Die Personen und ihre Darstellung im Heinrich

Transcription

Die Personen und ihre Darstellung im Heinrich
Die Personen und ihre Darstellung
im Heinrich von Kempten und in dei" Herzmaere
Konrad von Würzburgs
by
Carmen Laura Ursu
A Thesis Submitted to the
Faculty of Graduate Studies and Research
in Partial Fulfillment
of the Requirements for the Degree of
Master of Arts.
Department of German
McGill University
Montréal, Québec
n
e Carmen
L. Ursu
November, 1991
ii
ABSTRAKT
Die vorliegende Magister Arbeit stellt sich aIs Ziel
durch eine genaue Analyse der Personen,
durch den Autor Konrad von Wurzburg,
ihrey' Darstellung
und ihrer vom Autor
berichteten Handlungen, ein besseres Verstandnis der Personendarstellung in einem mittelhochdeutschen Text zu bekommen.
Dafür wurden die Novellen Heinrich von Kempten und Herzmaere
ausgewahlt,
zentralen
da sie Personeil in zwei
Bereichen vorfuhren:
Bereich der Ritterwelt,
Herzmaer~
für das Mittelalter
neinrich von Kempten
im
im Bereich der Minne.
Die Arbeit gliedert sich in zwei Hauptteile. Der erste
beschaftigt sich mit der Versnovelle Heinrich von Kernpten:
Darin wird
berichtet,
~unachst
der Stand der Forschung von 1970 bis heute
sodann aIle erscheinenden Personen nach
ihrer
Darstellung und ihren Handlungen besprochen und die Ergebnisse
zusarnmengefaBt.
lm zweiten Hauptteil wird nach den selben
Gesichtspunkten die Versnovelle Herzmaere besprochen.
iii
ABSTRACT
This masters thesis aims at obtaining a better understanding of the character depiction in two Middle
~igh
German
texts through a precise analysis of the characters and their
actions as reported by the author Konrad von Wurzburg. For
this study the novellas Heinrich von Kempten an r: Herzmaere
were chosen, because they present characters within two areas
of central literary concern to the Middle Ages: Heinrich von
Kempten in the area of knighthood and Herzmaere in the area of
courtly love.
The study consists of two main parts. The first, which
deals
with
developments
the
in
novella
research
Heinrich
from
von
1970
Rempten
until
the
lists
the
present,
descrihes aIl characters according to their depiction and
actions and concludes with a summary of the results.
The
second main part of the thesis examines the novella Herzmaere
following
Kempten.
,
j
the same criteria of analysis as Heinrich von
iv
RÉsUMÉ
Ce mémoire examine en détail à la fois le caractère et les
actions des personnages de deux récits du haut moyen age
allemand, intitulés respectivement Heinrich von }(empten et
Herzmrere, de l'auteur Konrad von Wurzburg. Le choi j! de ces
textes est justifié par le fait qu'ils mettent en
personnages pleinement représentatifs des
prédilection
de
l'époque:
à
savoir,
s~ène
des
deux thê:mes de
d'une
part,
la
chevalierie, dépeinte dans Heinrich von Kempten, et, d'autre
part,
l'amour courtois, exemplifié par les personnage,s de
Herzmzre.
Cette étude est divisée en deux parties: la première, qui
explore spécifiquement Heinrich von Kempten, dresse un bilan
critique des recherches en cours depuis 1970, analyse chaque
personnage du point de vue de sa caractérisation et de ses
actes, et conclut par un sommaire des résultats. La seconde
partie reprend la méthodologie et les critères d'analyse de la
première et se penche, cette fois, sur
H~rzmzre.
v
ACKHOWLEDGEMENTS
l wish to thank my supervisor, Professor Horst Richter of
the German
topic
Depa~tment
at McGill University, who suggested the
in Middle Hi lh German
Literature and the didactic
approach to it. His unfailing support, guidance and patience
led to frui tful discussions and the author Konrad von Wurzburg
was chosen as a result.
Deepest gratitude is due to my mother, Herta Bodendorfer
- Simonis and to my partner Spyro Athanasiou. They were always
there for me with many a word of support and encouragement.
l am a1so indebted to Helgard He1dt, secretary of the
German Department at McGill University, who neve't' refused her
help and stood by me with her kindness and assistance.
vi
Inhaltsverzeichnis
ABSTRAKT
ABSTRACT •.
RESUME
ACKNOWLEDGEMENTS.
·................ . ..... .....
·.................. . ... .......
·................... .
· . ii
.iii
· • iv
• •v
Vorwort .................................................... 1
Einleitung: Der Autor Konrad
VOll
Würzburg. • . • . . . • • • • .. . ••.. 4
Heinrich von Kempten
Vorstellung des Werkes...................
. •.••••..••••• 7
Uberblick ùber die Forschungsliteratur....
. . • • • • . • . 10
Die Darstellung der Personen in Heinrich von Kempten . . . . 19
Zusammenfassung der Erqebnisse ....•.....•.•.•...•••••..• 39
Herzmaere
Vorstellung des Werkes ......•.....••.....•.
Uberblick über die Forschungsliteratur ••.••
Die Darst~llung der Personen in der Herzmaere .••••••.
Zusammenfassung der Erqebnisse ...••.•.•.••.••••..••.
..
Bibliographie
• .43
• .46
· .51
• .67
· ....... ........ ...... ............. • .72
............... ..................... • .73
Primàrliteratur.
Sekundarliteratur .••
1
VORWORT
Der Ausgangspunkt fur diese Arbeit war ein mittelhochdeutsches Einfuhrungsseminar,
aus dem sich mein Interesse
ergab, mehr uber die mitte1hochdeutsche Sprache und Literatur
kennenzulernen.
Das erste Zie1 war, meine sprachlichen Kenntnisse des
Mittelhochdeutschen
einiger
zu
Standardwerke
vertiefen,
der
und
durch
die
mittelhochdeutschen
Lekture
Literatur-
geschichte meine literarischen Kenntnisse der mittelhochdeutschen Blutezeit im allgemeinen zu verbessern. Durch aine
Arbei t
an einem uberschaubaren Text waren
genauere und grünàlichere Kenntnisse der
dabei
zunach;t
mittelhochdeutsche~
Sprache im Hinblick auf das Vokabular und die grammatischen
und syntaktischen Strukturen zu gewinnen und sie durch aine
Übersetzung in modernes Deutsch zu ùben. Meine literaturgeschichtlichen Studien dazu fuhrten zu einer uberblickenden
Lektüre der Hauptwerke Konrad von Wùrzburgs und der in der
gerrnanistischen Forschung wichtigeren li teraturgeschichtl ichen
und literaturkritischen Abhandlungen zu ihm.
Das spezielle Thema fur die hier vorliegende Arbeit ergab
sich dann aus der Beobachtung der Personendarstellung in den
von mir gelesenen mittelhochdeutschen Werken: lm Vergleich mit
der modernen Literatur wird das Personal in mittelhochdeutschen Erzahlungen auf befremdende Art anders dargestellt.
l
Selten
scheinen
sie
anschaulich zu
werden
und plastisch
2
hervorzutreten.
Nebenpersonen werden eingefuhrt und wieder
fallengelassen. Es finden sich Widerspruche in der Darstel1 ung. Insgesamt erscheinen die Personen eindimensional und
typisiert. Von einer Personencharakteristik, wie wir sie heute
erwarten, kann oft nicht die Rede sein.
Oiese ersten inhaltlichen Beobachtungen, wie au ch meine
sprachliche Arbeit mit den
Texte~
fuhrten dazu, sich auf die
Behandlung einiger Versnovellen von Konrad von Wurzburg zu
konzentrieren und zwar wegen ihrer Uberschaubarkeit und wegen
ihrer
thematischen
Einheltlichkeit.
Unter
ihnen
wurden
Heinrich von Kernpten und Herzrnaere ausgewahlt, weil sie mit
dem Minne- Thema und der Darstellung des Ritterwesens zwei
zentrale Themen der Literatur des 13. Jahrhunderts behandeln.
An ihnen wurde versucht, durch eine genaue sprachliche
wiedergabe in modernem Deutsch die Darstellung der Personen
durch den Autor und die Beschreibung ihrer Aktionen festzuhalten, um auf diese Weise Einsichten in die mittelalterllche
personendarstellung zu gewinnen.
Zu beiden Werken wurde zunachst eine komplette Bibliographie zusarnmengestellt und bearbeitet mit dem Ziel, ein6n
Uberblick uber den gesamten Bereich der Forschung zu erhalten.
In die Arbei t ubernommen wurde daraus eine Bibliographie aller
Sekundarliteratur von 1970 an mit einigen notig gewordenen
Ausnahmen: Sie solI den derzeitigen Stand der Forschung und
Diskussion zu beiden Werken wiedergeben. Zu diesem Zweck wurde
1
3
zu jedem der Beitrage eine kurze Besprechung des Inhalts und
der behandelten Themen mitgeliefert.
Der Aufbau der Arbeit ist der folgende: Nach einer kurzen
Vorstellung des Autors Konrad von Wurzburg bietet die Arbeit
zuerst fur den Heinrich von Kempten und dann fur die Berzmaere
1.) - eine kurze Vorstellung des Werkes.
2.) - einen
kritisch
besprechenden
Uberblick
uber
die
Forschung seit 1970.
3.) - die neuhochdeutsche wiedergabe der Angaben des Autors zu
den Personen und die genaue Beschreibung ihrE:=r Handlungen.
Innerhalb dieses Kapitels wird jede der vorkommenden Personen
einzeln
besprochen.
Die
Besprechung
folgt
dem
Gang
der
Handlung.
4.) - in einem abschlieBenden Teil werden die sich daraus
ergebenden Beobachtungen zusammenfassend besprochen.
Insgesamt war das Ziel der vorliegenden Untersuchung,
durch praktische Arbei t
an einem mi ttelhochdeutschen Tey.t
sprachliche Kenntnisse zu gewinnen, U'ld uber eine Textanalyse,
die zugleich das genaue Lesen und sprachl iche Verstandnis
fordern sollte, auf exemplarische Weise zu Einsichten in die
Eigenheit der PersonendarsteJ lung Konrad von Wurzburgs und
vielleicht des
~ittelalters
zu kommen.
1
4
(
EINLF.lTUNG
DER AUTOR KONRAD VON WURZBURG
"Konrad ist in der Tat der groBte in der letzten Generation
mi ttelhochdeutscher Oichter, der einz ige, den man bis zu einem
gewis~en
Grad den Meistern des ersten Jahrzehnts des Jahrhun-
derts an die seite stellen kann.
H'
Konrad von Wurzburg, oder cuonrât
VOll
Wirzeburc, wie er
sich selbst in vielen Werken nennt, wurde etwa um 1230 in
Ostfranken, wahrscheinlich in Wurzburg, aIs Sohn burgerlicher
Eltern geboren. Genaueres ist uber seine Jugend nicht bekannt,
wohl aber, daB er sowohl in straBburg aIs au ch in Basel gelebt
haben muS.
Die Aufzeichnung einer Basler Urkunde von 1295
bestatigt Konrads Aufenthalt in Basel und erwahnt ein Haus
quodam magistri Cuonradi de Wirzeburg in der Spielgé!sse.
Oaraus kann angenonunen werden, daB sich Konrad von wurzburg in
den 1260er Jahren in Basel niedergelassen hatte und dort
zusammen mit Oomherren und Offizialen des Domstiftes in der
heutigen August inergasse
gelebt hat. 2 Uber
sein privates
Familienleben wissen wir nur, daB er mit einer gewissen Bertha
verheiratet war und zwei Tochter namens Gerina und Agnese
1 J.G. Robertson, Edna Purdie, Geschichte der deutschen
Literatur (Gottingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1968) 107.
2 Horst Brunner, "Konrad von Wurzburg," in Die deutsche
Literatur des Mlttelalters. Verfasserlexikon. Ed. Kurt Ruh,
2. Aufl. Bd. 5, (Berlin. New York: de Gruyter, 1985) 276.
5
1
hatte. Den Kolmarer Annalen fur 1287 und dem Anniversarienbuch
des Basler Munsters
~Jfolge,
starb Konrad am 31. August 1287
an einer Seuche ln Basel und wurde an der Abseite der MariaMagdalenenkirche begraben. 3
Konrad
Bildung,
von
verfugte
Lateinkenntnisse
Berufsliterat
Mazene,
Wurzburg
die
besaB
uber
und
ein
eine
breites
geistliche
Wissen,
lernte spater auch
schrieb
er
vorwiegend
stets
im
grundliche
Franzos isch.
Auftrag
den politischen
gelehrte
AIs
verschiedener
und
okonomischen
stadtischer.. F'uhrungssçhichten, z.B. dem Patriziat angehorten
oder Mitgliedern des hoheren Klerus waren.
Die bekanntesten Werke Konrad von Wurzburgs sind die
Legenden: Alexius,
Welt
Lohn,
Die
Silvester, Pantaleon, die Novellen: Der
goldens
Schmiede,
Heinrich
von
K~mpten,
Herzmaere, Schwanritter, Das Turnier von Nantes, die Romane:
Partonopier und Meliur, Engelhard, Trojanerkrieg. Er verfaBte
au ch eine groBe ~..nzahl von Leichs, Schwanken, Minneliedern ulld
Sangspruchen. Die Werke wurden vorwiegend im 'geblumten still
verfaBt
und
beweisen Konrads Leichtigkeit sich
in
einer
elegant dahinflieBenden, farbigen sprache auszudrucken, wobei
e~
einen besonderen Wert auf den Reim legte. Die Vielfait der
Themen im Werk Konrads V0n Wurzburg beweisen sein Talent, sich
jedwelcher Stoffe
anzunehmen und
damit
sein
Publikum
zu
fesseln. Gottfried von StraBburg und Hartmann von Aue waren
Konrads Vorbilder, die er auch offentl ich aIs sol che anerkann3
H. Brunner, in
Verfa~serlexikon,
276.
J
6
te und pries. Konrad von würzburg wurde in der Literatur zu
den 12 Meistern und bedeutendsten Autoren der zweiten Halfte
des 13. Jahrhunderts gezahlt.
Gustav Ehrismann bezeichnet Konrad als einen Autoren, der
noch Ideaibilder des Rittertums schafft: "seine Werke qeben
Zeuqnis, wie das Burgertum sich die feine Kultur des Rittertums, die
t
hoveschei t
t 1
anzueignen bestrebt ist". 4 In Konrads
Dichtung kommt gelegentlich seine Unzufriedenheit mit der
Gegenwart zum Ausdruck, in der seiner Ansicht nach das Ideal
des Ritterwesens zu verschwinden drohte. Sein werk verstand er
aIs einen Beitrag, das zu verhindern, und er strebte danach,
neue zeiten des Heldentums, der Minne und der hohen ritterlichen Ideale wiederaufleben zu Iassen. Gleichzeitiq wollte er
seine Werke als belehrende Beispiele verstanden wissent die
für seine Leser von Nutzen sein konnten. Das verschaffte ihm
groBes Ansehen, bereita zu seiner Lebenszeit wie auch in den
folgenden Jahrhunderten.
4 Gustav Ehrismann, Geschichte der Deutschen Literatur
bis zum Ausgang des Mittelalters. II. Teil, 2. Abschnitt, 2.
Halfte. Die mittelhochdeutsche Literatur (München: C.H.
Beck'sche Verlaqsbuchhandlung, 1955) 35.
7
HEINRICH VON IŒMPTEN
VORSTELLUNG DES WERKES
Heinrich von Kempten, eine 770 Verse umfassende Kurzerzahlung
Konrad
von Wurzburgs,
StraBburger Domprobstes
ii-ntstand im
Auftrag
des
Berthold von Thiersberg und wurde
wahrscheinlich in Basel niedergeschrieber..
Das eigentliche Entstehungsjahr lst ganz umstritten und
kann mangels weiterer Forschung
festgelegt werden.
noch nicht mit GewiBheit
Kurt Ruh z.B. nimmt an, daB die Novelle
etwa zwischen 1261 und 1277 entstanden sei. 5 Rosemary Wallbank
vermerkt 1260 bis 1275 als mogliche Entstehungszeit. 6 Stefan
Grunwald engt das Datum auf 1260 bis 1270 ein,
7
und Hubertus
Fischer und Paul-Gerhard Volker bestimmen 1261/62 a1s einzig
mogl iches
Entstehungsj ahr. 8
Die
Anzahl
der
aufgefundenen
Handschriften der Novelle sind sieben, davon sechs vOllstan-
5
H. Brunner, in Verfasserlexikon, 274.
6 Rosemary Wallbank, "Emperor otto and Heinrich von
Kempten," Studies in medieva1 literature and language in
memory of Fredrick Whitehead, ed. W. Rothwell, W.R.J.
Barron, David Blamires and Lewis Thorpe (New York: Manchester University Press, 1973) 354.
7 stefan Grunwald, "Konrad von Wûrzburg' s realistic
sovereign and reluctant servitor," Medieval Studies 32
(1970): 273.
t
8 Hubertus Fischer, und Paul-Gerhard Volker, "Konrad
von Würzburg. 'Heinrich von Kempten': Individuum und feuda1e
Anarchie," Literatur im Feudalismus, ed. D.Richter (stuttgart: 1975) 103-104.
1
8
dig, mit der al testen aus dem 14', Jahrhundert und der j ünqsten
aus dem 17, Jahrhundert,
Ronrad von wurzburg hat aller Wahrscheinlichkeit nach den
Stoff fur die vorliegende Novelle einer bekannten lateinischen
Quelle entnommen, die au ch anderen Autoren des Mittelalters
bekannt war und aIs Vorlage gedient hat, die jedoch nicht
erhalten geblieben ist. 9
Die Novelle Heinrich von Kempten stellt zu Beginn Kaiser
otto vor, der sehr gefürchtet wird, besonders wenn er etwas
bei seinem langen, roten, gepflegten Bart schwort. Der Sohn
des Herzogs von Schwaben, der am Hofe Kaiser ottos lebt,
bricht sich vor dem festlichen Essen nach der Ostermesse ein
stückchen Brot ab und wird deswegen vorn Truchse8 blutiq
geschlagen. Heinrich von Kempten, der Erzieher des Knaben,
erschlagt dardufhin den TruchseB und muS seine Tat vor dem
Kaiser rechtfertigen. Da der Kaiser bei seinem Bart schwort,
den TruchseB zu rachen, muB Heinrich um sein Leben fürchten
und ergreift selbst die Initiative: Er zerrt den Kaiser am
Bart quer uber den Tisch und haIt ihn aIs Geisel für seine
Freilassunq fest.
Der 1<aiser muB ihm sein Leben schenken,
vertreibt aber Heinrich von seinem Hofe und verbietet ihm bei
Todesstrafe, ihm je wieder zu Gesicht zu kommen.
Die Handlung setzt zehn Jahre spater damit wieder ein,
daB Heinrich von Kempten qezwungen wird, an einem Heereszug
des Kaisers teilzunehmen. Er versucht unsichtbar zu bleiben,
f....
9
H, Brunner, in Verfasserlexikon, 277 •
9
rettet aber den Kaiser aus einer Todesgefahr, indem ar nackt
aus dam Bad springt und ihm Hilfe bringt. Kaiser otto dankt
ihm dafur mit einem guten Lohn und mit einer Versohnung, die
sein Ansehen beim Kaiser vollig wiederherstellt.
10
ÜBERBLICK ÜBER DIE FORSCHUNGSLITERATUR
Rarl August Hahn, otte mit dem Barte von Cuonrat von
Würzeburc.
Ed. Karl August Hahn. Quedlinburg und
~eipzig:
Gottfr. Basse, 1838. Amsterdam: Rodopi, 1969. 7-43, ist
der
erste Herausgeber des Werkes, das bei ihm den Tite1 flotte mit
dem Barte" erhëüt. In einem ausfuhrlichen Vorwort bespricht er
den Autor, seine 13iographie und die Rezeption des werkes,
sowei t sie damals bekannt sein konnte, ebenfa1ls den Staff und
seine Quellen und die ihm bekannten fünf Handschriften.
Edward
Schroder,
Kleinere
Dichtungen
Konrads
von
Würzburg. Der Welt Lohn. Das Herzmzre. Heinrich von Rempten.
Berlin: Weidmannsche Buchhandlunq, 1924, 2. Aufl. 1930. 5-27,
stimmt in der umfangreichen Einleitung zu seiner Ausgabe der
Versnovellen Konrad von Würzburgs gegen den seit der Ausgabe
von Karl August Hahn üblichen Titel otte mit dem Barte. Er
entscheidet sich stattdessen für Heinrich von Kempten, da er
Heinrich und
Hand1ung haIt.
nicht
Kaiser otto
für den
Haupttrager der
Dazu bespricht er eine Reihe von philologi-
schen Problemen des Werkes und die siehen ihm bekannten
Handschriften.
Ander aIs E. Schroder ist L. Rohrich, tI'Kaiser otto' oder /'..
Heinrich von Kempten"? Eine Studie zu Konrad von Würzburg".
(
GRM, 32 (1950/51): 151-154,der Meinung, daB die Novelle den
11
1
Titel "Kaiser Otto und Heinrich von Kempten" tragen müsse, da
weder
dem Kaiser noch Heinrich die groBte Aufmerksamkei t
zukomme und beide Personen gleich wichtig seien.
E:t'gebnis gelangt er
auf
Grul"ld
einer Analyse
Zu diesem
der
beiden
Hauptfiguren und ihrer Charakteristik durch den Autor. Zudem
weist er auf die 10 Handschriften hin "von denen 9 ebenfalls
Kaiser otto in der Überschrift fdhren" (S.151).
M. O'Connel Walshe, Medieval German Literature. A
surv~.
cambridge and Massachusetts: Harvard university Press, 1962,
bietet in seinem Überblick über die mittelalterliche Literatur
einige allgemeine Bemerkungen zu Konrad von Wurzburgs Werk und
der hier behandelten Erzàhlung, die bei ihm wieder den Titel
"Keiser Otte" trigt.
Oavid M. Blamires, "Konrad von Würzburg' s Verse Novellen". Medieval Miscellany. Festschrift für Eugène Vinaver. Ed.
F. Whitehead,
A.H. Oiverres and F.E.
Sutcliffe. New York:
Manchester University Press, 1965. 28-44, bespricht samtliche
Erzàhlungen nur recht allgemein nach Forro und Inhalt.
Heinrich von
Kem~ten
Zu
bietet er eine interpretierende Nacher-
zahlung. Er weist auf die realistischen Zuge der Erzàhlung
hin, nennt ihre Hauptthemen und lobt Konrads Erzahlstil, da er
hier zu seinem vorteil seine literarischen und technische:n
Fahigkei ten dem Erzàhlgegel!stand untergeordnet habe.
12
Auch Friedrich
\
\.
Neumann,
Geschichte der altdeutschen
Literatur. (800-1600). GrundriB und AufriB. Berlin: Walter de
Gruyter
&
Co.,
1966,
erwatmt die Novelle nur mit wenigen
sâtzen im Zusammenhang mit der Behandlung von Konrad von
Wurzburg in dem Kapitel "Episches in mancherlei Gestalt"
(S .191-195) •
stefan F.L. Grunwald, "Konrad von Würzburg's Realistic
Souvereign and
(1970):
Reluctant Servitor."
273-281,
betrachtet
die
Medieval
Versnovelle
Studies
unter
32
dem
Gesichtspunkt eines neuen Realismus, den Konrad von Würzburg
als Autor bürgerlicher Herkunft anstrebe. Er stellt fest, daB
Konrad sich hier von der Idealisierung der hofischen Autoren
abwende und eine glaubwürdigere und konkretere Beschreibung
seiner Hauptfiguren qibt. Das resultiert in einem objektiveren
Bild von Herrschern und Beherrschten der damaligen Zeit.
Rosemary E. Wallbank, "Emperor otto and Heinrich von
Kempten ". Studies in Medieval Li terature and Languages. In
Memory of Frederick Whitehead. Ed. W. Rothwell, W.R.J. Barron,
David
Blamires
and
Lewis
Thorpe.
New
York:
Manchester
University Press, 1973. 353-362, nimmt erneut das Problem des
richtigen Titels auf und entscheidet sich geqen L. Rëhrichs
und für E. Schroders Namengebung. Auf Grund einer Untersuchung
der von Konrad verwendeten durchweq posi ti ven Epi theta für
13
Heinrich von Kempten und der negativen fur Kaiser otto kommt
sie zum Resultat, daB Heinrich als Hauptheld gemeint sei.
stephen L.
Konrad:
Wailes,
Variet ies
of
"Konrad von Wurzburg and Pseudo-
humour
in
the
1
Mare 1
• ..
The Modern
Language Review 69 (1974): 98-114, kommt in seiner Untersuchung zu den "Maren" Herzmiere, Heinrich von Kempten und Die
Halbe Birne zu dem Ergebnü;,
Gattung
1
maere'
daB im
13. Jahrhundert die
inhal tlich und forma1
reicher wird und an
literarischem Ansehen gewinnt. Ihren Humor nimmt sie aus der
Oiskrepanz zwischen den Idealen h6fischer und ritterlicher
Zucht der niedrigen Realititen des Lebens.
Wolfgang Beutin, npsychoanalytische l<ategorien bei der
Untersuchung mi ttelhochdeutscher Texte ... Li teraturwissenschaft
und Sozialwissenschaften 5,
Literatur im Feudalismus.
Ed.
Dieter Richter. stuttgart: J .B. Metzler, 1975. 261-:::96, deutet
unter anderem die Auseinandersetzung Heinrichs von Kempten mit
Kaiser otto aIs einen verkleideten Vater-Sohn KonfU kt, in dem
sich der in patriarchalischer Wel t vielfach unbewuJ3t geha1 tene
Wunsch auBere,
den Vater und die Vaterwelt zu schadigen.
Heinrich von Kemptens Angriff auf den Kaiser, besonders die
mit dem scharfen Messer und gegen den Bart gerichtete Attacke
wird im Sinne Freuds als Kastrationsversuch gesehen.
Schuld des Sohnes verlangt eine Wiedergutmachung, und
die Beeintrâchtigung der Vaterwel t
,
i
50
Die
wird
in der Rettungstat des
--~-
------------------,
14
zweiten
Teils
wieder
gutgemacht
(5.271).
Den
Kern
des
Konflikts bilde jedenfalls die sexuelle Rivalitat, ohne daB
dabei aber der Gegenstand der Rivalitât in Erscheinung trete
(5.272). In dem Zusammenhang haIt er es dann für verfehlt, von
einem neuen Realismus im
He~nrich
von Kempten zu sprechen.
Hubertus Fischer und Paul-Gerhard Volker, "Konrad von
Würzburg:
'Heinrich von Kempten".
Individuum und
feudale
Anarchie. te Literaturw5.ssenschaft und sozialwissenschaften 5,
Literatur im Feudalismus. Ed. Dieter Richter. stuttgart: J.B.
Metzler,
1975.
83-123,
versuchen mittels
eines modernen
soziologischen Ansatzes von alten Interpretationen weqzukommen
und
streben
Strukturen an,
ein
neues
Verstândnis
von
feudalistischen
die sie fur mittelalterqemaBer halten. Der
Artikel bietet eine Reihe von interessanten Einsichten zum
Hofritual, zum Adelsleben etc. Eine auf den Sinn der Dichtunq
zielende zusammenhangende Interpretation wird von den Autoren
nicht mehr für notiq qehalten.
Herbert Walz,
Die deutsche Literatur im Mittelalter.
Geschichte und Dokumentation. München: Kind1er, 1976. 148-152,
zeigt, daB die Fraqe des Titels von Konrads Novelle HeinriCh
von Kempten noch immer nicht qelost sei und überschreibt sie
Otto mit dem Barte (5.152).
15
Anne Gouws,
"Aufbauprinzipien. der Versnovellen Konrads
von Wùrzburg", Acta Germanica 14 (1981): 23-38, ste11t (wie
sehon fur die Herzlnzre s. d.) auch fur den Heinrich von Kempten
einen zah1ensymmetrischen Aufbau der Handlung fest. Zahlensymm~trisch
komponiert seien vor allem die Gesprache (S.34) und
die Ein1eitung. Sie kommt zu dem Ergebnis, "daS Konrad von
Würzburg seine Versnovellen auBerordentlich sorgfaltig durchkomponiert hat" (S.3a).
Carolyn Dussère, liA Note on Herzog Ernst and Konrad von
Würzburg's 'Heinrich von Kempten' ," Germanie Notes. 14 (1983):
37-38, weist auf eine Reihe von Parallelen zwischen Heinrich
von Kempten und Herzog Ernst und zu einem geringeren Grad mit
Rudol f von Ems'
Roman
Der quote Gêrhart h in.
Anhand der
Charakteristika der Hauptfiguren kommt sie zu dem SchluB, daB
die sozialkritik, didaktische Tendenzen, Rea1ismus und auch
das Thema des Zusammenbruchs der hofisehen Gesellschaft im
Heinrich von Kempten nicht
50
neue Themen sind wie bislang
angenommen. Eine àhnliche Darstellung Kaiser ottos in
al~.en
drei Werken deute auf eine literarische Tradition um diesen
Kaiser hin.
Walter Roll, "Zum 'Heinrich von Kempten' von Konrad von
Wiirzburg"
Zeitschrift für deutsches Al tertum und .deutsche
Literatur. 112 (1983): 252-257, beschaftigt sich mit dem von
Anne Gouws bereits 1981
fe~tgestellten
zahlenkompositorisch
16
'.,
gegliederten AUfbau, ohne allerdings ihre Arbeit zu erwahnen.
Roll setzt sich dagegen mit H. Rollke auseinander, der 1969
eine sorgfal tige Gliederung mit zahlenkompositorischen Mi tteln
fur die "Herzmere" und "Der Welt Lohn" festgestellt, sie aber
für "Heinrich von Kempten" zurückgewiesen hatte. Roll weist
fur
den
"Heinrich
von
Kempten"
eine
genauso
sorgfaltig
gliedernde Komposition nach, die die Zahlenproportion beachte
und stellt den "Zorn" des Kaisers in den Mittelpunkt der
Handlung.
Joachim Heinzle, Geschichte der deutschen Literatur von
den Anfangen bis zum Beginn der Neuzei t. Band 2: Vom hohen zum
spaten
Mitt~lalter.
Jahrhundert
Teil 2: wandlungen und Neuansatze im 13.
(1220/30-1280/90).
1984.
Athenaum,
50-60,
diskutiert innerhalb seiner Behandlung Konrads von Würzburg
und
der Novelle
Heinrich von
Berthold von Thiersberg,
Kempten
den Auftraggeber
und legt besonderen Wert auf die
Feststellung, da6 er Domprobst von straSburg von 1261 bis 1277
war.
Rüdiger
Brandt,
Konrad
von
Würzburg.
Ertrage
der
Forschung 249. Darmstadt: Wissenschaft1iche Buchgesellschaft,
1987, bietet eingehende Studien zum Autor und seinen Werken,
eine
Forschungsgeschichte
bis
1984 und
Entstehen begriffene Forschungsprojekte.
nennt
einige
im
17
Maria Dobozy, "Der al te und der neue Bund
Wurzburg
1
j
n Konrads von
Heinrich von Kempten '." Zeitschrift fur deutsche
Philologie 107 (1988): 386-400, geht von der Beobachtung aus,
daB im Heinrich vop Kempten die Rituale hofischer Fp.stlichkeit
durch chaotische Elemente gestort werden und kommt anhand
anderer Beispiele zur SchluBfolgerung, daB die Verànderungen
oder die Wiederherstellung der hofischen Ordnung nur mit Hilfe
des Konzeptes des Rituals moglich ist, das sie auf der Basis
anthropologischer Forschung erkennt.
André
1
Schnyder,
"Beobachtungen und
uberlegungen
zum
Heinrich von Kempten' Konrads von Wurzburg". Jahrbllch_der
Oswald von Wolkenstein Gesellschaft S, 1988/89, bietet einen
Uberblick ùber die gesamte Forschungsgeschichte der Novelle,
angefangen vom ersten Herausgeber K. A.
Hahn 1838 bis zu
Fischer/ Volker 1983. Er will die bisher erschienene Forschung
zu Heinrich von Kempten erganzen, nicht aber ersetzen oder
widerlegen. Sein Interesse gilt der Struktur der Novelle, der
Einheit von Zeit und ort, den Implikationen der Handlungen,
dem Doppelungsmotiv der Handlung, sowie der Dreiteiligkeit des
Werkes.
Er kritisiert
de
Boors
Kommentar
zur
Moral
der
Novelle, die er aIs sich aus dem 'rext selbst ergebend ansieht,
nicht aIs "àuBerlich angeklebt" (S. 282).
Rosemary E. Turner - Wallbank, "Tradition und Innovation
in Konrads von Wurzburg 'Heinrich von Kempten'''. Jahrbuch der
,
r
l
18
Oswald von Wolkenstein
Gesellschaft
5,
1988/89.
263-271,
vertritt die Meinung, daB Konrads Novelle auf zwei lateinisehen Anekdoten mit der Uberschrift Idem de eodem
Otton~
primo
im Pantheon Gottfrieds von Viterbo 1191 fuBt und bietet einen
Vergleich der Werke der beiden Autoren. Dabei stellt sie fest,
daB
bei Konrad die Handlung der beiden Halften der Novelle zu
einer einheitlichen Strukturverschmolzen sei (S.267) und gibt
L. Rôhrich recht, Heinrich aIs Haupthelden genannt zu haben
(S.269-270) .
19
DIE DARSTELLUNG DER PERSONEN IN
HEINRICH VON KEMPl'EN
HEINRICH VON KEMPl'EN
Heinrich von Kempten, eine der Hauptfiguren in Konrad von
Würzburgs gieichnamiger Novelle, wird sehon bei seine,m ersten
Auftreten vorgestellt aIs:
n ••• ein heIt,
der was ein ritter ûzerweIt." (93-94)
Er kommt zusammen mit seinem jungen Herrn,
dem Sohn des
Herzogs, aus Schwaben, ist dessen Erzieher und ein Vorbild an
adligem Mut und edler
Mànnlichkeit:
"sin edel muot der haete sieh
ri1icher manheit an genomen." (96-97)
Die ùbermaBig harte Bestrafung des Knaben durch den Truchsess
hatte ihn so aufgebracht, daB el: den Truchsess zornig zur Rede
ste11te und ihm vorwarf, durch sein Benehmen die Sitte des
Hofes verletzt zu haben.
Da sich der Truchsess hartmickig
verteidigte und diese Von.."irfe nicht ernst genug zu nehmen
schien, wurde Heinrich nur noch zorniger und sagte, daB er
sich base und unedei benommen habe und dafur mit seinem B1ut
zah1en müsse:
ndaz sol iuch hie geriuwen,
wand ich vertrages langer niht.
ir tugentl6ser boesewiht," (134-136)
•••••
III
••••••••••••••••••••••••••
"daz iuwer hant unkiusehe
sô gar unedelliche tuot,
des muoz begiezen iuwer bluot
den saI und disen f1ecken. n (140-143)
1
20
Heinrich drohte dem Truchsess nicht nur mit Worten, sondern
griff nach einem groBen Knuppel und setzte seine Drohung in
die Tat um: Er erschlug den Truchsess, indem er ihm den Kopf
in zwei Teile spaltete. Daraufhin wurde Heinrich wegen dieser
Ubeltat vor den Kaiser gerufen und zur Rede gestellt. Er blieb
aber unverzagt, verteidigte si::h und bestand darauf, daB der
Kaiser in einem gerechten Urteilsspruch seine Schuld und
Unschuld gegeneinander abwage:
"geruochent mi;'le unschulde
vernemen hie und mine schult.
hab ich mit rehter ungedult
verdienet iuwer vientschaft,
sô lâzent iuwer magencraft
mich vellen unde veigen.
müg aber ich erzeigen
daz niht si diu schulde min,
sô ruochent mir genedic sin
daz ir mir niht ùbels tuont" (206-215)
Besonders am Ostertag, dem Tag, an dem der Herr auferstanden
sei, moge er ihm erlauben, seine Gnade zu finden. AIs der
Kaiser sich aber darauf gar nicht ein1ieB und bei seinem Bart
schwor, den Tod seines Truchsesses zu rachen, wuBte Heinrich,
daB es nun um sein Leben ging und daB er slch wahren müsse,
solange dazu noch zeit sei (256-61). Er geriet in Zorn und
entschloB sich, alles zu riskieren, um sein Leben zu retten,
denn er wuBte genau, daB der Kaiser alles durchführte, was er
bei seinem Bart schwor (250-56). Damit sprang er schnell zum
Kaiser, griff seinen langen Bart und zog ihn daran über den
Tisch. Er drückte ihn unter sich, zog ein scharf geschliffenes Messer von seiner seite und setzte es dem Kaiser an die
(
Kehle. Mit der anderen Hand begann er ihn so zu wurgen, daB
r
2'
j ener kaum noch sprechen konnte. Drohend verlangte er nun
Vu.;
Raiser den Eid, ihn am Leben zu lassen oder es werde sein Ende
sein:
"sus lag er ûf im an der zit
und rouf te in sêre widerstrit
bi sinem langen barte,
er wurgte in alsô harte
daz er niht mohte sprechen." (295-299)
Die Fürsten wollten dem Kaiser zu Hilfe eilen, aber Heinrich
warnte sie, daS ihn niemand anrühren solle, da er sonst mit
ihnen und dem Raiser kein Erbarmen hâtte:
"lch giuze ir bluotes manegen trahen
ê daz ich müge verderben.
nu her! swer welle sterben,
der kêre her und ruere mich!" (320-323)
Die Fürsten traten auf den Wink des Kaisers zurück und
Heinrich, den der Autor hier wieder unverzagtCel (331)
nennt, verlangte nun yom Kaiser, ihn nicht langer warten zu
lassen, sondern ihm die Begnadigung zu versprechen, wenn er am
Leben bleiben wolle:
"lânt hie niht lange ligen mich,
ob ir daz leben wellent hân:
mir werde sicherheit getân
daz ich genese, ich 1âze iuch 1eben.
wirt mir gewisheit niht qeqeben
umb den lip, est iuwer tôt!" (332-337)
Daraufhin
verspra~h
der
Kaiser
ihm
eidlich
sicherheit.
Heinrich lieS ihn soqleich aufstehen, der Kaiser b1ieb bei
seinem Wort, do ch wurde er des Landes verwiesen und wurde
gewarnt, den Kaiser fur immer zu meiden und ihm nie wieder zu
Gesicht zu kommen.
22
(
Heinrich kehrte nach Schwaben zu seinem groBen Lehensbesitz zurück, denn er war dort ein Dienstmann des stiftes
Kempten. Der Autor sagt uns, daB er aus einer verlaSlichen
Quelle vernommen habe, daB Heinrich in Schwaben sich schône
gar betruoc
(391)
und hofisch lebte, so wie es ihm sein Besitz
und sein Ansehen erlaubten.
Zehn Jahre danach kreuzten sich Heinrichs und Kaiser
ottos Wege erneut. Der Kaiser führte einen Krieg in Apulien
und brauchte nach einiger Zeit neue Ritter aus Deutschland.
Der Abt hereitete sich ehenfalls auf die Fahrt vor und unter
den Dienstleuten wurde auch Heinrich vom Abt bei seinem
Diensteid ermahnt,
in seinem Gefolqe die Kriegsfahrt
zu
unternehmen. Heinrich erinnerte den Abt an das Verhot des
Kaisers und die Ungnade, in der er beim Kaiser stand und bot
an, seine beiden Sohne qut für den Kriegszug ausqerüstet statt
seiner nach Italien zu schicken. Der Abt aber lehnte das ab
und bedrohte ihn mit dem Verlust aller seiner Lehen, falls er
nicht mitzoge.
In seiner Begründunq , warum er auf Heinrichs Dienste
nicht verz ichten konne, bietet der Abt eine hervorraqende
Beschreihung von Heinrichs Wert a1s erfahrener Krieger und
Berater:
"min trôst und al min êre lit
an iu bi disen ziten:
jâ kunnet ir ze striten
gerâten ûzer mâzen wol,
und swaz man hôher dinge sol
ze hove schicken alle wege,
daz mac verrihten iuwer phleqe
vil baz dann anders iemen:
23
so nütze enist mir
an dirre hlneverte
di von sô bite ich
rit mit wiser lire
niemen
als ire
daz ir mir
gebent." (474-485)
Daraufhin versprach Heinrich t ihm in dieser Not zu helfen, wie
es seine Dienstpflicht von ihm verlangte:
"min helfe sol ze rehter nôt
iu bereit von schulden sin,
wande ir sit der herre min,
den ich dienstes muoz gewern;" (502-505)
Er rüstete sich nur ungern zur Kriegsfahrt, versaumte aber
nicht, stets seinen Mut und seine Kühnheit unter Beweis zu
stellen:
"er was sô küene und ouch sô quec
daz er durch vorhte wênic liez:" (516-517)
Was immer sein Herr ihm befahl, das tat er, er war ihm ganz
und gar gehorsam. (518/19)
In der Stadt, vor der das kaiserliche Heer lagerte,
angekommen, versteckte sich Heinrich von Kempten und kam dem
Kaiser nie zu Gesicht wegen des al ten Strei ts und seiner
Schu1d.
"von Kempten Heinrich allez barc
sich vor des keisers angesiht
und quam für in ze liehte niht,
wand er in durch den alten haz
und durch die schulde sin entsaz." (524-528)
Er,hatte seine Hutte etwas abseits vom Heer aufgebaut und so
ging ihm der Vil küene man (529) aus dem Weqe.
An einem Tag als Heinrich
nac~
einer langen Fahrt Erholung
notig hatte und in einem Zuber badete, sah er, wie der Kaiser
heimtückisch von einer Schar der feindlichen Burger uberfallen
wurde. Da lieS er Baden und Waschen bleiben, sprang wie ein
24
(
rechter Held (576) aus dem Zuber, lief kühn zu seinem Schild
an der Wand, den nahm er in die Hand,
50
auch sein Schwert und
kam damit nackend zu dem Kaiser gelaufen und befreite ihn von
den Bürgern: dabei zerhackte und zerhaute er genuq seiner
Feinde, totete viele von denen, die den Kaiser erschlaqen
wollten , vergoS mit starker Hand viel Blut und vertrieb mit
kraftigen Schlagen aIle, die lebendig blieben:
"der liute er vil ze t6de sluoc
die den keiser wolten slahen,
er g6z ir bluotes manegen trahen
mit ellenthafter hende.
ze bitterlichem ende
mit starken sIegen er si treip,
und swaz ir lebendic beleip,
die mahte er aIle flühtec." (588-595)
Nachdem der ritter zühtec (596) den Kaiser vom Tode qerettet
hatte, lief er wieder in sein Bad zurück und tat so, aIs ob er
von dem Geschehen qanz und qar nichts wüBte und badete wie
zuvor:
"dar ln qesaz er drite nider,
als ob er umbe die qeschiht
weste in dirre werlte niht,
und badet aIs er tet di vor." (600-603)
Kaiser otto hatte ihn nicht erkannt, und fraqte die Fürsten
nach dem Namen seines unbekannten Retters,
dami t
er ihn
angemessen belohnen Kanne, denn noch nie und nirqends sei er
einem so bereitwilliqen und furchtlosen Ritter begegnet:
"nie ritter wart s6 tiure
noch s6 frech ân allen spot." (628-629)
............................
"kein ritter s6 gar 6zerlesen
lebt weder hie noch anderswâ." (636-637)
(
25
1
Einige der Fürsten wuBten, wer es gewesen war und berichteten
dem Kaiser, daB es sich um einen bei ihm in Ungnade gefallenen
Ritter handelte, den sie ihm gerne nennen würden, wenn der
Kaiser ihm seine Huld wieder gàbe. Kaiser otto erklarte sich
dazu bereit,
und verstand sogleich, aIs ihm Heinrich von
Kempten genannt wurde, daB diese Tat von derselben Kùhnheit
zeuge wie die erste. Vor der Begnadigung wollte er ihn aber
erst einmal, wenn auch nur zum Schein, erschrecken:
"wer haete ouch anders diz getân
daz er ndcket hiute streit?
wand er ou ch die getürstekeit
truog in sime herzen hôch
daz er bi dem barte zôch
einen keiser über tisch.
sin muot ist frevel unde frisch,
des enkilt er niemer;
min helfe muoz in iamer
genaedeclichen decken.
doch wil ich in erschrecken
und ubelliche emphâhen." (668-679)
AIs Hejnrich so grimmig empfangen wurde, bestand er wieder
darauf, daB der Kaiser ihm verzeihe, da er nur gezwungen zum
Heer gekommen sei:
"'genâde, herre!' sprach der degen,
'ich quam betwungenlichen her.
dâ von sô bite ich unde ger
daz ir verkieset die getât." (702-705)
Er wies darauf hin, da8 er die Huld seines Fürsten und auch
sein Lehen verloren hatte, wenn er ihm nicht gehorcht und ihm
nicht auf die Kriegsfahrt gefolgt ware. (706-718)
Der Kaiser versohnte sich nun mit Heinrich und pries
seine Unerschrockenheit. Seine ritterlichen Tugenden brachten
t
Heinrich groBen Reichtum und hochstes Ansehen ein, denn der
26
(
Kaiser gab ihm Geld und ein Lehen, daB jahrlich 200 Mark wert
war.
Zum AbschluB stimmt der Autor zu, daB jeder Ritter so
mutig, entschlossen und ohne Furcht seine korperliche Kraft
einsetzen solle, da Mannheit und ritterliche Tat noch immer
jedem, der sie ausuben konne, Ruhm und Ehre einbrachten:
"Dar umbe ein ieslich ritter sol
gerne sin des muotes quec,
werf alle zageheit enwec
und üebe sines libes kraft.
wan manheit unde ritterschaft
diu zwei diu tiurent sêre:
si bringent lob und êre
noch einem iegelichen man
der si wol gehalten kan
unde in beiden mag geleben." (744-753)
27
KNABE
Der Knabe,
vom Autor ein werder
j
uncherre (52)
und
hôchgeborne (65) genannt, ist nicht nur ein sehr schones Kind,
sondern auch der Alleinerbe eines machtigen Herzogs von
Schwaben. Er lebt in Bamberg am Hofe Kaiser ottos, um dort
eine hofische Erziehung zu erha1ten. Der Autor stellt ihn
betont positiv dar, aIs:
" . .. edel unde wünnevar
an herzen und an libe ..• " (52-53)
und von den Hofleuten wird er ebenfalls geachtet:
"die liute im aIle sunder mein
vil hôhen pris dâ gâben." (54-55)
weiterhin wird er aIs knabe reine (60) und aIs der junge
fürste wünnesam (71) beschrieben, aIs knaben edel unde clâr
(87) und juncherren hôch (102), mit blanken hende(n) (63), was
seine
adlige
Herkunft
und
jugendliche
Unschuld
weiter
hervorheben.
Am
Ostertag ging er im kaiser1ichen Speisesaal am fertig
gedeckten Tisch entlang und brach sich ein kleines stuckchen
ungesalzenes WeiBbrot ab, um es vor der Mahlzeit zu essen. Der
Autor Konrad entschuldigt solch Verhalten sofort mit dem
kind1ichen Alter des Knaben:
" ..• sam diu kint,
diu des sites e11iu sint
und in der wille stât dar zuo
daz si gerne enbizent fruo." (67-70)
Der Truchsess des Kaisers sah ihn das tun und wurde darüber
g1eich
50
wütend, daB er ihn mit seinem Stab so hefti; auf den
(
28
Kopf schlug, daB das Blut hervorquoll. Der Knabe fiel
zu
Boden, saB da und weinte viele heiSe Tranen.
Damit ist seine Rolle beendet, und er wird vom Autoren
nicht mehr erwahnt.
(
29
TRUCHSESS
Der
Truchsess
wird
vom
Autor
Konrad
von
Wurzburg
eingeführt, aIs der Knabe etwas von dem Brot genornmen hatte.
Seine Aufgabe war es, am Hofe Kaiser ottos die Vorbereitungen
fur das Mittagessen nach der Ostermesse zu überwachen. Er ging
also mit seinem Stab durch den Saal, um alles anzuordnen:
"dô gienc aldâ mit sime stabe
des keisers truhs~ze
und schihte daz man eze,
s6 man gesungen hete gar." (74-77)
Er wurde gewahr, daB der junge Herr sich etwas von dem Brot
abgebrochen hatte.
Daruber wurde er sofort zorn!g, da es
seine Art war, daB ihn auch kleine Dinge sehr aufregten:
"daz der juneherre wert
des brôtes h~te di gegert.
des wart er zornic sâ zehant:
der site sin was s6 gewant
daz in muote ein cleine dine." (79-83)
Der Truchsess bestrafte aiso den Knaben, indem er ihm mit
seinem Stabe den Kopf blutig schlug:
"des lief er an den jungelinc
mit eime stabe den er truoc,
di mite er af daz houbet sluoc." (84-86)
Als
Hejnrich
von
Kempten
daraufhin
zornig
solches
Verhalten als ungebuhrlich fur seine Ritterschaft kritisierte,
lehnte der Truchsess das aIs Einmischung trotzig ab, 9az lint
iu gar unmêlere sin! (118) und rechtfertigte sein Handeln damit,
daB es ihm zustehe, einen j eden ungehobel ten I<orl zu bestrafen
und zu schlagen, wenn er gegen die sitten des Hofes verstoBe:
"mir ist daz wol gemaeze
30
,
deich ungefüegen schelken were
und einen iegelichen bere
der hie ze hove unzlihtic ist." (120-123)
\.
und verbot geringschàtzig Heinrich jedes weitere Wort:
"lint iuwer rede an dirr~ frist
belîben algemeine:
ich fürhte iuch alsô (':leine
aIs der habich tuot daz huon." (124-127)
Aggressi v und herausfordernd fragte er Heinrich wei terhin, was
er denn dagegen
zu tun gedenke,
daB er den Herzogssohn
gesch1agen hatte:
"waz welt ir nû dar umbe tuon
daz ich den herzogen sluoc?" (128-129)
Das brachte Heinrich vëllig in Wut und er schlug ihn nun
seinerseits so kraftig mit
eine~
Knüppel, daB der Ropf des
Truchsess gespalten wurde.
Sehr drastisch wird dann vom Autor das Ende des Truchsess
berichtet:
Sich wie
ein Kreisel
drehend stürzte er mit
zerschmetterten Haupt tot zu Boden:
n ••• er begunde zwirben
alunlbe und umbe sam ein topf;" (150-151)
...... ..... . .... . ....... . . ..
"des viel er ûf den esterich
und lac di jimerlichen tat." (154-155)
Das Los des Truchsesses ist dem des Rnaben gleich: seine
Rolle in der Erzahlung ist ausgespielt, und er findet von
jetzt ab keine Erwahnung mehr.
31
ABT
Der Abt von Kempten war einer der Fursten des Reiches
(429). Als Lehensempfânger war er Kaiser otto zu Dienst verpflichtet und deswegen au ch sofort bereit, des Kaisers Aufforderung zum Kriegszug nach Apulien zu folgen.
Er schickte
sofort eine Botschaft an alle seine Dienstleute und ermahnte
sie
b~i
ihren Treueiden zur Heeresfahrt. Er lieS Heinrich von
Kempten vor sich kommen und erinnerte ihn in einer kleinen
Rede daran, daB er als einer der Reichsfursten dem Kaiser
Hilfe leisten muSte und daB er dazu ihn und
sein~
Dienstleute
besonders benotige. Er ermahnte Heinrich dar'Jm, die ihnen
befohlene Reise nicht zu unterlassen und am festgesetzten
Zeitpunkt bereit zu sein (438-451). AIs Heinrich aber auf die
Ungnade des Kaisers hinwies und lieber seine beiden sohne
schicken wollte aIs selbst zu gehen, lehnte der Abt das in
einer 2. Rede ab (470-490),
in der er Heinrich als seinen
besten Dienstmann charakterisierte, der im Kampf ebenso wie in
Wlchtigen Dingen des Hofes erfahrener und ihm nutzlicher sei
als alle anderen:
"sô nutze enist mir niemen
an dirre hineverte als ir mir." (483-484)
Deshalb forderte er ihn auf, ihm mit seinem Rat und seiner
Erfahrunq auf dem Krieqszug beizustehen. Sollte er sich dem
aber widersetzen und ihm seine Dienste versagen, so wtirde er
alle
Lehen Heinrichs
verdienen verstünde:
jemandem geben,
der
sie besser zu
32
"ist daz ir di wider strebent
und ir mir dienstes abe gânt,
swaz ir von mir ze lêhen hint,
weizgot daz Iihe ich anderswar,
di manz verdienen wol getar." (486-490)
Heinrich bevorzugte es daraufhin, dem Abt in den Krieg zu
folgen,
anstatt
sein
ritterliches
Ansehen und Lehen
zu
verlieren und diesem treu zu dienen, so wie es sich für ihn
gebührte.
Der Abt wird hier nur eingeführt,
um die HandIung
voranzutreiben und Heinrich weiterhin zu charakterisieren.
*F
33
RAISER OTTO
Kaiser otto wird aIs ein maehtiger und zugleich gefürchteter Herrseher über viele Lander eingeführt:
"Ein keiser otte was genant,
des magencrefte manie lant
mit vorhten undert~nie wart." (1-3)
Charakteristiseh fur ihn war sein schoner, langer, gepflegter
Bart, und alles was er bei ihm geschworen hatte, führte er
au ch aus. Sein Haar war rot, und er war insgesamt ein ubler
Mann, leicht reizbar zu boser stimmung. Wer immer etwas gegen
ihn unternahm, der hatte sein Leben verloren. Jeder, dem er
bei seinem Bart Strafe geschworen hatte, muBte, ohne auf Milde
rechnen zu konnen, den Tod erleiden:
"über swen der eit gesworn
von des keisers munde wart:
"du garnest ez, sam mir min hart!"
der muoste ligen tôt zehant,
wand er dekeine milte vant
an siner hende danne." (14-19)
Die Handlung beginnt damit, daB er zu Ostern ein groBes Fest
in seiner Burg zu Babenberg abhalt. Naeh der Messe kam Kaiser
otto mit samt1iehen Fursten in den Saal, wo das Essen gereicht
werden solI te. Nachdem er sich die Hande gewaschen und sich an
den Tisch gesetzt hatte,
FuBboden.
beschmutzt
sah er das frisehe Blut auf dem
AIs er sich erkundigte,
hatte,
sagte
man
ihm,
wer den Saa1 mit Blut
daB man
soeben seinen
Truchsess erschlagen habe, und aIs er wùtend wei terfragte, wer
das gewagt hatte,
ihn so
zu beleidigen,
nannte man
ihm
J
1
34
(
Heinrich von Kempten. Der Ritter wurde vor den schrecklichen
Kaiser (fur den keiser freissam, 185) geladen:
"er
für
ich
mir
werde schiere nû besant
min antlitze her:
wil in frâqen war umb er
habe sC:- vaste an im qeschadet ... (180-183)
und sogleich als er ihm vor Augen kam, fuhr er ihn zorniq
(186)
an, warum er so qetobt habe, daB er ihm seinen hochqe-
lobten Truchsess ermorden musste. Damit habe er sich seine
kaiserliche Unqnade aufqebürdet, und seine kaiserliche Gewalt
solle er sehr zu spuren bekommen. DaB er Ehre und Ansehen
seines Hofes qestërt hatte, werde an ihm qeracht werden,
ebenso wie die Bluttat am Truchsess:
"ir hânt ûf iuch qehordet
min ungenâde manicvalt:
iu sol min keiserlich gewalt
erzeiget werden sêre;
ir hânt mins hoves êre
und minen pris zebrochen;
daz wirt an iu gerochen,
der hôhe mein und diu geschiht
daz man den truhszzen siht
von iu ze tôde erlempten." (192-201)
Als Heinrich von Kempten seine Tat erklàren wollte und um ein
qerechtes Verfahren und auch um kaiser1iche Gnade bat, redete
sich der Kaiser stattdessen in immer grëBeren Zorn:
Aus
grimmigem Herzen antwortete ihm der bëse, rote Kaiser, der
keiser übel unde rot (231), er wolle ihm den Tod seines
Truchsessen auf keinen Fall verzeihen, no ch werde er jemals
kaiserliche Gnade bei ihm finden. Bei seinem Barte sol le er
ihm bezahlen, daB sein Truchsess ohne jeden Grund von ihm
erschlaqen wurde:
35
"
des tôdes smerzen
den hie min truhseze treit,
lid ich mit solher arebeit
daz ich niht muotes hân dar zuo
daz ich iu keine gnâde tua
umb iuwer hôhe schulde.
min keiserlichiu hulde
muoz iemer sin vor iu verspart.
ir garnet ez, sam mir min bart,
daz min truhsaze tôt
lit von iu alsunder nôt tt (234-244)
Heinrich,
der schnell
festgestellt hatte,
daB aIl
seine
Erklarungen ihm gegen die Wut des schlimmen Kaisers nichts
nützen würden, verteidigte sich daraufhin mit einer Gewalttat:
Kaiser otto wurde von ihm an seinem langen Bart ùber den mit
Speisen bedeckten Tisch geschleift, und er verlor nicht wenig
Barthaare dabei. Sein kaiserliches Haupt wurde sehr beleidigt,
auch rollte die Krone und sein kaiserlicher Zierat auf den
FuBboden.
Ganz und gar wehrlos und sprachlos lag er mit
Heinrichs Messer am Hals und mit zugepreBter Kehle unter dem
Ritter. Kraftlos gebot
~r
mit einem wink Heinrichs Freilas-
sung. AIs der ihn dann freigegeben hatte, setzte er sich
wieder in seinen Sessel, ordnete seine Haare und seinen Bart
und sagte ihm, daB er ihm nie wieder zu Gesicht kommen durfe
und bemerkte, daB von nun an ein anderer Barbier seinen Bart
scheren werde, denn was ihm eben zugestoBen sei, sei
seinem
Bart nicht wohlbekommen.
Zehn Jahre nach diesen Ereignissen fuhrte der Kaiser
einen groBen Krieg südlich der Alpen,
wo er schon seit
langerer Zeit mit viel MÜhe eine Stadt in Apulien belagerte.
36
Da es ihm nach einiger zeit an Krieqern manqelte, sandte er
na ch deutschen Rittern aus:
"er hiez in allen enden
den herren künden unde sagen:
swer iht haete bi den tagen
ze lêhen von dem riche,
daz im der snellicliche
ze helte quaeme bi der stunt." (408-413)
Jeder der dem Kaiser Dienstpflicht schulde, weil er ihm den
Lehenseid qeschworen und dafür ein Reichslehen empfangen habe,
der salle sich schnel1 aufmachen, um ihm im Kampf beizustehen.
Denen die sich weiqern sollten, drohte er mit Entzuq seines
Lehens:
"swer des niht entaete,
daz er sin lêhen haete
verwürket unde ez solte lân." (421-423)
Eines Taqes
ritt Kaiser otto vollig unbewaffnet einigen
Bürgern der belaqerten Stadt entgeqen, um mit ihnen zu verhandeln. Die bewaffneten Bürger stürzten sich jedoch auf ihn und
wollten ihn ermorden. Heinrich kam dem Kaiser zu Hilfe und
rettete ihn. Zurück zu seinem Heer geflüchtet, verlanqte der
Kaiser na ch dem Namen des mutiqen Ritters, der
ihn vom
sicheren Tod gerettet hatte. Als er von seinen Leuten darauf
hinqewiesen wurde, daB es sich um jemanden handele, dem er
seine Gnade entzoqen hatte, versicherte er und versprach bei
seiner kaiserlichen Ehre, daB er ihn in seine Gunst wiederaufnehmen werde, und wenn der ihm auch den Vater erschlaqen
hatte. Daraufhin wurde ihm Heinrich von Kempten genannt und
der Kaiser erinnerte sich qenau an den Angriff und daB er bei
seinem Bart über den Tisch gezogen wurde:
,
37
1
"wand er ouch die getürstekei t
truoq in sime herzen hôch
daz er bi dem barte zôch
einen keiser tiber tisch." (670-673)
Er verstand das aber jetzt aIs einen Ausdruck von Heinrichs
kühner ritterlicher Gesinnung, die er schon damaIs und nun
wieder bei seiner Errettung gezeigt habe. Bevor er ihn fur
immer in seine kaiserliche Gunst aufnehmen wolle, wolle er
Heinrich aber einen guten Schrecken einjagen, indem er ihn
absichtlich grinunig empfange. AIs Heinrich von Rempten vor ihm
stand,
fuhr er
ihn zornig an,
wie
er so
übermutiq und
hoffartig sein kënne, ihm jemals wieder vor Augen zu treten,
denn er sei es doch gewesen,
der ihn so viel Barthaare
qekostet habe, da! er no ch heute keine Locken hatte. Heinrich
wies darauf hin, daS er nur gezwungen hierher ge=kommen sei und
verlangte daher eine Verzeihunq. AIs der Kaiser das vernahm,
brach er in lautes Lachen aus, hieS ihn tausendfach willkommen, pries ihn aIs seinen Retter in der Not und versicherte
ihm, daB er von seinem Zorn ablassen wolle:
"ir
und
den
wan
hânt mir swaere vil genomen
daz leben min genert.
lip müeste ich hân verzert
iuwer helfe, s~lic man!" (726-729)
oamit sprang der Kaiser von seinem Thron aUf, lief Heinrich
entgegen, ku8te ihm Augen und Hande, versohnte sich mit ihm
und wandte seinen schrecklichen Zorn nie mehr gegen ihn:
"ir
wan
und
was
t
zweier vintschaft was dâhin,
der keiser hôchgeborn
sin grimmeclicher zorn
dem ritter niht gevêch." (734-737)
38
Der Kaiser beschenkte Heinrich aus Oankbarkeit mit Geld und
einem betrachtlichen Lehen.
(
39
ZUSAMMENFASSUNG DER ERGEBNISSE
Wahrend
in den vorhergehenden Abschnitten eine mehr
sprachliche Arbeit geleistet wurde, nàmlich die mittelhochdeut~ch
abgefaBten Angaben zur Darstellung der Personen und
der Beschreibung ihrer Handlungen méglichst genau neuhochdeutsch
wiederzugeben,
Einsichten
und
Besonderheiten
sollen
Beobachtungen,
der
in
diesem
die
sich
mitelalterlichen
Abschnitt
daraus
fùr
die
die
Personendarstellung
ergeben, zusammengefaBt werden.
Inhaltlich
wichtige
Szenen,
Szenen,
die
zentrale
Ereignisse beinhal ten, werden oft mehrfach wiederhol t: Bereits
j!rzahltes wird erneut aufgenommen und mit Variationen nochmals
erzahlt. Dabei kënnen andere Aspekte hervorgehoben werden. Das
berichtete Ereignis wird von mehreren seiten beleuchtet, es
tritt plastischer hervor und das fuhrt zu einem vertiefteren
Verstandnis bei der Zuhorerschaft.
In der Besc.hreibung der Personen gibt es des cfteren
Widersprûche: Sie werden vom Autor ideal vorgestellt, d.h.
idealisierende Adjektive werden ihnen vom Autor beigegeben,
die berichteten Handlungen widersprechen dann jedoch gelegentlich diesen Beschreibungen.
So kann ein Ritter,
der vom
Erzahler furchtlos genannt wird, in seinen Handlungen Furcht
zeigen.
Gelegentlich steht dahinter ein anderes Wertverstandnis:
Wenn
z. B.
Heinrich von Kempten vom Autor
zu Beginn der
40
Versnovelle aIs durchaus ideal dargestel1't:. wird, so ist es
heute schwer zu verstehen, wie das zu seiner Handlung dem
Kaiser gegenüber paSt, denn daS er den Kaiser ergreift und ihm
das Messer an die Kehle setzt, um sein Recht zu erlangen, ist
für uns heute Geiselnahme und Erpressunq. Der Autor und mit
ihm der Kaiser - wenigstens am Ende - aber verstehen dies aIs
ritterliche Unerschrockenheit und damit zumindest für den
Kriegerstand aIs einen positiven Wert.
Auffalig
ist
weiterhin,
da8
Personen,
die
in
der
Erzahlung nicht mehr gebraucht werden, kommentarlos entfernt
werden oder verschwinden. Genauso plotzlich konnen sie aber
auch eingeführt werden. Der Abt wird z.B. erst in der Mitte
der Erzahlùng genannt, aIs ein Lehnsherr für Heinrich von
Kempten, so wie er qebraucht wird. Dabei wird die Beziehunq z .m
Herzog von Schwaben nicht mehr erwahnt, für dessen 50hn er
doch aIs Erzieher zuerst auftrat. Der Abt wird dann seinerseits nicht mehr erwahnt, nachdem er Heinrich von Kempten dazu
qebracht hat, seinen Widerstand qegen den Krieqszuq unter
Führung des Kaisers aufzuqeben. Es ware aber durchaus denkbar,
daS er in der spateren Versohnunq mit dem Kaiser nocheinmal
eine Rolle qespielt hatte und man ihn damit an der abschlieBenden versohnlichen Handlunq der Erzahlunq beteiligte. 50 hat
er nur die Funktion, kraft seiner Argumente und Drohungen
Heinrich na ch Italien in das Heerlager des Kaisers zu brinqen.
Noch deutlicher ist das der Fall bei dem Knaben. Er wird
zunachst mit einem gewissen Aufwand an Beschreibung von Konrad
4l
von Würzburg eingefuhrt, wird aber gar nicht rnehr erwahnt,
nachdern er vorn Truchsess geprügelt wurde und weinend am Boden
saS. Auch hier ist seine Rolle nur, Heinrichs Aktion gegen den
Truchsess in Gang zu bringen. In einer modernen Erzahlung ware
er von vornherein aIs Nebenperson eingefuhrt, die seinem Tutor
Heinrich von Kempten, wenn au ch nicht im sozialen Rang
doch
50
im erzàhlerischen Rang, untergeordnet wàre.
In diesen Zusammenhang geharen auch die
Unwahrscheinlichkeiten.
Es
ist
z. B.
ganz
und
berichteten
gar
nicht
vorzustellen, daB der Kaiser ohne jegliche Begleitung allein
mit einer Gruppe von feindlichen Bürgern zusammenkommt und mit
ihnen Verhandlungen fùhrt. In sol chen Aktionen war ein Kaiser
sicherlich nicht direkt verwickelt, schon gar nicht aber oh ne
eine Schutzwache.
Hier wird ganz
deutlich von Konrad von
Wùrzburg eine Situation künst1.ich geschaffen,
protagonist Heinrich aIs Retter
zu~
in der der
Zuge kommen kann. Dafur
scheut der Autor nicht vor Unwahrscheinlichkeiten zurùck.
wir befinden uns somit in einer uns frernden Erzàhlwelt,
in der andere aIs die uns gewohnten Erzàhlstrategien verwendet
werden. Es geht im wesentlichen darurn, die Erzahlung in die
geplante Richtung voranzutreiben, wobe! Wahrscheinl!chkeit und
Glaubwürdigkeit keine besonders wichtige Rolle spielen.
Es ist weiterhin auffallig, daB der Autor Wert darauf
le.gt,
in die Handlung immer wieder Szenen einzublenden, die
oftmals ins einzelne gehende krasse Beschreibungen enthalten:
z.B.
die
Darstellung des
stockhiebes,
den der Knabe
vorn
42
Truchsess erhalt. Die Brutalitat des Schlaqs auf den Kopf, das
strèmende Blut und die Klage des Kindes wird detailliert und
direkt
b~richtet.
Das wird nur übertroffen von der Brutalitat,
mit der der Truchsess nun seinerseits durch einen stockschlag
über den Kopf von Heinrich
VOI'1
Kempten getotet wird. Der Autor
schreckt nicht vor der detaillierten Darstellung extremer
Gewalttatigkeit zurück. Durch besonders ausgewahlte Vergleiche
erhoht er dann noch deren Wirkung, z.B. in der Art wie der
erschlagene Truchsess wie ein Kreisel sich um sich selbst
drehend zusammenbricht. Der Gewaltakt gegen den Kaiser ist ein
weiteres Beispiel für den krassen Realismus im Detail.
Burlesk ist dagegen die Darstellung von Heinrich von
Kemptens
Nacktheit bei
der Verteidigung des
Kaisers.
Er
erwahnt das mehrere Male, gibt dazu aber keine besonderen
Details. Es ist natürlich zu fragen, warum Heinrich überhaupt
in dieser Szene nackt zu sein hat. Von der Handlunq her ist es
nicht notig. Vielleicht aber ist es auf der symbolischen seite
ein wichtiges Detail: Dann korrespondierte etwa die nackte
Entschlossenheit Heinrichs in der Verteidigung des Kaisers im
2.
Teil mit der im übertragenen Sinn nackten KÜhnheit und
Aggressivitcit beim Angriff auf den Kaiser im ersten Teil.
43
HERZMAERE
VORSTELI1JNG DES WERKES
Herzmaere, eine 588 Verse umfassende Kurzerzàhlung Konrad
von Würzburgs,
gehàrt
zu den
Frühwerken aus
der ersten
literarischen Schaffensperiode des Autoren und entstand etwa
um 1260.
Der
Auftraggeber
ist
nicht
bekannt.
Gottfried
von
straBburqs EinfluB auf das Werk und den Autoren se1bst ist
jedoch unübersehbar, da er ihn mit Namen erwahnt (9) und aIs
Vorbild anerkennt.
Die genaue Anzahl der vorgefundenen Handschriften ist
sehr umstritten und noch nicht endgültig geklàrt. Kurt Ruh
spricht
von elf
überlieferten
Handschriften,
davon
zwei
voiistandig, eine verbrannt und eine verschollen. 'O Rudiger
Brandt bestatigt diesen Befund, haIt es aber für moglich, daB
noch weitere Handschrifl:en gefunden werden konnten. 11
Ursula
Schulze spricht von acht vollstàndig erhaltenen Handschriften 12,
nennt
10
im
Widerspruch
dazu
spa ter aber
nur
sechs
H. Brunner, in Verfasserlexikon, 292.
11 Rüdiger Brandt, Konrad <Jon wùrzburg. Ertrage der
Forschung 249 (Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1987) 105.
12 Ursula Schulze, "Konrads von Würzburg novellistische
Gestaltungskunst im 'Herzmaere',tt Jtfediaevalia litteraria
Festschrift für Helmut de Boor zum 80. Geburtstaq, ed. U.
Henning and H. Kolb (Munchen: C.H. Beck'sche Verlagsbuchhandlung, 1971) 469.
1
44
t
vollstandig
überlieferte
Handschriften 13 •
David
8lamires
spricht von zwolf aufgefundenen Handschriften, die ganz oder
fragmenta.t'isch yom spaten 13. Jahrhundert bis zum frühen 16.
Jahrhundert entstanden seien. 14
Die Quelle für das Motiv yom gegessenen Herzen stammt
nicht von Konrad von Würzburg selbst, sondern ist schon von
indischen Erzi:ihlungen seit 1100 verbreitet. In Frankreich,
England, Italien und Deutschland fand dasselbe Motiv ebenfalls
groBen Anklang, 15
Die Novelle Herzmaere
behandelt die leidenschaftliche
Liebe von einem Ritter und einer verheirateten Dame.
Der
eifersüchtige Ehemann bemerkt sehr bald die groBe Liebe der
beiden zueinander und bewirkt die Abreise des Ritters nach
Jerusalem. Im Heiligen Land verliert der Ritter aIl seinen
Lebenswillen, da er seine heiSe Minne nach der geliebten Dame
nicht stillen kann,
und er stirbt an gebrochenem Herzen.
Seinen Knappen beauftragt er,
sein Herz nach seinem Tode
einbalsamieren zu lassen und es zusammen mit dem Liebespfand
der Dame,
ihrem Ring,
Goldkastchen
in einem mit Edelsteinen verz ierten
der Geliebten
zu überbringen.
Der
Ehegatte
begegnet zufallig dem Knappen auf offener Wiese, entreiBt ihm
mit Gewalt das Kastchen und beauftragt seinen Koch, aus dem
13
Ursula Schulze, ebda.
14 David Blamires, "Konrad von Würzburg' s Verse Novellen," Medieval Miscellany, Festschrift für E. Vinaver, ed.
A.H. Diverres (Manchester, New York: 1965) 251.
1
15
Ursula Schulze, ebda.
45
Herzen darin eine kostliche Mahlzeit zuzubereiten.
Diese
speise laBt er seiner Frau servieren, ohne selbst davon zu
kosten. AIs die Dame nach der Herkunft des kostbaren Gerichtes
fragt und erfahrt, daB sie das Herz ihres Geliebten gegessen
habe, der aus sehnsuchtsvoller Liebe nach ihr gestorben sei,
wird sie leichenblaB, schwërt, nie mehr eine weitere speise zu
sich zu nehmen und stirbt.
46
..
-
UBERBLICK UBER DIE FORSCHUNGSLITERATOR
J. E.
~angygge
Matzke,
"The Legend of the ea ten heart." Modern
Notes 26 (1911): 1-8, behandelt die geschichtliche
Herkunft des Stoffes vom gegessenen Herzen unter BerUcksichtigung der Forschungen von Gaston Paris, Patzig und Ahlstrëm.
Sein Ziel
zueinander
ist,
die Beziehungen der einzelnen Geschichten
festzustellen.
Dabei
berücksichtigt
er
die
folgenden Erzahlungen mit derselben Thematik: die indische
Geschichte
Cabestaing
des
und
Rasalu,
die
Boccaccios
Biographie
des
Novelle
Guilhem
de
Guiglielmo
Rossiglione e Messer Guiglielemo Guardastagno (S.3).
Edward
Schroder,
Kleinere
Würzburg. Der Welt Lohn. Das
Dichtungen
Herzm~re.
Konrads
von
Heinrich von Kempten.
Berlin: Weidmannsche Buchhandlung, 1924, 2. Aufl. 1930. 5-27,
listet elf Handschriften, auf denen er seinen Text basiert.
Bei einem Vergleich dieser Handechriften kommt er zu dem
Resultat, "daB es auch vom Herzmzre keine Handschrift gibt die
man aIs gut bezeichnen und der Ausgabe zu Grunde legen konnte"
(S.28).
David M. Blamires, "Konrad von Würzburg's Verse Novellen." Medieval Miscellany. Festschrift für Eugène Vinaver. Ed.
F. Whitehead, A.H. Diverres and F.E. Sutcliffe. New York:
Manchester University Press, 1965. 28-44, bietet im wesentli-
47
chen eine kurze Vorstellunq und Besprechunq des Werkes. Er
weist auf die thematische Nahe zur Minnesituation im Tristan
Gottfrieds von StraBburq hin und bewundert die stilistische
Sicherheit,
mit der Konrad von Wurzburg
Inhalt und Form
harmonisch behandelt hat.
Heinz Rolleke,
"Zum Aufbau des
Herzm~re
Konrads von
Würzburg." Zeitschrift fur deutsche§ Al tertum und
deutsJ~.he
Literatu~
Blamires
28
(196~):
126-133,
wehrt sich gegen
"apodiktische Festste1lung", da! in der Herzmaere Zahlenkomposition nur sehr maBiq aufzuweisen sei. Anders aIs in der
vorhergehenden Forschung geht H. Rolleke von einer G1iederung
des Werkes durch E. Schroder aus, der die Erzahlabschnitte
dort einsetzen laBt, wo Konrads metrische Brechungen aufgehoben sind (S.127).
Ursula Schulze,
Gestaltungskunst
im
"Konrads von wurzburg novellistische
iHerzmaere'."
Mediaevalia
litteraria.
Festschrift für Helmut de Boor zum 80. Geburtstag. Ed. Ursula
Henning und Herbert Kolb. Munchen: C.H.Beck'sche Verlagsbuchhand1ung, 1971. 451-484, bietet eine ausfuhrliche Besprechung
der Herzmaere, ihrer Stoffgeschichte und ihrer literarischen
Stellung. Sie widmet sich unter anderem den Interpretationsmoglichkeiten, die sich ergeben, "wenn man die verschiedenen
Stoffstrange auseinanderlegt" (5.452). Sie weist weiterhin auf
die 8 vOllstandigen (S. 469), an anderer Stelle aber auf 6
48
vollstandige (S.474) Handschriften hin, auf den gesehichtlichen Hintergrund der Novelle und aut andere Werke, die das
gleiche Thema behandelt haben.
In ihrer Besprechung der Herz - Thematik bezieht sie sieh
auf Xenia von Ertzdorff, die in ihren Arbeiten zum 'Herz' im
Mittelalter gezeigt hat, "welch wichtige Rolle das Herz aIs
geistiger Mittelpunkt des Menschen, wo 'amor' und 'caritas'
ihren Sitz haben, in der religi6sen und weltlichen Literatur
des Mittelalters spielte"
(S.455).
Sie vergleicht Konrads
Herzmaere mit Jakemés Sake seps Le Roman du Castelain de Couei
et de la dame de Fayel und stellt fest, daB bei Konrad die
Personen keinen Namen erhalten, er also eine Gruppe anspricht,
sich aber nieht auf bestimmte Einzelpersonen bezieht. U.
Schulze zieht weitere Vergleiehe zu Hartmanns Gregorius und
Gottfrieds Tristan, widmet einige Paragraphen der Minne und
sehlâgt vor, die Novelle ihrem Aufbau
n~ch
zu gliedern, da das
das Nacherzahlen erleiehtere.
Danielle Buschinger, "Le Herzmaere de Konrad von würzburg
et la Légende du 'Coeur mangé'." Actes du Colloque des 27« 28
~t
29 avril 1979 "Le Reeit Bref du Moyen Age". Ed. Danielle
Buschinger. Paris: Champion, 1979. 263-276, bezieht sich auf
die drei versehiedenen Versionen des aus der Antike vermittelten
Stoffes
Übereinstimmungen
vom
gegessenen
zwischen
der
Herzen.
Herzmaere,
Sie
dem
hebt
die
Tristan
Gottfrieds von StraBburg und dem Roman du Castelain de Couei
49
et de la dame de Fayel hervor. AbschlieBend stellt sie fest,
daB es in den Werken darum gehe nachzuweisen, daB das hôfische
Liebesideal auch in einer bürgerlichen Welt weiterbestehen und
1ebendig sein kànne.
Anne Gouws, "Aufbauprinzipien der Versnovellen :Konrads
von Würzburg." Acta Germanica 14 (1981): 23-38, diskutiert den
"architektonischen
Aufbau"
der
Novelle
(S.
29-33).
In
Auseinandersetzung mit den Einteilungen von E. Schràder und H.
Ro1leke stellt sie fest, daB :Konrad den Erzahlteil mit den
Mitteln der Zah1enkomposition symmetrisch aufgebaut habe,
wobei die innere Einheit dieser Versnovelle gut zum Ausdruck
konune (S.32).
Rüdiger
Brandt,
Konrad
von
Würzburg.
Ertrage
der
Forschung 249. Darmstadt: Wissenschaft1iche Buchgesellschaft,
1987, bespricht L'l seiner Monographie (S. 105 - 110), den
Stand des Wissens zur berzmaere unter dem Aspekt der Uberlieferung, des Stoffes, des Stils, der Gattung, der Struktur und
des Inha1ts.
David Blamires, "Konrads von Würzburg
'Herzmaere'
im
:Kontext der Geschichten vorn gegessenen Herzen. Il Jahrbuch der
Oswald von Wo1kenstein Gesellschaft 5, 1988/1989 t kritisiert
Schroders Textausgabe der Novelle und bezeichnet sie aIs "ein
50
künstliches
Gebilde"
(S. 251),
das
auf
keiner
der
zwolf
Handschriften fuBt.
Blamires spezielles Interesse qilt darüberhinaus der
Vie1zahl der Varianten dieses Marchentypus vom gegessenen
Herzen
in
europàischen,
nordamerikanischen und
indischen
Versionen, der einmaligen Rolle des Gatten in der Novelle, der
weder als dumm,
noch als minderwertiq darqestellt werde,
sondern nur
ihm bestimmte position
qeschichte
die
besetze
(S.258).
Weiterhin
in der
macht
er
Dreiecksauf
den
wiederholten Gebrauch bestimmter Worte aufmerksam, z.B. auf
das l8mal thematisiert qebrauchte "süeze" (S.260 - 261).
51
DIE DARSTELLUNG DER PERSONEH IN DER HERZMAERE
DAME
Die Dame wird aIs ein frouwe guot (29) und aIs daz sueze
wip vil wol getân (60) vorgestel1t.
Ihr Ehemann bewachte
strenq ihre SChonheit, was ihr viel Kummer bereitete. Ein
edler Ritter war ihr Verehrer, und er liebte sie genauso
innig,
wie
sie
ihn
liebte.
Dadurch
litten
beide
groSe
SChmerzen, die beinahe unertraglich waren. Die Liebe hatte
sowohl den Ritter aIs auch die Dame
beide waren darin so verstrickt,
50
ganz1ich erfaBt, und
daB sie sich
in minne
nacheinander verzehrten:
"daz si diu sùeze minne gar
het in ir stric verworren,
daz si muosten dorren
nâch einander beide." (84-87)
Das konnte dem Ehegatten nicht verborgen bleiben. Er wollte
solche Leidenschaft der beiden Liebenden nicht langer zulassen
und entschied sich, mit seiner Frau ubers Meer nach Jerusalem
zu fahren. Der Ritter beschlo8 jedoch sofort, ihnen nachzueilen. AIs die Dame das erfuhr, lieS diu sueze tugende riche
(139) den Ritter heimlich zu sich rufen und sagte ihm, daB ihr
Ehegatte sie durch die Reise von ihm entfernen wolle. Darurn
bat sie ihn, dicse Fahrt über das Meer abzuwenden:
"nû volge, trûtgeselle, mir
durch diner hôhen sel den art
unde erwende dise vart,
di sin 1ip hât ûf geleit
über daz wilde mere breit:" (146-150)
52
Sie sehlug nun dem Ritter vor, er solle allein über das Meer
fahren. Wenn ihr Gatte namlieh erfahre, daB der Ritter fort
sei, werde er ohne weiteres zurückbleiben und seinen Argwohn
aufgeben, da er einsehen wUrde, daB die Liebe der beiden nieht
so stark sei, denn sonst hatte der Ritter das Land nieht
verlassen:
"sus wirt der zwivel im benomen
den wider mich sin herze treit." (164-165)
Das Ausbleiben des Ritters werde auch gut für ihn sein,
insofern als das Gerede,
verbreitet
habe,
das sich um sie beide im Lande
verstummen wùrde und
sie
nachher
umso
sehneller wieder zusammenkommen konnten:
"s6 dich her wider hit gesant
der vil süeze reine crist,
sô hâstu sam mir alle frist
dinen willen deste baz,
ob man gar verredet daz
daz man ftf uns ze mere saget." (170-175)
Die Dame beklagte weiterhin, daB sie nicht immer bei ihrem
Ritter sein konne und er bei ihr, so wie sie es mochten, aber
mit Gottes Hilfe würden sie sehon einen Weg zueinander finden.
Als Zeichen ihrer Liebe gab sie dem Ritter einen Ring, der ihn
an ihren Schmerz erinnern solle und sie an ihn bande, ,auch
wenn ihr Auge ihn nicht sahe:
"enpfâch von mir diz vingerlin:
di bi soltû der swere min
gedenken under stunden,
di mite ich bin gebunden,
sô dieh min ouge niht ensiht:" (181-185)
Sie versprach, immer an ihn zu denken, obwohl seine Fahrt
l
•
ihrem Herzen groBen Jammer bereiten \lerde.
Zum Abschied
53
ver1angte sie eines süezen friundes kus (191) auf den Mund und
forderte ihn auf, so zu hande1n,
wie sie
e~
ihm gesagt habe.
Da er sich aIs ihr 'Eigenmann' verstand, erfullte er bereitwi11ig aIle ihre Wunsche.
Auch der Autor betont nun seinerseits den schmerzvollen
Abschied der beiden Liebenden und sagt,
Herzen
in
dieser
schweren
Stunde
daS ihrer beider
no ch
mehr
zueinander
gezwungen wurden, aIs er Worte habe, es auszudrücken:
"diu zwei gelieben beide
schieden s!ch mit marter,
und twungen sich dô harter
ze herzen an der stunde
danne ich mit dem munde
iu bescheiden k~nne." (216-221)
Von nun an waren ihre Herzen tot für aIle Freuden auf dieser
Welt. Sie küBten einander noch einmal sehr liebevoll und gaben
dann aIle Freuden ane!nander auf.
AIs der Ritter im fremden Land von seinem Liebesleid so
überwaltigt wurde, daB er bis auf den Tod krank wurde, da
wuBte er aber doch, daS es seiner Dame ebenso erginge:
"si hât sô reine sinne
und alsô ganze triuwe
daz ir min jâmer niuwe
lit iemer an ir herzen,
bevindet si den smerzen
den ich durch si liden sol." (318-323)
Der Autor erwàhnt die Dame erst wieder, nachdem der Ehegatte
dem Knappen das Herz des verstorbenen Ri tters fortgenommen
hatte
und
es
vorsetzen lieB.
gekocht
seiner
Ehefrau
aIs
Kleine
Speise
54
Die frouwe vil geslaht (430), verspeiste das Herz ihres
Freundes, ohne zu wissen, was sie gegessen hatte. Die kleine
speise kam ihrem Mund so süB vor, daB sie davor noch nie etwas
besseres
fragte,
geschmeckt
hatte.
Als
ob sie nicht auch meine,
ihr
Ehemann hinterhaltig
daB sie noch nie etwas
besseres gegegessen habe, bestatigte sie das und sagte:
"niemer werde ich rehte frô,
ob ich ie splse geze
diu sô zuckermeze
mich dûhte und alsô reine
sô disiu trahte cleine
der ich iezuo hân bekort.
aller spise ein überhort
muoz si mir benamen sln." (448-455)
Tatsachlich hatte sie noch nie eine Speise gegessen, die ihr
so süB und rein erschienen wàre. Es sei wirklich das allerbeste und sie erkundigte sich, ob es ein wildes oder zahmes
Tier gewesen sei (erg.: von dem dies Essen stamme). Darauf
antwortete ihr der Ehemann, daB die Speise
sowohl wild wie
auch zahm gewesen sei, da sie das Herz des Ritters gegessen
habe, der um sie an jedem Tag seines Lebens genug gelitten
habe, und daB er nun in der Sehnsucht na ch ihrer suezen minne
(472) in der Fremde gestorben sei. Als Beweis habe er ihr sein
Herz und ihren Ring durch den Knappen zurückgesandt.
Diese schreckliche Erzahlung lie8 die Dame in einen
totenahnlichen Zustand fallen:
"Von disem leiden Mere
wart diu seldenbere
als ein tôtez wip gestalt,
ir wart in deme libe kalt
daz herze, daz geloubent mir." (477-481)
55
1
Ihre weiBen Hande fielen vor ihr in den Sch08, und das Blut
quoll ihr aus dem Munde:
"Ir blanken hende enphielen ir
beide für sich in die schôz,
daz bluot ir ûz dem munde dôz,
aIs ir diu wire ~chult gebôt." (482-485)
Voll Leid sagte sie ihrem Ehemann, da8 sie nun, da sie das
Herz des Mannes, der sie stets von Grund aus geljebt habe,
gegessen hatte, nie wieder Speise zu sich nehmen werde. Gott
selbst mage ihr verbieten, da8 nach
90
wertvoller Speise je
eine alltàgliche wieder in ihren Mund kame. Nie wieder werde
sie irgend etwas essen, was es auch immer sei,
auBer das
unglück, das Tod heiSe:
"sô wil ich lu benamen sagen,
daz ich nich dirre spise hêr
dekeiner trahte niemer mêr
mich fürbaz wil qenieten.
qat sol mir verbieten
durch sinen tugentllchen muot,
daz nâch sô werder spise guot
in mich kein swachiu trahte qê.
enbizen sol lch niemer mê
dekeiner slahte dinqes,
wan des ungelinqes
daz qeheizen ist der tôt." (490-501)
sie wolle voll sehnendem Herzeleid fur den ihr wertloses Leben
aufgeben, der fur sie Leib und Leben hingegeben habe. Sie wàre
eine treulose Frau, wenn sie nicht immer daran denken wurde,
daS der edle Ritter ihr sein totes Herz qesandt hatte. Es sei
schlimm, daB sie nach seinem Tod noch einen Taq weiter gelebt
hatte.
Sie konne nicht allein ohne den leben, der ihr
Treue nie verborgen habe:
"ich w~re ein triuwelôsez wip,
ob ich ged~hte niht daran
seine
56
daz er vil tugenthafter man
sante mir sin herze tôt.
wê daz mir ie nâch siner nôt
wart einen tac daz leben schin!
zwâr ez enmac niht langer sin
daz ich âne in eine lebe,
und er in deme tôde swebe
der vor mir triuwe nie verbarc." (506-515)
Da wurde ihr 5chmerz so groS, daS sie vor Herzensleid ihre
weiBen Hande so grimmig ineinander preSte, daB sich ihr Herz
im Leibe vor sehnsuchtsvollem Jammer spaltete. 50 machte die
junge Dame ihrem Leben ein Ende und zahlte damit in groBer
Treue und Bestandigkeit das zurück, was ihr Freund ihr zuvor
geborgt hatte.
(
57
RITTER
Der Ritter
ist
in so tiefer
Liebe mit seiner Dame
verbunden, daB der Autor Konrad von Würzburg feststellt, daB
man sie mit Worten nicht ausdrucken konnte (48j49). Der herre
guot (64) konnte aber die Wünsche seines liebeswunden Herzens
nicht erfüllen, da sie von ihrem Ehemann streng behùtet wurde.
Deswegen litten sie groBe Not:
"des wart diu nôt von in geliten
diu strenge was und engestIich," (68-69)
Sein Verlangen na ch der Dame qualte ihn so sehr, daB es dem
Ehemann kein Geheimnis bleiben konnte:
"nâch ir Iibe minneclich
begunde er alsô vaste queln
daz er sinen pin verheln
niht mohte vor ir manne." (70-73)
Er ritt, wenn immer es ginq, zur Dame, und klagte ihr sein
Leid. Das sollte schlieBlich zu groBen Erschwerungen fuhren.
Der Ehemann entschloB sich namlich, mit seiner Gemahlin eine
Reise übers Meer nach Jerusalem zu unternehmen, um dieser
Minne ein Ende zu machen. AIs der Ritter, der nach ihrer Liebe
brannte (123), das herausfand, entschIoB er sich sogleich, den
beiden zu folgen. Er meinte, sterben zu mussen, wenn er ohne
die Dame zu Hause bliebe:
"in dühte daz er âne wer
dâ heime tôt gel~ge,
ob er sich des verw~ge
daz er wendic wrde." (128-131)
Seina Liebe war so stark, daB er fùr die schone Frau in den
grimmigen Tod gefahren ware, deswegen wollte er ihr unbedingt
58
nacheilen. AIs die Dame das erfuhr, sandte sie nach ihm und
schluq ihm vor,
allein übers Meer zu reisen,
da das den
Argwohn ihres Gatten beruhiqen wie au ch die Gerüchte zum
Schweigen bringen wùrde. Obwohl schweren Herzens versprach er
alles zu tun, was sie wolle, da er Herz, Seele und Verstand so
an sie abqeqeben habe, und daB er ihr wie ein Eigenmann
untertan sei:
"ich hân sô gar an iuch versent
herze, muot und ouch den sin,
daz ich iu von rehte bin
eigenlichen undertân." (198-201)
AIs er Abschied von ihr nahm,
sagte er ihr,
welch groBe
Sehnsucht er nach ihr erleiden würde, so daB er Angst habe,
vor übergroBem Liebeskuromer sterben zu müssen, bevor er sie
jemals wiedersehen kënnte.
Der Autor ni1\\l'l\t Anteil am Kummer der Liebenden und
bestiitigt,
daB sie fortan beide ohne Freude in der Welt
lebten. Mit vielen zartlichen Kussen gaben sie aIle Freude
aneinander auf:
"ir liehten münde rôsenrôt
vil senfter kusse pflâgen,
dar nâch si sich ver~âgen
aller fr6uden under in." (224-227)
Daraufhin reiste der Ritter voll Jammer betrübt an das Meer
und im ersten Schiff, das er fand, wurde er übergesetzt:
"der werde ritter kirte hin
mit jâmer an daz mer zehantj
den érsten kiel den er dâ vant,
darinne wart er ~ber brâht." (228-231)
Er konnte sich kein anderes Gluck auf Erclen vorstellen, aIs
daB Gott ihn zuruck ins Heimatlatlcl lieBe und er etwas von
59
seiner geliebten Herrin vernahme. Seine Herzenspein wurde so
stark und bitter, daB er in seiner Trauer seinen Jammer in
sein Herz vermauerte. Dadurch wurde sein alter Schmerz nach
ihrer Liebe immer wieder neu.
Der Autor vergleicht an dieser Stelle den Ritter mit
einer reinen turteltûben (248), da er wie sie bestandig auf
dem dürren Sorgen-Ast wohnte:
"sin altiu sorge niuwe
nâch ir suezen minne wart.
der reinen turteltûben art
tet er offenlîche schin,
wande er nâch dem liebe sin
vermeit der gruenen frouden zwî
und wonte stztecliehe bi
der d~rren sorgen aste." (246-253)
lm Heiligen Land sehnte sich der Ritter so sehr nach der Dame,
daB ihm der Jammer bis auf den Grund seiner Seele drang:
"und wart sin leit s6 rehte starc
daz im der jâmer durch daz marc
drane unz an der sile grunt;" (255-257)
Seufzend klagte der sende marterzre (260) daruber, daB die8e
reine und geliebte Herrin seinem Herzen solche Schmerzen und
bittere Not zufùgen konne. Er war jeden Tag so voll Jammer,
daB er schlieBlich vor Sehnsucht krank wurde und nicht langer
leben konnte.
Seinen Schmerz und die bi ttere Not, die er
heimlich im Herzen trug, sah man ihm aueh auBen an. AIs er
seinen Tod nahen fuhlte, erklarte der werde ritter cluoc (284)
seinem Knappen zuerst seinen Liebesschmerz und beauftragte ihn
dann, er solle ihm na eh dem Tad den Leib aufschneiden lassen
und sein Herz bluotie unde riuwevar (300) einbalsarnieren und
in ein kostbares mit Edelsteinen verziertes Kastchen hineinle-
60
gen. Dazu solle er den Ring geben, den er einmal von seiner
Dame erhalten habe. Dann solle er das Kastchen gut verriegelt
der Dame uberbringen, so daB sie daran erkennen konne, welchen
Schmerz er ihretwegen erlitten hatte und daB ihm das Herz aus
Sehnsucht na ch ihr gebrochen sei:
"sê diu zwei (têtez herze, vingerlin) bi einander
sin
verslozzen und versigelet,
sê bring alsô verrigelet
si beidiu mine4 frouwen,
durch daz si müge schouwen
waz ich von ir habe erliten,
und wie min herze si versniten
nâch ir vil sûezen minne.
si hât sô reine sinne
und alsê ganze triuwe
daz ir min jâmer niuwe
lit iemer an ir herzen,
bevindet si den smerzen
d~n ich durch si liden sol." (310-323)
Der Ritter ermahnte den Knappen,
sich genau an die Vor-
schriften zu halten, da seiner Dame in ihrer reinen Gesinnung
seine Liebes1eiden so immer im Herzen bleiben würden. Gott
mage sich seiner erbarmen und ihr Freude und ein gluckliches
Leben gewahren.
In diesem tiefen Herzenskummer starb der Ritter.
1
61
DER EHEMANN
Der Ehemann der Dame, ein werder man (61), bewachte die
Sehonheit seiner Frau sehr gut.
Er beobaehtete das Verhalten
des Ritters und seiner Gattin, und die vielen Besuche des
Ritters bei ihr lieBen ihn bemerken, wie sehr beide einander
liebten. Wie sehr
di~
süBe Minne beide ganz und gar het in ir
strie verworren (85), das maehte ihm viel Kummer:
"dar umbe wart vil leide
disem guoten herren dô." (88-89)
Er daehte, daB er seine Frau besser behùten musse, darnit er
nieht spàter einmal etwas an ihr zu sehen bekame, was ihn dann
sehr verdrieBen würde. Er ging nun mit sich zu Rate, daB er
besser mit ihr ùber das Meer zum Heiligen Grab fahren solle.
So konne er sie vor dem Ritter bewahren, bis er sein Herz von
ihr abgewendet hàtte, und sie werde ihn auch vergessen, denn
er habe sagen gehort, daB man leicht leid wurde, was man lange
nicht sahe:
"deiswâr ob iehz gefùegen kan,
ieh bringes ûzer siner wer.
ùber daz vil wilde mer
wil ich zwâre mit ir varn,
dur daz ich kùnne si bewarn
vor im unz daz er gar von ir
gewende sines herzen gir
und si den muot von lm geneme.
ieh hôrte sagen ie daz deme
sin liep vil sanfte wùrde leit
daz mit langer st~tekeit
von im geseheiden wurde gar." (96-107)
So dachte er, ihnen ihre Liebe zu verleiden, die doch nie, wie
der Autor bemerkt, geschieden werden konne. Sein EntsehluB
62
stand fest, mit seiner Gattin Jerusalem und das Heilige Land
zu besuchen.
Als der Ritter aber au ch nach Jerusalem fahren wollte, um
ihnen nahe zu sein, befolgte er den Rat seiner Frau und gab
die Reise wieder auf.
Er war froh,
weil der Ritter nun
entfernt war.
Nach dem Tod des Ritters im Heiligen Land begegnete der
Ehemann -
wohl auf der Jagd,
wie der Autor
sagt -
dem
heimkehrenden Knappen vor seiner Burg. Als er ihn nun gesehen
und erkannt hatte, dachte er bei sich, daB er wohl der Dame
eine
Nachricht
zu
bringen hatte.
Das
schon verzierte
Kastcheri an seinem Gürtel fiel ibm sofort aUf, und als er den
Knappen gegrüSt hatte, wollte er aIs erstes wissen, was darin
sei.
Als der es nicht sagen woll te und auch nicht berei t war,
es herzugeben, drohte der Ehemann, es ihm
gewalt~am
abzuneh-
men. Das setzte er sofort in die Tat um, ria es sogleich vom
Gurtel ab und offnete es.
Er sah das Herz und dabei den
Fingerring seiner Gemahlin und wuBte nun,
daS der Ritter
gestorben sei und daS dies seine letzten Zeichen an sie seien:
"daz herze sach er unde va nt
dâ bi der frouwen vingerlin.
an den zwein wart ime schin
daz der ritter lege tôt
und disiu beidiu siner nôt
ein urkünde W2ren
ze der vil saeldenberen. Il (396-402)
Drohend sagte er dem Knecht, er solle sich davon machen, denn
das Kastchen wurde er behal ten.
Er ri tt heim und befahl
seinem Koch, sofort aus dem Herzen eine besonders kostbare
63
kleine Mahlzeit mit hôhem flize (412) vorzubereiten.
Als das
Gericht, das der Koch mit edlen Gewurzen zu einer einzigartigen Speise zubereitet hatte, fertig war, setzte sich der Gatte
mit seiner Frau zu Tisch und lie8 es ihr sofort vorsetzen.
SCheinheiliq suS sagte er ihr, dies sei eine kleine Kostlichkeit, die sie ganz allein essen mùsse, denn teilen konne sie
sie nicht:
"frouwe", sprach er suoze gar,
"diz ist ein spise cleine,
die solt du ezzen eine,
wan d~ ir niht geteilen maht." (426-429)
Nachdem die Dame das Herz gegessen hatte, fragte ihr Gatte
sofort, wie ihr das Gericht geschmeckt habe, denn er glaube,
daB sie in ihrem Leben noch nie eine su8ere Speise gegessen
habe:
"frouwe, nû tuo mir bekant,
wie disiu trahte dir behage.
ich wene daz du dine tage
enbizzest keiner spise nie
süezer, frouwe, denne die." (442-446)
Oie
Dame
fand
das
Gericht
tatsachlich
einzigartig
und
erkundigte sich, ob es von einem wilden oder zahmen Tier
stamme
Darauf antwortete ihr der Ehemann, daB diese Speise
zahm und wild zugleich gewesen sei: Diesem stuckchen Fleisch
seien alle Freuden wild und allen Sorgen (gegenùber)
zahm
gewesen. Sie habe namlich das Herz des Ritters gegessen, der
jeden Taq um sie genug Jammer erlitten hatte. Er sei aus
Herzenskummer und Sehnsucht nach ihrer sùBen Liebe gestorben:
"vernim vil rehte waz ich dir
mit worten hie bescheide:
zam und wilde beide
64
was disiu trahte, sam mir got!
den frouden wilde sunder spot,
den sorgen zam ân underlâz:
du hâst des ritters herze gâz
daz er in sime libe truoc,
der nâch dir hât erliten gnuoc
jâmers aIle sine tage. (460-469)
Damit racht sich der Gatte an seiner Frau, verliert sie aber
auch fur immer •
.
65
1
DER KNECHT
Der Knecht wird vom Autor Konrad von Wurzburg eingefùhrt,
aIs der Ritter in Jerusalem im Sterben liegt.
Ri tters
trûtgeselle min
Vertrauensverhaltnis
delikaten
Auftrag,
herausschneiden
uberbringen.
(288)
zwischen
nach
deutet
beiden.
dem Tode des
zu lassen und
auf
es der
Die Anrede des
ein besonderes
Er
erhielt
Ritters
den
sein Herz
geliebten Dame zu
Nachdem der Ritter gestorben war, tat er voll
Schmerzen alles, wie der Ritter es ihm befohlen hatte:
Er
lie8 ihn aufschneiden, sein Herz einbalsamieren und erfullte
50
seine Bitte.
Traurig, aIs ein froudelôser man
(342),
kehrte er mit dem Herzen heim und brachte es zur Burg, in der
die Dame wohnte.
In der Nahe der Burg angekommen, begegnete
ihm auf dem Feld zUfallig der Ehemann der Dame.
Der Knecht
sah sofort Unannehmlichkeiten voraus.
An dieser Stelle berichtet Konrad von Würzburg, da8 der
Knecht das kostbare Kastchen, welches das Herz und den Ring
enthielt, an seinem Gurtel angehangt trug, um es aIs etwas
Unwichtiges erscheinen zu lassen (373-74).
AIs der Ehemann
ihn nun nach dem Inhal t dieses Kastchens fragte, versuchte der
vil gefüege
(378)
und getriuwe jungelinc (379), mit einer
ausweichenden Antwort davonzukommen: Das habe jemand von fern
durch ihn hergesandt. Als der Ehemann sehen wollte, was im
Kastchen verborgen sei, bestand der Knecht darauf, es nur dem
66
(
zu zeigen, fur den es bestimmt sei: das drückte er mit groBer
Festigkeit aus:
"zwâre des entuon ich niht,
kein mensche ez niemer gesiht
wan der ez sol von rehte sehen." (385-387)
Der Ehemann drohte nun, ihm das Kastchen ohne seine Erlaubnis
mit Gewalt abzunehmen, und führte das au ch sofort durch. Gegen
diese Gewaltanwendunq hatte der getreue Knecht keine Chance.
Nachdem der Ehegatte das Kàstchen geoffnet und seinen Inhalt
qesehen hatte, jagte er den Knecht einfach davon und aus der
Erzahlunq hinaus. Seine Rolle ist ausgespielt und er wird in
der Erzahlunq nicht weiter erwahnt.
{
67
ZUSAMMENFASSUNG DER
ERGEBNISSE
Wie auch in dem Kapitel zu Heinrich von Kempten solI im
folgenden die mehr beschreibende Wiedergabe der vorhergehenden
Abschnitte um eine Reihe von Beobachtungen und Einsichten zur
Personendarstellung Konrad von Wurzburgs erganzt werden.
Zunachst
einmal
ist
festzustellen,
daS
in
dieser
Erzahlung keine der Personen einen Namen erhalt. Sie werden
nur frouwe, ritter, man
(=
aIs Ehemann), und cneht genannt und
gewinnen schon von daher keine rechte lndividualitat.
Wie auch im Heinrich von Kempten werden die Personen mit
positiven Adjektiven und Beiwortern - oftmals sehr starken und
superlativischen - belegt, die sie zu Idealfiguren erheben.
Anders als im Heinrich von Kempten widersprechen dem aber
nicht unbedingt die von ihnen berichteten Handlungen. Ritter,
Dame und ihre Liebe zueinander werden uneingeschrânkt aIs
ideal geschildert.
Der
Ehemann
wird
im ersten Teil
wesentlichen seiner Rolle
ent~prechend
der
Erzahlung
im
dargestellt, d.h. er
ergreift umsichtig MaBnahmen, die die Liebenden
50
auseinander
halten, daB seine Ehre und sein Ansehen aIs Person und Ehemann
unangetastet bleibt. Er ist al 50 sa dargeboten, daB er der ihm
mitgeqebenen Bezeichnung werder man zu entsprechen scheint.
lm 2. Teil der Erzahlung sind seine Handlungen sehr viel
negativer:
Er
ist fast
brutal
qewal ttatiq
qegenuber dem
68
Knappen des
Ri tters,
wenn
er
ihm das
Kas tchen
einfach
entreiBt. Seiner Frau qeqenüber verhalt er sich hinterhaltiq,
qrausam und auf unverstandliche Weise rachedurstiq, da der
Geliebte doch inzwischen tot ist, und damit die Gefahr fur
seine Ehre und Ehe nicht mehr besteht.
Daraus geht aber auch hervor, daB fur diese Erzahlunq
eine einheitliche Charakteristik des Ehemannes qar nicht
wichtiq ist, weil es dem Erzahler wohl eher darum geht, eine
situation herbeizufuhren, in der die Geliebte das Herz ihres
Geliebten essen muS. Der Ehemann hat hier also im wesentlichen
die Aufqabe, die Handlung voranzutreiben und zu tragen.
Das wird, wie auch schon im Heinrich von Kempten, an
Nebenpersonen besonders deutl ich, die nur so lange in der
Erzahlunq bleiben, wie sie gebraucht werden, und deshalb au ch
erst einqefuhrt werden, wenn sie für die Handlung notiq sind.
Der Knappe des Ritters wird so z.B. buchstablich vom Ehemann
aus der Erzihlunq herausgejaqt, aIs er seine Rolle zuende
gespielt hat.
Die Rolle dieses Knappen in der Herzmaere ist relativ
kurz, aber er wird mit einigen individuellen Zugen ausqestattet, die bedingt sind durch die Aufgaben, die ihm der Autor
zugewiesen hat.
Ein relativ scharfes Licht wird auf
ihn
geworfen und stereotype Beiworter werden in einer kurzen
Charakterisierunq angewandt: "der cneht vil jâmerlîche" (337) ;
"aIs ein froudelôser man" (342). Eine kurze Redeszene wird ihm
zugeteilt und das laBt seine Person realistischer erscheinen.
69
1
Was aIs sonderbar mutet, ist die Art in der er das kostbare
Rastchen der Dame ùberbringen will. Wenn es sa kostbar ist und
das edle Herz des Ritters mit dem Ring der Dame enthàlt,
welches er unter Befehl des Ritters der Dame uberreichen soll,
warum tragt er es dann so offen an seinen Gurtel gehangt, wo
es jeder sehen und es ihm abnehmen kann? Der Autor meint zwar,
da8 der Rnappe das Kastchen, aIs ob es etwas Gleichgultiges
sei, tragen würde, aber ein goldenes Rastchen mit Edelsteinen
verziert kann wohl kaum bei einem I<nappen aIs etwas Gleichgilltiges angesehen werden. AIs ihm der Ehegatte begegnet, weiB
der Knappe natürlich, daB er keine M6g1ichkeit hat, davonzukommen, oh ne das Kastchen aufgeben zu mussent
Auch diese Unwahrscheinl ichkei t
steht im oienste der
Handlung: Der Ehemann muB auf das Kastchen aufmerksam werden
Konnen, damit es in seinen Besitz kommen Kanne Wie auch Bchon
im Heinrich von I<empten geht es dem mittelalterlichen Autar
nicht um die Wahrscheinlichkeit von Handlungen oder Situationen, wie es ein moderner Leser verlangen wùrde.
Interessant lst dabei jedoch, daB Ronrad von Wùrzburg
doch zu moti v ieren versucht,
aber die gewahl te Begrundung
wiederuni modernen Ansprùchen
an Wahrscheinl ichkei t
nicht
entspricht, wenn er berichtet, der Knappe habe das kostbare
Kastchen nur deshalb an seinen Gurtel gehangt, um es aIs etwas
gleichgültiges erscheinen
lU
lassent
Die Dame ist die meistbeschriebene Persan in der Novelle
und erscheint in den Warten des Autors aIs das sùBeste,
11;,j>
70
.
\
liebenswùrdiqste und holdseliqste Wesen der Welt. Die Minne
verblendet zwar den Ritter, aber dem heutiqen Leser mu8 die
Dame auch als kluq, vielleicht soqar als schlau erscheinen,
die es versteht, den Verdacht ihres eifersuchtigen Mannes
durch List abzulenken und ihren Ritter dazu zu überreden,
ubers Meer zu fahren, anstatt selbst diese qefahrliche Fahrt
zu unternehmen. sie weiB aueh, da8 damit das Gerede der Leute
verstummen wird,die ihre Zuneigunq zum Ritter sehon lanqst
erraten haben.
Die Dame ist also in dieser Erûihlunq nieht passiv,
sondern sie hat die Rolle einer aktiven Minneherrin.
Der
Ritter ist so an sie gebunden, daB er um lhretwillen stirbt.
Ihre Starke und Treue dem Ritter und ihrer beiderseitigen
Liebe gegenüber beweist sie dann durch ihren Tod, der sie in
aller Augen zu einem Ideal erhebt. Doch ist vielleieht auch
hinzuzufügen, da8 nach der qrauenvollen Tat ihres Ehemannes
ein
Weiterleben,
wenigstens mit
ihm,
kaum
noch moglich
erscheint, wàhrend er anderersei ts durch diese Speise eine Art
von Liebesvereinigung ermogl1cht hat, die er bis dahin mit
allen Mitteln verhindern wollte.
Der Ritter tritt ir, dieser Erzahlung nicht als Handelnder
hervor, er wird viel mehr durch seine Reden charakterisiert,
in denen er seine inneren Zustànde auszudrucken versueht,
etwas das zu dieser Zeit des Mittelalters immer no ch unqewohnlich ist. Es wird von ihm zwar erzahlt, was er tut, aber die
!,
'"
71
Dame bleibt doch die Bestimmende, und er sagt auch van sich,
daB er ihr Leibeigener sei. Er unterwirft sich ihr vollkommen.
Das eigentliche Thema der Novelle ist die Liebe der
beiden und die Widerstande der Gesellschaft, mit denen sie zu
leben haben. Die Erzahlung fuhrt eine gemeinsame Liebe var,
die beide gleich stark erfullt. Oieses Thema der leidenschaftlichen und unglucklichen Liebe der beiden umkreist der Autar
mit einer solchen Fulle von Worten und Ausdrucken, daB es die
neuhochdeutsche Wiedergabe sehr erschwerte.
Zum SchluB sei bemerkt, daB der Autor in beiden Novellen
besonderen Wert auf die detaillierte Darstellung der krassen
Szenen zu legen scheint. lm Heinrich von Kempten werden die
Personen in einer Reihe von Aktionen gewalttatig und agressiv
gezeigt, wahrend in der Herzmaere die Einbalsamierung des
Herzens, damit es frlsch bleibe, sowie seine Zubereitung aIs
speise, Szenen sind, die in ihrer Krassheit ans Burleske
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