WP 09_2014.indb - Wasser

Transcription

WP 09_2014.indb - Wasser
Nr. 9/2014
Keb’ Mo’ im Gespräch
• Big Mama Thornton - Blues in Brasilien: The Headcutters - Jimmy Reiter
Band - Florian Zimmer
• The Blues Brothers Teil 4: Auf dem Weg zu Blues Brothers 2000
• 25 Jahre danach: Soundtrack meiner Wende
• Album des Monats: JP Soars - Full Moon Night in Memphis
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I N H A LT
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Wasser-Prawda | September 2014
I N H A LT
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INHALT
SEPTEMBER 2014
3
5
6
Inhalt
Editorial
Auf Tour
Musik
13 Jessy Martens gewinnt Blues Challenge und zwei
German Blues Awards
15 The Headcutters: Blues in Brasilien
19 Soundtrack meiner Wende
24 Jimmy Reiter: Blues in seiner aktuellsten Form
26 Florian Zimmer: Zwischen Alvin Lee und Nirvana
29 Blues & Keramik
32 Elvis,Mud & Ronnie
35 Interview: Gibt es den Keb’ Mo‘ Style?
41 Der Weg zu Blues Brothers 2000
Platten
46 JP Soars - Full Moon Night in Memphis
47 Rezensionen A bis Z
Bücher
56 Michael Spörke: Big Mama Thornton. The Life and
Music
Sprachraum
58 Jürgen Landt: stellplatzprobleme
64 Die Vestalinnen
72 English Articles
Wasser-Prawda | September 2014
4
EDITORIAL
IMPRESSUM
Die Wasser-Prawda ist ein Projekt
des Computerservice Kaufeldt
Greifswald. Das pdf-Magazin
erscheint in der Regel monatlich.
Es wird kostenlos an die registrierten Leser des Online-Magazins
www.wasser-prawda.de verschickt.
Wasser-Prawda Nr. 09/2014
Redaktionsschluss: 17. September
2014
REDAKTION:
Chefredakteur: Raimund Nitzsche
(V.i.S.d.P.)
Redaktion: Mario Bollinger,
Bernd Kreikmann, Lüder Kriete,
Matthias Schneider, Dave Watkins,
Darren Weale
Mitarbeiter dieser Ausgabe:
Iain Patience, Torsten Rolfs
Cover-Foto: Christophe Rascle
Rückseite: Benjamin Amure
Die nächste Ausgabe erscheint am
27. Oktober 2014.
Adresse:
Redaktion Wasser-Prawda
c/o wirkstatt
Gützkower Str. 83
17489 Greifswald
Tel.: 03834/535664
redaktion@wasser-prawda.de
Anzeigenabteilung:
marketing@wasser-prawda.de
Wasser-Prawda | September 2014
EDITORIAL
5
EDITORIAL
VON RAIMUND NITZSCHE
Hits“ irgend welcher Art und auch nicht um das Feiern
der Ostalgie. Nur Lieder, die meiner Meinung nach noch
heute - auch jenseits ihrer historischen Verankerung in
der DDR oder meiner Biografie - funktionieren, hab ich
ausgewählt. Wer andere Playlisten der Zeit schreiben
möchte, kann sie uns gerne an redaktion@wasser-prawda.de schicken. Wir stellen sie dann online. Wer aber
meint, dass David Hasselhoff oder die Skorpions was mit
der Wende zu tun hatten, braucht sich nicht zu melden.
Wie schnell die Zeit doch vergeht - schon wieder ist
ein Monat vorbei. Und abermals ist ein neues Magazin
entstanden. Diesmal endlich wieder mit einem
Terminkalender. Und auch ein paar Rezensionen sind
es mehr als vor vier Wochen. Dafür ist aber bis auf
eine Buchrezension das komplette Feuilleton entfallen.
Denn wenn ich ehrlich bin: Ich komme immer häufiger an die Grenzen dessen, was ich leisten kann. Und
da sind mir Beiträge über Musik immer noch wichtiger
als Rezensionen über Bücher, die ich mir auf den letzten
Drücker abquäle. Und für kulturelle Debatten, historische Abhandlungen oder ähnliches ist einfach keine
Zeit. Das ist schade, aber nicht zu ändern. So lange ein
Magazin wie unseres kein Geld einbringt, kann man
auch keine Autoren verpflichten, die auf eine angemessene Bezahlung ihrer Arbeit angewiesen wären.
Stilistisch geht es in diesem Monat mal wieder quer
durch den Blues: vom schwiegermutterfreundlichen
Sound eines Keb‘ Mo‘ über Retro-Blues aus Brasilien
hin zu den verschiedensten Gitarrensounds von JP Soars.
Und nach Chase Walker im letzten Heft ist auch diesmal
wieder ein Nachwuchsmusiker vertreten: Erst 17 Jahre
alt ist Florian Zimmer. Doch der Gitarrist wird von
manchen schon als eine Wiedergeburt von Alvin Lee
gefeiert. Und dabei gibt es von seiner Band iUTERO
noch nicht mal eine CD...
Hinzu kommt noch der vierte Teil der Serie über die
Blues Brothers von Darren Weale und ein Gespräch
Howard Glazers mit seinem Bruder Steve, einem
Musiker und Keramikkünstler aus Detroit.
Nach den Erinnerungen an den 1. und den 2. Weltkrieg
kommt jetzt das Gedenken an die friedliche Revolution
von 1989 auf Touren. Vor fünf Jahren haben wir
online eine Artikelsammlung unter dem Namen
„Mauersplitter“ veröffentlicht. Kurze Zeit später hatte
sich der Deutschlandfunk auch genau diesen Namen
genommen (und nutzt ihn derzeit wieder). In diesem
Jahr habe ich versucht, mich daran zu erinnern, welche
Lieder mir selbst ab Mitte der 80er Jahre wichtig waren
und die für mich den Soundtrack der Wende ausmachen. Allerdings geht es mir dabei nicht um „Greatest
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TERMINE
Festivals
Hamburg Blues Nights
Sasel-Haus, Saseler Parkweg 3, HamburgSasel
24.10. Jersey Julie Band, Mike Andersen Band,
Dave Herrero & The Hero Brothers Band, Sena
Ehrhardt Band
25.10. Kalle Reuter Experience, Layla Zoe, Franck
Goldwasser Band & special guest Bobby Jones,
Marius Tilly Band
12. B&W Rhythm & Blues Festival
Halle (Westfalen)
25.10. Big Daddy Wilson, Dana Fuchs, Soulfamily, Manfred Mann‘s Earthband
6. Volksdorfer Blues Festival
08.11. mit Grits ‚n Gravy, Katie Bradley & Tom
Attah, Hannes Bauer‘s Orchester Gnadenlos
Auf Tour
3 Dayz Whizkey
04.10. Donauwoerth, Doubles Rock & Roll
06.10. Nürnberg, Hirsch
24.10. Naukirchen, Hall of Music
01.11. Kufstein, Kulturfabrik (A)
06.11. Regensburg, Alte Mälzerei
Abi Wallenstein
02.10. Leipzig, Geyserhaus
03.10. Lüneburg, Cafe Klatsch
04.10. Leck, Kulturhof Leck-Huus
07.10. Freiburg, Freiburg Bluesfestival
10.10. Isernhagen, Kulturcafe Rautenkranz
11.10. Burg/Dittmarschen, Alte Räucherei
17.10. Traun, Spinnerei (Blues & Boogie-LateNight Show) (A)
18.10. München, Alfonsos
19.10. Glonn, SCHROTTGALERIOE
Wasser-Prawda | September 2014
24.10. Rhauderfehn, Rhauderfehn
Blues Club
25.10. Hamburg, Magazin
06.11. Dreieich, Bürgerhäuser Dreieich
B.B. & The Blues Shacks
27.09. Ofteringen, Klosterschüler
28.09. Ilten, Sommerfest
03./04.10. Hildesheim 25th Anniversary
18.10. Ratingen, Manege
Big Daddy Wilson
25.10. Halle, B&W Rhythm & Bluesfestival
Blue Note Blues Band
11.10. Würzburg, Omnibus
25.10. Ingolstadt, Shamrock
Blues Company
10.10. Greven
11.10. Rüsselsheim
07.11. Nettetal, Burg Bocholt
British Blues Allstars
Dave Kelly, Gery Fletcher, Pick Withers,
Zoot Money, Pete Emery
01.10. Mettman, Best Western Hotel
02.10. Kirchheim, Club Bastion
03.10. Hard, Kammgarn (AT)
04.10. Habach, Village
05.10. Künzell/ Dialos, Alte Piesel
06.10. Linz, Smaragd (AT)
07.10. Wien, Kulturverein Reigen (AT)
08.10. Söchtenau, Seehaus Krottenmühl
09.10. Freiburg, Jazzhaus
10.10. Will, Gare de Lion (CH)
11.10. Rubigen, Mühle Hunziken (CH)
12.10. Remscheid
14.10. Bad Salzuflen, Bahnhof
15.10. Bordesholm, Savoy
16.10. Isernhagen, Blues Garage
TERMINE
Cologne Blues Club
02.10. Thedinghausen/Bremen, In Concert
03.10. Algermissen, Rainer‘s Rockhaus
4.10. Herford, Bluesfestival
07.11. Rhede, Blues
Engerling
27.09. Dresden, Tante JU
03.10. Potsdam, Theaterschiff
04.10. Chemnitz, Kabarettkneipe
11.10. Cottbus, Bebel
17.10. Ebersbach, OKV
18.10. Tharandt, Kuppelhalle
19.10. Berlin, Sporthalle KSC Köpenick
24.10. Magdeburg, Baracke
25.10. Zschaitz-Ottewig, Gasthof zur Post
31.10. Gotha, The Londoner
Georg Schroeter & Marc Breitfelder
10.10. Ehingen, Jazztage (feat. David Herzel)
11.10. Ehingen, Jazztage
25.10. Eckernförde, Carls Showpalast
31.10. Schönkirchen, Schmidt-Haus
01.11. Schloss Weesenstein
08.11. Dresden, Boulevardtheater (Jazztage Dresden)
Greyhound George
27.09. Gütersloh, A Tasca – m.Poor Howard Stith
u. Andy Grünert
28.09. Melle,Rathausplatz – m.Poor Howard Stith
u. Andy Grünert- Beginn 13.00
28.09. Herford, Musikschule Lenze – m.Poor Howard Stith u. Andy Grünert
04.10. Münster, Cafe´Arte - Solo
09.11. Herford, Haus der Jugend - Solo
Hamburg Blues Band
02.10. Lübeck, Sounds
03.10. Berlin, Quasimodo
04.10. Plauen, Ranch
7
09.10. Regensburg, Alte Mälzerei
10.10. Kaiserslautern, Kammgarn
11.10. Meidelstetten, Adler Meidelstetten
16.10. Leipzig, Spizz
17.10. Braunschweig, Barnabys
Henning Pertiet
10.10. Isernhagen, Kulturkaffe Rautenkranz (mit
Abi Wallenstein)
26.10. Westen, St. Annen Kirche
31.10. Berlin-Köpenick, Ratskeller (mit Gottfried
Böttger, Micha Maas)
01.11. Jüterbog, Jüterboogie (mit Gottfried Böttger, Micha Maas, Henry Heggen)
Henrik Freischlader Band
07.10. Hamburg, Downtown Blues Club
08.10. Soest, Alter Schlachthof
09.10. Bochum, Zeche
10.10. Kaiserslautern, Kammgarn
11.10. Freiburg, Jazzhaus
12.10. Tübingen, Sudhaus
14.10. Koblenz, Café Hahn
19.10. Leverkusen, Scala
21.10. Leipzig, Moritzbastei
22.10. Regensburg, Alte Mälzerei
23.10. Schweinfurt, Stattbahnhof
24.10. Pratteln, Mini Z7
25.10. Cham, Live in Cham
26.10. Ulm, Roxy
Hundred Seventy Split
09.10. Bonn, Harmonie
10.10. Berlin, Quasimodo
11.10. Melle Buer, Kulturfabrik
12.10. Braunschweig, Barnaby‘s
14.10. Augsburg, Spectrum
15.10. Konstanz, Kulturladen
16.10. Hunziken, Mühle (CH)
18.10. Gams, S-Event (CH)
07.11. Dortmund, Blue Notez
Wasser-Prawda | September 2014
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TERMINE
Jay Ottaway Band
10.10. Selm, Lumber Jack‘s Diner
11.10. Braunschweig, Barnaby‘s Blues Bar
17.10. Leichlingen, Grammophon
Jessy Martens & Band
02.10. Soest, Alter Schlachthof
03.10. Hamburg, Cotton Club (mit Jan Firscher‘s
Blues Support)
04.10. Bordesholm, Albatros
07.10. Kiel, KulturForum (mit Jan Fischer‘s Blues
Support)
09.10. Osterode am Harz, Freiheiter Hof (mit Jan
Fischer‘s Blues Support)
10.10. Achim, Kulturhaus Kasch (mit Jan Fischer‘s
Blues Support)
17.10. Freiburg i.Br., Jazzhaus
18.10. Baden-Baden, Goldener Löwe
30.10. Münchwilen, Blues Fabrik Dance Inn
(CH)
31.10. Pratteln, Z7 Konzertfabrik (CH)
01.11. Sins, Seiserkurve (CH)
Jimmy Reiter
03.10. Bielefeld, Jazzclub
18.10. Hannover-Anderten, Bahnhof
29.10. Hamburg, Downtown Blues Club
11.11. Emmendingen, Mehlsack
12.11. Kandern, Chabah
14.11. Stuttgart, Laboratorium
Marius Tilly Band
03.10. Dormagen, Streetlife
24.10. Gestringen, Alte Schule
25.10. Hamburg, Sasel Haus
31.10. Oldenburg, Headcrash
01.11. Cuxhaven, Janja‘s Bar
07.11. Vlotho, Kulturfabrik
08.11. Grend, Kulturzentrum (Session Opener)
Michael van Merwyk & Bluesoul
17.10. Fricktaler Blues Festival (CH)
Wasser-Prawda | September 2014
18.10. Heidenheim, Swing
24.10.-27.10. Dozzler & MvM Tour
30.10.-09.11. Larry Garner & MvM Tour
10.11.-16.11. Dozzler & MvM Tour
Reverend Rusty
11.10. Bräunlingen, Bregtäler
23.10. Augsburg, Brauhaus 1516
25.10. Runding, Robinson
31.10. Postbauer-Heng. KiSH
07.11. Haiming, Gewölbe
08.11. München, Antons
09.11. Altdorf, Jimmy‘s Cafe
Schneider - Schwarznau
17.10. Bochum, Kulturrat
25.10. Ittersbach, Museumsscheune
26.10. Gundelfingen, Kulturgewächshaus Birkenried
Speiches Monokel
04.10. Berlin, Wabe (3. Kunden Blues Nacht mit
Blues & Loose, Hof Blues Band)
18.10. Neuenhagen, Arche Live
31.10. Arnstadt, Rockjungfer
01.11. Landsberg, Zum Löwen
07.11. Leipzig, Tonellis
The Double Vision
02.10. Striegistal, Open Air
11.10. Weimar, Zwiebelmarkt (Beatcorner Stage)
17.10. Haiming, Live In Eisching
18.10. Straubing, Raven
The Dynamite Daze
10.10. Erding, Schiassn
11.10. Würzburg, Blauer Adler
The German Blues Project
18.10. Esslingen, Blues in Town
Timo Gross
02.10. Saalfeld, Meininger Hof
TERMINE
03.10. Mannheim, Gehrings Kommode
04.10. Landau/Pfalz, Das Büro
05.10. Hamburg, Downtown Blues Club
09.10. Karlsruhe, Jubez
11.10. Lausanne, Taco‘s Bar (CH)
12.10. Offenburg, Kik
24.10. Stuttgart, Laboratorium
25.10. Dittelbrunn-Hambach, Kusidi
26.10. Altdorf, Jimmy´s Cafe
29.10. Strasbourg, Au Camioneur (F)
31.10. Neustadt/Weinstrasse, Jazzclub
01.11. Wissembourg, La Nef (F)
07.11. Leipzig, Unterrock
08.11. Augsburg, Madhouse
Clubs
Barnaby‘s Blues Bar
Braunschweig
02.10. NZZ Blues Band
03.10. ALX Love Crushed Velvet
04.10. 4d Fonk
11.10. Jay Ottaway Band
12.10. Hundred Seventy Split
17.10. Hamburg Blues Band
25.10. The Fab Lushes
01.11. Neal Black & The Healers
08.11. Hot n Nasty
Bischofsmühle
Hildesheim
02.10. Trickbag (S)
18.10. Niamh Ni Charra
23.10. Nico Duportal & His Rhythm Dudes
25.10. The Sweet Remains
Blues im Bahnhof
Bahnhof Mannheim. Eintritt frei.
10.10. Black Cat Bone
07.11. Abi Wallenstein, Dave Goodman, Oliver
Spanuth, Steve Baker
9
Bluesgarage
Hannover Isernhagen
02.10. Brian Augers Oblivion Express
03.10. Hole Full of Love
04.10. Kirsten Thien & Band
08.10. Fish
10.10. Dirt River Radio
16.10. British Blues All Stars
17.10. Nikki Hill
18.10. Aynsley Lister Band
22.10. Dana Fuchs
24.10. Y&T
30.10. Kofi Bakers Cream Experience
31.10. Dan Baird & Homemade Sin
01.11. Budda Power Blues
02.11. Chris Jagger‘s Acoustic Roots
06.11. American Cajun, Blues & Zydeco Festival
08.11. Eric Sardinas & Big Motor
ChaBah
Kandern
01.10. Fabian Anderhub
08.10. Ray Fuller & Band
15.10. Kat Baloun‘s Blues and Boogie Kings
22.10. Will Wilde
29.10. Bobby Jones meets Franck Goldwasser
Band
05.11. Joe Filisko & Eric Noden
Cotton Club Hamburg
02./03.10. Cotton Club Boogie Nights
06.10. Hamburg Blues Bandits
13.10. Kat Baloun & The Blues and Boogie Kings
20.10. Jo Bohnsack
27.10. Guy Weber
29.10. One Trick Pony
Downtown Bluesclub
Hamburg
01.10. Brian Augers Oblivion Express
03.10. Rob Tognoni
Wasser-Prawda | September 2014
10
TERMINE
07.10. Henrik Freischlader
08.10. Will Wilde
10.10. John Campelljohn & Band
11.10. Carl Verheyen
15.10. House on a Hill & Dr Love Power
22.10. Nikki Hill
26.10. Y&T
27.10. Virgil Donati & Band
29.10. Jimmy Reiter Band
Extra Blues Bar
Bielefeld
04.10. Kapelle Vorwärts
09.10. Bite the Bullet
18.10. Will Wilde
22.10. Sid sings
05.11. The Black Lung
Kulturbastion Torgau
02.10. Patricia Vonne
11.10. Footsteps
15.10. Nikki Hill & Band
18.10. BSG 9
22.10. The Brew
30.10. Eric Sardinas & Big Motor
Kulturspeicher
(Bergstraße, Ueckermünde)
27.09. Captain Crap
04.10. Harald Wollenhaupt
18.10. Catfish one man band
01.11. Stellmäcke & Müller
Laboratorium
Stuttgart
03.10. Manfred Maurenbrecher
10.10. Loretta
11.10. Guru Guru
17.10. Bandista
18.10. Gankino Circus & Inna Zhelannaya
23.10. Rachelle Garniez
24.10. Timo Gross Band
25.10. The Dead Brothers
Wasser-Prawda | September 2014
30.10. Parsons Thibaud
Löwenherz/Late Night Blues
Loev Hotel Binz/Rügen
27.09. Trio e la luna?
24.10. Late Night Blues Gala: Micha Winkler &
The Stupid White Men
Meisenfrei
Bremen Hankenstr.
30.09. Egidio Juke Ingala
04.10. Mad Dog Blues Band
08.10. John Campbelljohn Trio
09.10. Carl Verheyen Band
11.10. Checkin‘ Up
13.10. Aynsley Lister/Till Bennewitz
14.10. Will Wilde & Band
18.10. Michael Dühnfort & The Noize Boys
21.10. Focus
22.10. The Fab Lushes
23.10. Footsteps
24.10. V8
28.10. Kofi Baker‘s Cream Experience
29.10. Neal Black & The Healers
30.10. Snakewater
Music Hall Worpswede
03.10. Kari Bremnes
10.10. Manfed Mann‘s Earthband
11.10. Inga Rumpf & KK‘nz
17.10. Judith Holofernes
18.10. Anne Haigis
Musiktheater Piano
Dortmund
12.10. Nikki Hill & Band
15.10. Climax Blues Band
17.10. The Lennerockers
18.10. Angelika Express
19.10. Allan Taylor
23.10. Wingenfelder
24.10. Focus
26.10. Dana Fuchs
TERMINE
29.10. Beans On Toast
02.11. American Cajun, Blues & Zydeco Festival
03.11. Kenny Wayne Shepherd
Musiktheater Rex
Bensheim
18.10. Tommy Schneller Band
23.10. Aynsley Lister & Band
25.10. Danny & the Wonderbras
28.10. Dana Fuchs
O‘ Man River
Friedensstraße 27, Ostseebad Heringsdorf
26.09. Captain Crab und Prince of Harp
30.09. Timmi
03.10. Eric Lenz
07.10. Gotte Gottschalk
10.10. Timmi
17.10. Peter Schmidt ( EBE )
24.10. Grey Wolf
31.10. Frank Plagge
Quasimodo
Berlin
03.10. Hamburg Blues Band
05.10. Checkmate Drayton, Wyzard & TC Tolliver
10.10. Hundred Seventy Split
11.10. THORBJØRN RISAGER
12.10. Carl Verheyen Band
17.10. The Black Diamonds
18.10. Nikki Hill
24.10. The Holmes Brothers
25.10. Lightnin Guy & The Mighty Gators
30.10. Popa Chubby & Band
31.10. Layla Zoe & Band
01./02.11. Mother‘s Fines
Savoy Bordesholm
09.10. John Campbelljohn Trio
15.10. British Blues All Stars
18.10. Ray Fuller
11
24.10. TomAndSara
31.10. Madison Violet
01.11. Snakewater
Tante JU Dresden
03.10. Freygang
09.10. Screaming Headless Torsos
25.10. Hole Full of Love
31.10. Neal Black
06.11. Dean Brown
Tina Tandler Club
Jazz und Blues in Zingst
27.09. Gypsy Gentlemen (Kurhaus)
18.10. Friedemann Benner (Kurhaus)
Topos
Leverkusen
02.10. John Campelljon Band
07.10. Screaming Headless Torsos
16.10. Will Wilde
17.10. Zed Mitchell
18.10. Peter Nonn Blues Band
05.11. Erja Lyytinen
Troisdorfer Bluesclub
Realschule Heimbachstrasse 10, Troisdorf
24.10. Kai Strauss & The Electric Blues Allstars
21.11. Back On the Road
Yorkschlösschen
Yorkstr. 15, Berlin
01.10. The Rockin‘ Blues Clues
02.10. Jan Hirte‘s Blue Ribbon
03.10. Roger & The Evolution
08.10. Kat Baloun & The Blues‘n Boogie Kings
15.10. First Class Blues Band
17./18.10. Sugar Pie & The Candymen
19.10. Ulrike Haller & Loomis Green
22.10. Revelation Blues Band
24.10. Kat Baloun Band
Wasser-Prawda | September 2014
12
MUSIK
Wasser-Prawda | September 2014
MUSIK
13
Jessy Martens
JESSY MARTENS GEWINNT
BLUES CHA LLENGE
UND ZWEI GERMAN
BLUES AWARDS
KAUM ÜBERRASCHUNGEN BEI PREISVERLEIHUNG IN EUTIN
Jessy Martens ist eine der besten Entertainerinnen
in Blues und Rock in Deutschland. Mit ihrer Jessy
Martens Band war sie allerdings zuletzt immer weiter
in Rockgefi lde gezogen. Für ihren Auftritt bei der
German Blues Challenge 2014 allerdings hat sie sich
nach Aussage der Jury ein Programm mit Blues verschiedener Stilrichtungen zusammengestellt und nicht
nur als Sängerin sondern vor allem auch mit der instrumentellen Vielseitigkeit ihrer Band überhzeugen können. Am 20. September konnte sie sich gegen
die Joris Hering Blues Band, die Marius Tilly Band
und Bernd Rins-RootsRock durchsetzen, die über ein
Online-Voting nominiert worden waren. Im Vorfeld
der Challenge hatte die Kai Strauss Band absagen
müssen. Kurzfristig hatte dann auch noch It‘s M.E.
ihre Teilnahme an dem Wettbewerb zurückgezogen.
Die Jessy Martens Band wird jetzt Deutschland am bei
der International Blues Challenge in Memphis (20.-24.
Januar 2015) und der European Blues Challenge am
13./14. März 2015 in Brüssel vertreten.
Auch bei den am gleichen Abend verliehenen German
Wasser-Prawda | September 2014
14
MUSIK
Blues Awards gehörte Martens zu
den Gewinnerinnen des Abends. Sie
wurde nicht nur als beste Sängerin
ausgzeichnet. Ihre Jessy Martens
Band erhielt außerdem den Preis als
beste Band. Auch Abi Wallenstein
(Bester Sänger und Kategorie
Solo/Duo) und Chris Kramer
(Mundharmonika und Album
des Jahres für die CD „Chicago
Blues“) erhielten jeweils zwei der im
Rahmen einer Online-Abstimmung
vergebenen Preise. Mit einem vom
Verein Blues Baltica verliehenen
Ehrenpreis wurde Peter Urban für
seine Sendung „Nachtclub“ beim
NDR ebenso ausgezeichnet wie der
dänische Musiker Tim Lothar.
Hier eine Liste der Preisträger in den
verschiedenen Kategorien, die im
Vergleich zu den Vorjahren relativ
wenige Überraschungen bietet:
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
K ategorie Solo/Duo: Abi
Wallenstein
Kategorie Band: Jessy Martens
Band
Kategorie Club: Downtown
Blues Club, Hamburg
Kategorie Festival: Blues in
Lehrte, Lehrte
Kategorie Gitarre: Henrik
Freischlader
Kategorie CD: Chris Kramer für
die CD “Chicago Blues”
Kategorie Gesang männlich: Abi
Wallenstein
Kategorie Instrument sonstige:
Tommy Schneller, Saxophon
Kategorie Mundharmonika:
Chris Kramer
Kategorie Gesang weiblich: Jessy
Martens
Kategorie Ehrenpreis national:
Chris Kramer
Peter Urban für die Sendung
„Nachtclub“, NDR
• Kategorie Ehrenpreis international: Tim Lothar, Musiker,
Dänemark
Wenn die Liste der Preisträger in
den vergangenen Jahren immer
relativ gleich aussieht, dann ist
das ein Problem der Preisvergabe:
Während die Nominierungen über
eine Fachjury von Journalisten,
Musikern und Veranstaltern erfolgt,
ist für die Preisvergabe abgesehen
von den Ehrenpreisen eine OnlineAbstimmung verantwortlich. Und
hier gewinnen die Musikerinnen
und Musiker, die online über die
besten Fankontakte verfügen.
Wasser-Prawda | September 2014
Sowohl Martens als auch Chris
Kramer zählen hier zu den absoluten Profis. Andere Musikerinnen
und Musiker, die darauf verzichtet haben, offensiv Werbung für
die Preisvergabe zu machen, haben
keine Chance. Das macht für mich
aber wieder mal deutlich, dass die
Art der Preisverleihung ebenso veränderungsbedürftig ist, wie die
Organisation der Bluesszene hierzulande überhaupt: Auf Dauer wird
man in Deutschland kaum an der
Bildung einer landesweiten BluesGesellschaft für Musiker, Fans und
Veranstalter vorbeikommen, wie sie
in anderen Ländern existiert.
MUSIK
15
THE HEADCUTTERS:
BLUES IN BRASILIEN
VON BERND KREIKMANN
DIE WM IST GELAUFEN, DIE FERIEN
SIND VORBEI ES IST WIEDER ZEIT
FÜR GUTE MUSIK. VIELE VON UNS
WAREN IN BRASILIEN UND HABEN
DAS FUSSBALLFEST VERFOLGT.
DAS LAND IST VOLLER MUSIK,
DIE WUNDERSCHÖNEN FRAUEN
TANZEN MEHR ODER MINDER
BEKLEIDET DEN GANZEN TAG SAMBA
AUF DEN STRASSEN, DIE SONNE
SCHEINT UND IN DEUTSCHLAND
TRÄGT JEDER EINE LEDERHOSE.
Brasilien ist ein großes Land mit alten Traditionen. Es
ist ein Land der Gegensätze dessen Probleme nicht mit
einem Ball gelöst werden können.
Mir ist aufgefallen, daß von mir sehr geschätzte Musiker
wie der leider verstorbene Lynwood Slim, Dave Riley
und viele andere offenbar gern in Brasilien spielen und
dort regelmäßig touren.
Blues in Brasilien?
Der echte Blues Fan kennt vielleicht Igor Prado oder den
Harper Luciano Bocca – das war es dann aber schon.
Wasser-Prawda | September 2014
16
MUSIK
Joe Marhofer
Dann bin ich über Joe Marhofer und
seine Headcutters gestolpert und war
schlichtweg begeistert.
Blues in Brasilien ist für mich eine
relativ neue Entdeckung. Umso mehr
freut es mich, daß der Frontmann
Joe Marhofer von brasiliens führender Blues Band The Headcutter Zeit
fand, sich mit uns zu unterhalten.
Joe Marhofer ist Harpspieler und
Frontmann der brasilianischen
Band The Headcutters. Sie treten
bei (internationalen) Blues Festivals
auf und touren mit Größen wie
Phil Guy, Eddie C. Campbell, Billy
Branch, Kim Wilson, Billy Flynn,
Lynwood Slim, Magic Slim, Mitch
Kashmar, Kenny Neal, Dave Riley
und vielen anderen.
Mit neunzehn entdeckte Joe die
Harp und gründet dann die Band
The Headcutters.
Er sagt, sein Stil sei durch Little
Walter, Sonny Boy Williamson, Big
Walter Horton und Muddy Waters
beeinflußt worden.
Die Headcutters leben den Blues der
40er und 50er Jahre. Bislang liegen
zwei Alben <Back to the 50’s> (2009)
und <Shake that Thing> (2013) vor.
2011 wurde die DVD <Sweet Home
Blues> veröffentlicht.
Die Band wird Ende September
2014 eine große US-Tour antreten
und unter anderem beim berühmten King Biscuit Festival in Helene
Wasser-Prawda | September 2014
Arkansas spielen.
INTERVIEW MIT
JOE MARHOFER
BK: Schön, Dich zu treffen Joe.
Wie geht‘s Dir?
JM: Vielen Dank Bernd, mir geht
es gut.
BK: Wie Du weißt, sind wir
aus Deutschland. Wir erwarten
Samba, Bossa Nova und etwas
Jazz aus Brasilien, nicht gerade
Blues.
JM: Yeah, Brasilien hat eine Menge
verschiedener Musikstile, ich kann
Dir gar nicht sagen, warum der
MUSIK
Blues uns erwischt! LOL!
BK: Wie hast Du deinen Weg zum
Blues gefunden, Joe?
JM: Durch Hören und viel Spielen
… und vergiss nicht die Zeiten, wo
wir hier gemeinsam mit großartigen
Bluesmusikern aus den USA gespielt
haben. Dadurch haben wir auch eine
Menge gelernt.
BK: Warum spielt Ihr die Musik
der 40er und 50er Jahre?
JM: Ich glaube, das war die beste
Zeit, die der Blues je hatte. Die
Musiker in dieser Zeit waren äußerst
kreativ und der Klang war fantastisch, ganz anders als vorher oder
danach.
BK: Ist es nicht hart, vom
Bluesspielen in Brasilien zu leben?
JM: Yeah … Es ist ein harter Weg,
aber wenn man liebt, was man tut,
dann findet man auch seinen Weg!
BK: Erzähl uns doch bitte
etwas über die Headcutters. Der
Bandname klingt gefährlich.
JM: hehehe!! Klingt gefährlich, ist
es aber nicht! Wir haben diesen
Namen n als Tribut an die Band
Headhunters von Muddy Waters,
Little Walter und Jimmy Rogers
gewählt.
Wir sind vier Freunde, die seit
unserer Kindheit in der gleichen
Gegend wohnen. Wir lieben den
Blues aus der Zeit nach dem Krieg.
Wir machen unsere Aufnahmen
gern mit alten Analoggeräten. Das
schließt auch ein Spulentonband
ein. Daher ist unser Sound einzigartig und anders als bei den meisten
Bluesaufnahmen zur Zeit.
Unsere erste CD „Back to 50‘s“
kam 2009 heraus und wurde in
drei Nächten im Geschichtsmuseum
von Itajaí aufgenommen. Die DVD
„Sweet Home Blues“ (2011), aufgenommen mit Bildern in Full
HD wurde in einem Raum aufgenommen, wo sich die Band regelmäßig triff t. Er wird „Attic Blues“
genannt und befindet sich im Haus
der Catusos. Die letzte Sache, die
wir veröffentlicht haben, war die
CD „Shake That Thing“ (2013),
bei der wir mit Künstlern wie Igor
Prado (Br), Omar Coleman (USA)
und Richard „Rip Lee“ Pryor
(USA), dem Sohn des legendären
Hörempfehlung
In Itajai (die Amerikaner würden
sagen, es liegt in der Nachbarschaft
von Sao Paulo) hat Joe Marhofer
– seine Großeltern stammen aus
Deutschland – die Headcutters
gegründet. Die Band hat bislang
zwei CDs („Back to 50’s“ und
„Shake that Thing“) und eine
DVD (Sweet Home Blues“) vorgelegt. Als Gäste sind u.a. der bereits
genannte Igor Prado und Richard
‚Rip Lee‘ Pryor vertreten. Der
Leckerbissen „Back to 50’s“ wurde
live eingespielt und enthält Cover
von Little Walter, Sonny Boy
Williamson, Jimmy Rogers und mit
„T-Bonin“ eine Eigenkomposition.
Die aktuelle CD „Shake that
Thing“ bietet neben Igor Prado’s
„Omar’s Nap“ ausschließlich
Eigenkompositionen.
Die Headcutters setzen sich durch
ihren eigenständigen, coolen und
lässigen Stil deutlich von der
Masse der Retrobands ab. Die
Musiker halten jedem internationalen Vergleich stand. Sie haben
17
Harpspielers Snooky Pryor, zusammengearbeitet haben.
BK: Ok, ich stimme Dir zu. Als
ich die total entstpannte DVD
„Sweet Home Blues“ (nebenbei:
ich liebe diese Scheibe!) anschaute,
konnte ich mir auch nicht vorstellen, dass diese Musiker in physischen Hinsicht gefährlich sein
könnte.
JM: Yeah, ich hab schon vom
großen Willie Dixon gelernt: ”you
can’t judge a book by looking at the
einen schwer zu beschreibenden Sound gefunden, bei dem ganz
tief drinnen das südamerikanische
Temperament einfließt. Es gibt hier
keine guten oder schlechten Stücke
oder Interpretationen, es gibt
packenden, mitreißenden Blues
ohne eine Minute Langeweile.
Dazu gibt es dann jede Menge gute
Laune.
Der ganz große Leckerbissen ist
für mich die DVD „Sweet Home
Blues“ von 2011. Die Aufnahmen
sind in einem Dachstudio entstanden. Die Vier sind so cool
und haben so viel Spaß bei den
Aufnahmen, daß der Funke voll
auf den Zuschauer überspringt.
Ein so eindrucksvolles unprätentiöses Kammerblueskonzert habe ich
noch nicht erlebt. Das muss man
gesehen haben.
Die Band ist ganz klar ein
Geheimtipp. Ich kann nur hoffen,
daß sich, vielleicht auch durch die
anstehende große US Tour, ein
Promoter findet, der die Band nach
Europa bringt. Unser Publikum
wäre begeistert.
Wasser-Prawda | September 2014
18
MUSIK
cover…”
die Musik genau zum Blues passt.
Immer mehr Menschen lieben den
BK: Um wieder ernst zu werden: Blues. Auch wenn nicht alle die
Wie würdest Du die Blues-Szene Texte verstehen, fühlen sie den Geist!
in Brasilien beschreiben? Bei uns Aus diesem Grund hat sich der Blues
kann man vielleicht Musikern hier zu einem guten Geschäftsfeld
wie Igor Prado begegnen. Und ich entwickelt.
weiß, dass Luciano Boca ein großartiger Harpspieler ist. Aber damit BK: Ende September 2014 werden
The Headcutters durch die
hat es sich auch schon.
JM: Brasilien hat eine großartige Vereinigten Staaten touren. Es
Bluesszene. Es gibt eine Menge ist bekannt, dass Ihr sehr gerne
guter Musiker, die ganz ernsthaft die Größen aus den USA einladet, mit
Musik betreiben. Und mittlerweile Euch zu spielen. Erzählst Du uns,
gibt es auch viele gute Blues Festivals wer das in diesem Jahr sein wird?
hier. Und dadurch wächst und JM: In diesem Jahr machen wir den
gedeiht die Szene! Ich weiß nicht, wie Trip unseres Lebens! Es ist unsere
es in den 80er Jahren war. Und auch erste große Tour in den USA und
von den 90ern hab ich nur wenig für uns ein Traum, der in Erfüllung
Ahnung, aber ich glaube, durch das geht. Wir werden mit den Silver
Internet-Zeitalter kann man den Kings aus Kalifornien spielen, mit
Blues leichter entdecken, wenn man Jon Atkinson, Omar Coleman und
es will. Das ist in Brasilien genauso. Rip Lee Pryor. Er wird eine Zeit des
Ich kann sagen, dass wir großartige Lernens sein - und eine Zeit, unseren
Musiker haben, die wirklich guten Blues noch besser zu machen!
Blues spielen. Ich bin überzeugt, dass
die brasilianische Leidenschaft für BK: Um zum Ende zu kommen:
Wasser-Prawda | September 2014
Gibt es auch Pläne für Tourneen
in Europa?
JM: Ja, wir wollen eigentlich im
nächsten Jahr in Europa touren.
Aber bis jetzt ist da noch nichts
engültig gerklärt. Hoffentlich wird
das bald geschehen.
BK: Joe, willst Du unseren Lesern
noch irgend etwas mitteilen?
JM: Ich will Dir nur für Deine
Hilfe danken und für das Interview,
Bernd! Und ich bin glücklich über
das, was Du über unsere Band sagst.
Wir lieben einfach den Blues und
wollen ihn hier unten in Brasilien
und in der ganzen Welt am Leben
erhalten.
BK: Vielen Dank, dass Du Dir für
uns Zeit genommen hast, Joe! Viel
Spaß bei der Tour. Und hoffentlich sehen wir Euch auch bald in
Deutschland!
MUSIK
19
SOUNDTRACK
MEINER WENDE
EINE PLAYLIST VON RAIMUND NITZSCHE
E S G I BT I M M E R N O C H
M E N S C H E N, D I E DAV I D
HASSELHOFF FÜR EINEN
HELDEN DER WENDE 1989
H A LT E N O D E R F Ü R D I E
DAS PFEIFEN VON „WIND
OF CHANGE“ DIE MAUER
ZUM EINSTURZ GEBRACHT
HAT. FÜR MICH WAREN ES
ANDERE LIEDER, DIE ICH
IN DEN SPÄTEN 80ER UND
F R Ü H E N 90 E R J A H R E N
IMMER WIEDER GEHÖRT
HABE. SORTIERT HABE ICH
SIE IN DER ZEITLICHEN
REIHENFOLGE, WIE ICH
SIE ENTDECKT HABE. DIE
AUSWAHL HAB ICH DANACH
G E T R O F F E N , WA S I C H
AUCH HEUTE NOCH HÖRE
WENN AUCH MIT ANDEREN
OHREN.
Wasser-Prawda | September 2014
20
MUSIK
1. Lift - Nach Süden
Am Anfang ist die Sehnsucht. Die
Sehnsucht nach Ferne irgendwo.
Nach dem „Westen“ oder „Süden“.
Nach irgendwo, wo ich nicht war
und kaum hinkommen werde. Es ist
1984 und ich bin fast raus zu Hause
- zumindest die meiste Zeit. Die
musikalischen Helden der Schulzeit
waren alle vom Westen. Besonders
Udo Lindenberg und BAP zählten
dazu. Doch der Traum, dass man sie
würde mal live sehen können, schien
schneller ausgeträumt, als er Realität
zu werden schien.
Da s Internat im „Ta l der
Ahnungslosen“ schneidet brutal ab
von den üblichen Möglichkeiten
des Musikkonsums. Aber gleichzeitig eröffnet sich eine ganz
neue Möglichkeit, musikalische Welten zu entdecken. Das
eine sind die Plattensammlungen
oder Tonbandmitschnitte, die
Klassenkameraden mitbringen.
Plötzlich höre ich zwischen der
Musik der 60er und Punk, zwischen
Jazzrock und Folk, Artrock und
Ska Musiker, von deren Existenz
ich noch nicht gehört hatte. Und
natürlich gibt es nahe der Stadt
Dresden auch die Chance, Konzerte
zu besuchen. Ein Abend ist mir
besonders in Erinnerung geblieben. Normalerweise war ich nicht
der Typ für den Kulturpalast. Aber
da gab es ein Treffen verschiedenster
Bands aus dem Dresdner Umland.
Und so konnte man Gruppen wie
Regenwiese oder Zwei Wege kennenlernen. Von beiden hört man zumindest hier im Norden seit Jahrzehnten
nichts mehr. Headliner war an dem
Abend allerdings Lift, mir bis dahin
auch noch nicht bekannt. Und
deren lyrische Popmusik mit jazzigen und sonstigen Einflüssen blieb
im Kopf. Stücke wie „Nach Süden“
wurden zum Vehikel der jugendlichen Sehnsucht. Nein: die Mauer
kam nicht vor im Text. Aber dafür
der vielen gemeinsame Wunsch nach
der Ferne, nach dem Aufbruch.
2. Renft - Nach der Schlacht
Die Jahre gingen weiter. Die musik a lischen Entdeckungsreisen
ebenso. Erstmals bekam ich hier
Wasser-Prawda | September 2014
von Freunden Alben von Renft zu
hören, die damals zu Höchstpreisen
gehandelt wurden. Besonders die
zweite Platte gehört für mich noch
heute zum Besten, was die deutsche
Rockmusik hervorgebracht hat.
Denn da fehlt der später übliche
pädagogische Zeigefinger - oder
er richtet sich nicht nur gegen den
Hörer, sondern vor allem auch gegen
die Obrigkeit, die gnadenlos an
ihren Idealen der Revolution gemessen werden. Die Schlacht, so war
mir klar, wird viel länger sein. Auch
wenn Renft heute es sich bequem
eingerichtet haben im Dasein
einer sich selbst reproduzierenden
Oldiekapelle. Da fehlt die Revolte
Und es passiert nichts neues mehr.
3. Slim Harpo - Rainin‘ In My
Heart
Irgendwann hatte das DDR-Label
AMIGA begonnen, eine ausgezeichnete Reihe mit Bluesalben zu veröffentlichen. Doch als Sammler war
man natürlich immer auf der Pirsch
nach dem Unbekannten. Und eines
Tages fand ich beim Stöbern in
MUSIK
einem Second Hand Laden tatsächlich eine amerikanische Bluesscheibe:
Von Slim Harpo hatte ich bis dahin
nur Songs in den Versionen der
Rolling Stones zu hören bekommen.
Doch diesel leise Melancholie packte
mich sofort - das war der Blues für
den liebeskranken Teenager ebenso
wie für den Jugendlichen mit einer
Sehnsucht nach Weite.
4. Die Skeptiker - 1933
Es dauerte eine Weile, bis die
Punk- und Underground-Musik
der DDR den Weg in meine Ohren
fand. Doch eine Band fand ich
schon auf ihrem ersten Demo gut.
Die Skeptiker unterschieden sich
vom Rest der Szene schon allein
dadurch, dass von Anfang an eine
gut und druckvoll spielende Band
waren. Und ihre Texte schafften es, den Alltag in der Zone aufs
Korn zu nehmen und gleichzeitig den Zensoren was anderes vorzutäuschen. Der Ruf „Spion im
Cafe“ war deutlich, war voll auf die
Zeit passend. Die allgegenwärtige
Überwachung haben wir damals
hingenommen, uns auch über sie
lustig gemacht. Doch der Arm der
Stasi reichte weit: Freundschaften
mit Leuten im Westen zerbrachen,
weil keine Briefe mehr durchkamen.
Das Misstrauen wuchs auch gegenüber den Freunden. Wer notiert im
Geiste die Bemerkungen? Wer wird
mich verraten? Ich hab irgendwann
begonnen, mir darüber keinen Kopf
mehr zu machen. Wenn ich einmal
meine Autobiografie schreiben sollte,
werde ich auch die Stasiunterlagen
einsehen. Vorher nicht.
5. Hans-Eckardt Wenzel Halb und halb
Neben den Punks waren es vor
allem die Liedermacher, die die
Zustände im Land deutlicher aufs
Korn nahmen. Da gab es die braveren Leute wie Pension Volkmann,
die „vom Ausweis in der Tasche,
der was zählt“ sangen. Oder es gab
Rebellen wie Wenzel & Mensching.
Besonders „Halb und halb“ von
Wenzels zweitem Soloalbum ist so
böse, wie es nur sein durfte. Die
Mitte, das halbe Glück - und die
Halbheiten würden bald ein Ende
haben. Entstanden ist das Lied für
die Hammer-Revue mit Mensching.
Und darin gab es noch wesentlich
deftigere Sachen. Aber die kursierten damals nur auf Bändern im
Untergrund.
Erfolgreicher - und auch wesentlich deutlicher - wurde damals nur
noch Gerhard Schöne. Seine Lieder
wie „Mit dem Gesicht zum Volke“
und wenig später „Das weiße Band“
waren damals absolute Mitsinghits.
Heute aber wirken sie - wie so
viele Songs, die sich auf aktuelle
Ereignisse beziehen, wie historische
Artefakte, die man bewundert und
in die Sammlung einsortiert. Doch
als Lieder funktionieren sie nicht
mehr wirklich.
21
nicht im Gleichschritt“ bezog sich
im Lied auf eine Beziehung - doch
viele Fans sangen es als Ablehnung
gegen die staatliche Uniformität.
Oder ein Lied wie der „Narkose
Blues“ vom Album „So oder So“
ist nicht nur ein Stück über das
Erlebnis einer schweren Krankheit.
Man könnte es auch als Lied über
den Zustand des Landes allgemein
hören. Scheinbar kafkaesk ist die
Geschichte von Nr. 48: Wir sind auf
einer endlosen Suche - auch wenn
das Ziel offenbar einfach nicht existiert. Dennoch ist keine Chance, die
Sache einfach aufzugeben. Wenige
Jahre später wurden Engerling dann
ganz direkt; Dylans „The Times
They Are A-Changing“ wurde zu „Es
kommen andere Zeiten“. Und auch
das hat den Test der Jahre überstanden. Heute ist es kein Kommentar zu
den Umwälzungen der Wende mehr,
sondern ein Lied von der Sehnsucht,
dass die offenbare Stagnation sich
doch mal wieder auflösen möge.
7. Feeling B - Artig
Da hatten die Verantwortlichen der
FDJ-Hochschulleitung wohl nicht
wirklich nachgedacht: Ein Konzert
mit den im Untergrund angesagtesten Punkbands während der FDJStudententage? Klar, der Anfang
war noch unverfänglich: Eine pol6. Engerling - Nr. 48
nische Band, die heftigen Bluesrock
Keine Band aus dem Bluesumfeld im Stile von Led Zeppelin durch
hat es in der DDR über die ganzen den Keller der Mensa dröhnen
Jahre wie Engerling geschafft, ließ. Auch die irgendwie belanglose
in ihren Texten die Sehnsüchte Band „Zuma“ störte den Frieden
der Fans und Kritik an den nicht wirklich. „Pass auf, als nächsVerhältnissen derartig zu verpa- tes treten Freygang auf“, sagte mir
cken, dass die Zensoren dennoch ein Kumpel, der die Musiker kannte.
keine Chance hatten. „Wir laufen Freygang, die den Gerüchten nach
Wasser-Prawda | September 2014
22
MUSIK
bei Konzerten schon mal Fahnen verbrennen sollten? Haben die nicht mal
wieder komplettes Auftrittsverbot?
Darum scherten sie sich aber nicht,
und damit begann die Verwandlung
des Mensakellers in ein Inferno
aus Alkoholmissbrauch und Pogo.
Und keine Band konnte das in der
Zeit so auf den Punkt bringen, wie
Feeling B. Musikalisch primitiv,
textlich oft kryptisch. Aber manchmal auch genial wie bei „Mix mir
einen Drink“ oder eben bei „Artig“:
Wir wolln immer artig sein, denn
nur so hat man uns gerne. Das ist
ein besoffener Kampfschrei gegen
diesen Staat. Die Fans pogen, die
leeren Bierflaschen fliegen durch
die Luft. Und als danach auch noch
Die Firma auftritt, sind die Punks
im Himmel. So lange, bis die Partie
vorbei ist, weil der Keller einfach nur
noch ein lebensgefährliches Feld aus
Glassplittern und Schnapsleichen ist.
Wegen des Auftritts Freygang sollte
der FDJ-Sekretär der Uni gerüchteweise zum Rücktritt gezwungen
worden sein.
Nach der Wende war es bald
vorbei mit Feeling B. Auch
Sandow, die Skeptiker und andere
Undergroundbands zunächst schnell
weg vom Fenster. Flake spielt
inzwischen bei Rammstein seine
Keyboards. Die Skeptiker sind seit
einigen Jahren wieder aktiv, sind
aber für die Punkszene noch immer
zu intelligent. Andere Bands sind
für immer in der Versenkung verschwunden. Und eigentlich vermisst
Wasser-Prawda | September 2014
man sie auch nicht.
8. Duo Sonnenschirm - Der
Tribünenheber
1989 waren die Zensoren wohl innerlich schon im Ruhestand. Plötzlich
kamen Alben auf den Markt, wo die
lyrische Verbrämung weggelassen
wurde. Die Brachialromantiker des
Dresdner Duos Sonnenschirm etwa
sang in ihrem Siegfriedlied: Wo
bleibt denn meine Strafe? Und im
genialen „Lied vom Drüberstehen
und Drunterliegen“ wird die ganze
Manie mit den huldvoll winkenden
Genossen auf den Tribünen aufs
Korn genommen. Aber vielleicht
wollte die Obrigkeit 89 einfach nur
dem Volk etwas zum Abreagieren
bieten, denn: „Wenn der Bürger
MUSIK
sitzt und flennt, vermisst er meist
das Happy End. Drum serviere
man zum Schluss ihm eine Schüssel
Opti-Mus“.
durch die Wende ihre Alben sofort
bei einem westdeutschen MajorLabel erschienen. Und als sie
schließlich auch das uralte „Kling
Klang“ auf Platte pressten, kamen
9. Blankenfelder Boogie sie damit sogar ins gesamtdeutsche
Musikfernsehen.
Band - Heißer Sommer
Was die FDJ geritten hatte, gerade
Rio Reiser zu einem Konzert nach 11. Pankow - Langeweile
Berlin einzuladen, ist mir noch Auch Pankow, die mit ihrem
immer rätselhaft. Klar, er spielte in Rocknroll ja eh schon immer ganz
der Seelenbinderhalle nicht „Macht im tristen Alltag zu Hause waren,
kaputt, was Euch kaputt macht“. nahmen jetzt keine Blätter mehr
Aber als er „Der Traum ist aus“ vor den Mund. „Aufruhr in den
anstimmte, waren die Besucher mit Augen“ wurde ihr bestes und gleichihm ganz einer Meinung: So geht es zeitig ihr politischstes Album. Und
hier nicht weiter. Und gemeinsam Langeweile, das Stück drüber, das
mit Lutz Kerschowsky sang er dann man schon viel zu lange den alten
als Zugabe noch dessen Bearbeitung Männern vertraut hat, ist eine wirkdes „Summer Time Blues“. Ein liche Hymne der Wende geworheißer Sommer steht bevor - und den. Ob die Tatsache, dass Gitarrist
genau so kam es dann auch für die Jürgen Ehle IM bei der Stasi
war und seinen Kollegen Andre
Genossen.
Herzberg bespitzelte, zur Nachsicht
der Zensoren beitrug? Ich weiß es
10. Keimzeit - Irrenhaus
Nicht nur in der Bluesszene hatten nicht. Nur dass Pankow nach der
sich Keimzeit mit ihren Liedern zu Wende niemals wieder so gut werden
dem Zeitpunkt längst eine einge- konnte, wie damals.
schworene Fangemeinde erspielt.
Gelegentliche Auftrittsverbote gehörten damals für die Bands einfach
dazu. Heute kann man kaum verstehen, was die Zensoren an Stücken
wie „Mama sag mir warum“ auszusetzen hatten. Stücke wie „Maggie“
waren da noch harmlos und verspielt. Doch dass plötzlich auch
„Irrenhaus“ im Jugendradio lief, war
ein deutliches Hoffnungszeichen.
Klar, die Schlauen kamen letztlich
doch nicht unbedingt ins Parlament.
Aber das konnte man ja noch nicht
ahnen.
Keimzeit hatten das Glück, dass
23
12. DEKAdance - Alex goes
to Hollywood
Schon fast zu spät erschien 1989
auch das Debütalbum der Dresdner
Spaß-Jazz-Funker DEK Adance.
Für uns war das im Herbst die richtige Partymusik, wenn man grad
mal keine Transparente für die
nächste Demo malen musste oder
auf wichtigen Treffen die nächsten
Aktionen plante. Frech und ohne
jegliche Scheuklappen wurden
die Verhältnisse hier zum Tanzen
gebracht. „Happy Birthday“, der
Titelsong der Scheibe ist gleichzeitig
ein wunderbar böses Geschenk zum
40. der DDR. Und mit der absurden
Fluchtgeschichte von Alex, der unbedingt nach Hollowood wollte, und
dort versehentlich von Indianern
erschossen wurde, hatte man schon
paar Monate vor dem Sommer die
Massenflucht zum Thema gewählt.
Wasser-Prawda | September 2014
24
MUSIK
BLUES IN SEINER
AKTUELLSTEN FORM
JIMMY REITER BAND, HAUS AM WALDE BREMEN AM 29. AUGUST
2014. TORSTEN ROLFS, FOTOS: TORSTEN WEISS
AM FREITAG, DEN 29.08.2014
VERSPRACH DAS WETTER WIEDER
EINEN WUNDERBAREN OPENͳAIRͳ
ABEND IM HAUS AM WALDE IN
BREMEN. DIESE LOCATION IST SEIT
JAHREN DAFÜR BEKANNT, IHREN
GÄSTEN IM BIERGARTEN LIVEͳMUSIK
VOM ALLERFEINSTEN ZU BIETEN.
Wasser-Prawda | September 2014
Auch in diesem Jahr war das Programm wieder ausgesprochen gut und abwechslungsreich mit Soul-, Blues-,
Singersongwriter- und Jazz- Interpreten gefüllt. Die
Konzerte im Mai, Juni und Juli standen unter einem
guten Wetterstern, nur im August musste man auch in
Bremen um die Draußen-Konzerte bangen. Aus diesem
Grund fiel mein Blick am 29.08. immer auf die entsprechende Applikation meines Handys. Ich freute mich sehr
über den bevorstehenden Gig der Jimmy Reiter Band
MUSIK
aus Osnabrück.
Das Wetter spielte also mit, der
Biergarten füllte sich, an allen
Tischen und Bänken saßen
Menschen in gespannter Vorfreude.
Und da kamen sie auf die Bühne und
begannen ihr Programm mit einem
groovigen Instrumental-Stück: Surf
Chipmunk von der CD „High
Priest Of Nothing“, mit der er nach
ihrer Veröffentlichung Preisträger
des Deutschen Schallplattenpreises
2011 wurde. Der gesamte Abend
stand unter der Prämisse, Stücke
dieser CD zu präsentieren. Und
diese CD hat nicht ohne Grund
Preise eingeheimst.
Jimmy Reiter vermochte seine
Zuhörer in seinen Bann zu ziehen,
begeisterte mit seiner nicht aufdringlichen und entspannten Art, seinem
Können an der Gibson ES 335, der
er einen smoothy Ton entlockte.
Die Band ist hochkarätig besetzt,
das groovige Fundament bilden
am Schlagzeug Björn Puls aus
Hamburg, der mit seinem swingendem und stilübergreifenden Spiel
hervorragend mit Jasper Mortier am
Bass harmoniert. Dieser stammt aus
Amsterdam und spielte an diesem
Abend nur elektrischen Bass, aber
stellte dabei unter Beweis, dass man
auch einen E-Bass stilistisch wie
einen Kontrabass spielen kann. Am
E-Piano/ Orgel wurde die Band
vom unglaublichen Moritz Mo
Fuhrhop aus Osnabrück verstärkt.
Ihn kennt man durch sein langjähriges Engagement in der Band von
Henrik Freischlader. Und das ist
ein unglaubliches Pfund, mit dem
die Band wuchern kann. Dezentes
Begleitspiel und expressive Soli
prägen die Performance von Mo
Fuhrhop.
Hier wurde Blues in seiner aktuellsten Form zelebriert. Kein angestaubtes Historiengeplänkel und
Wiederkauen ewig bekannter
Themen, Grooves und Solis, sondern
Blues im 21.Jahrhundert. Das reißt
mit, überzeugt den Zuhörer, macht
Lust mehr von dieser Musik zu
genießen. Sehr erfrischend sind die
überwiegend selbst geschriebenen
Stücke. Seine Herkunft aus dem
„sympathischen Unfallschwerpunkt
an der A1“ wurde launig thematisiert, ebenso die Regenhäufigkeit
seiner Heimatstadt im Stück „City
of Rain“
Bereits nach der Veröffentlichung
der CD schrieb die Wasser-Prawda,
dass Jimmy Reiter einer der
Bluesgitarristen sei, „die scheinbar gänzlich ohne Beeinflussung
durch die Rockmusik auskommen.
Stattdessen klingen seine Lieder
wie eine Reminiszenz an die großen
Zeiten der drei Kings, an die Zeit,
als Blues und Soul fast austauschbare
25
Begriffe waren. Dazu singt seine
Gitarre scheinbar schwerelos Linien,
bei denen wirklich keine Note zu viel
und keine zu wenig ist.“ Recht hat
der Autor dieser Zeilen.
Mit Jimmy´s Interpretation des
Klassikers Mr.Watson von Johnny
Guitar Watson und einem mitreißendem Boogie, bei dem das Publikum
vor der Bühne den Abend tanzend
beschloss, kochte die Stimmung bis
zum Siedepunkt und man konnte
beschwingt mit groovy-Melodien im
Ohr nach Hause gehen.
FOTOS
Jimmy Reiter & Jasper Mortier
Mo Fuhrhop & Jimmy Reiter
Wasser-Prawda | September 2014
26
MUSIK
Florian Zimmer (Foto: Jensen Zlotowicz)
ZWISCHEN ALVIN
LEE UND NIRVANA
MATTHIAS SCHNEIDER ÜBER DEN GITARRISTEN FLORIAN
ZIMMER
FLORIAN ZIMMER,
EINES DER
GRÖSSTEN TALENTE
AN DER GITARRE
HIERZULANDE, IST
GERADE 17 JAHRE
GEWORDEN. ER
BRINGT ALLES MIT
WAS EIN ROCKSTAR
SO BRAUCHT,
LANGE MÄHNE UND
VIRTUOSITÄT AUF
DER GITARRE. WENN
MAN IHN HEUTE SO
SPIELEN SIEHT, VOR
ALLEM DIE TITEL VON
SEINEM IDOL ALVIN
LEE, DANN HAT MAN
DEN EINDRUCK, ALVIN
LEE IST WIEDER DA.
Mit 8 Jahren begann Flo Unterricht
auf der Konzertgitarre an der
Musikschule „Heinrich Schütz“ in
Weißenfels zu nehmen. Bald entdeckte er seine Liebe zu Kurt Cobain
und Nirvana. Schnell hatte er viele
Titel seines Vorbildes drauf.
Jetzt musste eine Band her. Ein
Schlagzeuger war schnell gefunden.
Fehlte noch der Bassist. Diese Rolle
musste sein Vater, Roland Zimmer,
übernehmen. Das Verrückte daran,:
Der konnte gar keinen Bass spielen,
musste es erst lernen. Wer wünschte
Wasser-Prawda | September 2014
sich nicht so einen Vater …
Florian Zimmer, Gitarre und
einprägsame Gesangsstimme,
Marko Stolz am Schlagzeug und
Roland Zimmer am Bass sind
ein Bandprojekt der besonderen
Art: 2006 bildete sich die Band,
um zur Abschlussveranstaltung
der Sommerakademie 2006 der
Kulturstiftung Hohenmölsen einen
Beitrag zu leisten. Da war Florian
erst acht Jahre alt „Flo & Co“ war
geboren und ab und an live zu hören.
Ende 2007 löste sich die Band auf.
Doch schon im Januar 2008 waren
Vater und Sohn wieder da, mit
Marko am Schlagzeug, und nun
als Band iNUTERO. Ihren ersten
Auftritt hatten sie zur Rocknacht in
MUSIK
27
Leo Lyons (Bass) & Florian Zimmer (Gitarre)
Borau, und da prägte Nirvana den Schoolgirl“ waren nicht nur die bekannten Musikern wie PAUL
Stil der neuen Gruppe.“*
Fans begeistert, auch Leo Lyons war MILLNS(UK), MENA(A), Michael
Florian entwickelte sich und sein angetan vom brillanten Spiel Floris. Katon(US), Flying Eyes(US), Piet
Gitarrenspiel weiter und entdeckte Hier hätte ich gerne einmal Leos Botha (Südafrika)sowie Rob Tognoni
seine Liebe zum Bluesrock. Hier hat Gedanken gelesen…
(Australien). Mittlerweile gehören
es ihm vor allem Alvin Lee angetan. Nicht nur,dass Florian seinem auch Hundred Seventy Split und
Seitdem zeigt er auf vielen lokalen Vorbild in vielem ähnelt, wenn Canned Heat zu den Partnerbands
Festivals sein Können und die Zahl man genau hinsieht erkennt man, bei Konzerten.
der Fans wächst ständig. Vorläufiger dass er die baugleiche Gitarre, eine „Wenn Flo Zimmer TYA-Hymnen
Höhepunkt seiner Karriere war Gibson ES 335 ohne technischen wie „Im Going Home“, „Love Like
der gemeinsame Auftritt mit dem Schnickschnack, wie Alvin benutzt. a Man“ oder „One Of These Days“
Ten Years After Urgestein Leo Heute kann Florian mit seiner zum Besten gibt, ersteht Alvin Lee
Lyons beim Winterblues-Festival Band iNUTERO schon auf zahl- scheinbar aus dem Grab, dann voll2013**. Bei „Good Morning Little reiche Open Air Konzerte und zieht sich ungeachtet des fehlenClub-Veranstaltungen zurückbli- den Keyboarders bei den Sachsen* http://www.interstage.de/inutero/13- cken. Dabei waren auch gemein- Anhaltinern die Reinkarnation
3_2009.htm
same Auftritte mit international der britischen Supergruppe. Der
* * h t t p s : // w w w. f a c e b o o k . c o m /
17-jährige Florian Zimmer ist dabei
pa ges/ W IN TER BLU E S -
FESTIVAL/553312551401278
Wasser-Prawda | September 2014
28
MUSIK
der absolute Fixpunkt, technisch
glänzend, versunken, inbrünstig,
weltentrückt - nur er und die Musik.
Spielerische Leichtigkeit gepaart
mit Tiefgang. Er unternimmt eine
Reise in eine musikalische Epoche,
als er noch nicht mal Quark im
Schaufenster war. Und doch spielt
er diesen Bluesrock so ausgefeilt, als
hätte er diese Musik und die Zeit
mit der Muttermilch aufgesogen.“*
Inzwischen hat sich die Band
mal wieder umbesetzt. Neuer
Schlagzeuger ist seit Ende Juli
2014 Bastian Jung. Und man kann
gespannt sein, wie sich iNUTERO
in nächster Zeit weiter entwickeln
wird.
Was ich mir für die Zukunft von
Florian und seiner Band wünsche:
1. Die Herausgabe einer CD
oder DVD. Es müssen ja noch
keine eigenen Titel sein, ein
Konzertmitschnitt wäre schon
eine feine Sache.
2. Songs von Rory Gallagher
würden gut in das Konzept
passen und ich könnte mir vorstellen, dass das ankommt.
*ht t p: //e i s e n a c h .t l z .d e /w e b/ lok a l /
k u l t u r /d e t a i l /- /s p e c i f i c / F l o r i a n Zimmer-und-iNutero-in-Eisenach-imKonzert-184695099
Wasser-Prawda | September 2014
Musikempfehlungen
1. I‘m going home iNUTERO: https://
www.youtube.com/
watch?v=G6KGUY3bULY
2. Good morning little
Schoolgirl - iNUTERO
feat. Leo Lyons: https://
www.youtube.com/
watch?v=eealqn_vb3o
MUSIK
29
BLUES & K E R A M I K
HOWARD GLAZER: BLUES, VIEWS & NEWS FROM DETROIT #4
Emmanuel Young with Howard
Glazer & the EL 34s mit, live spielte
er unzählige Male mit Young, mit
Harmonica Shah oder mit mir.
Außerdem gehört er zu Karanji‘s
Soulwater. Steve ist außerdem der
Mensch, der mich zur Gitarre,
zum Rock & Roll und zum Blues
gebracht hat. Daher schulde ich
Steve eine Menge, musikalisch und
künstlerisch gesehen.
Meine Brüder und ich wuchse auf
umgeben von Musik und Kunst.
Steve stellt nicht nur einige großar- Unsere Eltern waren beide Musitige Kunstwerke wer, er ist außer- ker, unsere Mutter unterrichtete
dem Bass-Spieler. Er spielte bei zwei Musik an öffentlichen Schulen
Stücken auf „Live in Detroit“ von
HALLO, DAS IST DIE
VIERTE AUSGABE VON
BLUES NEWS & VIEWS
AUS DETROIT. UND
IN DIESEM MONAT
MÖCHTE ICH ÜBER
EINEN DETROITER
KÜNSTLER UND
MUSIKER SPRECHEN,
MEINEN BRUDER
STEVE GLAZER.
Detroits. Und unser Vater war Profimusiker in einer Big Band (Don
Pablo & His Orchestra) und gab
außerdem Privatunterricht. Die
Liebe zu allen Künsten, besonders
zur Musik ist in uns allen tief
verwurzelt.
Steve hat mal gesagt, dass die liebsten Dinge, die er gern regelmäßig
macht folgende seien: Kunst zu
unterrichten, seine Kunstwerke zu
erschaffen und Musik zu spielen.
Wenn er gefragt würde, nur eine
davon auszuwählen, würde ihm die
Auswahl sehr schwer fallen …
HG: Wodurch wurdest Du zuerst
Wasser-Prawda | September 2014
30
MUSIK
Steve & Howard Glazer
an Musik interessiert?
Mein Interesse begann, als ich den
Bruder eines Mädchens sah, in die
ich während der Junior Highschool
verliebt war. Der trat mit seiner
Band bei einem Schultanz auf. Live
gespielten Rock & Roll zu sehen
(auch wenn ich nicht wusste, was
die überhaupt spielten), war ein
Moment, der das Leben veränderte.
Ich glaube, ich vergaß die junge Frau
bald wieder, nachdem ich vom Rock
& Roll infiziert war.
HG: Was waren Deine ersten
musikalischen Einflüsse?
Die ersten Lieder, die ich hörte,
waren ziemlicher Standard-Pop
im Radio. Die erste Platte, die ich
kaufte, war „Snoopy Vs. The Rad
Baron“ von The Royal Gardsman,
aber bald danach hörte ich Motown
und frühe Psychedelic wie „I Had
Too Much To Dream Last Night“
von The Electric Prunes. Nach
einem Jahr oder so hörte ich dann
„Kick Out The Jams“ von so ziemlich meinen ersten (und ausdauerndsten) musikalischen Helden,
Wasser-Prawda | September 2014
von MC5 aus Detroit.
HG: Wann hast Du den Blues
entdeckt?
Ungefähr zur gleichen Zeit, als ich
die Rock & Roll-Szene von Detroit
entdeckte, entdeckte ich auch den
Blues. Ich fuhr gewöhnlich samstags
mit einem Stadtbus nach Downtown
und spazierte zwischen all den hohen
Gebäuden. Und oft kam ich an
einem blinden Gentleman vorbei,
der an der Ecke eine Gasse beim
alten Hudon‘s Store saß. akustische
Gitarre spielte und den Blues sang.
MUSIK
Ich hab nie herausbekommen, wer
das war, aber die Musik hat einen
Akkord in meiner Seele zum Klingen
gebracht, der ein Leben lang anhält.
HG: Daran erinnere ich mich
auch sehr deutlich, denn ich bin
oft mit Dir losgezogen, hab den
Bus nach Downtown genommen,
wo es Plattenläden gab und den
Bluesman bei Hudson‘s. Ich hab
die gleiche Geschichte schon sehr
oft erzählt. Was machst Du heute
musikalisch?
Mittlerweile spiele ich - und hab dem
auch eine ganze Menge meiner privaten Zeit gewidmet. bei dem R&B/
Hiphop-Projekt Karanji‘s Soulwater.
Daran glaube ich wirklich und ich
liebe die Musik, die wir dort gemeinsam machen. Besonders genieße
ich es, wenn ich mit Leuten wie
Emmanuel Young, Harmonica Shah
oder auch welchen von den weniger
bekannten legendären Bluesmen
Detrots spielen kann. Diese Leute
sind Legenden, und mit ihnen zu
spielen und sie in ihrer Kunst zu
unterstützen ist eine solch unglaubliche Erfahrung, dass ich sie nicht in
Worte fassen kann.
und einen Master of Arts im Bereich
Keramik an der Central Michigan
University anzustreben. Eine zufällige Begegnung mit Dick Hay
brachte mich für die nächsten drei
Jahre an die Indiana State University
(wo Hay 40 Jahre lang unterrichtete).
Nachdem ich meinen Abschluss als
MFA der Indiana State University
bekommen hatte, begann meine
Karriere als Lehrer und wurde schnell
zu einer weiteren Leidenschaft. So
wie ich das während meiner ganzen
Karriere gemacht habe, fertige
ich meine eigenen Arbeiten in der
wenigen Zeit, die ich zwischen dem
Unterricht und anderen schulischen
Verpflichtungen finde.
31
gemacht haben. Wie die Masken
ist auch Detroit voller Farben bei
seinen Menschen und seiner Kultur,
doch sie sind verwittert von den
schwierigen Veränderungen in der
Industrie, die entscheidend war für
ihre Entstehung. Schließlich zeigt
die menschliche Form der Motor
City Griots Society den Weg vorwärts für Detroit, bewegt von den
Herzen und Sinnen ihrer Bewohner.
Steves Arbeiten kann man weltweit
über die Internetseite http://artattheedge.com im „Shop Detroit Art“
erwerben. Dort muss man nach dem
Künstler Steve Glazer suchen.
Steves jüngste Ausstellung an der
River‘s Edge Gallery in Wynadotte
(Michigan) hat den Titel „The
Motor City Giot Society Series“. Es
ist eine Gruppe von Ton-Masken,
die ihre Inspiration von den Griots
der westafrikanischen Kultur beziehen. Die Griot wahren federführend bei der Weitergabe der mündlichen Geschichte ihrer Kulturen
oder Stämmer. Aber sie hatten
auch andere Rollen wie Entertainer,
Musiker, Heiler, spirituelle oder
HG: Was brachte Dich zur persönliche Ratgeber und soziale
Keramik?
Führe. Die Griot hatten Kräfte und
Meine Liebe zum Ton begann, als Visionen, die über das Normale
ich einen Lehrer sah, der einen Topf hinaus reichten.
auf einer Töpferscheibe herstellte, Diese gleichen gegensätzlichen
als ich in meinem Seniorjahr an der Kräfte treten zu Tage beim Leben
Milford High School war. Von dem in Detroit, einer Stadt die heute
Moment an war ich total begeis- geschmäht wird, die aber einst gefeitert. Ich begann, einen Bachelor in ert war. Die Masken reflektieren die
Bildender Kunst mit Konzentration Menschen Detroits, ihren Geist und
auf Keramik in Kombination mit ihre Körper, ebenso aber auch die
einer Lehrbefährigung für Kunst Maschinen der Industrien, die sie eins
an der Eastern Michigan University zum industriellen Kern Amerikas
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MUSIK
Mud Morganfield in Ronnie Scott‘s Jazz Club (Fotos: Benjamin Amure)
ELVIS,MUD & RONNIE
DARREN WEALES 11. BRIEF AUS DEM VEREINIGTEN
KÖNIGREICH
WELCOME TO THE LETTER
FROM THE UNITED KINGDOM!
werde ich ganz sicher einen Ort online finden, um ihn
in Englisch zu veröffentlichen.
Hier im UK jedenfalls begannen wahrscheinlich einige
Die Geschichte des Blues im Vereinigten Königreich der wichtigsten Momente mit dem Jazz-Posaunisten
ist sowohl lang als auch voll von wichtigen Künstlern und Bandleader Chris Barber, der Künstler wie Muddy
und Überraschungen. Das ist wahrscheinlich auf für Waters und Big Bill Broonzy über den Atlantik holte.
Deutschland zutreffen. In der Tat, wenn einer der Die Reise von ihrer Ankunft bis zur Adoption des ameLeser der Wasser-Prawda gerne einen Artikel über die rikanischen Blues durch Bands wie The Animals und
Geschichte des Blues in Deutschland einreichen will, die Rolling Stones war keine lange, wenn man die Zahl
Wasser-Prawda | September 2014
MUSIK
der Jahre betrachtet.
Viele Jahre später, wo durch zahlreiche weitere amerikanische Künstler
auf Tour wie Buddy Whittington
und Robert Cray die Lücke gefüllt
wurde und britische Acts wie Cream,
John Mayalls Bluesbreakers und
Connie Lush bekannt wurden, ist
die Liveszene des Blues noch immer
sehr lebendig. Dennoch ist die
Redewendung „keeping the blues
alive“ sehr gebräuchtlich. Dabei
war der Blues seit seinen Anfängen
lebendig. Nur das Profil der Musik
im Vergleich zu anderen Genres, die
Zahl der Auftrittsorte und auftretenden Bands und paar andere Faktoren
haben sich geändert.
Im Oktober bringt das Royal Albert
Blues Fest sehr viele britische und
internationale Blueskünstler in
die Royal Albert Hall, sowohl auf
die Hauptbühne als auch in kleinere Räume überall im Gebäude.
Das Festival hat eine hohe
Glaubwürdigkeit mit Künstlern
wie Paul Lamb and the Kingsnakes
- Paul hat inzwischen so viele
Preise gewonnen, dass bei ihm der
Regalplatz knapp werden dürfte.
Auch Mud Morganfield kommt
- und man kann es kaum authentischer bekommen als bei diesem
Sohn von Muddy Waters. Aber zu
den Headlinern gehören Level 43,
Elvis Costello und Sheryl Crow. Klar
kann man verstehen, dass die Royal
Albert Hall Künstler braucht, die die
5000 Plätze im Großen Saal füllen.
Aber es ist eine Schande, dass sie
keine bekannten Blueskünstler für
die paar Nachte finden konnten.
Das ist eine der Herausforderungen
für den Blues in der Zukunft. Gary
Clarke Jr. und Joe Bonamassa sind
wahrscheinlich die größten Namen
im Blues zur Zeit. Doch wenn
der Blues lebendig sein soll, dann
müssen diese Künstler eben nicht
33
nur die Royal Albert Hall sondern
auch die Stadien dieser Welt füllen.
Ein Laden hat es letztens richtig
gemacht, und das war Ronnie Scott‘s
Jazz Club in London. Das ist ein
sehr kleiner aber geschichtsträchtiger Ort. Und als Mud Morganfield
dort sein Debütkonzert gab, war der
Club ausverkauft.
BE PROSPEROUS
AND ENJOY YOUR
LIVE MUSIC AND ALL
THAT IS GERMAN!
Links
Blues Fest - www.royalalberthall.
com/tickets/bluesfest.aspx
Mud Morganfield - www.mudmorganfieldblues.com
Ronnie Scott’s - www.ronniescotts.co.uk
Alistair Cooke - www.bbc.co.uk/
programmes/b00f6hbpwww.bbc.
co.uk/programmes/b00f6hbp
Fotos von Benjamin Amure http://www.benjaminamure.com
Wasser-Prawda | September 2014
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INTERVIEW
Wasser-Prawda | September 2014
INTERVIEW
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GIBT ES DEN KEB’
MO‘ STYLE?
FRAGEN AN KEB‘ MO‘, UM SEIN NEUES ALBUM BLUESAMERICANA ZU
VERSTEHEN. TEXT: MARIO BOLLINGER. FOTOS: CHRISTOPHE RASCLE
Wie bereits berichtet, spielte Keb’Mo’
auf dem Stu garter
Jazz Open 2014. Nach
seinem Soundcheck
befragten wir ihn zu
seinem neuen Album
„BluesAmericana“.
JS: Hi, ich bin der Promotor,
herzlich willkommen, Keb’ Mo‘.
(Und an uns gerichtet) Hallo, was
macht‘s Ihr?
WP: Interview für ein Online
Magazin für Blues
Keb’Mo‘, Kevin Moore, Keb‘ oder
wie sonst?
KM: Die Menschen nennen mich
Kevin oder Keb als Abkürzung.
W P: Heute Abend haben wir
mit James Hunter 6 und Sheila
JS: Sauber! Danke, dass Ihre alle E und Dir ein sehr weit gefächerda seid‘s.
tes Angebot. Kennst Du James
KM: Danke, dass ich auf dem Hunter oder Sheila E?
W P: Dürfen wir Dich beim schönen Festival sein darf und Du KM: James Hunter, nein kenne ich
hast coole Schuhe an.
nicht. Was macht er?
Interview fotografieren?
KM: Ihr meint, so mit Internet und
JS LACHT: Zweckmäßig!
WP: Schnelle jazzlastige R&B
Veröffentlichen? Ich fühle mich grad
Sachen.
ein bissel blöd mit der MickeyMouse- Danach führten wir das Interview
fort und knüpften bei Johnny KM: Und was spielt er?
Kappe auf dem Kopf und so?
Winter an.
WP: Er spielt Gitarre und singt.
WP: Wir wollen Dich wie im richKönnen
wir heute Abend ein
tigen Leben zeigen. Schau, wir WP: Hast Du mitbekommen,
Jamming erwarten?
hatten Johnny Winter, Leo Lyons, dass Johnny Winter gestorben ist?
KM: Nein, gejammt habe ich, als ich
die Tedeschi Trucks Band vor KM: Ja, ich habe Johnny Winter
jung war. Ich liebe Jamming, aber
einigen Wochen und wir hatten das erste Mal in den 70ern in einem
heute haben wir praktisch keine
auch The Blues Band und Zakyia Hotel in Hollywood getroffen.
Zeit mehr dazu. Ich würde gerne
Hooker.
WP: Hast Du mit Johnny Winter mit Gitarristen jammen. Einfach
KM lacht: Hattet Ihr mich auch
zusammensitzen und spielen.
gearbeitet?
schon?
KM: Ich habe nur einmal mit ihm
auf dem Crossroads Festival gespielt. WP: So wie auf dem „Crossroads„
WP: Noch nicht!
Bei dem Finale stand ich ganz nah mit Taj Mahal oder Stefan
In diesem Moment betritt der
bei ihm. Am Flughafen haben wir Grossman?
Promoter des Jazz Open, Jürgen
noch ein wenig geredet. Er war sehr, KM:Du hast das gesehen? Das ist es,
Schlensog die Szene und begrüßt
sehr nett, ein ganz ruhiger Mensch. was ich liebe!
Keb’Mo‘ und fragt nach unseren
Aktivitäten:
WP: Wie reden Dich die Leute an? WP: Deine Alben „Keep it simple“
and „Suitcase“ klingen sehr
Wasser-Prawda | September 2014
36
INTERVIEW
ähnlich wie Deine neue Platte und fragten: Was macht der Kerl
„BluesAmericana““.
da? Leute, die mich noch nie gehört
KM: Meinst Du?
haben, mögen enthusiastisch reagiert
haben. Es ist schön, wenn man
W P: Wen n e s f ü r Dic h eine eingeschworene Fangemeinde
Unterschiede gibt, erzähl es uns. hat, aber es schränkt ein. Es ist
KM: Du solltest es mir erzählen. Für schwer, auch für andere Musiker
mich klingt sie eigentlich anders.
wie James Taylor oder Buddy Guy,
WP: Gibt es einen Keb’ Mo’ style? sich zu weit zu entfernen. Ich liebe
KM: Ja, es gibt einen Keb’Mo‘ Style alle meine CDs, ohne dass ich mir
und bei meiner letzten CD habe ich bisher Gedanken gemacht habe,
ihn etwas verlassen und die Leute ob die Leute sie mögen. Wir alle
waren verwirrt. Das ist interes- stellen eine Marke dar. Aber jetzt
sant. Die Leute haben eine gewisse bin ich wieder beim Keb’Mo‘ Stil
Vorstellung, wer Du bist und was - wir sind halt alle nur Menschen.
Du machst. Sie möchten nicht, dass Es gab negative Stimmen, aber auch
Du Dich da zu weit entfernst. Bei Positives zu hören, je nachdem wo
meiner letzten CD, die ich sehr gut man herkommt.
fand, waren die Leute argwöhnisch WP: Was war der Antrieb für
Wasser-Prawda | September 2014
„BluesAmericana“?
KM: „BluesAmericana“ ist einfach
eine Keb’ Mo’ CD, welche die
Wahrheit sagt. Ich habe versucht,
eine bessere Keb’ Mo‘ CD mit Spaß
zu machen. Ich bin wirklich glücklich mit „BluesAmericana“ und es ist
meine beste CD.
WP: Welche Erfahrungen hast
Du, wenn Du in Europa oder
Deutschland spielst?
KM: In Europa zu spielen heißt, eine
andere Einstellung anzutreffen. Die
Leute sehen die Musik anders und
hören hier wirklich zu, sie zeigen Dir
ihre Bewunderung. In USA zeigen
sie Dir das körperlich. Hier spiele ich
auf Musikfestivals, wo die Menschen
zuhören und Dope rauchen. Es
INTERVIEW
erlaubt mir mehr, ich selbst zu sein.
W P: Du bist 1951 geboren
und gehörst damit zu jüngeren
Generation der Blues Musikern.
Wie möchtest Du Deinen Blues im
Vergleich zu den Alten wie Buddy
Guy oder Taj Mahal entwickeln?
KM: Buddy Guy ist ein echter
Chicago Blueser, der vom Mississippi
kommt. Er ist da mit den Typen
aufgewachsen und hat bei all den
Jazzplatten gespielt Ich würde ihn
einen Gentleman nennen, „a real
blues guy“. Taj Mahal ist ein Blueser,
der glaube ich aus Boston kommt.
Seine Eltern stammen aus New York
und Jamaika. Er hat also ein karibisches Erbe. Seine Wurzeln sind zweigeteilt und mit afroamerikanischem
Background. Ich dagegen bin aus
Kalifornien, meine Mutter ist vom
Süden und ich habe, wie Taj Mahal,
eine multikulturelle Erfahrung,
die ich auch ausdrücken möchte.
Ich spielte früher auch karibische Musik, als ich jung war und
habe somit ähnliche Erfahrung
wie Taj Mahal: Karibische Musik,
Blues, afrikanische Musik! Meine
Songschreiberei ist auch durch
Countrymusik beeinflusst, durch
Leute wie Hank Williams. Songs der
letzten 50 Jahre, die aus Nashville
kommen, haben phantastische lyrische Texte. Ich liebe das Schreiben
aus der Countrymusik heraus aber
ich liebe auch den Funk des Jazz
von Duke Ellington und Nat King
37
Cole. Auch die musikalische Seite
der Songs ist mir wichtig, um mich
damit auszudrücken.
WP: Würdest Du Dich als Singer/
Songwriter bezeichnen?
KM: Ja
WP: Mehr Singer/Songwriter als
Bluesmusiker?
KM: Ja
WP: Ich bin auch Gitarrist und
möchte Dich daher etwas über
Deine Gitarren fragen. Welche
Deiner Resonator Gitarren magst
Du am meisten?
KM: Ich habe eine National Reso
Rocket, die ich am liebsten spiele.
Ich habe 2 davon. Dann noch eine
Wasser-Prawda | September 2014
38
INTERVIEW
australische Beltona aus Neuseeland
und eine Republic, die eine preisgünstige chinesische Variante ist. Ich
hatte eine National aus den 90ern,
die ich aber verschenkt habe.
Hersteller von Resogitarren und es sie doch zauberhaft. Eine perfekte
ist auch ein mehr experimentelles Frau könnte so gemein wie eine
Modell, das ich von Dieter Gölsdorf Klapperschlange sein.
bekommen habe.
WP: Du spielst in Europa elf
WP: Was sind die Themen Deiner Konzerte innerhalb von zwei
WP: Vintage oder neue Modelle? Songs?
Wochen. Bleibt da Zeit, um sich
KM: Neuere Modelle.
KM: Sie kommen von überall, das was anzuschauen?
Leben ist chaotisch.
KM: Prag war schön. Ich war das
WP: Welche hast Du auf dem
erste Mal in Prag – Mann, die hat
WP: Wenn Du Songs wie „France“ schöne Beine! Vielleicht gehe ich in
Crossroad Festival gespielt?
KM: Da habe ich glaube ich die oder „ Shave yo‘ leg“ singt, über Deutschland mal in einen Biergarten
wen singst Du da?
Reso Rocket verwendet.
oder gehe auf das Oktoberfest.
KM lacht laut: … über jeden
WP: Welche Pickups benutzt Du? Menschen auf der Welt. Weißt Du, WP: Da bist Du zu früh hier.
KM: Ich benutze Highlander PU. Frauen (in dem Moment läuft eine Vielleicht kommst im Herbst
Die sind am besten am Cone. Die Frau am Tisch vorbei: „Hallo, wie zurück?
klingen auch auf der Mahagonie geht es Dir“) machen Sachen für KB: Ja, das sollte ich vielleicht
Reso gut. Heute Abend benutze ich andere Frauen, sie ziehen sich nicht machen!
erstmalig eine Düsenberg. Ich habe für uns Männer an. Es geht darum,
sie schon 3 Jahre und es braucht eine Frauen so zu nehmen, wie sie sind. WP: Wie kam es, dass Du in 2
Zeit, bis Gitarren ihren Platz bei mir Selbst wenn sie nicht perfekt, sind Filmen mitgespielt hast?
KM: Ich glaube, die haben mich
finden. Düsenberg ist kein üblicher
Wasser-Prawda | September 2014
INTERVIEW
angerufen, weil sie einen wie mich großes Stück Kunst. Wenn man
gebraucht haben.
jung stirbt, stirbt man berühmt. Otis
Redding starb früh, Jimi Hendrix
WP: Möchtest Du einen neuen auch.
Film machen, wenn man Dich
WP: Ja, aber Robert Johnson war
wieder anruft?
KM: Hm, vielleicht eine tragende zu der Zeit nicht berühmt? Er
Rolle in einen Actionfilm mit Halle wurde erst später entdeckt!
Berry (und lacht). Nein, eigentlich KM: Immerhin hat er 5000 Platten
nicht, weil das nicht mein Fokus ist. verkauft.
Und ich glaube, ich bin nicht Halle
WP: Aber sein Revival war erst
Berrys Typ.
in den 60er Jahren als die Songs
WP: Denkst Du, dass alles über wieder aufgelegt wurden.
Robert Johnson gesagt worden ist KM. Ja, vor allem die britischen
oder gibt es noch Geheimnisse?
Musiker haben ihn wieder entdeckt.
KM: Das ist vieles Mysteriöses um
Robert Johnson. Ich sprach viel mit WP: Die Stones haben ihn aber
Robert Lockwood Jr. in Memphis. nicht mal als Autor auf ihren
Ich saß mit ihm am Tisch und er Schallplatten erwähnt.
war ein wenig angefressen über das, KM: Ich würde da nicht mal den
was um Robert Johnson herum Stones einen Vorwurf machen. Das
gesponnen wurde. Er kannte Robert ist mehr den Produzenten oder
Johnson und er sagte, es gab keine Plattenfirmen anzukreiden. Das ist
Crossroadserlebnis und es gab Business.
keinen Teufel usw. Er war der beste WP: Letzter Punkt für heute – 3
Sänger, den wir kannten.
Namen 3 Statements. Wer ist Taj
WP: Ist es wahr, dass er anfäng- Mahal für Dich?
KM: Taj Mahal ist der Oberbruder,
lich ein lausiger Gitarrist war?
KM: Das was offensichtlich wahr. der Stammesführer des Blues.
Sun House hat das so bestätigt. Wenn wir ein großer Stamm
Er saß damals zusammen mit Sun wären, dann wäre er der Häuptling
House und Willie Brown. Sun mit dem großen Federschmuck des
House war damals ein guter Sänger Blueshäuptlings, dann würden wir
in sein Zelt wegen seinem uralten
und Gitarrist.
Material und wegen seiner Weisheit
WP: Weißt Du, ob das 3. Bild von kommen. Er hat den kulturellen
Robert Johnson existiert?
Background dazu. Wir kommen alle
KM: Wenn interessiert‘s? Das aus von afrikanischen Stämmen ab.
sind nur Sammlerstücke, wo die Wir haben nach wie vor die Jäger,
Leute ihre Finger drauf haben. Krieger und Handwerker in unseren
Da kann man vielleicht ein paar Genen, auch wenn ich selbst noch
Hundertausend Dollars bei einer nie in Afrika war. Wir gehören alle
Versteigerung bekommen. Es ist, als zu einem Stamm und er ist der Chef
wenn man einen Picasso besitzt – ein des Stammes.
39
WP: Robert Johnson?
KM: Der Mann der Rätsel, er brachte
das Geheimnis in den Blues. Er war
ein Batman, ein mysteriöser Mann.
WP: Maria Muldaur?
KM: Wow, wow – ich habe sie in
den 70ern getroffen. Eine ganz liebe
Frau, sehr hübsch, sie war wie ein
junger Popstar. Sie ist verlockend
unerreichbare Frau und sie ist mittlerweile noch mehr „Frau“ geworden.
Keb‘ Mo‘ bat mich kurz das
Aufnahmegerät auszuschalten, um mir
offline seine Begeisterung für Maria
Muldaur darzulegen. Sie ist umwerfend und hat die Zeit gut überstanden.
WP: Wie kam es, dass Du mit Ihr
Musik gemacht hast?
KM: Sie hat mal eine wichtige Platte
namens „Midnight at the Oasis“
gemacht. Die Leute meinten, dass
diese Platte ein bisschen kitschig
war, aber da ist eines der besten
Gitarrensolos drauf. Der Gitarrist
hieß damals Garrett.
WP: Wie bereitest Du Dich vor,
wenn Du Shows wie Crossroads
spielst?
KM: Alles ist ziemlich festgelegt, es
gibt einen Plan, alles ist festgelegt. Es
ist überhaupt nicht spontan.
W P: Vielen Dank für das
Interview und viel Spaß bei der
Show.
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MUSIK
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M
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MUSIK
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TEIL 4: DER WEG ZU
BLUES BROTHERS 2000
VON DARREN WEALE
DIE BLUES BROTHERS BEGANNEN
ALS RIESENHIT BEI DER
AMERIKANISCHEN TVͳSHOW
„SATURDAY NIGHT LIVE“. BALD
WURDEN SIE AUCH MIT IHREN
KONZERTEN ZUM SMASH HIT.
DANN GING ES ERST RICHTIG LOS.
DER ERSTE BLUES BROTHERS FILM,
HEUTE EIN OFT GESPIELTER UND
VIELGELIEBTER KULTKLASSIKER
MACHTE SICH NICHT GUT AN
DEN KINOKASSEN. ABER DIE
BLUES BROTHERS BLIEBEN SEHR
BELIEBT. NACH DEM ERSTEN FILM
GING DIE TRUPPE AUF TOUR.
Die Road To Ruin Tour führte die Band durch die
Vereinigten Staaten. Üblicherweise hatten sie dabei eine
sehr gute Zeit. Gewisse geistige Getränke nahm man zu
sich. Vielleicht die einzige Ausnahme war Matt „Guitar“
Murphy, der die Erfahrung schätzte und sich entsprechend verhielt. „Schon allein in dieser Ära zu sein, an
diesem Platz zu diesem Zeitpunkt, darum ging es mir.
Ich hab nicht getrunken, geraucht oder Drogen genommen. Alles was ich machen wollte, war zu überleben und
Musik zu spielen. Und ich hab es genossen.“
Murphy Dunne erinnert sich an einen Moment unmittelbar nach der Tour: „Nach der letzten Show im
Universal begegnete ich Jack Nicholson. Wir waren alle
in einem Bereich hinter der Bühne, und ich ging auf ihn
zu , und erinnerte Jack, wo wir uns getroffen hatten,
und an unsere gemeinsamen Freunde. Ich erwähnte,
welch eine Inspiration seine Arbeit für mich war. Jack
schüttelte meine Hand und sagte: Nun, Murph, ich
danke Dir, dass Du Dir die Zeit genommen hast, mir
das zu erzählen. Das war ganz klar ein Höhepunkt in
meinem Leben.“
„Es gab eine große Party danach in einer sehr großen Villa.
Michael McKeon war da, meine alten Bandkollegen von
den Squigtones, Bette Midler, und Stevie Nicks, die eine
alte Freundin ist. Es war eine der wenigen HollywoodPartys, wo ich mich wohl gefühlt habe. Viel Lachen,
keine Ego-Trips und ein Zusammensein mit vielen
Freunden.“
Die Blues Brothers hörten nach der Tour nicht auf, auch
wenn bald das Schicksal zuschlug. Unerwartet starb
John Belushi am 5. März 1982. Er war das Opfer einer
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MUSIK
Steve “The Cornel” Cropper und “Blue” Lou Marini auf der Bühne mit The
Alain Hiot)
Drogenüberdosis. Blue Lou Marini sechsmaliger Weltmeister. Ich hatte
ist einer von den Menschen mit Sharif beim Boodle‘s Tournier in
besonderen Erinnerungen an den New York ein paar Monate früher
Mann, der auch Joliet Jake Blues spielen sehen. Wir stellten und vor
war.
und
„Belushi war ein geborener Sportler
und gleichzeitig ein Sänger. Als
Sänger hatte er ein großartiges Gefühl für Rhythmus. Und
er konnte Geschichten erzählen.
Als Sportler war er stark und sehr
wendig. Wir spielten in Denver, als
Steve Jordan und ich im hoteleigenen Fitnessstudio Sharif Khan,
dem Weltmeister im SquashRackets begegneten. Sharifs Vater
Hashim, wohnhaft in England, war
Wir waren in Denver und Steve
Jordan spielen und ich lief in Sharif
Khan, der Weltmeister SquashRackets-Spieler, in der hoteleigenen Fitnessstudio. Sharif Vater
Hashim war sechs Mal Weltmeister
in England. Ich hatte gesehen, Sharif
spielen in Person an der Boodle
Turnier in New York vor ein paar
Monaten. Wir stellten uns vor, und
er sagte, er und einige von seiner
Familie würden zum Konzert in
Wasser-Prawda | September 2014
Original Blues Brothers Band. (Foto
Red Rock in der nächsten Nacht
kommen. Wir luden ihn nach backstage ein. Und weil ich Handball-und
Squashspieler war, fragte er mich,
ob ich eine Trainingsstunde haben
wolle. Yeah! Beim Konzert stellte er
mir seinen Bruder Mohamed, die
Cousin Aziz Gul und Schwester
Yasmin vor. Belushi warf einen
Blick auf sie und meinte: Sieht wie
eine verdammte Terrorgruppe aus!
Und Sharif fragte John, ob er auch
eine Lektion haben wolle. So hatten
wir beide am nächsten Morgen eine
Trainingsstunde mit Sharif. Danach
meinte Sharif zu mir: Der Typ ist
ein Naturtalent! Dann sahen wir,
MUSIK
wie Vater und Sohn ein Drei-SatzSpiel gegeneinander machten. Jeder
gewann einen Satz. Und beim
dritten ging es bis zum Tie-Break,
den Hashim gewann. Ein unglaubliches Spiel!“
Curtis Salgado, Johns Freund und
Bluesmuse - etwas worauf er bis
heute stolz ist - hat eine andere
Geschichte zu erzählen: „Ich war auf
Tour mit der Robert Cray Band in
einem Kleinbus mit einer Schiebetür
hinten. Wir schliefen nicht in Hotels,
weil wir uns keines leisten konnten.
Es war in Santa Cruz, Kalifornien.
Wir schliefen in der Wohnung von
Fans auf dem Boden. Das ist Teil
des Showbusiness. Wir waren in
Strandnähe in den Häusern von zwei
Frauen. Ich pennte ein, Gesicht nach
unten, im Van für das Equipment in
meinem dreiteiligen Anzug nach der
After-Show-Party.
Es gab ein Hämmern an der Wand.
Robert Cray weckte mich auf: John
Belushi ist am Telefon.
Ich geh zur Vordertür: John, wie hast
Du mich gefunden?
John knurrte: Ich hab meine Wege.
Wir waren auf Tour im Haus von
Fans. Keiner hatte eine Ahnung. Ich
weiß noch immer nicht, wie er das
gemacht hat.“
Murphy Dunne erinnert sich: „John
sagte immer: I can‘t sing, but I can
Soul the Blues. Wir hatten beide bei
Second City gearbeitet. Hast Du
davon schon was gehört? So traf ich
John. Ich war die Zweitbesetzung
für Peter Boyle. Wir kamen gut
miteinander aus, wir mochten
beide Joe Cocker. Ich kam ziemlich häufig nach Los Angeles, um
43
John zu besuchen. Und so hingen
wir gemeinsam ab. Er war ein wunderbarer Typ. Wenn Du ihn zum
Lachen brachtest, wollte er in Deiner
Nähe sein.“
kommen rein und schon bald waren
da dreißig und mehr reingekommen. Wir trennten uns. Das war ein
Fenster zum Druck der Berühmtheit.
Jeder liebte John, und es gab nicht
die übliche Zurückhaltung der
Johns Wittwe Judith überlegt: Menschen bei ihm, weil sie ihn so
„John wäre warscheinlich sehr sehr liebten.“
stolz darauf, was mit den Blues
Brothers geschehen ist. Er war Steve Jordan hatte eine ähnliche
schon stolz darauf, damit begonnen Erfahrung: „Ich ging mit John ins
zu haben. Andauernd großartige Kino, um Animal House zu sehen
Rückmeldungen zu bekommen, all und saß neben ihm. Wir saßen
die Geschichten, die mir Menschen hinten gemeinsam mit dem inzwierzählen, das berührt mein Herz. Es schen verstorbenen Gitarristen
kann Spaß sein oder auch Frust. Und Hiram Bullock. Zum Schluss hatten
es ist wie ein Bumerang.“ Und sie alle mitbekommen, dass John im
fügt hinzu: „John war ein Mensch, Kino war und wir mussten raus
der sich schnell irgendwo zu Hause rennen, genauso wie die Beatles
fühlte. Er setzte sich auf eine Couch, oder so. Es war ein sehr surreales
und ehe man sich versah, tat man Erlebnis.“
Dinge für ihn. Er war so ein Typ,
der schnell fragte: Hast Du was Matt Murphy hat seine eigene
dagegen, wenn ich schaue, was in Meinung: „John Belushi war total
Deinem Kühlschrank ist? Er zögerte fertig. Er war ein wenig heißköpfig
nicht lange, ganz er selbst zu sein.“ aber trotzdem ein guter Kerl, der dir
sein letztes Hemd gegeben hätte.“
John Belushi stand zu der Zeit
unter der Art von Druck, die für Nach einer Pause traten die Blues
die berühmtesten Menschen reser- Brothers wieder auf und fügten
viert ist. Steve Cropper war sich weitere hochklassige Musiker zur
dessen sehr bewusst. „John war ein Tourband hinzu. Blue Lou erläutoller Kerl, er hielt seine Versprechen. tert es: „1987 kam ein italienischer
Er war einer, der mit anderen teilte Promoter zu Matt [Murphy] und mir
und auch geben konnte. Jeder wusste und wir verbrachten einen Monat in
nach Saturday Night Live, wer er Europa, wo wir auch beim Festival
war. Er konnte nirgendwo hinge- in Montreux spielten.“ Offiziell
reformierte sich die Band 1988 für
hen, ohne angehalten zu werden.“
eine Welt-Tour. Und seither sind sie
Blue Lou stimmt zu: „Der Druck immer mal wieder als The Original
unter dem er stand! Wir gingen Blues Brothers Band unterwegs.
zum Tower Records Store in LA um
ein Uhr morgens. Als wir dorthin Blue Lou liebt sein Leben mit den
kamen, waren dort nur vier oder Original Blues Brothers. „Das ist
fünf Leute drin, das Personal ein- mir äußerst wichtig, dieser Status
geschlossen. Mehr und mehr Leute als Kultband. Seit 1987 touren wir:
Wasser-Prawda | September 2014
44
MUSIK
John Belushi
Japan, Europa, Italien, Spanien,
Indien, Thailand, Afrika. Steely Dan
und andere haben nicht überall dort
gespielt, wo wir waren. Wir können
vor einem Publikum mit dreißigtausend Leuten spielen und dann
auch wieder vor 250 in einem Club
in einer Kleinstadt. Bürgermeister
von Städten laden uns zu Dinners
in Rathäusern ein und schenken uns
regionalen Wein, Käse oder andere
Produkte. Wir finden Freunde in
aller Welt, wir haben Kathedralen
gesehen, Parks und Galerien. Und
noch immer geht es weiter… the
band is smokin! Viele junge Musiker
kommen und erzählen uns, dass Dan draußen mit seinem Vater war.
sie durch unsere Filme zur Musik Er öffnete die Tür und da gab es ein
gekommen sind.“
lautes Geflüster: Überraschung!“
Steve Cropper stimmt zu: „Ich
nehme mir immer Zeit für die Blues
Brothers Band. Wir haben dabei
immer Spaß. Inzwischen arbeiten wir
25 Jahre mit der Band. Als wir mal
eine Show bei einer Geburtstagsparty
spielten, schauten Lou und ich uns
an und sagten: Das ist einfach ein
Riesenspaß, das müssen wir weitermachen! Die Party war für Dans
vierzigsten Geburtstag, seine Frau
Donna hatte es prima organisiert,
uns herein zu schmuggeln, während
Wasser-Prawda | September 2014
Blue Lous Kommentar: „Ich bin
mir ziemlich sicher, dass diese Party
vor dem Zeitpunkt war, als wir
wieder zu touren begannen, das
muss also 86 oder 87 gewesen sein.
Vielleicht war es also nicht sein 40.
Geburtstag. Aber es war ganz sicher
der Katalysator für den Neustart.
Und ich weiß, dass die erste Tour
damals fünf oder sechs Konzerte
im Spätwinter oder Frühlich 1987
in Italien umfasste.“
MUSIK
45
The Original Blues Brothers Band (Foto: Alain Hiot)
Natürlich ging auch das „normale“
Leben für die Bandmitglieder
weiter. Murphy Dunne erzählt
ein paar Sachen aus der Zeit: „Ich
konzentrierte mich mehr auf die
Schauspielerei, komponierte aber
auch etwas für ein Ballett auf der
Grundlage des „Kleinen Prinzen“.
Die Blues Brothers sah ich eher bei
öffentlichen Anlässen … Duck und
Blue immer auch dann, wenn sie mal
in der Stadt waren. (Diese Woche
etwa werde ich Blue gemeinsam mit
James Taylor sehen.) Duck traf ich
auch, als er mit Crosby Stills Nash
& Young unterwegs war. Ich machte
kleinere musikalische Projekte mit
Waddy Wachtel und Van Dyke
Parks. Ich führte Regie bei einem
kurzen Stück namens „The Lawyer“
und machte eine One Man Show
unter dem Titel „Nevertheless“ im
The Globe in LA. Und dann gab es
auch noch eine Menge Zeugs, die
nichts mit den Blues Brothers zu tun
haben. So bin ich etwa in den USA
Sprecher für Huyndai. Ich wurde
Vater, und meine Tochter Veronica
gehört zur Stammbesetzung einer
neuen Disney-Serie mit dem Titel
„K.C. Undercover“.
Gerade als die Band ohne John
und Dan, der meistens mit anderen
Projekten beschäftigt war, wieder
auf Tour ging, dachte man über
den nächsten Meilenstein in der
Geschichte der Blues Brothers nach.
Das war der zweite Film, gedreht
1998 und betitelt Blues Brothers
2000. Die Dreharbeiten begannen
nach einer Verzögerung, weswegen
Steve Croppers Haare viel länger
lang bleiben mussten. Steve erinnert sich: „Nach Film eins schnitt
ich Haare und Bart ab und war
seither glattrasiert. Dann kommt
Dan Aykroyd vorbei und sagt: Wir
werden einen zweiten Film machen.
Sofort begann ich, mir Haare und
Bart wieder wachsen zu lassen. Nach
sieben Jahren hatte ich sie immer
noch lang! Ich weiß nicht, was den
Film aufhielt. Ich musste mir einen
Pferdeschwanz machen, um die
Haare zurück zu halten. Ich kam
aufs Set mit den Haaren zurückgebunden zum Pferdeschwanz und
Regisseur Landis konnte es nicht
sehen. Er meinte: Wo sind Deine
Haare? Du hast mir fast einen
Herzinfarkt beschert! Ich sagte: Wo?
Hier hinten. Und ich zeigte es ihm.
Dann meinte er: Wenn Du magst,
kannst Du auch glatzköpfig gehen!
Ich behielt den Pferdeschwanz und
den Bart, schließlich hatte ich die
Haare für den zweiten Film wachsen
lassen.“
Wasser-Prawda | September 2014
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A L B U M D E S M O N AT S
J P SOAR S - F U L L MO O N
NIGHT I N M E M P H I S
ALBUM DES MONATS SEPTEMBER 2014
JP Soars‘ drittes Studioalbum „Full Moon Night In
Memphis“ ist eines der erfreulichsten Alben, die ich in
diesem Jahr gehört habe. Jeder Track ist einfach eine
Freude, der mit verschiedenen Bluesstilen Soars fantastisches Gitarren-Können zeigt. Begleitet von einer exzellenten Gruppe von Musikern und Sängern spielt Soars
eine Vielzahl von Gitarren und singt. Seine Stimme
erinnert ein wenig an Ian Siegal, genau so rau wie nötig,
immer interessant. Er ist ein intelligenter und geschickter Gitarrist, aber er ist dabei immer unterhaltend,
bezaubernd und amüsant, also das ganze Gegenteil von
nur technisch herausragend.
Soars hat den Albert King Award für den
Vielversprechendsten Gitarristen gewonnen. Und
auf diesem Album kann man sehen warum, so wie er
ohne Anstrengung und voller Geschmack uns seine
Fähigkeiten auf elektrischen und akustischen, auf
Resonator, Cigar Box und Lap Steel Gitarren vorführt.
Die Songs sind alle grandios, bis auf zwei stammen sie
alle von Soars. In „Makes No Sense“, das einfach cool
daherkommt, tritt Soars‘ Sensibilität für den Jazz in
den Vordergrund mit einer wirklich coolen Gitarre.
„Mean Old World“ ist ein Song von T-Bone Walker, in
dem Soars dem großen Mann Respekt zollt mit einem
Gitarrenspiel im Stil von Walker. „Savin‘ All My Lovin“
ist klassischer Chicago Blues. Und „Reefer Man“ nimmt
uns 50 oder 60 Jahre zurück in die Vergangenheit mit
Saxophon, Trompete und Background Chor - ein großer
Spaß, bei dem die Zehen mitwippen. Bei „Viper“ hören
wir einige herrliche Klarinettentöne von Scott Ankrom.
Es ist ein altmodischer Bluessong in Moll für verrauchte
Bluesclubs und hat Anklänge an Gypsy Jazz drin, der
auch zu Soars‘ Repertoire gehört - superb! „The Road
Has Got Me Down“ ist eine altmodische CountryNummer, ein Duett mit Teresa James, bei dem Soars
Wasser-Prawda | September 2014
auf der Lap Steel Gitarre spielt und Brandon Santini
eine tolle Harmonika beisteuert. Wir bekommen sogar
ein wenig Latin-Sound im Intrumental „Lil‘ Mamacita“
vorgesetzt, um die Mischung komplett zu machen: Hier
mit schnell und wild gespielter spanischer Gitarre. Ich
mag besonders das hart dahinziehende „Somethin‘ Ain‘t
Right“, wo Soars zu glühender Bluesrockgitarre die
Krankheiten der Welt besingt: Heimatlosigkeit, Armut,
die amerikanische Innenpolitik - alle werden hier in den
Blick genommen. “There’s got to be a better way, we
can’t keep lookin’ the other way”, singt er. Wir müssen
„ein wenig mehr geben, und weniger nehmen.“ Genau
ins Schwarze getroffen, JP!
Das ist ein Album der allerhöchsten Güte - und es ist
eines, dass ich immer und immer wieder hören werde.
Tu Dir einen Gefallen und besorg Dir JETZT ein
Exemplar!
Gary Burnett
P L AT T E N
47
REZENSIO NEN A BIS Z
A
Annie Ross - To Lady With Love 44
Vanguard Jazz Orchestra OverTime: Music of Bob Brookmeyer
51
C
Chase Walker Band - Unleashed 44
E
Eric Clapton & Friends - The Breeze:
An Appreciation of JJ Cale 45
J
Jack J Hutchinson Band - Get It
Back 46
Johnny Winter - Step Back 46
K
Kaz Hawkins - Get Ready 47
M
Mud Morganfield & Kim Wilson - For
Pops (A Tribute to Muddy Waters)
48
R
Red Dirt Skinners - Live In Aberdeen
50
Robert Plant - Lullaby and… The
Ceaseless Roar 49
Roy Roberts - Strange Love 49
T
The Vanguard Jazz Orchestra OverTime: Music of Bob Brookmeyer
44
Timo Gross - It‘s All About Love 50
Tom Gaebel - So Good To Be Me 51
V
Wasser-Prawda | September 2014
48
P L AT T E N
durch volle Arrangements zu verstellen: Die spartanischen aber
gleichzeitig großartigen Gitarren
von Vater und Sohn Pizzarelli
scheinen sie gerade zu betonen.
Herausgekommen ist eines der eindrücklichsten Gesangsalben im Jazz
zur Zeit. Und das ganz unabhängig vom Alter der Sängerin oder des
Sängers.
Nathan Nörgel
Annie Ross - To Lady With
Love
Berühmt wurde sie als Mitglied des
Trios Lambert Hendricks & Ross.
Doch von dem artistisch herausragenden vokalen Bebob ist Annie
Ross heute weit entfernt. Ihr neues
Studioalbum ist eine Hommage
einer altgewordenen Sängerin an
Billie Holiday. Begleitet wird sich
von den Gitarren von Bucky und
John Pizzarelli.
Die letzten Alben von Johnny Cash
waren eine fast brutale Darstellung
eines alten Sängers in aller
Brüchigkeit. Und Billie Holidays
„Lady in Satin“ hat - trotz verheerender Kritiken zur Entstehungszeit
einen ähnlichen Status. Schon seltsam, sich gerade letzteres Album
als Inspiration für einen Tribut an
Lady Day zu wählen. Doch letztlich
ist das, was die über achtzigjährige
Ross hier aufgenommen hat, nicht
viel anders als die Aufnahmen ihrer
Kollegin am Ende ihres Lebens: Die
Stimme ist reduziert im Umfang,
fast nur noch eine Sprechstimme.
Doch sie ist voller Emotionen und
Leidenschaft, voller Kraft jenseits
der ehemaligen Brillanz. Und wo
manch einer der Versuchung nachgegeben hätte, die Brüchigkeit
Chase Walker Band Unleashed
Teeniestars gab und gibt es
immer wieder unabhängig von
Genregrenzen. Die Kritik pendelt
dann immer zwischen „The Next
Big Thing“ und „Manche Musik
braucht einfach ein bestimmtes
Alter, bevor man sie wirklich spielen kann.“ Auch bei der Chase
Walker Band aus Kalifornien
kann man Argumente für beide
Betrachtungsweisen finden.
Man nehme: Drei Freunde, die verrückt genug sind, nach Erledigung
der Hausaufgaben sich mit Blues
zu beschäftigen und Eltern, die
sich ganz darauf einlassen, ihre
Sprösslinge in diesem unzeitgemäßen Streben zu unterstüt-
Wasser-Prawda | September 2014
zen. Chase Walker ist ähnlich wie
andere hochgelobte Jungspunde
im Blues ein technisch versierter
Gitarrist, der eine Menge Zeit in
das Studium der Klassiker zwischen
Stevie Ray Vaughn, der verschiedenen Kings und Bluesrockern wie
Joe Bonamassa investiert hat. Und
auch seine Freunde Randon Davitt
(bg, voc) und Matt Fyke (dr, voc)
haben ihrer Lektionen gelernt. Und
sie haben einen Vorteil gegenüber
altgedienten Heroen: Sie haben
jede Menge Unbekümmertheit und
Energie. Die springen einem schon
beim Opener „Coming Clean“ entgegen. Man merkt: Hier sind einfach drei Jugendliche am Werke,
die eine Menge Spaß dran haben,
den Blues zu spielen. Auch andere
Stücke zeichnet das aus, etwa die
Single „Good Day for the Blues“,
wo sich Walker und Davitt das
Gesangsmikrofon teilen. Nur dass
man hier doch erkennt, dass hier
mehr das Erlernte als das selbst
Erlebte und Erfühlte aus den Boxen
dringt.
Für ein Debüt äußerst bemerkensund lobenswert: Die Chase Walker
Band hat mit Walker und Davitt
gleich zwei Songwriter. Und so
finden sich auf „Unleashed“ nicht
nur Coverversionen sondern auch
eigene Geschichten. Für „Too Many
Days Ago“ hat Walker sogar schon
einen Preis gewonnen. Und auch
„Buffalo Bayou“ von Davitt oder
Walkers Instrumentals wie „DIY“
machen neugierig darauf, wie sich
diese Band in den nächsten Jahren
noch entwickeln wird.
„Unleashed“ ist ein bemerkenswertes
Debüt, dessen Schwächen niemals
P L AT T E N
wirklich den Spaß beim Hören verhindern. Walker und seine Freunde
machen deutlich, dass mit ihnen in
den nächsten Jahren zu rechnen ist.
Nathan Nörgel
zu schaffen bis hin zur Blende am
Schluss und bremst sich selbst unnötig aus. Viel besser ist das, was Tom
Petty aus „Rock and Roll Records“
macht oder gar die Intensität, die
Willie Nelson in „Starbound“ packt.
Hier sind eigene Interpretationen,
Würdigungen eines großartigen
Songwriters zu hören. Auch Mark
Knopflers typische Strat setzt bei
„Train To Nowhere“ Akzente, die
im Ohr bleiben.
Clapton selbst bleibt als Gitarrist
hier zu häufig einfach blass, scheint
wie damals auf der Bühne hinter Cale zu rätseln, wie man denn
die Songs wirklich spielen kann.
So ist „The Breeze“ für mich ein
zwiespältiges Album geworden:
Eric Clapton & Friends - The
Großartige Songs, teilweise hinreiBreeze: An Apprecia on of JJ
ßende Beiträge von Freunden und
Cale
Seit dem Ende von Cream und ein blässlicher Star.
Nathan Nörgel
Blind Faith gehört die Musik von
JJ Cale zu den großen Konstanten
des Sounds von Eric Clapton. Mit
„The Breeze“ und einer Menge von
Freunden setzt er dem verstorbenen
Freund ein Denkmal.
In dem Film „To Tulsa and back“,
einem Porträt von JJ Cale, gibt es
einen bezeichnenden Moment. JJ
Cale steht auf der Bühne und spielt
einen seiner Hits. Und Eric Clapton
versucht minutenlang, den richtigen
Groove und die richtige Tonart zu
finden. So wie Cale klingt eben nur
Cale. Seinen entspannten Sound Half Deaf Clatch - The Blues
kann eigentlich niemand kopie- Con nuum
ren. Man kann sich ihm nur annä- Das ist das eines wirklich guten
hern oder man versucht statt des- Slide-Gitarrenspielers aus England,
sen, die Songs ganz auf eigene Weise ein wundervolles Album, das viel
zu interpretieren. Auf „The Breeze“ zu leicht übersehen werden kann.
findet man beides: Clapton ver- Das wäre aber ein tragischer Fehler,
sucht bei „Cajun Moon“ eine Kopie weil diese CD von großer Qualität
49
ist und eine weite Verbreitung und
große Aufmerksamkeit verdient,
Half Deaf Clatch, ein Finalist bei den
British Blues Awards 2014, schrieb
die meisten Songs hier zusammen
mit Red Burley. Die wirkt auch
als Background-Sängerin mit. Das
Album bekommt mittlerweile eine
Menge Airplay bei Bluessendungen
im Vereinigten Königreich, seit vor
ein paar Wochen Promokopien verschickt wurden.
Zwar gibt es im Mix klare Anklänge
an Son House, aber das Album nicht
nur ein weiteres von denen, auf
denen diese alte Musik nur wiederholt wird - es ist weit davon entfernt. Nein, es ist ein fein gestaltetes Werk, das die musikalischen
Traditionen neu erfindet. Vom fesselnden, klirrenden Slide-Spiel des
ersten Songs „Bury My Bones“ bis
zum Ende zehn Lieder später bietet
„The Blues Continuum“ den idealen Showcase für Half Deaf Clatch‘s
rauhe Stimme, sein Spiel voller Soul
und die starken Fähigkeiten als
Songschreiber.
Dies ist eines von den viel zu seltenen
Dingen: Ein einfach hervorragendes
und knisterndes Stück Originalität
. Mit den Wurzeln fest im tiefen
Süden, aber produziert in England
bringt „The Blues Continuum“
einen Hauch von neuem Blues
mit neuen Songs zu einem breiteren Publikum. Track fünf mit dem
Titel „Good Thing“ sagt eigentlich
alles und macht klar, was wir hier
erwarten können. Eine eindeutige
Empfehlung! (Redpromotions)
Iain Patience
Wasser-Prawda | September 2014
50
P L AT T E N
Jack J Hutchinson Band - Get
It Back
Erstens: Dies ist eher eine EP als
eine voll aufgeblasene (oder überüberblasene) CD. Und ein großer
Teil seiner deutlich erkennbaren
Stärke liegt genau darin. Es wäre
sehr einfach für Hutchinson gewesen, hier noch Füllmaterial hinzu zu
fügen, vielleicht ein paar Cover oder
was auch immer, um ein standardisiertes Album mit zehn oder zwölf
Tracks zu bekommen. Statt dessen,
und das kann man ihm zu Gute halten, hat er sich für sein Debüt auf
sechs Stücke beschränkt. Alles sind
gute, selbstgeschriebene Nummern.
Vom Opener „Wake Up“ bis zum
Ende mit „Hey Hey Hey“ ist das
ein Album, das wirklich rockt, mit
ein paar Änderungen von Tempo
und Gangart und einer gefühlvollen Musikalität überall. „Get
It Back“ ist ein tolles Werk, meist
angeführt von Hutchinsons feiner
Gitarre und seinem heißen Gesang.
Hutchinson selbst meint, es sei ein
Album, das laut gehört werden
sollte und müsste. Und zweifellos
hat er mit diesem Vorschlag Recht.
Dreh es lauf auf und lass es krachen!
Du wirst es nicht bereuen!
typischer Winter-Manier durch
Iain Patience „Can‘t Hold Out (Talk To Me
Baby)“. Das ist wieder der klassische Texas-Blues Winters mit
feinen Slide-Einlagen von allen
drei Gitarristen. Auch beim
Zusammenspiel mit Clapton bei
„Don‘t Want No Woman“ herrschen
die rauhen und rockigen Töne vor und beide haben gehörig Spaß dabei
gehabt, sich die Ideen zuzuspielen.
Mit Joe Bonamassa wird ein feiner Slow-Blues zelebriert, der dank
Bläsern wie Blue Lou Marini und
Tom Bones Malone noch das gewissen Extra erhält. Billy Gibbons, Joe
Johnny Winter - Step Back
Perry, Leslie West passen eher in die
Nachdem „Roots“ für meine Ohren
rockige Komfortzone Winters und
nicht das erwartete großartige
sorgen für unterhaltsame Nummern
Album war, war ich ein wenig skepohne allerdings zu sehr zu überratisch, als er eine Fortsetzung dieses
schen. Das gelingt Winter eher ohne
Konzepts der Rückschau durch die
Gästeschar, wenn er mit seiner letzBluesgeschichte mit musikalischen
ten Tourband eine entspannt grooFreunden ankündigte. Doch „Step
vende Fassung von „Killing Floor“
Back“ ist wirklich ein wundervolles
spielt oder ohne Handbremse
Abschiedswerk von Johnny Winter
durch „Who Do You Love“ jagt.
geworden. Als Gäste hatte er unter
Wundervoll und gar nicht alltäganderem Eric Clapton, Ben Harper,
lich ist das entspannte Grooven mit
Billy Gibbons (ZZ Top), Dr. John,
Dr. John bei „Blue Monday“ oder
Joe Bonamassa und Brian Setzer
der fetzige „Okie Dokie Stomp“ mit
geladen.
Brian Setzer und wiederum großDer Start lässt schon mal aufhorchen:
artig aufgelegten Bläsern der Blues
Ist Johnny Winter auf seine alten
Brothers.
Tage noch zu Joe Cocker mutiert?
„Step Back“ ist ein sehr gutes
Jedenfalls klingt seine Version von
Album, das den Blues in seiner gan„Unchain My Heart“ vorangetriezen Bandbreite voller Spielfreude
ben von der Horn-Section der Blues
zelebriert. Schöner kann man
Brothers verdächtig nach Cocker.
Johnny Winter kaum in Erinnerung
Aber genau so einen unerwarteten
behalten!
Beginn braucht „Step Back“, um
Raimund Nitzsche
sofort die Aufmerksamkeit zu fesseln. Winter singt hier voller Kraft
und lässt keine Müdigkeit erkennen.
Gemeinsam mit Ben Harper und
Paul Nelson rockt er sich dann in
Wasser-Prawda | September 2014
P L AT T E N
Kaz Hawkins - Get Ready
Kaz Hawkins’ neues Album ist inspirierend, ehrlich warum, voller
Energie und einer ansteckenden
Leidenschaft. Hier werden Blues
und Gospel angerichtet mit einem
Klacks Soud und R&B und serviert
von einer exzellenten Band mit einer
wirklich bemerkenswerten Sängerin.
Kaz meint, sie höre Etta James, Sarah
Vaughan, Big Mama Thornton
und Janis Joplin - und man kann
Anklänge an all diese großartigen
Sängerinnen hören. Aber natürlich
ist die Stimme von Kaz Hawkins
ganz ihre eigene: kraftvoll, emotional, kratzig, leidenschaftlich, bluesig. Und ihre Musik kommt aus
einem tiefen Quell persönlicher
Erfahrungen, von Versuchen und
Hoffnung für die Zukunft.
Der erste Song „Hallelujah Happy
People“ ist optimistisch, reizt dazu,
mit den Zehen mitzuwippen, es
steckt einen an und setzt den Ton
für das ganze Album. „I Saw A
Man“ wird von einem unaufhörlichen Drumbeat, der allein beginnt
und dann von Akkorden von Klavier
und Gitarre begleitet wird. Es ist
die berührende Geschichte eines
Mannes ohne Heim, der normalerweise bezahlt wurde, um zu spielen,
der schon alles gesehen hat, der aber
jetzt nur noch Straßenmusik machen
kann und von den Passanten ignoriert wird.
„Believe With Me“ ist eine Art säkulares Spiritual - Kaz schaut zurück
zu „dunkleren Tagen, einsamen
Tagen“, wo sie entdeckte, dass es nur
einen Weg gibt, man selbst zu sein sich zu behaupten. Sie lernte dabei,
eine Saat „tief in meine Seele“ zu
säen. Und die nennt man Glauben.
Da gibt es keinen Raum dafür, sich
in Selbstmitleit zu suhlen - „reiß
dich zusammen“, singt sie, „du
musst Verwantwortung für Dich
übernehmen“ und einfach glauben,
gemeinsam mit ihr.
Bei „Shake The Flavour“ wird es
bluesiger und rockinger. Und das
Lied gibt Raum für Kaz‘s kraftvolle
Bluesstimme: kratzig und rauh an
genau den richtigen Stellen. Der
Titelsong „Get Ready“ folgt und
nimmt das Tempo ein wenig heraus.
Hawkins Stimme ist hier voller Soul
und voller Emotionen. Einmal mehr
gibt es die Botschaft von der persönlichen Verantwortung: „There‘s
no coming back, think about your
choices - stand up straight.“ Und
wenn Du das kannst: „Get ready for
peace and love.“
Bei „Can‘t Afford Me“ klingt die
Stimme ein wenig trotzig und selbstbewusst. „You‘re a waste of space,
you can‘t afford me … You say you
love me, start paying your dues.“
Can’t Afford Me gives voice to a nice
piece of defiant self-esteem: “You’re
a waste of space, you can’t afford
me…You say you love me, start pay-
51
ing your dues.” Und auch „Walking
On My Own“ beginnt ähnlich: „I
was a fool to love you… I’m walkin’
on my own, without you.”
„Drink with the Devil“ erinnert an
alte Bluessongs, ohne jemals traditionell zu klingen. Es ist ein ernüchternder Blick auf die Sinnlosigkeit
des Trinkens: „Till you lose control, till you’re out of control, till
you can’t see no more.”
Das ist eine hervorragende
Sammlung von Liedern: gut
arrangiert, voller Ehrlichkeit und
Dringlichkeit und mit einer äußerst
optimistischen Stimmung. Das
Album ist eine Feier des Lebens
und seiner Möglichkeiten. Der
Herausgeber des „Classic Rock
Blues Magazine“ meinte, er sei von
dem Album „blown away“. Und
ich denke, das könnte auch auf Sie
zutreffen.
Gary Burnett
Luke Nicholson - Mad Love
Sommerlicher Pop mit einem prägnanten Piano: Der Kanadier Luke
Nicholson hat für „Mad Love“ neun
Lieder über die Zeit ab der Hochzeit
geschrieben.
Ok, die Verweise hat er sich
Wasser-Prawda | September 2014
52
P L AT T E N
verdient: Immer wieder wird
Nicholson mit Ben Folds verglichen. Auch Verweise auf Elton John
oder Billy Joel kann man zeitweise
nachvollziehen. Denn es ist einfach die Kombination von hemmlungslos schönen Popmelodien mit
dem Klavier, die diesen Musikern
gemeinsam ist. Und Nicholson hat
genau wie Folds es drauf, über Liebe
und Gefühle zu singen, um in den
Kitsch abzugleiten. Klar ist „Mad
Love“ so eingängig und radiotauglich wie nur denkbar. Aber die Songs
des mit 33 Minuten sehr kurzen
Albums hätten einen Einsatz in
diversen Radiosendern mehr als verdient. So geht perfekte Popmusik!
Nathan Nörgel
Mud Morganfield & Kim
Wilson - For Pops (A Tribute to
Muddy Waters)
Mir ist es ziemlich egal, ob Muddy
Waters in 1914 oder 1915 geboren
wurde. Wichtig ist, daß er, neben
seiner Karriere als einer der größten Bluesmusiker aller Zeiten, genügend Freiraum fand, seinen ältesten Sohn Larry Mud Morganfield
zu zeugen. Mud ist vor einigen
Jahren als Bluessänger angetreten
und legt seitdem eine atemberau-
bende Karriere vor. Es ist bekannt,
daß er seinen Vater als großes
Vorbild sieht. Neben der äußerlichen Ähnlichkeit sind auch beider
Stimmen sehr ähnlich. Zu Muddy’s
hundertstem Geburtstag hat Mud
am 19. August das Album „For Pops
(A Tribute to Muddy Waters)“ vorgelegt. Der Titel sagt, worum es ihm
geht. Der Sohn setzt seinem Vater
ein Denkmal.
Das tut er nicht allein. David Earl,
Chef von Severn Records, hat ihm
mit Kim Wilson (harmonica), Billy
Flynn (guit.), Rusty Zinn (guit.),
Barrelhouse Chuck (piano), Steve
Gomes (bass) und Robb Stupka
(drums) Musiker zur Seite gestellt,
die auf einer Skala von eins bis zehn
wohl die Spitze erreichen.
Kim Wilson hat besonderen Anteil
am Schaffen der einzigartigen
Stimmung des Albums – seine einfühlsames, teils unterstützendes teils
treibendes Harmonikaspiel könnte
wohl besser nicht sein. Zu Recht
werden Mud Morganfield und Kim
Wilson gemeinsam als Headliner
des Albums genannt.
Das Album wurde in vier Tagen
eingespielt. Ganz bewußt verzichtete man darauf, ein Best of
Muddy Waters Album zu produzieren. Mud und Kim haben ihre
persönlichen Favoriten aus Muddy’s
Werk herausgesucht. Neben sieben
Kompositionen von Muddy Waters
werden die restlichen Willie Dixon
zugeschrieben.
Es tut gut, dass sowohl „Mannish
Boy“ als auch „Hoochie Coochie
Man“ nicht vertreten sind. Neben
„I just want to make love to you“,
„I love the life I live“, „Trouble no
Wasser-Prawda | September 2014
more“, „19 years old“ finden wir als
Opener „Gone to Main Street“.
Mud Morganfield ist das Kunststück
gelungen, ein Tribute Album zu
schaffen, daß Muddy’s Werk nicht
nachsteht. Trotz aller Ähnlichkeiten
mit seinem Vater, zeigt er, dass er
Muddy’s Vermächtnis in unsere
Zeit transferiert und als eigenständiger Musiker nicht im Schatten des
Altmeisters steht.
Für Liebhaber des klassischen zeitlosen Blues bester Qualität ist das
Album ein absolutes Muß. Für alle
anderen die Möglichkeit, die große
Zeit des Chicago Blues hautnah
und lebendig zu erleben. (Severn
Records)
Bernd Kreikmann
Red Dirt Skinners - Live In
Aberdeen
Für Genre-Polizisten sind die Red
Dirt Skinners eine Anfechtung: Ist
das Blues, ist das Country oder Folk?
Klare Antwort: Alles zusammen in
einem überzeugenden Sound. Und
Sarah und Rob Skinner sind noch
dazu großartige Songwriter. Bei dem
2014 in Aberdeen mitgeschnittenen Konzert kann man ihre eigenen
Songs ebenso hören, wie Cover von
Bluesklassikern oder David Bowie.
P L AT T E N
Der Anfang ist vielversprechend
und mitreißend: Auf Songs wie
„Up All Night“, „Cornbread Peas
and Black Molasses“ oder auch
„Girl In A Truck“ war ich vorbereitet. Das sind Stücke zwischen
Blues, Folkpop und Country. Tolle
Songs, mirteißend dargeboten.
Doch plötzlich erwische ich mich
beim Grübeln: Wie verirrt sich
Bowies Major Tom in diese Gefilde?
Aber seltsame Überraschung: Diese
Version von „Space Oddity“ funktioniert! So kann man mit der
reduzierten Duo-Besetzung dennoch einen fast orchestralen
Popsong machen. Gleich hinterher
wird ein Countrysong wie „From
Shrevenport To New Orleans“ durch
das Sopransaxophon in Regionen
zwischen Klezmer und Jazz entführt. Wenn die Red Dirt Skinners
live immer so von überschäumender
Spielfreude und Leidenschaft getrieben sind, dann darf man auf die erste
Deutschland-Tour gespannt sein,
die zur Zeit in der Planung ist! „Live
in Aberdeen“ ist jedenfalls ein tolles Album geworden. Vorausgesetzt
natürlich, man ist nicht Beamter der
Bluespolizei.
Nathan Nörgel
53
neues Soloalbum wirder eigene
Songs geschrieben. Und die ergeben in der Gesamtheit einen psychedelischen Rausch jenseits sämtlicher Genregrenzen. Faszinierend!
Raimund Nitzsche
Robert Plant - Lullaby and…
The Ceaseless Roar
Bluesrock trifft auf keltischen
Folk und afrikanische Rhythmen.
Hinzu kommen elektronische
Einsprengsel. Zusammengehalten
wird das hauptsächlich von Robert
Plants intensiver Stimme: „Lullaby
and the ceaceless roar“ hat weniger mit Led Zeppelin zu tun als mit
Plants unablässiger Suche nach der
perfekten Musik an den diversen
Crossroads dieser Welt.
Dies ist kein Album mit dem überwältigenden Hitsong! Das ist eine
Scheibe, die einen statt dessen auf
eine Reise mitnehmen kann, wenn
man bereit ist, sich von seinen vorgefassten Meinungen über Blues
und Rock zu verabschieden und
sich durch eine schier überwältigende Vielfalt von Ideen mitreißen
zu lassen. Während Jimmy Page
sich zur Zeit mehr mit der Pflege
des Erbes von Led Zeppelin beschäftigt, ist Robert Plant noch immer
bereit, sich musikalisch immer weiter zu entwickeln. Hatte er in den
letzten Jahren vor allem durch aufregende Coverversionen auf sich aufmerksam gemacht, hat er für sein
Roy Roberts - Strange Love
Roy Roberts ist einer von diesen
Oldtimern, ein Typ, der die meiste
Zeit seines über siebzigjährigen
Lebens in der Musikszene der amerikanischen Ostküste aktiv war. In der
Zeit ist er immer unter dem Radar
geblieben, war etwa Sideman oder
Gitarrist bei vielen einflussreichen
Giganten der populären Musik der
USA. Das ist ein Musiker, der in
den 60ern ein Soulmate von Otis
Redding war, er zog umher mit
Solomon Burke und Eddie Floyd,
arbeitete mit Stevie Wonder (als der
noch „Little Stevie“ war) und vielen
anderen der Soul-Musik-Dynastie,
während er seinen eigenen Sound
entwickelte, der jetzt exzellent auf
diesem Album mit seinen zehn
Songs zu entdecken ist.
„Stange Love“ hat diesen kompletten Stax-Sound: volle Bläser, knackiges Gitarrenspiel, nahtlos zusammengebracht mit soulful-rockigem
Gesang. Roberts schrieb alle Songs
Wasser-Prawda | September 2014
54
P L AT T E N
hier. Und das ist ein Tribut an seine
Fähigkeiten und sein zweifelsohne
großes Talent. Mit „Strange Love“
zeigt Roy Roberts, dass er noch
immer fest im tiefen Süden verwurzelt ist. Aber er hat sich selbst befreit
von den Schatten seiner lang verstorbenen und viel erfolgreicheren
musikalischen Kumpels. Eine ganz
klare Empfehlung!
Iain Patience
Der Geist eines Hippies versetzt
ins 21. Jahrhundert? Nein, ganz
sicher nicht. Hier geht es nicht
ums Händchenhalten oder um
Blumenwiesen. Die Lieder von
Gross sind rauh und kantig. es
geht um harte Zeiten ebenso wie
um den Spaß, um Wunden, die
die Liebe schlägt und um Heilung.
Dazu kommt die oft rauhe Gitarre
von Gross und eine eingespielte
Band (Dominik Rivinus - dr,
Manuel Bastian - g, org und Maritz
Grenzmann - b).
Heraus kommt ein Album, dass sich
nicht wirklich um Genregrenzen
kümmert: Mal ist es Bluesrock,
mal erinnert es an den relaxten Stil
von JJ Cale, mal an zeitgemäßen
Countryrock. Timo Gross mag zwar
vom Blues herkommen. Aber hier
hat er Songs eingespielt, die oft weit
über die reine Lehre der Heiligen
Zwölf Takte hinaus gehen. Und das
ist auch gut so. „It‘s all about Love“
Timo Gross - It‘s All About
ist ein Album, dass Gross als einLove
Das Vorgängeralbum „Landmarks“ prägsamen Gitarristen ebenso wie
war so etwas wie eine musikalische als einen der besten Songwriter zwiAutobiografie mit Bearbeitungen schen Blues und Rock präsentiert.
fremder Hits. Auf seinem neuen (in-akustik)
Raimund Nitzsche
Album „It‘s All About Love“ erzählt
Songwriter/Gitarrist Timo Gross
wieder ganz eigene Geschichten.
Und ob es sich bei den Songs um
dreckig zupackenden Bluesrock
oder um zurückhaltende Americana
geht: Die Liebe ist das Thema, was
alles zusammenhält.
Letzlich geht es immer um die
Liebe,meint Gross im Booklet zu
seinem neuen Album. Sämtliche
Probleme haben nährer oder weniger nah mit dem Fehlen derselben
zu tun. Eine blauäugige Haltung?
Wasser-Prawda | September 2014
Tom Gaebel - So Good To Be
Me
Swingender Pop geradewegs für die
Showbühnen von Las Vegas? Tom
Gaebel würde mit den Songs seines
neuen Albums „So Good To Be Me“
dort sicherlich ebenso hinpassen wie
in die große Samstagabendshow für
die ganze Familie.
Angefangen hat Tom Gaebel vor
Jahren mit den Songs von Frank
Sinatra. Und dieser Musik ist er
eigentlich bis heute treu geblieben. Klar gibt es auch Anklänge
an den Rest des Rat Packs oder
auch an die alten Zeiten von Tom
Jones: Das hier ist Swing ganz im
Stile der 60er, Musik voller Eleganz
und Coolness. Und vor allem:
durchaus eigenständig und in keiner Minute peinlich oder gewollt.
Die Stimme passt, die Begleitung
des großen Orchesters und auch
die Backgroundsängerinnen. Hier
kann man dahinschmelzen und einfach gute Laune haben. „So Good
To Be Me“ ist ein mitreißendes
Swingalbum aus deutschen Landen.
Und ihm fehlt jede Peinlichkeit, die
für mich die Songs von Leuten wie
Roger Cicero zuweilen auszeichnet.
Nathan Nörgel
P L AT T E N
55
bereits ihre fünfte Veröffentlichung „XYZ“ leben von diesen sich schnell
entwickelnden musikalischen Ideen,
ist. (Segue Records)
Nathan Nörgel die von dem ganzen Orchester verfolgt werden. „OverTime“ ist ein
Denkmal für einen großartigen
Komponisten und Arrangeur und
gleichzeitig ein mehr als hörenswertes Dokument des zeitgenössischen
Bigband-Jazz.
Raimund Nitzsche
Vaneese Thomas - Blues For
My Father
Musikalische Familienbande können sich unterschiedlich auswirken.
Wo ein Sänger wie Mud Morganfield
bei seinem aktuellen Album sich
damit beschäftigt, die Songs seines
Vaters in die heutige Zeit zu transportieren, da setzt Vaneese Thomas
ihrem Vater Rufus ein Denkmal mit
einem Album voller eigener Songs
zwischen Blues und Soul.
Vom Country-Blues des Openers
„Southern Central Blues“ über das
funkige „Wrap Your Arms Around“
me mit voller Soulröhre bis hin
zum Swamprock von „The Old
Man Down The Road“ und dem
akustischen „Blue Ridge Blues“:
Hier ist eine Sängerin zu entdecken, die auch als Songwriterin
faszinierend ist. Vaneese Thomas
macht hier nicht auf ewig tanzenden Teenager wie Vater Rufus sondern erinnert eher ein wenig an die
ältere Schwester Carla, die man hier
auch im Background hören kann.
„Blues For My Father Is“ ein überzeugendes Album geworden. Damit
könnte sich sicherlich auch außerhalb von Memphis bekannter
werden. Denn man hört an der
Vielseitigkeit und Routine, dass das
Vanguard Jazz Orchestra OverTime: Music of Bob
Brookmeyer
Am Anfang standen Trompeter
Thad Jones und Schlagzeuger Mel
Lewis. Doch mindestens ebensoviel hat das langlebige Vanguard
Jazz Orchestra dem Posaunisten Bob
Brookmeyer zu verdanken, der lange
Jahre für die Arrangements zuständig war. 2008 wollte er nach Jahren
in Europa wieder gemeinsam mit
der Bigband aufnehmen. Doch vor
der Fertigstellung starb Brookmeyer
2011. Auf OverTime finden sich so
neue Kompositionen Brookmeyers
neben Neubearbeitungen alter
Arrangements.
„ Su i t e Fo r T h r e e “ r ü c k t
Altsaxophonist Dick Oatts,
Trompeter Scott Wendholt und
Tenorsaxophonist Rich Perry ins
Zentrum der drei Sätze. At The
Corner Of Ralph And Gary“ macht
klar, warum das Orchester seit
Jahrzehnten zu den besten großen
Klangkörpern gehört: hier improvisiert das gesamte Orchester im
Wechsel mit Solisten. Auch die
Neuaufnahmen von „Skylark“ oder
Wasser-Prawda | September 2014
56
BÜCHER
MEH R AL S H O U N D D O G
UN D B AL L & CH A I N
MICHAEL SPÖRKE: BIG MAMA THORNTON. THE LIFE AND MUSIC
Die Geschichte des Blues
ist von Anfang an auch
die Geschichte der Frauen
im Blues. Auch auch als
der Blues in den Städten
elektrifiziert wurde,
waren Frauen dabei.
Big Mama Thornton
(1926-1984) setzt als
Sängerin nicht nur die
Tradi on von Bessie
Smith fort. Ähnlich wie
Muddy Waters prägte
ihre S mme ebenso wie
Wasser-Prawda | September 2014
ihre Bluesharp den Blues
der 50er Jahre. Michael
Spörke hat 2014 die erste
Biografie Thorntons
veröffentlicht. Eine
Rezension von Raimund
Nitzsche.
BÜCHER
Es ist schon tragisch, wie die öffentliche Wahrnehmung das Werk
vieler Künstler verkürzen kann.
Big Mama Thornton etwa wird oft
nur auf zwei Songs reduziert, die
noch dazu in anderen Versionen
wesentlich erfolgreicher waren: Mit
der Originalversion von „Hound
Dog“ lieferte sie Elvis Presley eine
Steilvorlage. Bald war vergessen, dass
sie mit der Komposition von Leiber
& Stoller 1953 sieben Wochen lang
auf Platz eins der R&B Charts stand.
Und „Ball & Chain“ wurde durch
Janis Joplin zu einem Meilenstein
der Hippiemusik Kaliforniens.
Janis Joplin aber hatte ganz anders
als Elvis immer die Schöpferin des
Songs gewürdigt und ihr in den
späten 60ern damit ganz andere
Zuhörergruppen gesichert. So konnte
die Sängerin auch nach Abflauen der
Blueswelle in den USA und neben
den diversen Bluesfestivals in aller
Welt aktiv bleiben.
Dass bis 2014 allerdings noch
keine Biografie der wegweisenden
Sängerin vorhanden war, macht
deutlich, wie schnell sie nach ihrem
Tode nur noch ein Name für Fans
und Fachleute war. Hier hat der
deutsche Politikwissenschaftler und
Musikautor Michael Spörke jetzt
Abhilfe geschaffen. Seine im amerikanischen Verlag McFarland veröffentlichte Biografie „Big Mama
Thornton. The Life and Music“
fußt auf ausführlichen Interviews,
die er mit Freunden und Kollegen
der Sängerin führte ebenso wie auf
der Auswertung von Artikeln und
Plattentexten, die zu ihren Lebzeiten
veröffentlicht worden waren.
Gerade aus den Interviews entsteht
in dem Buch ein buntes Bild der
Künstlerin, das sich in vielerlei Hinsicht von den vorgefassten
Meinungen über sie unterscheidet. Öffentlich wurde sie immer als
harte und schwierige Person geschildert, die irgendwann nur noch unter
Alkoholeinfluss auftreten konnte.
So wird etwa ihre Masche, auf der
Bühne Mitglieder ihrer jeweiligen
Band lautstark zu kritisieren, wird
als Teil ihrer von Humor geprägten
Performance erkennbar.
Spannend ist für mich vor allem
auch die Schilderung von Thorntons
Wirken innerhalb der Hippiekreise
Kaliforniens, wo sie nicht nur mit
Janis Joplin, sondern auch bei
Konzerten von Grateful Dead und
anderen Stars der Tage auftrat.
Dieses Kapitel ihres Lebens war
mir bislang noch unbekannt - im
Gegensatz zur Karriere in den 50ern
und ihren Auftritten in Europa bei
den American Folk Blues Festivals.
Allein schon wegen der verarbeiteten Fakten ist das ein Buch, das eine
Menge Leser verdient hat. Natürlich
hat diese Biografie auch Schwächen.
Doch liegen diese für mich im oft
sehr trockenen Stil Spörkes. Er stellt
oftmals die verschiedenen Daten
unkommentiert in einen chronologischen Zusammenhang und enthält
sich im Wesentlichen einer Wertung
oder Einordnung. Da hätte man
sich als Bluesfan doch eine etwas
lebendigere und leidenschaftlichere
Schreibe gewünscht. Aber das ist
vielleicht nur mein Eindruck. Was
für mich allerdings absolut unverständlich ist, warum das Buch lediglich in einer englischen Fassung
in einem amerikanischen Verlag
57
erschienen ist. Gibt es hierzulande
so wenig Interesse an Themen der
Popmusikgeschichte, dass eine
Veröffentlichung sich nicht lohnen
würde? Spörkes erstes Musikbuch,
eine Biografie der Band Big Brother
& The Holding Company war 2003
noch auf Deutsch erschienen.
Michael Spörke: Big Mama
Thornton. The Life and Music
McFarland & Co. 2014
188 Seiten (Softcover)
ISBN: 978-0786477593
Euro 26,10
Ebook (Kindle): 13,91 Euro
Wasser-Prawda | September 2014
58
SPRACHRAUM
s tellp l a t z p r o b l e m e
JÜRGEN LANDT
ich hörte schon das signal. wollte nach links vom
NORMA-parkplatz auf die straße fahren, sah weiter
rechts die blaublinkende feuerwehr in meine richtung
über die kreuzug jagen und dachte: vor dem teil mußt
du noch schnell die 150 meter bis zur einbahnstraße vor
deinem wohnblock kommen. „du schaffst das!“ feuerte
meine neben mir sitzende frau mich an.
und ich schaffte es. doch vor dem wohnblock, direkt vor
unserer haustür, stand bereits eine fahrzeugkolonne aus
rettungswagen, notarztauto, polizei und schon einem
feuerwehrauto. „scheiße, direkt vor unserer haustür. wie
soll ich denn da jetzt einparken?“ fragte ich meine frau.
„du schaffst das schon.“ antwortete sie mir.
tatsächlich, trotz der fahrzeuge manövrierte ich mich ein
paar mal vor, zurück, vor, zurück auf unseren bezahlten
stellplatz. „da haben die leute hier wieder schön was zu
gucken.“ sagte ich zu meiner frau.
und im wohnblock gegenüber lehnten sie auch schon
aus den fenstern, einige hatten kissen auf die fensterbretter gelegt, um es sich bequem zu machen, einige
standen auf ihren balkonen, manche stützten sich auf
der brüstung ab, andere standen wie wache haltend mit
verschränkten armen vor der brust.
„das bier lassen wir jetzt mal im auto und das wasser
auch.“
„ich glaub, die gehen im aufgang nebenan rein, nee, jetzt
kommen sie wieder zurück, gehen in unseren aufgang.
oh, da stehen aber schon viele.“ hörte ich meine frau.
ich schnappte mir kraftlos die einkaufstüten, und wir
schlängelten uns an einem mit der polizei gestikulierenden, als notarzt gekennzeichneten mann vorbei durch
die haustür.
„hallo.“ sagte ich, bekam aber keine antwort. verständlich bei dem streß den die haben, da haben die auch
keinen bock mehr, mich abzugrüßen. wer weiß, wen’s
hier erwischt hat. ich dachte an den über uns wohnenden
Wasser-Prawda | September 2014
nachbarn und an eine junge blondine unterm dach, daß
sie vielleicht durchgedreht sei.
wir gingen zwei treppensteigen empor, als wir auf die
dritte bogen, schlug uns staub wie auf einer baustelle
entgegen, und es sah vor unserer tür zwischen all den
uniformierten menschen aus, als hätte eine bombe eingeschlagen. feuer in unserer wohnung? wie denn? hatte ich
vorhin vor dem verlassen der wohnung, vor dem michzum-einkauf-verschleppen durch meine frau, gedankenlos in meinem psychisch weggetretenen zustand einen
kippen einfach auf den teppich geworfen?
„das ist aber schön, so viel besuch heute.“ hörte ich
meine frau zwischen all den leuten und dem staub sagen.
„was ist denn hier los?“ fragte ich beladen und mit unter
dem arm geklemmten toilettenpapierrollen.
„sind sie herr landt?“
ja, klar, bin ich. wieso, was ist los hier?“
ich schaute in unsere aufgelochte, türlose wohnung und
sah die wohnungstür platt zwischen herausgebrochenem mauerwerk und türrahmensplittern im korridor
liegen, tapetenfetzen ringsum, abgerissene fernsprechund klingelanlage, die auf dem korridor aufgereihten
schuhe unter der tür und all dem dreck verschwunden…
„lassen sie mich mal durch, ich muß pinkeln.“
„sie sind jürgen landt?“
„ja, was ist denn? lassen sie mich jetzt mal durch, ich
muß pinkeln.“ wiederholte ich und balancierte auf
der wippenden tür zwischen all dem mauerschutt und
staub in richtung klo, ließ die schweren einkaufstüten
fallen und machte, daß ich vors klobecken kam, doch
es tropfte mir schon etwas in die hose. ich hörte stimmengewirr zwischen meinem restlichen strahl, ließ die
immernoch zwischen achselhöhle und linken oberarm
eingeklemmte zehnerpackung klorollen fallen und taumelte aus dem bad heraus durch den staubigen flur ins
menschenvollgestellte wohnzimmer.
SPRACHRAUM
„sie haben angerufen, daß sie sich umbringen wollen.“
schlug es mir entgegen.
„ich? ich hab doch nicht angerufen. ich doch nicht. ich
hab nicht angerufen. cornelia, ich hab doch nicht angerufen. stimmt doch, cornelia, ich hab doch gar nicht
angerufen.“
„die rettungsleitstelle hat unsere dienstelle angerufen
und gesagt, daß sie dort angerufen haben, weil sie sich
umbringen wollen.“ sagte der mann der polizei zu mir.
„gar nicht wahr! ich hab da nicht angerufen. ich habe
die schwester in der ambulanz der odebrecht-stiftung
angerufen. ich habe zu ihr gesagt, daß ich heute einen
termin beim oberarzt habe, daß ich mich aber so kraftlos fühle, mich so kraftlos fühle, daß ich den heutigen termin bei ihm nicht wahrnehmen kann, und daß
sie bitte dem arzt bescheid sagen soll, daß ich heute
nicht zum termin kommen kann, sie solle es ihm sagen,
damit er mich nicht, in anführungszeichen, vermissen
tut, also in anführungszeichen vermißt. und sie hat
ist gut gesagt, und dann hat sie aufgelegt. und ich saß
hier komplett kraftlos mit dem hörer in der hand und
hab geheult, und meine frau wollte brot holen gehen,
hatte sich schon geld gegriffen, ist dann aber so nach
gut einer oder dreiviertel stunde zu mir gekommen und
hat mich gefragt, ob wir das nicht lieber gemeinsam
machen wollen. und ich hab ja gesagt, und hab mich
dann mit ihr zusammen hier rausgeschleppt. war doch
so, oder nicht, cornelia, du hast mich doch irgendwie
motiviert, mich hier in meinem zustand rausentführt,
ich hab doch nichts weiter gesagt, als daß ich keine kraft
habe, den termin heute wahrzunehmen, stimmt doch,
oder nicht, cornelia?“
„das stimmt, so hat es mein mann am telefon gesagt.
ich war ja hier, ich hab’s ja mit angehört.“ sagte sie dem
beamten der polizei.
der notarzt vernahm mich. schrieb ein protokoll über
die ereignisse, sagte, „ich konnte nicht auf die feuerwehr warten, die zeit verstrich zusehends, und wenn sie
schon gehangen hätten, wäre es zu spät gewesen, noch
auf die feuerwehr zu warten, also hab ich veranlaßt, die
tür gewaltsam zu öffnen, wir konnten nicht auf das türschloßöffnen der feuerwehr warten.“
ich wußte wo der sessel stand und ließ mich ohne rückzublicken in das teil fallen und rauchte eine nach der
59
anderen, bückte mich nach jeder zigarette etwas nach
vorne und ließ die kippen in dem seitlich auf dem
teppich stehenden trinkglas mit wasser verzischen und
wartete ab. mir gegenüber machte es sich ein polizist mit
einer seiner dicken arschbacken auf einer kleinen freien
ecke unserer kommode bequem. seine knarre baumelte
nur etwa einen meter vor mir, und kurz verspürte ich
den impuls aufzuspringen und ihm die pistole abzunehmen, war aber bereits sekunden später in einer empfindung, die mich in mir hören ließ: gut, daß du das nicht
getan hast!, und der notarzt schrieb eine volle stunde
lang einen bericht, legte die seiten auf unserem teppich
aus und lichtete sie noch einmal mit seinem handy ab.
zwischendurch schauten ständig irgendwelche gesichter
ins zimmer und verschwanden wieder, gesichter von einsatzleuten und noch mehr einsatzleuten in leuchtfarbenen westen und einfarbigen uniformen.
„wir waren vor der feuerwehr da, ich mußte so handeln.“
erklärte der notarzt noch einmal, „man kann einen hängenden nicht länger als fünfzehn minuten hängen lassen,
dann kriegt man ihn nicht mehr zurück.“
„wieso? ich war doch noch ’ne stunde hier, bevor wir los
sind.“ leierte ich hervor. „wär doch eh zu spät gewesen.“
„stimmt, was er sagt. ich kann bestätigen, was der doktor
sagt.“ bestätigte der bulle auf dem kommodenecksitz.
„der notarzt hat schon mit den füßen getrampelt und
ständig auf die uhr geschaut. ich muß rein, hat er gesagt,
wir können nicht länger auf die feuerwehr warten, damit
die das schloß aufbohren, und da hab ich das abgenickt
und dann haben wir die tür eingetreten.“ er zeigte auf
seinen kollegen. „aber ich kenn sie irgendwoher, wir
beide hatten doch schon mal das vergnügen, ihr gesicht
kommt mir bekannt vor.“
„wie lange bist du denn schon dabei?“ fragte ich ihn.
„über dreißig jahre.“ antwortete er mir.
„na, dann kann das vielleicht hinhauen. kann sein, daß
wir uns schon mal begegnet sind.“ sagte ich und steckte
mir eine nächste zigarette an.
„jetzt mal einen moment nicht rauchen.“ unterbrach
mich der notarzt. „sagen sie mir erstmal, ob sie suizidale gedanken haben. wir haben im keller nach ihnen
gesucht, unterm bett und im schrank. sind sie suizidal?
wollen sie sich umbringen? was haben sie für gedanken, suizidale?“
Wasser-Prawda | September 2014
60
SPRACHRAUM
„ja, hab ich immer wieder. ist doch klar in so einer
langen und anhaltenden erkrankung, so einer pausenlosen depression.“
„haben sie schon mal versucht, sich umzubringen?“
„nein.“
„hatten sie schon mal einen selbstmordversuch?“
„nein, hab ich doch eben gesagt.“
„noch nie?“
„nein.“
„und sich auch noch nie selbstverletzt?“
„nein.“
der polizeibeamte schaltete sich ein: „das machen sie
auch nicht. das leben ist viel zu schön. und dann haben
sie noch so eine hübsche frau.“, er scannte mit seinen
blicken meine frau ab.
„ja, kann man gar nicht machen, das leben ist viel zu
schön.“ bestätigte ich ihm.
„ja, das leben ist viel zu schön.“, wandte er seinen blick
von meiner frau ab und fügte hinzu: „und wer sich
umbringen will, ruft vorher auch nicht an. ich hab gleich
gesehen, als ich hier reinkam, daß alles so aufgeräumt
ist. und dann haben sie noch solch eine schöne frau.“ er
klebte wieder mit seinen augen an meiner frau.
„wir haben auch gleich noch in den schrank geguckt und
unter die betten und im keller nachgeschaut. wohnen
sie auch hier?“ fragte der notarzt meine frau.
„ja.“ sagte sie.
„ja klar, wohnt sie hier.“ schmiß ich meinen kippen ins
trinkglas.
„wie lange haben sie das schon, die krankheit?“ fragte
der polizist.
„fünf jahre.“ antwortete ich.
„einfach so gekommen?“ fragte er nach.
„einfach so gekommen.“ sagte ich und steckte mir, den
kopf hängen lassend, eine weitere zigarette an.
„gut, daß du dich nicht aufgeregt hast, sonst hätten die
dich noch mitgenommen, und ich hätte in die klinik
zur geschlossenen station gemußt, um dich zu besuchen,
und wer weiß, ob die mich da überhaupt so ohne weiteres zu dir reingelassen hätten, oder die hätten mich auch
noch mitgenommen und in einer zelle bei der polizei
verwahrt.“ sagte meine frau immernoch aufgeregt zu
mir, nachdem die nun eingangstürlose wohnung von all
Wasser-Prawda | September 2014
den buntuniformierten rettungskräften entvölkert war.
ich hatte die ganze zeit einfach nur dagesessen und
geraucht, ab und an war ich ein paar meter zwischen
den leuten auf und ab gelaufen, hatte mir ein neues glas
wasser für die kippen geholt, weil ich das alte einfach
übersah, irgendwie nicht mehr fand. auf die idee mir
stattdessen einen aschenbecher zu holen, kam ich nicht.
ich konnte mich nichteinmal aufregen, es ging in
meinem zustand nicht. die depression lähmte mich
zusehends, so, als wenn ich mit einer lähmenden flüssigkeit aufgespritzt worden wäre, die sich von minute
zu minute mehr in mir ausbreitete. dann ging es wieder
halbwegs einen augenblick, bis eine neue imaginäre
injektion mich lähmend heimsuchte, im hirn, im körper,
überall. in mir hätte sich nicht einmal eine reaktion
breitgemacht, wenn ein aufgeschlitzter mensch bei mir
im wohnzimmer gelegen hätte. ich kannte das. es war
genauso, als wenn ich mir in dieser mich schon so lange
heimsuchden depression eine möse anschauen würde,
libidokabel gekappt, butter wie margarine, möse wie
radiergummi, ich konnte nichts mehr damit anfangen,
weder radieren noch reagieren. verdammt, ich saß da,
die bude war wieder leer, aber mir war immernoch so, als
wenn vereinzelt leute durch die bude huschten, mich hin
und wieder verharrend anstierten, keiner wollte mehr
wirklich etwas von mir, aber dennoch waren sie da. sie
waren da, die alten gedankenspiralen drehten sich in
meinem kopf, bohrend und zwingend, spiralten sich
drehend, schlängelten sich durch mein hirn hindurch
wie durch die löcher eines fleischwolfes gezwängt, genudelte hirnbandwürmer, spiralschlängelnde schlangen im
hirnfleischwolf, um mich dann wie immer, die immer
gleichen unverrückbaren feststellungen treffen zu lassen,
mich denkend wortlos sagen zu lassen, daß, in welchem
augenblick oder welcher situation auch immer, kein
unterschied bestehen würde, ob eine möse ein- oder ausgepackt vor mir war. ich empfand nur butter oder margarine, margarine wie butter, wenn ich auf eine möse
schaute, wußte zwar, daß margarine nicht dasselbe war
wie butter, konnte aber keinen unterschied empfinden. warum ließ mir das gerade jetzt keine ruhe, ich
hatte doch ständig noch unzählige andere zwangsgedanken, warum machten mir gerade diese jetzt auch noch
zusätzlich so zu schaffen? was für eine bescheuerte und
SPRACHRAUM
widerliche, mich um mein leben betrügende erkrankung.
was hatte es mich am frühen nachmittag kraft gekostet, bei der sprechstundenhilfe in der ambulanz anzurufen, um mich beim arzt abzumelden. die arme waren
nicht zu bewegen gewesen, ich hatte zusammengefallen dagesessen, in tiefster erschöpfung und unter quälenster depressionssymptomatik vor mich hin gejammert und in einem heulenden sprechgesang zu meiner
frau gesagt: „laßt mich doch einfach alle in ruhe!“ der
telefonhörer hatte neben mir gelegen, sechsmal war
besetzt gewesen, noch ein weiterer kraftüberfordernder
anlauf, wieder besetzt, erneut letzte kräfte mobilisiert,
den antrieb ähnlich einem reservekraftakt bündelnd,
nochmals anrufen: „tag, hier ist jürgen landt, ich habe
heute einen termin beim doktor. ich fühle mich aber zu
kraftlos um den termin heute wahrnehmen zu können.
sind sie so nett und sagen ihm bitte bescheid, daß ich
heute nicht komme, damit er mich in anführungszeichen nicht vermißt?“ „mach ich.“ hatte sie geantwortet und aufgelegt, und meine frau hatte es tatsächlich
geschafft, daß ich mit zum einkauf stolperte, mich am
einkaufswagen und jeder regelreihe festhielt, beim gehen
in zeitlupe erstarrt und im supermarkt im zerspringen
meines kopfes und in brechreizen zwischen wortfetzen
würgend gejammert hatte…
butter wie margarine, die leute in unserer wohnung.
stundenlang, butter wie margarine. die tür im flur samt
rahmen und mauerwerk, tapetenfetzen, wolken aus kalkstaub, abgerissene wechselsprechanlage… ’sonja’-bratenfett, butter wie margarine, nur die französische butter
mit den salzklumpen drin wie kristallzucker sah ich
überhaupt nicht zwischen all dem fett. und die mindesthaltbarkeitsdauer der noch nicht geöffneten salzbutter in unserem kühlschrank war bestimmt auch schon
lange überschritten… würde heute abend noch ein tischler kommen und die tür vor unsere wohnung stellen,
irgendwie provisorisch befestigen? und wann würden die
maurer kommen, die maler, der elektriker, der tischler
mit einer neuen tür?
als ich die noch immer im flur liegende tür anhob, sah
ich unsere zermatschten schuhe darunter. leute über
leute waren über die tür und unsere darunterliegenden
schuhe gelatscht und hatten sie regelrecht zertreten. ich
zog zwei schuhe jeweils von einem paar hervor, beulte
61
an ihnen rum, versuchte sie zurückzubeulen, dann einen
von meiner frau, der absatz war verschwunden und eine
tiefe steinharte beule an ihrem schuh ließ sich nicht
mehr herausdrücken, die ränder der schuhe waren keine
ränder mehr, zu sehr weggedrückt und eingerissen. an all
die anderen drunterliegenden schuhe kam ich gar nicht
ran, zu schwer die tür für mich, um sie alleine aufzurichten. und wohin auch mit dem ding?
„hier blinkt ja die rote lampe am anrufbeantworter.“
entdeckte ein paar stunden später meine frau. „soll ich
mal abhören?“
„von mir aus.“ sagte ich.
„und welchen knopf soll ich drücken?“
„weiß nicht. irgendwas mit einem pfeil.“
eine frauenstimme meldete sich: „drei alte nachrichten.
nachricht eins. dienstag neunter juli fünfzehn uhr siebenunddreißig.“ dann eine männerstimme: „hallo herr
landt, felgenhauer hier, melden sie sich doch mal bei mir.
ich will mal mit ihnen den nächsten termin besprechen
gerne. wiederhören.“
dann wieder die frauenstimme: „nachricht zwei. dienstag, neunter juli fünfzehn uhr vierzig.“
danach nichts, nur rauschen zu hören.
dann erneut die frauenstimme: „nachricht drei. dienstag
neunter juli fünfzehn uhr siebenundfünfzig.
abermals die männerstimme. „herr landt, äh, ich möchte
sie bitten mich dringend zurückzurufen ist ganz wichtig.
und zwar unter der nummer 876 786. wiederhören.“
„das war er doch, das war mein arzt. aber da waren wir
doch schon lange losgefahren, waren brot holen und einkaufen.“ stellte ich in meinem dichten und von innen
zugepreßten kopf fest.
als meine frau am nächsten tag die tageszeitung hochholte, hörte ich: „hier, das gibt es doch gar nicht, stell
dir mal vor, was hier steht! hör dir das mal an. was die
hier über uns in der zeitung schreiben.“ und sie las vor:
Großeinsatz
in der Feldstraße
Greifswald – Zwei Feuerwehren,
Kranken- und Notarztwagen sorgWasser-Prawda | September 2014
62
SPRACHRAUM
ten gestern am späten Nachmittag
in der Feldstraße für Aufregung
bei Bürgern. Wie die Leitstelle auf
Nachfrage der OZ informierte, erfolgte der Großeinsatz wegen des
Verdachts auf Suizid. Ein Mann
sei nicht ans Telefon gegangen
und habe nicht die Tür geöffnet. In
so einem Fall würden immer Notarzt, Polizei und Feuerwehr zum
Einsatz kommen.
mir ging es nicht anders als am tag zuvor. ich konnte
einfach nicht mehr. die depression schlug mir die beine
unterm rumpf weg, ließ mich beinlosgefühlt nicht laufen
können. dennoch konnte ich aus meinem zugeleimten
und dichtgeschraubten hirn hervorbringen: „das geht
so nicht, ich muß da anrufen, so geht das doch nicht.“
meine frau drückte mir sofort das telefon in die hand
und nannte mir die einzutippende nummer. es meldete
sich jemand von der ostsee-zeitung.
sätze formierten sich aus meinem kopf ins telefon: „ich
muß das hier mal klarstellen. ich bin der von gestern
aus der feldstraße, über den sie heute berichten. dieser
großeinsatz. und sie berichten über die aufregung bei
den bürgern. ich war und bin aber nicht suizidal. und
hab mich auch nicht umgebracht. ich hatte meinen arzttermin abgesagt, weil ich mich zu kraftlos fühlte, um
ihn wahrnehmen zu können. hatte ich alles der schwester im ambulanten institut, also in der institutsambulanz, telefonisch mitgeteilt, und auch, daß sie das bitte
dem arzt mitteilen soll, damit er mich in anführungszeichen nicht vermißt. dann hat mich aber meine frau
motiviert, mit zum einkaufen zu kommen, so etwa eine
stunde nach meinem anruf. und dann sind wir los, und
der arzt hat versucht mich anzurufen, auch so nach einer
stunde, wir waren aber noch unterwegs, und als wir mit
den einkaufstüten wieder eintrafen, war die tür schon
eingetreten, samt rahmen und mauerwerk, lag alles in
der wohnung, tapetenfetzen, abgerissene wechselsprechanlage, und die ganzen leute hier in der wohnung, alles
ein mißverständnis. wär nicht schlecht, wenn sie das
nochmal richtigstellen.“
„das ist ja interessant, so geht das ja wirklich nicht.“
hörte ich eine männliche stimme.
Wasser-Prawda | September 2014
und einen weiteren morgen darauf las meine frau mir
vor:
Missverständnis
löst Einsatz aus –
Mann hegt keine
Suizidgedanken
Greifswald – Der Großeinsatz von
Polizei, Feuerwehr und Notarzt in
der Feldstraße am Dienstag ist auf
ein Missverständnis zurückzuführen. Die Rettungskräfte rückten
aus, weil sie den Auftrag bekamen,
einen angeblichen Selbstmord zu
verhindern (die OZ berichtete).
Allerdings hegte und hegt der
Mieter, dessen Wohnungstür im
Zuge des Einsatzes aufgebrochen
wurde, keinerlei Selbstmordgedanken, wie er der OZ versicherte.
Am Dienstag hatte der Mann eigenen Angaben nach einen Arzttermin abgesagt, weil er sich an jenem
Tag zu kraftlos fühlte. Wörtlich sagte er der Assistentin: „Sagen Sie
dem Arzt Bescheid, damit er mich
nicht vermisst.“ Danach motivierte
ihn seine Frau, trotzdem zum Einkaufen mitzukommen. In dieser
Zeit muss wohl der Arzt versucht
haben, den Mann anzurufen. Weil
sich am Telefon niemand meldete,
wurde die Leitstelle informiert und
der Einsatz ausgelöst.
Als der Mann mit seiner Frau später die Einkaufstüten hochtrug, waren die Rettungskräfte schon wieder abgezogen. Die Tür lag in der
Wohnung, Tapete und Mauerwerk
sind beschädigt und müssen nun instandgesetzt werden.
nun gut, die tür wurde nicht aufgebrochen sondern
samt rahmen und mauerwerk eingetreten, die wechselsprechanlage und tapeten runtergerissen, ich hatte nicht
SPRACHRAUM
nur einkaufstüten in den händen sondern auch noch
klorollen unterm arm, die rettungskräfte und polizei
waren noch über eine stund da, und die assistentin war
keine assistentin, sondern die schwester im anmeldebüro der klinikambulanz, die dem arzt die patientenakten auf einen stapel legt, „scheiß drauf, aber beinah
alles richtig.“ durchschaute ich und hörte mein brennen
im kopf und in sämtlichen knochen dieses schädels als
seien es geräusche.
der arzt meldete sich weder am nächsten tag und auch
in den nächsten tagen nicht mehr bei mir, und als ich
einen termin bei seiner sekretärin vereinbarte, sagte sie:
„das muß schnell gehen, nicht wahr?“
„ja.“ sagte ich erschöpft.
„dann kommen sie morgen um 14.00 uhr.“
„danke.“ japste ich.
doch am nächsten morgen rief sie an und gab mir einen
termin zum ende des monats.
„aber das ist doch noch so lange?“
„in vierzehn tagen.“ sagte sie, und vor erschöpfung fiel
mir der hörer aus den händen.
der arzt bestrafte mich. hatte er doch oftmals gesagt:
„wenn was ist, wenn was sein sollte, wenn es ihnen nicht
gut geht, rufen sie meine sekretärin an und sie sagt mir
umgehend bescheid, sie können dann sofort oder so
schnell wie möglich zu mir kommen.“
doch es gab seit fünf jahren keinen einzigen tag mehr,
an dem ich nicht den schlimmen symptomatiken und
zuständen unterlag, und wenn ich zu ihm ging, dann
kam in aller regel: „soll ich sie einweisen? ich weise sie
ein! dann können sie sich mal aus allem rausnehmen
und zur ruhe kommen.“
„nein, nicht einweisen. in der psychiatrie kommt man
doch nicht zur ruhe. und ich kann mich doch nicht aus
mir selbst herausnehmen. das ist doch in mir. ich, ich bin
doch in mir, wie soll ich mich denn rausnehmen. und
stationäre psychiatrie, das ist doch der pure stress.“ und
jedesmal seine frage: „haben sie suizidale gedanken?“
und einmal hatte er mir erklärt, daß das einen guten psychiater ausmache, daß ein guter psychiater seinen patienten jedesmal und unbedingt nach seinen suizidalen
gedanken zu befragen hätte.
doch was hätte es genützt, ihm meine schwere suizidalität
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jedesmal zu bejahen. es hätte einen aufenthalt auf der
geschlossenen station eingebracht und nach jeder entlassung aufgrund der ständigen suizidalität die nächste einlieferung auf die geschlossene station, und die nächste,
und die nächste und eine weitere, und weitere, und
weitere…
nachdem ich mich am monatsende zur sprechstunde
geschleppt hatte, sprach er am ende des gespräches,
bereits im aufstehen begriffen, die aktion an.
„keiner hat schuld.“ hechelte ich.
„doch, sie haben schuld, daß das passiert ist. wir haben
ein abkommen.“
„ja, wir haben gesagt, wenn ich den suizidalen schüben,
der suizidalität nicht mehr herr werde, das nicht mehr
aushalte, komme ich her. und ich habe die sprechstundenhilfe angerufen und mich abgemeldet, zu ihr gesagt,
daß ich mich kraftlos fühle und den termin heute nicht
wahrnehmen kann, sie ihnen bescheid sagen soll, damit
sie mich in anführungszeichen nicht vermissen.“
„da sehen sie, wie sie sich verhalten haben, ich ruf sie
dann auch noch an und sie gehen nicht ans telefon, da
muß ich dann als guter arzt so handeln. was meinen sie,
wie man mich als arzt wahrnehmen würde, wenn sie
dann da gehangen und ich nichts unternommen hätte.“
„meine frau hat mich irgendwann motiviert, zum
einkauf mitzukommen, mich mitgenommen, wie auch
immer, und dann müssen wir uns um ein paar minuten
verpaßt haben, ich war ja noch fast eine stunde zuhause,
saß kraftlos erstarrt auf dem hocker vor dem telefon.
keiner hat schuld.“ keuchte ich und hörte noch einmal:
„sie haben schuld. was wäre ich denn für ein arzt, wenn
ich am nächsten tag höre, sie haben sich suizidiert, und
es kommt raus, daß sie vorher hier bei mir angerufen
und gesagt haben, daß sie keine kraft mehr hätten.“
zehn tage lang rückten frühmorgens die handwerker
an. manchmal schlief ich trotz ’zopiclon’-’tavor’- und
’faustan’-cocktail erst gegen fünf uhr morgens ein, die
handwerker betraten gegen 7 uhr den korridor, schwangen ihre maurerkellen, sägen und pinsel, irgendwann
hatten wir eine neue tür und eine neue wechselsprechanlage, die aber schon nach drei tagen nicht mehr funktionierte. die zerquetschten schuhe schmiß ich weg.
Wasser-Prawda | September 2014
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SPRACHRAUM
DIE
VESTALINNEN
Eine Reise um die Erde. Abenteuer zu Wasser und zu Lande. Erzählt
nach eigenen Erlebnissen. Band 1. Von Robert KraŌ
15. DAS GERICHT IN DER WÜSTE
Vor dem Zelte Mustaphas drängten sich die Beduinen
und harrten gespannt der kommenden Enthüllungen.
Schon gestern abend hatten einige von ihnen den
Auftrag bekommen, Hassan, der jetzt noch arglos schlief,
scharf zu beobachten und seine etwaige Entfernung aus
dem Lager zu verhüten. Desgleichen waren andere damit
beschäftigt, über das Treiben Dahabs zu wachen.
Hassan lag noch träumend auf seinem weichen
Teppich, als plötzlich der Vorhang des Zeltes zurückgeschlagen wurde und ihm jemand den herrischen Befehl
gab, sofort aufzustehen und zum Scheich zu kommen.
»Was soll‘s?« rief Hassan, sich die Augen reibend.
»Können diese reisenden Franken ihren Weg nicht allein
finden? Soll Hassan ihnen wieder einmal als Wegweiser
dienen?«
»Gehorche und komme!« sagte drohend der Beduine.
Jetzt ward Hassan stutzig. Er sah, daß vor dem
Eingange seines Zeltes mehrere Mäuner standen, bereit,
ihn in Empfang zu nehmen. Sein böses Gewissen machte
das Herz schneller schlagen.
Eiligst stand er auf, schlug den Burnus um die
Schultern und trat aus dem Zelt. Sofort nahmen ihn
zwei Männer in die Mitte, führten ihn nach dem Zelt
des Scheichs, und Hassans Gesicht entfärbte sich, als er
sah, daß ein Gericht abgehalten werden sollte, und daß
er der zu Verhörende sei.
Wasser-Prawda | Juni 2014
Mustapha saß mit gekreuzten Beinen auf einem
Teppich; neben ihm stand eine der Damen, welche
gestern gekommen waren, und sprach in einer fremden
Zunge zu dem sie begleitenden Neger. Rings um
diese Gruppe scharten sich die Stammesgehörigen,
aber nur die Männer, die Weiber durften an derartigen Versammlungen nicht teilnehmen. Auf der einen
Seite standen die männlichen Gäste, auf der anderen
die Damen.
Diese verfluchten Franken! Was führte sie hierher,
ein Gericht zu veranlassen? Hatte er sie betrogen? Hatte
er ihnen schlechte Pferde verkauft? Nein, er kannte sie
gar nicht! Sein Auge schweifte unwillkürlich über die
Versammlung hinweg. Wie gewöhnlich, so standen die
Pferde der Gastfreunde auch hier um das große Zelt
des Scheichs, die Zügel nur leicht über eingerammte
Pflöcke geworfen.
Zwischen ihnen erkannte Hassan auch das dem
Dahab gehörige. Sofort suchte er diesen unter den
Zuschauern, und bald hatte er ihn herausgefunden.
Auch Dahabs Gewissen schien nicht ganz rein, denn es
gelang ihm nur schwer, seine Aufregung zu verbergen.
Die Arme übereinandergeschlagen, die schmalen Lippen
fest zusammengepreßt, starrte er finster vor sich hin und
würdigte seine Umgebung keines Blickes. Da begegneten seine Augen denen Hassans, und dieser bemerkte,
SPRACHRAUM
wie jener leicht zusammenzuckte. Neben ihm stand sein
Vater, der Scheich eines Stammes der Bauiti, ein ehrwürdiger, guter und allgemein beliebter Mann.
Jetzt trat Hassan vor Mustapha. Er hatte seine Fassung
wiedergewonnen; beweisen konnte man ihm nichts, er
hatte die Fremdlinge noch nie gesehen, Salim war noch
nicht zurück – es war zweifelhaft, ob er überhaupt je wiederkam – und so mußte die Versammlung sicher verschoben werden. Aber er wollte nicht warten, sondern
sobald wie möglich für immer verschwinden; der Boden
fing an, ihm unter den Füßen zu brennen. Frech blickte
er dem alten Scheich ins Gesicht.
Die Einleitung zu der Verhandlung mußte schon vor
seiner Vorführung begonnen haben, denn Mustapha
erhob sofort die Anklage gegen ihn.
»Vor sechs Monaten,« begann er mit vor Erregung zitternder Stimme, »wurden mein einziges Kind, Sulima,
und ein anderes Mädchen, Seddah, mit Gewalt von
fremden Räubern entführt, welche sich als Reisende
ausgaben und meine Gastfreundschaft beanspruchten.
Durch List gelang es ihnen, unsere jungen Männer aus
dem Lager zu entfernen, dann führten sie ihren verruchten Plan aus. Ist dir dies bewußt?«
»Ja,« entgegnete Hassan, »und ich ...«
Der Scheich winkte ihm zu schweigen.
»Diese edle Dame hier,« er wies dabei auf die neben
ihm stehende Ellen, »kommt weit aus dem Abendlande
her, um dich, Hassan-ben-Tomar, zu beschuldigen, du
habest jene Räuber angeworben.«
Hatte man erwartet, diese offene Anklage würde
Hassan niederschmettern, so war man jetzt enttäuscht,
daß sie nicht den geringsten Eindruck auf den abgefeimten Spitzbuben machte.
»Mich?« rief er erstaunt aus. »Wo ist Seddah, daß sie
bezeuge, wie gerade ich es gewesen bin, der alle seine
Kräfte aufgeboten hat, um die Mädchen wiederzubekommen, und daß es mir auch gelungen ist, sie zu
befreien, oder doch wenigstens die eine.«
Er warf einen Blick um sich, als suche er Seddah, sah
aber dabei Dahab an, der ihn mit drohenden Augen
anstierte. Hassan hatte geahnt, daß diese Anklage gegen
ihn erhoben würde, jedenfalls waren diese Fremdlinge
der verkauften Sulima irgendwo begegnet, und diese,
welche ihm nie günstig gestimmt gewesen war, hatte die
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Vermutung ausgesprochen, daß er bei ihrer Entführung
die Hand im Spiele gehabt habe. Aber die Sache war
nicht so schlimm; denn Beweise konnten nicht gebracht
werden, selbst wenn Sulima plötzlich wieder erschienen wäre.
Ebenso dachte Dahab, er fühlte sich vollkommen
sicher.
»Wo ist Seddah?« fragte er wieder.
»Wir kennen ihre Geschichte genügend, als daß wir sie
noch einmal anhören müßten,« entgegnete der Scheich,
»aber wir kennen auch deine Schlauheit, mit der du uns
schon oft hintergangen.«
»Beweise,« rief Hassan trotzig.
»Sie sollen dir werden.«
Der Scheich winkte, und Salim trat hinter dem
Zeltvorhang hervor.
Ein Gemurmel ging durch die Reihen der Beduinen,
Hassan zuckte unmerklich zusammen, wechselte einen
Blick mit Dahab und sah, wie dieser die Farbe verlor.
»Dieser ist es,« rief Salim und deutete auf Hassan,
»der die Räuber gedungen, er hat Sulima verkauft, und
weil er für die pockennarbige Seddah keinen Käufer
fand sich dann den Anschein gegeben, als hätte er dieselbe befreit.«
Doch Hassan blieb ungerührt, er lächelte höhnisch.
»Mein Sohn,« redete der Scheich Salim an, »bedenke,
was du sprichst! Du urteilst über Leben und Tod eines
unserer Stammesgenossen.
»Es ist so,« rief aber Salim. »Ich kam in ein
Hafenstädtchen und erfuhr dort, daß ein Mann,
dessen Beschreibung auf Hassan paßte, vor kurzem
mit einem Türken Verhandlungen angeknüpft habe.
Dieser aber war in jener Stadt unter den Arabern allgemein als Sklavenhändler bekannt, der sich hauptsächlich mit Mädchenkäufen abgab. In derselben Nacht
noch, als Hassan mit diesem gesehen worden ist, wurde
aus einem Hause ein Mädchen geholt und an Bord des
Sklavenschiffes gebracht, während einige Tage später
aus demselben Hause eine andere – es war Seddah –
nach einer Stadt, welche etwa zwei Tagereisen weiter
südlich liegt, geschleppt wurde. Hier erschien bald
darauf Hassan abermals und will, wie er erzählt, Seddah
mit Hilfe von geworbenen Helfern durch Gewalt ihren
Entführern entrissen haben.«
Wasser-Prawda | Juni 2014
66
SPRACHRAUM
»Ist dies nicht wahr?« rief Hassan triumphierend.
»Ruft Seddah, daß sie es bestätigt!«
»Was aber sagst du zu dem ersten Teil der
Beschuldigung?« fragte der Scheich streng.
»Er ist erlogen,« entgegnete der Heuchler entrüstet. »Es giebt noch andere Leute, welche so aussehen,
wie ich. Eine Ungerechtigkeit ist es, daß auf die leere
Aussage fremder Personen ein Unschuldiger auch nur
des Verbrechens verdächtigt wird.«
»Ist dir auch dies eine fremde Person?« fragte der
Scheich und wies dabei auf den Eingang des Zeltes, in
welchem in diesem Augenblick Sulima erschien. Ein allgemeiner Freudenschrei der Beduinen bewillkommnete
die Wiedergefundene.
Mustapha, wie auch Ellen, beobachteten den
Delinquenten scharf, aber dieser hatte seine Züge so in
der Gewalt, daß in ihnen eher ein freudiges Erstaunen,
als Schrecken zu lesen war.
»Sulima!« rief er in herzlichem Tone. »Wie mich das
freut, daß du gerettet worden bist!«
Ellen wurde unruhig; sie hatte erwartet, daß diese
Begegnung mit Sulima einen anderen Eindruck bei
Hassan hervorrufen würde.
Sulima deutete mit ausgestreckter Hand auf Hassan.
»Diesen Mann dort habe ich vom Fenster des
Zimmers, in dem ich gefangen gehalten wurde, dabei
beobachtet, wie er von einem Türken Goldstücke ausgezahlt bekommen hat.«
»Wie willst du mich erkannt haben, wenn es Nacht
gewesen ist?« unterbrach sie Hassan, verlor aber doch für
eine Sekunde seine Fassung, als er sich der Unklugheit
bewußt wurde, die er eben begangen. Aber es war zu
spät, den Sinn des Satzes zu ändern.
Mustapha war aufgestanden und maß den Menschen
der eine solche Entrüstung heucheln konnte, mit drohenden Augen.
»Wenn es Nacht gewesen ist?« wiederholte er langsam,
Wort für Wort eigentümlich betonend. »Woher weißt du
denn, Hassan, daß der Handel zwischen dem Türken
und dem Betreffenden, der dir so ähnlich sah, des
Nachts abgeschlossen wurde?«
Hassan hatte schnell seine Frechheit wieder gefunden.
»Nun, hat dir‘s Sulima nicht vorhin selbst gesagt?«
fragte er die anderen Zuhörer.
Wasser-Prawda | Juni 2014
Er warf dabei einen Blick auf Dahab, als hoffe er, daß
dieser die Behauptung bejahen würde, aber derselbe
preßte die Lippen fest zusammen und beobachtete mit
glühenden Augen den Angeschuldigten. Von ihm hatte
er also keine Unterstützung zu erwarten.
Ein drohendes Murmeln ging durch die Reihen der
Beduinen.
»Du siehst, daß du dich selbst gefangen hast. Gestehe
die Wahrheit, gieb deine Mitschuldigen an, und deine
Bestrafung soll eine mildere sein!«
Wieder streiften Hassans scheue Augen Dahab. Fast
war es, als ob dieser sprechen wollte, aber er schwieg.
»Du beharrst beim Leugnen? Gut so –«
»Wo sind Beweise?« unterbrach ihn aber Hassan
trotzig. »Ich bin ein Beni Suef, zwei Zeugen verlange
ich, die mich gesehen haben wollen und wider mich
auftreten.«
»Bursche,« entgegnete der Scheich drohend, »wir
kennen deinen tückischen, dir vom Teufel eingegebenen Geist. Seit Jahren hast du uns betrogen und unseren
Gewinn geschmälert. Dein Geiz, deine Habsucht sind
zu bekannt, um dir nicht auch einen Raub an unseren
eigenen Jungfrauen zuzutrauen.«
»Beweise,« beharrte Hassan, dessen einzige Hoffnung
noch darauf beruhte, daß solche nicht gebracht werden
konnten; denn Sulimas Aussage genügte umsoweniger,
als sie ein Weib war, welches bei den Muhamedanern
eine untergeordnete Stellung einnimmt.
»Wir werden deine Zunge gelenk zu machen wissen,«
rief der Scheich jetzt erregt, »du weißt, es steht mir die
Macht zu, dich zum Geständnis zu zwingen.«
»Nicht einen unseres Stammes,« stammelte Hassan
erschrocken. »Du bist wohl zum Scheich erwählt, aber
deine Herrschaft hat Grenzen.«
»Elender Wicht,« donnerte der Scheich, »auch deiner
Frechheit ist ein Ziel gesetzt. Wisse aber, nicht ich richte
dich, sondern die Männer der Beni-Suef, und sie sind
damit einverstanden, daß du die Bastonnade erhältst,
bis du gestehst.«
Sofort fühlte sich Hassan von hinten umfaßt und zu
Boden geworfen. Das war zuviel für den dreisten, aber
feigen Beduinen. Schon wurden ihm die Sandalen von
den Füßen gerissen, er wollte noch einen hilfesuchenden
Blick auf den jungen Scheich der Bauitis richten, aber
SPRACHRAUM
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Wasser-Prawda | Juni 2014
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SPRACHRAUM
dessen Platz war leer. Da gellte es entsetzt von seinen
Lippen:
»Gnade! Nicht ich bin der Urheber des Streiches,
Dahab hat mich dafür bezahlt.«
»Dahab!« schallte es wie ein Echo ringsum.
»Dahab! Ich dachte es mir,« flüsterte dessen Vater, mit
der Hand nach dem Herzen fahrend.
»Haltet Dahab, er will f liehen,« heulte wieder
Hassans vor Angst heisere Stimme; er fühlte schon in
Gedanken die Schläge des Rohres, das bei jedem Hieb
die Fußsohlen blutig reißt.
Da vernahm man plötzlich auf dem weißen Sande,
fast unhörbar, die Galoppsprünge eines Pferdes, das
durch die Zeltgasse jagte, aber an der Menge erst vorüber
mußte.
Im nächsten Moment sauste ein braunes Roß vorbei,
und auf seinem Rücken saß Dahab, der das Tier in
Carriere rücksichtslos durch die überraschten Beduinen
trieb.
»Haltet ihn! Er ist der Schuldige!« brüllte Hassan,
der ihn sah.
»Haltet ihn!« schrieen jetzt auch die übrigen Männer,
aber es war fast zu spät, der Schurke hatte den Ausgang
der Zeltgasse erreicht.
Schon war er im Freien, als zwei Araber von beiden
Seiten hinzusprangen, um dem Pferde in die Zügel zu
fallen. Doch da blitzte es links und rechts zu gleicher
Zeit auf, ein Krachen erscholl, und lautlos sanken die
beiden Beduinen in den Sand.
Dahab ließ zwei Leichen hinter sich.
Noch standen alle vor Schrecken über dieses neue
Verbrechen im Lager wie erstarrt, als wieder der
Hufschlag eines flüchtigen Pferdes gehört wurde.
Ein Grauschimmel schoß an ihnen vorbei, aber kein
Mann saß im Sattel, sondern ein Weib.
»Ellen!« schrie Harrlington aus. »Ist dieses Mädchen
wahnsinnig? Ihr nach!«
Alle Männer stürzten jetzt nach den Pferden, schwangen sich auf und setzten den beiden nach, aber Lord
Harrlington, allen anderen voran, sah sofort, daß Ellen
kein Beistand zu leisten war, denn ebenso wie der edle
Vollbluthengst Dahabs, so übertraf auch ihr prächtiger Grauschimmel alle übrigen Pferde bedeutend an
Wasser-Prawda | Juni 2014
Schnelligkeit. Schon hatten sie einen großen Vorsprung,
eine Kugel hätte den Flüchtigen nicht mehr erreicht,
während Ellen von Dahab nur etwa dreißig Meter entfernt war und sich ihm immer mehr und mehr näherte.
Dennoch stürmte Harrlington beiden nach, ihm zur
Seite Salim, der vor Wut mit den Zähnen knirschte.
Plötzlich stieß der Lord einen Schreckensruf aus.
Deutlich konnte er wahrnehmen, wie Dahab die Zügel
seines jagenden Rosses fahren ließ und sich mit dem
Laden seiner Pistole beschäftigte, aber zugleich zeigte
auch Ellen ein sonderbares Benehmen. Auch sie ließ
dem Grauschimmel freien Lauf und schien, vornübergebeugt, mit irgendetwas beschäftigt.
Harrlington stöhnte auf und drückte dem Tiere
verzweifelt die Sporen in die Weichen. Immer weiter
hatten sich die beiden entfernt, aber doch konnte er
noch deutlich wahrnehmen, wie sich jetzt Dahab im
Sattel wendete und auf Ellen anschlug.
Doch was war das? Warum erhob sie ihre Hand und
schien dem Flüchtling zu winken? Sie hätte ihn doch
vom Pferde schießen können? Der Lord wußte, daß
Ellen stets einen Revolver bei sich führte.
Eben hob Dahab den Arm zum sicheren Schuß, da
riß plötzlich Ellen ihr Pferd zurück, und gleichzeitig
wurde der Beduine wie durch Zauberkraft aus dem
Sattel geschleudert. Ellen lenkte um, hinter sich den
Körper Dahabs nachschleppend.
Jetzt verstand Harrlington die Handlung des
Mädchens.
Ellen hatte einen Lasso bei sich gehabt, jenen geflochtenen Ledergurt, und er erinnerte sich auch, daß sie bei
den Cow-boys aufgewachsen war und von diesen wahrscheinlich den Gebrauch der Wurfschlinge gelernt hatte.
Aber ein solches Geschick und solche Kaltblütigkeit, im
letzten Augenblick den Flüchtling zu Boden zu werfen,
hätte er ihr nicht zugetraut.
»Sie sind diesmal mit mir zufrieden, Lord?« fragte sie
lachend, als er sie erreicht hatte.
»Sie stürzen sich in unnütze Gefahren, Miß Petersen,«
antwortete dieser. »Was kümmerte es sie, ob Dahab
entkam oder nicht?«
»Wer so wie ich viele Jahre unter Cow-boys gelebt und
mit ihnen stets verkehrt hat, dem geht diese Lust am
wilden Jagen ins Blut. Außerdem war für mich durchaus
SPRACHRAUM
keine Gefahr vorhanden, ich konnte den Flüchtling
jederzeit vom Pferde holen; meine Lehrmeister würden
mich allerdings, wenn sie Zuschauer gewesen wären,
getadelt haben, daß ich nicht gleichzeitig das Tier mit
gefangen habe. Sie sehen, ich passe besser in die Wüste
oder in die Prärie als in große Städte; hier würde es nicht
so schwer sein, mich zu überwältigen. Doch was macht
mein Gefangener? Ihm wird während meines Trabes
übel mitgespielt worden sein.«
Das war allerdings der Fall. Der Lasso hatte die Arme
Dahabs fest an dessen Seiten geschnürt, sodaß er sich
nicht hatte aufrichten können, sondern wehrlos nachgeschleift worden war. Hätte der Boden nicht aus weichem
Sand bestanden, so würde er wohl noch anders zugerichtet gewesen sein, aber auch so zeigte sein Gesicht
blutende Streifen.
Die Beduinen umringten den Gefangenen und
nahmen ihm die Lederschleife ab; an Flucht war jetzt
nicht mehr zu denken. Die Augen stier zu Boden geheftet, so schritt er stumm und den Kopf gesenkt, nach
dem Lager zurück. Als er an dem Scheich der Bauitis
vorbeigeführt wurde, hob er den Kopf, doch sein Vater
wandte sich um und spuckte verächtlich vor dem
Mädchenräuber aus. Also auch sein Vater verurteilte
ihn. So hatte er keine Hoffnung mehr.
Unter den Beduinen Arabiens und Nordafrikas
herrscht ein äußerst ritterlicher Sinn. Wohl berauben und
plündern sie Karawanen, welche den Durchgangszoll
durch das Gebiet der einzelnen Stämme verweigern, und
geben die gefangenen Männer und Frauen nur gegen
ein Lösegeld heraus, wohl führen sie einer Kleinigkeit
willen blutige Kriege gegen einen Nachbarstaat und,
wenn dieser besiegt ist und einen an Vieh und Geld
geforderten Betrag nicht geben will, vernichten sie ihn,
die erbeuteten Frauen und Mädchen als Eigentum in
Beschlag nehmend, aber dies alles nennen sie keinen
Raub, sondern ihr Recht. Die That hingegen, die Dahab
ausgeführt hatte, ein Mädchen von einem befreundeten Stamme, mit dem die Bauitis in Frieden und
Tauschhandel leben, durch List, Gewalt oder gar durch
bezahlte Wüstenräuber entführen zu lassen, das war
eine für einen Beduinen über alle Begriffe schmachvolle
Handlung. Hätte Dahab sein Leben aufs Spiel gesetzt,
um sich in den Besitz des Mädchens zu bringen, welches
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er liebte, so wäre er weniger hart beurteilt worden.
Unterdes hatte Sulima noch erzählt, wie sie einst nur
durch Salims Dazwischenkunft vor Dahabs Frechheit
bewahrt geblieben sei, was vollends den Ausschlag gab.
Desgleichen schilderte nun Hassan, wie Dahab ihm zehn
Goldstücke gegeben und ihm die doppelte Summe versprochen habe, wenn er Sulima in seine Gewalt bringe,
alle Unkosten würde er extra zurückerstatten.
Er, Hassan, habe nun Wüstenräuber, wie sie immer in
der Nähe von Städten käuflich sind, gedungen, Sulima
zu entführen, und, um gleich mehr Profit von dem
Geschäfte zu erlangen, auch noch eine andere rauben
lassen. In jenem Hafen aber, den die Räuber zuerst
erreichten, und wohin er bald nachfolgte, hatte ihm
ein türkischer Mädchenhändler für Sulima eine sehr
hohe Summe geboten, sodaß er beschloß, Dahab um
die Beute zu prellen. Er verkaufte sie, spiegelte Dahab
vor, Sulima sei ihm von anderen mit Gewalt abgenommen worden, und ließ Seddah nach einer abgelegenen
Stadt bringen, wo er sie dann, dem Anscheine nach,
befreite, um so einen etwaigen Verdacht von sich abzulenken. Dahab hatte ihm zwar nie recht geglaubt, aber
er fühlte sich als Mitschuldiger, vielmehr als Veranlasser
zu dem Mädchendiebstahl und hätte ihn in Ruhe gelassen, hoffend, daß alles in Dunkel gehüllt bliebe. Hassan
habe immer vermieden, mit Dahab unter vier Augen
zusammenzutreffen; denn er kannte dessen tückischen Charakter und wußte, daß derselbe nur auf eine
Gelegenheit lauerte, den Mitwisser seiner Schuld für
immer stumm zu machen.
Als die Verfolger zurückgekommen waren, teilte
Salim auch noch den Ueberfall unterwegs durch die
fremden Araber mit, und Hassan gestand, daß er von
Dahab beauftragt worden wäre, Salim aus der Welt zu
schaffen, da er doch etwas von Dahabs Plänen erfahren
haben könnte, und außerdem, weil dieser den Jüngling
wegen jener Züchtigung glühend haßte.
Die ganze Schlechtigkeit Dahabs schien heute mit
einem Male an den Tag zu kommen; die Entrüstung
der Beduinen war aufs höchste gestiegen.
Der alte Scheich der Bauitis verließ mit seinen
Begleitern das Lager, er wollte dem Gericht über Dahab
nicht beiwohnen – er hatte keinen Sohn mehr.
»So führt Dahab vor,« rief jetzt Mustapha, »er ist uns
Wasser-Prawda | Juni 2014
70
SPRACHRAUM
zur Verurteilung überlassen.«
Der Scheich hatte denselben einstweilen binden lassen
und in Obhut einiger seiner Leute gegeben.
Sofort sah man, wie zwei Männer in einem Zelt verschwanden und bald darauf den Körper Dahabs heraustrugen, ihn stumm zu den Füßen des Scheichs
hinlegend.
Kaum hatte dieser ihn erblickt, als er von seinem
Teppich aufsprang und im Tone des Unwillens ausrief:
»Wer hat das gethan? Wer hat den Befehl dazu
gegeben?«
»Wir haben es gethan,« sagte einer der Beduinen,
welche Dahab getragen hatten, finster, »wir sind die
Brüder der beiden Ermordeten; unser ist das Recht, ihn
zu töten.«
Schaudernd wandten sich die Damen ab, es graute
ihnen vor dem Anblick, der sich ihnen bot; das Gewand
des am Boden liegenden war über und über mit Blut
bedeckt, seine Brust zeigte unzählige Dolchstiche. Der
Tod, der Dahab beschieden, war schneller an ihn herangetreten, als der Scheich gewollt hatte.
Aber durch die Reihen der umstehenden Beduinen
ging ein beifälliges Gemurmel– die vier Männer hatten
recht gehandelt. Dahab hatte ihre Brüder ermordet, und
das Gesetz der Wüste, die Blutrache fordert, daß sie
sich keine Gelegenheit entgehen ließen, die Seele des
Mörders denen der Getöteten nachzuschicken. Ihre
Handlungsweise mußte selbst der Richter billigen.
Ellen ging durch die Zeltstraße, um Johanna zu
suchen, welche schon seit einiger Zeit den Richtplatz
verlassen hatte. Sie traf das Mädchen, als es eben mit
Sulima aus einem Zelte trat, ein Buch in der Hand.
»Tod und Mord,« fagte sie, »wohin man sieht, es ist
selbst für meine Nerven zuviel. Ich bereue bitter, Dahab
wieder eingefangen zu haben.«
»Thun Sie dies nicht,« bat Sulima, »er wäre weder
den Bluträchern, noch Salim entgangen. Aber mir ist es
unsäglich leid, daß Sie meinetwegen Zeugin dieser Szene
geworden sind. Wie soll ich Ihnen danken?«
Ellen wehrte Sulima freundlich ab.
»Was haben Sie einstweilen ausgeforscht, liebe Jane?«
fragte sie Johanna, »Sie sind gewiß abermals auf einer
neuen Spur.«
»Allerdings,« lächelte Johanna, »Sulima zeigte mir
Wasser-Prawda | Juni 2014
die Andenken an Salims Mutter, und da habe ich verschiedenes Wichtige gefunden. So zum Beispiel verrät
die Bibel, daß Karo-hissar eine Deutsche war, denn das
Buch ist in deutschen Lettern gedruckt. Ferner steht eine
Widmung darin, welche auf ihren Vornamen schließen läßt. Auch eine Photographie, aber nicht ihre, und
einige Briefe mit Daten, Nennung von Städten und
Unterschriften habe ich gefunden, alles sehr wichtig, um
auf die Spur von Karo-hissars Abstammung zu kommen.
Ich werde die Nachforschungen vielleicht später selbst
betreiben,« fügte sie nachdenklich hinzu.
»Sie haben eine richtige Spürnase, Miß Lind,« lachte
Ellen. »Wissen Sie, wenn Sie ein Mann wären, so müßten
Sie Detektiv werden.«
Johanna wandte sich etwas verlegen ab.
»Nun, ich scherze ja nur,« fuhr Ellen schnell fort. »Es
ist ein elendes Handwerk, als Spion bezahlt zu werden.«
»Von Salim selbst habe ich nicht das mindeste über
SPRACHRAUM
seine Mutter erfahren können, nur ihr Aussehen konnte
er mir sehr genau beschreiben. Man interessiert sich
doch auch für die Eltern derer, denen man Teilnahme
gezeigt hat.«
»Gewiß,« bestätigte Ellen.
»Wann gedenken Sie das Lager wieder zu verlassen?«
»So bald wie möglich. Am liebsten möchte ich noch
heute aufbrechen, doch die Sonne beginnt schon sich
zu neigen. Aber morgen mit Tagesanbruch sollen unsere
Pferde gesattelt sein – bis dahin wird uns wohl der
Scheich noch Gastfreundschaft gewähren.«
»So lange Sie wollen,« rief Sulima, »ein jeder Tag, den
Sie und Ihre Freunde in unserem Zelte weilen, soll uns
ein Tag der Freude sein. Wie können Sie nur so fragen!«
Jetzt erschollen Jammertöne von dem Richtplatz aus.
»Was wird das Schicksal Hassans sein?« fragte Ellen
das Beduinenmädchen.
»Ich weiß es noch nicht, aber getötet muß er werden.
71
Mädchenraub wird mit dem Tode bestraft, man ist dies
schon mir und Salim schuldig. Er wird unter vielen
Qualen sterben müssen.«
»Wann wirst du mit Salim vereinigt werden?«
»Wann es mein Vater will,« entgegnete das Mädchen
mit einem glücklichen Lächeln. »Diesmal wird Allah
nicht wieder unsere Freude stören.«
»Wir wollen es hoffen.«
Die anderen Damen näherten sich der Gruppe.
»Es ist entsetzlich,« sagte eine, »jetzt wird Hassan
draußen in der Wüste eingegraben, so daß nur der Kopf
aus dem Sande hervorragt. Ueber Nacht kommen die
Schakale und Hyänen, fressen erst ...«
»Malen Sie diese Schrecknisse nicht aus,« unterbrach
sie Ellen, sich schüttelnd.
»Es giebt noch härtere Strafen für solche Verbrechen,«
meinte Sulima.
Wasser-Prawda | Juni 2014
72
ENGLISH
The Headcutters: Blues in Brazil
BY BERND KREIKMANN
THE WORLD CUP IS
GONE, THE HOLIDAYS
ARE OVER IT‘S TIME
FOR GOOD MUSIC.
MANY OF US WERE IN
BRAZIL AND FOLLOWED
THE SOCCER FESTIVAL.
I once noticed that some of my highly
appreciated musicians - such as the
unfortunately deceased Lynwood
Slim, Dave Riley and many others
- seem to love playing and touring
Brazil regularly.
Blues in Brazil?
The real Blues fan may know Igor
The country is full of music, the Prado or the harper Luciano Bocca.
beautiful women dancing more or Then I stumbled across Joe Marhofer
less clothed all day Samba on the and his Headcutters and I was simply
streets, the sun is shining and eve- amazed.
ryone in Germany is wearing leather Not too long ago I discovered that
pants. Brazil is a large country with there is a lot of Blues Music in Brazil.
ancient traditions. It is a country of I am happy that the frontman of the
contrasts whose problems cannot be leading brazilian Blues Band The
solved with a football.
Wasser-Prawda | September 2014
Headcutters took his time to talk
with us.
Joe Marhofer is the harpplayer and
frontman of the brazilian Blues
Band The Headcutters. They play
(international) blues festivals and
toured with the likes of Phil Guy,
Eddie C. Campbell, Billy Branch,
Kim Wilson, Billy Flynn, Lynwood
Slim, Magic Slim, Mitch Kashmar,
Kenny Neal, Dave Riley and many
others. Nineteen years young, Joe
discovered the harp and then he
formed the band The Headcutters.
He says that his style was influenced by Little Walter, Sonny Boy
Williamson, Big Walter Horton and
ENGLISH
73
Muddy Waters.
The Headcutters live the blues of the
40s and 50s. So far, there are two
albums „Back to the 50‘s“ (2009)
and ‚Shake that Thing“ (2013). 2011
the DVD „Sweet Home Blues“ was
published. The band will take a
large U.S. tour starting in the end
of September 2014. They will play
the famous King Biscuit Festival in
Helena Arkansas.
JM: Yeah…Brazil has a lot of music can find your way!!
style. I can’t tell you why, the Blues
BK: Please tell us about the
catches us!! LOL!
Headcutters. The name of the
BK: So how did you find your way band sounds dangerous.
to the Blues Joe?
JM: hehehe!! Sound dangerous, but
JM: Listening and playing a lot...and it is not!! We have chosen this name
don’t forget the times we played over in tribute to the Headhunters band
here with great Bluesman from the of Muddy Waters, Little Walter and
USA that made us learn a lot too!!
Jimmy Rogers.
We are four friends who live in the
BK: Why are you playing the same neighborhood since our childmusic of the 40’s and 50’s?
An Interview With Joe Mar- JM: I think it was the best time the hood. We love the post war Blues.
We like to record our music using
hofer
Blues ever had. The musicians at that analog vintage equipment including
BK: Pleasure to meeting you Joe, time were very very creative and the
a tape roll. This makes our sound
how are you doing today?
tone was awesome, different than unique and different from the most
JM: Thank you Bernd I’m fine!!
before or today.
actual blues recordings.
BK: As you know we are from BK: Isn’t it hard to live from Our first CD released “Back to 50’s”
(2009) has been recorded in three
Germany. We expect to get Samba, playing the Blues in Brazil?
Bossa Nova and some Jazz from JM: Yeah….It’s a hard way, but if dawns in the History Museum of
Brazil, not the Blues.
you love to do what you do….you Itajaí (Brazil). The DVD “Sweet
Wasser-Prawda | September 2014
74
ENGLISH
Home Blues” (2011) captured with
Full HD images has been done in an
environment where the band meets
regularily. It is called the “Attic
Blues” and located in the Catuto’s
home. The last job released was
the CD “Shake That Thing” (2013)
which includes the participation of
some artists like Igor Prado (BRA),
Omar Coleman (USA) and Richard
“Rip Lee” Pryor (USA) son of legendary harmonica player Snooky Pryor.
our people love the Blues. Even not
all of them understand the lyrics
they feel the spirit! That’s why the
Blues developed to be a good business here!
BK: End of September 2014 the
Headcutters will tour the U.S. It is
known that you love to invite U.S.
greats to accompany you. Will you
tell us, who it is this year?
JM: This year we gonna make the trip
of our lifes! It is our first great tour in
BK: Well I agree Joe. When I USA and it will be a dream coming
watched the totally relaxed „Sweet true!! We are gonna play with the
Home Blues“ (BTW I love that Silver Kings from California, with
DVD) I could not imagine the Jon Atkinson, with Omar Coleman
musicians to be dangerous in a and Rip Lee Pryor (Snooky Pryor’s
physical manner.
son). It will be the time to learn and
JM: Yeah….I learnt from the late make our Blues even better!!!
great Willie Dixon …”you can’t
judge a book by looking at the BK: Finally Joe, do you have any
plans to tour Europe?
cover…”
JM: Yes, we are looking for touring
BK: To be serious Joe. How would Europe next year, but nothing is
you describe the Brazilian Blues settled right now. Hopefully it will
scene? In our country we may meet work soon.
Blues musicians like Igor Prado, I
know that Luciano Boca is a great BK: Anything else you want to tell
our readers Joe?
harpplayer. That’s it.
JM: Yeah…Brazil has a great Blues JM: I just want to say thank you for
scene!! There are a lot of good musi- the help and the interview Bernd!
cians doing some serious music. And I’m glad for your words about
And meanwhile we have a lot of the band, We just love the Blues and
good Blues Festivals here too…This we will keep it alive down here in
makes the scene growing up!! I don’t Brazil and in the whole world!!!
know how it was in the 80’s and I BK: Thank you so much for your
know just a little bit of the 90’s, but time Joe, have a great tour. I hope
I think this “internet age” makes we will meet in Germany one day
the blues easier to find if you want soon.
to. In Brazil it’s the same. I can say
that we have great artists playing a
real good Blues. I am convinced that
the Brazilian passion about music fits
with the Blues. More and more of
Wasser-Prawda | September 2014
Review
In Itajai (the Americans would say it
is located in the neighborhood of Sao
Paulo) has Joe Marhofer - his grandparents are from Germany - founded
the Headcutters. It is a four-man Blues
Band, which is bound to the blues of
the forties and fifties.
The band has so far submitted two
CDs („Back to 50‘s“ and „Shake that
Thing“) and a DVD (Sweet Home
Blues“). Guests are inter alia the aforementioned Igor Prado and Richard ‘Rip
Lee’ Pryor. The tidbit „Back to 50‘s“ was
recorded live and includes covers of
Little Walter, Sonny Boy Williamson,
Jimmy Rogers as well as „T-Bonin ‚„
Headcutters composition. The current
CD ‚Shake that Thing“ contains besides
Igor Prado‘s „Omar‘s Nap“ nothing but
own compositions.
With its unique, sometimes extremely
cool and casual style The Headcutters
clearly stick out of the mass of retro
bands. The musicians hold any international comparison. There is some
addition agent in the sound of the
Headcutters that is difficult to describe.
Deep inside you feel the flows of the
south american temperament. There are
no good or bad songs or interpretations
to find on the CDs. You will find thrilling, rousing blues without containing
a moment of boredom – listening to it
will bring you in good mood. The really
big treat is the DVD „Sweet Home
Blues“ originated from 2011. The recordings happened in a rooftop studio. The
four bandmates are so cool and have so
much fun when doing the recordings
that the spark gets you immediately.
Such an impressive chamber blues gig
I haven’t ever experienced before.
The band clearly is an insiders tip. I
hope that - perhaps due to the upcoming big U.S. tour - a promoter will
bring the band to Europe. Our audience
would be excited.
ENGLISH
75
B LUE S & C E R A M I CS
HOWARD GLAZER: BLUES, VIEWS & NEWS FROM DETROIT #4
HELLO THIS IS MY 4TH
INSTALLMENT OF BLUES
NEWS & VIEWS AND THIS
MONTH I WOULD LIKE TO TALK
ABOUT A DETROIT ARTIST
& MUSICIAN, MY BROTHER
STEVE GLAZER. NOT ONLY
IS STEVE PRODUCING
SOME INCREDIBLE ART BUT
HE IS A BASS PLAYER.
He played on 2 tracks of “Live In Detroit” by Emanuel
Young w/ Howard Glazer & the EL 34s, has played live
many times with Emanuel Young, Harmonica Shah and
with me, he also plays in Karanji‘s Soulwater . Steve is
also the person that turned me on to guitar, rock n’ roll
and the blues. So that being said I owe a lot to him musically and artistically.
My brothers and I grew up immersed in music and art,
both of our parents were musicians our mother taught
music in the Detroit Public Schools and our father was
a professional musician working in a big band (Don
Pablo & his Orchestra) and also taught lessons privately. A love of all arts, but especially music was ingrained in all of us.
Steve has stated that his favorite things to do on a regular
basis are teaching art, making his art and playing music.
Wasser-Prawda | September 2014
76
ENGLISH
If asked to pick only one, it would
be really hard...
HG: What first got you interested
in music?
SG : My interest started when seeing
the brother of a girl I had a Jr. High
crush on, perform with his band at
a school dance. Watching live Rock
and Roll being performed, even if I
didn‘t know what they were playing,
was a live changing moment. I think
I pretty much forgot about the young
lady, as I was bitten by the rock and
roll bug.
HG: What were your first musical
influences?
SG: The first songs I listened to were
pretty standard pop radio. The first
record I purchased was „Snoopy
Vs. The Red Baron“ by The Royal
Guardsman, but soon after I was listening to Motown and early psychedelia, such as „I Had Too Much To
Dream Last Night“ by The Electric
Prunes. Within a year or so, I heard
„Kick Out The Jams“ by one of my
first, and lasting, musical hero‘s,
Detroit‘s MC5.
HG: When did you discover the
blues?
SG: At about the same time I discovered the Detroit rock n roll scene, I
discovered the blues. I used to take
a city bus downtown on Saturdays
and walk amongst the tall buildings,
and often came across a blind gentleman, sitting at the edge of an alley,
alongside the old Hudson‘s store,
playing acoustic guitar, and singing
the blues. I never learned who it was,
but the music struck a chord in my
soul that has lasting a lifetime.
HG: I remember that very clearly
myself because I used to tag along
with you and take the bus downtown. My favorite things downtown were record stores and the
bluesman by Hudson’s. I’ve told
the same story many times! What
are you doing now musically?
SG: While I play with, and have
committed a lot of personal time,
to an original music, R&B/hip hop
project, Karanji‘s Soulwater, that I
really believe in and love the music
we make together, I get a special high
whenever I get to perform with the
likes of Emanuel Young, Harmonica
Shah, or even the lesser known of
Detroit‘s legendary blues statesmen. These guys are legends, and
being able to play behind them, and
support their art, is such an incredible experience that I can‘t translate
it into words.
HG: W hat brought you to
ceramics?
SG: My love for clay began when I
saw a student teacher throw a pot
on a potter’s wheel during my senior
year at Milford High School. From
that moment on, I was hooked. I
went on to pursue a Bachelors of
Fine Arts degree with a concentration in ceramics along with K-12
teaching certification in Art from
Eastern Michigan University and a
Masters of Arts with a concentration
in ceramics from Central Michigan
University. A chance meeting with
Dick Hay led me to Indiana State
University (where Hay taught for
40 years) for the next three years.
After receiving my MFA degree
from Indiana State University, my
teaching career began and quickly
Wasser-Prawda | September 2014
became another passion. As I have
done throughout my career, I continue to pursue my own work in
the bit of time I find around and
between teaching and other school
related responsibilities.
Steve’s recent show at the River’s
Edge Gallery in Wyandotte, MI
(http://artattheedge.com/steve-glazer/) entitled “the Motor City Griot
Society Series.” Is a group of clay
masks that draws their inspiration
from the Griot from west African
culture. The Griot was charged with
maintaining the oral history of their
culture/tribe but also had other roles
such as entertainer/ musician, healer,
spiritual or personal advice and a
social leader, the Griot has powers
and visions that go beyond the norm.
These same opposing forces are
informed by the experience of living
in Detroit, a city that is as maligned
now, as it was once celebrated. The
masks reflect the people of Detroit,
their spirit and their bodies, as well
as the engine of industry that made
her the mechanistic core of America.
Like the masks, Detroit is full of
color, in its people and its culture,
but weathered from difficult changes
in the industry she was instrumental
in creating. Ultimately, the human
form of the Motor City Griot Society
points the way forward for Detroit,
moving with the hearts and minds
of its people.”
Steve’s work is available worldwide
at http://artattheedge.com go to
„Shop Detroit Art“, pull up „By
Artist“, pull up „A-J“, click on „Steve
Glazer“
ENGLISH
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Mud Morganfields live @ Roonie Scott‘s Jazz Club (Foto by: Benjamin Amure)
Elvis, Mud & Ronnie
LETTER FROM THE UK 11 BY DARREN WEALE
Willkommen zum Brief aus dem Vereinigten arrival to the adoption of American Blues by bands like
The Animals and The Rolling Stones was not a long one
Königreich.
in terms of years.
The history of the Blues in the United Kingdom is both Many years on, with the gap filled by numerous further
long and full of interest and surprises. That is probably visiting American artists like Buddy Whittington and
true of Germany as well. In fact, if a Wasser-Prawda Robert Cray, and the rise of British acts like Cream, John
reader would like to send in an article on the history of Mayall’s Bluesbreakers, and Connie Lush, the Blues
the Blues in Germany, I will find somewhere online to music live scene is still very much alive. Yet the phrase
‘keeping the Blues alive’ is very common. The Blues has
publish it in English.
Here in the UK, some of the most significant moments always been alive since it began. It is just the profile of
started, probably, with the Jazz trombonist and band- the music against other genres, the amount of venues to
leader Chris Barber bringing over US artists like Muddy performing bands, and other factors that have changed.
Waters and Big Bill Broonzy. The journey from their In October, the Royal Albert Blues Fest brings many,
Wasser-Prawda | September 2014
78
ENGLISH
Links
Blues Fest - www.royalalberthall.
com/tickets/bluesfest.aspx
Mud Morganfield - www.mudmorganfieldblues.com
Ronnie Scott’s - www.ronniescotts.co.uk
many British and international Blues
acts to the Royal Albert Hall, both
the main stage and smaller rooms
across the building. The festival has
plenty of credibility with acts such
as Paul Lamb and the Kingsnakes –
Paul has won so many awards now he
must be running out of shelf room.
Also Mud Morganfield. You don’t
get much more authentic than this
son of Muddy Waters. Yet headliners
include Level 42, Elvis Costello and
Sheryl Crow. Now, it is understandable that the Royal Albert Hall needs
artists who fill the 5000 seats of the
main auditorium, but it is a shame
they couldn’t find more recognisable
Blues acts for a couple of nights. That
is one of the challenges of the Blues
for the future. Gary Clarke Jr and Joe
Bonamassa are perhaps the biggest
names in contemporary Blues. Yet
for the Blues to be truly alive those
lights need to shine lighter and fill
not just the Royal Albert Hall, but
stadiums.
One venue got it right the recently,
and that was Ronnie Scott’s Jazz
Club in London. A very small, but
historic venue. Mud Morganfield
made his debut and filled that place.
Seid glücklich und erfreut Euch an
Eurer Live-Musik und allem was
Deutsch ist!
Wasser-Prawda | September 2014
Alistair Cooke - www.bbc.co.uk/
programmes/b00f6hbpwww.bbc.
co.uk/programmes/b00f6hbp
ENGLISH
Reviews
picking and strong song-writing
skills.
This is one of those all too rare
things: a simply cracking, crackling
bit of originality. With roots firmly
in the Deep South but produced in
England, ‚The Blues Continuum‘
brings a flavor of new blues with
new songs and sounds to a wider
audience. Track five, entitled ‚Good
Thing‘, says it all and fittingly hints
at what to expect here. Positively
recommended. (Redpromotions)
Iain Patience
79
and pace and some sensitive, soulful
musicianship clearly evident. ‚Get It
Back‘ is a roaring bit of work, mostly
led by Hutchinson‘s fine guitar work
and scorching vocals. Hutchinson
himself says it‘s an album that should
or must be played loudly. And there‘s
no doubt he‘s correct in this suggestion. Crank it up high and let it rip.
You won‘t regret it!
Iain Patience
Half Deaf Clatch - The Blues
Con nuum
This is the third release from a
mighty fine slide blues picker from
England, a wonderful album that
could all too easily be overlooked.
Which would be a tragic mistake,
because this CD has many excellent
qualities and deserves widespread
exposure and recognition.
HDC, a British Blues Award 2014
fi nalist, wrote most of the material here, together with Red Burley.
Who features on backing vocals.
The album has been gaining airplay
with blues shows across the UK since
pre-release promo copies were made
available a few weeks ago.
There are clear shades of Son House
in the mix but this album is not just
another of those old music replayed
affairs; far from it. It‘s a finely crafted
work of traditional sounding musical
reinvention and much more. From
the gripping, jangling slide work on
the intro to the first track, ‚Bury
My Bones‘, to the close, ten tracks
later, ‚The Blues Continuum‘ serves
as an engaging showcase for Half
Deaf Clatch‘s gravel vocals, soulful
JP Soars - Full Moon Night In
Memphis
Jack J Hutchinson Band - Get
It Back
Firstly, this is an EP rather than a
full-blown (or overblown) CD. And
much of its clear strength no doubt
lies in this fact. It would have been
all too easy for Hutchinson to add
padding here, maybe some covers or
whatever, to turn out a standard ten
or twelve track album. Instead, to
his credit, he kept this debut release
pared down to six tracks. All good,
self-written efforts.
From the opener, ‚Wake Up‘ to the
close of play with ‚Hey Hey Hey‘, this
is an album that really rocks along
nicely with a few changes of tempo
J P Soars’ third studio release, Full
Moon Night in Memphis is one of
the most enjoyable albums I’ve listened to this year. Every track is
simply a joy, with divergent blues
styles which show off Soars’ fabulous
guitar chops. Backed by an excellent
set of musicians and vocalists, Soars
plays a variety of guitars and sings
throughout. His voice is a little reminiscent of Ian Siegal, just on the right
side of gritty, always interesting. He
is an intelligent, skilled blues guitarist, but yet is always entertaining,
engaging and enjoyable, as opposed
to just technical.
Soars has won the Albert King
Wasser-Prawda | September 2014
80
ENGLISH
Award for Most Promising Guitarist
and on this release you can see why,
as he effortlessly and tastefully treats
us to his skill on electric, acoustic,
resonator, Cigar Box and Lap Steel
guitars.
The songs are all terrific, with all
but one of 14 songs by Soars. In
Makes No Sense, which just oozes
cool, Soars’ jazz sensibilities come to
the fore with some very cool guitar
work indeed. Mean Old World is a
T-Bone Walker song in which Soars
pays homage to the great man with
some nice Walker-eque guitar work.
Savin’ All My Lovin’ is in a classic
Chicago blues style and Reefer Man
takes us back in time 50 or 60 years,
with sax and trumpet and backing
chorus – just great toe-tapping fun.
Viper features some delicious clarinet by Scott Ankrom. It’s a minor
key, old- fashioned, smokey blues
club song with hints of the gypsy
jazz that is in Soars’ repertoire –
superb. The Road has Got Me Down
is an old-fashioned country number,
a duet with Teresa James, with Soars
on lap steel and some lovely harmonica from Brandon Santini. We even
get some Latin flavour thrown in for
good measure on the instrumental
Lil’ Mamacita, complete with fast
and furious Spanish guitar work.
I especially like the hard driving
Somethin’ Ain’t Right, where Soars
lets rip with some blisterin’ blues
rock guitar– the ills of the world,
homelessness, poverty, American
domestic policy all are in his sights
here. “There’s got to be a better way,
we can’t keep lookin’ the other way,”
he sings. We need to “give a bit more
and take less.” Right on the money,
JP.
This is an album from the top drawer
– and it’s one I will be listening to
again and again. Do yourself a
favour – go get a copy NOW!
Gary Burnett
Kaz Hawkins - Get Ready
Kaz Hawkins’ new album, Get
Ready, is inspirational, honest,
warm, full of energy and infectious
passion. Blues and gospel with a
dollop of soul and R&B served up by
an excellent band and a truly remarkable singer. Kaz says she listens to
Etta James, Sarah Vaughan, Big
Mama Thornton and Janis Joplin,
and you can hear echoes of all these
great female vocalists, but of course,
Kaz Hawkins’ voice is her own –
powerful, emotional, rasping, passionate, bluesy. And her music comes
from a deep well of personal experience, trial and hope for the future.
The first song, Hallelujah Happy
People is upbeat, toe-tapping and
infectious and sets the tone for the
album. I Saw a Man is driven by
incessant drum beat which starts out
alone and then is joined by piano and
guitar chords. It’s the touching story
of a “man without a home,” who
Wasser-Prawda | September 2014
used to be “paid to play,” has “seen
it all before”, but is now reduced to
busking and ignored by those that
pass by.
Believe with Me is a kind of secular
spiritual – Kaz looks back to “darker
days, lonely days” where she discovered that there’s “only one way to
be yourself – hold your ground.” She
learned to plant “a seed way deep in
my soul – it’s called believe.” There’s
no room for wallowing in self-pity
here – “pull yourself together,” she
sings, you’ve got to take responsibility for yourself and “just believe,”
along with her.
In Shake the flavour becomes more
bluesy, more rockin’and the song
gives an opportunity for Kaz’s powerful blues voice, raspy and raw in all
the right places. The title track, Get
Ready, follows and takes the pace
down a notch. Hawkin’s voice here is
full of emotion, soulful. Once more
there’s the message of personal responsibility “There’s no coming back,
think about your choices – stand up
straight.” And if you can do that –
“Get ready for peace and love.”
Can’t Afford Me gives voice to a nice
piece of defiant self-esteem: “You’re a
waste of space, you can’t afford me…
You say you love me, start paying
your dues.” As does Walking on My
Own which asserts “I was a fool to
love you… I’m walkin’ on my own,
without you.”
Drink with the Devil recalls old
blues songs, without ever sounding
traditional and is a sobering take on
the futility of drinking “Till you lose
control, till you’re out of control, till
you can’t see no more.”
This is a terrific set of songs, well
ENGLISH
arranged, full of honesty and
urgency and with a hugely upbeat
vibe. The album is a celebration of
life and possibility. The editor of
Classic Rock Blues Magazine said
he was “blown away” by this album
and I reckon you will be too.
Gary Burnett
Mud Morganfield & Kim
Wilson, For Pops (A Tribute to
Muddy Waters)
I do not really care whether Muddy
Waters was born in 1914 or in 1915.
It is important that, in addition
to his career as one of the greatest
blues musicians of all time, he found
enough space to conceive his eldest
son Larry Mud Morganfield.
Mud started several years ago as a
blues singer and places a stunning
career. It is known that he sees his
father as his role model. In addition
to the external resemblance of both,
their voices are very similar.
To Muddy‘s hundredth birthday
Mud submitted on August 19, the
album „For Pops (A Tribute to
Muddy Waters)“. The title says what
it is about for him. The son raises his
father a monument.
He got some good help for this.
David Earl, head of Severn Records,
supported him with Kim Wilson
(harmonica), Billy Flynn (guit.),
Rusty Zinn (guit.), Barrelhouse
Chuck (piano), Steve Gomes (bass)
and Robb Stupka (drums). These
musicians reach on a scale of one to
ten the top.
Kim Wilson has special share in the
creation of the unique mood of the
album - his sensitive, supportive and
driving Harmonica play could not
be better.
Rightly Mud Morganfield and Kim
Wilson are named as headliners of
the album.
The album was recorded in four
days. They refused to produce a
„Best of Muddy Waters“ album.
Mud and Kim have picked their personal favorites from Muddy‘s work.
In addition to seven Muddy Waters
compositions we find Willie Dixon
compositions.
It‘s good that both „Mannish Boys“
and „Hoochie Coochie Man“ are not
represented. Besides „I just want to
make love to you“, „I love the life I
live“, „Trouble no more“, „19 years
old“ we see as the opener ‚Gone to
main Street“.
Mud Morganfield created a tribute
album that does not inferior to
Muddy‘s work. Despite all the
similarities with the great Muddy
Waters, Mud shows that he transferred Muddy‘s legacy to our time
and that he, as an independent musician of his own, is not standing in
the shadow of the Grand Master.
For lovers of best quality classic
timeless blues, the album is an
absolute must. For all the others it
is the opportunity, to experience
the heyday of Chicago blues alive.
81
(Severn CD 0064)
Bernd Kreikmann
Roy Roberts - Strange Love
Roy Roberts is one of those oldtimers, a guy who‘s been around
the East Coast US music scene
most of his seventy-year plus life. In
that time, he‘s remained below the
radar yet been sideman and guitarist with many influential giants of
US popular music. This is a guy who
was a soulmate of Otis Redding in
the 60s; he shimmied with Solomon
Burke and Eddie Floyd; worked with
Stevie Wonder (when he was still
‚Little Stevie‘) and many of the soul
music dynasty while developing his
own sound, reflected in this excellent ten track album.
‚Strange Love‘ has that full-on Stax
sound: rounded Horns; crisp guitar
work seamlessly merged with soulful,
rocking vocals. Roberts wrote all of
the material here, and it is a tribute
to his ability and undoubted talent.
With ‚Strange Love‘, Roy Roberts
shows he is still firmly rooted in the
Deep South but has shaken himself
free of his long passed and more successful musical buddies to emerge
triumphantly from the shadows.
Recommended for sure.
Iain Patience
Wasser-Prawda | September 2014