Schweißprozessentwicklung für faserverstärkte Kunststoff

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Schweißprozessentwicklung für faserverstärkte Kunststoff
URBAN GmbH & Co Maschinenbau KG
SKZ – Das Kunststoff-Zentrum
SKZ - KFE gGmbH
Schweißprozessentwicklung
für faserverstärkte Kunststoff-Fensterprofile
unter ökologischen Gesichtspunkten
Abschlussbericht über ein Forschungsprojekt,
gefördert unter dem Az: 29146 - 21/2
von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt
von
Wolfgang Tesch (URBAN)
Dr. Benjamin Baudrit (SKZ)
Dipl.-Volksw. Oliver Stübs (SKZ)
Würzburg, Juni 2012
Bezugsquelle des Forschungsberichts:
SKZ - KFE gGmbH
Friedrich-Bergius-Ring 22
97076 Würzburg
kfe@skz.de
0931 4104-411
URBAN GmbH & Co Maschinenbau KG
SKZ – Das Kunststoff-Zentrum
SKZ - KFE gGmbH
Schweißprozessentwicklung
für faserverstärkte Kunststoff-Fensterprofile
unter ökologischen Gesichtspunkten
Abschlussbericht über ein Forschungsprojekt,
gefördert unter dem Az: 29146 - 21/2
von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt
von
Wolfgang Tesch (URBAN)
Dr. Benjamin Baudrit (SKZ)
Dipl.-Volksw. Oliver Stübs (SKZ)
Würzburg, Juni 2012
06/02
Projektkennblatt
der
Deutschen Bundesstiftung Umwelt
Az
29146
Antragstitel
Stichworte
Laufzeit
12 Monate
Zwischenberichte
Referat
21/2
123.500,00 €
Fördersumme
Schweißprozessentwicklung für faserverstärkte Kunststoff-Fensterprofile
unter ökologischen Gesichtspunkten
Schweißen, Fenster, Kunststoff, Faserverstärkung, Heizelement, Infrarot
Projektbeginn
12.04.2011
21.07.2011
Projektende
11.04.2012
Projektphase(n)
Bewilligungsempfänger URBAN GmbH & Co Maschinenbau KG
Dornierstr. 5
87700 Memmingen
Tel
08331 858 - 430
Fax
- 170
Projektleitung
Herr Wolfgang Tesch
Bearbeiter
-
Kooperationspartner
SKZ - KFE gGmbH
Kunststoff-Forschung und -Entwicklung
Friedrich-Bergius-Ring 22
97076 Würzburg
Zielsetzung und Anlass des Vorhabens
Im Rahmen dieses Forschungsvorhabens sollte die Schweißbarkeit neuartiger Hochleistungsverbundwerkstoffe für den Fensterbau untersucht werden. Dies sind faserverstärkte Kunststoffe (FVK), auf deren
Basis bereits erste Profilsysteme am Markt verfügbar sind. Durch den geringeren Wärmedurchgangskoeffizienten im Vergleich zu konventionellen PVC-Fenstern können deutliche Energieeinsparpotenziale in
der Nutzenphase realisiert werden. Neben der Energieeinsparung bietet der Einsatz von faserverstärkten
Materialien weitere ökologische Vorteile gegenüber konventionellen PVC-Profilen: Zum einen wird das
Fenstergewicht signifikant reduziert, was unmittelbare Auswirkungen in der Wertschöpfungskette hat.
Zum anderen eröffnen sich für Fenster durch FVK neue gestalterische Möglichkeiten, da wesentlich
schlankere Konstruktionen bei gleicher Steifigkeit möglich sind. Durch die somit größere Glasfläche
steigen die solaren Wärmegewinne.
Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten Methoden
Zur Untersuchung der Schweißeignung von faserverstärkten Fensterprofilen mussten zahlreiche
Schweißversuche durchgeführt werden. Hierbei galt es, die Prozessführung an das im Vergleich zu
unverstärktem PVC teilweise stark unterschiedliche rheologische Materialverhalten der faserverstärkten
thermoplastischen Werkstoffe anzupassen. Die hergestellten Schweißverbindungen mussten bzgl.
mechanischer Festigkeit, thermoanalytischer Materialkennwerte und ästhetischer Aspekte charakterisiert
werden. Daneben stellte teilweise das abrasive Verhalten der Fasern eine Problematik bzgl. der
Heizelementbeschichtungen dar. Hierzu sollte alternative Beschichtungen eingesetzt und ggf. nach
Umweltkriterien bewertet werden. Die Untersuchung der Einsatzmöglichkeiten berührungsloser
Schweißverfahren (Erwärmung durch Infrarotstrahlung) für diesen speziellen Anwendungsfall war
ebenfalls vorgesehen. Der Einsatz von faserverstärkten Fensterprofilen sollte durch die Entwicklung bzw.
Adaptierung, Modifizierung und Optimierung der erforderlichen Fügetechnologie entscheidend voran
getrieben werden. Die entsprechenden Profile und Materialien sollten nach Beendigung der
Forschungsarbeit ebenso wirtschaftlich und qualitätssicher geschweißt werden können, wie die aktuell
marktführenden PVC-Fensterprofile. Darüber hinaus wurde das Forschungsvorhaben durch eine
Bewertung der Umweltwirkungen der Fügeverfahren bei unterschiedlichen faserverstärkten Werkstoffen
für Fensteranwendungen vervollständigt. Beides sollte dem deutschen Fenstermarkt zu mehr
Innovationskraft sowie interessanten, energiesparenden Fensterkonzepten verhelfen und somit die
nationale und internationale Wettbewerbsfähigkeit steigern.
Deutsche Bundesstiftung Umwelt
An der Bornau 2
49090 Osnabrück
Tel 0541/9633-0
Fax 0541/9633-190
http://www.dbu.de
Ergebnisse und Diskussion
Das Heizelementstumpfschweißen ist aus technischer Sicht ein gut geeignetes Schweißverfahren
sowohl für vollarmierte Fensterprofile aus glasfaserverstärktem PVC (PVC-GF) als auch für Profile mit
Armierungsstegen aus glasfaserverstärktem PBT (PBT-GF), wobei das PBT-GF-Material besondere
Beachtung bzgl. Prozessführung und Verschleiß erfordert: Während die Prozessführung durch die
materialgerechte Parameterwahl gut optimiert werden konnte, wurde ein höherer Verschleiß der
Heizelementbeschichtung beobachten. Mittels Infrarotschweißen konnten gute Schweißnahtfestigkeiten
bei unverstärktem PVC und PVC-GF erreicht werden. Das PBT-GF konnte aufgrund der geringeren
erzeugbaren Schmelzeschichtdicke und teilweise Materialdegradation durch die IR-Strahlung im
betrachteten Versuchsumfang nicht verbunden werden, was allerdings keinen nennenswerten Einfluss
auf die resultierende Eckfestigkeit hatte.
Um die IR-Strahlung nur auf bestimmte Bereiche zu fokussieren bzw. sie je nach Material zu dosieren,
können Blenden eingesetzt werden, um das IR-Schweißverfahren für Fensterprofile grundsätzlich und
insbesondere mit faserverstärkten Materialanteilen sinnvoll anwendbar zu machen. Auf Basis der
Datenerhebung der relevanten Eingangsgrößen Verschleiß, Energieverbrauch, Emissionen und Kosten
wurde eine ökologische und ökonomische Bewertung der beiden Schweißverfahren HS und IR mit
Bezug zum Schweißen faserverstärkter Fensterprofile durchgeführt.
Unter den getroffenen Annahmen und auf Basis der empirisch ermittelten Daten ist das IR-Verfahren aus
ökologischer Sicht für das Schweißen von faserverstärkten Fensterprofilen zu bevorzugen. Die
ökonomischen Unterschiede der beiden Schweißverfahren ergeben sich aus Investitions-, Verschleiß-,
Energie- und Lohnkosten. Das IR-Verfahren ist insgesamt dank des geringen Verschleißes, des
niedrigen Energieverbrauchs und der kurzen Schweißzeit als deutlich wirtschaftlicher anzusehen.
Allerdings muss noch dieses Verfahren technologisch für die Fensterbranche adaptiert werden und die
resultierende Schweißnahtqualität praxisrelevant überprüft.
Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation
Die Ergebnisse des Vorhabens werden nach Absprache zwischen den Kooperationspartnern
interessierten Unternehmen zur Verfügung gestellt. Weiterhin bietet das SKZ als eine der größten Ausund Weiterbildungseinrichtungen Europas auf dem Kunststoffsektor die Gewähr für Verbreitung und
gezielte Umsetzung der erarbeiteten Forschungsergebnisse. Diese werden in den alljährlich
stattfindenden Fachtagungen, Lehrgängen und Seminaren in sämtliche Hierarchien der Unternehmen
getragen (z. B. Lehrgänge zum Schweißen von Fensterprofilen, Kunststofffenster-Kongress, Würzburger
Schweißertage, etc.). Die Ergebnisse dieser Forschungsarbeit werden ebenfalls in die akademische
Lehre der Universität Würzburg sowie der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt übernommen. Neben
den genannten Veranstaltungen sind weiterhin zahlreiche Veröffentlichungen in Fachzeitschriften
vorgesehen. Bereits vor Ablauf dieses Forschungsvorhabens konnte am SKZ ein weiterführendes
öffentliches Forschungsprojekt zum Thema „Infrarotschweißen von PVC-Fensterprofilen“ initiiert und im
März 2012 gestartet werden. Dieses Vorhaben (IGF-Nr. 17414N) wird von mehr als 20 Unternehmen der
Kunststofffensterbranche unterstützt, baut auf den gewonnenen Erkenntnissen der hier behandelten
Untersuchungen auf und soll der IR-Schweißtechnologie für Kunststofffensterprofile – nicht nur für
faserverstärkte Profile – zur technisch, wirtschaftlich und nicht zuletzt ökologisch sinnvollen
Anwendbarkeit verhelfen.
Fazit
Für die immer häufiger am Markt anzutreffenden faserverstärkten Kunststoff-Fensterprofile ist das aktuell
etablierte Verfahren Heizelementstumpfschweißen prinzipiell geeignet. Das Infrarotschweißverfahren
bietet allerdings ein erhebliches Potenzial zur wirtschaftlichen und ökologischen Verbesserung des
Fertigungsprozesses von energiesparenden faserverstärkten Kunststoff-Fenstern gegenüber dem Stand
der Technik (Heizelementstumpfschweißen). Den beachtlichen Chancen dieses Verfahrens stehen
jedoch auch diverse Herausforderungen und Risiken gegenüber, die in weiteren Untersuchungen vor
einem industriellen Einsatz des Infrarotschweißens geklärt werden müssen. Hierzu zählen die technische
Umsetzbarkeit in der Praxis, die Sicherung einer ausreichenden Schweißnahtqualität sowie die
Vermeidung von direkten Emissionen im Schweißprozess.
Deutsche Bundesstiftung Umwelt
An der Bornau 2
49090 Osnabrück
Tel 0541/9633-0
Fax 0541/9633-190
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I
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung ................................................................................................................................................. 8
2. Versuchsmaterialien .............................................................................................................................. 10
3. Durchführung von Schweißversuchen und Prüfungen ......................................................................... 11
3.1 Heizelementstumpfschweißen ........................................................................................................ 11
3.1.1
Ermittlung der mittels HS erreichbaren Kurzzeit-Zugschweißfaktoren .............................. 12
3.1.2
Ermittlung der mittels HS erreichbaren Eckfestigkeiten .................................................... 15
3.1.3
Künstliche Bewitterungstests und Farbmessungen........................................................... 19
3.1.4
Vergleich verschiedener Heizelementbeschichtungen ...................................................... 20
3.1.5
Zwischenfazit: Heizelementstumpfschweißen ................................................................... 21
3.2 Infrarotschweißen ............................................................................................................................ 22
3.2.1
Grundlegende Versuche zum Erwärm- und Aufschmelzverhalten .................................... 23
3.2.2
Umrüstung einer Standard-Schweißmaschine auf IR-Technologie .................................. 29
3.2.3
Schweißversuche auf der experimentellen IR-Schweißmaschine .................................... 30
3.2.4
Versuchsweise Ausrüstung einer Serienschweißmaschine mit IR-Technologie ............... 36
3.2.5
Zwischenfazit: Infrarotschweißen ...................................................................................... 37
4. Ökologische und ökonomische Bewertung der Schweißprozesse ....................................................... 38
4.1 Datenerhebung ................................................................................................................................ 38
4.1.1
Verschleiß .......................................................................................................................... 38
4.1.2
Energieverbrauch............................................................................................................... 40
4.1.3
Emissionen ........................................................................................................................ 41
4.1.4
Kosten ................................................................................................................................ 46
4.2 Ökologische Bewertung .................................................................................................................. 47
4.2.1
Ökologische Bilanzierung auf Basis von Verschleiß und Energieverbrauch ..................... 47
4.2.2
Toxikologische Bewertung ................................................................................................. 49
4.3 Ökonomische Bewertung ................................................................................................................ 52
5. Fazit der Untersuchungen ..................................................................................................................... 55
6. Maßnahmen zur Verbreitung der Vorhabensergebnisse ...................................................................... 57
7. Literatur ................................................................................................................................................. 58
8. Anhang .................................................................................................................................................. 60
2
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Querschnitt des faserverstärkten Fensterprofils „Energeto“ ................................................. 10
Abbildung 2: Querschnitt des faserverstärkten Fensterprofils „Geneo“ ..................................................... 10
Abbildung 3: Prinzipieller Verfahrensablauf beim Heizelementstumpfschweißen
von PVC-Fensterprofilen nach DVS 2207-25 [DVS89]...................................................... 11
Abbildung 4: Stumpfschweißen von Fensterprofilen für die Entnahme von Zugprobekörpern .................. 12
Abbildung 5: Entnahmepositionen für Zugstäbe aus PVC (Energeto) (1), PBT-GF (Energeto) (2) und
PVC-GF (Geneo) (3) .......................................................................................................... 12
Abbildung 6: Entnahme von Zugstäben mittels Fräse und entnommene Probekörper ............................. 12
Abbildung 7: Zugfestigkeiten der Grundmaterialien (PVC, PVC-GF und PBT-GF) und
HS-Schweißungen mit Startparametern sowie entsprechende KurzzeitZugschweißfaktoren ........................................................................................................... 13
Abbildung 8: Zugfestigkeiten der Schweißungen mit angepassten Parametern (vgl. Tabelle 2)
gegenüber Grundmaterial- und Startparameterfestigkeit beim HS
von reinem PBT-GF (Energeto) ......................................................................................... 14
Abbildung 9: Prüfanordnung für die Eckfestigkeit mit Wagengerät (a = 400 mm) [DVS89] ....................... 15
Abbildung 10: Bis zum Bruch belastete Eckverbindung auf Universalprüfmaschine ZWICK 1475 ........... 15
Abbildung 11: Heizelementstumpfschweißen einer Eckverbindung (URBAN AKS1200/1) ....................... 15
Abbildung 12: Eckfestigkeiten der Schweißungen mit angepassten Parametern (vgl. Tabelle 3)
gegenüber Mindestfestigkeit (FSoll) und Startparameterfestigkeit beim HS
von Geneo-Profilen ............................................................................................................ 16
Abbildung 13: Eckfestigkeiten der Schweißungen mit angepassten Parametern (vgl. Tabelle 4)
gegenüber Mindestfestigkeit (FSoll) und „Startparameterfestigkeit“ beim HS
von Energeto-Profilen ........................................................................................................ 18
Abbildung 14: Energeto-Profil mit zurückgefrästen PBT-GF-Stegen (1) vor dem Schweißen ................... 18
Abbildung 15: Schematischer Ablauf einer IR-Schweißung mit Druck- und Wegverlauf ........................... 22
Abbildung 16: Emissionsspektren verschiedener IR-Strahler [Her10] ....................................................... 22
Abbildung 17: Links: Prinzip-Zeichnung des IR-Teststands; Rechts: Labor-Aufbau mit Teststand (1),
Profil-Probekörper (2), Leistungssteller (3) und Funktionsgenerator (4) ........................... 23
Abbildung 18: Einfluss der Strahleranordnung auf Temperaturverteilung und Materialzustand.
Oben: Enge Strahleranordung, inhomogene Temperaturverteilung und folglich lokale
thermische Materialschädigungen (Abstand Profil – Strahler = 35 mm;
Leistung = 100 %; Anwärmzeit = 10 s). Unten: Breiteres Strahlerfeld,
homogenere Temperaturverteilung und kaum geschädigtes Material
(Abstand Profil – Strahler = 45 mm; Leistung = 100 %; Anwärmzeit = 15 s) .................... 25
Abbildung 19: Anschmelzen eines Profilabschnittes durch IR-Strahler (links) und Ermittlung
der Schmelzeschichtdicke an äußerer Profilwand durch Eindringen
eines PEEK-Keils (rechts) .................................................................................................. 25
Abbildung 20: Versuchsaufbau zur Schmelzeschichtmessung. Links: IR-Strahler (1) und
Probenplättchen in Erwärmposition (2). Rechts: Probenplättchen
nach Schmelzeverdrängung (3) ......................................................................................... 26
Abbildung 21: Schmelzeschichtdicken an PVC-GF-Material (Geneo-Profil) bei 100 % Strahlerleistung
in Abhängigkeit von der Anwärmzeit bei verschiedenen Abständen ................................. 27
3
Abbildung 22: Schmelzeschichtdicken an PVC-GF-Material (Geneo-Profil) bei 100 % Strahlerleistung
in Abhängigkeit vom Abstand bei verschiedenen Anwärmzeiten ....................................... 27
Abbildung 23: Schmelzeschichtdicken an PVC-GF-Material (Geneo-Profil) bei 50 % Strahlerleistung
in Abhängigkeit von der Anwärmzeit bei verschiedenen Abständen .................................. 27
Abbildung 24: Schmelzeschichtdicken an PVC-GF-Material (Geneo-Profil) bei 20 mm Strahlerabstand
in Abhängigkeit von der Anwärmzeit bei verschiedenen Leistungen ................................. 27
Abbildung 25: Schmelzeschichtdicken an PVC-Material (Energeto-Profil) bei 10 mm Strahlerabstand
in Abhängigkeit von der Anwärmzeit bei verschiedenen Leistungen ................................. 28
Abbildung 26: Schmelzeschichtdicken an PVC-Material (Energeto-Profil) bei 20 mm Strahlerabstand
in Abhängigkeit von der Anwärmzeit bei verschiedenen Leistungen ................................. 28
Abbildung 27: Schmelzeschichtdicken an PBT-GF-Material (Energeto-Profil) bei 10 mm
Strahlerabstand in Abhängigkeit von der Anwärmzeit bei verschiedenen Leistungen ....... 28
Abbildung 28: Schmelzeschichtdicken an PBT-GF-Material (Energeto-Profil) bei 50 % Strahlerleistung
in Abhängigkeit von der Anwärmzeit bei verschiedenen Abständen .................................. 28
Abbildung 29: Experimentelle Einkopf-IR-Schweißmaschine URBAN AKS1150-IR für Fensterprofile ...... 29
Abbildung 30: IR-Stumpfschweißungen (hergestellt auf AKS1150-IR). Links: „Ausbeulung“
neben der Schweißnaht aufgrund zu tiefer Erwärmung durch seitliche Einstrahlung.
Rechts: Ablagerung in der PVC-Schweißnaht wegen Materialschädigung........................ 31
Abbildung 31: Grundmaterialfestigkeit des Energeto PVC-Materials, Zugfestigkeit
einer HS-Schweißung bei Startparametern und ermittelte Zugfestigkeiten
von IR-Schweißungen gemäß den Parametern aus Tabelle 9 sowie
die entsprechenden Kurzzeit-Zugschweißfaktoren ............................................................ 32
Abbildung 32: Grundmaterialfestigkeit des Geneo PVC-GF, Zugfestigkeit einer HS-Schweißung
bei Startparametern und ermittelte Zugfestigkeiten von IR-Schweißungen gemäß den
Parametern aus Tabelle 10 sowie die entsprechenden Kurzzeit-Zugschweißfaktoren ..... 33
Abbildung 33: Experimentell hergestellte Blenden (Quarzglasplatten mit partieller Aluminiumbeschichtung) für Schweißversuche mit dem Energeto-Profil auf der AKS1150-IR .......... 34
Abbildung 34: Eingebaute und justierte Quarzglas-Blenden für das Energeto-Profil auf der AKS1150
vor (links) und während (rechts) dem Schweißen .............................................................. 34
Abbildung 35: Grundmaterialfestigkeit des Energeto PVC-Materials, Zugfestigkeit einer HSSchweißung bei Startparametern und ermittelte Zugfestigkeiten von IR-Schweißungen
gemäß den Parametern aus Tabelle 11 (mit Blenden) sowie entsprechende KurzzeitZugschweißfaktoren............................................................................................................ 35
Abbildung 36: Vierkopf-Schweißmaschine AKS6610 in Standardausführung (HS)
mit vier Heizelementen (links) und ausgestattet mit IR-Strahlermodulen (rechts) ............. 36
Abbildung 37: Schematische Darstellung der durch ökologische und ökonomische Bewertungen
zu vergleichenden Prozesse ............................................................................................... 38
Abbildung 38: HCl-Emissionsmessung bei der IR-Erwärmung von Fensterprofilproben (1)
mit IR-Strahlern (2) und Probenahme durch HCl-Prüfröhrchen (3) und Handpumpe (4) ... 42
Abbildung 39: Messung der flüchtigen organischen Verbindungen beim Schweißen
von Fensterprofilen mittels VOC-Messgerät an der IR-Schweißmaschine AKS1150-IR
(links) und VOC-Messgerät „MiniRAE Lite“ (rechts) ........................................................... 43
Abbildung 40: Ergebnisse der VOC-Messungen beim Schweißen von Standard-Weißprofilen ................. 44
Abbildung 41: Ergebnisse der VOC-Messungen beim Schweißen von Geneo-Profilen ............................ 44
4
Abbildung 42: Ergebnisse der VOC-Messungen beim Schweißen von Energeto-Profilen ........................ 44
Abbildung 43: Gas-Chromatogramm der Dichtungs-Materialprobe aus dem Standard-Weißprofil ........... 45
Abbildung 44: Gas-Chromatogramm der Dichtungs-Materialprobe aus dem Geneo-Profil ....................... 45
Abbildung 45: Gas-Chromatogramm der Dichtungs-Materialprobe aus dem Energeto-Profil ................... 45
Abbildung 46: Beiträge der bilanzierten Teil-systeme (Energieverbrauch und Heizelementbeschichtung) zu den Umweltwirkungen beim HS; Schweißfolienwechsel
nach 400 Schweißungen ................................................................................................... 48
Abbildung 47: Beiträge der bilanzierten Teil-systeme (Energieverbrauch und Heizelementbeschichtung) zu den Umweltwirkungen beim HS; Schweißfolienwechsel
nach 100 Schweißungen ................................................................................................... 48
Abbildung 48: Beiträge der bilanzierten Teil-systeme (Energieverbrauch und IR-Strahler)
zu den Umweltwirkungen beim IR; Strahler-austausch nach 1,8 Mio. Schweißungen ..... 48
Abbildung 49: Beiträge der bilanzierten Teil-systeme (Energieverbrauch und IR-Strahler)
zu den Umweltwirkungen beim IR; Strahler-austausch nach 180.000 Schweißungen ..... 48
Abbildung 50: Ergebnisse der Ökobilanz der Schweißverfahren HS und IR mit verschiedenen
Szenarien im Vergleich (Relative Werte mit Bezug auf HS und Folienwechsel
nach 400 Schweißungen) .................................................................................................. 49
Abbildung 51: Ergebnisse der verwendeten Charakterisierungsmodelle in der Wirkungskategorie
Humantoxizität ................................................................................................................... 50
Abbildung 52: Ergebnisse der verwendeten Charakterisierungsmodelle in der Wirkungskategorie
Bodenökotoxizität ............................................................................................................... 50
Abbildung 53: Ergebnisse der verwendeten Charakterisierungsmodelle in der Wirkungskategorie
Süßwasserökotoxizität ....................................................................................................... 51
Abbildung 54: Ergebnisse der verwendeten Charakterisierungsmodelle in der Wirkungskategorie
Meeresökotoxizität ............................................................................................................. 51
Abbildung 55: Übersicht relativer Ergebnisse der verwendeten Charakterisierungsmodelle
zur Ableitung eines Trends ................................................................................................ 51
Abbildung 56: Vergleich der variablen Prozesskosten der Schweißverfahren für die Produktion von bis
zu 50.000 Fenstern (mit Rahmen und Flügel) bei verschiedenen Verschleiß-Szenarien . 53
Abbildung 57: Ergebnisse aus Abbildung 56 mit geänderten Achsenskalierungen zur verbesserten
Detail-Ansicht ..................................................................................................................... 53
Abbildung 58: Zusammensetzung der variablen Prozesskosten bei den verschiedenen betrachteten
Schweißverfahren und Verschleiß-Szenarien ................................................................... 54
5
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Startparameter für das Schweißen von PVC-Fensterprofilen nach SKZ ................................... 13
Tabelle 2: Schweißparameter zur Optimierung der Nahtfestigkeit beim HS von PBT-GF (Energeto) ....... 14
Tabelle 3: Schweißparameter zur Untersuchung der Eckfestigkeit beim HS von Geneo-Profilen ............. 16
Tabelle 4: Schweißparameter zur Untersuchung der Eckfestigkeit beim HS von Energeto-Profilen ......... 17
Tabelle 5: Probekörper für künstliche Bewitterung und Farbmessung ....................................................... 19
Tabelle 6: Spezifikationen der kurzwelligen Zwillingsrohr-IR-Strahler ........................................................ 24
Tabelle 7: Bewertungskriterien für IR-geschweißte Fensterprofile auf der AKS1150-IR ............................ 30
Tabelle 8: Fixe Schweißmaschineneinstellungen für die Schweißversuche auf der AKS1150-IR ............. 30
Tabelle 9: Variierte IR-Schweißparameter zur Herstellung von Zugprobekörpern
aus Energeto-Profilen (sonstige Parameter gemäß Tabelle 8) .......................................... 31
Tabelle 10: Variierte IR-Schweißparameter zur Herstellung von Zugprobekörpern
aus Geneo-Profilen (sonstige Parameter gemäß Tabelle 8) .............................................. 32
Tabelle 11: Variierte IR-Schweißparameter zur Herstellung von Zugprobekörpern aus EnergetoProfilen unter Einsatz von Quarzglasblenden (sonstige Parameter gemäß Tabelle 8) ..... 35
Tabelle 12: Masseanteile der einzelnen Bestandteile einer entsprechend dimensionierten PTFESchweißfolie für die beiden verwendeten HS-Schweißmaschinen der Fa. URBAN .......... 39
Tabelle 13: Masseanteile der einzelnen Bestandteile der IR-Strahler im Strahlermodul
der IR-Schweißmaschine AKS1150-IR............................................................................... 39
Tabelle 14: Gemessener Energieverbrauch pro Schweißvorgang für HS und IRbei bestimmten
Schweißbedingungen ......................................................................................................... 40
Tabelle 15: Wirkungskategorien bzw. Sachbilanzindikatoren nach der Methode CML 2001 ..................... 47
Tabelle 16: Verwendete Charakterisierungsmodelle zur toxikologischen Untersuchung indirekter
Emissionen [Goe09]............................................................................................................ 50
Tabelle 17: Wirkungskategorien zur Bewertung der Toxikologie ................................................................ 50
Tabelle 18: Geplante Maßnahmen zur Verbreitung der Vorhabensergebnisse.......................................... 57
6
Abkürzungsverzeichnis
A. U.
Az
CIE
Willkürliche (unskalierte) Einheit (engl.: „arbitrary unit“)
Aktenzeichen
Internationale Beleuchtungskommission
(franz.: „Commission internationale de l’éclairage“)
DALY
disability-adjusted life years
DHC
Dehydrochlorierungsverfahren
DSC
Differential Scanning Calorimetry
FVK
Faserverstärkte Kunststoffe
GC/MS Gaschromatograph mit Massenspektrometer-Kopplung
GM
Grundmaterial
HE
Heizelement
HS
Heizelementstumpfschweißen
IR
Infrarot bzw. Infrarotschweißen
Angleichdruck
pAG
PBT
PEEK
pF
Polybutylenterephthalat
Polyetheretherketon
Fügedruck
PID
PS
PVC
PVC-P
RAL
sAG
Photoionisationsdetektor
Strahlerleistung
Polyvinylchlorid
Weichgemachtes PVC (engl.: „plasticized PVC“)
Deutsches Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung e.V.
(Früher: Reichsausschuss für Lieferbedingungen)
Angleichweg
sF
Fügeweg
sS
Schweißweg (Maßzugabe)
tAG
Angleichzeit
tAW
Anwärmzeit
tF
Fügezeit
THE
tS
Heizelementtemperatur
Schweißzeit (Gesamtzeit)
tU
Umstellzeit
VOC
Flüchtige organische Verbindungen (engl.: „volatile organic compounds“)
7
Zusammenfassung
In diesem Vorhaben wurde die Schweißbarkeit von glasfaserverstärkten Kunststofffensterprofilen mittels Heizelementstumpfschweißen (HS) und Infrarotschweißen (IR) untersucht und eine
Bewertung dieser Verfahren unter ökologischen und ökonomischen Kriterien durchgeführt. Der
Einsatz von faserverstärkten Fensterprofilen sollte durch die Entwicklung bzw. Adaptierung,
Modifizierung und Optimierung der erforderlichen Fügetechnologie entscheidend voran
getrieben werden. Die entsprechenden Profile und Materialien sollten ebenso wirtschaftlich und
qualitätssicher geschweißt werden können, wie die aktuell marktführenden unverstärkten PVCFensterprofile. Das Forschungsvorhaben wurde durch eine Bewertung der Umweltwirkungen
der Fügeverfahren bei unterschiedlichen faserverstärkten Werkstoffen für Fensteranwendungen
vervollständigt. Beides hatte zum Ziel, dem deutschen Fenstermarkt zu mehr Innovationskraft
sowie interessanten, energiesparenden Fensterkonzepten zu verhelfen und somit die nationale
und internationale Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.
Das Heizelementstumpfschweißen ist aus technischer Sicht ein gut geeignetes Schweißverfahren sowohl für vollarmierte Fensterprofile aus glasfaserverstärktem PVC (PVC-GF) als auch für
Profile mit Armierungsstegen aus glasfaserverstärktem PBT (PBT-GF), wobei das PBT-GFMaterial besondere Beachtung bzgl. Prozessführung und Verschleiß erfordert: Während die
Prozessführung durch die materialgerechte Parameterwahl gut optimiert werden konnte, wurde
in diesen Versuchsreihen ein höherer Verschleiß der Heizelementbeschichtung beobachten.
Mittels Infrarotschweißen konnten gute Schweißnahtfestigkeiten bei unverstärktem PVC und
PVC-GF erreicht werden. Das PBT-GF konnte aufgrund der geringeren erzeugbaren
Schmelzeschichtdicke und teilweise Materialdegradation durch die IR-Strahlung im betrachteten
Versuchsumfang nicht verbunden werden, was allerdings keinen nennenswerten Einfluss auf
die resultierende Eckfestigkeit hatte. Um die IR-Strahlung nur auf bestimmte Bereiche zu
fokussieren bzw. sie je nach Material zu dosieren, können Blenden eingesetzt werden, um das
IR-Schweißverfahren für Fensterprofile grundsätzlich und insbesondere mit faserverstärkten
Materialanteilen sinnvoll anwendbar zu machen.
Auf Basis der Datenerhebung der relevanten Eingangsgrößen Verschleiß, Energieverbrauch,
Emissionen und Kosten wurde eine ökologische und ökonomische Bewertung der beiden
Schweißverfahren HS und IR mit Bezug zum Schweißen faserverstärkter Fensterprofile
durchgeführt. Unter den getroffenen Annahmen und auf Basis der empirisch ermittelten Daten
ist das IR-Verfahren aus ökologischer Sicht für das Schweißen von faserverstärkten
Fensterprofilen zu bevorzugen. Die ökonomischen Unterschiede der beiden Schweißverfahren
ergeben sich aus Investitions-, Verschleiß-, Energie- und Lohnkosten. Das IR-Verfahren ist
insgesamt dank des geringen Verschleißes, des niedrigen Energieverbrauchs und der kurzen
Schweißzeit als deutlich wirtschaftlicher anzusehen.
Das Infrarotschweißverfahren bietet ein erhebliches Potenzial zur wirtschaftlichen und
ökologischen Verbesserung des Fertigungsprozesses von energiesparenden faserverstärkten
Kunststoff-Fenstern gegenüber dem Stand der Technik (Heizelementstumpfschweißen). Den
beachtlichen Chancen dieses Verfahrens stehen jedoch auch diverse Herausforderungen und
Risiken gegenüber, die in weiteren Untersuchungen vor einem industriellen Einsatz des IR
geklärt werden müssen. Hierzu zählen die technische Umsetzbarkeit in der Praxis, die
Sicherung einer ausreichenden Schweißnahtqualität sowie die Vermeidung von direkten
Emissionen im Schweißprozess.
Dieses Forschungsvorhaben wurde als direktes Kooperationsprojekt zwischen der URBAN
GmbH & Co. Maschinenbau KG, Memmingen, und der SKZ - KFE gGmbH, Würzburg,
durchgeführt. Unterstützt in Form von Versuchsmaterialien wurden die Arbeiten von den
Fensterprofilherstellern aluplast GmbH, Karlsruhe, und REHAU AG + Co, Rehau.
Die Kooperationspartner danken der Deutschen Bundesstiftung Umwelt für die Förderung
dieses Vorhabens (Az: 29146 - 21/2).
8
1. Einleitung
Im Rahmen dieses Forschungsvorhabens sollte die Schweißbarkeit neuartiger Hochleistungsverbundwerkstoffe für den Fensterbau untersucht werden. In erster Linie sind dies
faserverstärkte Kunststoffe (FVK), auf deren Basis bereits erste Profilsysteme am Markt
verfügbar sind. Diese Profilsysteme sind relativ steif und kommen ohne Stahlarmierungen aus.
Dadurch werden Wärmebrücken vermieden und somit der thermische Dämmwert des Fensters
verbessert. Durch den geringeren Wärmedurchgangskoeffizienten im Vergleich zu
konventionellen PVC-Fenstern können deutliche Energieeinsparpotenziale in der Nutzenphase
realisiert werden. Neben der Energieeinsparung bietet der Einsatz von faserverstärkten
Materialien für die Rahmenprofile von Kunststoff-Fenstersystemen weitere ökologische Vorteile
gegenüber konventionellen PVC-Profilen: Zum einen wird das Fenstergewicht signifikant
reduziert, was unmittelbare Auswirkungen in der Wertschöpfungskette hat, z. B. auf den
Kraftstoffverbrauch beim Transport und die damit einhergehenden Emissionen. Zum anderen
eröffnen sich für Fenster durch FVK neue gestalterische Möglichkeiten, da wesentlich
schlankere Konstruktionen bei gleicher Steifigkeit möglich sind. Durch die somit größere
Glasfläche steigen die solaren Wärmegewinne.
Nur wenn sich zukünftig FVK in Fensterprofilen etablieren werden, kann die Umwelt merklich
durch die damit verbundenen Energieeinsparungen entlastet werden. Grundvoraussetzung für
die Etablierung von FVK-Fenstern am deutschen Markt, der im Jahr 2010 eine Größenordnung
von ca. 14 Mio. Fenstereinheiten hatte, ist die optimale Beherrschung jedes Verarbeitungsschritts – so auch des Schweißens. Insbesondere sollten FVK-Fenster auf herkömmlichen
Heizelementstumpfschweißmaschinen, wie sie im Fensterbau heute Standard sind, ohne die
Notwendigkeit aufwendiger Modifikationen oder neuer Investitionen gefügt werden können. Ziel
war hierbei die Erarbeitung der notwendigen Prozessbedingungen und deren Umsetzung, um
ein sicheres Schweißen der Rahmen- und Flügelprofile zu gewährleisten. Während das
Schweißen von konventionellen PVC-Fensterprofilen in entsprechenden Richtlinien und
Regelwerken definiert ist, fehlen zum Schweißen von faserverstärkten Materialien im
Fensterbereich grundlegende Qualitätsstandards. Die erforderlichen Grundlagen sollten in den
Untersuchungen dieses Vorhabens erarbeitet werden.
Zur Untersuchung der Schweißeignung von faserverstärkten Fensterprofilen mussten
zahlreiche Schweißversuche durchgeführt werden. Hierbei galt es, die Prozessführung an das
im Vergleich zu PVC stark unterschiedliche rheologische Materialverhalten der faserverstärkten
thermoplastischen Werkstoffe anzupassen. Die hergestellten Schweißverbindungen mussten
bzgl. mechanischer Festigkeit, Struktur, thermoanalytischer Materialkennwerte und ästhetischer
Aspekte charakterisiert werden. Daneben stellt das stark abrasive Verhalten der Fasern eine
Herausforderung bzgl. der Heizelementbeschichtungen dar. Hier sollten alternative
Beschichtungen eingesetzt und bewertet werden. Die Untersuchung der Einsatzmöglichkeiten
berührungsloser Schweißverfahren für diesen speziellen Anwendungsfall war ebenfalls geplant.
Der Einsatz von faserverstärkten Fensterprofilen sollte durch die Entwicklung bzw. Adaptierung,
Modifizierung und Optimierung der erforderlichen Fügetechnologie entscheidend voran
getrieben werden. Die entsprechenden Profile und Materialien sollten ebenso wirtschaftlich und
qualitätssicher geschweißt werden können, wie die aktuell marktführenden PVC-Fensterprofile.
Darüber hinaus sollte das Forschungsvorhaben durch eine Bewertung der Umweltwirkungen
der Fügeverfahren bei unterschiedlichen faserverstärkten Werkstoffen für Fensteranwendungen
vervollständigt werden. Beides hatte zum Ziel, dem deutschen Fenstermarkt zu mehr
Innovationskraft sowie interessanten, energiesparenden Fensterkonzepten zu verhelfen und
somit die nationale und internationale Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.
9
Die Untersuchungen wurden im Rahmen einer Forschungskooperation zwischen dem
Schweißmaschinenhersteller URBAN GmbH & Co. Maschinenbau KG, Memmingen, und der
FuE-Abteilung (Fachbereiche „Fügen“ und „Nachhaltigkeit“) des Kunststoff-Zentrum (SKZ),
Würzburg, durchgeführt. Unterstützt wurden die Arbeiten in Form von Versuchsmaterialien von
den zum Zeitpunkt der Antragstellung beiden einzigen Anbietern faserverstärkter KunststoffFensterprofile aluplast GmbH und REHAU AG + Co.
Die Aufgabenstellung beinhaltete die folgenden geplanten Arbeitsschritte:
•
Materialbeschaffung und Projektorganisation (SKZ und URBAN)
•
Anpassung bzw. Optimierung von Heizelement-Schweißmaschinen
für faserverstärkte Materialien (URBAN)
•
Umrüstung vorhandener Schweißmaschinen für den Einsatz von Infrarotstrahlern (URBAN)
•
Durchführung von Schweißversuchen (SKZ)
•
Material- und Schweißnahtprüfungen (SKZ)
•
Vergleich verschiedener Heizelementbeschichtungen (SKZ)
•
Künstliche Bewitterungstests und Farbmessungen (SKZ)
•
Ökonomische und ökologische Bewertung der Schweißprozesse (SKZ)
•
Übertragung der Laborergebnisse auf die industrielle Anwendung (SKZ und URBAN)
•
Interpretation, Berichterstellung und Verfassen von Veröffentlichungen (SKZ und URBAN)
10
2. Versuchsmaterialien
In Absprache mit den Fensterprofilherstellern aluplast und REHAU wurden geeignete und
repräsentative faserverstärkte Profilsysteme für die Durchführung der geplanten Versuche
ausgewählt. Diese sind im Folgenden kurz erläutert:
a) aluplast „energeto®“
Beim Profil „energeto®“ des Herstellers aluplast (vgl. Abbildung 1) werden zusätzliche Stege
aus dem mit 50 % glasfaserverstärkten Material „Ultradur® High Speed“ (Matrixmaterial: PBT)
der Firma BASF in den Profilquerschnitt integriert. Diese Stege ersetzen die Stahlarmierungen
und verleihen den PVC-Profilen die erforderliche Steifigkeit.
PVC-Profil
Armierungssteg
1
(PBT-GF50 )
Hersteller
aluplast
Profilbezeichnung
Energeto® 8000
Profiltyp
Flügelprofil, weiß
Armierung
PBT-GF50
(2 Stege)
1
Abbildung 1: Querschnitt des faserverstärkten Fensterprofils „energeto®“
b) REHAU „Geneo“
REHAU setzt auf vollarmierte Fensterprofile (Bezeichnung: „Geneo“) aus dem mit 12 %
glasfaserverstärkten Werkstoff „RAU-FIPRO®“ (Matrixmaterial: PVC). Lediglich die Sichtflächen
der Profile werden aus ästhetischen und funktionalen Gründen aus unverstärktem PVC
coextrudiert (vgl. Abbildung 2). Auch diese Profile bieten eine ausreichende Steifigkeit und
können somit auf Stahlarmierungen verzichten.
Unverstärkte
PVC-Deckschicht
Verstärktes
Kernmaterial
2
(PVC-GF12 )
Hersteller
REHAU
Profilbezeichnung
Geneo 532036
Profiltyp
Flügelprofil, weiß
Armierung
PVC-GF12
(Kernmaterial)
2
Abbildung 2: Querschnitt des faserverstärkten Fensterprofils „Geneo“
Von diesen Profilen wurden jeweils mehr als 100 Meter für die Untersuchungen dem
Forschungsvorhaben unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Beide Profile beinhalteten zudem
Dichtungsprofile aus weichgemachtem PVC (PVC-P), die jedoch (falls nicht anders erwähnt) für
Schweißversuche entfernt wurden, um zusätzliche Störfaktoren zunächst ausschließen zu
können.
1 Polybutylenterephthalat mit 50 % Glasfaserverstärkung
2 Polyvinylchlorid mit 12 % Glasfaserverstärkung
11
3. Durchführung von Schweißversuchen und Prüfungen
Die folgenden Beschreibungen unterteilen sich grundsätzlich in Untersuchungen zum
Heizelementstumpfschweißen (HS) und zum Infrarotschweißen (IR).
3.1 Heizelementstumpfschweißen
Das Heizelementstumpfschweißen ist das nach dem Stand der Technik übliche und in der
Industrie etablierte Verfahren zum Fügen von Kunststofffensterprofilen aus PVC. Der Prozess
besteht im Allgemeinen aus vier Phasen: Angleichen, Anwärmen, Umstellen und Fügen.
Es werden zunächst die Verbindungsflächen der Profile an einem Heizelement (HE) unter
Druck angeglichen, bis sie vollflächig anliegen und sich am gesamten Umfang ein deutlich
sichtbarer Wulst gebildet hat. Dieser Vorgang (Angleichen) wird in der Regel wegabhängig
gesteuert.
Direkt nach dem Erreichen des vorgegebenen Angleichweges (erster Anschlag) beginnt die
Anwärmphase. Dabei wird das Material in den Fügeflächen erwärmt und eine ausreichend
dicke Schmelzeschicht erzeugt. Dies erfolgt bei sehr geringem Druck während einer vorher
festgelegten Zeit (Anwärmen). Im Anschluss werden die Profile vom Heizelement entfernt
(Umstellen). Diese Phase wird so kurz wie maschinell möglich gehalten, um ein Abkühlen der
Fügeflächen zu verhindern.
Die Profile werden danach sofort unter Einwirken eines definierten Fügedrucks gegeneinander
gepresst, bis ein vorgegebener Fügeweg (zweiter Anschlag) zurückgelegt und eine festgelegte
Fügezeit erreicht wurde (Fügen). Diese Zeit ist so zu wählen, dass zum einen der Fügeweg
erreicht werden kann und zum anderen die Schweißnaht beim Entnehmen der Verbindung
ausreichend abgekühlt ist. Eine schematische Darstellung der einzelnen Phasen im Weg- bzw.
Druck-Zeit-Diagramm gibt Abbildung 3 wieder. [DVS89]
sAG
Angleichweg
tU
Umstellzeit
sF
Fügeweg
tF
Fügezeit
sS
Schweißweg (Maßzugabe)
tS
Schweißzeit (Gesamtzeit)
tAG
Angleichzeit
pAG
Angleichdruck
tAW
Anwärmzeit
pF
Fügedruck
Abbildung 3: Prinzipieller Verfahrensablauf beim Heizelementstumpfschweißen
von PVC-Fensterprofilen nach DVS 2207-25 [DVS89]
12
Ausgangspunkt für die weiteren Untersuchungen, Optimierungen und Bewertungen waren
Schweißversuche zur Ermittlung der grundsätzlich nach dem Stand der Technik erreichbaren
Schweißergebnisse. Dabei wurden einerseits die maximal erreichbaren Schweißfaktoren der
betrachteten Materialien ermittelt (vgl. Punkt 3.1.1) und andererseits die möglichen
mechanischen Kennwerte (Eckfestigkeit) gemäß geltender Gütesicherungsrichtlinien (vgl. Punkt
3.1.2).
3.1.1
Ermittlung der mittels HS erreichbaren Kurzzeit-Zugschweißfaktoren
Hierbei wurden zunächst die einzelnen für den Schweißprozess relevanten Materialanteile der
betrachteten Fensterprofile untersucht. Dies sind das unverstärkte PVC der energeto®-Profile,
das PBT-GF der energeto®-Profil-Stege sowie das PVC-GF der Geneo-Profile. Die Profile
wurden hierzu im 180°-Winkel auf einer URBAN Einkopf-Schweißmaschine (AKS3610/S)
stumpfgeschweißt (vgl. Abbildung 4) und anschließend mittels Fräsen Zugstäbe aus den
jeweiligen Materialbereichen entnommen (vgl. Abbildung 5 und Abbildung 6).
1
2
3
4
Abbildung 4: Stumpfschweißen von Fensterprofilen für die Entnahme von Zugprobekörpern
1
2
3
Abbildung 5: Entnahmepositionen für Zugstäbe aus PVC
(energeto®) (1), PBT-GF (energeto®) (2) und PVC-GF (Geneo) (3)
Abbildung 6: Entnahme von
Zugstäben mittels Fräse und
entnommene Probekörper
Die Zugprüfung der Probekörper (Typ 1B) erfolgte gemäß DIN EN ISO 527. Geprüft wurden
mindestens fünf Probekörper je Prüfreihe. Hierbei wurde eine Prüfgeschwindigkeit von
50 mm/min für PVC und PVC-GF sowie eine Prüfgeschwindigkeit von 5 mm/min für PBT-GF
gewählt. Die Probekörper wurden vor der Prüfung mindestens 24 Stunden im Normklima
gemäß DIN EN ISO 291 (23 °C, 50 % relative Feuchte) konditioniert. Bestimmt wurden die
Zugfestigkeiten jeweils sowohl für das unverschweißte Grundmaterial (GM) als auch für die
hergestellten Schweißverbindungen. Das Verhältnis von Schweißnahtfestigkeit zu
Grundmaterialfestigkeit beschreibt den Kurzzeit-Zugschweißfaktor.
Dabei kamen zunächst nach SKZ-Erfahrungen etablierte Schweißparameter („Startparameter“)
für PVC-Fensterprofile zum Einsatz (vgl. Tabelle 1). Diese können als repräsentativ für die in
vielen Fensterfertigungsbetrieben angewandten Schweißbedingungen betrachtet werden.
13
Heizelement-Temperatur
250 °C
Anwärmzeit
20 s
Fügezeit
30 s
Angleichweg*
1,4 mm
Fügeweg*
1,0 mm
Angleich- und Fügedruck in der Naht
0,42 N/mm
2
* Je Fügepartner; senkrecht zur Fügefläche
Tabelle 1: Startparameter für das Schweißen von PVC-Fensterprofilen nach SKZ
In Abbildung 7 sind die Zugfestigkeiten der jeweiligen Grundmaterialien sowie die mit
Startparametern erreichten Schweißnahtfestigkeiten und die entsprechenden KurzzeitZugschweißfaktoren dargestellt.
Abbildung 7: Zugfestigkeiten der Grundmaterialien (PVC, PVC-GF und PBT-GF) und
HS-Schweißungen mit Startparametern sowie entsprechende Kurzzeit-Zugschweißfaktoren
Demnach werden mit dem unverstärkten PVC (energeto®) ebenso wie mit dem PVC-GF
(Geneo) problemlos Schweißfaktoren von 1,0 erreicht. Eine Parameteroptimierung bzgl. der
Schweißnahtfestigkeit ist für diese Materialien daher nicht erforderlich. Mit dem PBT-GF
(energeto®) wurde hingegen lediglich ein Schweißfaktor von 0,43 erreicht, sodass hier weitere
Versuche mit auf das Material abgestimmten Parametern durchgeführt wurden, um die
Schweißnahtfestigkeit gegebenenfalls zu erhöhen. Ein Schweißfaktor von 0,43 mit dem PBTGF entspricht ungefähr die Schweißnahtfestigkeit von PVC, so dass eine Erhöhung allerdings
nicht notwendig ist, um eine ausreichende Nahtqualität zu erzielen.
Hierzu wurde zusätzlich die Schmelztemperatur des PBT-GF mittels DSC (Differential Scanning
Calorimetry) auf 225 °C bestimmt. Dies lässt darauf schließen, dass für das Material höhere
Heizelementtemperaturen als für PVC zu empfehlen sind, da letzteres bereits bei niedrigeren
Temperaturen aufschmilzt. Dementsprechend wurden verschiedene Schweißversuche mit PBTGF unter Variation der Heizelementtemperatur, der Anwärmzeit sowie der Schweißdrücke
durchgeführt. Die entsprechenden Parameterkombinationen sind Tabelle 2 zu entnehmen und
die erreichten Ergebnisse in Abbildung 8 dargestellt.
14
Parameter- Heizelement- Angleich- AnwärmNr.
temperatur
zeit*
zeit
[°C]
[s]
[s]
Fügezeit
[s]
Angleichweg**
[mm]
Fügeweg**
[mm]
Angleich- und
Fügedruck
[N/mm²]
30
1,4
1,0
0,42
30
1,4
1,0
0,42
1,0
0,42
250
30
250
30
2
270
22
15
30
1,4
3
270
22
20
30
1,4
1,0
0,42
4
270
22
25
30
1,4
1,0
0,42
5
300
10
10
30
1,4
1,0
0,42
6
300
10
15
30
1,4
1,0
0,42
Start
1
20
30
* Resultiert aus übrigen Parametereinstellungen und Materialverhalten
** Je Fügepartner; senkrecht zur Fügefläche
Tabelle 2: Schweißparameter zur Optimierung der Nahtfestigkeit beim HS von PBT-GF (energeto®)
Start
Abbildung 8: Zugfestigkeiten der Schweißungen mit angepassten Parametern (vgl. Tabelle 2)
gegenüber Grundmaterial- und Startparameterfestigkeit beim HS von reinem PBT-GF (energeto®)
Wie die Ergebnisse zeigen, ist durch die Anpassung der Schweißparameter – insbesondere
durch eine Temperaturerhöhung – eine höhere Schweißnahtfestigkeit zu erreichen. Jedoch
konnte kein Schweißfaktor über 0,55 erreicht werden, was mit dem relativ hohen Glasfaseranteil von 50 % im PBT-GF zu erklären ist und zu erwarten war. Die Grundmaterialfestigkeit ist
dementsprechend hoch, wobei die verstärkende Wirkung der Fasern nicht vollständig über die
Fügeebene hinweg übertragen werden kann. Dennoch liegen die Festigkeiten auf einem
durchschnittlich hohen Niveau (ca. 50 N/mm²), sodass die PBT-GF-Stege einen guten Beitrag
zur Festigkeit einer geschweißten Fensterecke leisten könnten. Durch die materialgerechte
Wahl der Schweißparameter kann die Verbindungsfestigkeit der PBT-GF-Stege um ca. 20 % im
Vergleich zum Einsatz von Startparametern gesteigert werden. Die gewählten Parameter
müssen jedoch auch für das PVC-Material des Fensterprofils geeignet sein, was in weiteren
Schweißversuchen und Prüfungen am Gesamtprofil sichergestellt werden musste (vgl. Punkt
3.1.2).
15
3.1.2
Ermittlung der mittels HS erreichbaren Eckfestigkeiten
Die Ermittlung der Eckfestigkeit ist sowohl in der RAL-Richtlinie „Güte- und Prüfbestimmungen
für Kunststoff-Fensterprofilsysteme“ (RAL-GZ 716/1 [RAL08]) als auch in der DVS-Richtlinie
2207-25 [DVS89] als das anzuwendende Prüfverfahren für geschweißte Eckverbindungen
festgelegt. Dabei werden die Schenkel der zu prüfenden Ecke unter einem Winkel von (45 ± 1)°
so geschnitten, dass die neutrale Faser auf den Auflageflächen lotrecht über den Drehachsen
des Prüfwagengeräts liegt (vgl. Abbildung 9).
Die Schweißverbindung wird durch eine Kraft (F) bis zum Bruch belastet (vgl. Abbildung 10)
und deren Verlauf aufgezeichnet. Die ermittelte Höchstkraft (FBruch) wird als Eckfestigkeit
bezeichnet. Sie darf den Grenzwert einer errechneten Mindestbruchkraft (FSoll) nicht
unterschreiten. FSoll errechnet sich aus der geforderten Mindestbruchspannung σ = 35 N/mm² in
der Schweißnaht sowie der Profilgeometrie. Für die Berechnung von FSoll wurde bei beiden
Profilen der komplette Profilquerschnitt (auch faserverstärkte Materialanteile) berücksichtigt.
Abbildung 9: Prüfanordnung für
die Eckfestigkeit mit Wagengerät
(a = 400 mm) [DVS89]
Abbildung 10: Bis zum Bruch belastete
Eckverbindung auf Universalprüfmaschine
ZWICK 1475
Im Rahmen dieser Arbeit wurden, falls nicht anders erwähnt, jeweils 5 Ecken pro Versuchsreihe
geprüft und der Schweißwulst (entsprechend der RAL-Anforderung) nicht entfernt. Die
Probekörper wurden vor der Prüfung mindestens 24 Stunden im Normklima gemäß DIN EN ISO
291 (23 °C, 50 % relative Feuchte) konditioniert.
Vor dem Schweißen wurden die Profilschenkel zunächst in 45°-Schnitten auf das für die
spätere Prüfung erforderliche innere Randfasermaß zugesägt. Das Schweißen der
Eckverbindungen erfolgte auf einer Einkopfschweißmaschine von URBAN (AKS1200/1) im
Diagonalschub (vgl. Abbildung 11). Diese Maschine war mit Kraft- und Wegsensoren
ausgestattet, um den Angleich- und Fügdruck exakt einstellen zu können und das Erreichen
des vorgegebenen Fügewegs bei jeder Schweißung überprüfen zu können. Um Untersuchungen bzgl. des Einflusses unterschiedlicher Schweißwege auf die Eckfestigkeit durchführen zu
können, wurde die Maschine zudem von URBAN mit variablen Anschlägen zur beliebigen
Einstellung von Angleich- und Fügeweg ausgestattet.
Abbildung 11: Heizelementstumpfschweißen einer Eckverbindung (URBAN AKS1200/1)
16
Dabei wurden zunächst erneut die für die Verarbeitung von unverstärkten PVC-Fensterprofilen
üblichen Startschweißparameter (vgl. Tabelle 1) angewandt, um die damit erreichte
Verbindungsqualität als Ausgangpunkt für weitere Optimierungen heranziehen zu können.
In Tabelle 3 sind die für das Fensterprofil Geneo angewandten Schweißparameter aufgelistet
und in Abbildung 12 die damit erreichten Eckfestigkeiten dargestellt.
Parameter- Heizelement- AngleichNr.
temperatur
zeit*
(Geneo)
[°C]
[s]
16
Start
250
Anwärmzeit
[s]
Fügezeit
[s]
Fügeweg**
[mm]
1,0
Angleich- und
Fügedruck
[N/mm²]
30
Angleichweg**
[mm]
1,4
20
0,42
G1
250
18
20
30
1,6
0,8
0,42
G2
250
20
20
30
1,8
0,6
0,42
G3
250
22
20
30
1,9
0,5
0,42
G4
250
24
20
30
2,1
0,3
0,42
G5
250
16
20
30
1,4
1,2
0,42
G6
250
16
20
30
1,4
0,8
0,42
250
16
30
1,4
0,6
0,42
250
16
30
1,4
0,5
0,42
250
16
30
1,4
0,3
0,42
250
15
30
1,1
0,8
0,42
G7
G8
G9
G10
20
20
20
25
* Resultiert aus übrigen Parametereinstellungen und Materialverhalten
** Je Fügepartner; senkrecht zur Fügefläche
Tabelle 3: Schweißparameter zur Untersuchung der Eckfestigkeit beim HS von Geneo-Profilen
Start
Abbildung 12: Eckfestigkeiten der Schweißungen mit angepassten Parametern (vgl. Tabelle 3)
gegenüber Mindestfestigkeit (FSoll) und Startparameterfestigkeit beim HS von Geneo-Profilen
Da beim Profil Geneo bereits mit Startparametern sehr hohe Festigkeiten möglich sind, wurde
anhand der Parameterstudien in erster Linie untersucht, ob durch angepasste Schweißwege
noch weitere Festigkeitsvorteile erreicht werden könnten. Hierbei wurde zunächst nicht der
gesamte Schweißweg (Angleichen und Fügen), sondern lediglich das Verhältnis von Angleich-
17
und Fügeweg geändert. Der Fügeweg wurde sukzessive reduziert und der Angleichweg
entsprechend erhöht (G1 bis G4). Da dies einen kontinuierlichen Abfall der Nahtfestigkeit zur
Folge hatte, wurde der Angleichweg im Weiteren konstant auf dem Standardwert gehalten und
der Fügeweg leicht erhöht (G5) bzw. erneut stetig reduziert (G6 bis G9). Es zeigte sich auch
hier ein deutlicher Rückgang der Eckfestigkeit mit höheren und geringeren Fügewegen. Nach
diesen Erkenntnissen lässt sich mit dem faserverstärkten Fensterprofil Geneo die höchste
Schweißnahtfestigkeit mit den für unverstärkte PVC-Fensterprofile üblichen Schweißparametern erreichen. Ein Fügeweg von 1,0 mm scheint hier in den besten Nahteigenschaften zu
resultieren.
Bei den energeto®-Profilen konnte mit den Startparametern keine reproduzierbare
Schweißverbindung hergestellt werden, da der vorgegebene Fügeweg aufgrund der hohen
Viskosität der PBT-GF-Stege bei 250 °C nicht vollständig erreicht werden konnte. Deshalb
wurde bei diesen Parametern der Angleich- und Fügedruck für die Startparameter auf
0,8 N/mm² erhöht. Die weiteren angewandten Schweißparameter sind Tabelle 4 zu entnehmen,
während die damit erreichten Eckfestigkeiten in Abbildung 13 dargestellt sind.
Parameter- HeizelementNr.
temperatur
(energeto®)
[°C]
“Start”***
250
Angleichzeit*
[s]
13
Anwärmzeit
[s]
Fügezeit
[s]
Fügeweg**
[mm]
1,0
Angleich- und
Fügedruck
[N/mm²]
30
Angleichweg**
[mm]
1,4
20
E1
250
33
20
30
1,4
0,5
0,42
E2
250
33
25
30
1,4
0,5
0,42
E3
250
33
30
30
1,4
0,5
0,42
E4
250
33
20
30
1,4
0,3
0,42
E5
250
38
20
30
2,1
0,3
0,42
E6
270
28
15
30
2,1
0,3
0,42
E7
270
22
15
30
1,4
0,3
0,42
E8
270
11
20
30
1,4
1,0
0,70
E9
280
20
10
30
1,4
0,3
0,42
E10****
250
16
20
30
1,4
1,0
0,42
0,80
* Resultiert aus übrigen Parametereinstellungen und Materialverhalten
** Je Fügepartner; senkrecht zur Fügefläche
*** Erhöhter Angleich- und Fügedruck, um Schweißwege zu erreichen
**** PBT-GF-Stege wurden vor dem Schweißen aus dem Fügebereich entfernt
Tabelle 4: Schweißparameter zur Untersuchung der Eckfestigkeit beim HS von energeto®-Profilen
Mit den (angepassten) Startparametern wurde nicht die geforderte Mindestfestigkeit erreicht.
Aufgrund des höheren Schmelzpunktes des PBT-GF (gegenüber PVC) ist dieses Material nach
20 s Anwärmzeit bei 250 °C noch nicht ausreichend plastifiziert, um mit dem eingegebenen
Schweißdruck den vorgegebenen Fügeweg erreichen zu können. Der dafür erforderliche
erhöhte Fügedruck (0,8 MPa) wirkt sich negativ auf die Nahtqualität aus.
Daher wurde einerseits die Anwärmzeit erhöht und andererseits der Fügeweg reduziert, um
reproduzierbar schweißen zu können (E1 bis E5). Es zeigte sich, dass ein reduzierter Fügeweg
auch mit ansonsten standardmäßigen Parametern erreicht werden kann und in einer
ausreichend hohen Nahtfestigkeit resultiert (E1 und E5).
18
„Start“
Abbildung 13: Eckfestigkeiten der Schweißungen mit angepassten Parametern (vgl. Tabelle 4)
gegenüber Mindestfestigkeit (FSoll) und „Startparameterfestigkeit“ beim HS von energeto®Profilen
Weiter wurden Schweißversuche bei erhöhter Temperatur durchgeführt (E6 bis E9), um dem
Schmelzpunkt beider am Schweißprozess beteiligten Materialien (PVC und PBT-GF) gerecht zu
werden. Dabei wurde die höchste Eckfestigkeit bei 270 °C, 20 s Anwärmzeit, standardmäßigen
Schweißwegen und einem erhöhten Angleich- und Fügedruck von 0,70 N/mm² erreicht. Diese
Parameter sind demnach sowohl für PBT-GF als auch für PVC geeignet, obgleich sie eine
relativ hohe Temperaturbelastung des PVC-Materials bedeuten. Daher wurden Materialproben
aus Schweißungen mit diesen Parametern aus Grundmaterial und Schweißnaht entnommen,
um den Einfluss des Schweißprozesses auf die thermische Reststabilisierung des PVC im
Dehydrochlorierungsverfahren (DHC) zu bestimmen. Dabei wurde eine um ca. 5 % reduzierte
Stabilitätszeit des Materials aus der Schweißnaht festgestellt, was nicht als kritisch zu bewerten
ist, da ein thermischer Schweißprozess die Stabilisierung von PVC immer leicht beeinflusst.
Denkbare Einflüsse auf die Wetterechtheit wurden in Punkt 3.1.3 untersucht.
Ferner wurde exemplarisch versucht, wie sich die
energeto®-Profile ohne den Einfluss der PBT-GF-Stege
schweißen lassen. Hierzu wurden letztere vor dem
1
Schweißen der Eckverbindungen durch Fräsen um einige
Millimeter aus dem Schweißbereich entfernt und
anschließend die Fensterprofile mit den Startschweißparametern gefügt (vgl. Abbildung 14). Die somit
geschweißten
Eckverbindungen
erreichten
hohe
Festigkeiten über den Mindestanforderungen (E10). Dies
zeigt, dass die PBT-GF-Stege nicht nennenswert zur
Verstärkung der geschweißten Eckverbindungen beitragen,
werden aber dazu nicht gebraucht, da die Mindesteckfestigkeit ohnehin erreicht wird. Es ist allerdings zu bedenken, Abbildung 14: energeto®-Profil mit
ob ein zusätzlicher (automatisierter) Arbeitsschritt zum zurückgefrästen PBT-GF-Stegen (1)
Zurückfräsen der PBT-GF-Stege vor dem Schweißen vor dem Schweißen
19
tragbar wäre. Hierdurch ließen sich Herausforderungen im Schweißprozess selbst –
insbesondre in Bezug auf den Verschleiß der Heizelementbeschichtung (vgl. Punkt 3.1.3) –
vollständig vermeiden.
3.1.3
Künstliche Bewitterungstests und Farbmessungen
Die Wetterechtheit und Wetterbeständigkeit von PVC-Profilen für Fenster und Türen nach RALGZ 716/1 [RAL08] wird gemäß DIN EN 513 [DIN01] durch künstliche Bewitterung bestimmt.
Unter diesen Bewitterungsbedingungen können auch Schweißnähte bewittert werden, wobei
dies keine verpflichtende Anforderung ist. Da der Schweißprozess sich jedoch auf die
Bewitterungsbeständigkeit und die Farbechtheit der PVC-Materialien auswirken kann und
zudem im Rahmen dieses Projekts Schweißparameter variiert wurden, wurde exemplarisch an
Schweißproben eine künstliche Bewitterung durchgeführt und die Auswirkungen durch
Farbmessungen beurteilt.
Es wurden aus den beiden Fensterprofilen Geneo und energeto® Probekörper aus der
Deckschicht des unverschweißten Grundmaterials bewittert sowie Schweißnähte, die bei
Startbedingungen hergestellt wurden und Schweißnähte, die mit angepassten Parametern
geschweißt wurden. Eine Übersicht der bewitterten Proben gibt Tabelle 5. Die Schweißwülste
wurden vor der Bewitterung durch Fräsen entfernt.
Bezeichnung
Material
Typ
Schweißparameter
G-G
Geneo
Grundmaterial
-
G-S
Geneo
Schweißnaht
Start (vgl. Tabelle 3, S. 16)
G-P
Geneo
Schweißnaht
G10 (vgl. Tabelle 3, S. 16)
E-G
energeto®
Grundmaterial
-
E-S
energeto®
Schweißnaht
Start (vgl. Tabelle 4, S. 17)
E-P
energeto®
Schweißnaht
E8 (vgl. Tabelle 4, S. 17)
Tabelle 5: Probekörper für künstliche Bewitterung und Farbmessung
Die Farbmessungen der Grundmaterialien und der Schweißnähte wurden vor der Bewitterung
und anschließend nach 286 h, 510 h, 980 h und 1.391 h Bewitterungsdauer gemäß DIN 5033
[DIN02] durchgeführt. Die wichtigste Größe ist der sich ergebende Farbabstand ∆E* im CIE1L*a*b*-Farbraum. Dieser dimensionslose Farbabstand ∆E* darf bei (ungeschweißten) PVCFensterprofilmaterialien laut RAL-Anforderung vom unbewitterten Material zur bewitterten Probe
nicht größer als 3,4 sein, sodass dies hier auch als Grenzwert für die Farbänderung der
Schweißnähte herangezogen wird.
Bei beiden Materialien ist sowohl beim ungeschweißten Grundmaterial als auch bei den
Schweißnähten eine leichte Änderung des Farbabstandes, insbesondere während den ersten
300 h, zu verzeichnen. Der Farbabstand liegt jedoch in jedem Fall noch unter dem zulässigen
Grenzwert von 3,4. Bei den Schweißnähten fielen die gemessenen Farbabstände etwas höher
als beim Grundmaterial aus, allerdings kann kein klarer Einfluss der geänderten Schweißparameter beobachtet werden. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass sich der Schweißprozess
bei den betrachteten faserverstärkten Fensterprofilmaterialien nachteilig auf die Wetterechtheit
auswirkt. Auch der Einsatz höherer Schweißtemperaturen und Anwärmzeiten, also eine höhere
Temperaturbelastung, zeigten hier keinen deutlichen Einfluss diesbezüglich.
1
Internationale Beleuchtungskommission (CIE: Commission internationale de l’éclairage)
20
3.1.4
Vergleich verschiedener Heizelementbeschichtungen
Das Verhalten der betrachteten Profilmaterialien beim Heizelementstumpfschweißen
hinsichtlich Haftung und Verschleiß am Heizelement sollte betrachtet werden. Standardmäßig
kommen bei Fensterschweißmaschinen mit Fluorkunststoffen beschichtete Glasgewebefolien
als Antihaftbeschichtung zum Einsatz. Diese werden auf die Heizelemente gespannt, um sie bei
Bedarf einfach wechseln zu können. Die verwendeten Fluorkunststoffe (in der Regel
Polytetrafluorethylen (PTFE)) weisen jedoch eine relativ geringe Härte und Verschleißfestigkeit
auf, was vor allem beim Kontakt mit extrem harten Stoffen wie Glasfasern zum Problem werden
kann. Um diese Herausforderung bewerten zu können, wurden mit den beiden betrachteten
Fensterprofilmaterialien mehrere Schweißungen bei Startparametern jeweils mit einer
Antihaftfolie der Fa. URBAN durchgeführt und dabei das Verschleiß- bzw. Haftverhalten
beobachtet. Diese Tests wurden sowohl auf einer Diagonalschub- als auch auf einer
Parallelschubschweißmaschine durchgeführt.
Beim Profil Geneo zeigten sich selbst nach 75 Schweißungen (Diagonal- und Parallelschubschweißmaschine) keine Materialrückstände an den Schweißfolien sowie keine
signifikanten Verschleißerscheinungen, sodass mit diesem Profil die Versuche nicht fortgesetzt
wurden.
Beim Profil energeto® sind bereits ab der ersten Schweißung gewisse Rückstände der
glasfaserverstärkten PBT-Stege zu verzeichnen. Diese führen in den folgenden Schweißungen
durch Druckbelastungen und Fließvorgänge zu einem kontinuierlichen Verschleiß, sodass die
verwendete Schweißfolie bereits nach ca. 20 Schweißungen (Diagonalschubschweißmaschine)
bzw. nach ca. 58 Schweißungen (Parallelschubschweißmaschine) einen visuellen Verschleiß
aufweist.
Da die Schweißfolien mit unverstärkten PVC-Fensterprofilen in der Regel für mehrere hundert
Schweißungen eingesetzt werden können, sind oben genannte Verschleißeigenschaften als
Verbesserungsbedürfnis einzustufen. Deshalb sollte die Einsetzbarkeit alternativer
Heizelementbeschichtungen untersucht werden. Insgesamt wurden Tests mit mehr als 80
unterschiedlichen potenziellen Heizelementbeschichtungen durchgeführt. Hierzu konnten
Erkenntnisse aus anderen Forschungsprojekten des SKZ [SKZ11, Sch12] genutzt werden, die
sich ebenfalls mit der Thematik „Antihaftbeschichtungen für das Heizelementschweißen“
befassten. Der Versuchsplan konnte dort um die Materialien PVC (Fensterprofilrezeptur) und
PBT-GF (aus energeto®-Profilen) erweitert werden. Die untersuchten Beschichtungen wurden
hinsichtlich Oberflächenspannung, Topographie, Temperatureinsatzgrenze und Verschleiß
charakterisiert und in praxisnahen Versuchen auf ihre Antihaftwirkung gegenüber bestimmten
Kunststoffschmelzen untersucht. Obwohl hinsichtlich Verschleißfestigkeit und Temperatureinsatzgrenze einige Beschichtungen im Testfeld für das Schweißen von faserverstärkten
Fensterprofilen in Frage kämen, konnten im Bereich der Antihaftwirkung gegenüber den
Materialien PVC und PBT-GF keine zufriedenstellenden Ergebnisse erzielt werden. Das
rückstandsfreie Lösen der aufgeschmolzenen Kunststoffe vom beschichteten Heizelement war
bei keiner der Beschichtungen im Testfeld möglich, sodass eine Substitution der aktuell
eingesetzten Antihaftfolien für Fensterschweißmaschinen keinen zielführenden Vorteil mit sich
brächte.
Da mit den alternativen Beschichtungen keine zielführenden Resultate erreicht wurden, wurde
der Fokus der weiteren Untersuchungen auf das berührungslose Schweißen mittels
Infrarotstrahlung als mögliches Ersatzverfahren gelegt (vgl. Punkt 3.2).
21
3.1.5
Zwischenfazit: Heizelementstumpfschweißen
Durch die Ermittlung von Kurzzeit-Zugschweißfaktoren konnte eine grundsätzlich sehr gute
Schweißbarkeit der Materialien PVC-GF (Geneo-Profil) und PVC (energeto®-Profil) festgestellt
werden. Schweißfaktoren von 1,0 waren hier problemlos erreichbar.
Das PBT-GF (energeto®-Profil) lies sich aufgrund des relativ hohen Faseranteils und wegen
der hohen Grundmaterialfestigkeit zunächst „nur“ mit einem Schweißfaktor von 0,43 verbinden.
Es ist aber hier zu beachten, dass mit einem solchen Faktor das Festigkeitsniveau von PVC
bzw. PVC-GF erreicht wird. Durch die Anpassung der Schweißparameter auf die Materialeigenschaften des PBT-GF waren sogar Schweißfaktoren von 0,55 möglich.
Mit den Geneo-Profilen können schon bei Startparametern sehr hohe Eckfestigkeiten von fast
50 % über dem Sollwert erreicht werden. Eine weitere Optimierung durch die Variation von
Schweißwegen ist weder möglich noch erforderlich.
Die Versuche zur Wetterbeständigkeit zeigten, dass sich der HS-Schweißprozess bei den
faserverstärkten Fensterprofilen nicht negativ auf die Farbechtheit nach künstlicher Bewitterung
auswirkt. Auch eine stärkere Temperaturbelastung aufgrund erhöhter Heizelementtemperaturen
bzw. verlängerter Anwärmzeiten hatten hier keinen signifikanten Einfluss.
Der Verschleiß der antiadhäsiven Heizelementbeschichtung (PTFE-Schweißfolie) ist beim
Schweißen der Geneo-Profile nicht höher als bei unverstärkten Standard-Weißprofilen.
Die PBT-GF-Stege der energeto®-Profile führen aber quasi ab der ersten Schweißung zu
gewissen Rückständen auf der Schweißfolie und verschließen diese innerhalb weniger
Schweißungen (ca. 20 bis 60 Schweißungen bei den durchgeführten Versuchen). Daher wurde
der Einsatz alternativer Heizelementbeschichtungen mit erhöhter Verschleißfestigkeit getestet.
Jedoch konnte trotz eines sehr großen Testfeldes keine Beschichtung gefunden werden, die
allen Anforderungen an eine Antihaftbeschichtung für das Schweißen von Fensterprofilen
entspricht und somit einen Vorteil gegenüber der bestehenden Lösung (PTFE-Schweißfolien)
erbringt. Daher wurde der Fokus der weiteren Untersuchungen verstärkt auf den Einsatz des
IR-Schweißens als alternatives berührungsloses Fügeverfahren gelegt.
Insgesamt kann das Heizelementstumpfschweißen aus technischer Sicht als gut geeignetes
Schweißverfahren sowohl für das Geneo-Profil als auch für das energeto®-Profil betrachtet
werden. Allerdings stellt hier das PBT-GF-Material der Verstärkungsstege eine Herausforderung bzgl. Prozessführung und Verschleiß dar.
22
3.2 Infrarotschweißen
Das Infrarotschweißen ermöglicht im Gegensatz zum Heizelementstumpfschweißen das
Schweißen unter hochreinen Bedingungen sowie das Schweißen von abrasiven Werkstoffen,
da die zu fügenden Halbzeuge nicht mit dem Heizelement in Kontakt kommen, sondern über
Strahlung erwärmt werden. Das Verfahren hat sich bereits vor allem in der Automobilindustrie
und der Medizintechnik bewährt. Für das Schweißen von PVC-Fensterprofilen wurde das IRSchweißen bisher noch nicht eingesetzt. Es stellt jedoch insbesondere für das Schweißen von
faserverstärkten Fensterprofilen eine interessante Alternative zum HS dar.
Abbildung 15 zeigt den prinzipiellen Ablauf sowie den schematischen Druck- und Wegverlauf
einer IR-Schweißung. Zu beachten ist hierbei die im Vergleich zum Heizelementstumpfschweißen fehlende Angleichphase.
Abbildung 15: Schematischer Ablauf einer IR-Schweißung mit Druck- und Wegverlauf
Infrarot-Strahler werden in der Regel anhand der
maximal emittierten Strahlung unterteilt. Im
Gegensatz zu einem Laser emittieren IR-Strahler
nicht nur eine Wellenlänge, sondern vielmehr ein
Spektrum, welches bei einer bestimmten
strahlerspezifischen Wellenlänge sein Maximum
zeigt. Es sind IR-Strahler erhältlich, welche
hauptsächlich kurzwellige, mittelwellige oder
langwellige
Infrarotstrahlung
emittieren.
In
Abbildung
16
sind
Emissionsspektren
verschiedener Infrarot-Strahler dargestellt.
Der ideale Strahler für einen bestimmten
Einsatzzweck muss stets im Vorfeld ausgesucht
werden, da (analog zu den Emissionsspektren der
Strahler) jeder Kunststoff ein spezifisches
Absorptionsspektrum u. a. für IR-Strahlung besitzt. Abbildung 16: Emissionsspektren
Dieses ist hauptsächlich abhängig von der verschiedener IR-Strahler [Her10]
makromolekularen
Zusammensetzung
des
Kunststoffes und den möglicherweise enthaltenen Füllstoffen.
23
Ein Absorptionsmaximum bei ca. 3 - 4 µm ist charakteristisch für Kunststoffe, da es sich hierbei
um den Resonanzbereich der [CH]-Gruppe handelt. Füllstoffe erhöhen in der Regel den
Absorptionsgrad eines Kunststoffes deutlich. Das bedeutet, dass die auftreffende Strahlung
nicht mehr so tief in das Bauteil eindringen kann, sondern bereits an der Oberfläche in Wärme
umgewandelt wird. Das Bauteil wird somit bis zur Erreichung einer ausreichenden
Schmelzeschichtdicke über Wärmeleitung erwärmt. [Geh08, Rat07]
Die Erwärmung eines verstärkten Kunststoffes über Oberflächenabsorption und Wärmeleitung
erfordert in der Regel eine deutlich längere Anwärmzeit als bei reinen Kunststoffen. Dies
wiederum kann allerdings zu einer beschleunigten thermischen Schädigung der obersten
Schichten des Bauteils führen, da diese über eine längere Zeit den hohen Temperaturen
ausgesetzt sind. Um trotz dieser Umstände ein gutes Schweißergebnis zu erhalten, muss also
die Strahlerleistung bzw. -temperatur genau auf die Materialeigenschaften eingestellt werden.
[Rat07, Bon00]
Neben dem Fügedruck und der Strahlertemperatur bzw. -leistung ist beim Infrarotschweißen
auch die Entfernung der zu fügenden Bauteile zum Strahler in der Anwärmphase von hoher
Bedeutung. Die DVS-Richtlinie 2207-6 gibt eine maximale Abweichung der Planparallelität von
0,3 mm vor [DVS03]. Ein definierter Abstand zwischen Probe und Strahler ist entscheidend, um
die eingestellte hohe Temperatur sinnvoll nutzen und reproduzierbar arbeiten zu können.
Typische Abstände zum Strahler liegen im Bereich von wenigen Millimeter und sind stark
werkstoffabhängig.
3.2.1
Grundlegende Versuche zum Erwärm- und Aufschmelzverhalten
Nach Beratungsgesprächen mit dem Infrarotstrahler-Hersteller HERAEUS Noblelight GmbH
wurde ein Teststand für grundlegende Untersuchungen zum Erwärm- und Aufschmelzverhalten
der betrachteten Fensterprofilmaterialien konzipiert, von URBAN umgesetzt und dem SKZ zur
Verfügung gestellt (vgl. Abbildung 17).
1
2
4
3
Abbildung 17: Links: Prinzip-Zeichnung des IR-Teststands; Rechts: Labor-Aufbau
mit Teststand (1), Profil-Probekörper (2), Leistungssteller (3) und Funktionsgenerator (4)
Für diesen Teststand wurden drei kurzwellige Zwillingsrohr-IR-Strahler aus Quarzglas gewählt,
welche im Abstand zueinander und zu den Probekörpern variiert werden können. Die Strahler
weisen jeweils die in Tabelle 6 aufgelisteten Spezifikationen auf.
24
Rohrtyp
23x11 mm (Breite x Höhe)
Reflektor
Mit Spezialgoldreflektor (einseitig)
Bauform
Bauform B; beide Kanäle beheizt
Anschlussart
1-seitig
Max. Strahlerleistung
1.150 W
Strahlerspannung
230 V
Gesamtlänge
215 mm
Beheizte Länge
150 mm
Tabelle 6: Spezifikationen der kurzwelligen Zwillingsrohr-IR-Strahler
Über einen Leistungssteller können die Strahler zwischen 0 und 100 % Leistung stufenlos
angesteuert werden. Zudem ermöglicht eine externe Schnittstelle die Steuerung der Strahler mit
einem Funktionsgenerator, sodass beliebige zeitabhängige Leistungsverläufe vorgegeben
werden können. Die technischen Daten des Leistungsstellers sind dem Datenblatt im Anhang
zu entnehmen (Punkt 8).
Mit diesem entwickelten Teststand sollten mit relativ geringem konstruktiven und maschinentechnischen Aufwand erste Erkenntnisse zum Anwärmen und Aufschmelzen der Fensterprofilmaterialien generiert werden.
Dazu wurden zunächst kurze Profilabschnitte (ca. 2 cm lang) unter den Infrarotstrahlern
positioniert und mit unterschiedlichen Parametereinstellungen bestrahlt.
Die relevanten Parameter waren hierbei:
-
Abstand der Strahler zur aufzuschmelzenden Profilfläche
Abstand der Strahler zueinander
Strahlerleistung
Anwärmzeit
Einerseits wurden direkt nach Ablauf der Anwärmzeit die Profilflächen mittels Thermokamera
analysiert, um die Homogenität der Erwärmung zu überprüfen und beispielsweise „Hot- und
Coldspots“ zu lokalisieren sowie das Strahlerfeld dementsprechend anpassen zu können.
Abbildung 18 verdeutlicht dies exemplarisch. Daraus wird ersichtlich, dass sich ein größerer
Abstand der Strahler sowohl untereinander als auch zum aufzuschmelzenden Profil positiv auf
die Temperaturverteilung über die Profilfläche auswirken kann und folglich thermisch
geschädigtes Material am Fügeteil verhindert werden kann. Dies wird jedoch eine längere
Anwärmzeit zur Erzeugung der gleichen Schmelzeschichtdicke erfordern. Grundsätzlich ist
daher ein möglichst enger Strahlerabstand untereinander und falls erforderlich eine höhere
Strahleranzahl zu empfehlen, um ein homogenes Strahlerfeld zu schaffen und somit auch den
Abstand zu den Fügeteilen sowie die Anwärmzeit gering halten zu können.
25
Abbildung 18: Einfluss der Strahleranordnung auf Temperaturverteilung und Materialzustand.
Oben: Enge Strahleranordung, inhomogene Temperaturverteilung und folglich lokale thermische
Materialschädigungen (Abstand Profil – Strahler = 35 mm; Leistung = 100 %; Anwärmzeit = 10 s).
Unten: Breiteres Strahlerfeld, homogenere Temperaturverteilung und kaum geschädigtes Material
(Abstand Profil – Strahler = 45 mm; Leistung = 100 %; Anwärmzeit = 15 s)
Andererseits wurden die Profilabschnitte unmittelbar nach dem Anwärmen auf einem speziellen
Laboraufbau zur Bestimmung der erzeugten Schmelzeschichtdicke platziert. Dort wurde ein
Prüfkeil (Keilwinkel 90°) aus PEEK (Polyetheretherketon) mit einer definierten Kraft senkrecht
gegen einen ausgewählten aufgeschmolzenen Profilsteg gefahren und der dabei zurückgelegte
Weg sensorisch erfasst (vgl. Abbildung 19). Somit sollte die Eindringtiefe des Keils in das
plastifizierte Material quantitativ aufgezeichnet und die zuvor erzeugte Schmelzeschichtdicke in
guter Näherung bestimmt werden.
PEEK-Keil
Abbildung 19: Anschmelzen eines Profilabschnittes durch IR-Strahler (links) und Ermittlung
der Schmelzeschichtdicke an äußerer Profilwand durch Eindringen eines PEEK-Keils (rechts)
Das weitergreifende Ziel dabei war es, für das jeweilige Material die Anwärmparameter bzw.
Stahlerkonfiguration zu ermitteln, welche eine möglichst große Schmelzeschichtdicke erzeugen,
ohne dass eine signifikante Materialdegradation an der Oberfläche stattfindet.
Es stellte sich jedoch heraus, dass durch diese Methode zu hohe Werte gemessen werden, da
der Keil nicht nur in die Schmelze, sondern auch in das zwar erweichte aber noch nicht
vollständig aufgeschmolzene Material eindringt. Zudem werden die Messwerte durch den mit
steigender Eindringtiefe größer werdenden Keilwiderstand beeinflusst.
26
Daher wurde die Methode zur Bestimmung der Schmelzeschichtdicke überarbeitet und der
Teststand entsprechend angepasst. Anstelle des gesamten Profilquerschnitts sollten nun
zunächst lediglich Materialproben in Form von Plättchen aus den Profilmaterialien betrachtet
werden. Diese wurden wie die Probekörper für die Zugprüfung (vgl. Punkt 3.1.1, Abbildung 5)
aus den Deckschichten bzw. den PBT-GF-Stegen (energeto®-Profile) entnommen und hatten
Abmessungen von ca. 3x10x40 mm. Für die Erwärmung bzw. das Anschmelzen dieser
Plättchen wurde lediglich ein einzelner IR-Strahler verwendet. Die Plättchen wurden nach
Ablauf der Anwärmphase mit der angeschmolzenen Seite bei einem hohen Druck von
10 N/mm² gegen eine feste Metallplatte gepresst. Diese war mit einer Antihaftfolie versehen
und zudem auf 95 °C temperiert, um ein sofortiges Erstarren der Schmelze zu verhindern.
Durch den hohen Druck wird annähernd die gesamte zuvor erzeugte Kunststoffschmelze
verdrängt, sodass der zurückgelegte Weg der erzeugten Schmelzeschichtdicke entspricht. Der
Weg wurde über einen Wegaufnehmer am Teststand aufgezeichnet. Der Versuchsaufbau ist in
Abbildung 20 zu sehen.
1
2
3
Abbildung 20: Versuchsaufbau zur Schmelzeschichtmessung. Links: IR-Strahler (1) und
Probenplättchen in Erwärmposition (2). Rechts: Probenplättchen nach Schmelzeverdrängung (3)
Diese Vorgehensweise erwies sich als sehr zweckmäßig zur Bestimmung des Aufschmelzverhaltens der untersuchten Materialien und lieferte sehr gut reproduzierbare Ergebnisse.
Im Folgenden sind einige Ergebnisse dargestellt. In den Abbildungen 21 bis 28 sind jeweils
Messwerte markiert, bei denen das Material an der Oberfläche bereits eine offensichtliche
thermische Schädigung erlitten hat. „Leichte Schädigung“ bedeutet hierbei, dass z. B. bereits
eine Verfärbung zu beobachten war, während „Starke Schädigung“ für eine deutlich
Materialdegradation (Zersetzung) steht.
Abbildung 21 und Abbildung 22 zeigen die gemessenen Schmelzeschichtdicken für das PVCGF-Material der Geneo-Profile bei 100 % Strahlerleistung, einmal in Abhängigkeit von der
Anwärmzeit bei verschiedenen Strahlerabständen und einmal in Abhängigkeit vom
Strahlerabstand bei verschiedenen Anwärmzeiten.
27
Abbildung 21: Schmelzeschichtdicken an
PVC-GF-Material (Geneo-Profil) bei 100 %
Strahlerleistung in Abhängigkeit von der
Anwärmzeit bei verschiedenen Abständen
Abbildung 22: Schmelzeschichtdicken an
PVC-GF-Material (Geneo-Profil) bei 100 %
Strahlerleistung in Abhängigkeit vom
Abstand bei verschiedenen Anwärmzeiten
Abbildung 23 zeigt weiter die gemessenen Schmelzeschichtdicken für das PVC-GF-Material der
Geneo-Profile bei 50 % Strahlerleistung in Abhängigkeit von der Anwärmzeit bei verschiedenen
Strahlerabständen. In Abbildung 24 sind für dieses Material die Schmelzeschichtdicken bei
einem konstanten Abstand von 20 mm in Abhängigkeit von der Anwärmzeit für verschiedene
Strahlerleistungen zu sehen.
Abbildung 23: Schmelzeschichtdicken an
PVC-GF-Material (Geneo-Profil) bei 50 %
Strahlerleistung in Abhängigkeit von der
Anwärmzeit bei verschiedenen Abständen
Abbildung 24: Schmelzeschichtdicken an
PVC-GF-Material (Geneo-Profil) bei 20 mm
Strahlerabstand in Abhängigkeit von der
Anwärmzeit bei verschiedenen Leistungen
Mit den verwendeten Strahlern und Parametern sind beim PVC-GF demnach problemlos
Schmelzeschichtdicken im Bereich um 2 mm in relativ kurzer Zeit erreichbar. Bei längeren aber
akzeptablen Anwärmzeiten oder höherer Materialbelastung waren in diesen Versuchen
maximal etwas über 3 mm Schmelze möglich. Es ist davon auszugehen, dass durch weitere
Optimierungen (z. B. andere Strahler, zeitabhängige Leistungsteuerung) noch etwas höhere
Werte erreicht werden könnten, sodass ein IR-Schweißen dieses Materials gut möglich sein
sollte. Hierfür wären schon Fügewege und damit Schmelzeschichtdicken von 1 bis 2 mm
theoretisch ausreichend. Allerdings müssen die Zuschnittstoleranzen der Fensterprofile in der
Fertigung bedacht werden, welche in gewissen Grenzen ausgeglichen werden müssen und
daher je nach Übermaß etwas höhere Schmelzeschichtdicken erfordern können.
28
Abbildung 25 zeigt die gemessenen Schmelzeschichtdicken für das unverstärkte PVC-Material
der energeto®-Profile mit einem konstanten Strahlerabstand von 10 mm in Abhängigkeit von
der Anwärmzeit bei verschiedenen Strahlerleistungen. Abbildung 26 zeigt hierfür die Ergebnisse
bei einem Strahlerabstand von 20 mm.
Abbildung 25: Schmelzeschichtdicken an
PVC-Material (energeto®-Profil) bei 10 mm
Strahlerabstand in Abhängigkeit von der
Anwärmzeit bei verschiedenen Leistungen
Abbildung 26: Schmelzeschichtdicken an
PVC-Material (energeto®-Profil) bei 20 mm
Strahlerabstand in Abhängigkeit von der
Anwärmzeit bei verschiedenen Leistungen
Für das Material aus den PBT-GF-Stegen der energeto®-Profile zeigt Abbildung 27 die
gemessenen Schmelzeschichtdicken bei einem Strahlerabstand von 10 mm in Abhängigkeit
von der Anwärmzeit für verschiedene Strahlerleistungen. In Abbildung 28 sind hingegen die
Ergebnisse bei einer konstanten Strahlerleistung von 50 % in Abhängigkeit von der Anwärmzeit
bei verschiedenen Abständen dargestellt.
Abbildung 27: Schmelzeschichtdicken an
PBT-GF-Material (energeto®-Profil) bei 10 mm
Strahlerabstand in Abhängigkeit von der
Anwärmzeit bei verschiedenen Leistungen
Abbildung 28: Schmelzeschichtdicken an
PBT-GF-Material (energeto®-Profil) bei 50 %
Strahlerleistung in Abhängigkeit von der
Anwärmzeit bei verschiedenen Abständen
Mit dem unverstärkten PVC der energeto®-Profile sind ähnliche Schmelzeschichtdicken bei
vergleichbaren Bedingungen erreichbar, wie mit dem PVC-GF der Geneo-Profile. Beim PBT-GF
der energeto®-Profile war es jedoch kaum möglich, Schmelzeschichtdicken von über 1 mm
ohne teilweise gravierende Zersetzungserscheinungen des Materials zu erreichen. Eine
Schmelzeschicht von 2 mm oder mehr konnte mit den angewandten Bedingungen in keinem
Fall erreicht werden. Grund hierfür ist vermutlich zum einen die schwarze Färbung des PBT-GF
und zum anderen der relativ hohe Glasfaseranteil von 50 %, was die IR-Strahlung kaum in das
Material eindringen lässt und daher zu einer sehr starken Oberflächenabsorption führt.
29
Hier könnten durch den Einsatz anderer Strahler und zeitlich variabler Leistungsprofile evtl.
Verbesserungen erreicht werden.
Obige Kurven zeigen allgemein, dass bestimmte Schmelzeschichtdicken je nach Material durch
unterschiedliche Parameterkombinationen erreicht werden können. Wenn eine erforderliche
Schmelzeschichtdicke für das Schweißen der Materialien auf einer Maschine festgelegt ist,
kann anhand dieser Kurven entschieden werden, welche Parametereinstellung hierfür
zweckmäßig sind. Dabei kann je nach Anforderung die Priorität auf Effizienz (hohe Leistung,
kurze Anwärmzeit), Platzbedarf (erforderlicher Strahlerabstand) oder Sicherheit (Material nicht
beschädigt und/oder „Schmelzepuffer“) gelegt werden. Unter „Schmelzepuffer“ ist hierbei zu
verstehen, dass mehr Material aufgeschmolzen wird, als eigentlich für den Schweißprozess
notwendig wäre. Somit wird sicher gestellt, dass auch bei abweichenden Rahmenbedingungen
genug Schmelze vorhanden ist bzw. Längentoleranzen von Profilzuschnitten ausgeglichen
werden können.
3.2.2
Umrüstung einer Standard-Schweißmaschine auf IR-Technologie
Aufbauend auf den Erkenntnissen der bisherigen Versuche mit der Infraroterwärmung wurde
eine standardmäßige Einkopf-Heizelementstumpfschweißmaschine von URBAN für die
Durchführung von IR-Schweißversuchen umgerüstet (vgl. Abbildung 29). Als Basis wurde das
Modell AKS1150 herangezogen. Mit dieser Maschine können Fensterprofile im Winkel von 180°
(„gerade“ Stumpfschweißung) bis 30° geschweißt werden.
Steuerung für IR-Strahler
Spannvorrichtungen
IR-Strahler-Modul
Bedienelemente
Leistungssteller
für IR-Strahler
Abbildung 29: Experimentelle Einkopf-IR-Schweißmaschine URBAN AKS1150-IR für Fensterprofile
Dazu wurde das Heizelement entfernt und stattdessen ein IR-Strahlermodul hergestellt und in
die Maschine integriert. Dieses fährt aus Platzgründen nicht wie üblich von unten aus dem
Maschinengehäuse heraus, sondern wurde an der Rückseite auf dem Maschinentisch montiert,
von wo aus es über eine Kippmechanik in die Schweißzone eingefahren werden kann. Für das
Strahlermodul wurden insgesamt fünf Zwillingsrohrstrahler (vgl. Tabelle 6) ohne Goldreflektor
verwendet, sodass eine beidseitige Abstrahlung erfolgen kann. Durch die beiden zusätzlichen
Strahler im Vergleich zum Teststand und einen geringen Abstand zwischen den einzelnen
Strahlern sollte ein möglichst homogenes Strahlerfeld geschaffen werden. Da das
Strahlermodul in der Schweißposition wegen des Platzbedarfs nicht höhenverstellbar ist, kann
die vertikale Lage der zu schweißenden Profile im Strahlerfeld nur über entsprechende
Unterlagen variiert werden.
30
Die Maschine wurde um einen entsprechend dimensionierten Leistungssteller sowie eine
spezielle Steuerung für IR-Strahler erweitert. Dabei sind drei getrennte Steuerkreise vorhanden,
welche jeweils mit einem oder mehreren der fünf IR-Strahler belegt werden können, sodass das
Strahlerfeld in gewissen Grenzen ortsabhängig angepasst werden kann. Zudem ist eine zeitlich
veränderbare Einstellung der Strahlerleistung in den einzelnen Steuerkreisen von 0 bis 100 %
über die gesamte Anwärmzeitspanne in Schritten von 0,5 s möglich.
Zusätzlich wurde ein „Versuchsmodus“ implementiert, mit dem bestimmte Strahlereinstellungen
getestet werden können, ohne dabei einen tatsächlichen Schweißzyklus durchlaufen zu
müssen. So kann beispielsweise ausschließlich die Erwärmung der Fensterprofilmaterialien bei
bestimmten Bedingungen (Parameter, Strahlermodul-Konfiguration, Blenden, etc.) erprobt
werden.
3.2.3
Schweißversuche auf der experimentellen IR-Schweißmaschine
Um die Parameterauswahl zur Herstellung von IR-Schweißverbindungen auf der experimentellen IR-Schweißmaschine weiter einzugrenzen, wurden Schweißungen bei unterschiedlichen
Bedingungen hergestellt und direkt bewertet. Die Bewertungskriterien sowie die Art der
Überprüfung dieser Kriterien sind in Tabelle 7 aufgeführt. Es wurden hierbei Profilstücke gerade
(im 180°-Winkel) verschweißt.
Bewertungskriterien
Überprüfung
Schmelzeschicht ausreichend
Sensorisch: Eingestellter Fügeweg erreicht
Keine zu tiefe Erweichung der Fensterprofile
Optisch: „Ausbeulung“ neben der Schweißnaht
Aussehen der Verbindung
Optisch: Geschlossene Verbindung, Wulstausprägung
Mechanisch: „Handfeste“ Verbindung
Materialschädigung
Optisch: Verfärbung, Zersetzung
Tabelle 7: Bewertungskriterien für IR-geschweißte Fensterprofile auf der AKS1150-IR
Variiert wurden die Parameter Strahlerleistung, Strahlerabstand und Anwärmzeit. Alle fünf
Strahler wurden für diese Versuche jeweils auf dem gleichen Leistungsniveau betrieben, um die
zusätzlichen Einflussfaktoren gering zu halten.
Die in Tabelle 8 aufgeführten Parameter wurden bei diesen Versuchen konstant gehalten.
Fügezeit
30 s
Fügeweg (je Seite)
2 mm
Fügedruck
4 bar
Abstand der Wulstbegrenzungsmesser
2 mm
Profilunterlage zur Zentrierung im Strahlerfeld
10 mm
Spanndruck*
2 bar
* Profile zusätzlich gegen Verrutschen mechanisch abgestützt
Tabelle 8: Fixe Schweißmaschineneinstellungen für die Schweißversuche auf der AKS1150-IR
Die Versuche zeigten, dass vor allem die Erwärmung der Profilwände durch seitliche
Einstrahlung und die übermäßige Materialschädigung besonders an PVC-P-Dichtungsprofilen
und den PBT-GF-Stegen problematisch sind. Die seitliche Bestrahlung der Profilwände hat zur
Folge, dass auch Material erweicht, welches nicht direkt am Schweißprozess beteiligt ist, daher
31
der Fügedruck nicht mehr optimal aufgebaut werden kann und die Profilwände neben der
Schweißnaht „ausbeulen“ (vgl. Abbildung 30, links).
Übermäßige Materialschädigung tritt auf, weil die verschiedenen Materialanteile (PVC, PBT-GF,
PVC-P-Dichtungen) unterschiedliche Strahlungsdosen zur Erwärmung benötigen. Deshalb kann
es zu teilweise starker Rauchentwicklung kommen (insbesondere bei PBT-GF), was sowohl die
IR-Strahler verschmutzt als auch Ablagerungen in der Schweißnaht zur Folge haben kann (vgl.
Abbildung 30, rechts). Darüber hinaus ist eine Absaugvorrichtung über der Schweißmaschine
erforderlich, da sonst eine bedenkliche Belastung der Raumluft erfolgen würde.
Abbildung 30: IR-Stumpfschweißungen (hergestellt auf AKS1150-IR). Links: „Ausbeulung“ neben
der Schweißnaht aufgrund zu tiefer Erwärmung durch seitliche Einstrahlung. Rechts: Ablagerung
in der PVC-Schweißnaht wegen Materialschädigung
Mit gut bewerteten Parametern gemäß der Kriterien aus Tabelle 7 wurden dennoch
Schweißungen hergestellt und Probekörper für die anschließende Bestimmung der
Zugfestigkeit entnommen. Die Probekörperentnahme und Prüfung erfolgte analog zu Punkt
3.1.1. Tabelle 9 zeigt die angewandten Schweißparameter mit den energeto®-Profilen.
Parameter-Nr.
(energeto®)
Strahlerleistung
[%]
Strahlerabstand*
[mm]
Anwärmzeit
[s]
IR-E1
100
24
10,0
IR-E2
70
24
10,0
IR-E3
50
24
17,5
* zu den Fügeteilen
Tabelle 9: Variierte IR-Schweißparameter zur Herstellung von Zugprobekörpern
aus energeto®-Profilen (sonstige Parameter gemäß Tabelle 8)
Bei der Entnahme der Zugprobekörper aus den so hergestellten IR-Stumpfschweißungen zeigte
sich, dass zwischen den PBT-GF-Stegen der energeto®-Profile quasi keine Verbindung
zustande gekommen war und diese daher unmittelbar auseinander fielen. Daher sind in
Abbildung 31 lediglich die Zugfestigkeiten und Schweißfaktoren des PVC-Materials aus den
energeto®-Profilen sowie die Festigkeit des Grundmaterials (GM) und einer HS-Schweißung
bei Startparametern zum Vergleich dargestellt.
32
Abbildung 31: Grundmaterialfestigkeit des energeto® PVC-Materials, Zugfestigkeit einer
HS-Schweißung bei Startparametern und ermittelte Zugfestigkeiten von IR-Schweißungen
gemäß den Parametern aus Tabelle 9 sowie die entsprechenden Kurzzeit-Zugschweißfaktoren
Das PVC-Material der energeto®-Profile lässt sich demnach sehr gut mittels IR schweißen,
weshalb hiermit Schweißfaktoren bis zu 1,0 erreicht werden konnten (IR-E1 bis IR-E3).
Tabelle 10 zeigt die im Rahmend dieser Versuche angewandten IR-Schweißparameter mit den
Geneo-Profilen, während in Abbildung 32 die Zugfestigkeiten und resultierenden Schweißfaktoren des PVC-GF aus den Geneo-Profilen sowie die Festigkeit des Grundmaterials (GM) und
einer HS-Schweißung bei Startparametern zum Vergleich dargestellt sind.
Parameter-Nr.
(Geneo)
Strahlerleistung
[%]
Strahlerabstand*
[mm]
Anwärmzeit
[s]
IR-G1
70
24
10,0
IR-G2
70
10
7,5
IR-G3
50
24
17,5
* zu den Fügeteilen
Tabelle 10: Variierte IR-Schweißparameter zur Herstellung von Zugprobekörpern
aus Geneo-Profilen (sonstige Parameter gemäß Tabelle 8)
33
Abbildung 32: Grundmaterialfestigkeit des Geneo PVC-GF, Zugfestigkeit einer HS-Schweißung
bei Startparametern und ermittelte Zugfestigkeiten von IR-Schweißungen gemäß den Parametern
aus Tabelle 10 sowie die entsprechenden Kurzzeit-Zugschweißfaktoren
Mit dem Material der Geneo-Profile konnten im Rahmen der durchgeführten IR-Versuche erst
Schweißfaktoren von maximal 0,8 erreicht werden. Da mit dem Material durch HS
Schweißfaktoren von 1,0 möglich sind, ist davon auszugehen, dass durch eine weitere
Parameteroptimierung und Anpassung an das Materialverhalten auch mittels IR gleichwertige
Schweißfaktoren realisiert werden können.
Grundsätzlich können mittels IR-Schweißen demnach sehr gute Schweißnahtfestigkeiten
erreicht werden. Allerdings ist die homogene Erwärmung des Fensterprofils und aller
Profilbestandteile eine Herausforderung. Um die IR-Strahlung nur auf bestimmte Bereiche zu
fokussieren bzw. je nach Material zu dosieren, könnten Blenden eingesetzt werden, die wie
eine Schablone der Profilgeometrie entsprechen. Hierzu wurden erste Versuche durchgeführt.
Derartige Blenden müssen sehr genau herstellbar sein und auch relativ filigrane Strukturen
abbilden können. Die Herstellung von Blenden aus Metall ist problematisch, da feine
Metallstege die Schweißzonen abschatten würden, um die Verblendung der inneren
Profilkammern halten zu können.
Daher wurden experimentelle Blenden auf Basis von Quarzglasplatten (150x150x2 mm) für die
energeto®-Profile hergestellt. Quarzglas besitzt eine hohe Durchlässigkeit (> 90 %) für IRStrahlung im relevanten Wellenlängenbereich. Durch das selektive Beschichten einer
Quarzglasplatte mit einer IR-undurchlässigen bzw. idealerweise IR-reflektierenden Schicht kann
eine Fensterprofilgeometrie exakt abgebildet werden. Als Beschichtung kommen vor allem
metallische Schichten in Frage, die stark reflektierend und temperaturbeständig sind. Ideal wäre
sicher eine Goldbeschichtung, wie sie auch bei den Quarzglas-IR-Strahlern selbst als
Reflektorschicht eingesetzt werden kann. Für die experimentelle Blendenherstellung im
Rahmen dieses Projekts wurde jedoch ein Aluminiumspray (99,5 % Aluminium) verwendet, um
den Aufwand für diese grundsätzlichen Versuche gering zu halten. Als Schablone für die
partielle Beschichtung der Quarzglasplatten wurde hier ein dünner Abschnitt des energeto®Profils selbst verwendet, sodass noch keine spezifische Anpassung auf einzelne Materialbereiche erfolgte. Grundsätzlich könnten hier jedoch durch optimale Abstimmung sehr material- und
profilgerechte Blenden hergestellt werden, z. B. auch durch unterschiedliche Spaltbreiten oder
34
Schichtdicken in bestimmten Bereichen. Abbildung 33 zeigt die beiden hergestellten
Quarzglasblenden für das energeto®-Profil zur Montage am Strahlermodul der Schweißmaschine AKS1150-IR. In Abbildung 34 ist eine Seite des Strahlermoduls mit eingebauter Blende
auf der Schweißmaschine im Einsatz zu sehen.
Abbildung 33: Experimentell hergestellte Blenden (Quarzglasplatten mit partieller Aluminiumbeschichtung) für Schweißversuche mit dem energeto®-Profil auf der AKS1150-IR
Abbildung 34: Eingebaute und justierte Quarzglas-Blenden für das energeto®-Profil
auf der AKS1150 vor (links) und während (rechts) dem Schweißen
Die Blenden wurden dabei so weit wie möglich von den IR-Strahlern entfernt positioniert
(20 mm), um eine gleichmäßige Bestrahlung aller Segmente zu erzielen. Der Abstand zwischen
Blende und Profilen betrug somit noch 2 mm. Mit den Schweißparametern aus Tabelle 11
wurden unter diesen Vorraussetzungen Schweißverbindungen für die anschließende Entnahme
von Zugprobekörpern erstellt. Da die Blenden die eingestrahlte Intensität insgesamt
reduzierten, mussten die Anwärmzeiten etwas höher gewählt werden, um ausreichend Material
aufzuschmelzen.
35
Parameter-Nr.
(energeto®)
Strahlerleistung
[%]
Strahlerabstand*
[mm]
Blendenabstand*
[mm]
Anwärmzeit
[s]
IR-E4
100
24
2
12,5
IR-E5
100
24
2
15,0
* zu den Fügeteilen
Tabelle 11: Variierte IR-Schweißparameter zur Herstellung von Zugprobekörpern aus energeto®Profilen unter Einsatz von Quarzglasblenden (sonstige Parameter gemäß Tabelle 8)
Zwischen den PBT-GF-Stegen konnte auch hier keine prüfbare Verbindung hergestellt werden.
Diesbezüglich sind noch weitere Feinabstimmungen erforderlich. Die ermittelten Festigkeiten
und Kurzzeit-Zugschweißfaktoren für das unverstärkte PVC-Material der energeto®-Profile sind
in Abbildung 35 dargestellt.
Abbildung 35: Grundmaterialfestigkeit des energeto® PVC-Materials, Zugfestigkeit einer HSSchweißung bei Startparametern und ermittelte Zugfestigkeiten von IR-Schweißungen gemäß
den Parametern aus Tabelle 11 (mit Blenden) sowie entsprechende Kurzzeit-Zugschweißfaktoren
Mit den im Rahmen des Projekts experimentell hergestellten Blenden konnte zwar eine
homogenere Erwärmung des Profilquerschnitts erreicht werden, allerdings führten die
angewandten Schweißparameter beim PVC-Material der energeto®-Profile zu verringerten
Schweißfaktoten von maximal 0,76. Entsprechende Blenden müssen weiter optimiert und
exakter gefertigt werden, um das volle Potenzial bezüglich der mittels IR erreichbaren
Schweißnahtfestigkeiten auszuschöpfen. Zudem ist eine Anpassung der IR-Parameter auf die
jeweils eingesetzten Blenden erforderlich, bzw. sollte idealerweise die Parameteroptimierung
bei bereits vorhanden Blenden erfolgen.
36
3.2.4
Versuchsweise Ausrüstung einer Serienschweißmaschine mit IR-Technologie
Parallel zu den am SKZ durchgeführten Versuchen wurde in den Werkshallen der Fa. URBAN
eine Vierkopf-Serienschweißmaschine für PVC-Fenster zu Testzwecken mit IR-Technologie
ausgestattet. Ziel war es hierbei, erste Erfahrungen bezüglich des Aufwands einer potenziellen
Umsetzung des IR-Verfahrens in der industriellen Kunststofffenster-Fertigung zu erlangen.
Hierzu wurde eine Vierkopf-Schweißmaschine vom Typ AKS6610 mit vier Strahlermodulen,
bestehend aus jeweils drei Zwillingsrohr-IR-Strahlern (vgl. Tabelle 6, ohne Goldreflektor) und
einer entsprechenden Steuerung ausgestattet. In Abbildung 36 ist eine AKS6610 in
Standardausführung (links) sowie die umgerüstete Version mit IR-Strahlermodulen (rechts) zu
sehen.
Vier Schweißköpfe (Heizelemente)
Geschweißter Fensterrahmen
IR-Strahlermodul
Abbildung 36: Vierkopf-Schweißmaschine AKS6610 in Standardausführung (HS)
mit vier Heizelementen (links) und ausgestattet mit IR-Strahlermodulen (rechts)
Diverse Schweißversuche zur Herstellung von Fensterrahmen wurden auf dieser Maschine
durchgeführt, ohne dabei festigkeitsbezogene Kennwerte zu ermitteln. Vielmehr wurden für die
Fa. URBAN praxisnahe Erkenntnisse gesammelt, beispielsweise zu erforderlichen
Dimensionierungen, steuerungstechnischen Anforderungen und sicherheitsrelevanten
Aspekten. Die Notwendigkeit spezieller Blenden zur homogenen und materialgerechten
Erwärmung der Fensterprofile wurde auch hier deutlich.
37
3.2.5
Zwischenfazit: Infrarotschweißen
Durch die grundlegenden Versuche zum Erwärm- und Aufschmelzverhalten der Versuchmaterialien konnte gezeigt werden, dass durch IR-Strahlung materialabhängig ausreichende
Schmelzeschichten für das anschließende Fügen erreicht werden können. Hohe Füllstoff- bzw.
Glasfaseranteile (wie z. B. bei PBT-GF) führen zu starker Oberflächenabsorption der Strahlung
und dadurch zu einer geringen Eindringtiefe, verbunden mit frühzeitiger, oberflächennaher
Materialschädigung. Der Schweißvorgang sollte daher solcher Materialien angepasst werden.
Die erforderlichen Schmelzeschichtdicken können je nach Material jedoch durch unterschiedliche Parameterkombinationen erreicht werden, wobei beachtet werden muss, dass im Rahmen
dieses Projektes lediglich ein Strahlertyp (kurzwellig) angewandt wurde. IR-Strahler mit anderen
Emissionsspektren könnten für bestimmte Materialien evtl. besser geeignet sein. Die Einflüsse
der variierten Parameter bei diesen Versuchen sind klar erkennbar und decken sich mit der
Theorie: Eine höhere Strahlerleistung bedeutet schnelleres Aufschmelzen, jedoch verstärkte
Materialschädigung an der Oberfläche. Eine längere Anwärmzeit bedeutet höhere
Schmelzeschichtdicken, wobei auch hier auf die Materialschädigung geachtet werden muss.
Ein größerer Abstand der Strahler zum Fügeteil führt zu einer gleichmäßigeren Erwärmung,
wobei die erzeugte Schmelzeschichtdicke mit steigendem Abstand quadratisch abnimmt.
Mit der hergestellten experimentellen Einkopf-IR-Schweißmaschine konnten erste
Schweißversuche durchgeführt und Erkenntnisse gesammelt werden. Es konnten mittels IRSchweißen sehr gute Schweißnahtfestigkeiten (Schweißfaktor 1,0 beim PVC der energeto®Profile) erreicht werden. Beim PVC-GF der Geneo-Profile wurden lediglich Schweißfaktoren von
maximal 0,8 erreicht. Hier sollte durch eine tiefergehende Optimierung jedoch auch ein
Schweißfaktor von 1,0 möglich sein. Mit den PBT-GF-Stegen (energeto®) hingegen, konnte
keine prüfbare Verbindung erzeugt werden, was in erster Linie auf die geringere erzeugbare
Schmelzeschichtdicke und auf die teilweise starke Materialdegradation durch die IR-Strahlung
zurückzuführen ist. Dies erfordert eine angepasste Bestrahlung der unterschiedlichen
Materialanteile im energeto®-Profil (PVC und PBT-GF).
Die homogene Erwärmung eines Fensterprofils und aller Profilbestandteile ist demnach eine
große Herausforderung. Um die IR-Strahlung nur auf bestimmte Bereiche zu fokussieren bzw.
sie je nach Material zu dosieren, können Blenden eingesetzt werden. Hierzu wurden erste
Versuche unternommen, die eine vielversprechende Herangehensweise zur Herstellung
geeigneter profilspezifischer Blenden aufzeigen. Bei einer umfassenden Optimierung der
Blenden und durch die Anpassung der Strahlerparameter können diese Blenden eine gute
Lösung darstellen und das IR-Schweißverfahren für Fensterprofile grundsätzlich und
insbesondere mit faserverstärkten Materialanteilen sinnvoll anwendbar machen.
Durch die versuchsweise Ausrüstung einer Vierkopf-Schweißmaschine mit IR-Technologie
konnten wichtige Erfahrungen zur maschinentechnischen Umsetzung des Verfahrens
gesammelt werden.
38
4. Ökologische und ökonomische Bewertung der Schweißprozesse
In den folgenden Betrachtungen zur ökologischen und ökonomischen Bewertung soll im
Wesentlichen das Heizelementstumpfschweißen als Stand der Technik mit dem Infrarotschweißen als potenzielles Alternativ-Verfahren auf Basis der im Rahmen des Projekts gewonnenen
Erkenntnisse und erhobenen Daten verglichen werden. Dabei müssen gewisse Annahmen
getroffen werden, worauf an entsprechender Stelle verwiesen wird. Bei nicht eindeutiger
Datenlage werden mehrere denkbare Szenarien verglichen.
Differenziert betrachtet werden die Vergleiche der beiden Schweißverfahren zudem für drei
unterschiedliche Fensterprofilmaterialien, sodass die ökologischen und ökonomischen Einflüsse
materialabhängig bewertet werden können. Die betrachteten Materialien sind hierbei die beiden
in diesem Projekt fokussierten faserverstärkten Fensterprofile energeto® und Geneo (vgl.
Punkt 2) sowie ein kommerziell erhältliches Standard-Weißprofil aus unverstärktem PVC. Somit
können insbesondere die Auswirkungen der Faserverstärkung von PVC-Fensterprofilen auf die
Ökologie und Ökonomie des Schweißprozesses im Vergleich zu konventionellen Kunststofffensterprofilen deutlich gemacht werden. Einen schematischen Überblick der zu vergleichenden
Prozesse gibt Abbildung 37.
Heizelementstumpfschweißen (HS)
Unverstärktes
Fensterprofil
(Weißprofil)
Faserverstärktes
Fensterprofil
(Geneo)
Faserverstärktes
Fensterprofil
(Energeto)
Infrarotschweißen (IR)
Unverstärktes
Fensterprofil
(Weißprofil)
Faserverstärktes
Fensterprofil
(Geneo)
Faserverstärktes
Fensterprofil
(Energeto)
Ökologische und ökonomische Bewertung
Abbildung 37:
Schematische
Darstellung der durch ökologische und ökonomische Bewertungen zu vergleichenden Prozesse
4.1 Datenerhebung
Grundlage für die angestellten Betrachtungen sind die Kenngrößen Verschleiß, Energieverbrauch, direkte Emissionen und Kosten. Nachstehend ist erläutert, wie und unter welchen
Rahmenbedingungen diese Kenngrößen für die durchgeführten Bewertungen bestimmt bzw.
festgelegt wurden.
4.1.1
Verschleiß
Als verschleißende Maschinenkomponenten sind beim Heizelementstumpfschweißen die
PTFE-Schweißfolie und beim Infrarotschweißen die IR-Strahler anzusehen. Um den Verschleiß
aus ökologischer sowie ökonomischer Sicht bewerten zu können, sind hauptsächlich die
Kenntnis der einzelnen Materialbestandteile und deren Umweltwirkungen, die Anschaffungskosten (vgl. Punkt 4.1.4) und die Lebensdauer der Komponenten von Bedeutung.
Die PTFE-Schweißfolien bestehen aus einem Glasfasergewebe und dem Kunststoff PTFE mit
entsprechenden Additiven, wobei der Anteil Letzterer vernachlässigbar gering ist. Um den
Masseanteil der beiden Komponenten Glaserfasern und PTFE zu bestimmen, wurden PyrolyseVersuche mit definiert ausgestanzten Proben aus einer Standard-Schweißfolie von URBAN
durchgeführt. Dabei wurde der Kunststoff nahezu vollständig verascht, sodass über den
39
Gewichtsverlust die Materialanteile bestimmt werden konnten. Demnach bestehen diese
Schweißfolien zu etwa 33,3 Gew.-% aus Glasfasern und zu 67,7 Gew.-% aus Kunststoff (PTFE
und Additive).
Für die Schweißfolien der beiden im Rahmen dieses Projektes eingesetzten HSSchweißmaschinen AKS1200/1 (Diagonalschub) und AKS3610/S (Parallelschub) der Fa.
URBAN kann somit der absolute Anteil von Glasfasern und PTFE hochgerechnet werden. Die
Ergebnisse sind in Tabelle 12 aufgeführt.
Schweißmaschine
Gesamtmasse der Folie
[g]
Glasfaser-Anteil
[g]
Kunststoff-Anteil
[g]
AKS1200/1 (Diagonalschub)
43,0
14,3
28,7
AKS3610/S (Parallelschub)
35,5
11,8
23,7
Tabelle 12: Masseanteile der einzelnen Bestandteile einer entsprechend dimensionierten
PTFE-Schweißfolie für die beiden verwendeten HS-Schweißmaschinen der Fa. URBAN
Als Lebensdauer der Schweißfolien wird in den nachfolgend angestellten Bewertungen
aufbauend auf Erfahrungswerten für unverstärkte PVC-Fensterprofile sowie für die GeneoProfile ein durchschnittlicher Wert von 400 Schweißungen bis zum Austausch der Folien
angenommen. Für die energeto®-Profile werden verschiedene Szenarien berechnet, da die
Schweißfolien bei diesen Profilen zwar offensichtlich schneller verschleißen, allerdings keine
klare Aussage getroffen werden kann, ab wann die Folien aus technischer Sicht nicht mehr
einsatzfähig sind. Sicher ist die Anwendung einer verschmutzten bzw. zerstörten Schweißfolie
nicht zu empfehlen, es bleibt jedoch dem Anwender überlassen, wie viele Schweißungen der
energeto®-Profile er mit einer Schweißfolie durchführt und welches potenzielle Risiko von
geringeren Schweißnahtfestigkeiten er dadurch in Kauf nimmt. Deshalb werden die
Berechnungen zur Ökologie und Ökonomie des HS-Schweißprozesses für die energeto®Profile unter der Beispielannahme von 100 und 200 Schweißungen bis zum Folienwechsel
durchgeführt.
Die verwendeten IR-Strahler bestehen hauptsächlich aus dem Glasrohr (Quarzglas), der
Heizwendel (Wolfram) und dem Anschlusssockel (Keramik). Bei der IR-Schweißmaschine
AKS1150-IR sind fünf Strahler in einem Modul zusammengefasst, sodass sich insgesamt die in
Tabelle 13 aufgeführten Massen der einzelnen Bestandteile für das gesamte Strahlermodul
ergeben.
Bestandteil
Masse je Strahler
[g]
Gesamtmasse (5 Strahler)
[g]
Quarzglas (Glasrohr)
51,0
255,0
Wolfram (Heizwendel)
10,5
52,5
Keramik (Anschlusssockel)
7,5
37,5
Tabelle 13: Masseanteile der einzelnen Bestandteile der IR-Strahler im Strahlermodul
der IR-Schweißmaschine AKS1150-IR
Die Lebensdauer der IR-Strahler ist schwer voraussagbar, da sie stark von den Einsatzbedingungen abhängt. Bei sachgemäßer Handhabung erreichen die verwendeten IR-Strahler jedoch
laut Herstellerangaben Betriebszeiten von 10.000 Stunden und darüber hinaus. Zur Betriebszeit
zählt hierbei lediglich die Zeit, in der die Strahler tatsächlich von elektrischem Strom
durchflossen werden. Die Häufigkeit der An- und Abschaltung der Strahler spielt laut Hersteller
keine Rolle. Für die durchgeführten Berechnungen wurde von einer durchschnittlichen
Strahlerlebensdauer von 5.000 Betriebsstunden ausgegangen. Zusätzlich können Szenarien
gerechnet werden, in denen die Strahler nach kürzeren Zeitspannen, beispielsweise aufgrund
40
von mechanischer Beschädigung, ausgetauscht werden müssten. Da in den angestellten
Berechnungen von IR-Schweißparametern mit 100 % Strahlerleistung und 10 s Anwärmzeit
ausgegangen wurde, ergibt sich bei 5.000 Strahlerbetriebsstunden eine Lebensdauer des
Strahlermoduls von 1,8 Millionen Schweißungen.
4.1.2
Energieverbrauch
Zur Ermittlung des Energieverbrauchs wurde die Leistungsaufnahme der Schweißmaschinen
mit einem Präzisions-Leistungsmessgerät (LMG450, Fa. ZES Zimmer Electronic Systems
GmbH) während des Betriebes gemessen. Dadurch konnte der Energieverbrauch jeweils für die
Durchführung einer einzelnen Schweißung bei definierten Parametern erfasst werden. Für den
Energieverbrauch sind in erster Linie die Heizelementtemperatur (THE) bzw. die Strahlerleistung
(PS) sowie die Dauer des Schweißvorgangs relevant. Beim HS wird dabei während des
gesamten Schweißvorgangs Energie verbraucht, da das Heizelement nicht abgeschaltet
werden kann. Beim IR wird lediglich während der Anwärmphase Energie durch die IR-Strahler
verbraucht. Als Handlingzeit (Entnahme der Schweißverbindung und Einlegen neuer Profile)
wurden für beide Schweißprozesse 60 s angenommen. In Tabelle 14 sind die für die
Energiemessung gewählte Temperatur und Leistung, die jeweiligen Zeiten sowie die ermittelten
Energieverbräuche pro Schweißung aufgeführt. Dabei muss nicht zwischen den verschiedenen
Fensterprofilmaterialien unterschieden werden, da für alle Materialien identische Schweißbedingungen angenommen wurden und der Energieverbrauch daher annähernd (beim HS) bzw.
vollständig (beim IR) unabhängig vom zu schweißenden Material ist.
Schweißverfahren
THE [°C] Angleich- Anwärmbzw.
zeit
zeit
PS [%]
[s]
[s]
Umstellzeit
[s]
Fügezeit
[s]
Handling- Gesamte
Energiezeit
Taktzeit verbrauch*
[s]
[s]
[Wh]
HS
250 °C
17
20
2
30
60
129
25
IR
100 %
0
10
2
30
60
102
14
* pro Schweißung, ohne Leerlaufphasen; beim HS: Mittelwert aus verschiedenen Profilmaterialien
Tabelle 14: Gemessener Energieverbrauch pro Schweißvorgang für HS und IR
bei bestimmten Schweißbedingungen
Hierbei wurde noch nicht der Energieverbrauch in Ausfall-, Stillstand- oder Pausenzeiten
berücksichtigt. Da beim HS die Heizelemente in dieser Zeit wegen des trägen Temperaturregelverhaltens nicht abgeschaltet werden können, verbrauchen sie im Leerlauf pro Stunde und
Heizelement etwa 610 Wh (bei 250 °C Heizelementtemperatur). Beim IR wird in Leerlaufphasen
lediglich eine sehr geringe Leistung für die Maschinensteuerung benötigt, sodass hier im Standby-Betrieb pro Stunde lediglich etwa 10 Wh Energie verbraucht werden. In diesen Phasen ist
daher die Energieeffizienz des IR-Verfahrens nochmals deutlich höher als beim HS. Geht man
von einer Stunde Maschinen-Leerlauf pro Arbeitstag (8,5 Stunden) aus, so werden in den
übrigen 7,5 Stunden mittels HS 209 Schweißungen und mittels IR 265 Schweißungen
durchgeführt. Der zusätzliche Leerlauf-Energieverbrauch kann somit auf die einzelnen
Schweißvorgänge umgelegt werden, sodass sich insgesamt ein Energieverbrauch pro
Schweißung von 27,9 Wh beim HS ergibt. Beim IR ist der zusätzliche LeerlaufEnergieverbrauch vernachlässigbar gering, sodass sich hier der gesamte Energieverbrauch pro
Schweißung von 14,0 Wh nicht wesentlich ändert.
41
4.1.3
Emissionen
Beim Schweißen von Fensterprofilen treten direkte und indirekte Schadstoff-Emissionen auf.
Die indirekte Emissionsbelastung entsteht bei der Herstellung von Heizelementbeschichtung
bzw. Strahler und der Produktion des erforderlichen elektrischen Stroms und kann somit
anhand der ermittelten Energieverbräuche berücksichtigt werden. Die direkten Emissionen
werden beim Schweißprozess selbst als gasförmige Emissionen freigesetzt und müssen daher
durch entsprechende Messverfahren nachgewiesen werden, um sie im Rahmen einer
ökologischen Bilanzierung berücksichtigen zu können.
Ab einer bestimmten Temperatureinwirkung spaltet reines PVC Chlorwasserstoff (HCl) von der
Polymerkette als Hauptabbauprodukt ab [Zit98]. Hierbei werden laut früheren Untersuchungen
zudem Benzol, Toluol, Naphthalin und höher aromatische Kohlenwasserstoffe freigesetzt. Auch
wurden als Abbauprodukte chlorierte aromatische Verbindungen wie Chlorbenzol und
Chlornaphthalin nachgewiesen [Boc99]. Aus diesem Grund werden PVC bei der Verarbeitung
unter anderem Stabilisatoren und Gleitmittel zugesetzt. Die Stabilisatoren verhindern hierbei die
Abspaltung von Chlorwasserstoff und/oder binden ihn, während Gleitmittel die Scherbelastung
des Materials vermindern [Men75]. Die Stabilisatoren in PVC-Fensterprofilen wurden für
Heizelementtemperaturen bis ca. 260 °C ausgelegt, sodass bei diesen Temperaturen in der
Regel (bei sachgerechter Wahl der sonstigen Schweißparameter) keine Zersetzung des
Polymers zu erwarten ist. Da beim IR-Schweißen von PVC-Fensterprofilen kurzzeitig deutlich
höhere Temperaturen im Material bzw. an der Oberfläche auftreten können, stellt sich die
Frage, ob die Stabilisatoren noch zuverlässig wirken oder ob es zu einer Freisetzung von
Chlorwasserstoffgas und folglich auch von weiteren Substanzen kommen kann. HCl ist hierbei
als Leitindikator für den Grad der durch thermische Zersetzung emittierten Substanzen zu
verstehen. Die Beantwortung dieser Frage ist wichtig, um die Arbeitsplatzsicherheit beim IR von
PVC-Fensterprofilen gewährleisten zu können. Chlorwasserstoff ist ätzend und in hohen
Konzentrationen giftig beim Einatmen. Gelöst in Wasser reagiert HCl zu Salzsäure, die
beispielsweise zur Korrosion von Metallen führen kann.
Aus früheren Projekten zum Heizelementstumpfschweißen von PVC-Fensterprofilen bei
erhöhten Temperaturen ist bekannt, dass bei diesem Schweißverfahren keine HCl-Emissionen
oder nur in nicht detektierbaren Mengen freigesetzt werden [SKZ09]. Daher wurden HClMessungen lediglich beim Infrarotschweißverfahren durchgeführt, da hier noch keine
Erkenntnisse zu den freigesetzten Gasemissionen beim Schweißen von Kunststofffensterprofilen vorlagen.
Bei der Messung von direkten Emissionen während eines Schweiß- bzw. Anwärmprozesses ist
die Art der Probenahme von entscheidender Bedeutung. Es wurde aufgrund der geringen
Bestrahlungszeiten eine aktive Kurzzeitmessung gewählt. HCl wurde hierbei mit Hilfe von
direktanzeigenden Prüfröhrchen semiquantitativ erfasst. Diese werden von spezialisierten
Firmen (z. B. DRÄGER, COMPUR, ANALYT-MTC, AUER) für unterschiedliche Konzentrationsbereiche angeboten.
Die Probenahme erfolgte beim Erwärmen der betrachteten Fensterprofile mit dem Teststand
(vgl. Punkt 3.2.1) direkt über dem bestrahlten Probekörper und stets an der gleichen Position
(vgl. Abbildung 38). Dabei wurde ein definiertes Luftvolumen (100 ml) mit Hilfe einer
Handpumpe durch das Prüfröhrchen gesaugt.
42
4
3
2
1
Abbildung 38: HCl-Emissionsmessung bei der IR-Erwärmung von Fensterprofilproben (1)
mit IR-Strahlern (2) und Probenahme durch HCl-Prüfröhrchen (3) und Handpumpe (4)
Im Prüfröhrchen erfolgt ein Farbumschlag, der in Abhängigkeit zu der freigesetzten HClKonzentration steht. Jedes Röhrchen ist mit einer kalibrierten Skalierung versehen, die das
direkte Ablesen der HCl-Konzentration nach der Probenahme erlaubt. Die Konzentration des
auftretenden Schadstoffes in der entnommenen Luftprobe wird in ppm (parts per million)
angegeben. Es ist zu beachten, dass die absolute Masse der beim Schweißen freigesetzten
Emissionen nicht direkt bestimmt werden kann, da durch das Ansaugen von Umgebungsluft
zum einen ein Verdünnungseffekt auftritt und zum anderen aufgrund der Diffusion von Gasen
nicht alle Moleküle erfasst werden können. Hinzu kommt eine gewisse Unsicherheit durch
mögliche Ablesefehler der Werte auf der Skala des Prüfröhrchens sowie eine Standardabweichung der gemessenen Konzentrationen im Bereich bis zu ± 15 %. Es wurden die derzeit
empfindlichsten auf dem Markt erhältlichen Prüfröhrchen (DrägerRöhrchen Salzsäure 0,2 / a)
verwendet.
Die Fensterprofile wurden jeweils mit und ohne Dichtungsprofile mit 100 % Strahlerleistung bei
einem Abstand von 35 mm für 10 s mit drei Strahlern auf dem IR-Teststand bestrahlt. Zur
Probenahme wurden jeweils zwei Hübe mit der Handpumpe ab dem Beginn der Bestrahlung
getätigt. Für alle Profile (unverstärktes Standard-Weißprofil, energeto®-Profil und Geneo-Profil)
konnten ohne Dichtungsprofile keine HCl-Emissionen detektiert werden, obwohl teilweise eine
deutliche Gas- bzw. Rauchentwicklung zu erkennen war (besonders beim energeto®-Profil). Bei
den identischen Versuchen mit Dichtungen an den Fensterprofilen wurden hingegen deutlich
HCl-Konzentrationen von ca. 10 ppm beim energeto®-Profil und ca. 45 ppm beim Geneo-Profil
detektiert. Es ist darauf hinzuweisen, dass durch diese Art der Emissionsmessung lediglich ein
Teil der tatsächlich auftretenden Emissionen erfasst werden kann und zudem lediglich HCl
detektiert wird. Dies zeigt jedoch deutlich, dass besonders dann, wenn Dichtungen beim IRSchweißen an den Fensterprofilen vorhanden sind, Chlorwasserstoffgas in nicht unerheblichen
Konzentrationen freigesetzt werden kann. Da mit dieser Vorgehensweise die entstehenden
Gasemissionen allerdings weder qualitativ noch quantitativ eindeutig erfasst werden konnten,
wurden weitere Untersuchungen angestellt.
Für eine quantitative Beurteilung der beim Schweißen auftretenden Gasemissionen wurden
sowohl für das HS als auch für das IR Messungen von VOC (engl.: volatile organic compounds)
mit einem entsprechenden Gerät (MiniRAE Lite, RAE Systems Inc., USA) durchgeführt. Dieses
Gerät erfasst durch einen Photoionisationsdetektor (PID) flüchtige organische Verbindungen in
Konzentrationen von 0 bis 5.000 ppm in Echtzeit, ohne sie jedoch einzeln identifizieren zu
können. Es gibt Auskunft darüber, ob und in welchen Konzentrationen gasförmige Emissionen
zu einem bestimmten Zeitpunkt an der zur Messung definierten Position in der Raumluft
vorhanden sind. Das VOC-Messgerät wurde hierzu exakt 100 cm senkrecht über der
Schweißzone sowohl beim HS als auch beim IR positioniert (vgl. Abbildung 39).
43
Abbildung 39: Messung der flüchtigen organischen Verbindungen beim Schweißen
von Fensterprofilen mittels VOC-Messgerät an der IR-Schweißmaschine AKS1150-IR (links)
und VOC-Messgerät „MiniRAE Lite“ (rechts)
Anschließend wurden HS- und IR-Schweißungen (180°-Winkel) mit den betrachteten
Fensterprofilen jeweils mit und ohne Dichtungsprofile durchgeführt. Die HS-Schweißungen
wurden auf der Parallelschubschweißmaschine AKS3610/S bei 250 °C Heizelementtemperatur
und 20 s Anwärmzeit durchgeführt. Die IR-Schweißungen wurden auf der IR-Schweißmaschine
AKS1150-IR mit 100 % Strahlerleistung, 10 s Anwärmen und 24 mm Abstand (ohne Blenden)
durchgeführt. Für jede Schweißung wurde die maximal gemessene Konzentration flüchtiger
organischer Verbindungen in ppm sowie die Zeit bis zum Erreichen des Ausgangswertes von
0 ppm aufgezeichnet. Die Messwerte für die Materialien Standard-Weißprofil, Geneo-Profil und
energeto®-Profil sind in den Abbildungen 40 bis 42 dargestellt.
44
Abbildung 40: Ergebnisse der VOC-Messungen
beim Schweißen von Standard-Weißprofilen
Abbildung 41: Ergebnisse der VOC-Messungen
beim Schweißen von Geneo-Profilen
Abbildung 42: Ergebnisse der VOC-Messungen
beim Schweißen von energeto®-Profilen
Die Messungen zeigen deutlich, dass beim HS pro Schweißung mit den angegebenen
Parametern nur in vergleichsweise sehr geringen Konzentrationen (max. 0,2 ppm) organische
Gasemissionen auftreten. Beim IR hingegen konnten, besonders wenn Dichtungen am
Fensterprofil vorhanden sind, wesentlich höhere Konzentrationen (zwischen 18 und 46 ppm)
gemessen werden. Ohne Dichtungen war zwar die maximal gemessene VOC-Konzentration
ebenfalls sehr gering, jedoch dauerte es teilweise ein gewisse Zeit, bis sie wieder auf 0 ppm
gesunken war. Beim energeto®-Profil war auch ohne Dichtungen eine VOC-Konzentration von
8,5 ppm messbar, was auf die thermisch belasteten PBT-GF-Stege zurückzuführen ist.
Die VOC-Messungen lassen eine quantitativ vergleichende Bewertung der Emissionen beim
Schweißen der Profilmaterialien mit den verschiednen Schweißverfahren zu. Um die
auftretenden Emissionen auch qualitativ untersuchen und dementsprechend bewerten zu
können, wurden weitere Analysen durchgeführt. Mittels eines Gaschromatographen mit
Massenspektrometer-Kopplung (GC/MS) können einzelne Bestandteile eines Gasgemisches
identifiziert werden. Um entsprechende Gasproben herzustellen, wurden die Dichtungsmaterialien und das PBT-GF, welche offensichtlich hauptsächlich für beim Schweißen entstehende
Gasemissionen verantwortlich sind, jeweils einzeln in definierter Menge (800 mg) in ein
45
Probenglas gegeben, dieses luftdicht verschlossen und anschließend für eine definierte Zeit
(120 s) auf eine relativ hohe Temperatur (320 °C) erhitzt. Dabei wurden die Materialien deutlich
über ihren Zersetzungspunkt belastet, sodass im resultierenden Gasgemisch höchstwahrscheinlich alle Substanzen, welche theoretisch auch beim Schweißen auftreten könnten,
enthalten waren. Die Abbildungen 43 bis 45 zeigen die aufgenommenen Chromatogramme der
einzelnen Dichtungs-Materialproben.
Dichtung KBE konditioniert
A. U. [%]
Scan EI+
TIC
1.40e8
11.87
100
%
6.62 7.18
7.91 8.36 8.58
8.91
9.43
10.13 10.54
10.90
12.31
12.96 13.39
13.68
14.51 14.96 15.50 15.96
16.95 17.50 17.75
0
7.25
8.25
9.25
10.25
11.25
12.25
13.25
14.25
15.25
16.25
17.25
Zeit Time
[min]
Abbildung 43: Gas-Chromatogramm der Dichtungs-Materialprobe aus dem Standard-Weißprofil
A. U. [%]
TIC
1.40e8
11.24
100
%
11.89
6.93 7.13
9.70
8.36 8.62 8.89
7.78
9.40
10.50
12.43
13.34
13.98 14.41
15.36
16.25
17.27
17.54
0
7.25
8.25
9.25
10.25
11.25
12.25
13.25
14.25
15.25
16.25
17.25
17.80
Zeit Time
[min]
Abbildung 44: Gas-Chromatogramm der Dichtungs-Materialprobe aus dem Geneo-Profil
A. U. [%]
100
%
TIC
1.40e8
11.83
6.90 7.31
7.95
8.14
8.60
9.00
9.65 10.05
10.27
11.15
12.26
12.50
13.52
13.83
14.80
15.45
16.01
16.76
17.56 17.83
0
7.25
8.25
9.25
10.25
11.25
12.25
13.25
14.25
15.25
16.25
17.25
ZeitTime
[min]
Abbildung 45: Gas-Chromatogramm der Dichtungs-Materialprobe aus dem energeto®-Profil
Die detektierten Substanzen, welche unter Temperaturbelastung aus den Dichtungsmaterialien
emittiert werden können, sind demnach in erster Linie Benzol (bei allen Materialien) und
Butylchlorid (beim Dichtungsmaterial des Geneo-Profils). Eine toxikologische Bewertung dieser
Substanzen wird unter Punkt 4.2.2 durchgeführt.
Beim PBT-GF konnten mittels GC/MS keine emittierten Substanzen ermittelt werden, was
vermutlich auf die Rauch- bzw. Partikelbildung bei der Zersetzung zurückzuführen ist. Diese
führt dazu, dass sich gasförmige Substanzen an den Partikeln absetzen und deshalb nicht von
der GC/MS erfasst werden können.
46
4.1.4
Kosten
Zur ökonomischen Bewertung der Schweißprozesse sind verschiedene Kosten zu
berücksichtigen. Um eine absolute Aussage treffen zu können, ist die Betrachtung jener Kosten
ausreichend, in denen sich die beiden Schweißverfahren unterscheiden. Konkret betrifft dies
(einmalige) Anschaffungskosten der Heiz- bzw. Strahlerelemente, Energiekosten,
Wiederbeschaffungskosten für verschleißende Materialien sowie Lohnkosten, welche direkt aus
der Taktzeit beim Schweißen resultieren.
Die Anschaffungskosten einer Schweißmaschine bzw. eines Schweißkopfes (bei Serienmaschinen) wurden für beide Schweißverfahren als identisch bezüglich des grundlegenden
Maschinenaufbaus und der Steuerungs- bzw. Regelungskomponenten für das jeweilige
Heizsystem betrachtet. Unterschieden wurden daher lediglich die Kosten für die Anschaffung
eines Heizelementes inklusive der ersten Schweißfolie (HS) bzw. eines IR-Strahlermoduls mit
fünf Zwillingsrohr-Strahlern gemäß der Beschreibung unter Punkt 3.2.2 (IR). Zur Ermittlung der
Kosten wurden die aktuell gültigen Netto-Marktpreise der einzelnen Produkte herangezogen.
Die berücksichtigten Anschaffungskosten betragen pro Schweißkopf beim HS 610,00 EUR
gegenüber 2.700,00 EUR beim IR. Da sich die Berechnungen unter Punkt 4.3 auf hergestellte
Fenster (bestehend aus Rahmen und Flügel mit je vier Schweißstellen) beziehen, muss für
beide Schweißverfahren von Schweißmaschinen mit je vier Schweißköpfen ausgegangen
werden. Die unterschiedlichen Anschaffungskosten pro Maschine betragen beim HS daher
2.440,00 EUR und beim IR 10.800,00 EUR.
Die Energiekosten errechnen sich direkt aus den ermittelten Energieverbräuchen pro
Schweißvorgang (vgl. Punkt 4.1.2). Bei einem aktuellen gewerblichen Durchschnittspreis (netto)
für elektrische Energie von 0,117 EUR/kWh ergeben sich beim HS 0,0033 EUR und beim IR
0,0016 EUR Energiekosten pro Schweißung.
Die berücksichtigten Verschleißerscheinungen wurden unter Punkt 4.1.1 bereits näher erläutert.
Die daraus resultierenden Kosten errechnen sich beim HS aus den Kosten für den Austausch
der Schweißfolien. Für eine übliche PTFE-Schweißfolie wurde ein Netto-Preis von 10,00 EUR
angesetzt, sodass sich für Standard-PVC-Fensterprofile und das Geneo-Profil (angenommene
Folien-Lebensdauer = 400 Schweißungen) Verschleißkosten in Höhe von 0,025 EUR pro
Schweißung ergeben. Beim energeto®-Profil muss zwischen den zwei gewählten Szenarien
unterschieden werden (Folien-Lebensdauer = 100 oder 200 Schweißungen im Fall eines
häufigeren Tausches der Folie (freie Entscheidung des Maschinenbedieners)), sodass sich bei
diesem Material Verschleißkosten von 0,10 EUR oder 0,05 EUR pro Schweißung ergeben. Die
Verschleißkosten beim IR resultieren aus der Wiederbeschaffung der IR-Strahler nach deren
angenommenen Lebensende von 1,8 Mio. Schweißungen. Unter der Voraussetzung, dass alle
fünf Strahler eines Strahlermoduls zur selben Zeit ausgetauscht werden müssen, errechnen
sich Verschleißkosten in Höhe von 0,0015 EUR pro Schweißung. Werden die IR-Strahler durch
unsachgemäße Handhabung beispielsweise bereits nach 180.000 Schweißungen zerstört
(siehe IR-Szenario in Punkt 4.3), erhöhen sich die Verschleißkosten entsprechend auf
0,015 EUR pro Schweißung.
Die Dauer eines Schweißvorgangs hat direkte Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit des
Verfahrens. Um dies zu bewerten, werden die Lohnkosten des Schweißmaschinenbedieners
auf einen Schweißvorgang an einer Maschine mit vier Schweißköpfen bezogen. Wie unter
Punkt 4.1.2, Tabelle 14, aufgeführt, dauert ein kompletter Schweißtakt inklusive 60 s
Handlingzeit mit den angenommenen Schweißparametern beim HS 129 s und beim IR 102 s.
Bei einem Netto-Stundenlohn des Maschinenbedieners von 12,00 EUR ergeben sich
Lohnkosten von 0,108 EUR pro Schweißung (und Schweißkopf) beim HS und 0,085 EUR pro
Schweißung (und Schweißkopf) beim IR. Hierbei sind Ausfall-, Wartungs- (z. B. für den
Schweißfolienwechsel) und Pausenzeiten nicht berücksichtigt.
47
4.2 Ökologische Bewertung
Die Betrachtung der ökologischen Nachhaltigkeit beider Schweißverfahren wird mittels der in
ISO 14040/44 [DIN03] genormten Methode der Ökobilanz durchgeführt. Da es sich um einen
Vergleich zweier Systeme handelt, werden – wie auch bei der ökonomischen Bewertung (vgl.
Punkt 4.3) – jene Prozesse ignoriert, welche in beiden Systemen identisch sind. Hiermit
ergeben sich letztlich korrekte Absolutabweichungen, die jedoch nicht in Relation gesetzt
werden können.
Die bilanzierten Stoff- und Energieflüsse werden hierfür in der Ökobilanz-Software „SimaPro“
modelliert und mit Ökobilanz-Hintergrunddaten aus der Datenbank „ecoinvent v.2“ kombiniert.
Die Auswertung erfolgt mittels der etablierten Methode CML 2001 [Gui02], welche Ergebnisse
für die in Tabelle 15 aufgeführten Wirkungskategorien bzw. Sachbilanzindikatoren erlaubt.
Wirkungskategorie
Abkürzung
Einheit
Versauerungspotenzial
AP
kg SO2e
Eutrophierungspotenzial
EP
kg PO4e
Treibhauspotenzial
GWP
kg CO2e
Ozonabbaupotenzial
ODP
kg R11e
Bodennahes Ozonbildungspotenzial
POCP
kg C2H4e
Sachbilanzindikator
Abkürzung
Einheit
Kumulierter Energieaufwand
KEA ges
kWh oder MJ
Kumulierter regenerativer Energieaufwand
KEA reg
kWh oder MJ
Kumulierter fossiler Energieaufwand
KEA fos
kWh oder MJ
Tabelle 15: Wirkungskategorien bzw. Sachbilanzindikatoren nach der Methode CML 2001
Die wesentlichen Eingangsparameter für die ökologische Betrachtung sind die Materialzusammensetzungen des IR-Strahlermoduls und der Heizelementbeschichtung (vgl. Punkt 4.1.1),
deren Lebensdauern (vgl. Punkt 4.1.1) sowie der Energieverbrauch bei deutschem Strommix
(vgl. Punkt 4.1.2).
Die funktionelle Einheit ist definiert als eine durchgeführte Schweißung, d. h. dass alle
Umweltwirkungen auf eine Schweißung umgerechnet werden.
4.2.1
Ökologische Bilanzierung auf Basis von Verschleiß und Energieverbrauch
Im Folgenden sollen zuerst die jeweiligen Beiträge der bilanzierten Teilsysteme am
Gesamtergebnis verglichen werden. Wie aus Abbildung 46 hervorgeht, trägt die Heizelementbeschichtung bei angenommenem Folienwechsel nach 400 durchgeführten Schweißungen nur
geringen Anteil an den Umweltwirkungen. Der größte Beitrag ergibt sich mit etwas über 20 %
am bodennahen Ozonbildungspotenzial (POCP), gefolgt vom Versauerungspotenzial (AP) mit
etwa 13 %. Die Umweltbelastungen entstammen aber im Wesentlichen dem Energieverbrauch
beim HS-Schweißen. Erhöht sich dagegen aber die Frequenz, mit der die Beschichtungsfolien
ausgetauscht werden, ändert sich dieses Verhältnis. Abbildung 47 zeigt, welche Auswirkungen
ein Folienwechsel nach bereits 100 Schweißungen hat: Abgesehen vom Eutrophierungspotenzial entstammt dann in allen Wirkungskategorien (außer Energieverbräuchen) ein relevanter
Anteil der Umwelteinwirkung den Heizelementbeschichtungen.
48
Abbildung 46: Beiträge der bilanzierten Teilsysteme (Energieverbrauch und Heizelementbeschichtung) zu den Umweltwirkungen
beim HS; Schweißfolienwechsel
nach 400 Schweißungen
Abbildung 47: Beiträge der bilanzierten Teilsysteme (Energieverbrauch und Heizelementbeschichtung) zu den Umweltwirkungen
beim HS; Schweißfolienwechsel
nach 100 Schweißungen
Abbildung 48 und Abbildung 49 ziehen diesen Vergleich für das IR-Schweißen. Der Beitrag des
Strahlerelements je Schweißung ist im Basisfall überaus gering, da dank der hohen
Lebensdauer seine absoluten Umweltauswirkungen mit 1,8 Mio. Schweißungen dividiert
werden können. Für die im Szenario angenommenen 180.000 Schweißungen (90 % geringere
Lebensdauer) verändert sich das Verhältnis leicht und der Beitrag der Strahler erhöht sich auf
ca. 7 % für AP und POCP.
Abbildung 48: Beiträge der bilanzierten Teilsysteme (Energieverbrauch und IR-Strahler)
zu den Umweltwirkungen beim IR; Strahleraustausch nach 1,8 Mio. Schweißungen
Abbildung 49: Beiträge der bilanzierten Teilsysteme (Energieverbrauch und IR-Strahler)
zu den Umweltwirkungen beim IR; Strahleraustausch nach 180.000 Schweißungen
Die Auswertung der ökologischen Nachhaltigkeit beim Vergleich der beiden betrachteten
Schweißverfahren ist in Abbildung 50 dargestellt. Es zeigen sich über alle Wirkungskategorien
hinweg eindeutige Vorteile des IR-Schweißens, selbst im Szenario mit 180.000 Schweißungen
je Strahlerelement, was lediglich 10 % der bei sachgerechtem Einsatz zu erwartenden
Lebensdauer entspricht.
49
Abbildung 50: Ergebnisse der Ökobilanz der Schweißverfahren HS und IR
mit verschiedenen Szenarien im Vergleich (Relative Werte mit Bezug auf HS
und Folienwechsel nach 400 Schweißungen)
Es bleibt zu beachten, dass in diesem Vergleich nur jene Prozesse bilanziert wurden, in denen
sich beide Verfahren unterscheiden, sozusagen die variablen ökologischen Auswirkungen. Die
fixen ökologischen Auswirkungen sind exkludiert. Abbildung 50 lässt daher nur die Aussage zu,
dass unter den getroffenen Annahmen (vgl. Punkt 4.2) und mit den empirisch ermittelten Daten
für Verschleiß (vgl. Punkt 4.1.1) und Energieverbrauch (vgl. Punkt 4.1.2) das IR-Schweißen aus
ökologischer Sicht zu bevorzugen ist.
4.2.2
Toxikologische Bewertung
Neben den in 4.1.3 erhobenen direkten Emissionen, welche beim Schweißen anfallen und
deshalb in erster Linie für den Bediener der Schweißmaschine relevant sind, resultieren aus
beiden Schweißverfahren auch indirekte Emissionen (beispielsweise bei der Erzeugung der
erforderlichen elektrischen Energie), die toxikologisch bewertet werden können.
Indirekte Emissionen
Die mit den beiden Schweißverfahren verbundenen indirekten Emissionen wurden analog der in
Punkt 4.2.1 durchgeführten ökobilanziellen Betrachtung berücksichtigt. Ein Unterschied besteht
in der Auswertung. Während dort das Charakterisierungsmodell CML 2001 zu den in
Ökobilanzen gängigen Wirkungsindikatoren führte, wird hier mittels im Folgenden aufgeführter
Charakterisierungsmodelle ein toxikologischer Vergleich der indirekten Emissionen
durchgeführt. Da toxikologische Auswertungen jedoch großen Unsicherheiten unterliegen, soll
hier nicht eine absolute Aussage zu gesundheitlichen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt
getätigt werden, sondern überprüft werden, ob ein Ergebnisvergleich unterschiedlich
gewichtender Charakterisierungsmodelle (vgl. Tabelle 16) einen Trend ableiten lässt.
50
Charakterisierungsmodell
Bewertungsgrundlage
ReCiPe Midpoint (E) V1.06
Europe “Egalitarian“
Weiter Zeithorizont, basiert auf der Idee der
Notwendigkeit eines vorbeugenden Handelns
ReCiPe Midpoint (H) V1.06
Europe “Hierarchist“
Konsens-Modell, das häufig als Standard-Modell
Verwendung findet
ReCiPe Midpoint (I) V1.06
World “Individualist”
Kurzer Zeithorizont, basiert auf der Idee, dass zukünftige
Technologien viele Probleme lösen werden
Tabelle 16: Verwendete Charakterisierungsmodelle zur toxikologischen Untersuchung indirekter
Emissionen [Goe09]
Neben der Betrachtung von „Midpoints“ existiert für alle drei Modelle auch je eine Variante zur
Untersuchung der „Endpoints“. Während Midpoints die Umrechnung aller indirekten Emissionen
auf die Äquivalenzeinheit 1,4-Dichlorbenzol (1,4 DBe) sowie eine Zuordnung dieser Äquivalente
in unten stehende Wirkungskategorien darstellen, bauen Endpoints darauf auf und stellen in
einem weiteren Modell den Bezug von 1,4 DBe zu tatsächlich eintretenden Auswirkungen in der
Umwelt her, beispielsweise in der Einheit DALY (disability-adjusted life years) für die
Wirkungskategorie Humantoxizität. Midpoints sind also kleinere Modelle und unterliegen daher
geringeren Modell-Unsicherheiten. Für das vorliegende Projekt ist die Ableitung eines Trends
und die minimale Modell-Unsicherheit wichtiger als absolute Aussagen zu gesundheitlichen
Beeinträchtigungen, weshalb die Midpoint-Modelle vorzuziehen sind. Die hierbei verwendeten
Wirkungskategorien sind in Tabelle 17 aufgeführt.
Wirkungskategorie
Einheit
Bodenökotoxizität
kg 1,4-DBe
Süßwasserökotoxizität
kg 1,4-DBe
Meeresökotoxizität
kg 1,4-DBe
Humantoxizität
kg 1,4-DBe
Tabelle 17: Wirkungskategorien zur Bewertung der Toxikologie
Abbildung 51: Ergebnisse der verwendeten
Charakterisierungsmodelle in der
Wirkungskategorie Humantoxizität
Abbildung 52: Ergebnisse der verwendeten
Charakterisierungsmodelle in der
Wirkungskategorie Bodenökotoxizität
51
Abbildung 53: Ergebnisse der verwendeten
Charakterisierungsmodelle in der
Wirkungskategorie Süßwasserökotoxizität
Abbildung 54: Ergebnisse der verwendeten
Charakterisierungsmodelle in der
Wirkungskategorie Meeresökotoxizität
Die Auswertung aller drei Charakterisierungsmodelle lieferte in der Modell-Version ReCiPe
Midpoint (E) V1.06 (Europe „Egalitarian“) teilweise deutlich abweichende Absolutwerte, wie in
den Abbildungen 51 bis 54 zu sehen ist. Aus Abbildung 55 aber wird ersichtlich, dass die
relativen Verhältnisse der untersuchten Systeme innerhalb jeder einzelnen Wirkungskategorie
in allen drei Modellen nahezu konstant sind. Letztlich lässt sich also ein Trend bestätigen, der
bezüglich toxikologischer Auswirkungen aus indirekten Emissionen das IR-Schweißen als
eindeutig vorteilhaft gegenüber dem HS-Schweißen identifiziert.
Abbildung 55: Übersicht relativer Ergebnisse der verwendeten Charakterisierungsmodelle
zur Ableitung eines Trends
52
Direkte Emissionen
Wie in Punkt 4.1.3 beschrieben, konnten keine aus den Profilen austretenden HCl-Emissionen
beim IR-Schweißen detektiert werden. Lediglich aus den Dichtungen trat HCl aus, allerdings
lässt das Messverfahren keine quantitativen Aussagen zu. Hier sollte in weiteren Versuchen
überprüft werden, ob die Dichtungen durch Blenden vor der partiellen Zersetzung geschützt
werden können.
Auch der erfolgreiche Nachweis von VOC beim IR-Schweißen erlaubt keine quantitative
Bestimmung einzelner Emittenten, da es sich um einen Summenparameter handelt. Der
Versuch, die wesentlichen Bestandteile der VOC-Messungen per GC/MS zu bestimmen,
funktionierte nicht auf genormtem Wege. Dies liegt im Wesentlichen an der Diskontinuität des
Schweißprozesses. Erst mit einem ungenormten Verfahren, bei dem die zu untersuchenden
Materialien einer starken Temperaturbelastung ausgesetzt wurden, gelang die Identifizierung
der organischen Verbindungen Benzol (Dichtung für beide Profile) und Butylchlorid (Dichtung
Geneo Profil).
Benzol ist beim Einatmen als gesundheitsschädigend einzustufen. Laut EUArbeitsplatzgrenzwert darf der Mittelwert bei einer achtstündigen Dauerbelastung nicht über
1 ppm (3,25 mg/m³) liegen [IFA12]. Da nicht eindeutig geklärt werden konnte, in welcher
Konzentration die einzelnen Substanzen beim Schweißen auftreten, sind keine klaren
Rückschlüsse auf die gesundheitliche Belastung eines Schweißmaschinenbedieners möglich.
Deshalb sind auch hier weitere quantifizierende Versuche erforderlich.
Zusammenfassend kann die qualitative Aussage getroffen werden, dass beim IR potenziell
deutlich höhere direkte Emissionen anfallen können als beim HS. Diese Frage muss in weiteren
Versuchen beantwortet werden. Zudem sollte diesem Umstand durch weitere Versuche
Rechnung getragen werden. Mögliche Ansatzpunkte sind die Vermeidung (z. B. durch Blenden)
oder die Behandlung (z. B. durch Betrachtungen zur Effektivität von Absauganlagen) von
Emissionen.
4.3 Ökonomische Bewertung
Aus den in Punkt 4.1.4 ermittelten Teilkosten ergeben sich für das HS-Verfahren mit
Folienwechseln nach 400 Schweißungen variable Kosten von 0,14 EUR je Schweißung. Bei
häufiger gewechselten Heizelementbeschichtungen erhöhen sich die Kosten: z.B. 0,16 EUR je
Schweißung bei 200 Schweißungen mit einer Folie und 0,21 EUR je Schweißung bei 100
Schweißungen mit einer Folie. Die variablen Kosten einer Schweißung im IR-Verfahren
betragen 0,088 EUR. Durch diese geringeren Kosten je Schweißung werden die höheren
Fixkosten für die Anschaffung der IR-Strahlermodule nach ca. 22.000 hergestellten Fenstern
(bestehend aus Rahmen und Flügel mit je vier Schweißstellen) ausgeglichen. Damit ist das IRVerfahren ökonomisch deutlich vorteilhaft. Bei unsachgemäßem Gebrauch kann sich die
Lebensdauer der kostenintensiven Strahlermodule allerdings erheblich senken (ursprünglich
angenommen sind 1,8 Mio. Schweißungen, entsprechend 225.000 Fenster). Die folgenden
Ergebnisse beinhalten deshalb ein Szenario, dem die Annahme zugrunde liegt, dass die
Strahler stets nach nur 22.500 Fenstern (180.000 Schweißungen) ausgetauscht werden
müssten, was einer fiktiven Reduzierung der Lebensdauer auf 10 % entspricht. Selbst in
diesem Fall ist der Einsatz des IR-Verfahrens noch ökonomisch vorteilhaft, die gesamten
variablen Kosten je Schweißung betragen dann 0,102 EUR und liegen damit immer noch 27 %
unter jenen des HS bei günstigsten Bedingungen (400 Schweißungen je Folie).
Eine Übersicht über die ökonomischen Auswirkungen der Schweißverfahren in verschiedenen
Szenarien bei der Produktion von bis zu 50.000 Fenstern (bei 8 Schweißungen je Fenster
entspricht dies 400.000 Schweißungen) liefert Abbildung 56. In Abbildung 57 sind die selben
Ergebnisse mit einer anderen Skalierung der Kosten-Achse dargestellt, um eine bessere
Unterscheidung der Kurven im Bereich bis 100.000 EUR zu ermöglichen.
53
Abbildung 56: Vergleich der variablen Prozesskosten der Schweißverfahren für die Produktion
von bis zu 50.000 Fenstern (mit Rahmen und Flügel) bei verschiedenen Verschleiß-Szenarien
Abbildung 57: Ergebnisse aus Abbildung 56 mit geänderten Achsenskalierungen zur verbesserten
Detail-Ansicht
Mittels IR können nach diesen beispielhaften Berechnungen bei der Produktion von 50.000
Fenstereinheiten gegenüber dem HS mindestens 10.000 EUR (bei Folienwechsel nach 400
Schweißungen) und bis zu 40.000 EUR (bei Folienwechsel nach 100 Schweißungen)
eingespart werden. Die höheren Investitionskosten beim IR-Verfahren im Vergleich zum HS
(Folienwechsel nach 400 Schweißungen) werden bereits nach ca. 22.000 hergestellten
54
Fenstern eingespart, wenn die volle Strahlerlebensdauer erreicht wird und nach ca. 30.000
Fenstern, wenn nur 10 % der Strahlerlebensdauer erreicht werden. Gegenüber dem HSSzenario mit Folienwechsel nach 100 Schweißungen werden die höheren Investitionskosten
durch das IR-Schweißen nach ca. 9.000 Fenstern eingespart, beim frühzeitigen Strahlerwechsel bedarf es 12.000 geschweißte Fenster.
In Abbildung 58 ist die Zusammensetzung der variablen Prozesskosten aus Lohn, Verschleiß
und Energiekosten dargestellt. Daraus wird ersichtlich, dass die Energiekosten nur einen sehr
geringen Anteil an den Prozesskosten ausmachen. Die Wirtschaftlichkeit des Schweißprozesses ist in den meisten Fällen überwiegend von den Lohnkosten und dadurch direkt von der
Dauer eines Schweißtaktes abhängig. Wenn häufige Folienwechsel beim HS erforderlich sind,
verschiebt sich die Verteilung deutlich, sodass die Kosten für den Verschleiß sogar fast mit den
Lohnkosten gleichziehen (Folienwechsel nach 100 Schweißungen). Dabei wurden
Wartungszeiten zum Wechseln der Folien noch nicht berücksichtigt, was den Verschleißkosten
eine noch etwas höhere Gewichtung zukommen lassen würde.
Beim IR-Schweißen mit 1,8 Mio. Schweißungen bis zum Strahleraustausch werden die
Prozesskosten nahezu ausschließlich von den Lohnkosten bestimmt. Gerade vor dem
Hintergrund der sehr geringen Schweißzeiten bei diesem Prozess verdeutlicht dies die hohe
Wirtschaftlichkeit.
Abbildung 58: Zusammensetzung der variablen Prozesskosten
bei den verschiedenen betrachteten Schweißverfahren und Verschleiß-Szenarien
55
5. Fazit der Untersuchungen
In diesem Vorhaben wurde die Schweißbarkeit von glasfaserverstärkten Kunststofffensterprofilen mittels Heizelementstumpfschweißen (HS) und Infrarotschweißen (IR) untersucht und diese
Verfahren unter ökologischen und ökonomischen Kriterien bewertet.
Beim HS konnte eine grundsätzlich sehr gute Schweißbarkeit des glasfaserverstärkten PVC
(GVC-GF) der Geneo-Profile und des unverstärkten PVC-Anteils der energeto®-Profile
festgestellt werden. Das PBT-GF der Verstärkungsstege der energeto®-Profile lies sich
maximal mit Schweißfaktoren von 0,55 verbinden, was allerdings ungefähr die typische
Festigkeit von geschweißten PVC-Fensterprofilen entspricht. Beim energeto®-Profil ist es
jedoch aufgrund des höheren Flächenanteils wichtiger, die Schweißparameter optimal auf das
unverstärkte PVC einzustellen. Gleichzeitig müssen die Schweißparameter so gewählt sein,
dass der Schweißprozess nicht durch das PBT-GF behindert wird. Bei der passenden
Schweißparameterwahl war beim energeto®-Profil eine Festigkeitssteigerung der
Eckverbindungen von ca. 30 % gegenüber den angenommen Startbedingungen und auf ca.
20 % über den Sollwert möglich. Mit den Geneo-Profilen konnten bereits bei Startparametern
eine Eckfestigkeiten von fast 50 % über dem Sollwert erreicht werden. Eine weitere
Optimierung durch die Variation von Schweißwegen war weder möglich noch erforderlich. Der
HS-Schweißprozess wirkt sich bei beiden faserverstärkten Fensterprofilen nicht negativ auf die
Farbechtheit nach künstlicher Bewitterung aus. Auch eine stärkere Temperaturbelastung
aufgrund erhöhter Heizelementtemperaturen bzw. verlängerter Anwärmzeiten hatte hier keinen
signifikanten Einfluss. Der Verschleiß der antiadhäsiven Heizelementbeschichtung (PTFESchweißfolie) ist beim Schweißen der Geneo-Profile nicht höher als bei unverstärkten
Standard-Weißprofilen. Die PBT-GF-Stege der energeto®-Profile führen zu gewissen
Rückständen auf der Schweißfolie und verschliefen diese. Der Einsatz alternativer
Heizelementbeschichtungen mit erhöhter Verschleißfestigkeit führte trotz eines großen
Testfeldes nicht zum Erfolg. Keine Beschichtung entsprach allen Anforderungen an eine
Antihaftbeschichtung für das Schweißen von (faserverstärkten) Fensterprofilen. Daher wurde
der Fokus der weiteren Untersuchungen verstärkt auf den Einsatz des IR-Schweißens als
alternatives berührungsloses Fügeverfahren gelegt. Das Heizelementstumpfschweißen ist somit
aus technischer Sicht ein gut geeignetes Schweißverfahren sowohl für vollarmierte
Fensterprofile aus glasfaserverstärktem PVC (PVC-GF) als auch für Profile mit Armierungsstegen aus glasfaserverstärktem PBT (PBT-GF), wobei das PBT-GF-Material besondere
Beachtung bzgl. Prozessführung und Verschleiß erfordert: Während die Prozessführung durch
die materialgerechte Parameterwahl gut optimiert werden konnte, wurde ein höherer Verschleiß
der Heizelementbeschichtung beobachten.
Beim IR konnte durch die grundlegenden Versuche zum Erwärm- und Aufschmelzverhalten der
Versuchmaterialien gezeigt werden, dass durch IR-Strahlung materialabhängig ausreichende
Schmelzeschichtdicken für das anschließende Fügen erreicht werden können. Materialien mit
hohen Füllstoff- bzw. Glasfaseranteilen sind hierbei hinderlich und daher voraussichtlich nur
bedingt mittels IR schweißbar. Die erforderlichen Schmelzeschichtdicken können je nach
Material durch unterschiedliche Parameterkombinationen erreicht werden. Mit der hergestellten
experimentellen Einkopf-IR-Schweißmaschine konnten erste Schweißversuche durchgeführt
und Erkenntnisse gesammelt werden. Es konnten mittels IR Schweißfaktoren von 1,0 beim
PVC der energeto®-Profile und 0,8 beim PVC-GF der Geneo-Profile erreicht werden. Hierzu
sollte durch eine tiefergehende Optimierung jedoch auch ein Schweißfaktor von 1,0 möglich
sein. Die PBT-GF-Stege (energeto®-Profile) konnten aufgrund der geringeren erzeugbaren
Schmelzeschichtdicke und der teilweise Materialdegradation durch die IR-Strahlung nicht
prüfbar verbunden werden. Dies erfordert eine angepasste Bestrahlung der unterschiedlichen
Materialanteile im energeto®-Profil (PVC und PBT-GF). Die homogene Erwärmung eines
Fensterprofils und aller Profilbestandteile (besonders der Dichtung) ist dabei eine große
Herausforderung. Um die IR-Strahlung nur auf bestimmte Bereiche zu fokussieren bzw. sie je
nach Material zu dosieren, können Blenden eingesetzt werden. Hierzu wurden erste Versuche
unternommen, die eine vielversprechende Herangehensweise zur Herstellung geeigneter
56
profilspezifischer Blenden aufzeigen. Bei einer umfassenden Optimierung und durch die
Anpassung der Strahlerparameter können diese Blenden eine gute Lösung darstellen und das
IR-Schweißverfahren für Fensterprofile grundsätzlich und insbesondere mit faserverstärkten
Materialanteilen sinnvoll anwendbar machen. Zum IR von Fensterprofilen sind daher
tiefergehende Untersuchungen erforderlich, bei denen weitere verschiedene IR-Strahlertypen
mit einbezogen werden sollten. Zudem sollte ein verstärkter Fokus auf die Gestaltung und
Anwendung von Blenden gelegt werden.
Auf Basis der Datenerhebung der relevanten Eingangsgrößen Verschleiß, Energieverbrauch,
Emissionen und Kosten wurde eine ökologische und ökonomische Bewertung der beiden
Schweißverfahren HS und IR mit Bezug zum Schweißen faserverstärkter Fensterprofile
durchgeführt. Diese erlaubt einen direkten Verfahrensvergleich unter den genannten
Gesichtspunkten. Während beim IR der Faktor Verschleiß aufgrund der hohen Strahlerlebensdauer als äußerst gering einzustufen ist, wurden beim HS verschiedene Szenarien je nach
möglicher Häufigkeit des Schweißfolienwechsels berechnet. Der Energieverbrauch pro
Schweißvorgang liegt bei den betrachteten Parametereinstellungen und Bedingungen beim IR
mit 50 % deutlich unter dem des HS. Dementsprechend sind auch die indirekten Emissionen
beim IR geringer als beim HS. Direkte Emissionen beim Schweißen konnten lediglich beim IR in
relevanten Konzentrationen erfasst werden, wobei hierfür in erster Linie die Dichtungsmaterialien an den Fensterprofilen verantwortlich waren, auf die der Schweißprozess noch nicht
angepasst war. Unter den getroffenen Annahmen und auf Basis der empirisch ermittelten Daten
ist das IR-Verfahren aus ökologischer Sicht für das Schweißen von faserverstärkten
Fensterprofilen zu bevorzugen.
Die ökonomischen Unterschiede der beiden Schweißverfahren ergeben sich aus Investitions-,
Verschleiß-, Energie- und Lohnkosten. Die variablen Prozesskosten werden dabei überwiegend
durch die Lohnkosten beeinflusst und sind daher direkt von der Schweißdauer abhängig. Beim
HS tragen zudem die Verschleißkosten (Austausch der Schweißfolie) einen deutlichen Anteil zu
den Prozesskosten bei. Müssen die Schweißfolien aufgrund des Verschleiß beispielsweise alle
100 Schweißungen gewechselt werden, so machen die Verschleißkosten beinahe 50 % der
variablen Prozesskosten aus. Das IR-Verfahren ist insgesamt dank des geringen Verschleißes,
des niedrigen Energieverbrauchs und der kurzen Schweißzeit als deutlich wirtschaftlicher
anzusehen, selbst wenn die IR-Strahler nicht ihre volle Lebensdauer erreichen. Die potenzielle
Kostenersparnis pro Schweißung liegt bei ca. 37 % im Vergleich zum HS mit Folienwechsel
nach 400 Schweißungen und bei ca. 58 % im Vergleich zum HS mit Folienwechsel nach 100
Schweißungen.
Das Infrarotschweißverfahren bietet demnach ein erhebliches Potenzial zur wirtschaftlichen und
ökologischen Verbesserung des Fensterfertigungsprozesses gegenüber dem Stand der
Technik (Heizelementstumpfschweißen). Den beachtlichen Chancen dieses Verfahrens stehen
jedoch auch diverse Herausforderungen und Risiken gegenüber, die in weiteren Untersuchungen vor einem industriellen Einsatz des IR geklärt werden müssen. Hierzu zählen die
technische Umsetzbarkeit in der Praxis, die Sicherung einer ausreichenden Schweißnahtqualität sowie die Vermeidung von direkten Emissionen im Schweißprozess.
Aus diesem Grund wurde bereits gegen Ende dieses Projekts ein weiterführendes
Forschungsvorhaben am SKZ in die Wege geleitet, welches sich seit dem 01.03.2012 intensiv
mit der Thematik „Infrarotschweißen von PVC-Fensterprofilen“ befasst. Dieses öffentliche
Forschungsprojekt der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF-Nr. 17414N) wird vom
Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) gefördert und von einem Ausschuss
mit über 20 Industrievertretern (darunter URBAN, aluplast und Rehau) aus der Kunststofffenster-Branche begleitet.
57
6. Maßnahmen zur Verbreitung der Vorhabensergebnisse
Die Ergebnisse des Vorhabens werden nach Absprache zwischen SKZ, URBAN, aluplast und
REHAU interessierten Unternehmen zur Verfügung gestellt. Weiterhin bietet das SKZ als eine
der größten Aus- und Weiterbildungseinrichtungen Europas auf dem Kunststoffsektor die
Gewähr für Verbreitung und gezielte Umsetzung der erarbeiteten Forschungsergebnisse. Diese
werden in den alljährlich stattfindenden Fachtagungen, Lehrgängen und Seminaren in sämtliche
Hierarchien der Unternehmen getragen (z. B. Lehrgänge zum Schweißen von Fensterprofilen,
Kunststofffenster-Kongress, Würzburger Schweißertage, etc.). Die Ergebnisse dieser
Forschungsarbeit werden ebenfalls in die akademische Lehre der Universität Würzburg sowie
der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt übernommen. Neben den genannten
Veranstaltungen sind weiterhin zahlreiche Veröffentlichungen in Fachzeitschriften, wie z. B.
„Kunststoffe“ und „Joining Plastics“, vorgesehen. Tabelle 18 zeigt einen Überblick der geplanten
Transfermaßnahmen.
Maßnahme
Ziel
Datum / Zeitraum
Aus- und Weiterbildung am SKZ
Praxisseminar „Schweißen
von Fensterprofilen“
Information der Verarbeiter
Oktober 2012
(jährlicher Turnus)
Fachmesse
“Fensterbau / Frontale“
Information der
Kunststofffensterbranche
März 2014
Fachtagung
„Branchenforum Kunststofffenster“
Information der
Kunststofffensterbranche
September 2012
(jährlicher Turnus)
Fachtagung
„Würzburger Schweißertage“
Information der Schweißbranche
Frühjahr 2013
(jährlicher Turnus)
Übernahme der Ergebnisse
in die akademische Lehre
Lehrveranstaltungen
an der Universität Würzburg und
FH Würzburg-Schweinfurt
Ab Oktober 2012
Vorlesung „Technologie
der Polymermodifizierung“
der Universität Würzburg:
Studiengang „Technologie
der Funktionswerkstoffe“
Information der Studenten
20 Vorlesungen:
Einmal pro Jahr
Praktikum „Technologie
der Polymermodifizierung“
der Universität Würzburg:
Studiengang „Technologie
der Funktionswerkstoffe“
Information der Studenten
20 Praktika:
Einmal pro Jahr
Beratung von Unternehmen
Direkte Umsetzung und Nutzung
der Forschungsergebnisse
in den Unternehmen
Ab Sommer 2012
Veröffentlichung der Ergebnisse
in der Fachpresse
Information der gesamten
Kunststoffindustrie
Ab Sommer 2012
Tabelle 18: Geplante Maßnahmen zur Verbreitung der Vorhabensergebnisse
Bereits vor Ablauf dieses Forschungsvorhabens konnte am SKZ ein weiterführendes
öffentliches Forschungsprojekt zum Thema „Infrarotschweißen von PVC-Fensterprofilen“ initiiert
und im März 2012 gestartet werden. Dieses Vorhaben (IGF-Nr. 17414N) wird von mehr als 20
Unternehmen der Kunststofffensterbranche (darunter URBAN, aluplast und REHAU)
unterstützt, baut auf den gewonnenen Erkenntnissen der hier behandelten Untersuchungen auf
und soll der IR-Schweißtechnologie für Kunststofffensterprofile – nicht nur für faserverstärkte
Profile – zur technisch, wirtschaftlich und nicht zuletzt ökologisch sinnvollen Anwendbarkeit
verhelfen.
58
7. Literatur
[Boc99]
H. Bockhorn, A. Hornung, U. Hornung, „Mechanisms and kinetics of thermal
decomposition of plastics from isothermal and dynamic measurements”, Journal
of Analytical and Applied Pyrolysis 50, 1999
[Bon00]
C. Bonten, C. Tüchert, „Welding of Plastics: Introduction into Heating by Radiation“,
ANTEC Proceedings, Society of Plastics Engineers, 2000
[DIN01]
Deutsches Institut für Normung e.V., „DIN EN 513: Bestimmung der Wetterechtheit
und Wetterbeständigkeit durch künstliche Bewitterung“, Beuth Verlag, Berlin, 1999
[DIN02]
Deutsches Institut für Normung e.V., „DIN 5033: Farbmessung (Teil 1 bis 9)“,
Beuth Verlag, Berlin, 1979 - 2009
[DIN03]
Deutsches Institut für Normung e.V., „DIN EN ISO 14040: Umweltmanagement –
Ökobilanz – Grundsätze und Rahmenbedingungen“, Beuth Verlag, Berlin ,2009
[DVS03]
Deutscher Verband für Schweißen und verwandte Verfahren e.V.,
„DVS Richtlinie 2207 Teil 6: Schweißen von thermoplastischen Kunststoffen;
Berührungsloses Heizelementstumpfschweißen von Rohren, Rohrleitungsteilen und
Tafeln; Verfahren - Maschinen - Parameter“, Beuth Verlag, Berlin, 2003
[DVS89]
Deutscher Verband für Schweißen und verwandte Verfahren e.V.,
„DVS Richtlinie 2207 Teil 25: Schweißen von thermoplastischen Kunststoffen –
Heizelementstumpfschweißen – Schweißen von Fensterprofilen aus PVC-U“,
DVS-Verlag GmbH, Düsseldorf, 1989
[Geh08]
M. Gehde, S. Friedrich, S. Motshev, „Strahlungserwärmung beim Kunststoffschweißen mit Infrarotstrahlung“, Joining Plastics, 1/2008, DVS-Verlag GmbH, Düsseldorf,
2008
[Goe09]
Goedkoop, M. et al., „ReCiPe 2008 - A life cycle impact assessment method which
comprises harmonised category indicators at the midpoint and the endpoint level“
Den Haag, Niederlande, 2009
[Gui02]
Guinée, J. B. et al. (Hrsg.), “Handbook on Life Cycle Assessment – Operational
Guide to the ISO Standards”, Kluwer Academic Publishers, Bosten, 2002
[Her10]
Heraeus Noblelight GmbH, „Infrarot-Wärme für die Kunststoffverarbeitung“,
Broschüre, Kleinostheim, 2010
[IFA12]
Internetquelle: http://gestis.itrust.de, Eintrag zu Benzol in der GESTISStoffdatenbank des Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen
Unfallversicherung (IFA), abgerufen am 05.06.2012
[Men75]
G. Menzel, A. Polte, „Probleme der dynamisch-thermischen Stabilität von PVC hart.
Modelluntersuchungen an Hart-PVC-Compounds“, Kunststoffe Bd. 65 H. 3,
Carl Hanser Verlag, München, 1975
[RAL08]
RAL-Richtlinie, „Güte- und Prüfbestimmungen für Kunststoff-Fensterprofilsysteme”,
Richtlinie RAL-GZ 716/1, Deutsches Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung
e. V., Sankt Augustin, Ausgabe März 2008
[Rat07]
M. Rattke, J. Natrop, „Infraroterwärmung in der Kunststoffschweißtechnik“,
Joining Plastics, 1/2007, DVS-Verlag GmbH, Düsseldorf, 2007
59
[Sch12]
M. Schmitt, „Untersuchungen zur Entwicklung von innovativen und energieeffizienten
Heizelementen für das Schweißen von Kunststoffen“, Diplomarbeit am SKZ,
Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt, Würzburg, 2012
[SKZ09]
B. Baudrit, „Erhöhung und Bewertung der Wirtschaftlichkeit beim Schweißen von
PVC-Fensterprofilen“, Forschungsbericht des SKZ, IGF-Nr. 17414N, Würzburg, 2009
[SKZ11]
B. Baudrit, „Entwicklung optimaler Heizelementbeschichtungen für ein wirtschaftlicheres und flexibleres Schweißen von PVC-Fensterprofilen“, Forschungsbericht
des SKZ, ZIM-FKZ: KF2012511OH0, Würzburg, 2011
[Zit98]
A. Zitting, „Thermal Degradation Products of Polyethylene, Polypropylene,
Polystyrene, Polyvinylchloride and Polytetrafluorethylene in the Processing of
Plastics“, Arbete och hälsa (Arbeit und Gesundheit), Institut für Arbeit in Solna,
Schweden, 1998
60
8. Anhang
Datenblatt: Leistungssteller für IR-Teststand