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DOKUMENTATION
14. Werkstattgespräch
KUNST AM BAU
UND IMMOBILIENWIRTSCHAFT
Inhalt
1Vorwort
Hans-Dieter Hegner
2Einführung
Dr. Ute Chibidziura
16 Kunst am Bau und Immobilienwirtschaft
Podiumsdiskussion
30 Mehr Nachhaltigkeit durch Kunst?
Hans-Dieter Hegner
32 Bedeutung der Kunst am Bau in der DGNB-Zertifizierung
Dirk Monreal
34Aktuelles
Hans-Dieter Hegner
Vorwort
Ministerialrat Hans-Dieter Hegner
studierte an der Hochschule für Archi­
tektur und Bauwesen in Sofia und arbeitete von 1983–1990 als Experte für
Wissenschaft und Technik im Ministerium für Bauwesen der DDR. Anschließend wechselte er als Referent für
energiesparendes Bauen, Fragen der
Bauforschung und der Modernisierung
der Bausubstanz in das Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und
Städtebau, wo er seit 2007 als Leiter für
das Referat Bauingenieurwesen, Nachhaltiges Bauen, Bauforschung (heute
im Bundesministerium für Umwelt,
Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit) zuständig ist.
Bestrebungen, Kunst in öffentliche Bauten zu integrieren, gibt es seit den 1920er Jahren. Aber erst
durch den wegweisenden Beschluss des Deutschen Bundestags von 1950, bei allen Bundesbaumaßnahmen Künstler zu beteiligen, wurde Kunst am Bau integraler Bestandteil der öffentlichen
Bauaufgabe und zum eingeführten Begriff.
Als Forum für den Austausch über Kunst am Bau hat das Bundesbauministerium 2007 die Werkstattgespräche zu Kunst am Bau initiiert; 13 derartige Gespräche haben in den letzten Jahren
stattgefunden. Dabei wurde über so vielfältige Aspekte von Kunst am Bau diskutiert wie „Chance
für junge Künstler“, „Erbe des geteilten Deutschlands“, „Element von Baukultur“ oder „Kunst am
Bau und Infrastruktur“, so dass nicht nur das grundsätzliche Engagement für Kunst am Bau, sondern inzwischen auch das flankierende Gesprächsforum zur Tradition geworden ist.
Aber da selbst gute Traditionen untergehen können, wenn ihre Grundlagen und Rahmenbedingungen nicht überprüft und weiterentwickelt werden, suchen wir immer wieder den Austausch mit
Architekten, Bauherren und Immobilienbesitzern sowie Künstlern, Kulturvermittlern und Wissenschaftlern, die mit Kunst am Bau befasst sind. Für das 14. Werkstattgespräch haben wir uns das Thema
„Kunst am Bau und Immobilienwirtschaft“ vorgenommen. Denn der Bund ist zwar selbst ein großer
Immobilienhalter, aber darüber hinaus gibt es eine Vielzahl privater Investoren und Immobilienbesitzer, so dass wir mit Akteuren und Kennern der Materie darüber sprechen wollten, inwieweit
Kunst am Bau für den Immobilienbereich ein Thema ist und wo es Reserven oder Hemmnisse gibt.
Kunst am Bau ist im Bundesbauministerium in dem von mir geleiteten Referat Bauingenieur­
wesen, Nachhaltiges Bauen und Bauforschung angesiedelt. Denn das Nachhaltige Bauen erschöpft
sich nicht nur in Energie- und Rohstoffeffizienz, sondern umfasst auch soziokulturelle Aspekte
und baukulturelle Qualitäten wie beispielsweise Kunst am Bau, was wir immer wieder herausfordern und betonen wollen.
Bei der Wahl des Veranstaltungsortes sind wir schnell auf Hamburg gekommen, da hier zum einen
schon seit den 1920er Jahren eine große Tradition für Kunst am Bau besteht und zum anderen mit
der HafenCity die Hamburger Innenstadt in Bezug auf Fläche und Dimensionen quasi noch einmal
neu errichtet wird. Wir haben uns daher gesagt: In einer Stadt, in der viel gebaut wird, ist auch viel
Platz für Kunst am Bau. Und wo nach Jahren der Bautätigkeit immer noch viel Platz für Kunst am
Bau ist, sollte man über Kunst als Beitrag zur Qualität und zur Nachhaltigkeit von Gebäuden und
Quartieren diskutieren. Im Übrigen haben viele Gebäude der HafenCity ein Nachhaltigkeitszertifikat erhalten und mussten u. a. Rechenschaft über die Kunst am Bau ablegen. Auch der Bund hat
mit dem Neubau des Hauptzollamtes Hamburg-Stadt einen Beitrag geleistet. Das mit dem Silber-­
Standard für Nachhaltigkeit bedachte Gebäude besitzt Fotogramme des Künstlers Jochen Lempert.
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Dr. Ute Chibidziura
Einführung
Dr. Ute Chibidziura studierte Kunstgeschichte, Archäologie und Philosophie
in Graz und Köln. Danach war sie wissenschaftliche Referentin beim Stadtkonservator Köln, Geschäftsführerin
des Bundes Deutscher Architekten
Köln und des Hauses der Architektur
Köln. Seit 2006 ist sie im Bundesamt
für Bauwesen und Raumordnung für
Grundsatzfragen der Kunst am Bau
beim Bund zuständig.
Wolfhard Röhrig, „Gespräch mit
Tauben“, 1958, Ürziger Straße/
Grüner Weg, Bonn
Die Basis für ein staatliches Engagement für Kunst am Bau wurde mit der Weimarer Verfassung
gelegt, wo die Förderung und Pflege der Kunst als staatliche Aufgabe definiert wurde. Während
der Preußische Innenminister erst 1928 in einem Runderlass verfügte, dass bei staatlichen und
kommunalen Bauten Künstler zu beteiligen sind, wurde in Hamburg schon 1920 eine Senatskommission für Kunstpflege eingerichtet, mit deren Hilfe insbesondere unter Oberbaudirektor Fritz
Schumacher öffentliche Bauten wie Schulen, Verwaltungsbauten, Museen und Krematorien mit
qualitätvoller Kunst ausgestattet wurden.
Auf Bundesebene wurde 1950 im Bundestag beschlossen, bei Bauten des Bundes mindestens ein
Prozent der Bausumme für die Beteiligung bildender Künstler aufzuwenden, so dass flächendeckend Kunst am Bau realisiert wurde. In den letzten 60 Jahren sind an die 10.000 Kunstwerke im
Auftrag des Bundes entstanden, die wir zurzeit erfassen und katalogisieren, um sie demnächst in
einem „Virtuellen Museum der 1000 Orte“ präsentieren zu können. Aus diesem enormen Bestand
an Kunst sollen nun einige Werke vorgestellt werden, die veranschaulichen können, dass Kunst
der Architektur eine Bedeutungsebene hinzufügen und besondere Qualitäten erwirken kann. Dabei geht es mir insbesondere um zwei Fragen: ob und wie Kunst über ihr Selbstverständnis hinaus
auf das Gebäude reagieren und die Aussage eines Gebäudes schärfen oder auch relativieren kann
und im Weiteren, welche Rolle sie als Vermittler zwischen Gebäude, Bauherr oder Nutzer und
Betrachter einnehmen kann.
Ein frühes Beispiel möchte ich aus Bonn vorstellen, wo schon bald nach der Entscheidung für
Bonn als Bundeshauptstadt 1949 die ersten Bundesbauten entstanden. Obwohl die Stadt über relativ intakte Strukturen verfügte und daher durch Umbauten recht schnell Raum für die Ministerien geschaffen werden konnte, war Wohnraum so knapp, dass für die Bundesbediensteten eigene
Siedlungen angelegt wurden. Den Bundestagsbeschluss von 1950 aufgreifend wurden dort auch
Kunstwerke aufgestellt, die bis heute die Siedlungen prägen.
Die 1955–57 entstandene Bundessiedlung Hochkreuzallee in Bonn Friesdorf besteht aus 116
vornehmlich viergeschossigen Mehrfamilienhäusern in Zeilen- und Reihenbauweise, zwischen
denen sich weiträumige Grünflächen erstrecken. An charakteristischen Stellen der Siedlung
wie platzartigen Erweiterungen, Straßeneinmündungen oder Sonderbauten wie dem einzigen
Hochhaus wurden Kunstwerke von regional und überregional bedeutenden Künstlern aufgestellt. Die stilistische Bandbreite der Werke reicht von naturnahen figuralen Kunstwerken
(Carla Brill, „Eselreiter“, 1955, und Adolf Jäger, „Kater“, 1958) über reduzierte Arbeiten (Blasius
Gerg, „Schafe“, 1955) bis hin zu stark abstrahierenden Werken wie die von Paul Dierkes, „Keimling“, 1955, oder Wolfhard Röhrig, „Gespräch mit Tauben“, 1958. Letztere ist eine sehr schöne
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Barbara Haeger, „Große Liegende“,
1956, Anlage Grindelhochhäuser,
Hamburg
Sichtbetonplastik an der Ecke Ürziger Straße/Grüner Weg, die seit dem Verlust der ehemals in
den Öffnungen vorhandenen Vögel aus getriebenem Kupferblech leider nur noch als Rudiment
vorhanden ist. Die Bildinhalte der Kunstwerke orientieren sich an der Lebenswirklichkeit der
mehrheitlich aus Familien bestehenden Siedlungsbewohner; zum Teil sind die Arbeiten auch
als Kletterskulpturen konzipiert. Die Kunstwerke haben einen großen Mehrwert für die Siedlung, da sie nicht nur ästhetische Bereicherung sind, sondern auch die Identifikation mit diesem
Ort fördern und den Bewohnern in einem architektonisch weitgehend ähnlich strukturierten
Siedlungsbereich Orientierung bieten.
Ein ähnliches Phänomen ist auch an einem Hamburger Beispiel festzustellen, und zwar an den
Grindelhochhäusern. Diese sind zwar keine Bundesbauten, waren aber 1946 als sogenanntes Hamburg project von den Britischen Besatzern auf den Resten eines kriegszerstörten Gründerzeitviertels als Hauptquartier gedacht. Geplant waren dafür zwölf Hochhäuser mit 8–14 Geschossen, die in
fünf Reihen in eine große Parkanlage eingebettet werden sollten. Bald nach der Grundsteinlegung
aber kam es zu einem Baustopp, weil das Hauptquartier der Briten nach Frankfurt am Main verlagert wurde. Der Hamburger Senat beschloss 1948 die Fortführung der Bauarbeiten, um mehr als
2000 komfortable Wohnungen zu schaffen. Schon 1950 waren die ersten Wohnungen bezugsfertig,
bis 1956 konnte das Projekt abgeschlossen werden. Der Bau der Wohnhochhäuser war damals stark
umstritten, zumal diskutiert wurde, ob man überhaupt so hoch bauen solle und ob es angemessen
sei, Menschen in solchen Wohnmaschinen unterzubringen. Ungeachtet dieser Kritik erfreuten sich
die von der SAGA verwalteten Wohnhochhäuser großen Zulaufs, da sie dem damaligen städtebaulichen Leitbild der durchlichteten, durchgrünten Stadt folgend in eine offene, parkartige Grünanlage
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Birgid Helmy, „Azubi“, 2011,
Akademie Deutsches
Bäckerhandwerk, Berlin
eingebettet waren und mit Zentralheizung, fließendem Warmwasser, Müllschlucker und Aufzug
einen für die Zeit außergewöhnlichen Komfort boten. Wie in der Bonner Siedlung wurden auch
in der Grünanlage der Grindelhochhäuser zahlreiche Kunstwerke bekannter Hamburger Künstler
aufgestellt, wobei interessanterweise auch hier ein Figurenprogramm zur Umsetzung kam, das mit
naturnahen bis reduziert figürlichen Darstellungen von Tieren (Ursula Querner, „Eselreiter“, 1956,
und Karl-August Ohrt, „Schwäne“, 1958) und Menschen (Barbara Haeger, „Große Liegende“, 1956,
und Hans Martin Ruwoldt, „Schreitende“, 1956, sowie Fritz Fleer, „Großer Speerträger“, 1957) Identifikation und Orientierung bieten sollte. Besonders eindrucksvoll darunter ist die Plastik der
ruhenden Frau von Barbara Haeger, die in ihrer Entspanntheit ein Frauenbild repräsentiert, das –
wie auch die Architektur – vom Aufbruch in eine neue Zeit kündet.
Ein ganz anderes Frauenbild vermittelt die über 50 Jahre später entstandene Kunst am Bau von
Birgid Helmy für die Akademie Deutsches Bäckerhandwerk. Dazu muss man wissen, dass die
Akademie ein Bestandsgebäude angekauft und für ihre Zwecke umgebaut hatte und sich ein
Kunstwerk wünschte, das zur Identifikation mit der überbetrieblichen Ausbildungsstätte des Bäckerhandwerks beiträgt. Aus dem hierzu ausgelobten kleinen Wettbewerb ging Helmy als Siegerin hervor, die eine dem heutigen Frauenbild entsprechende Auszubildende in zeitgenössischer
Kleidung entwickelte und diese als Galionsfigur auf das Dach des Eingangs setzte, um neben dem
ästhetischen Mehrwert auch für das Bäckerhandwerk Profilschärfung zu leisten.
In enger Verbindung zur Architektur wie zur Institution steht die Kunst am Bau für den Internationalen Seegerichtshof in Hamburg, die von Heimo Zobernig, Matt Mullican und ­T homas
Stricker stammt. Während Zobernig im Bereich der Zuwegung zum Gerichtshof den Begriff
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Heimo Zobernig, o. T., 2000,
Internationaler Seegerichtshof,
Hamburg
Thomas Stricker,
„mehr als siebenzehntel“, 2001,
Internationaler Seegerichtshof,
Hamburg
Ferdinand Kriwet,
„Statistik der Sozialpolitik“, 1983,
Bundesministerium für Arbeit
und Soziales, Bonn
Matt Mullican, o. T., 2001,
Internationaler Seegerichtshof,
Hamburg
„Internationaler Seegerichtshof“ in großen Lettern ins Pflaster einließ und Mullican den Boden
des Foyers mit von ihm entwickelten Piktogrammen und Zeichensystemen als Steingravuren
überzog, bedruckte der über einen Wettbewerb ausgewählte Thomas Stricker die Verglasung einer Verbindungsbrücke mit einem Gedicht. Als dessen Pendant setzte er in den Garten eine kugelförmige Skulptur in einem Sandbett, die mit ihrer wulstigen Oberfläche an Wasserkorallen
erinnert und wie ein Findling am Boden des Meeres erscheint – womit eine inhaltlicher Verbindung zur Institution des Seegerichtshofs hergestellt wird, wie der Titel „mehr als siebenzehntel“
deutlich macht. Alle drei Arbeiten reagieren auf den architektonischen Kontext, indem sie ihn
unterstreichen und um eine Interpretationsebene zur Nutzung erweitern, die über den ästhetischen Mehrwert hinaus zur Profilbildung beitragen kann.
Eine Arbeit, die sich intensiv mit der nutzenden Institution und ihren Aufgaben auseinandersetzt und nachhaltigen Einfluss auf die Raumwirkung hat, ist Ferdinand Kriwets „Statistik der
Sozialpolitik“. Ferdinand Kriwet ist ein Künstler, der als Buch- und Hörspielautor tätig ist und
auch in seiner bildenden Kunst vielfach mit Sprache als künstlerisches Ausdrucksmittel arbeitet.
Für das Arbeitsministerium in Bonn, das in einer Kaserne aus den 1930er Jahren untergebracht
ist, hat er 1983 ein sehr passendes und intelligentes Kunstwerk entwickelt, indem er Begriffe aus
dem Arbeitsgebiet des Ministeriums in eine aus Kreissegmenten bestehende künstlerische Form
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Rudolf Herz,
„LEX INJUSTA NON EST“,
2003, Bundesgerichtshof,
Karlsruhe
Georg Herold, o. T., 2003,
Bundesgerichtshof, Karlsruhe
brachte, die perfekt auf die räumliche Situation vor Ort abgestimmt ist und eine eigene Dynamik
entwickelt. Der Anbringungsort des Kunstwerks ist ein später eingebauter Aufzugsschacht, den
Kriwet mit seiner Kunst komplett umformatiert und so aus einem Raum mit Beschränkungen
einen wirklich interessanten, einladenden Ort macht. Die Kunst zieht sofort den Betrachter in
ihren Bann und animiert ihn, statt den Aufzug zu nehmen, die Treppe hochzusteigen, um das
Kunstwerk in seiner Gänze zu erschließen und sich das Gebäude anzueignen.
Beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe gibt es Kunst am Bau sowohl im Innen- als auch im Außenbereich. Darunter aus jüngerer Zeit eine Arbeit von Georg Herold, der in das Foyer einen
Vitrinenschrank gestellt hat, auf dessen schrägen Regalbrettern sich mit Wasser gefüllte Glasgefäße befinden. Dieses ästhetische Werk ist eine gelungene Versinnbildlichung der Aufgaben
eines Gerichtshofs, nämlich Dinge, die aus dem Lot geraten sind, auch wieder einzurenken oder
zumindest einen Ausgleich der Interessen über die Rechtsprechung zu suchen. Für den Innenhof hat Rudolf Herz eine Arbeit geschaffen, die noch konkreter auf die Tätigkeit des Gerichts
eingeht: Sein Kunstwerk besteht aus elf etwa einen halben Meter hohen Bronzebuchstaben, die
den Schriftzug „LEX INJUSTA NON EST“ ergeben und als Sitzgelegenheiten genutzt werden
können. Je nach Lesart kann der Text als „ein ungerechtes Gesetz gibt es nicht“ bzw. „ein ungerechtes Gesetz ist kein Gesetz“ verstanden werden, was als Leitspruch für den Bundesgerichtshof
sicherlich sehr passend ist.
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Für das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln ist eine Arbeit entstanden, die
vielleicht dem unvoreingenommenen Betrachter als abstrakte Wandarbeit erscheinen mag. Für
die Mitarbeiter und die meist hochspezialisierten Besucher hingegen ist sofort klar, was sich dahinter verbirgt, spätestens wenn sie den Titel „Spuren von Leben“ lesen, den Dellbrügge & de Moll
ihrem Werk gegeben haben. Das Künstlerduo, das aus einem beschränkt offenen Wettbewerb mit
230 Bewerbern und schließlich neun Teilnehmern siegreich hervorgegangen ist, hat für seine Arbeit die Spuren des Mars-Rovers aufgenommen und auf die Betonwand übertragen. Diese inhaltliche Verbindung wurde von den örtlichen Nutzern besonders gewürdigt, weil die Räder des für
die Spuren verantwortlichen Mars-Rovers im DLR entwickelt worden sind und daher eine hohe
Identifikation von Seiten der Mitarbeiter und auch der Besucher oder Gäste des Hauses mit dem
Kunstwerk gegeben ist. Die Kunst am Bau ist damit zur Visitenkarte des Gebäudes, ja vielleicht
sogar der ganzen Institution geworden.
Die Arbeit von Jochen Lempert für das Hauptzollamt Hamburg-Stadt ist im weitgehend verglasten Foyer über dem Infotresen angebracht, so dass sie auch ohne das Gebäude zu betreten gut
einsehbar ist und in den Außenraum wirkt. Lempert setzt sich in seiner zweiteiligen Arbeit mit
dem breiten Tätigkeitsspektrum des Zolls auseinander, dessen Aufgabe zwar vornehmlich ist, den
Zoll zu erheben und Schmuggel zu verhindern, aber bei dieser Tätigkeit immer wieder auf Funde
stößt, die verbotene Ware beinhalten. Neben lebenden Tieren geschützter oder bedrohter Arten
ist es immer wieder Elfenbein, das beschlagnahmt wird. Eine Fotoserie, die einen solchen Elfenbeinfund dokumentiert, hat Jochen Lempert als Inspirationsquelle herangezogen und künstlerisch überarbeitet, indem er sie in einer speziellen Fototechnik direkt auf stark lichtempfindliches
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Dellbrügge & de Moll,
„Spuren von Leben“, 2011,
Deutsches Zentrum für Luftund Raumfahrt, Köln
Jochen Lempert, „Elfenbein I“, 2011,
Hauptzollamt Hamburg-Stadt
Fotopapier übertrug und die Fotogramme dann auf Aluminiumplatten drucken ließ. Die an asiatische Schriftzeichen erinnernde Anordnung der Elfenbeine auf der Wandarbeit im Erdgeschoss
ist dabei vermutlich kein Zufall, liegt doch das Hauptzollamt in der Koreastraße zwischen Shanghaiallee und Hongkongstraße. Eine zweite Wandarbeit für die Kassenhalle im Obergeschoss
kommt mit einem einzigen Stoßzahn aus, der in seiner Querlagerung dem hohen schachtartigen
Raum entgegenwirkt. Als Identifikationsanker und Profilierungsförderer trägt die Kunst am Bau
dazu bei, die Architektur und ihre Nutzung miteinander zu verzahnen.
Ein Kunstwerk, das ins allgemeine Bewusstsein gedrungen ist, weil es sich im Besonderen als
Repräsentations- und Identifikationsobjekt eignete, ist Henry Moores „Large Two Forms“ vor
dem ehemaligen Kanzleramt in Bonn, dessen Ankauf Helmut Schmidt persönlich initiiert hatte.
Schmidt wollte für das von ihm architektonisch wenig geschätzte Bundeskanzleramt Kunst eines
international renommierten Künstlers haben, um außen- und innenpolitisch zu signalisieren,
dass die Bundesrepublik eine offene und international orientierte Nation ist. Obwohl es sich hier
um einen der wenigen Fälle handelt, wo Kunst am Bau nicht für den Ort entwickelt wurde, sondern stattdessen auf ein schon bestehendes Kunstwerk zurückgegriffen wurde, ist es erstaunlich,
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Manuel Franke, „Zeitenklammer“,
1995/96, Bundesamt für Migration
und Flüchtlinge, Nürnberg
wie gut die goldglänzende, organisch geformte Plastik mit der dunkel-mattfarbigen und klar
strukturierten Architektur harmoniert, so dass die Arbeit von Henry Moore zu einem „Icon“ für
das Bundeskanzleramt, ja vielleicht sogar für die ganze Bundesrepublik geworden ist. Denn alle
Nachrichten aus dem Regierungsbereich in Bonn wurden über 20 Jahre medial von dem Bild von
Henry Moores „Large Two Forms“ begleitet, so dass der Kunst quasi eine Stellvertreterfunktion
für das Bundeskanzleramt zukam.
Das Spannende an Kunst ist, dass sie die Wirkung von Gebäuden nicht nur unterstreichen, sondern auch verändern und relativieren kann, wie die Arbeit von Manuel Franke für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, das in einer ehemaligen SS-Kaserne in Nürnberg untergebracht ist. 1937–39 am Rande des Reichsparteitagsgeländes für die Schutzstaffel erbaut,
diente der Bau nach dem Krieg zunächst der Unterbringung von Zwangsarbeitern, die auf ihre
Rückführung warteten. Danach zog das amerikanische Militär ein, entfernte lediglich die
NS-Embleme und strich die Türeinfassungen mit blauer Farbe, ansonsten wurden die Gebäude
kaum verändert. Nach dem Abzug der Amerikaner 1992 stellte sich die Frage, was mit dieser
quasi komplett erhaltenen Kaserne aus der NS-Zeit, die insbesondere wegen ihres Zustandes
unter Denkmalschutz stand, geschehen sollte. Man entschied, Bundesinstitutionen darin unterzubringen, unter anderem das Hauptzollamt und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), was zunächst als wenig glückliche Kombination erschien. Das änderte sich mit
dem 1995 ausgelobten Kunst-am-Bau-Wettbewerb. Die Künstler wurden eingeladen, sich mit
dem Gebäude und seiner Geschichte auseinanderzusetzen. Der Sieger des Verfahrens, Manuel
Franke, hat das in besondere Weise getan, indem er dafür sorgte, dass erstens die originale Pflasterung aus den 1930er Jahren in der Tordurchfahrt nicht entfernt wurde, obwohl die Durchfahrt inzwischen zu einem Innenraum geworden war, zweitens auch die von den Amerikanern
blau gefassten Türlaibungen erhalten blieben und drittens die durch die Umbaumaßnahmen
hinzugekommenen Bauteile als rohe Sichtbetonwände ausgeführt wurden, um sie in seinen auf
die verschiedenen Nutzungenschichten der Kaserne anspielenden künstlerischen Beitrag integrieren zu können. Als Dreh- und Angelpunkt der Konzeption fügte er dem Foyer eine an sich
zweckfreie blaue Wand hinzu, die als „Zeitenklammer“ fungiert und den mit dem Einzug des
Bundesamts für Migration und Flüchtlinge begonnenen neuen Abschnitt in der Geschichte des
Gebäudes markiert.
Neben der Transformation von Architektur ist auch deren Relativierung und Ausbalancierung eine der Möglichkeiten von Kunst am Bau. Beispielhaft möchte ich hierfür den Bau des
Bundesnachrichtendienstes in Berlin aufführen, der durch seine enorme Dimension und die
stark gerasterte Fassadenstruktur etwas rigide und streng wirkt. Hierzu bieten zwei der zahlreichen über Wettbewerbe ausgewählten Kunstwerke einen guten Gegenpol: Stefan Sous CortenStahl-Klumpen vor dem Haupteingang setzt sich in seiner Undefiniertheit und Undurchsichtigkeit bewusst von der gerasterten Fassade ab und Ulrich Brüschke bringt mit seinen Palmen
sogar einen heiter-ironischen Moment an diesen so klar definierten Ort. Während das eine
Werk auf die Unergründlichkeit des Tuns des Bundesnachrichtendienstes verweist, reagiert
das andere auf spezielle Formen der Informationsbeschaffung wie z. B. auf in Palmen versteckte Nachrichtensender, wie sie in Weltgegenden von „0 Grad Breite“ häufiger zu finden sind.
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Dass eine Kunst, die das bauliche Konzept relativiert, nicht nur Selbstbewusstsein und Eigenständigkeit bezeugt, sondern gerade auch durch ihren Kontrast zum Bau zur positiven Wahrnehmung eines gesamten Ensembles beitragen kann, wird beim Bundesnachrichtendienst anschaulich dokumentiert.
Zum Schluss möchte ich Ihnen noch eine sehr ästhetische Arbeit von Roland Fuhrmann für die
Technische Universität in Dresden, genauer für die dortigen Chemischen Institute vorstellen,
die seit ihrer Installation bei den Nutzern und Besuchern gleichermaßen Begeisterungsstürme
auslöst. Seine Arbeit ist 30 m lang, 3,5 m breit und 15 m hoch. Sie besteht aus 1500 Glasröhren in 40 verschiedenen Farben, die an Stahldrähten hängend den Luftraum des Foyers füllen.
Dabei handelt es sich nicht einfach nur um akribisch angeordnete bunte Glasstäbe, sondern
um eine ausgeklügelte Struktur, die sich aus einer naturwissenschaftlichen Methode zur Bestimmung chemischer Elemente ableitet. Denn jedes chemische Element zeigt bei Betrachtung
im Spektrometer eine spezifische Ausbildung von Farbsequenzen, an denen es sich erkennen
und eindeutig zuordnen lässt. Fuhrmann hat für seine Kunst am Bau die charakteristischen
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Stefan Sous, o. T., 2013,
Bundesnachrichtendienst, Berlin
Roland Fuhrmann,
„Spektralsymphonie“, 2012,
Technische Universität, Chemische
Institute und Institute für
Wasserwesen, Dresden
Spektralfarben der ersten 99 Elemente des Periodensystems auf farbige Glasrohre übertragen
und hintereinander zu einer „Spektralsymphonie“ angeordnet, so dass nicht nur ein intelligentes, sondern auch ein poetisches und schönes Kunstwerk herausgekommen ist, das Bauherren,
Nutzer und Besucher als Rezipienten gleichermaßen anspricht.
Die vorgestellten Beispiele mögen zeigen, dass Kunst am Bau den Gebäuden über den ästhetischen
Mehrwert hinaus eine Interpretationsebene hinzufügen kann, die sich aus der Wechselwirkung
mit der Architektur, dem Umfeld, den Nutzern und Rezipienten speist. Sie reicht vom vertiefenden Identifikationsangebot über profilschärfende und repräsentative Aspekte bis hin zur Relativierung und Transformation baulicher Konnotationen.
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Podiumsdiskussion
Kunst am Bau und Immobilienwirtschaft
Prof. Dr. Georg Imdahl – Moderation
Das heutige Gespräch über Kunst am Bau und Immobilienwirtschaft findet vor dem Hintergrund
statt, dass es nicht mehr nur öffentliche Bauten, sondern zunehmend auch privatwirtschaftlich
errichtete Bauten gibt, die mit Kunst versehen werden. Daher interessiert uns, warum sich Private für Kunst am Bau engagieren, aber auch, welche Erwartungen an die Kunst gestellt werden
und welche Probleme damit vielleicht verbunden sein können. Herr Hegner, Sie sind Leiter des
Referates Nachhaltiges Bauen im Bundesbauministerium und haben die Entwicklung eines Zertifizierungssystems für Nachhaltiges Bauen initiiert, das auch Kunst am Bau als Wert beinhaltet.
Was bedeutet dieses Zertifizierungssystem für Kunst am Bau?
Hans-Dieter Hegner
Nachhaltigkeit ist ja eigentlich ein abgedroschener Begriff, der mit Leben gefüllt werden muss.
Was ist ein nachhaltiges Gebäude? Ist es dann gut im Sinne der Nachhaltigkeit, wenn es besonders energieeffizient ist? Oder wenn es besonders kostengünstig ist? Das sind Kriterien,
die man messen und in Zertifizierungssysteme übertragen kann. Dafür haben wir beim Bund
das Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB) entwickelt. Unser System gibt es vor allem
für Büro- und Verwaltungsgebäude, Bildungsstätten, Labore, Außenanlagen, also klassische
öffentliche Bauaufgaben. Als Ergänzung für die Bauaufgaben privater Bauherren gibt es das
Zertifizierungssystem der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen, das sogenannte
DGNB-System, das auch die Bewertung von beispielsweise Hotels und Shoppingmalls ermöglicht.
Beiden Systemen ist eigen, dass sie sich mit den Qualitäten eines Gebäudes auseinandersetzen, die
man messen und bewerten kann. Die Energieeffizienz kann ich berechnen, also wie viel Energie zur Erstellung des Gebäudes, im Betrieb und beim Abriss benötigt wird. Damit bekomme ich
eine vergleichbare Energiebilanz für den Lebenszyklus eines Gebäudes. Das ist für viele andere
Kriterien ebenso möglich. Außerdem gibt es auch das Kriterium Kunst bei den soziokulturellen
Aspekten. Das ist schwerer zu messen, aber zumindest lässt sich die Frage stellen: Habt ihr daran
gedacht?
Als die Systeme erarbeitet wurden gab es große Diskussionen darum, inwieweit die Kunst als
Bewertungskriterium wirklich nötig ist. Als Bund haben wir darauf bestanden, weil wir uns als
Kulturnation präsentieren wollen und auch so bauen. Das sagt allerdings noch nichts über die
Qualität und Aussagekraft der Kunst aus. Deshalb ist es neben den Bewertungssystemen wichtig, Verfahren zu entwickeln, um hochwertige Kunstprojekte zu realisieren und ihre Vermittlung zu fördern, zum Beispiel durch Wettbewerbe, Publikationen oder Internetpräsentationen.
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Prof. Dr. Georg Imdahl ist Kunstkritiker und seit 2011 Professor für Kunst
und Öffentlichkeit an der Kunstakademie Münster. Er studierte Philosophie,
Neuere Geschichte und Politikwissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum
und promovierte 1994 am Stiftungsinstitut für das Studium Fundamentale
an der privaten Universität Witten/
Herdecke. Seit 2014 ist er Mitglied im
Sachverständigenkreis Kunst am Bau
beim Bundesministerium für Umwelt,
Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit.
Prof. Dr. Georg Imdahl,
Dirk Monreal, Dr. Marion Agthe,
Lutz Leide, Prof. Elisabeth Wagner,
Hans-Dieter Hegner (v.l.n.r.)
Die Systeme erledigen also nicht alles, aber sie analysieren grundsätzlich, wie es mit der künstlerischen Ausgestaltung eines Gebäudes aussieht.
Moderation
Eine Frage zum Verfahren: Wir haben heute den Internationalen Seegerichtshof besucht, für den
vor 14 Jahren Kunst am Bau realisiert wurde. Der damalige Leiter des Hamburger Kunstvereins,
Stephan Schmidt-Wulffen, wurde beauftragt, Künstler vorzuschlagen, die auf seinen Ratschlag
hin in das Verfahren aufgenommen wurden. Wenn ich Sie richtig verstehe, wäre das heute kein
Modellfall mehr, einen einzigen Experten zu fragen, sondern gemäß dem Leitfaden Kunst am Bau
bestimmte verbindliche Richtlinien für die Auswahlverfahren anzuwenden.
Hans-Dieter Hegner
Da das Gebäude des Internationalen Seegerichtshofs von Richtern aus aller Welt genutzt wird,
kann es bei einem offenen Wettbewerb passieren, dass dessen Ergebnis interkulturell problematisch ist. Deshalb hat man einen international tätigen Berater hinzugezogen, um für den Gerichtshof eine überzeugende künstlerische Lösung zu finden. Das kann ich gut nachvollziehen. Immerhin ist ein Kunstwerk vor Ort im Wettbewerb entstanden. Aber generell bekennt sich der Bund zu
Wettbewerben, um für eine Aufgabe die beste Lösung zu ermitteln. Zur Stärkung konkurrierender
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Verfahren haben wir im letzten Jahr auch die Richtlinie für Planungswettbewerbe überarbeitet,
die analog auch für Kunstwettbewerbe gilt.
Moderation
Frau Wagner, ich würde gern mit Ihnen als Künstlerin über Wettbewerbe und Verfahren sprechen.
Sie haben sich 1999 mit der Arbeit „Das Pendant“ für das Casino des Kommandos Spezialkräfte
der Deutschen Bundeswehr in der Graf-Zeppelin-Kaserne, Calw, beworben. War das im Rahmen
eines Wettbewerbs?
Prof. Elisabeth Wagner
Ja, ich war zu dem Wettbewerb eingeladen. Aus meiner Erfahrung ist die Kunst am Bau so gut
wie die Besetzung der Kommission. Wenn die Kommission nicht bereit ist, sich auf die Kunst
einzulassen und auch Widerstand zuzulassen, gibt es eben nur geschmeidige Ergebnisse. Im Fall
der Kaserne handelte es sich um einen geladenen Wettbewerb. Die Kunstkommission bestand
aus dem Nutzer, dem General der Kaserne, und Experten aus Museen sowie zwei Künstlern. Die
Kunstkommission in Baden-Württemberg, wie wohl auch in anderen Bundesländern, ist vorwiegend von Kunstsachverständigen geprägt, natürlich hat auch der Nutzer ein Stimmrecht.
Bei meinem Entwurf sagten mir alle im Vorfeld: Die Arbeit kriegst du nicht durch. Ich habe mich
bemüht, mein Konzept sehr anschaulich zu präsentieren. Eine der Perlen habe ich schon in Venedig
blasen und facettieren lassen und sie mitgebracht. In meiner Erklärung habe ich dann versucht,
die Idee der Arbeit und den Spannungsbogen von inhaltlicher Komplexität und formaler Klarheit
und Schönheit deutlich zu machen. Die Kritik, die in der Arbeit angelegt ist, vermittelt sich im Bild,
ohne dass dies eigens ausgesprochen werden muss. Das ist ja gerade das Tolle an Kunst, in einem
„Bild“ Gegensätzliches sichtbar oder spürbar werden zu lassen. Und wenn, wie im Fall der Arbeit
„Das Pendant“, Material, Form, Ausführung, eben alles stimmt, kann sich wohl auch kein Nutzer
entziehen. In dem Fall hatte ich Glück mit dem Nutzer. Der General dieser speziellen Einheit war
gegenüber der Arbeit absolut aufgeschlossen. Mein Argument war, wenn ich es mal vereinfache,
dass die Arbeit etwas sichtbar werden lässt, was in der Kaserne abwesend ist. Und das hat geklappt.
Prof. Elisabeth Wagner leitet die Fachklasse für Bildhauerei an der Muthesius Kunsthochschule in Kiel. Als
Künstlerin stellt sie national sowie
international aus und realisiert Kunst
am Bau und Kunst im öffentlichen
Raum. Ihre künstlerischen Arbeiten
wurden mehrfach ausgezeichnet,
durch den Förderpreis des BDI, das
Karl Schmidt-Rottluff-Stipendium,
das Stipendium der Kunststiftung
Baden-Württemberg, das Arbeitsstipendium des Kunstfonds e. v. Bonn sowie das Stipendium der Stadt Bremerhaven. Von 2007–2011 war sie Mitglied
im Sachverständigenkreis Kunst am
Bau beim Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung.
Moderation
Herr Hegner, kommt es oft vor, dass die Auswahl einer Fachjury im Rahmen eines Wettbewerbs
vom Nutzer abgelehnt wird? Ich hatte einen Fall im Rahmen eines Neubaus für die Bundespolizei
in Aachen, wo ich Jurymitglied war und ein Votum der Jury dem Nutzer Probleme bereitete.
Hans-Dieter Hegner
Wir haben natürlich immer wieder Diskussionen mit den Nutzern. So wie Frau Wagner den General für ihr Werk in der Kaserne überzeugt hat, kann man auch als Jury einen Nutzer überzeugen. Man muss seine Bedenken anhören und ernst nehmen. Wir haben zum Beispiel im ersten
Werkstattgespräch in Berlin über ein Kunstwerk von Inges Idee gestritten, das am Ende nicht
gebaut worden ist. Und zwar ging es um den Neubau der Deutschen Schule in Peking. Der Entwurf sah ein Objekt in Form einer chinesischen Teekanne vor, die sich wie eine Schwarzwälder
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Elisabeth Wagner, „Das Pendant“,
1999, Casino der Graf-ZeppelinKaserne, Calw
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Kuckucksuhr öffnen konnte. Das war humorvoll gemeint, aber dann kamen Bedenken auf, dass
die Arbeit in dem Sinn falsch verstanden werden könnte, dass die chinesische Kultur veralbert
wird, daher wurde sie am Ende nicht realisiert.
Ich glaube, dass der Nutzer ein Recht hat mitzureden, aber nicht endgültig zu bestimmen. Bei
Architekturwettbewerben müssen Architekten bestimmen, bei Ingenieurwettbewerben müssen Ingenieure bestimmen. Bei Kunstwettbewerben müssen Kunstsachverständige bestimmen,
was die geeignete Kunst ist und ihre Qualitäten an Nutzer und Eigentümer vermitteln. Aber sie
müssen gerechterweise auch hören, welche Nöte der Nutzer mit der ihm zugedachten Kunst hat.
Deswegen ist auch im Leitfaden Kunst am Bau formuliert, dass die Jury keine Entscheidung gegen
den Nutzer fällen soll. Wenn allerdings die Verständigung im Preisgericht nicht klappt, kann es
am Ende dazu führen, dass kein Kunstwerk realisiert wird oder der zweitplatzierte Entwurf zum
Zuge kommt.
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Inges Idee, „Kuckuck“, 2002,
Deutsche Schule Peking
(nicht realisiert)
Lutz Leide
Lutz Leide studierte nach seiner Maurerlehre Bauingenieurwesen in Augsburg, Wirtschaftswissenschaften in
Berlin und General Management in
St. Gallen. Er war bei der Walter Bau
AG, der KfW und DZ-Bank Gruppe sowie als selbständiger Interimsmanager
und Unternehmensberater tätig. In
diesen Positionen hat er das Immobilienmanagement aus unterschiedlichen Blickwinkeln kennengelernt und
verantwortet. Seit 2011 ist er Leiter
der Sparte Facility Management bei
der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben. Neben den Hauptaufgaben
Bauen, Verwaltung, Vermietung und
Bewirtschaftung der bundeseigenen
Grundstücke und Wohnungen gehört
auch Kunst am Bau zu diesem Geschäftsbereich.
Die Rolle des Nutzers und des Eigentümers in den Verfahren zu Kunst am Bau ist für uns ein zentrales Thema. Oftmals besteht das Bild des „bösen Nutzers“ oder des „bösen Eigentümers“. Aber
die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) ist nicht nur die Bauherrin, sondern auch
Eigentümerin und damit für den Unterhalt der realisierten Kunst am Bau verantwortlich. Die
Kunst-am-Bau-Objekte werden nicht in einem musealen Kontext, sondern in den Alltag des Nutzers integriert. Unsere Arbeit mit der Kunst am Bau beginnt mit dem Verfahren zur Realisierung
neuer Kunst am Bau, aber wir sind auch nach der Jurysitzung dafür verantwortlich, dass diese
Kunst entsprechend präsentiert, vom Nutzer angenommen und regelmäßig auf ihren ordnungsgemäßen Zustand überprüft wird. Primär beschäftigen wir uns also mit der Kunst im Bestand
und zwar zu 85 % an Immobilien die älter als 30 Jahre sind. Wir sind dafür verantwortlich, dass
wir sämtliche Liegenschaften, die der Bund für seine Tätigkeiten benötigt, diesem zur Verfügung
stellen, und zwar nicht nur durch einen Neubau, sondern ebenso durch eine Anmietung, eine
Sanierung oder einen Umbau. Auch hier ist die Kunst ein wichtiges Thema. Aufgrund dieser facettenreichen Aufgaben, verfügen wir über eine enorme Erfahrung im täglichen Umgang mit der
Kunst und wissen, dass gute Kunst am Bau im Nutzeralltag bestehen muss. Unsere Einwände sind
daher nicht immer bequem, aber begründet und für die Lebensdauer der realisierten Kunstobjekte von existentieller Bedeutung.
Es ist sehr wichtig, Mitarbeiter und Nutzer für die Kunst zu begeistern. Für mich fängt das damit
an, dass die Kunst überhaupt als solche wahrgenommen wird. Wenn zum Beispiel ein Kunstwerk
im Fußboden eingelassen ist, bemerken viele Nutzer, die darüber laufen, nicht, dass es sich dabei
um ein Kunstobjekt handelt. Ein weiteres Problem stellt für mich die momentan zunehmende
Technisierung der Kunst dar, die den Unterhalt und die Wartung so komplex macht, dass es
schwierig ist, Nutzer und Eigentümer für sie einzunehmen. Trotzdem bin ich persönlich auch der
Meinung, dass Kunst polarisieren sollte. Wenn man an einem Kunstwerk vorbeiläuft ohne es zu
bemerken, hat es für mich das Ziel verfehlt.
Für Eigentümer und Nutzer von bestehenden Bau- und Kunstwerken kommen noch andere Problem hinzu: Es gibt zum Beispiel das Werk „Large Two Forms“ von Henry Moore vor dem ehemaligen
Bundeskanzleramt in Bonn, das medial sehr bekannt ist. Weniger bekannt ist, dass der Platz, auf
dem das Kunst-am-Bau-Objekt steht, ein Bestandteil dieses Kunstwerkes ist. Wir reden momentan
über Sanierungskosten in einem sechs- bis siebenstelligen Bereich. Wer soll diese Kosten übernehmen? Warum hat man sich seinerzeit bei der Auswahl des Kunstwerkes nicht über diese Folgen
Gedanken gemacht? Wenn es Kunstwerke gibt, die relativ wartungs- und betreuungsintensiv sind,
muss man darüber nachdenken, dass diese Kosten entweder zumindest für die klassische Laufzeit
oder Nutzungszeit einer Immobilie eingerechnet werden, oder dass man auf privater Basis jemanden sucht, der sich für den Unterhalt und die Wartung dieses Kunstwerkes verpflichtet.
Im Jahr 2013 wurde eine Plastik aus Corten-Stahl von Stefan Sous vor dem neu errichteten Bundesnachrichtendienst realisiert. Der Corten-Stahl braucht in der Regel drei Jahre bis die Oberflächenschicht fixiert ist. Der Regen der nächsten Jahre wird also dazu führen, dass durch Wassertropfen bzw. -spritzer Flecken auf dem hellen, teuren Bodenbelag regelmäßig entfernt werden
müssen. Solche Zusatzkosten müssen im Vorfeld deutlicher berücksichtigt werden.
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Dirk Monreal
Dirk Monreal M.A. studierte an den
Universitäten Würzburg und Bonn
Kunstgeschichte, Archäologie und
Volkswirtschaftslehre. Nach mehrjährigen Tätigkeiten in den museumspädagogischen Abteilungen der Bundeskunsthalle Bonn und dem Haus der
Geschichte Bonn, als Stadtführer in
Bonn und Reiseleiter für internationale
Studienreisen, gründete er 1996 die
Kunstberatungsfirma monreal & poppen art consulting. Seit 2007 ist er alleiniger Geschäftsführer der umfirmierten KUNST RAUM KONZEPTE Dirk
Monreal mit Spezialisierung auf professionelles Projektmanagement für
Kunst am Bau im Rahmen der DGNBZertifizierung.
Im privatwirtschaftlichen Sektor besteht die vordringliche Aufgabe darin, Investoren, Bauherren,
Projektentwickler für das Thema Kunst am Bau zu begeistern, zu sensibilisieren, sie mit auf den
Weg zu nehmen, sich auf dieses Experiment einzulassen; darauf haben wir uns in den letzten Jahren spezialisiert. Lassen Sie mich ein Beispiel für ein sehr positives Kunst-am-Bau-Engagement in
diesem Bereich nennen, und zwar das kürzlich eingeweihte Werk „Aurelio“ von Gereon Krebber
für den Neubau der Sparkasse KölnBonn am Friedensplatz in Bonn. Der Wettbewerb wurde als
zweistufiges Verfahren unter der Leitung von Prof. Dr. Stephan Berg, Intendant des Kunstmuseums Bonn, ausgelobt. Die von Herrn Berg benannten unabhängigen Kunstsachverständigen
wählten acht geeignete Künstler zur Wettbewerbsteilnahme aus. In der zweiten Stufe ermittelte
eine unabhängige Jury, begleitet durch einen Beirat, den Wettbewerbssieger. Gereon Krebbers Installation thematisiert die Undurchsichtigkeit des Finanzmarktes und konnte auch den Sparkassenvorstand überzeugen. All das fand im Rahmen des DGNB-Zertifizierungsprozesses statt.
Moderation
Frau Agthe, mfi management für immobilien AG realisiert deutschlandweit im Zusammenhang
mit dem Bau von Shoppingcentern Kunst-am-Bau- und Kunst-im-öffentlichen-Raum-Projekte.
Was war und ist die Motivation für dieses Engagement? Was verspricht sich Ihr Unternehmen von
Kunst in Shoppingmalls?
Dr. Marion Agthe
Unser Unternehmen ist auf den Bau von innerstädtischen Shoppingcentern spezialisiert. Der Firmengründer hatte von Anfang an den Wunsch, Kunst in die Architektur zu integrieren, um Kunst
dort zu etablieren, wo das Leben stattfindet – mitten unter den Menschen: im öffentlichen Raum,
an Orten des Wohnens, der Arbeit und der Freizeit –, um Kunst mit der Gesellschaft zu verzahnen
und einem breiteren Publikum nahezubringen. Daher engagiert sich mfi seit ihrer Gründung für
Kunst; Kunst am Bau ist dabei ein integrativer Bestandteil der mfi Konzepte, weshalb jedes mfi
Objekt bislang neben einem individuellen Namen auch ein eigens in Auftrag gegebenes Kunstwerk erhalten hat, beispielsweise „Wilma“ von M+M für die Wilmersdorfer Arcaden in Berlin oder
eine der jüngsten Kunst am Bau für das Palais Vest in Recklinghausen von Julius Popp, „bit.pulse“.
Angefangen haben wir damit vor gut 20 Jahren mit einem kleinen Kunstetat. Es war ein längerer Prozess, bis wirklich alle Mitarbeiter akzeptiert haben, dass Kunst zu uns gehört. Inzwischen
ist ein Etat für Kunst am Bau fest eingeplant, der bei jeder Baumaßnahme berücksichtigt werden
muss. In Kunst zu investieren, ist nachhaltig für ein Unternehmen und seine Mitarbeiter, denn
Kunst ist aktiv und lädt immer wieder zu Auseinandersetzung ein. Sie lässt sich auf vielen Ebenen
in die Kommunikation integrieren und schafft Kommunikationsanlässe – nach außen und innen.
Moderation
M+M, „Wilma“, 2007, Wilmersdorfer
Arcaden, Berlin
mfi hat im Jahr 2002 einen Kunstpreis ins Leben gerufen, der mit 50.000 € einer der bestdotierten
Preise für Kunst in Deutschland ist. Er wird von einer Fachjury bestimmt, die seit Jahren gleich
zusammengesetzt ist. Mit welchen Intentionen hat Ihr Unternehmen den Preis ins Leben gerufen?
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Julius Popp, „bit.pulse“, 2014,
Palais Vest, Recklinghausen
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Dr. Marion Agthe
Nachdem wir schon einige Jahre erfolgreich Kunst am Bau für unsere Gebäude realisiert haben,
kam die Frage auf, wie man auch andere dafür motivieren kann. Deshalb hatten wir die Idee, einen Preis für realisierte Projekte auszuloben. Darin findet das Kunst-am-Bau-Engagement der mfi
seine konsequente Fortsetzung. Die damals zusammengesetzte Jury harmoniert so gut mitein­
ander, dass wir in den letzten Jahren keinen Grund gesehen haben, sie zu wechseln.
Moderation
Sehe ich das richtig, dass dahinter ein sehr langfristiges Engagement steckt, das idealerweise
nicht nur von einzelnen Personen abhängig ist, sondern eine Unternehmenskultur repräsentiert?
Dr. Marion Agthe studierte Kunstgeschichte, Archäologie, Ur- und Frühgeschichte an der Ruhr-Universität
­Bochum. Sie ist öffentlich bestellte und
vereidigte Sachverständige für zeitgenössische Kunst und betreut den mfi
Preis für Kunst am Bau.
Dr. Marion Agthe
Ja, das stimmt. Aber wenn nicht eine einzelne Person ganz massiv dahinter steht, ist so etwas
schnell zum Scheitern verurteilt. Wir haben ja im Ruhrgebiet viele Beispiele von großen Firmen,
die sehr gute Kunstsammlungen besitzen. Sobald der Vorstand wechselt, werden die Sammlungen oftmals vernachlässigt oder gar verkauft. Es muss also meiner Meinung nach einen Initiator
geben, der sagt, wir engagieren uns.
Unser Engagement besteht inzwischen aus drei Teilen. Neben der Realisierung von Kunst-amBau-Projekten vergeben wir den mfi Preis und das mfi Stipendium an Kunststudierende. Seit 2002
haben wir den mfi Preis alle zwei Jahre vergeben, um herausragende Leistungen von Künstlern
und Bauherren zu würdigen. 2014 ging der Preis an Olaf Metzel für seine Arbeit „Noch Fragen?“
im Lesesaal der Staatsbibliothek Unter den Linden zu Berlin.
Für unser Kunst-am-Bau-Projekt „As If Nothing Happened“ von der Leipziger Künstlergruppe
FAMED für die Höfe am Brühl fand zur Ermittlung des Kunstbeitrags ein Wettbewerb statt. Aus
diesem ging die Künstlergruppe FAMED siegreich hervor. Es hat mich gefreut, dass eine recht unbekannte Künstlergruppe den Wettbewerb gewonnen hat, denn auch namhafte Künstler hatten
teilgenommen. FAMED hat inzwischen ihr ungewöhnliches Konzept verwirklicht, das am späten
Abend für kurze Zeit das Bauwerk in Dunkelheit taucht. Die Lichtinstallation läuft in drei Phasen
ab. Das Licht des Shoppingcenters geht täglich am späten Abend für ein paar Minuten in drei
Phasen aus. Zuerst wird die Fassadenbeleuchtung sequenziell abgeschaltet, dann erlischt das Licht
sämtlicher Logos. Zuletzt geht die Schaufensterbeleuchtung sequenziell aus und der gesamte Gebäudekomplex ist vollkommen dunkel. Nach ein paar Minuten werden alle Lichter gleichzeitig
wieder eingeschaltet und das Gebäude erstrahlt, als ob nichts geschehen wäre. Diese Idee hat alle
in der Jury fasziniert, aber sie ist natürlich sehr schwer umzusetzen und der Abstimmungsprozess
hat etwas länger gedauert. In dem Center sind beispielsweise Restaurants, die ihre Gäste nicht
einfach um 22 Uhr im Dunkeln sitzen lassen wollten. Die Stadt hat engagiert mitgemacht, denn
es ging auch um Straßenbeleuchtung.
Moderation
Das künstlerische Konzept führt dazu, dass das Gebäude einmal am Tag visuell implodiert, sich
selbst auslöscht. Bei einer neuen Shoppingmall ist das schon gewagt.
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Dr. Marion Agthe
Genau darum geht es in der künstlerischen Intention, die von Licht und Kommerz dominierte
Shopping-Welt für kurze Zeit zur Besinnung kommen zu lassen, einen Moment der Stille zu inszenieren. Und mit einem Mal ist dann alles wieder da. Das finde ich eine überzeugende Idee, gerade
an dieser Stelle.
Moderation
Frau Wagner, ist das ein geheimer oder auch offener Künstlerwunsch, mit Subversion in der richtigen Dosis auch gegen den Auftraggeber arbeiten zu können?
Prof. Elisabeth Wagner
Gerade eingeladene Wettbewerbe sind eine tolle Chance für Künstler! Ein Wettbewerbsentwurf
ist natürlich sehr viel Arbeit, deshalb ist ein Honorar unabdingbar. Aber ein Wettbewerb ist zugleich eine Herausforderung, beispielsweise in anderem Material, in anderer Größe, in Bezug
zur Architektur und ihrer Funktion neue Arbeiten zu entwickeln, zu planen und mit Firmen
zusammenzuarbeiten.
Und es geht darum, eben das zu tun, was Kunst eigentlich bedeutet: gegenzusteuern, etwas sichtbar zu machen mit Mitteln, die vielleicht hintergründig sind und die mit rein repräsentativen
oder pragmatischen Zielen nicht zu vereinbaren sind. Es geht um Kunst und nicht um Wertsteigerung durch Kunst. Man kann die Kunst nicht um der Wertsteigerung willen vereinnahmen.
Dirk Monreal
Das ist ein sehr idealistischer Anspruch. Ich spreche jetzt für Projekte, die wir mit der privaten
Immobilienwirtschaft umgesetzt haben. Viele Investoren und Bauherren wollen ein identitätsstiftendes Kunstwerk haben. Warum? Ein Kunstwerk dient den Bauherren dazu, das eigene Engagement nach außen sichtbar machen zu können. Darüber hinaus ist die Kunst natürlich in
diesem Zusammenhang auch ein Marketingmodul. Die Kunst kann eine Eingangssituation repräsentativer gestalten oder gehobenen Ansprüchen der späteren Mieter gerecht werden. Und wenn
dann noch im Rahmen einer DGNB-Zertifizierung die Bewertung erhöht wird, ist die Kunst am
Bau umso interessanter. All das setzt aber nichtsdestotrotz voraus, dass Bauherren oder Investoren zwar wirtschaftlich denken müssen, aber trotzdem sagen: Wir engagieren uns, weil wir davon
überzeugt sind, dass für unser Gebäude etwas Besonderes entsteht.
Moderation
Frau Wagner, können Sie sich mit Kunst am Bau als Imagefaktor identifizieren oder als Mittel,
eine schöne Eingangssituation herzustellen?
Olaf Metzel, „noch Fragen?“,
2011, Staatsbibliothek zu Berlin,
Haus Unter den Linden, Berlin,
ausgezeichnet mit dem mfi Preis
Prof. Elisabeth Wagner
Nein. Das sind Beschreibungen für Dekoration und nicht für das, was meines Erachtens Kunst
ausmacht. Wenn nicht ein Wettbewerb vorausgeht, sondern der Nutzer entscheidet, was als repräsentativ oder als identifikationsstiftend gewählt wird, dient das nicht unbedingt der Qualität. Aus
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meiner Sicht setzen sich in Wettbewerben oftmals die Nutzer durch, selbst wenn Kunst vielfach
auf die bloße Generierung von Aufmerksamkeit oder den Spaßfaktor reduziert wird. Soll man als
Künstlerin nicht misstrauisch werden, wenn sich Immobilienfirmen aus Nachhaltigkeitsgründen
um Kunst bemühen?
Moderation
Herr Leide, Sie sind ja mit den Folgekosten von bestehender Kunst am Bau befasst. Das ist ein
Thema, das – wie Sie zu Recht sagen – im Auswahlprozedere oft nicht ausreichend beachtet wird.
Wie sieht ideale Kunst am Bau aus Ihrer Sicht aus?
Lutz Leide
Für mich muss die Kunst am Bau in erster Linie auch als Kunstgegenstand erkennbar sein und
wahrgenommen werden. Kunst am Bau sollte darüber hinaus immer einen Bezug zu der Liegenschaft und idealerweise auch einen Bezug und nicht einen Widerspruch zum vorgesehenen Nutzer
haben. Das Zweite ist – das sage ich auch immer wieder in Preisgerichten, wenn ich Jurymitglied
bin – dass die Künstler sich insbesondere über die Unterhaltskosten Gedanken machen sollten.
In einzelnen Fällen übersteigen die Instandhaltungskosten im Laufe der Jahre die Anschaffungskosten um ein Mehrfaches.
Im Leitfaden Kunst am Bau ist dieser Aspekt ja integriert, unter Punkt 8 steht, dass der Eigentümer – im Fall von Bundesimmobilien zumeist also die BImA – für sämtliche Kosten der Instandhaltung und Wartung aufkommt. Um Probleme, die in der Folgezeit entstehen können, z.B. durch
Umnutzung oder Verkauf einer Immobilie, zu minimieren, wäre es wichtig, diese Folgekosten von
Anfang an zu kennen und klar zu benennen, damit ein angemessenes Wartungs- und Unterhaltungskonzept entwickelt werden kann. Dann würden sich auch die Mitarbeiter in diesen Häusern
stärker mit dem Kunstwerk identifizieren und mit diesem auch anders umgehen.
Dirk Monreal
Im Hinblick auf den Aspekt der Identifizierung mit dem Kunstwerk ist die Zertifizierung über
die DGNB an sich sinnvoll, weil dort auch die Vermittlung der Kunst abgefragt wird. Wie wird
ein Kunstwerk intern und extern kommuniziert, gibt es Informationsmaterial für die Mitarbeiter über das Intranet, werden Informationsbroschüren gedruckt, werden Informationen über das
Kunstwerk so ausgelegt oder angebracht, dass sie auch Gästen des Hauses zugänglich gemacht
werden. Das sind alles Parameter, die in die Bewertung einfließen. Insofern ist ein Reglement wie
der Leitfaden Kunst am Bau, der die Grundlage der DGNB-Zertifizierung bildet, sehr sinnvoll, um
eine nachhaltige Wirkung der Kunst sicherzustellen.
Moderation
FAMED, „As If Nothing Happened“,
2014, Höfe am Brühl, Gebäude
Richard-Wagner-Platz, Leipzig
Ich bedanke mich bei Ihnen für dieses Gespräch. Die unterschiedlichen Interessen und Sichtweisen von Nutzern, Eigentümern, Künstlern und Vermittlern sind, wie ich hoffe, ebenso zum Ausdruck gekommen wie die relevanten Fragen nach angemessenen Verfahren und der Integration
von Kunst am Bau in Zertifizierungssysteme.
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Hans-Dieter Hegner
Mehr Nachhaltigkeit durch Kunst?
Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB)
Nachhaltiges Bauen zielt auf eine ganzheitliche Qualitätsverbesserung des Bauens über den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks ab: von den ersten Planungsschritten über die bauliche
Realisierung bis hinein in die Zeit der eigentlichen Nutzung. Die Bewertung des Beitrags von
Bauwerken für eine nachhaltige Entwicklung bezieht umfassend ökologische, ökonomische und
sozio-kulturelle Aspekte mit ein. Dabei ist klar, dass Nachhaltigkeit keine Floskel bleiben darf,
sondern sich real messen lassen muss. Die Bundesregierung hat deshalb ein „Bewertungssystem
Nachhaltiges Bauen“ (BNB) als freiwilliges Marktinstrument aufgelegt und mit dem Leitfaden
Nachhaltiges Bauen verbindlich für die Bundesbauverwaltung umgesetzt. Natürlich kann das
System auch von privaten Anbietern genutzt werden, dazu wurden Regeln veröffentlicht. Private
Nachhaltigkeits-Bewertungssysteme, wie das der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen
e.V. (DGNB), die auch weitergehende Gebäudekategorien ansprechen, profitieren von den Konzepten des Bundes. Einerseits können private Systeme in einem formalen Verfahren vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) offiziell anerkannt
werden. Andererseits nutzen die privaten Systeme insbesondere methodische Entwicklungen und
Datenbanken. Der Bund konzentriert sich auf Gebäudekategorien, die von erheblichem öffentlichem Interesse sind.
Das Bewertungssystem gliedert sich in eine genaue Anzahl von Kriterien, für die Messmethoden
und Benchmarks in sogenannten Kriterien-Steckbriefen klar beschrieben sind. Die Ausrichtung
der Planung auf Übererfüllung von Mindestanforderungen und prozessbegleitende Qualitätskontrolle ist das eigentliche Merkmal einer Nachhaltigkeitszertifizierung. Das BMUB fordert die
Erfüllung des „Silber-Standards“ (65% Erfüllungsgrad) bezüglich der Nachhaltigkeit, bei ausgewählten Gebäuden auch den „Gold-Standard“ (80% Erfüllungsgrad). Das normale Baugeschehen
in Deutschland liegt bei einem Erfüllungsgrad von bis zu 50%. Der Bund als großer öffentlicher
Bauherr will hier Vorbildwirkung entfalten und hofft auf eine möglichst breite Anwendung des
Leitfadens Nachhaltiges Bauen auch durch andere große Marktteilnehmer, wie Immobiliengesellschaften, andere öffentliche Bauherren wie Länder, Kommunen und private Bauherren.
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Ökologische
Qualität
Ökonomische
Qualität
Soziokulturelle
und
funktionale
Qualität
Technische Qualität
Prozessqualität
Standortmerkmale
Weitere Informationen zum
Bewertungssystem Nachhaltiges
Bauen des Bundes finden Sie unter
www.nachhaltigesbauen.de
Kunst am Bau beim Nachhaltigen Bauen
Kunst am Bau ist ein wichtiges Element von Baukultur, das die Qualität und die Ausdruckskraft
eines Bauwerks mitprägt. Sie ist daher ein integraler Bestandteil der Bauaufgabe und Bauherrenverantwortung. Mit diesem Selbstverständnis soll Kunst am Bau eine funktionale Bestimmung
und eine Rolle zur Erhöhung der gebauten Qualität übernehmen. Kunst am Bau ordnet sich in
der baulichen Systematik bei der soziokulturellen Qualität für Nachhaltigkeit ein. Diese Qualität
wird geprägt durch die Themen Nutzerzufriedenheit, Funktionalität und Sicherung einer hohen
Gestaltungsqualität. Daher gilt es zum einen unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit, die
bestehende Kunst am Bau zu erfassen, zu erhalten und würdig mit dem Bestand umzugehen. Zum
anderen sind bei Baumaßnahmen des Bundes Mittel für die Kunst am Bau zu veranschlagen und
somit Leistungen an bildende Künstler zu vergeben, sofern Zweck und Bedeutung des Bauwerks
dies rechtfertigen (nach RBBau – Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes).
Dies gilt für Baumaßnahmen im Bestand wie für den Neubau, unabhängig vom Umfang der Maßnahme. Bei Büro- und Verwaltungsgebäuden ist dies regelmäßig der Fall.
Die Bewertung erfolgt durch Prüfung des Umgangs mit der bestehenden Kunst am Bau bzw. der
Realisierung von neuer Kunst am Bau sowie über die Beurteilung der Vermittlung der Kunst am
Bau an die Öffentlichkeit. Positiv beurteilt wird Kunst am Bau, wenn sie gemäß dem Leitfaden
Kunst am Bau umgesetzt wurde. Sind im Rahmen einer Bundesbaumaßnahme Mittel für Kunst
am Bau zu veranschlagen, ist zu prüfen, ob Maßnahmen zur Umsetzung von Kunst am Bau eingeleitet wurden, ob Kunst am Bau verwirklicht wurde und ob die Auswahlverfahren dem Leitfaden
entsprechen. Zusätzlich wird geprüft, inwiefern die Maßnahmen zu Kunst am Bau der Öffentlichkeit kommuniziert wurden.
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Dirk Monreal
Kunst am Bau und die DGNB-Zertifizierung
Die Investition in nachhaltiges und qualitatives Bauen lässt sich mit dem DGNB-Zertifizierungssystem für Investoren aber auch Mieter in einem messbaren und vor allem vergleichbaren Wert
darstellen. Der Standard wird in den Zertifizierungsstufen Bronze, Silber oder Gold ausgewiesen,
dabei werden bis zu 40 Nachhaltigkeitskriterien in sechs Themenfeldern berücksichtigt: Ökologie, Ökonomie, soziokulturelle und funktionale Aspekte, Technik, Prozesse und Standort. Im
soziokulturellen Aspekt ist Kunst am Bau neben einem Architektenwettbewerb als Kriterium zu
erfüllen. Das Engagement in der privaten Immobilienwirtschaft wird mit Punkten belohnt und
anerkannt. Dies ist aber nicht alleine ausschlaggebend für die Entscheidung für Kunst am Bau
seitens privater Investoren. Die Immobilienbranche schafft langfristige Werte durch qualitative
und nachhaltige Immobilien. Die exklusive Architektur und die hochwertigen Materialien spiegeln dies wieder. Kunst trägt im besonderen Maße dazu bei, dies zu unterstreichen und verleiht
den Immobilien eine besondere und vor allem exklusive Note.
Heute stehen Ästhetik und Wahrnehmung der Umgebung und Arbeitsatmosphäre bei Büroimmobilien besonders im Fokus. Und hier kann Kunst atmen und sich entfalten, denn gerade die
emotionale, unterbewusste Wirkung ist ihr Plus. Hohe Lufträume und spannende Wandsituationen laden Künstler zur Gestaltung von atmosphärischen Installationen ein. Kritische Konzepte
sind durchaus gewünscht. Beispielhaft demonstriert dies die dreiteilige Installation „Aurelio“ von
Gereon Krebber für die Sparkasse KölnBonn in Bonn. Der Künstler setzt sich subtil, ästhetisch
und intelligent mit den Parametern der Finanzkrise auseinander und dies überzeugte die Sparkasse. Mit der festen Größe von exakt 1 Kilo Gold im Boden der Sparkasse, als Pendant zu einem
gewaltigen und doch filigran wirkenden Mobile im Luftraum darüber, setzt er seine künstlerische
Interpretation in Szene.
Diese eindrucksvolle Verbindung von einem künstlerischen, intelligenten Konzept und der Verschmelzung mit der Architektur vor Ort ist ein gelungenes Kunst-am-Bau-Projekt. Und es zeigt,
dass auch in der privaten Immobilienwirtschaft nicht eine rein dekorative Kunst gewünscht ist,
sondern Inhalte gefordert werden. Auch in anderen Projekten hat die Wettbewerbsjury, bestehend aus Immobilienvertretern und Kunstsachverständigen, sich für die Kunstkonzepte ausgesprochen, die langfristig wirken und inhaltlich überzeugend sind. Besonders wichtig war es den
Entscheidern, dass die Kunst speziell für den Ort entwickelt wurde und auch nur dort ihre Berechtigung hat und ihre besondere Aura entwickelt.
Gereon Krebber, „Aurelio“, 2014,
Sparkasse KölnBonn, Friedensplatz,
Bonn
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Dr. Ute Chibidziura
Alte und neue Kunst am Bau für das
Robert Koch-Institut in Berlin
Aktuelles
Das Robert Koch-Institut (RKI) ist die zentrale Überwachungs- und Forschungseinrichtung der
Bundesregierung auf dem Gebiet der biomedizinischen Forschung. Kernaufgaben sind die Erkennung, Verhütung und Bekämpfung von Krankheiten, insbesondere Infektionskrankheiten, und
die Analyse der Gesundheitssituation in Deutschland. Für den RKI-Standort Seestraße in BerlinWedding wurde das 1978 bis 1982 von der Architektengemeinschaft Bornemann, Boye, Borck,
Schaefer und der Bundesbaudirektion für das ehemalige Institut für Arzneimittel gebaute Laborund Bürogebäude (Haus 5) umfassend saniert und durch ein von Henn Architekten entworfenes
neues Labor- und Bürogebäude (Haus 6) mit Hochsicherheitslaboren ergänzt. Die Einweihung
fand Anfang Februar 2015 im Beisein der Bundeskanzlerin statt.
Im Zuge der Herrichtung des mit zahlreichen Kunst-am-Bau-Werken ausgestatteten Baukomplexes wurde u.a. die Cafeteria in Haus 5 grundlegend verändert, so dass die für diesen Ort entwickelte Wandarbeit von Ursula Sax dort nicht wieder montiert werden konnte. In Abstimmung mit
Ursula Sax, „Rasterbild mit Vögeln“,
1982, ehemals Cafeteria, jetzt Foyer
des Robert Koch-Instituts Berlin
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der Künstlerin wurde ein neuer Standort für die Kunst gesucht und im Foyer des neu eingerichteten Hörsaals gefunden. Dafür wurde die Foyerwand mit einem mittelgrauen Anstrich versehen,
der sich sowohl ins architektonische Konzept einpasst als auch den erforderlichen Kontrast für
die Wandarbeit bildet. Der Umzug des Kunstwerks und seine Neupräsentation wurde seitens des
RKI wie auch der Künstlerin engagiert begleitet und das Ergebnis als große Bereicherung angesehen. Man kann fast von einer glücklichen Fügung sprechen, dass die Wandarbeit ihren Standort
wechseln musste und nun an zentraler Stelle zur Wirkung kommen kann.
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Rolf Szymanski, „L’Ephémère“,
1981/82, ehemals Treppenhaus,
jetzt Außenbereich des Robert
Koch-Instituts Berlin
Auch für die Plastik „L’Ephémère“ von Rolf Szymanski musste ein neuer Standort gefunden werden. Die Arbeit war ursprünglich für das Treppenhaus des Instituts für Arzneimittel (Haus 5)
entstanden, konnte dort jedoch infolge veränderter statischer Belastungsgrenzen nach der
Sanierung nicht mehr aufgestellt werden. In Abstimmung mit dem Künstler wurde sie um wenige
Meter verschoben und vor die hofseitige Glasfassade versetzt, so dass sie nun in noch direkterem Sichtbezug zu ihrem im Außengelände aufgestellten Pendant „Anabase“ steht und trotzdem
weiter­h in vom Treppenhaus aus gut wahrnehmbar ist.
Die ebenfalls als Kunst am Bau für das Institut für Arzneimittel entstandene „Pergola“ von
Engelbert Kremser auf dem Campusgelände wie auch die von Heinrich Brummack für drei Innenhöfe geschaffenen Plastiken „Feuerstätte“, „Liebesbogen“ und „Laube“ werden zurzeit restauriert
und in den nächsten Monaten wieder aufgestellt.
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Heinrich Brummack, „Feuerstelle“,
„Liebesbogen“ und „Laube“,
1981/82, Innenhöfe von Haus 5 des
Robert Koch-Instituts Berlin
Engelbert Kremser, „Pergola“, 1981,
Außenbereich des Robert KochInstituts Berlin
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Für das von Henn Architekten neu errichtete Labor- und Bürogebäude (Haus 6) wurden 2012 vom
Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) zwei Kunst-am-Bau-Wettbewerbe mit jeweils
zehn Künstlern durchgeführt, aus denen Nevin Aladag aus Berlin und der isländische Künstler
Egill Sæbjörnsson mit ihren Entwürfen für die künstlerische Ausgestaltung des Foyers im Neubau bzw. des Erschließungswegs im Außenbereich siegreich hervorgingen.
Das von Egill Sæbjörnsson für den Außenbereich des Robert-Koch-Instituts an der Seestraße geschaffene Werk „Steinkugel“ konnte bereits im Mai 2014 eingeweiht werden. Es handelt sich dabei
um eine neben dem Haupteingang von Haus 5 in einer Nische eingestellte etwa sechs Meter hohe
Betonplatte, aus der sich in der Mitte eine Halbkugel von zwei Metern Durchmesser wölbt. Auf
diese wird, sobald es dämmert, eine sich ständig verändernde Videoprojektion übertragen, die auf
der Wölbung Bilder und Strukturen ergibt, die an Bakterien, Viren, Einzeller, Planeten und Steine
erinnern. Damit hat Sæbjörnsson einen Bogen vom Nutzer des öffentlichen Straßenraums zu den
Aufgaben des RKI und den Vorgängen im innenliegenden Hochsicherheitslabor gespannt und ein
Kunstwerk als Außenposten eines Forschungsinstituts geschaffen, das nicht nur Freude an der
Kunst, sondern vielleicht auch Neugier auf naturwissenschaftliche Forschungsarbeit wecken kann.
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Egill Sæbjörnsson, „Steinkugel“, 2014,
im Außenbereich vor Haus 5 des
Robert Koch-Instituts Berlin
Nevin Aladag konnte im weitgehend verglasten und daher gut einsehbaren Foyer des Büro- und
Laborgebäudes (Haus 6) eine Arbeit realisieren, die aus einer Vielzahl originalgetreuer Negativabdrücke unterschiedlicher Körperteile wie etwa Kinn, Hand, Ellbogen, Knie, Fuß, Schulter, Stirn,
Unterarm etc. aus farbigem Meißener Porzellan besteht, die teilweise von Mitarbeitern des RKI
stammen und in unregelmäßiger Verteilung auf die geschossübergreifende Sichtbetonwand des
Hoch­sicherheitslabors gesetzt sind. Aus der Ferne an Aufstiegshilfen an Kletterwänden erinnernd,
stehen die bunten Porzellanelemente in lebhaftem Kontrast zur nüchternen Strenge des Sichtbetons und verleihen mit ihrer Verspieltheit dem Raum eine heitere Atmosphäre.
Nevin Aladag, „Leaning Wall“, 2014,
Foyers des Laborneubaus (Haus 6),
Robert Koch-Institut Berlin
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Kunst am Bau als Teil der Baukultur
Aktuelles
Menschen bauen Räume und umgekehrt werden Menschen durch gebaute Räume geprägt. Baukultur integriert beide Sichtweisen, ist reflektiert und fachübergreifend. Sie öffnet damit Räume
für die Kunst und Kunst wirkt mit an Baukultur.
„Bauvorhaben der öffentlichen Hand und stadtbildprägende Bauvorhaben Privater sollten ihrer
Vorbildfunktion bei der Gestaltung von Entscheidungsprozessen und werthaltigen Ergebnissen
sowie deren Ausstellung und Veröffentlichung gerecht werden. Dazu gehört auch das Kunst-amBau-Programm des Bundes, das Deutschlands Bekenntnis zu Kunst und Kultur nach außen sichtbar macht.“ So steht es in den Handlungsempfehlungen des neuen Baukulturberichts 2014/15
der Bundesstiftung Baukultur. Der Bericht, der im Februar 2015 im Plenum des Bundestages diskutiert wurde und gegenwärtig in den Fachausschüssen beraten wird, widmet sich der Lage der
Baukultur vor allem im städtischen Raum mit den drei Fokusthemen Gemischte Quartiere, Öffentlicher Raum und Infrastruktur sowie Planungskultur und Prozessqualität. Neben den Handlungsempfehlungen stellt er die Ergebnisse zweier eigens durchgeführter Umfragen vor und zeigt
Lösungen für Politik, Planer und weitere Akteure der Baukultur auf.
Der Baukulturbericht steht als pdfDownload auf den Seiten der Bundes­
stiftung Baukultur zur Verfügung und
ist auch gedruckt erhältlich.
Alle weiteren Informationen hier:
www.bundesstiftung-baukultur.de/
informationen/baukulturbericht.html
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Impressum
Die vorliegende Broschüre dokumentiert das 14. Werkstattgespräch zu Kunst am Bau,
das am 27. November 2014 im Kesselhaus in der HafenCity Hamburg stattgefunden hat.
Herausgeber:
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit
Referat Bauingenieurwesen, Nachhaltiges Bauen, Bauforschung (B I 5)
10055 Berlin
Projektleitung:
Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR)
Referat A 2 – Projektentwicklung, Wettbewerbe, Zuwendungsmaßnahmen im Inland
Dr. Ute Chibidziura
Straße des 17. Juni 112
10623 Berlin
Konzept und Bearbeitung:
Schmedding.vonMarlin.GbR
Dr. Anne Schmedding, Dr. Constanze von Marlin
Layout:
elfzwei, Berlin
Druck und Verarbeitung:
Dienstleistungszentrum Druck, BBR / Auflage: 1.500
Nachdruck und Vervielfältigung:
Alle Rechte vorbehalten
Stand: Februar 2015
Bestellungen:
Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, kunstambau@bbr.bund.de,
Stichwort: Werkstattgespräche
Eine Downloadversion der vorliegenden Broschüre sowie weitere
Materialien und Informationen zu Kunst am Bau finden Sie auf der
Internetseite www.kunst-am-bau-in-deutschland.de
Bildnachweis:
S. 1, 3, 16, 17, 18, 21, 23, 25 Burkhard Schittny, Hamburg / S. 2 Hans Weingartz,
Bonn / S. 4 Christoph Bellin, bildarchiv-hamburg.de / S. 5 BBR, Bernd Hiepe, © VG
Bild-Kunst, Bonn / S. 6 oben links und unten Felix Borkenau, beide © VG Bild-Kunst,
Bonn / S. 6 oben rechts Felix Borkenau / S. 7 links und rechts BBR, Cordia Schlegelmilch / S. 8, 9 OFD Karlsruhe, Stefan Baumann, beide © VG Bild-Kunst, Bonn / S. 10
BBR, Bernd Hiepe, © VG Bild-Kunst, Bonn / S. 11 Jochen Lempert, © VG Bild-Kunst,
Bonn / S. 12 BBR, Bernd Hiepe, © VG Bild-Kunst, Bonn / S.14 BBR, Ulrich Schwarz,
© VG Bild-Kunst, Bonn / S. 15 Roland Fuhrmann, © VG Bild-Kunst, Bonn / S. 19 Ingo
Herrmann, © VG Bild-Kunst, Bonn / S. 20 Animationen: Inges Idee, © VG Bild-Kunst,
Bonn / S. 22 oben und unten M+M, © VG Bild-Kunst, Bonn / S. 24 Christian Hofmann
/ S. 26 BBR, Jens Andreae, © VG Bild-Kunst, Bonn / S. 28 Foto: Stefan Fischer,
3D-Renderings: Christian Kuegler / S. 32 links und rechts Volker Lannert, Rechteinhaber Sparkasse KölnBonn / S. 34 Archiv BBR, © VG Bild-Kunst, Bonn / S. 35 BBR,
Cordia Schlegelmilch, © VG Bild-Kunst, Bonn / S. 36 links BBR, Cordia Schlegelmilch,
rechts Archiv BBR, beide © VG Bild-Kunst, Bonn / S. 37 oben und rechts unten Archiv
BBR, © VG Bild-Kunst, Bonn, unten links BBR, Birgit Jacke-Ziegert / S. 38 alle BBR,
Cordia Schlegelmilch / S. 39 Robert Koch-Institut, Bredow, © VG Bild-Kunst, Bonn /
S. 40 Bundesstiftung Baukultur, Grafik: Heimann & Schwantes
Copyright für die abgebildeten Arbeiten bei den Künstlern, wenn nicht anders
angegeben.
Die Bearbeiter haben sich nach Kräften bemüht, alle Bildrechte zu ermitteln. Sollte
dabei ein Fehler unterlaufen sein, wird um Mitteilung an die Schmedding.vonMarlin.GbR,
www.schmeddingvonmarlin.de, gebeten.
14.
Kunst am Bau kann durch ihren räumlichen und inhaltlichen Bezug zum Bauwerk oder zum Standort Gebäuden
ein spezifisches Profil verleihen und ihre architektonischen Qualitäten unterstreichen; als Visitenkarte des Hauses
wirkt sie nach innen und außen und trägt zur Adressbildung bei. Wohnungsbauunternehmen schätzen daher von
jeher das Identifikationspotential von Kunst, Investoren und Projektentwickler neuerdings auch ihre soziokulturellen Aspekte, die für die Nachhaltigkeitsbewertung und Zertifizierung von Immobilien relevant sind. Aber welche
Kunst ist für welche Immobilien geeignet? Und wie eigenständig kann Kunst dann noch sein, wenn sie so viele
Bedürfnisse befriedigen muss?
Februar 2015
Auch die nächsten Werkstattgespräche werden in dieser Reihe dokumentiert.