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Fachartikel 213 Verwendung von Landschaftsstrukturmaßen zur raumzeitlichen Analyse des Landnutzungswandels im Schönbuch, Baden-Württemberg Maike Nowatzki1, Hans-Joachim Rosner1 IUniversität Tübingen · maike.nowatzki@gmail.com Zusammenfassung: Diese Arbeit stellt das Ergebnis einer GIS-gestützten Landschafts- und Landnutzungsanalyse des Forstgebiets Schönbuch südlich von Stuttgart, Baden-Württemberg vor. Als Basis für eine Analyse der Landnutzungsänderungen wurden ein historischer und ein moderner Kartensatz georeferenziert und klassifiziert. Bei den historischen Karten handelt es sich um Abschriften der sogenannten Kieser-Karten aus dem 17. Jahrhundert, die aufgrund ihres Alters und ihrer Genauigkeit einzigartige Daten darstellen. Aus diesen Datensätzen wurden verschiedene Landschaftsstrukturmaße abgeleitet. Mit ihrer Hilfe konnten unter anderem Diversität und Fragmentierung der Landschaft zur Zeit der Erstellung beider Kartenwerke quantifiziert und miteinander verglichen werden. Schüsselwörter: Landschaftsstrukturmaße, Landnutzungswandel, Schönbuch, Baden-Württemberg Abstract: This work presents the result of a GIS-aided landscape and land use analyses of Schönbuch forest, south of Stuttgart, Baden-Wuerttemberg. As a base for an analysis of the land use changes one historical and one modern set of maps were georeferenced and classified. The historical maps are copies of the so called “Kieser maps” from the 17th century, which are unique due to their age and accuracy. Different landscape metrics were calculated from this data. With the aid of those, diversity and fragmentation of the landscape at the dates of the creation of both maps could be quantified and compared. Keywords: Landscape metrics, land use change, Schoenbuch, Baden-Wuerttemberg 1 Motivation und Datengrundlage Der Naturpark Schönbuch liegt südlich der Landeshauptstadt Stuttgart in Baden-Württemberg und dient seit seiner Ausweisung im Jahre 1972 fast ausschließlich als Erholungsgebiet für die Bewohner dieses Ballungsraumes. In der Vergangenheit wurde der Schönbuch, der den heutigen Naturpark und weitere Waldareale einschließt, vielfältiger genutzt. Im Mittelalter diente das Waldgebiet nicht nur forstwirtschaftlichen Zwecken, sondern war außerdem Jagdgebiet und Weide (GAMER-WALLERT 1999, 9). Aufgrund wenig nachhaltiger Wirtschaftsweise waren am Ende des 18. Jahrhunderts jedoch sowohl Wald als auch Wild erheblich reduziert (ARNOLD 1989, 68). Verschiedene historische Kartenwerke lassen Rückschlüsse auf die frühere wirtschaftliche Nutzung des Schönbuchs zu. Eine der ältesten Karten, die die Forstbezirke und die umliegenden bewirtschafteten Flächen für damalige Verhältnisse sehr genau darstellt, wurde von Andreas Kieser im späten 17. Jahrhundert angefertigt (GREES 1996, 22). Da die Originale (KIESER 1687) im 2. Weltkrieg zerstört wurden, wurden für diese Untersuchung handgefertigte Umzeichnungen der Kieser-Karten verwendet (vgl. Abb. 1). Diese waren Teil studentischer Arbeiten am Geographischen Institut der Universität Tübingen unter der Leitung von Friedrich Huttenlocher. Im Nachfolgenden werden diese Karten als „Huttenlocher-Karten“ bezeichnet. Da zwei Blätter der Huttenlocher-Karten im Bereich des Schönbuchs nicht vorhanden sind, wurden diese Areale durch ebenfalls von Andreas AGIT ‒ Journal für Angewandte Geoinformatik, 2-2016. © Herbert Wichmann Verlag, VDE VERLAG GMBH, Berlin/Offenbach. ISBN 978-3-87907-622-2, ISSN 2364-9283, doi:10.14627/537622031. Dieser Beitrag ist ein Open-Access-Beitrag, der unter den Bedingungen und unter den Auflagen der Creative Commons Attribution Lizenz verbreitet wird (http://creativecommons.org/licenses/by-nd/4.0/). 214 AGIT – Journal für Angewandte Geoinformatik · 2-2016 Kieser erstellte Karten ersetzt, die zwar weniger detailliert sind als die Huttenlocher-Karten und deren Basis, jedoch die für die Auswertung wichtigsten Klassen beinhalten. Abb. 1: Georeferenzierung eines HuttenlocherKartenblatts mit ArcMap 10.3; Hintergrund: OSM-Basemap Der Nutzen von GIS-gestützten Raum-Zeit-Analysen wurde bereits in verschiedenen Veröffentlichungen dargestellt. BAUMANN et al. (2005) rekonstruieren die Entwicklung einer Landschaft anhand von historischen Karten. NEUBERT & WALZ (2002) stellen die Bedeutung solcher Untersuchungen für die Landschaftsplanung und -entwicklung dar. In dieser Arbeit soll das historische Kartenwerk nicht allein untersucht, sondern anhand von Landschaftsstrukturmaßen mit einem modernen Datensatz verglichen werden, um Unterschiede in der Landschafts- und Landnutzungsstruktur quantifizieren zu können. Als Datengrundlage für die Landnutzungsstruktur der heutigen Zeit wurden die entsprechenden Blätter der Topographischen Karte 1:25.000 (LANDESVERMESSUNGSAMT BADEN-WÜRTTEMBERG 2006), im Folgenden als TK25 bezeichnet, verwendet. 2 Methodik Für beide Kartenwerke wurden zunächst getrennt Georeferenzierung und Landnutzungsklassifizierung mit Esri ArcMap 10.3 durchgeführt und anschließend für jeden der Datensätze eine Auswahl an Landschaftsstrukturmaßen berechnet. Besonders bei der Bearbeitung der historischen Huttenlocher-Karten waren Georeferenzierung und Landnutzungsklassifizierung mit Schwierigkeiten behaftet, daher soll in den nächsten Abschnitten genauer auf die Bedürfnisse jedes Kartenwerks bei den einzelnen Bearbeitungsschritten eingegangen werden. 2.1 Georeferenzierung Das Georeferenzieren der TK25 mit Esri ArcMap 10.3 konnte im Vergleich zu den Kartenausschnitten Huttenlochers einfach durchgeführt werden. Da amtliche topographische Karten bereits auf einem Koordinatensystem aufbauen, mussten sie nur durch wenige Passpunkte und eine Transformation erster Ordnung an die richtige Stelle gerückt werden. Als Referenzkarte diente dabei eine OSM-Basemap. M. Nowatzki, H.-J. Rosner: Verwendung von LSM zur Analyse des Landnutzungswandels 215 Für die Georeferenzierung der Huttenlocher- und der beiden Kieser-Karten wurden dasselbe Verfahren und dieselbe Grundkarte verwendet (vgl. Abb. 1). Die Suche nach geeigneten Passpunkten gestaltete sich hier schwierig, da die handgezeichneten Manuskriptkarten sehr viel stärker generalisiert sind als moderne Karten. Des Weiteren existieren viele der eingetragenen Elemente nicht mehr oder nur in abgeänderter Form, zu sehen beispielsweise am Verlauf von Straßen und Flüssen. Auch die Tatsache, dass die Karten händisch und von verschiedenen Personen hergestellt wurden und daher bezüglich ihrer Genauigkeit variieren, erschwerte den Prozess. Es kommt zum Beispiel vor, dass eine Straße aus einem Kartenteil hinausführt, im benachbarten aber überhaupt nicht berücksichtigt wurde. Trotz dieser Schwierigkeiten konnte ein zur weiteren Verarbeitung geeignetes Ergebnis erreicht werden. Elemente wie Kirchen, Mühlen und Brücken sind oft sowohl auf der historischen Karte eingezeichnet als auch heute noch existent und auf der Referenzkarte vermerkt. Außerdem stimmen viele der eingetragenen historischen Forstgrenzen mit den heutigen überein und ermöglichten damit eine angemessene Georeferenzierung. 2.2 Landnutzungsklassifizierung Abb. 2: Ergebnis der Landnutzungsklassifizierung anhand der Huttenlocher-Karten Die Digitalisierung der verschiedenen Landnutzungsklassen erfolgte händisch mit ArcGIS 10.3 innerhalb eines Polygons, das den Naturpark Schönbuch begrenzt. Aufgrund des Fehlens einer Legende für die Huttenlocher-Karten mussten die verschiedenen Signaturen durch Abgleichen der Flächen mit den historischen Karten Kiesers und durch Vergleiche der Huttenlocher-Signaturen mit denen aktueller Karten entschlüsselt werden. Die handschriftlich 216 AGIT – Journal für Angewandte Geoinformatik · 2-2016 eingetragenen Namen einzelner Flurstücke gaben Hinweise auf deren Nutzungsklasse: Die Endungen „-wald“, „-holz“, „-hölzle“ oder „-hau“ zum Beispiel weisen auf ein Waldgebiet hin, während Grünflächen oft „-wies“ oder „-wasen“ (z. B. „Tropfenwasen“) heißen und Weiden nach ihrer Nutzung benannt sind (z. B. „Lustnauer Viehweid“). Die 14 im Gebiet des Naturparks Schönbuch vorkommenden Klassen der Huttenlocher-Karten sind in Tabelle 1 aufgeführt, die Ergebniskarte in Abbildung 2. Die eingezeichneten Straßen wurden bei der Digitalisierung der Huttenlocher-Karten berücksichtigt und fungieren als linienhafte Trennung zwischen Landnutzungs-Polygonen. Tabelle 1: Landnutzungskategorien der Huttenlocher-Karten im Gebiet des Naturparks Schönbuch Übergeordnete Klasse Wald Landwirtschaft Grünland Infrastruktur Wasserflächen Untergeordnete Klassen Wald; Auenwald; Nadelwald Acker; Weinanbau; Gartenanbau Wiese mit Bäumen (Streuobst); Weide; Auenwiese; Wiese mit Büschen; Feuchtwiese; Wiese Infrastruktur (Gebäude) Wasserflächen KlassenFläche in m² 112.939.369 11.812.906 Anzahl Patches 19 91 30.980.766 151 14.250 67.228 3 6 Abb. 3: Ergebnis der Landnutzungsklassifizierung anhand der TK25 (LANDESVERMESSUNGSAMT BADEN-WÜRTTEMBERG 2006) M. Nowatzki, H.-J. Rosner: Verwendung von LSM zur Analyse des Landnutzungswandels 217 Die Klassifizierung der TK25 erfolgte anhand der für diese Art von Karten üblichen Legende. Tabelle 2 zeigt die Landnutzungsarten und Landschaftsformen, die auf den TK25-Blättern im Untersuchungsgebiet vorkommen, die Ergebniskarte ist in Abbildung 3 dargestellt. Es ist davon auszugehen, dass im Fall der Huttenlocher-Karten bereits bei deren Erstellung kleinere Wege nicht berücksichtigt wurden. Nachgeprüft werden kann dies aufgrund fehlenden Vergleichsmaterials des gleichen Alters nicht. Daher wurden auch bei der Klassifizierung der TK25 lediglich große Straßen als Linienobjekte digitalisiert. Tabelle 2: Landnutzungskategorien der TK25 im Gebiet des Naturparks Schönbuch Übergeordnete Klasse Wald Landwirtschaft Grünland Infrastruktur Wasserflächen 2.3 Untergeordnete Klassen Mischwald; Nadelwald; Auenwald Acker; Weinanbau Wiese mit Bäumen (Streuobst); Auenwiese; Auenwiese mit Bäumen; Feuchtwiese; Wiese; Heide Infrastruktur (z. B. Deponie, Gebäude, Hauptstr.) Wasserflächen KlassenFläche in m² 132.136.634 7.385.476 15.027.859 Anzahl Patches 29 187 254 825.944 24 340.942 12 Berechnung der Landschaftsstrukturmaße Die Berechnung der Landschaftsstrukturmaße wurde anhand der übergeordneten Klassen Wald, Landwirtschaft, Grünland, Infrastruktur und Wasserflächen durchgeführt. Der Grund für die Reduktion der Klassen ist die Vergleichbarkeit. Beispielsweise kommt die Klasse „Wiese mit Büschen“ auf Topographischen Karten nicht vor, eben so wenig wie die Klasse „Heide“ in den Huttenlocher-Karten berücksichtigt wurde. Nachträglich kann nicht bestimmt werden, ob der Grund hierfür das Fehlen dieser Landschaftsformen bzw. -nutzungen im Untersuchungsgebiet ist oder ob sie bei der Erstellung der Karte nicht als separate Klasse geführt wurde. Daher wurde die Landnutzung in einem zweiten Schritt gröber eingeteilt als es die erste Klassifizierung ergab. Für die Berechnung der Landschaftsstrukturmaße wurde das Plug-in „LeCos“ der OpenSource-GIS-Software QGIS verwendet. Mit der Funktion „Landscape Statistics“ können verschiedene Landscape Metrics berechnet werden. Da das Tool für Raster-Daten konzipiert ist, wurden die beiden digitalisierten Shapefiles der Landnutzung jeweils zu einem Raster-File (49 m × 49 m) mit den fünf genannten Klassen konvertiert. Dies hatte zur Folge, dass Linienobjekte (v. a. Straßen) nicht mehr als Trennung einzelner Patches berücksichtigt wurden. Aufgrund der überproportionalen Breite von Straßen auf Landkarten, die die Flächenverhältnisse der Landnutzungsklassen durch eine Klasse „Verkehrswege“ verfälschen würden, wurde diese Tatsache bewusst nicht korrigiert. 218 AGIT – Journal für Angewandte Geoinformatik · 2-2016 3 Ergebnisse 3.1 Gesamtfläche und Patch-Anzahl Ohne die Berechnung von komplexen Landschaftsstrukturmaßen können anhand der Gesamtfläche und Patch-Anzahl einzelner Klassen und Subklassen bereits erste Aussagen über landschaftliche Veränderungen im Schönbuch festgestellt werden (vgl. Tabelle 1 und Tabelle 2): 1. Die Fläche der Klasse Wald, die sowohl unbestimmten Wald als auch Mischwald, Auenwald und reinen Nadelwald beinhaltet, hat von ca. 113 km² auf ca. 132 km² zugenommen. Diese Zunahme scheint auf Kosten der Klassen Grünland und Landwirtschaft stattgefunden zu haben. 2. Die Anzahl der Patches hat sich insgesamt ebenfalls erhöht; besonders auffällig ist dabei die Zunahme der Patchanzahl in der Klasse Landwirtschaft von 91 auf 187 und in der Klasse Grünland von 151 auf 254. 3. Auch die Aufteilung der landwirtschaftlichen Fläche hat sich im Laufe der Jahrhunderte erheblich verändert. Nicht nur insgesamt hat die für Anbau genutzte Fläche abgenommen; es sind vor allem die beiden Komponenten Gartenbau und Weinbau im Bereich des Schönbuchs zurückgegangen. 4. Das Grünland hat vom Ende des 17. Jahrhunderts bis heute circa die Hälfte seiner Fläche im Schönbuch verloren. Verantwortlich dafür könnte unter anderem der Rückgang von Weideflächen sein. 5. Die Infrastruktur, zu der vor allem Gebäude und besondere Nutzungen wie Deponien oder Kläranlagen gezählt wurden, hat auf der TK25 eine größere Fläche eingenommen und verzeichnet deutlich mehr Patches als auf den Huttenlocher-Karten. Die Zunahme von infrastrukturellen Arealen ist enorm, jedoch nicht unerwartet bei einem Zeitsprung von über 300 Jahren. 3.2 Komplexe Landschaftsstrukturmaße Landscape Division, Effective Meshsize & Splitting Index Um den Grad der Fragmentierung einer Landschaft quantitativ darzustellen, können die Indizes „Landscape Division“, „Effective Meshsize“ und der „Splitting Index“ benutzt werden (CHELARU et al. 2014). Die Betrachtung der Klassenstruktur, nicht der einzelnen Patches steht hierbei im Vordergrund. Tabelle 3: Landscape Division, Effective Meshsize und Splitting Index im Vergleich (HL = Huttenlocher-Karten, TK = Topographische Karten TK25) Klasse Wald Landw. Grünl. Infrast. Wasser LD_HL 0,5621 0,9997 0,9968 0,9999 0,9999 LD_TK 0,2855 0,9995 0,9996 0,9999 0,9999 EM_HL 67.636.532,2 41.542,0 492.979,3 0,1 8,8 EM_TK 111.261.100,8 70.797,9 57.491,9 379,2 410,6 SI_HL 2,3 3.718,4 313,3 1.379.706.965,3 17.538.647,9 SI_TK 1,4 2.199,5 2.708,5 410.598,5 379.207,6 M. Nowatzki, H.-J. Rosner: Verwendung von LSM zur Analyse des Landnutzungswandels 219 Laut JAEGER (2000) beschreibt der „Landscape Division Index“ die Wahrscheinlichkeit, dass zwei beliebige Pixel im Untersuchungsbereich nicht zum selben Patch gehören. Demnach ist ein LD = 0 das Ergebnis einer Landschaft, die nur aus einem einzelnen Patch besteht. Je mehr sich das Ergebnis der Zahl 1 annähert, desto kleinere Patches bestimmen die Landschaft. Letzteres ist für die Klassen Landwirtschaft, Grünland, Infrastruktur und Wasser sowohl für die Huttenlocher-Karten als auch die TK25 gegeben, maßgebliche Unterschiede gibt es nicht (vgl. Tabelle 3). Die Klasse Wald hat im Fall beider Karten einen deutlich kleineren „Landscape Division Index“, ihre Patches sind also größer bzw. weniger zerteilt. Hier ist ein Unterschied zwischen den beiden Kartenwerken zu erkennen: Die heutigen Waldgebiete des Schönbuchs haben mit knapp 0,3 einen deutlich kleineren „Landscape Division Index“ als im 17. Jahrhundert mit ca. 0,56, sind also weniger fragmentiert. Die „Effective Meshsize“ wird aus der Summe der quadrierten Patchflächen geteilt durch die Landschaftsfläche gebildet (JAEGER 2000). Eine hohe Zahl bedeutet daher eine geringe Fragmentierung. Die „Effective Meshsize“ korreliert umgekehrt mit dem „Landscape Division Index“, daher ist auch mithilfe dieser Maßzahl festzustellen, dass die Klasse Wald den mit Abstand geringsten Fragmentierungsgrad aufweist, der mit der Zeit noch kleiner geworden ist (vgl. Tabelle 3). Die Unterschiede zwischen den übrigen Klassen zeigt die „Effective Meshsize“ deutlicher als der „Landscape Division Index“: Die Flächen von Grünland und Landwirtschaft sind wie erwartet weit weniger fragmentiert als Wasser und Infrastruktur, da es sich bei Letzteren eher um alleinstehende Elemente als große Flächen handelt. Trotzdem ist ein Trend zur Defragmentierung in den Maßzahlen der TK25 erkennbar. Erklärt werden können die größeren zusammenhängenden Flächen der Klasse Infrastruktur damit, dass auf den Huttenlocher-Karten lediglich Gebäude als Infrastruktur klassifiziert wurden, während es in der TK25 auch großflächigere infrastrukturelle Einheiten wie Kläranlagen und Deponien gibt. Die ausgedehnteren Wasserflächen sind den Baggerseen bei Kirchentellinsfurt im Süden des Schönbuchs geschuldet. Obwohl die landwirtschaftlichen Flächen insgesamt zurückgegangen sind (vgl. Tabelle 1 und Tabelle 2), sind deren Flurstücke im Schönbuch heute weniger fragmentiert als im 17. Jahrhundert. Der „Splitting Index“ beschreibt die Anzahl Patches, die die untersuchte Landschaft bilden würden, wenn alle Patches gleich groß wären und die Landschaft denselben Zerteilungsgrad aufweisen würde wie das betrachtete Patch (JAEGER 2000). Auch hier ist deutlich zu sehen, dass die Klasse Wald zu beiden betrachteten Zeitpunkten die mit Abstand am wenigsten zersplitterte Klasse ist (vgl. Tabelle 3). Außerdem fällt auf, dass die Klassen Landwirtschaft, Infrastruktur und Wasser in der TK25 einen geringeren Zerteilungsgrad aufweisen als im 17. Jahrhundert (vgl. Tabelle 3). Ein Grund für die weniger zerteilten landwirtschaftlichen Flächen könnte die Flurbereinigung der 1970er-Jahre sein. Da der „Splitting Index“ aus dem Quadrat der Gesamtfläche der Landschaft geteilt durch die Summe der quadrierten GesamtPatchfläche der jeweiligen Klasse berechnet wird (JAEGER 2000), könnte das bereits beschriebene allgemeine Anwachsen der Klassen Wasser und Infrastruktur im Untersuchungsgebiet der Grund für den verringerten Zerteilungsgrad sein. Andersherum könnte die Reduktion der Grünland-Fläche um ca. die Hälfte (vgl. Tabelle 1 und Tabelle 2) der Grund für den angestiegenen Zerteilungsgrad der Klasse sein. 220 AGIT – Journal für Angewandte Geoinformatik · 2-2016 Shannon Diversity Index und Simpson Diversity Index Tabelle 4: Shannon Diversity Index und Simpson Diversity Index (HL = Huttenlocher-Karten, TK = Topographische Karten TK25) SHDI_HL 0,7536 SHDI_TK 0,5508 SIDI_HL 0,4291 SIDI_TK 0,2683 Der “Shannon Diversity Index“ und die „Simpson Diversity“ sind Landschaftsstrukturmaße, die klassenübergreifend die Diversität beziehungsweise Homogenität der gesamten Landschaft darstellen (CHELARU et al. 2014). Der „Shannon Diversity Index“ quantifiziert die Dominanz einer Klasse. Er reagiert zum einen auf die Klassenanzahl, zum anderen auf die Proportionalität der Klassen (SHANNON & WEAVER 1949). Da die Klassenanzahl beider Untersuchungsdatensätze gleich ist, zeigt das Ergebnis lediglich an, in welcher der Landschaften mehr Dominanz durch eine oder mehrere Klassen herrscht und in welcher die Klassengröße gleichmäßig ist. Da die Annäherung des errechneten Indexes an die Zahl 1 eine höhere Gleichverteilung der Klassen darstellt, zeigen die Ergebnisse in Tabelle 4 deutlich, dass die Landnutzungsklassen des Schönbuchs im 17. Jahrhundert gleichmäßiger proportioniert waren als heute. Ein Grund hierfür könnte die bereits dargestellte heutige Dominanz der Klasse Wald sein. Der „Simpson Diversity Index“ repräsentiert die Wahrscheinlichkeit, dass zwei beliebige Pixel einer Landschaft zum selben Patch gehören. Je unwahrscheinlicher dies ist, umso diverser ist die Landschaft (SIMPSON 1949). Wenn also ein eher geringer Wert berechnet wird, wie für das Untersuchungsgebiet der TK25 (vgl. Tabelle 4), dann handelt es sich um eine wenig diverse Landschaft. Im Prinzip enthält der „Simpson Diversity Index“ die gleiche Aussage wie der „Shannon Diversity Index“. Die Beschreibung des „Simpson Diversity Index“ als Wahrscheinlichkeitswert ist jedoch weniger abstrakt und daher einfacher zu verstehen (CHELARU et al. 2014). 4 Fazit und Ausblick Die GIS-gestützte Analyse der Landschaft und Landnutzung im Gebiet des Naturparks Schönbuch deutet auf der Basis verschiedener Landschaftsstrukturmaße einen quantifizierbaren Wandel dieser Kulturlandschaft in den letzten 300 Jahren an. Der bewaldete Teil des Schönbuchs ist heute weniger fragmentiert als Ende des 17. Jahrhunderts. Dies und auch die allgemein angewachsene Forstfläche des Schönbuchs sind aus forstwirtschaftlicher Sicht erfreuliche Entwicklungen. Die Dominanz einer Klasse, wie in diesem Fall der Klasse Wald, hat jedoch zur Folge, dass die Landschaft ungleichmäßig proportioniert und weniger divers ist, wie durch „Shannon Diversity Index“ und „Simpson Diversity Index“ quantifiziert wurde. Der Funktion des Schönbuchs als „landschaftsbezogenen Erholungsraum“ (GAMER-WALLERT 1999, 9) widerspricht dies eher; für touristische Zwecke wird meist einer abwechslungsreichen Landschaft der Vorzug gegeben. Um die Übergänge des Wandlungsprozesses genauer darstellen zu können bedarf es zusätzlicher Untersuchungen, denn die ca. 300 Jahre zwischen der Erstellung der Huttenlocher- M. Nowatzki, H.-J. Rosner: Verwendung von LSM zur Analyse des Landnutzungswandels 221 Karten und der TK25 bieten Zeit genug für viele Wandlungen in der Landnutzung. Der nächste, sich schon in der Umsetzungsphase befindliche Schritt sind Analysen mit derselben Methode zu weiteren Zeitschnitten zwischen dem Ende des 17. Jahrhunderts und heute. Der Prozess des Landschafts- und Landnutzungswandels soll mithilfe der Württembergischen Flurkarten aus dem 19. Jahrhundert und anderer Kartenwerke zwischen dem 17. Jahrhundert und heute intensiver analysiert werden. Auch der Vergleich mit aktuellen Fernerkundungsdaten wäre möglich. Das Ziel ist, möglichst detaillierte Übergänge in der Landnutzung festund darstellen zu können. Literatur ARNOLD, W. (1989), Der Wald im Naturpark Schönbuch. In: EINSELE, G. (Hrsg.): Das landschaftsökologische Forschungsprojekt Naturpark Schönbuch. Weinheim, 67-74. BAUMANN, A., BLATTNER, S. & POSCHLOD, P. (2005), Neuzeitliche Geschichte der Kalkmagerrasen in der Umgebung von Kallmünz (Mittlere Frankenalb, Lkr. Regensburg). HOPPEA-Denkschriften der Regensburgischen Botanischen Gesellschaft, 66, 469-486. CHELARU, D. A., OISTE, A. M. & MIHAI, F. C. (2014), Quantifying the changes in landscape configuration using open source GIS. Case study: Bistrita subcarpathian valley, Romania. 14th SGEM GeoConference on Ecology, Economics, Education and Legislation. SGEM 2014 Conference Proceedings, Vol. 1, 557-564. GAMER-WALLERT, I. (1999): Der Schönbuch als Forschungsobjekt einst und heute. In: GAMER-WALLERT & LORENZ, S. 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