der
Bestand noch stabil zu sein.
Page 12
10
Gefährdung
Kuckucke sind unterschiedlichen Gefahren ausgesetzt. Geht
die Zahl wichtiger Wirtsvogelarten zurück, wirkt sich das auch
auf den Kuckuck aus. Darüber
hinaus spielt das Nahrungsangebot eine große Rolle, das
sich vor allem in der Agrarlandschaft verschlechtert hat.
Schmetterlinge, Maikäfer und
andere Großinsekten fallen der
landwirtschaftlichen Intensivierung durch den Einsatz von
Insektiziden und Herbiziden
zum Opfer. Möglicherweise
kommt es auch auf den Zugwegen und in Überwinterungsgebieten zu größeren
Nahrungsverlusten, zum Beispiel
beim großflächigen Einsatz von
Giften gegen Heuschreckenplagen. Gelegentlich wird dem
Kuckuck auch eine Verwechslung mit dem Sperber zum
Verhängnis.
Die Kuckucksuhr
Mit dem Schwarzwald verbinden vor allem ausländische Touristen Tannenwälder, Bollenhüte – und natürlich die Kuckucksuhr. Dabei ist sie keineswegs eine
Erfindung dieser Region, sondern hat ihren Ursprung in Sachsen. Aus dem frühen
17. Jahrhundert stammt die älteste Beschreibung einer Kuckucksuhr, die sich in
der Kunstkammer des Kurfürsten von Sachsen in Dresden befand. Wie und wann
genau die Kuckucksuhr in den Schwarzwald gelangt ist, ist nicht ganz geklärt.
Sicher ist, dass die Kuckucksuhr in der heute gängigen Form die Folge eines Wettbewerbs war, der 1850 ausgeschrieben wurde, weil man dem eher biederen Handwerksprodukt ein professionelles Aussehen verschaffen wollte. Den Wettbewerb
gewann der Architekt Friedrich Eisenlohr, der für die Bauten an der Schwarzwaldbahn verantwortlich war. Er hatte die „Bahnwärterhäusle“ als Vorbild für
die Fassade einer Uhr gewählt und traf damit den Zeitgeist. Noch heute sieht die
Kuckucksuhr fast genauso aus wie damals. Mit dem später einsetzenden Tourismus wurde sie dann zum Exportschlager. Überall auf der Welt ruft der Kuckuck
aus dem Schwarzwald und ist nicht nur bei Kindern beliebt. Das trägt mit dazu
bei, dass der Kuckuck ein populärer und bekannter Vogel ist.
13
RZ_Kuckuck innen-1.8
08.08.2007
12:00 Uhr
Page 14
FORTPFLANZUNG
Geht die Zahl wichtiger Wirtsvogelarten zurück, wirkt sich das
auch negativ auf den Kuckuck aus.
Das Kuckucksei im fremden Nest
14
Die Fortpflanzungsstrategie
des Kuckucks ist eine faszinierende Anpassung an eine nur kurze
Verweilzeit im Brutgebiet. Der
Kuckuck ist ein Brutparasit: Er
legt seine Eier in fremde Nester
und überlässt anderen Vogelarten den
mühevollen Dienst an einem anspruchsvollen Einzelkind.
Ohne Wirtsvögel gibt es beim Kuckuck
keinen Nachwuchs. Wenn der Kuckuck im
Mai aus dem Winterquartier zurückkehrt,
sind eine Reihe von geeigneten Singvogelarten bereits im Besitz ihrer Reviere
und bereiten sich auf ihre Bruten vor.
Dazu zählen in den Feuchtgebieten meist
Rohrsänger - Teichrohrsänger, Sumpfrohrsänger - aber auch in halboffenen Landschaften und in Wäldern viele andere Arten
wie Stelzen, Pieper, Würger, Heckenbraunelle, Grasmücken, Rotkehlchen,
Rotschwänze und Zaunkönige. Eine
Voraussetzung bringen sie alle mit: Sie
ernähren ihre eigenen Jungen mit Insekten
und können auch einen Jungkuckuck mit
der für ihn geeigneten Nahrung versorgen.
Darüber hinaus muss es genügend Wirtsvögel geben, denn ein Kuckuckweibchen
muss zwölf und mehr Eier legen, um seine Art auf Dauer zu erhalten.
Der Kuckucksruf ist ein Reviergesang
und dient mit anderen Rufen dem Kontakt
zum Weibchen. Paare bilden sich möglicherweise nur für einen Tag; mehrere
Männchen und Weibchen verkehren
gleichzeitig in einem Revier. Es herrscht
also Promiskuität.
Im Ansitz und auch im Suchflug beobachtet das Weibchen die zu Brutbeginn
durch die Aktionen des Männchens beunruhigten Wirtsvögel. Sekundenschnell wird
dann das Ei abgelegt, wenn die zukünftigen
Stiefeltern gerade nicht am Nest sind. Oft
bedient sich das Weibchen auch noch am
Gelege des Wirtsvogels und verschluckt ein
Ei oder trägt es davon.
Kuckucksweibchen zeigen eine ausgesprochene Wirtsprägung. Denn
wenn ihr Ei nicht in Größe, Färbung und Musterung den Wirtsvogeleiern
angepasst ist, kann es auch wieder aus dem Nest geworfen werden. Ist der
Jungvogel erfolgreich geschlüpft, wird er im frühen Nestlingsalter auf den
Wirtsvogel geprägt.
Die Bildung eines legereifen Kuckuckseis dauert vier bis fünf Tage. Es
kann im Eileiter bis zur Ablage zurückgehalten werden; hier beginnt
manchmal sogar schon die Embryonalentwicklung. Die Brutzeit dauert
meist zwölf Tage, dann schlüpft der kleine Kuckuck.
Was sich dann im Nest abspielt, ist dem Jungvogel angeboren:
Berührungsreize am Rücken und an den Seiten lassen den wenige Stunden
alten Kuckuck empfindlich reagieren. Er duckt sich tief unter die im Nest
liegenden Eier oder Nestgeschwister, stützt sich mit den Flügeln in der
Beckengegend ab, stemmt den Kopf gegen den Nestboden und schiebt Eier
und Nestlinge mit dem Hinterrücken über den Nestrand. Schließlich hockt
der Jungkuckuck allein im kleinen Nest; jetzt verfügt er auch über genügend
Platz.
Der Jungkuckuck muss gefüttert werden
und signalisiert das durch Aufsperren seines
großen Schnabels. Damit reagiert er instinktiv
auf Erschütterungen und akustische Reize.
Der leuchtend orangerote Rachen ist wiederum auch Reiz für die fütternden Stiefeltern.
Die Fütterung mit Insekten, vor allem mit
Schmetterlingsraupen lässt die Jungkuckucke
schnell heranwachsen. Sie verlassen nach zwei
Wochen das Nest und sind nach drei bis vier
Wochen schon selbstständig.
15
RZ_Kuckuck innen-1.8
08.08.2007
12:00 Uhr
Page 16
RUFE UND GESANG
Kuckuck, Kuckuck ruft´s aus dem Wald
Kinderlieder
Der Kuckuck zählt nicht zu den Singvögeln. Diese systematische Einordnung hat
aber nichts mit seinem Ruf zu tun. Rufen hört man in der Regel nur die Männchen, vor
allem ihren Reviergesang im Mai und Juni. Zweisilbig ertönt ein „gu-kuh“ in unterschiedlicher Tonhöhe. Bei Erregung überschlagen sich die Kuckuckrufe gelegentlich und
klingen mehrsilbig. Ein heiseres „Hach hachhach“ erklingt bei der Verfolgung eines
Weibchens. Weitere Töne komplettieren das Rufrepertoire des Kuckucks.
Der Kuckuck ist nicht der einzige Vertreter der heimischen Vogelwelt, dessen Name
die lautmalerische Übernahme seines typischen Rufes darstellt. Es gibt viele Vögel,
deren Namen man mehr oder weniger deutlich in ihrem Ruf wiedererkennen kann,
dazu gehören
◆ Fink
◆ Rabe
◆ Girlitz
◆ Schwirl
◆ Kiebitz
◆ Stieglitz
◆ Knäkente
◆ Turteltaube
◆ Krähe
◆ Uhu
◆ Krickente
◆ Zilpzalp
Auf einem Baum ein Kuckuck
Manchmal führte der Ruf auch zum lateinischen Namen
der Vögel, wie beim Crex (Wachtelkönig), beim Upupa
(Wiedehopf) oder bei der Lullula (Heidelerche).
Auf einem Baum ein Kuckuck
Der Kuckuck und der Esel, die hatten einen Streit,
Sim sa la bim bam bas a la du sa la dim
wer wohl am besten sängen, wer wohl am besten sänge,
Auf einem Baum ein Kuckuck saß.
zur schönen Maienzeit, zur schönen Maienzeit.
Da kam ein junger Jäger
Der Kuckuck sprach: „Das kann ich!“,
Sim sa la bim bam bas a la du sa la dim
und hub gleich an zu schreien,
Da kam ein junger Jägersmann.
Der schoss den armen Kuckuck
fiel gleich der Esel ein, fiel gleich der Esel ein.
Der schoss den armen Kuckuck tot.
Das klang so schön und lieblich, so schön von fern und nah,
Und als ein Jahr vergangen
sie sangen alle beide, sie sangen alle beide
Sim sa la bim bam ba sa la du sa la dim
„Kuckuck, kuckuck, i-ah, i-ah, kuckuck, kuckuck, i-ah.“
da war ein neuer Kuckuck
Sim sa la bim bam bas a la du sa la dim
da war ein neuer Kuckuck da.
Da freuten sich die Leute
Sim sa la bim bam bas a la du sa la dim
da freuten sich die Leute sehr.
15
„Ich aber kann es besser, ich aber kann es besser!“,
Sim sa la bim bam bas a la du la dim
Und als ein Jahr vergangen war,
◆ Pirol
16
Der Kuckuck und der Esel
RZ_Kuckuck innen-1.8
08.08.2007
12:00 Uhr
Page 18
DER ZUGVOGEL
10.000 Kilometer hin und zurück
Der Kuckuck ist ein typischer Zugvogel, dem es bei uns im
Herbst und Winter an der nötigen Insektennahrung fehlen
würde. Seine Überwinterungsgebiete liegen größtenteils südlich des Äquators. Damit zählt er zu den Langstreckenziehern unter den Zugvögeln, der hin und zurück zwischen
8.000 und 12.000 Kilometer Flugstrecke auf sich nimmt. Ein
kleinerer Teil zieht nur bis Westafrika. Vermutlich sind dies
Vögel von der Iberischen Halbinsel und aus Nordafrika. Altund Jungvögel verlassen Deutschland ab Anfang August und
kehren im Normalfall in der
zweiten Aprilhälfte zurück.
Innerhalb von Deutschland
rücken sie dabei mit etwa 50
Kilometern pro Tag von
Süden nach Norden vor.
Der Heimzug kann sich in
manchen Jahren bis Ende
Mai hinziehen. Wie viele
andere Langstreckenzieher
zieht auch der Kuckuck
überwiegend nachts.
RZ_Kuckuck innen-1.8
08.08.2007
12:00 Uhr
Page 20
GEFÄHRDUNG
Leben in Vielfalt - strukturreiche Landschaften sind für
den Kuckuck lebenswichtig.
Schutz und Hilfe
Schutzmaßnahmen für den Kuckuck
sind weniger als bei manch anderen Jahresvögeln an einen speziellen Lebensraum
gebunden. Der Kuckuck profitiert von
einer reichhaltig strukturierten, giftfreien
Kulturlandschaft mit hoher Biodiversität.
Hier stehen ihm genügend Wirtsvögel und
genügend Insekten als Nahrung zur Verfügung. Darüber hinaus ist der Erhalt großer
Schutzgebiete, wie beispielsweise der Lüneburger Heide, wichtig.
Eine Ursache für die Gefährdung des Kuckucks ist der Mangel an
Wirtsvögeln. Gehen beispielsweise in einem Gebiet, in dem der Teichrohrsänger als Kuckuckswirt bevorzugt wird, Schilfbestände und damit
Brutmöglichkeiten für diese Art verloren, wird sich das auf den Bestand
der Kuckucke auswirken.
Eine zweite Gefährdungsursache ist der Mangel an Nahrung. Wenn
durch Insektizide und Herbizide das Angebot an (Groß-)Insekten wie
Schmetterlinge, deren Raupen wiederum auf verschiedene Futterpflanzen angewiesen sind, stark eingeschränkt wird, führt dies zwangsläufig
zum Rückgang der Kuckuckspopulationen.
21
RZ_Kuckuck innen-1.8
08.08.2007
12:01 Uhr
Page 22
INFORMATIONEN
Literatur
Bauer, H.G., W. Fiedler & E. Bezzel (2006): Das Kompendium der Vögel Mitteleuropas. 2. Auflage, AULA-Verlag.
Glutz von Blotzheim, U. N. (1980): Kuckucke, in: Handbuch der Vögel Mitteleuropas. Akademische Verlagsanstalt.
Hölzinger, J. & U. Mahler (2001): Die Vögel Baden-Württembergs, NichtSingvögel 3. Ulmer-Verlag.
Lieckfeld, C.-P. & V. Straaß (2002): Mythos Vogel. BLV-Verlagsgesellschaft.
Makatsch, W. (1955): Der Brutparasitismus in der Vogelwelt. Neumann-Verlag, Radebeul, Berlin.
Meerwarth, H. & K. Soffel (1910): Lebensbilder aus der Tierwelt – Vögel.
Voigtländer-Verlag.
22
Experten
NABU
Dr. Markus Nipkow
Referent für Ornithologie und Vogelschutz
Charitéstraße 3
10117 Berlin
E-Mail: NABU@NABU.de
Internet: www.NABU.de
NABU-Bundesfachausschuss Ornithologie und Vogelschutz
Heinz Kowalski
Wallstraße 16
51702 Bergneustadt
E-Mail: Kowalski.Ornithologie@t-online.de
LBV
Uli Lanz
Referent für Ornithologie und Vogelschutz
Eisvogelweg 1
91161 Hilpoltstein
E-Mail: Info@LBV.de
Internet: www.LBV.de
23
RZ_Kuckuck innen-1.8
28.08.2007
9:45 Uhr
Page 24
NABU VOR ORT
NABU Baden-Württemberg
Tübinger Straße 15, 70178 Stuttgart
Telefon: 07 11.9 66 72-0, Telefax: 07 11.9 66 72-33
E-Mail: NABU@NABU-BW.de
Internet: www.NABU-BW.de
NABU Niedersachsen
Alleestraße 36, 30167 Hannover
Telefon: 05 11.9 11 05-0, Telefax: 05 11.9 11 05-40
E-Mail: Info@NABU-Niedersachsen.de
Internet: www.NABU-Niedersachsen.de
NABU-Partner Bayern - Landesbund für Vogelschutz (LBV)
Eisvogelweg 1, 91161 Hilpoltstein
Telefon: 0 91 74.47 75-0, Telefax: 0 91 74.47 75-75
E-Mail: Info@LBV.de
Internet: www.LBV.de
NABU Nordrhein-Westfalen
Merowingerstraße 88, 40225 Düsseldorf
Telefon: 02 11.15 92 51-0, Telefax: 02 11.15 92 51-15
E-Mail: Info@NABU-NRW.de
Internet: www.NABU-NRW.de
NABU Berlin
Wollankstraße 4, 13187 Berlin
Telefon: 0 30.9 86 08 37-0, Telefax: 0 30.9 86 70 51
E-Mail: LvBerlin@NABU-Berlin.de
Internet: www.Berlin.NABU.de
NABU Rheinland-Pfalz
Frauenlobstraße 15-19, 55118 Mainz
Telefon: 0 61 31.1 40 39-0, Telefax: 0 61 31.1 40 39-28
E-Mail: Kontakt@NABU-RLP.de
Internet: www.NABU-RLP.de
NABU Brandenburg
Lindenstraße 34, 14467 Potsdam
Telefon: 03 31.2 01 55-70, Telefax: 03 31.2 01 55-77
E-Mail: Info@NABU-Brandenburg.de
Internet: www.NABU-Brandenburg.de
NABU Saarland
Antoniusstraße 18, 66822 Lebach
Telefon: 0 68 81.9 36 19-0, Telefax: 0 68 81.9 36 19-11
E-Mail: LGS@NABU-Saar.de
Internet: www.NABU-Saar.de
NABU Bremen
Contrescarpe 8, 28203 Bremen
Telefon: 04 21. 3 39 87 72, Telefax: 04 21.33 65 99 12
E-Mail: Info@NABU-Bremen.de
Internet: www.NABU-Bremen.de
NABU Hamburg
Osterstraße 58, 20259 Hamburg
Telefon: 040.69 70 89-0, Telefax: 040.69 70 89-19
E-Mail: NABU@NABU-Hamburg.de
Internet: www.NABU-Hamburg.de
NABU Hessen
Friedenstraße 26, 35578 Wetzlar
Telefon: 0 64 41.6 79 04-0, Telefax: 0 64 41.6 79 04-29
E-Mail: Info@NABU-Hessen.de
Internet: www.NABU-Hessen.de
NABU Mecklenburg-Vorpommern
Zum Bahnhof 24, 19053 Schwerin
Telefon: 03 85.7 58 94-81, Telefax: 03 85.7 58 94-98
E-Mail: LGS@NABU-MV.de
Internet: www.NABU-MV.de
NABU Sachsen
Löbauer Straße 68, 04347 Leipzig
Telefon: 03 41.23 33 13-0, Telefax: 03 41.23 33 13-3
E-Mail: Landesverband@NABU-Sachsen.de
Internet: www.NABU-Sachsen.de
NABU Sachsen-Anhalt
Schleinufer 18a, 39104 Magdeburg
Telefon: 03 91.5 61 93-50, Telefax: 03 91.5 61 93-49
E-Mail: Mail@NABU-LSA.de
Internet: www@NABU-LSA.de
NABU Schleswig-Holstein
Färberstraße 51, 24534 Neumünster
Telefon: 0 43 21.5 37 34, Telefax: 0 43 21.59 81
E-Mail: Info@NABU-SH.de
Internet: www.NABU-SH.de
NABU Thüringen
Leutra 15, 07751 Jena
Telefon: 0 36 41.60 57 04, Telefax: 0 36 41.21 54 11
E-Mail: LGS@NABU-Thueringen.de
Internet: www.NABU-Thueringen.de
13.08.2007
8:51 Uhr
Page 2
IMPRESSUM
© NABU Bundesverband
NABU – Naturschutzbund Deutschland e.V.
Internet: www.NABU.de
NABU-Bundesgeschäftsstelle
Charitéstraße 3
10117 Berlin
Telefon: 0 30.28 49 84-0
Telefax: 0 30.28 49 84-20 00
E-Mail: NABU@NABU.de
Text: Heinz Kowalski, Markus Nipkow, Helmut Opitz, Hans-Jürgen Stork
Redaktion: K2. agentur für kommunikation, www.K2-kommunikation.de
Gestaltung: Cornelia Berner, www.conniberner.de
Druck: Druckpunkt Offset (8/2007), gedruckt auf 100 % Recyclingpapier
Bildnachweis: Titelseite, U3: D.Kjaer/rspb-images; S.1: C.Gomersall/rspb-images;
S.2,18: naturfoto.cz/J.Bohdal; S.3,8,9 unten, 14,21: Fotonatur.de/H.-W.Grömping,
S. 4/5: M. Schäf, S. 6 oben: Fotonatur.de/S. Morsch, S. 6 unten, 7, 10, 11 unten,
17 oben, 20, 21 unten, 22: Photocase.com; S. 9 oben: A. Klein; S. 11 oben, 12 unten,
16, 17 unten: M. Delpho, S. 12 oben: M. Hamblin/rspb-images, S. 13: Pixelio.de,
S. 14/15 oben: D. Nill, S. 15 unten: Fotonatur.de/H. Duty, S. 23: NABU
Art.Nr. 1901
uckuck
uckuck
13.08.2007
8:51 Uhr
Page 1
DER
Kuckuck, Kuckuck ruft´s aus dem Wald
Fast jeder kennt den Kuckuck aus Kinderliedern, aber
gehört oder gar gesehen haben ihn die wenigsten.
Deshalb haben NABU und LBV es sich zur Aufgabe
gemacht, auf den Kuckuck, den Vogel des Jahres 2008,
aufmerksam zu machen und seine Lebensweise vorzustellen. Wie funktioniert der Brutparasitismus? Welche
Lebensräume bevorzugt der Kuckuck und welche Gefahren drohen ihm? Antworten und weitere Informationen finden Sie in dieser Broschüre.
KUCKUCK
Vogel des Jahres 2008