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D THE LOOK OF SILENCE Blick in den Abgrund D IMAGINE WAKING UP TOMORROW AND ALL MUSIC HAS ­DISAPPEARED
Hu Ha! Bumm Bumm! D TURBO KID Für Filmnerds und Nostalgiker D A PERFECT DAY Seile suchen in Bosnien
D HOCKNEY Innere Unabhängigkeit und feiner Humor D LANDRAUB Globale Akquise D DER STAAT GEGEN FRITZ
BAUER Biopic eines echten Vorbilds D THE TRIBE Neue und erschreckende Bilder D HORSE MONEY Wie aus Steinen
­geschlagen D TRUE LOVE WAYS Käfer, iPhone und Snuff D WOCHENENDEN IN DER NORMANDIE Leben in Ausschnitten
D IM SOMMER WOHNT ER UNTEN Rumhänger unter Druck D THE PROGRAM – UM JEDEN PREIS Gut geöltes Räderwerk
MAGAZIN DER UNABHÄNGIGEN BERLINER LICHTSPIELHÄUSER
D 19 D OKTOBER 2015
indiekinoBERL
THE LOOK OF SILENCE. START AM 1.10.2015
Filmgalerie 451 präsentiert
Die Christoph-Schlingensief-DVD-Edition
Neu ab 23. Oktober!
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Material aus Christop
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des Operndorfs Afr
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Foto: © David Baltzer
Eintritt zugunsten
www.filmgalerie451.de
DIE INDIEKINOS D ACUD KINO D B-WARE!LADENKINO D BALI KINO D
­ BUNDES­PLATZ KINO
D CITY KINO WEDDING D EISZEIT KINO D EVA-LICHTSPIELE D FILMKUNST66 D FILMRAUSCHPALAST D FSK-KINO AM ORANIENPLATZ D HACKESCHE HÖFE KINO D IL KINO D SPUTNIK
KINO AM SÜDSTERN D TILSITER ­
LICHTSPIELE D UNION FILMTHEATER D XENON KINO
D ZUKUNFT D FLK FRIEDRICHSHAGEN D FLK HASENHEIDE D FLK INSEL D FLK POMPEJI
D FLK „UMSONST & DRAUSSEN“ IM FILMRAUSCHPALAST D OPEN AIR KINO IM FMP1
EDITORIAL
Der Oktober im INDIEKINO ist radikal. Thomas Groh schreibt in unserem
ersten Feature über den Ausnahmedokumentarfilmer Joshua Oppenheimer. In seinem verstörenden Dokumentarfilm THE ACT OF KILLING, der
2013 ins Kino kam, gab Oppenheimer den Tätern, die in Indonesien Anfang
der 60er Jahre Massaker an Hunderttausenden von „Kommunisten“ verübten, die Gelegenheit ihre Taten lautstark als Spielfilmszenen zu re-inszenieren. Im Komplementärfilm THE LOOK OF SILENCE, der nun ins Kino
kommt, widmet sich Oppenheimer den Opfern und zeigt das gesellschaftsübergreifende Schweigen, das sich ausbreitet, sobald es darum geht, Verantwortung zu übernehmen. Ein nicht nur filmisch mutiger Film: Oppenheimer kann Indonesien nur noch unter Lebensgefahr betreten. Der Film
IMAGINE WAKING UP TOMORROW UND ALL MUSIC HAS ­DISAPPEARED
beobachtet den Ex-Popstar und Künstler Bill Drummond, der einst seine
Einnahmen aus der Musikproduktion seiner Band The KLF öffentlich verbrannte, dabei, wie er Formen von Musik entwirft, die so tun als gäbe
es kein musikalisches Gedächtnis, keine Geschichte der Musik und keine
Archive. Drummond bringt Fabrikarbeiter, Nonnen, Seniorinnen, Leute, die
überzeugt sind, nicht singen zu können und nicht zuletzt die Zuschauer
zum Summen, Trällern und Rufen. HORSE MONEY von Avantgarde-Filmemacher Pedro Costa durchbricht die Grenze zwischen Fiktion und Dokumentation, Realismus und Traumgebilden. In fantasmatischen Bildern
beschwört Costa Geschichten und Weggefährten aus dem Leben seiner
zwei Protagonisten, Ventura und Vitalina, die beide von den Kapverden in
das ehemalige koloniale Mutterland Portugal emigriert sind. DER STAAT
GEGEN FRITZ BAUER von Lars Kraume bietet dagegen sehr solides Erzählkino mit einem großartigen Burghart Klaußner in der Hauptrolle. Klaußner
gibt den knurrigen, ständig vor sich hin paffenden Generalstaatsanwalt
04MAGAZIN
06BLICK IN DEN ABGRUND: THE LOOK OF
SILENCE
10HU HA! BUMM BUMM!: IMAGINE
WAKING UP TOMORROW AND ALL
MUSIC HAS DISAPPEARED
20WIE AUS STEINEN GESCHLAGEN:
HORSE MONEY
30KINDERFILME
32KINOHIGHLIGHTS
38KINOADRESSEN, IMPRESSUM
ABONNEMENT
39NACHBILD
Bauer, der gegen alle Widerstände die Verfolgung von NS-Tätern im Nachkriegsdeutschland der 50er- und 60er Jahre durchsetzte, einen der wenigen echten Helden, die die deutsche Geschichte zu bieten hat.
Viel Spaß beim Lesen und viel Spaß im Kino,
Ihre/Eure INDIEKINO BERLIN Redaktion
NEU IM OKTOBER
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Al Wadi – The Valley
Arbeit macht das Leben süß,
Faulheit stärkt die Glieder
Black Mass
Cut Snake
Familienfest
Guidelines – La marche à
suivre
Hip Hop-Eration
Hockney
Homesick
Horse Money
Im Sommer wohnt er unten
Imagine Waking Up Tomorrow
and All Music Has Disappeared
Kleine Ziege, sturer Bock
Landraub
Der letzte Wolf
The Look of Silence
Mediterranea
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Nicht schon wieder Rudi!
A Perfect Day
Piccola Patria – Small
Homeland
Picknick mit Bären
The Program – Um jeden
Preis
A Royal Night – Ein
königliches Vergnügen
Scultura – Hand. Werk.
Kunst.
Der serbische Anwalt –
Verteidige das Unfassbare!
Sicario
Der Staat gegen Fritz Bauer
The Tribe
True Love Ways
Turbo Kid
Unser letzter Sommer
Wochenenden in der
Normandie
28WEITER IM KINO
Magie der Moore
How to Change the World
45 Years
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3D
INDIEMAGAZIN
Singh is Bling
BOLLYWOOD CORNER
Das City Kino Wedding freut sich über eine neue Kooperation: Ab sofort werden die Bollywood-Fans der „Bollywood Corner“ regelmäßig indisches Blockbusterkino im Wedding auf die Leinwand bringen. Den Start macht am 7.10. um 20
Uhr die Action-Komödie-Romanze SINGH IS BLING (R: Prabu Deva), die Fortsetzung von SINGH IS KING, in der Tunichtgut Raftaar Singh, Augapfel
seiner Mutter und größtes Ärgernis seines Vaters, in Goa lernen soll, Verantwortung zu übernehmen. Am 27. 10. um 20 Uhr läuft dann die Romantic
Comedy SHAANDAAR (R: Vikas Bahl), in der sich der auf „Destination Weddings“ spezialisierte Hochzeitsplaner Jagjinder Joginder in die jüngste
Tochter seines Auftraggebers verliebt. www.bollywood-corner.de
LICHTSPIELE FESTIVAL
Bereits zum dritten Mal organisiert der Verein Lichtspiele das gleichnamige Kurzfilmfestival für Schülerinnen und Schüler. Dieses Jahr ist es im City Kino
Wedding zu Gast. Gezeigt werden am 10.10. ab 11.30
Uhr ausschließlich Produktionen von den Jugendlichen
selbst und zwar in den Kategorien „Unter 16 Jahre“ und
„Über 16 Jahre“. In beiden Kategorien gibt es Preise zu
gewinnen, die eine Fachjury verteilt. Außerdem bietet
der Tag für Jugendliche und ihre Familien Informationen
zu den Ursprüngen des Films und zum Spektrum der
Filmberufe. lichtspiele-festival.de
SOCIETY IM FILMRAUSCHPALAST
Konzert
– Performance – Film: Am 24.10. um 20 Uhr performt die finnische Dark Elektro Band
Crystal Clears im Filmrauschpalast Musik und Sounds zum Film SOCIETY von Henrik
Heselius (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Splatterfilm von Brian Yuzna),
einer atmosphärischen Endzeit-Meditation über drei unterschiedliche Typen – den Wanderer, den Sammler und den Träumer - die versuchen nach der großen Katastrophe auf
ihre je eigene Art zu überleben. www.dekristallklara.com
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D OKTOBER 2015
INDIEMAGAZIN
BERLIN FILMSOCIETY: CHERRY PICKS
Auf Deutsch würde das neue Programm der Berlin Film Society vielleicht „Rosinen aus
dem Kuchen“ heißen. Mit „Cherry Picks“ präsentiert der Club von Filmenthusiasten ab
sofort einmal im Monat im Il Kino ausgewählte Kurzfilme in gediegenem Rahmen: Um
19 Uhr gibt es Drinks, um 20 Uhr dann eine Einführung und die Filme, ab 21.30 Uhr
mehr Drinks und Musik. Die nächste Session findet am 21. Oktober statt.
www.berlinfilmsociety.com
PORYES AWARD
Am 17.10. um 20 Uhr wird in den Hackesche
Höfe Kinos der Feministische Pornfilmpreis
Europa, der „PorYes Award“ verliehen, mit dem
die Initiatorinnen bereits seit 2009 „hochwertige Erotikfilme, die vielfältige sexuelle
Ausdrucksweisen weiblicher Lust zeigen
und in denen Frauen bei der Filmproduktion
maßgeblich beteiligt sind“ auszeichnen. Durch
den Abend führen die Filmemacherin Ula
Stöckl, Sexpertin Laura Merritt und Janina
Rook, Reporterin bei ARTE, Moderatorin und
Produzentin der feministischen Webshow HERE
SHE IS. Um die Preisverleihung herum gruppieren sich eine Party in den Sophiensälen, eine
Paneldiskussion und ein Pornstar Talk.
www.poryes.de
Nominiert für den PorYesAward 2015: Buck Angel
Phantom Lady
FROM STATION
TO S
­ TATION: DIE
GESCHICHTE
DER DEUTSCHEN
­BAHNHOFSKINOS
Das „Bali“ des Bali Kinos in Zehlendorf ist eigentlich eine Abkürzung für: Bahnhoflichtspiele. Sehr
passend also, dass dort am 17.10. um 18 Uhr in
Anwesenheit des Filmteams die Dokumentation
FROM STATION TO STATION - DIE GESCHICHTE
DER DEUTSCHEN BAHNHOFSKINOS gezeigt
wird, die einen Einblick in die Geschichte dieser
viel geliebten Schmuddelkinder des deutschen
Kinos gibt.
VERLOSUNG: MEISTERWERKE DER
SCHWARZEN SERIE – 10 KLASSIKER DES
FILM NOIR Gerade bei Koch Media erschienen, haben wir ein (1!) Box-Set von
Klassikern des Film Noir abgestaubt, das manche von uns in der Redaktion lieber behalten als
verlosen würden, aber die Entscheidung ist nun mal gefallen. Drei Filme von Robert Siodmak: die
hinreißende Hemingway-Verfilmung THE KILLERS (DIE KILLER) mit Burt Lancaster und Ava Gardner, seine Cornell Woolrich-Verfilmung PHANTOM LADY (ZEUGE GESUCHT) und THE SUSPECT
(UNTER VERDACHT), sowie der Fritz Lang-Klassiker MINISTRY OF FEAR (MINISTERIUM DER
ANGST) zeigen den Einfluss der deutschen realistischen und expressionistischen Filmtradition
auf das amerikanische Genrekino. Mit Rudolph Matés D.O.A. (OPFER DER UNTERWELT), in dem
ein Toter seinen Mörder sucht, ist der wohl finsterste Noir-Film überhaupt dabei, mit THE BLUE
­DAHLIA (DIE BLAUE DAHLIE, R: George Marshall) der melancholischste und romantischste.
­Manchen von uns wäre es lieber, wenn ihr nicht an dieser Verlosung teilnehmen würdet, aber
wenn es unbedingt sein muss und ihr die Box haben wollt, schreibt eine Mail an info@indiekino.de,
Betreff: Noir. Einsendeschluss ist der 15.10., der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
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INDIEFEATURE
THE LOOK OF SILENCE
Blick in den Abgrund
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D OKTOBER 2015
Wie sieht Schweigen aus? Vielleicht wie ein Tick, der weiterhin durchs
Gesicht zuckt, wenn ein unangesprochener Konflikt rumort und die
Kamera weiter ihren Dienst tut. Vielleicht wie ein lauernder, angriffslustiger Blick aus den alterstrüben Augen desjenigen, der schreckliche Verbrechen begangen hat und es auch weiterhin vorzieht, dafür nicht zur Rechenschaft gezogen zu werden. Vielleicht wie simple Nachfragen, hinter deren
Unbekümmertheit sich allerdings eine satte Drohung ans Gegenüber verbirgt, schon aus Eigeninteresse nur nicht allzu tief in der Vergangenheit
zu forschen. Vielleicht aber auch wie die Tränen einer alten Frau, die sich
plötzlich Bahn brechen. Oder wie die glückselige Demenz eines Alten, der
sich im Delirium in eine Zeit zurückversetzt, in der das, über was nicht
geredet wird, was anzusprechen zu viel an Überwindung kostet oder alte
Wunden aufreißt, noch gar nicht stattgefunden hat. ­Joshua Oppenheimers
Essayfilm THE LOOK OF SILENCE ist ein genau beobachtender Film über
dieses Schweigen – ein sehr beredtes Schweigen, das zuweilen wie ein
Abgrund hinter der Fassade des sozialen Lebens erscheint, oder wie eine
Mauer, die etwas Unsagbares wegschließt. Ob nun persönlich durchlebtes Leid oder, in der Hauptsache, eine Schuld von solchem Ausmaß, dass
die Verdrängungs- und Verleugnungsprozesse beinahe schon wie ein Uhrwerk greifen.
Von was wäre zu sprechen? Rückblick ins Jahr 1965, Indonesien: Den bis
heute nicht aufgeklärten Mord an einer Reihe ranghoher Militärs nimmt
General Haji Mohamed Suharto zum Anlass, um ein brutales Massaker an
tatsächlichen oder nur vermeintlichen Kommunisten im Land zu lancieren. Der Westen nimmt die Aktionen, die von massenhaften Meuchelmorden bis zu militärisch organisierten Internierungen reichen, wohlwollend
zur Kenntnis. Zwischen einer halben und einer Million Menschen finden
einen qualvollen Tod. Historisch, geschweige denn juristisch, wurde dieses Massenverbrechen nie befriedigend aufgearbeitet. Im Gegenteil, trotz
politischer Entspannung sitzen die Verbrecher noch immer an den Schalthebeln der Macht – die besonders beherzten Mörder werden als Staatshelden gefeiert und leben zuweilen in ansehnlichem Wohlstand. Der in
der heutigen historischen Forschung im Wesentlichen als Mär eingestufte
Volksmythos, dass es sich bei den Morden um einen Akt der Notwehr
handelte, um die Brutalitäten kommunistischer Verschwörer einzudämmen, ist zentraler Bestandteil des Schulcurriculums. Nicht auszudenken,
welches psychische Leid die Betroffenen und Hinterbliebenen inmitten
einer Gesellschaft der Täter ertragen müssen, welche enormen Verdrängungsleistungen dafür nötig sind.
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INDIEFEATURE
Blick nahm. Und wo THE ACT ein Film über das ständige Plaudern und
Prahlen war, das eben doch nichts Substanzielles von sich gab, und ein
Film über das Spektakel und den Exzess, so ist THE LOOK nun ein zurückgenommener Film über das Schweigen der Täter, was ihre Verantwortung
betrifft, und über das bleierne Leben am Rande der Armut derjenigen, die
sich damit arrangieren müssen, von den Mördern ihrer Väter, Söhne und
Brüder umringt zu leben als sei nie etwas geschehen. Zwischen den Extremen beider Filme liegen ganze Welten – und doch bilden sie die Parameter dessen, was Leben im post-genozidalen Indonesien heute bedeutet.
Mit seinem auf Grundlage jahrelanger Dreharbeiten vor Ort realisiertem
Essayfilm THE ACT OF KILLING holte US-Regisseur Joshua Oppenheimer
diese traurige Episode des an solchen nicht armen 20. Jahrhunderts im
Jahr 2012 schlagartig zurück ins Gedächtnis. Der Clou seines kontroversen Films: Nicht die Opfer stehen im Mittelpunkt des Geschehens – sondern die Täter. In erstaunlicher Offenheit berichten diese von ihren Taten,
die Oppenheimers Film – anders als zu erwartende Empörungsrührstücke
– nicht moralisch auf leicht vermittelbare Distanz rückt, sondern sie im
Gegenteil von den Tätern sogar nachspielen lässt. In Szenen, die aus dem
Gangsterkino entnommen sein könnten, oder grotesk bunten Musicalsequenzen. Vielen war das zu pietätlos – andere dankten dem Regisseur für
das einzigartige Psychogramm einer von Aufarbeitung und historischer
Gerechtigkeit nie belangten Täterkaste, die sogar – eine Schlüsselszene
des Films – im Fernsehen mit ihren Gräueltaten prahlen, während das
Land sich mit den Insignien des relativen Shopping-Mall-Wohlstands des
frühen 21. Jahrhunderts kleidet – eine ganz normale Nation, hinter deren
Fassade die Nachwirkungen einer von brutaler Gewalt geprägten sozialen
Zäsur schlummern.
Die vereinzelt laut gewordenen Vorwürfe, Oppenheimer habe sich mit
den Tätern gemein gemacht oder ihnen wenigstens ein Podium geboten,
lassen sich freilich schon am Film selbst widerlegen – auch in den zahlreichen und lesenswerten Interviews betonte Oppenheimer, dass THE ACT
OF KILLING tatsächlich im engen Kontakt zu Opfern und Hinterbliebenen
entstanden sei. Dass die indonesischen Mitarbeiter im Abspann zu ihrem
eigenen Schutz anonymisiert wurden, spricht Bände. Jetzt, drei Jahre
später, weist sich, in welch engem Austausch Oppenheimer tatsächlich
mit den Opfern stand – und warum er dieses Ausmaß bislang verschwiegen hat: In vielerlei Hinsicht ist THE LOOK OF SILENCE ein Komplementär-Film zu THE ACT OF KILLING – und das nicht nur, weil beide parallel
entstanden, wobei THE ACT, als Porträt über die Täter, Oppenheimer erst
das Maß an Sicherheit und Vertrauen verschaffte, das nötig war, um einen
Film wie THE LOOK OF SILENCE unbemerkt und unbehelligt, gewissermaßen im Schatten des anderen Films, zu drehen. Ein Komplementärfilm ist THE LOOK auch, weil Oppenheimer hier vergleichbar radikal die
Perspektive der Hinterbliebenen wählt, wie er zuvor die der Täter in den
Dänemark 2014 D 99 min D R: Joshua Oppenheimer D K: Lars Skree D S: Niels Pagh
­Andersen D M: Seri Banang, Mana Tahan D V: Koch Media
Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit dieses an die Grenze zur Meditation
konzentrierten, enorm gedämpften Films stehen der zwei Jahre nach
den „anti-kommunistischen“ Ausschreitungen geborene Optiker Adi
Rukun und dessen greise Eltern. Sein älterer Bruder Ramli wurde bei den
Massakern brutal ermordet. Sein Schicksal und die den Atem verschlagende Grausamkeit seines Todes stehen beispielhaft für die im Namen
der Militärregierung begangenen Taten. Oppenheimer begleitet Adi auf
dessen Geschäftsreisen durchs Land, bei denen er die Sehstärke älterer
Herrschaften misst, um neue Brillengläser anzufertigen. Dabei sucht er
wie beiläufig das Gespräch über die Geschichte, insbesondere über die
Geschehnisse der Jahre 1965 und 1966, in der Suche nach Antworten auf
die brennenden, biografischen Fragen – warum musste sein Bruder so
einen jämmerlichen Tod sterben? Und warum stellen sich die Täter ihrer
Verantwortung und Schuld nicht?
Es sind beklemmende Nicht-Gespräche, die Adi führt. Dass sie überhaupt
nur im Schutzraum möglich sind, den ein westliches Filmteam darstellt,
dessen Leiter den Schutz der Machthaber genießt, ist zu jedem Zeitpunkt
spürbar. Die Täter, auf die Adi stößt, verleugnen ihre Verantwortung, insistieren darauf, nur Befehle ausgeübt zu haben, verweigern mitunter jedes
Wort – „Man muss die Vergangenheit ruhen lassen“, solche und ähnliche, auch aus dem Zusammenhang der deutschen Vergangenheitsaufarbeitung geläufige Floskeln hört man häufig – oder sprechen kaum verhohlene Drohungen aus: Aus welchem Dorf Adi denn stamme, will einer,
dem es seiner Wohnung nach zu urteilen, offenbar ganz prächtig geht,
mit Nachdruck wissen. Bis Adi schließlich offen anspricht, warum er ihm
diese Information vorenthält: Weil er sonst um sein Leben fürchte müsse.
Dann fragt er nach, was mit ihm geschehen würde, wenn er solche Fragen
zu Zeiten der alten Militärdiktatur gestellt hätte. Worauf sein Gegenüber,
ein Täter und Kommandeur der Morde, nur meint, dass er, Adi, sich das
nicht ausmalen könne, was dann mit ihm geschehen wäre. Es sind kaum
erträgliche Szenen wie diese, in denen der konkrete Schrecken aus der
Vergangenheit geradezu physisch spürbar in der Luft liegt, die aus THE
LOOK OF SILENCE einen so intensiven wie wertvollen Film machen.
Begreifbar machen solche Momente unverhohlener Gewaltandrohungen
auch, warum bereits THE ACT OF KILLING – in Indonesien auf private
Start am 01.10.2015
¢ b-ware!ladenkino DF OMU ab Mitte
Oktober
¢ Filmrauschpalast OMU
¢ filmkunst66 OMU
¢ fsk-Kino am Oranienplatz OMU
¢ Hackesche Höfe Kino OMU
¢ Il Kino OMEU
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D OKTOBER 2015
TERMINE UNTER WWW.INDIEKINO.DE
Joshua Oppenheimer’s spectacular
documentary THE ACT OF KILLING
showed the perpetrators of the Indonesian “anti-communist” 1960s massacres boasting about their crimes.
THE LOOK OF SILENCE documents
the deafening silence in Indonesian
society when it comes to taking
responsibility for those crimes.
INDIEFEATURE
Initiative hin hundertfach, aber nie offiziell aufgeführt – aus Oppenheimer
eine Persona non grata machte und das Land für ihn nun, nach THE LOOK
OF SILENCE, endgültig unbetretbar geworden ist: Er wäre seines Lebens
nicht mehr sicher. Auch erklärt sich, warum die Welt von der Existenz
dieses nachgereichten Films überhaupt erst Jahre später erfuhr: In der
Zwischenzeit wurden alle Maßnahmen getroffen, um Adi Rakun und seine
Familie vor Übergriffen zu schützen.
Kino als Mittel zur Aufklärung, als Instrument zum Weltverständnis: Selten in den letzten Jahren war diese Zuschreibung so gültig wie im Fall
der Filme von Joshua Oppenheimer. Essenziell dafür ist, dass er weder
stumpfen Dokumentarismus noch die Mechanismen einer bloßen Reportage bedient. Den Dokumentarfilmen seines Produzenten Werner Herzog nicht unähnlich, sind seine Filme in erster Linie gestaltet, also von
bewusst gewählter Form: Historische Eckdaten sind spärlich gesetzt, man
erfährt nur das Allerwichtigste. Weder gibt es „Talking Heads“, noch einen
Voiceover und am allerwenigsten eine Lehrstunde in Sachen indonesischer Nationalgeschichte. Auch nehmen weder THE ACT OF KILLING noch
THE LOOK OF SILENCE für sich in Anspruch, das konkrete indonesische
Alltagsleben repräsentativ abzubilden. Stattdessen gibt es Stimmungsbilder, Rückzugsorte zur Reflexion des Geschehens, offensichtlich in Szene
gesetzte Zwischenbilder – Oppenheimer vertraut auf ein souveränes
Publikum, das dieses Angebot zur Auseinandersetzung annehmen kann
und will. Die vorgefertigten Meinungs- und Erkenntnishäppchen, die viele
Event-Dokumentarfilme der letzten Jahre so öde machen, weil sie die
Logik des Pitchings von den Geldgebern auch gleich noch aufs Publikum
übertragen, sind Oppenheimers Sache nicht. Seine Filme funktionieren
ähnlich wie die besten Horrorfilme, auch wenn sie im Faktischen rückgebunden sind: Wie Echolote skizzieren sie einen Zustand des Daseins,
ertasten und erkunden eine Facette der conditio humana, die die Konsensmaschinerie des Kinos mitunter gerne überspielt. Die ästhetische
Reflexion, durch die sich die Filme auszeichnen, rücken sie in die Nähe zur
Kunst. Mit Meinungen und schnell gezogenen Fazits speist einen Oppenheimer nicht ab. Stattdessen erneuern seine Meisterwerke den Glauben
daran, dass Kunst, Ästhetik und das Kino allen weichgespülten Unterhaltungsangeboten des Betriebs zum Trotz als Erkenntnisinstrumente zum
einen, als Erfahrungsangebote zum anderen noch lange nicht ausgereizt
sind und nichts von ihrer Dringlichkeit verloren haben. D Thomas Groh
OKTOBER 2015 D
9D
INDIEFEATURE
IMAGINE WAKING
UP TOMORROW
AND ALL MUSIC
HAS DISAPPEARED
Hu Ha! Bumm Bumm!
Als ich mir allein in der Wohnung den Dokumentarfilm IMAGINE WAKING
UP TOMORROW AND ALL MUSIC HAS DISAPPEARED ansah, fing ich nach
etwas über einer Stunde an, seltsame Brummtöne von mir zu geben. Da
es in IMAGINE unter anderem darum geht, unterschiedlichste Leute, Landund Fabrikarbeiter, Seniorinnen, Taxifahrer, Nonnen, Bauarbeiter, Kinder,
Kneipenbesucher und Berliner zum Singen zu bringen, ist das auch kein
Wunder. Fast jeder, der diesen Film sieht, wird irgendwelche Töne von
Deutschland/Schweiz/Großbritannien 2015 D 83 min D R: Stefan Schwietert D B: Stefan
Schwietert D K: Adrian Stähli D S: Frank Brummundt, Florian Miosge D M: Jan Tilman Schade
sich geben. Er zeigt das Projekt „The 17“ des Ex-Popstars Bill Drummond.
Drummond war der Anti-Establishment-Mastermind des Pop von 1988 bis
1992. Mit The KLF, The Justified Ancients of Mumu, The Timelords und
Zodiac Mindwarp produzierte er ebenso subversive wie bescheuert-witzige Chartshits in Serie und veröffentlichte das Buch „The Manual. How to
Have a Number One the Easy Way“. Bei den Brit Awards 1992, wo KLF als
beste britische Band ausgezeichnet werden sollten, spielten sie ihren Hit
„3 a.m. Eternal“ mit der Grindcore-Band Extreme Noise Terror in einer brachialen und antagonistischen Version, die damit endete, dass Drummond
mit einer Maschinenpistole Platzpatronen ins Publikum schoss. Vor den
Eingang der After-Show-Party legten Drummond und sein Partner Jimmy
Cauty ein totes Schaf mit der Aufschrift: „I died for ewe – bon appetit“.
Danach beschlossen Drummond und Cauty, aus dem Musikgeschäft auszusteigen. Das taten sie gründlich: Sie ließen ihren Backkatalog löschen.
Ihre alten Platten und CDs gibt es nicht mehr zu kaufen, und auch bei iTunes oder Streaming-Diensten erscheinen sie nicht. Schließlich verbrannten Drummond und Cauty eine Million Pfund, die Reste ihrer Einnahmen
mit The KLF, vor laufenden Kameras.
Drummond verstand schon seine Arbeit im Pop-Geschäft als Kunst, nach
seiner Pop-Karriere stänkerte er höchst amüsant gegen den Kunstbetrieb,
indem er gleichzeitig zum Turner-Preis den „Worst British Artist“-Award
unter den Turner-Preis-Nominierten ausschrieb. Der Preis für den/die
schlechteste/n Künstler/in war doppelt so hoch dotiert wie der offizielle
Turner-Preis. 1993 gewann Rachel Whiteread beide Preise, akzeptierte
aber nur den Turner-Preis.
Start am 22.10.2015
¢ b-ware!ladenkino
¢ fsk-Kino am Oranienplatz OMU
¢ Hackesche Höfe Kino OMU ,
Premiere am 19.10. um 20 Uhr mit
Gästen
¢ Sputnik Kino am Südstern OMU ab
29.10.
OMU
D 10
D OKTOBER 2015
TERMINE UNTER WWW.INDIEKINO.DE
Bill Drummond, an artist and enfant terrible in the British music scene, imagines
a world without musical history. In his
project “The 17” he arranges very simple,
archaic noise-“scores” with volunteers
that include factory workers, nuns and
150 Berliners.
INDIEFEATURE
Von wenigen Ausnahmen abgesehen hatte Drummond danach auch
genug von Provokationen gegenüber dem Kulturbetrieb. Unter dem
Projekttitel „Penkiln Burn“ richtete er seine Arbeit auf Projekte aus, die
sich dem Betrieb entziehen sollen. In vielen seiner Aktivitäten geht es
um das Teilen und Verteilen, aber auch um kollektive Kunstproduktion
und Kunsterfahrung. Drummond zieht Striche und Kreise auf Landkarten
und verteilt entlang der Linien Suppen und Kuchen. Heute ist Drummond
ein sehr sympathischer Herr Anfang 60, dem seine Kinder die Sache mit
der Million Pfund übelnehmen, der aber sonst sehr entspannt wirkt. Sein
Projekt „The 17“, das im Film IMAGINE WAKING UP ONE MORNING AND
ALL MUSIC HAS DISAPPEARED mit der Kamera begleitet wird, folgt einfachen Regeln. Drummond nimmt die Stimmen von Leuten auf, die nach
bestimmten Partituren („Scores“) einzelne Töne oder einfache Tonfolgen
singen. Am Ende des Projekts werden die Aufnahmen gemischt, der Mix
wird einmal gehört und dann werden die Aufnahmen gelöscht. Drummonds Projekt ist eine Kritik der totalen Verfügbarkeit von Musik, die
gleichzeitig dazu führt, dass die Bedeutung einzelner Stücke immer mehr
verschwindet. Aber „The 17“ ist auch ein kollektives Vergnügen: Wenn
Drummond in seinem abgewetzten Ledermantel in eine Fabrik stapft und
die Arbeiter während ihrer Pause davon überzeugen will, vor seinem Mikrofon zu singen, trifft er zunächst auf eine Mischung aus Ablehnung und
erheiterter Abwehr. Am Ende singen alle mit, und wenn die Kamera die
Fabrik verlässt, trällern immer noch einige fröhlich ihre einfachen Tonfolgen. Hu Ha! Bumm Bumm! Drummond sagt, dass die Musik, die Menschen
machen würden, wenn plötzlich alle Musik, alle Kenntnis von Musik, alle
Erinnerung an sie verschwunden wäre, ungefähr so klingen müsste wie
„The 17“. Wesentlich anders war das Konzept von KLF auch nicht. „Wenn
du ein Musiker bist, hör auf, deine Instrumente zu spielen, oder besser
noch, verkauf den Krempel“, empfahlen Drummond und Cauty in „The
Manual“. Dass dadurch äußerst vergnügliche Kunst entstehen kann, hat
Drummond schon oft bewiesen. IMAGINE macht jedenfalls großen Spaß.
Eine der schönsten und rührendsten Performances von „The 17“, die im
Film zu sehen ist, fand übrigens in Berlin statt. D Tom Dorow
Bill Brummond aka Penkiln Burn: www.penkilnburn.com
“The Manual: How to have a Number One the Easy Way:”
freshonthenet.co.uk/the-manual-by-the-klf
INDIEKINO-Im-Sommer-wohnt-er-unten-170x122:Layout 1 21.09.2015 10:45 Seite 1
Ab 29. OktOber
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inTerview.de
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wohnt er unten
Berlin-PreMiere
in Anwesenheit von regisseur Tom Sommerlatte,
den Schauspielern und der Produzentin.
Montag, 26. Oktober in der Kulturbrauerei Berlin
Karten sind im Kino erhältlich
www.imsommerwohnterunten.de
INDIEKRITIKEN
Spanien 2015 D 106 min D R: Fernando León de Aranoa D B: Fernando León de Aranoa
D K: Alex Catalán D S: Nacho Ruiz Capillas D M: Arnau Bataller D D: Benicio Del Toro,
Tim Robbins, Olga Kurylenko, Mélanie Thierry, Fedja Stukan D V: X-Verleih
A PERFECT DAY
HOCKNEY
Seile suchen in Bosnien
Innere Unabhängigkeit und feiner Humor
Bosnien nach dem Bürgerkrieg. UN-Truppen sollen den fragilen Frieden
bewachen, aber noch immer sind bewaffnete Milizen unterwegs, Rachemorde sind Alltag. Eine Gruppe von NGO-Mitarbeitern findet eine Leiche
im letzten nutzbaren Brunnen der Region. Sie müssen die Leiche aus
dem Brunnen holen, bevor sie das Wasser desinfizieren können, aber sie
haben kein Seil und im nächsten Dorf verkauft ihnen auch niemand eines,
vielleicht, weil die Leute dort zur anderen Kriegspartei gehören, vielleicht,
weil man mit frischem Wasser in dieser Lage viel Geld verdienen kann.
Unterwegs treffen die Aufbauhelfer einen kleinen Jungen, dem größere
Jungs einen Fußball geklaut haben, und weil die Situation außer Kontrolle
gerät, versprechen sie dem Kleinen einen neuen Ball. Ein Ball und ein Seil
müssen also her, aber das ist nicht so einfach.
A PERFECT DAY schafft es mühelos, die bedrückende Atmosphäre in
einem vom Bürgerkrieg zerrissenen Land zu zeigen. Gerade noch dominierten zynische Witze die Szene, da gerät man an einen Kontrollpunkt
der Miliz, da zieht jemand unvermittelt eine Waffe, da findet jemand
erhängte Leichen in einem ausgebombten Haus. Die NGO-Mitarbeiter
versuchen ein wenig Ordnung ins Chaos zu bringen, wissen aber, dass
sie selbst nur ein Player in einem komplexen Spiel sind. Ein wenig problematischer ist die Idee, den Film wie ein Buddy-Movie aufzuziehen, bei
dem die guten, richtigen und sinnvollen Aktionen des ruhigen Mambrú
(Benificio del Toro) und des zynischen, aber gutherzigen B (Tim Robbins)
durch die Aktionen der unbesonnen-naiven Sophie (Mélanie Thierry) und
der abgekocht-karrieristischen Katya (Olga Kurylenko) gefährdet werden.
Der Film ist exzellent geplottet, schmissig erzählt und hat durchaus ein
Anliegen, aber sein Blick auf die Girl Troubles seiner Helden wirkt wie aus
einem Spencer Tracy/Katherine Hepburn Film der 40er Jahre des letzten
Jahrhunderts. D Tom Dorow
Start am 22.10.2015
+
¢ b-ware!ladenkino
ab Ende Oktober
OMU
¢ filmkunst66
¢ Hackesche Höfe Kino OMU ,
tip Preview am 14.10. um 20 Uhr
DF
D 12
OMU
D OKTOBER 2015
Großbritannien 2014 D 112 min D R: Randall Wright D B: Randall Wright D K: Patrick Duval
D S: Paul Binns D M: John Harle D V: Arsenal Filmverleih
Bosnia after the civil war. NGO employees discover a body in the district’s
last working well. They need to remove
the body but rope is nowhere to be
found.
Der Dokumentarfilm HOCKNEY ist wie der Künstler David Hockney ist
wie sein Werk: flink, farbenfroh, frech, zugleich sehr aufmerksam, voller
bewusster Wahrnehmung, mit Tiefgang und Zärtlichkeit, überhaupt nicht
naiv und trotzdem optimistisch. In der dichten Mischung aus Interviewzeugnissen seiner Freunde und Kollegen, visuellen Befragungen seiner
Werke und filmischen Experimenten aus Hockneys Privatarchiv wird
zusammengepuzzelt, wie David die Welt sieht. Hockney ist – auf eine
freundliche, aber bestimmte Art, die sehr britisch anmutet – ein Verteidiger von Freiheiten. Seine innere Unabhängigkeit erlaubt ihm einen feinen
Humor, mit dem er auch in einer todernst auf abstrakten Expressionismus
eingestimmten Umgebung seelenruhig weiter figurativ arbeiten konnte.
Dabei hält er die verabsolutierte Zentralperspektive für „unmenschlich“
und plädiert für eine Multiperspektivität, die er in seinen Foto- und Gemäldecollagen selbst einlöst. Solch Nonkonformismus nahm seinen Anfang
mit Davids Vater, der, obwohl ein Angehöriger der Arbeiterklasse und kein
Aristokrat, ihm beibrachte, sich nicht „zu sehr“ darum zu sorgen, was die
Nachbarn denken könnten. Folgerichtig versteckte der junge Künstler
sein Schwulsein nicht, obwohl Homosexualität in den 60ern noch unter
Strafe stand. Danach gefragt, ob er Diskriminierungen ausgesetzt war,
bemerkt er nur lakonisch, er habe in „Bohemien“ gelebt, und das Reich
der Bohémiens sei ein sehr tolerantes Land… Von dieser Lebenswelt der
Künstler und Intellektuellen, die intensiven freundschaftlichen Austausch
pflegen, bekommt man im Vorbeigehen einen vitalen Eindruck. Anschaulich werden ebenso die verschiedenen Werkgruppen Hockneys. Regisseur
Randall Wright gelingt es, Entstehungskontexte so vor Augen zu führen,
dass die zugrundeliegenden Fragestellungen des Künstlers gut nachvollziehbar werden. D Anna Stemmler
Start am 15.10.2015
¢ b-ware!ladenkino
¢ City Kino Wedding
¢ Xenon Kino OMU
OMU
OMU
HOCKNEY explores the world of the
happiest of pop artists: David Hockney
in a dense assemblage of interviews
with friends and colleagues, visual
explorations of his works and filmic
experiments from his own private
archive.
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INDIEKRITIKEN
Kanada 2015 D 95 min D R: François Simard, Anouk Whissell, Yoann-Karl Whissell
D B: François Simard, Anouk Whissell, Yoann-Karl Whissell D K: Jean-Philippe Bernier
D S: Luke Haigh D D: Michael Ironside, Romano Orzari, Munro Chambers, Laurence Leboeuf,
Edwin Wright, Aaron Jeffery D V: Ledick Filmhandel/Drop-out Cinema
TURBO KID
MEDITERRANEA
Für Filmnerds und Nostalgiker
Harte Realität im Land der Orangen
Achtung, jetzt wird es verwirrend: Die kanadischen Regisseure Francois
Simard, Anouk Whissell und Yoann-Karl Whissell präsentieren im Jahr
2015 einen liebevollen Low-Budget-Actionfilm, der so tut als wäre er eine
trashige Mitachtziger-Endzeit-Dystopie, die in der Zukunft des Jahres
1997 spielt. Oder um es in einer simplen Logline auf den Punkt zu bringen: DIE BMX-BANDE trifft MAD MAX. Mit TURBO KID haben die Filmemacher ihrer Fantasie und Kreativität freien Lauf gelassen und eine einzige nostalgische Liebeserklärung an eine Film-Ära geschaffen, die ihren
Machern noch als kindliche, bisweilen auch abstruse Spielwiese diente
und dabei im Zweifel die Fantasie über den Perfektionsdrang stellt. Hier
nimmt es Comicfan The Kid (Munro Chambers) an der Seite der mysteriös-eigenartigen Apple (Laurence Leboeuf) mit dem sadistischen Zeus
(Michael Ironside), seinem brutalen Gehilfen Skeletron (Edwin Wright) und
ihrer Gang auf, um sich von deren Gewaltherrschaft zu befreien. Dabei
helfen ihm die Turbokräfte des alten Raumfahreranzugs seines großen
Idols Turbo Man – und natürlich sein jugendlicher Mut. Die Geschichte
selbst wurde dafür bis auf ihr Skelett reduziert, doch als Ausgleich haben
die Filmemacher den Splatter-Faktor exorbitant in die Höhe getrieben.
Dazu kommen eine liebevolle Ausstattung, originelle Masken und ein
wunderbarer Synthie-Soundtrack, der auch direkt von Giorgio Moroder
oder John Carpenter stammen könnte. Das spricht natürlich vor allem
Filmnerds und Nostalgiker an, ist so herrlich selbstreferentiell, dass sich
die Balken biegen und macht einen Höllenspaß. TURBO KID verdeutlicht
außerdem, was den durchgestylten und marketingorientierten Blockbuster-Produkten von heute in vielen Fällen fehlt – das Herz, die Seele und
das feste Vertrauen auf verbündete Zuschauer, die dieses Abenteuer
gemeinsam erleben wollen. D Jens Mayer
Start am 22.10.2015
¢ b-ware!ladenkino
¢ Filmrauschpalast OMU
¢ Z-inema, 27.10. um 20 Uhr
OMU
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Deutschland/Frankreich/USA/Italien/Qatar 2015 D 110 min D R: Jonas Carpignano
D B: Jonas Carpignano D K: Wyatt Garfield D S: Nico Leunen, Alfonso Gonçalves, Sanabel
Cherqaoui D M: Dan Romer, Benh Zeitlin D D: Alassane Sy, Koudous Seihon, Annalisa
Pagano, Aisha, Paolo Sciarretta D V: DCM Film Distribution
TURBO KID takes viewers back into
a1980s low budget b-movie universe.
Comic book fan The Kid and the mysterious Apple fight against the devious
Zeus, his brutal sidekick Skeletron and
their gang in order to rid the world of
Zeus’ regime of terror.
MEDITERRANEA erzählt die Geschichte von Ayiva und Abas, zwei jungen
Männern aus Burkina Faso, die nach Italien auswandern. Ihre gefährliche
Anreise führt sie über Algerien und Libyen, sie werden ausgeraubt, erleiden Schiffbruch und werden von der italienischen Küstenwache aufgelesen. In Italien kümmern sich Freunde und Verwandte, organisieren ihnen
ein durchlässiges Zelt in einer Art Slum, einen Job auf einer Orangenplantage und erklären ihnen, wie es läuft: Ihr habt drei Monate Zeit, einen
Arbeitsvertrag zu bekommen, dann erhaltet ihr ein Visum. Ein bisschen
erinnert MEDITERRANEA an IN THIS WORLD von Michael Winterbottom,
der 2002 semidokumentarisch den beschwerlichen Fluchtweg eines Jungen von Afghanistan nach England beschrieb. Hier ist die Reise allerdings
nur der Anfang, vor allem geht es in MEDITERRANEA um die Ankunft in
Italien, die prekären Lebensbedingungen, den Alltagsrassismus, die Überlebensstrategien, die ständige Ambivalenz der Gefühle. Während Ayiva
mit seinem ruhigen, souveränen Blick die Realität taxiert, ackert und
auch buckelt, ist Abas, der jüngere der beiden, entsetzt von dem, was
er in Europa vorfindet. Besonders deutlich wird das bei einem Wohltätigkeitsessen, das eine ältere Dame gibt, die sich von den Flüchtlingen
gerne „Mama Afrika“ nennen lässt. Mit gequälten Gesichtern spielen die
Männer das zugleich entwürdigende und gut gemeinte Spiel mit. Was soll
man auch tun, wenn man Hunger hat? Regisseur Jonas Carpignano bleibt
stets dicht bei seinen Protagonisten, versteht sichtlich die Welt in der
sie leben und aus der sie kommen. Tatsächlich ist Carpignano für seine
Recherche in das Städtchen Rosarno gezogen, in dem 2010 die Gewalt
gegen Flüchtlinge eskalierte, und hat dort seine Protagonisten und deren
Situation kennen gelernt, bevor er gemeinsam mit ihnen zunächst den
preisgekrönten Kurzfilm A CHJÀNA und nun mit MEDITERRANEA sein
beeindruckendes Spielfilmdebüt gedreht hat. D Hendrike Bake
Start am 15.10.2015
¢ fsk-Kino am Oranienplatz
OMU
MEDITERRANEA follows Ayiva and
Abas on their dangerous journey from
Burkina Faso to Italy where they try to
start a new life.
OKTOBER 2015 D
13 D
INDIEKRITIKEN
Österreich 2015 D 95 min D R: Kurt Langbein D B: Kurt Langbein, Christian Brüser
D K: Attila Boa, Wolfgang Thaler, Christian Roth D S: Andrea Wagner D M: Thomas Kathriner
D V: Movienet Filmverleih
LANDRAUB
Globale Akquise
LANDRAUB geht ein komplexes Thema an, und tut es in der scheinbar
einfachsten Art. Er verzichtet fast völlig auf Off-Kommentare und lässt die
Betroffenen und Beteiligten selbst erzählen. Der Landraub selbst ist dabei
nur ein kleiner Teil der größeren Geschichte, Detail eines überwältigend
großen Systems. Weltweit werden Kleinbauern ihre Felder billig abgekauft
oder schlichtweg gestohlen, um darauf großindustrielle Landwirtschaft zu
errichten. Stolz erzählen die Geschäftsführer von produktiven Palmen
und den zu erwartenden Gewinnen. Sie sehen sich als Wohltäter armer
Regionen oder als Wahrer von Traditionen. Ungarn gehörte schon früher
zu Österreich, deswegen liegt es nahe, wieder da zu investieren, erzählt
einer. Auf der anderen Seite stehen Kleinbauern, die ohne Felder nicht
mehr ihre eigene Nahrung anbauen können und für dieselben Firmen,
die ihr Land nun besitzen, arbeiten müssen, um zu überleben. Wenn auch
vieles nicht vor unserer Haustür stattfindet, so wird es doch befüttert von
EU-Hilfsprogrammen, die ein sich selbst erhaltendes System geworden
sind, in dem „garantierte Nachhaltigkeit“ ein eigenes Produkt geworden
ist, bei dem es nur noch um Hektar, Erträge und Konzessionen geht.
Insgesamt ist der Film als eine Reihe von Zoom-Outs gestaltet, die mit
dem Fokus auf einer erzählenden Person beginnen und dann stetig den
Blick ausweiten, bis man mit dem ganzen Komplex konfrontiert ist. Arbeiter in Reih und Glied, die ihrer Firma Treue schwören, bevor die Kamera
sich hebt und man sie in endlosen Palmenplantagen ameisengleich herumwuseln sieht. Anderswo sind riesige Maschinen zu sehen, die Felder
bewässern und dabei wie etwas aus TERMINATOR 2 erscheinen. Diese
Bilder machen die Geschichten von nicht mehr überschaubaren Systemen erfahrbar, die erst Bedürfnisse erschaffen, um diese dann durch
Raub und Ausbeutung profitreich zu befriedigen. D Christian Klose
Start am 8.10.2015
¢ Acud Kino
¢ Filmrauschpalast OMU
¢ Sputnik Kino am Südstern
All over the world, peasants are driven
off their land by multinational agricultural companies.
OMU
D 14
D OKTOBER 2015
OMU
Deutschland 2012-2014 D 82 min D R: Aleksandar Nikolic D B: Aleksandar Nikolic
D K: Aleksandar Nikolic, Caspar Brink D S: Andreas Preisner, Aleksandar Nikolic
D M: Enrica Sciandrone D V: Barnsteiner Film
DER SERBISCHE ANWALT –
VERTEIDIGE DAS ­
UNFASSBARE!
Rechtsstaatlichkeit im konkreten Vollzug
Mit seinem Porträt DER SERBISCHE ANWALT rückt Aleksandar Nicolic
ganz dicht an eine schwer auflösbare Facette moderner Rechtsstaatlichkeit: Wie lassen sich der Glaube an Recht und Gerechtigkeit mit der
juristischen Verteidigung von Schwerverbrechern vereinen? Etwa im Fall
von Radovan Karadžić, dem einstigen Präsidenten der serbischen Republik, der sich seit seiner Verhaftung im Jahr 2008 vor dem Tribunal in
Den Haag unter anderem für das Massaker von Srebrenica verantworten
muss. Für Marko Sladojević aus dem Rechtsbeistand des Angeklagten
stellt der Prozess aus Karrieregründen zwar eine einmalige Chance dar,
doch aus biografischen Gründen zugleich auch eine besondere Herausforderung. Als junger Oppositioneller war er einst selbst vor Karadžićs
Politik in die Niederlande geflohen. Eine schizophrene Haltung? Nur im
Ansatz. Denn Nicolics einfühlsam beobachtendes Porträt zeigt nicht nur
die identitären Widersprüche, die den Alltag von in der Diaspora lebenden
Exilanten prägen. Es besticht auch als Demonstration von Rechtsstaatlichkeit im konkreten Vollzug: So macht sich ein guter Anwalt nicht mit
der Position seines Klienten gemein – er trägt lediglich dafür Sorge, dass
in der juristischen Bestandsaufnahme ein möglichst vollständiges Bild zur
Kenntnis genommen wird, wie Sladojevićs Ehefrau, ebenfalls Anwältin aus
Karadžićs Team, es an einer Stelle formuliert.
Rechtsstaatlichkeit als demokratisches Gut, das eine maßregelnde von
einer rächenden Gesellschaft unterscheidet: Dort, wo sie besonders
schmerzt, tut sie erst ihren Dienst. D Thomas Groh
Start am 8.10.2015
¢ filmkunst66
OMU
THE SERBIAN LAWYER is a subtle
portrayal of Marko Sladojević, a lawyer
whose current job is to defend Radovan Karadžić, the former president of
the Serbian Republic, in the International Court of Justice in The Hague.
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INDIEKRITIKEN
DER STAAT GEGEN FRITZ
BAUER
Deutschland 2015 D 105 min D R: Lars Kraume D B: Lars Kraume, Olivier Guez D K: Jens
Harant D S: Barbara Gies D M: Christoph Kaiser, Julian Maas D D: Burghart Klaußner, Jörg
Schüttauf, Laura Tonke, Ronald Zehrfeld, Sebastian Blomberg, Dani Levy, Robert Atzorn, Götz
Schubert, Matthias Weidenhöfer, Michael Schenk D V: Alamode Filmverleih
Biopic eines echten Vorbilds
Wenn DER STAAT GEGEN FRITZ BAUER englischsprachig wäre, dann
hätte Burghart Klaußner den Darsteller-Oskar so gut wie in der Tasche.
Klaußner verkörpert den kleinen knurrigen, zähen, ständig an einer
Zigarre oder Zigarette nuckelnden Generalstaatsanwalt Fritz Bauer mit
einer Präzision der Bewegungen, der Haltung und der Sprache, die es
einem schwer vorstellbar erscheinen lässt, dass Klaußner sich je anders
bewegt oder gesprochen hat. Man spürt seine Präsenz im Raum, ahnt die
unerzählten Vor- und Nebengeschichten, die Bauers komplexen Charakter
ausmachen, vermeint den Tabak in Kleidung und Fingernägeln förmlich
zu riechen, hört in den kurz gebellten Anweisungen eine ganze Welt: die
Verwurzelung in der Provinz, die durchdachten Argumentationsketten des
Juristen und den knatternden Immer-noch-Kommando-Sound der 50er
Jahre.
Fritz Bauer, der Jurist, der Anfang der sechziger Jahre die ersten Auschwitz-Prozesse in Frankfurt durchsetzte und damit die Mauer des Schweigens brach, die Deutschland um die NS-Vergangenheit errichtet hatte,
erlebt derzeit eine sehr verdiente Wiederentdeckung. Christian Petzold
widmete ihm sein Neo-Noir-Nachkriegsdrama PHOENIX. Giulio Ricciarellis IM LABYRINTH DES SCHWEIGENS erzählte, inspiriert von Bauer, von
einem jungen Mann, der gegen alle Widerstände gegen einen ehemaligen
KZ-Wächter ermittelt. In DER STAAT GEGEN FRITZ BAUER fiktionalisiert
Lars Kraume (MEINE SCHWESTERN, DIE KOMMENDEN TAGE) jetzt eine
Begebenheit aus Fritz Bauers Leben, die sich vor den Auschwitz-Prozessen zutrug, aber erst nach seinem Tod ans Licht kam: Bauers Beteiligung
an der Aufspürung und Verurteilung Adolf Eichmanns.
Start am 1.10.2015
¢ b-ware!ladenkino ab Ende Oktober
¢ Bundesplatz Kino
¢ Eva Lichtspiele ab 15.10.
¢ Hackesche Höfe Kino
¢ Sputnik Kino am Südstern ab Ende
Oktober
TERMINE UNTER WWW.INDIEKINO.DE
THE PEOPLE VS FRITZ BAUER explores
an episode in the life of Fritz Bauer, the
Federal Prosecutor General, who was
instrumental in the arrest and trial of
Adolf Eichmann and who later initiated
the Auschwitz trials.
Deutschland 1957. Der schwäbische Jurist und Sozialdemokrat Fritz
Bauer, Sohn jüdischer Eltern, ist nach Verfolgung und Exil nach Deutschland zurückgekehrt. Seit sechs Jahren arbeitet er wieder als Staatsanwalt, seit einem Jahr macht er sich in seiner hessischen Heimat als
Generalstaatsanwalt durch die hartnäckige Verfolgung von NS-Tätern
unbeliebt. Bauer ist für die alten Netzwerke eine massive Bedrohung:
er hat keine Angst vor der alten Garde und kein Problem damit, sich
Feinde zu machen. Von ihm stammt der Ausspruch: „Wenn ich mein
Büro verlasse, betrete ich Feindesland.“ Als ihm ein Hinweis über den
Aufenthaltsort Adolf Eichmanns zugespielt wird, hütet er sich, den Hinweis an die Behörden weiterzugeben. Er weiht nur seinen alten Genossen, den hessischen Ministerpräsidenten Georg-August Zinn ein und
kontaktiert den Mossad. Als er alleine nicht weiterkommt, wendet er
sich an Karl Angermann, einen jungen enthusiastischen Staatsanwalt
der für ihn arbeitet.
Angermann, gespielt von Ronald Zehrfeld, ist eine der wenigen erfunden
Figuren in Kraumes Fritz-Bauer-Universum, ein Vertreter einer jungen
Generation, die sehnlichst auf einen wie Bauer gewartet hat, einen der
sie nicht mit Lügen abspeist sondern der unangenehmen Wahrheit lieber
ins Gesicht sieht und der eine Vorstellung davon hat, wie eine bessere
Zukunft aussehen könnte. Einen, der zum Vorbild taugt. In einer Fernsehsendung, die Kraume nachstellt, wird Bauer von ratlosen jungen Leuten
gefragt, worauf man denn als Deutscher überhaupt noch stolz sein könne.
Bauer, der Ex-Häftling und Ex-Flüchtling, kann die Frage beantworten, an
der die meisten der Elterngeneration gescheitert wären: Auf das, was man
selbst geschaffen und aufgebaut hat.
DER STAAT GEGEN FRITZ BAUER ist ein klug arrangiertes Biopic, ein kammerspielartiger Polit-Thriller, eine Hommage und darüber hinaus auch ein
kleines bisschen Buddy-Movie. Sehr zurückhaltend erzählt der Film wie
sich zwischen dem lakonischen alten Knochen Bauer und dem jungen,
beflissen wirkenden Angermann mit seinem hübschen Allerweltsgesicht
Vertrauen bildet. Beide sind Außenseiter in der erstickenden Adenauer-Ära und beide sind die Hoffnung auf eine Zukunft. D Hendrike Bake
OKTOBER 2015 D
15 D
INDIEKRITIKEN
USA/Australien 2014 D 94 min D R: Tony Ayres D B: Blake Ayshford D K: Simon Chapman
D S: Andy Canny D M: Cornel Wilczek D D: Alex Russell, Sullivan Stapleton, Jessica De Gouw,
Robert Morgan, Paul Moder, Jim Russell, Megan Holloway D V: Pro-Fun Media
CUT SNAKE
Italien 2013 D 110 min D R: Alessandro Rossetto D K: Daniel Mazza D S: Jacobo Quadri
D D: Diego Ribon, Maria Roveran, Roberta Da Soller, Vladimir Doda, Mirko Artuso
PICCOLA PATRIA –
SMALL HOMELAND
Männliche Gewaltverbrüderungen
Zwischen Doku und Fiktion
Sidney, Mitte der siebziger Jahre. Der hübsche Merv und die brave Paula
haben sich gerade verlobt. Merv hat einen neuen Job in einer Besenmanufaktur, Paula hat ein hübsches Haus. Da taucht Mervs alter Knastkumpel
Jim auf, genannt „Pommie“. Ein Kasten von einem Kerl, wirkt Pommie wie
die Apotheose der australischen „Mate“-Kultur: Bier in der einen Hand,
Fluppe in der anderen, stets zu einem plötzlichen Gewaltausbruch bereit.
Die Begrüßung zwischen Merv, den Jim stets „Little Sparra“, also etwa
„Spätzchen“ nennt, ist einen Tick zu körperlich für Hetero-Kumpels, und
Merv wirkt wenig begeistert über den Besuch seines alten Freundes, der
ihn dann auch gleich für den alten Lebensstil gewinnen will. Als das nicht
gelingt, zieht Jim andere Seiten auf, die schnell dazu führen, dass von
Merv und Paulas Häuschen und Gärtchen nicht viel übrig bleibt.
Die Geschichte von Männern, die von ihrer Vergangenheit wieder eingeholt werden, ist schon oft erzählt worden, die von Beziehungen, die
durch Ex-Lover ins Wanken geraten, ebenfalls, aber von einer schwulen
Gangstervergangenheit werden nicht so viele Filmhelden heimgesucht.
CUT SNAKE ist zugleich Genre-Thriller und Beziehungsdrama. Merv hat
sowohl seine Knast- als auch seine schwule (oder bisexuelle) Geschichte
stets verheimlicht und sein Verhältnis zu Merv und seiner Vergangenheit
ist komplizierter, als es zunächst den Anschein hat. Den ersten und auch
den zweiten von Pommies Gewaltausbrüchen versucht er noch zurück zu
halten. Bei einer dritten Schlägerei steigt er mit einer Begeisterung ein,
als hätte er endlich zur wahren Natur gefunden. Prompt kommt es zur ersten echten erotischen Begegnung zwischen den beiden. CUT SNAKE ist
sehr hartes, exzessives Genrekino, kann aber auch als queerer Kommentar zu männlichen Gewaltverbrüderungen in Gangsterfilmen verstanden
werden. D Hannes Stein
Start am 15.10.2015
¢ b-ware!ladenkino
¢ Xenon Kino OMU
D 16
OMU
D OKTOBER 2015
Merv is about to marry Paula, when
his prison buddy Jim aka Pommie
shows up. Pommie wants Merv to go
back to the old lifestyle, but he also
has an erotic interest in Merv. When
Merv refuses, Pommie shows his
violent side.
Die Luftaufnahmen der im Nordosten Italiens gelegenen Region Venetien erinnern an eine malerische und geordnete Modellbaulandschaft:
Wiesen, Felder, Häuser, Gebäude, alles scheint in geometrische Formen
geordnet und unterteilt. Doch was sich wie ein glücklich-ländliches Idyll
präsentiert, wirkt auf den zweiten Blick verlassen und trostlos. Die beiden unterschiedlichen Freundinnen Luisa (Maria Roveran) und Renata
(Roberta Da Soller) haben jedenfalls nur ein Ziel, sie wollen hier raus und
nach China auswandern. Ihre mageren Gehälter als Zimmermädchen in
einem schicken Hotel bessern sie als Gelegenheits-Prostituierte auf, doch
dann wittern sie ihre Chance, durch eine Erpressung an das benötigte
Geld zur Flucht zu kommen. In der Zwischenzeit verliebt sich Luisa ausgerechnet in den Albaner Bilal (Vladimir Doda), was zusätzliches Konfrontationspotenzial mit ihrem ausländerfeindlichen Vater Marco (Mirko Atruso)
bedeutet.
Der Dokumentarfilmregisseur Alessandro Rossetto hat mit SMALL
HOMELAND sein Spielfilmdebüt als sozialrealistische Mischung aus Film
Noir und Melodram angelegt. Dabei lässt er die dramaturgischen Zügel
der Story eher locker schleifen und legt stattdessen Wert auf reale Situationen: „Als Dokumentarfilmer ist der letzte Moment der des Drehs, es
gibt also etwas nicht Vorhersehbares. Ich lasse diesen letzten Moment
immer noch für die Veränderung offen“, erklärt der Filmemacher seine
Herangehensweise zwischen Doku und Fiktion, bei der er großen Wert auf
die Improvisationsarbeit mit seinen Darstellern gelegt hat. Rossetto nutzt
hier für sich die Mittel seiner bisherigen Arbeit, um das wenig schmeichelhafte Portrait einer Region zu zeichnen, unter deren Bilderbuchimage sich
eine gesellschaftliche Atmosphäre der Unzufriedenheit, Gier, Heuchelei
und Fremdenfeindlichkeit offenbart. D Jens Mayer
¢ Il Kino
OMU
Seen from above, Venetien, a region
in Northeast Italy, seems like a
rural haven. On second sight greed,
hypocrisy and xenophobia show their
ugly faces in this debut fiction feature
by documentary filmmaker Alessandro
Rossetto.
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INDIEKRITIKEN
Originaltitel: The Program D Frankreich/Großbritannien 2015 D 103 min D R: Stephen
Frears D B: John Hodge D K: Danny Cohen D S: Valerio Bonelli D M: Alex Heffes D D: Dustin
Hoffman, Ben Foster, Chris O’Dowd, Lee Pace, Jesse Plemons D V: Studiocanal
THE PROGRAM –
UM JEDEN PREIS
Neuseeland 2014 D 93 min D R: Bryn Evans D B: Bryn Evans D K: Bevan Crothers
D S: Peter Roberts D M: Tom Fox, Marshall Smith, The Sound Room D V: Rise and Shine
Cinema
HIP HOP-ERATION
Mit Senioren-Hip Hop nach Las Vegas
Gut geöltes Räderwerk
So richtig sympathisch ist keiner der Protagonisten von Stephen Frears Verfilmung der Lance-Armstrong-Geschichte THE PROGRAM – UM
JEDEN PREIS nach dem Buch „Seven Deadly Sins: My Pursuit of Lance
Armstrong“ von David Walsh. Am ehesten taugt der hartnäckige irische
Sportreporter und Radsportenthusiast David Walsh (Chris O’Dowd) als
Identifikationsfigur. Gleich zu Beginn des Films gelingt es ihm, den jungen Radsport-Aufsteiger Lance Armstrong (Ben Foster) zu interviewen,
der schon da Erfolgsversessenheit als einzige und alles beherrschende
Charaktereigenschaft offenbart. Systematisch arbeitet Armstrong an
seiner Karriere. Seine Selbstoptimierungsversuche führen ihn zu Drogen
und zum sagenumwobenen italienischen Sportarzt Dr. Michele Ferrari,
der von Guillaume Canet mit einem Hauch „Mad Scientist“ gespielt wird.
Ferrari nimmt Maß und erklärt Armstrong für körperlich zum Bergfahrer
ungeeignet. Aber er nimmt ihn in sein „Programm“ auf, das in Wirklichkeit ein ausgeklügeltes chemisches Experiment ist. THE PROGRAM folgt
detailreich, effektiv und recht kühl den Stationen des bis dato größten
Dopingskandals der Radsportgeschichte. Auf den ersten Erfolg folgt
die Krebsdiagnose, die erfolgreiche Therapie und dann die sagenhaften
Gewinne der Tour de France sieben Mal in Folge. Während Walsh nach
Beweisen für seinen Dopingverdacht sucht und dafür von Journalisten und
Verbänden gemobbt wird, nehmen Armstrong und das Team US Postal
diese im Tourbus mit schöner Routine ein. Die Selbstverständlichkeit mit
der sich alle Sportler, sogar die, die keine Drogen nehmen, am System
beteiligen, ist schwindelerregend. Frears zeigt ein gut geöltes Räderwerk,
in dem Doping selbstverständlich zur Ausstattung gehört. Zweifel scheinen gar nicht erst aufzukommen. Erst als Floyd Landis (Jesse Plemons)
überführt wird und auspackt, bricht das System ein. D Hendrike Bake
Start am 8.10.2015
¢ b-ware!ladenkino
ab Mitte Oktober
¢ Bundesplatz Kino
¢ filmkunst66 DF
DF
+
OMU
DF
+
OMU
TERMINE UNTER WWW.INDIEKINO.DE
THE PROGRAM tells the story of the
biggest doping scandal to date very
effectively if a tad removed. Ben Foster
plays Lance Armstrong as he wins his
first races, discovers doping, battles
cancer, wins the Tour de France and is
exposed as a fraud.
Eigentlich klingt die Idee nach einem PR-Gag, der ein bisschen zu niedlich
ist um wahr zu sein: 27 Senioren zwischen 66 und 94 bilden eine Hip
Hop-Tanzgruppe und beschließen, bei den Hip Hop-Weltmeisterschaften in Las Vegas aufzutreten. Tatsächlich wird die Geschichte der Crew
HIP HOP-ERATION, die sich so nennt, weil so viele Mitglieder schon eine
Hüft-OP hinter sich haben, schnell glaubhaft. Die Tanzlehrerin Billie Jordan unterrichtet ihre Truppe auf der kleinen Insel Waiheke, die 18 km
vor Auckland in Neuseeland liegt. Daran, dass Billie enthusiastisch genug
ist, um ein Filmteam von ihrer Idee zu überzeugen, kann kein Zweifel
bestehen. Billie ist so herzlich und ansteckend begeistert, dass sie einem
Pinguin einen Kühlschrank andrehen könnte. Weder Billie noch irgendjemand aus ihrer Seniorentanztruppe hört Hip Hop, aber Billie hat sich Youtube-Videos angesehen und ein paar Moves herausgefunden. Wirkliche
Begeisterung bei den Senioren kommt aber erst auf, als Billies Truppe der
DZIAH Dance Crew begegnet, einer erfolgreichen Hip Hop-Crew, die vor
allem aus Maori und Pazifikinsulanern besteht. Die jungen Leute schließen die Alten sofort ins Herz, und die Alten sind begeistert von deren
Athletik und Freundlichkeit. Regisseur Bryn Evans und sein Team kommen
vor allem drei Frauen aus der HIP HOP-ERATION Crew allmählich näher:
Maynie Thompson (95), Kara Nelson (94) und Terri Woolmore-Godwin
(94). Maynie und Kara sind alte Freundinnen, die in den 60er und 70er
Jahren zusammen Aktivistinnen der Friedensbewegung und Anti-Atomkraftbewegung waren. Die eher schüchterne ehemalige Musiklehrerin
Terri sorgt sich vor allem um ihren an Alzheimer erkrankten Ehemann
Bill, mit dem sie seit 73 Jahren verheiratet ist. HIP HOP-ERATION ist ein
sehr freundlicher und rührender Feelgood-Film, der gerade den Preis der
Jugendjury bei der Filmkunstmesse Leipzig erhalten hat. D Hannes Stein
Start am 1.10.2015
+
¢ b-ware!ladenkino
¢ Sputnik Kino am Südstern
DF
¢ Union Filmtheater
DF
OMU
DF
+
OMU
HIP HOP-ERATION shows how 27
non-agers between 66 and 95 form a
hip hop crew and set out to perform
a tribute show at the Hip Hop World
Championship in Las Vegas.
OKTOBER 2015 D
17 D
INDIEKRITIKEN
Deutschland 2014 D 76 min D R: Claudia Funk D B: Claudia Funk D K: Julia Weingarten
D S: Lale Özdönmez D M: Ensemble Vinorosso D V: GMfilms
ARBEIT MACHT DAS LEBEN
SÜSS, FAULHEIT STÄRKT DIE
GLIEDER
Bauernhof-Alten-WG
Dass ausgerechnet in fast schon vergessenen Traditionen richtungsweisende Modelle für die Lebensformen der zukünftigen Gesellschaft liegen
können, zeigt sich bereits seit einigen Jahren, beispielsweise im Trend
zur ökologischen Landwirtschaft und dem Wiederentdecken alter Rezepte
und Zutaten. Die Filmemacherin Claudia Funk stellt in ihrem Film über
die Bewohner eines rumänischen Altenheims einen möglichen Entwurf
für das zeitgemäße Wohnen im Alter vor. Dort haben sich die wenigen
verbliebenen Siebenbürger Sachsen, eine deutschsprachige Minderheit
und die älteste existierende deutsche Siedlergruppe der Region, versammelt, nachdem im Zuge der deutschen Wiedervereinigung die Mehrheit
in Richtung Bundesrepublik auswanderte. Zurück blieben vor allem Alte,
Kranke und Familienlose. In dem kleinen Heim leben sie weitgehend
selbstständig in einer Art Wohngemeinschaft zusammen und arbeiten bis
ins hohe Alter weiter in den angeschlossen Ställen und auf den Feldern,
die sie im Stile eines genossenschaftlichen Betriebs nach alten Bräuchen bewirtschaften. Die Selbstversorgung bringt den Betreibern nicht
nur eine essentielle wirtschaftliche Ersparnis, sondern den Bewohnern
eine sinnvolle Beschäftigung, die sie aktiv hält und ihnen zudem Wertschätzung und Selbstachtung garantiert. Ruhig, sorgfältig, ganz auf die
Menschen und ihren Lebensrhythmus ausgerichtet, portraitiert ARBEIT
MACHT DAS LEBEN SÜSS damit nicht nur liebe- und respektvoll die aussterbende Sprache und Kultur der Siebenbürger Sachsen und ihre Stellung in der wechselhaften Geschichte des letzten Jahrhunderts, sondern
findet hier auch ein alternatives Konzept zum Umgang der Gesellschaft
mit der älteren Generation. D Jens Mayer
Start am 1.10.2015
¢ filmkunst66
D 18
DF
D OKTOBER 2015
Claudia Funk’s documentary portrays
an unusual Rumanian retirement home
in which the inhabitants still work in
the neighboring fields and tend to the
livestock – each to his or her ability.
USA 2015 D 121 min D R: Denis Villeneuve D B: Taylor Sheridan D K: Roger Deakins
D S: Joe Walker D M: Jóhann Jóhannsson D D: Benicio Del Toro, Emily Blunt, Josh Brolin,
Jeffrey Donovan, Victor Garber, Daniel Kaluuya, Jon Bernthal, Raoul Trujillo, Maximiliano
Hernández D V: Studiocanal
SICARIO
Wie ein böses schlafendes Tier
Ein SICARIO ist ein Auftragskiller der lateinamerikanischen Drogenmafia. In Denis Villeneuves neuem Film scheint aber zunächst gar kein Auftragskiller aufzutreten. Die DEA-Agentin Kate wird nach einem Einsatz in
Arizona, bei der ihre Einheit eine grausame Entdeckung macht, in eine
geheime Spezialeinheit berufen. Was dort eigentlich ihre Aufgabe sein
soll, bleibt ihr völlig unklar. Die Truppe besteht aus hartgesottenen Söldnern, ihr Kommandant wirkt ebenso autoritär wie geheimnisvoll, und dann
ist da noch der Südamerikaner Alejandro (Benicio del Toro), dessen Rolle
nebulös ist, der sich aber schnell als extrem gefährlicher Mann erweist.
Denis Villeneuves Filme sehen immer originell aus, seine Schauspielerführung lebt von intensivem Understatement. Das macht sie vielen
anderen überlegen, zumal, wenn Villeneuve mit wirklich guten Autoren
zusammen arbeitet wie in ENEMY, PRISONERS und INCENDIES. SICARIO
ist dagegen ein Film, der fast ausschließlich von Villeneuves Stärken leben
muss. Das Drehbuch, Autorendebüt des Schauspielers Taylor Sheridan,
pendelt unentschlossen zwischen Genre-Pop und Polit-Thriller mit dokumentarischem Anspruch. Aber Villeneuve macht die schwächelnde Story
virtuos wett. Wenn Kate mit ihren neuen Chefs in die Grenzstadt El Paso
fliegt, wirkt die Landschaft unter ihr wie ein großes, böses schlafendes
Tier, das sich im nächsten Moment erheben wird. Alles ist belebt, und
alles ist gefährlich. Das Böse durchdringt in Villeneuves Filmen das Reale
und bedroht ständig die Identität der Personen. In SICARIO ist es vor
allem Kates moralische Gewissheit, die auf dem Spiel steht. Das ist ein
spannendes Motiv, zumal im Kontext des „War on Drugs“, und Villeneuve
ist ein besserer Regisseur als Oliver Stone, der mit der Don Winslow-Verfilmung SAVAGES vor drei Jahren ein ähnliches Feld bearbeitete. Hätte nur
Don Winslow das Drehbuch geschrieben. D Tom Dorow
Start am 1.10.2015
¢ b-ware!ladenkino DF + OMU
ab Ende Oktober
¢ Hackesche Höfe Kino OMU
¢ Sputnik Kino am Südstern DF +
ab 22.10.
OMU
DEA agent Kate is transferred to
a secret task force that is part of
the „War on Drugs“ on the Mexican
border. Her role on this strange team
is unclear and the role of the South
American lawyer Alejandro is even
more dubious.
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INDIEKRITIKEN
Originaltitel: Plemya D Ukraine 2014 D 30 min D R: Myroslav Slaboshpytskiy D B: Myroslav
Slaboshpytskiy D K: Valentyn Vasyanovych D S: Valentyn Vasyanovych D D: Grigoriy
Fesenko, Yana Novikova, Rosa Babiy, Alexander Dsiadevich, Yaroslav Biletskiy, Ivan Tishko,
Alexander Osadchiy D V: Rapid Eye Movies Filmverleih
THE TRIBE
Deutschland 2014 D 105 min D R: Mathieu Seiler D B: Mathieu Seiler D K: Oliver Geissler
D S: Sarah Clara Weber D M: Beat Solèr D D: David C. Brunners, Michael Greiling, Anna
Hausburg, Beat Marti, Kai Michael Müller, Margarita Ruhl, Alina Sophia Wiegert
D V: Drop-out Cinema
TRUE LOVE WAYS
Neue und erschreckende Bilder
Käfer, iPhone und Snuff
Ein Schüler-Gang-Film in ukrainischer Gebärdensprache ohne Untertitel:
eine spezielle Erfahrung ist THE TRIBE auf jeden Fall. Aber Probleme mit
dem Verständnis gibt es nicht, die Handlung erschließt sich sofort: Ein
Junge kommt neu in eine Schule für Gehörlose. Dort muss er sich innerhalb der die Schule beherrschenden Gang durchsetzen. Sergey arbeitet
sich hoch. Angefangen bei simplen Diebereien in Zugabteilen, über brutale Raubüberfälle auf der Straße wird er zum Bewacher der Mädchen,
die von der Gang prostituiert werden. Zum Konflikt kommt es, als er sich
von einer der jungen Prostituierten mehr erhofft als schnellen Sex gegen
Geld. THE TRIBE schildert eine moralisch völlig verkommene Gesellschaft,
in der die Autoritäten entweder abwesend sind oder mit dem Verbrechen
verbündet. Regisseur Myroslav Slaboshpytskiy hat einen Film gedreht, der
eine eigene, extrem körperliche Filmsprache findet, bei der die Kamera
fast immer in der Totalen oder Halbtotalen bleibt und lange Einstellungen
und Steadycam-Sequenzen ausgeklügelte Choreografien begleiten. Das
ist technisch brillant, und es erschafft neue und erschreckende Bilder.
Die Entscheidung, die Dialoge nicht zu untertiteln, bedeutet einen Ausschluss der Zuschauer, verweist aber auch auf die Banalität der Dialoge
im Film. Slaboshpytskiy zielt auf ein pures, visuelles Filmerzählen ab. THE
TRIBE ist ein bewundernswertes Experiment, aber ein paar Einwände gibt
es doch: Die Bewegungschoreografie des Films führt zu einer seltsamen
Überhöhung des eigentlich realistischen Stils, die Szenen zu surrealen
Metaphern gerinnen lässt. Damit werden die Gehörlosen in diesem Film
wieder zu einer Metapher, wie es Behinderte im Film so oft sind, wenn
sie nicht gerade als erzähltechnischer Kniff herhalten müssen. Hier
stehen sie für eine brutale und tatsächlich „taubstumme“ Gesellschaft.
D Tom Dorow
Retro ist in! Vor allem im Indie-Horror-Genre versuchen momentan viele
Filme, den Charme vergangener Zeiten aufleben zu lassen. TRUE LOVE
WAYS schafft in seinem Schwarz-Weiß-Ambiente und seiner zeitlichen
Beliebigkeit ein ganz eigenes Retrogefühl. Käfer und iPhone finden hier
gleichermaßen Platz. Auf dem Röhrenfernseher läuft ein Interview mit
einer Schönheitskönigin (Margarita Ruhl) und eine Debatte über SnuffFilme – die Thematik ist also klar. Und auch danach ist durchgehend ein
sexueller Subtext in TRUE LOVE WAYS spürbar. Der Geliebte Tom (Kai
Michael Müller) wird abserviert, nachdem Severine (Anna Hausburg)
ihm gesteht, dass sie sich im Traum in einen Mann in einem weißen Auto
verliebt hat. Tom geht sich daraufhin in einer Bar betrinken und trifft
auf einen zwielichtigen Mann (David C. Bunners), der sich seiner Probleme annehmen möchte. Der Plan: Ein inszenierter Überfall, bei dem
Tom seine Severine retten kann und so zu ihrem „Tarzan“ wird. Nächste
Szene: Severine liegt alleine in ihrem Bett und wird durch das Fenster
gefilmt. Hinter den vermeintlich „freundlichen“ Absichten des Mannes in
der Bar steckt nämlich eine Snuff-Video-Organisation und Severine soll
ihr nächster Star sein. In den ersten dreißig Minuten wirkt TRUE LOVE
WAYS geskriptet, aufgesetzt, angestrengt – schlichtweg falsch. Sobald
das Geschehen jedoch Fahrt aufnimmt und Severine sich in dunkle
Gefilde begibt, geht es bergauf. Der Film glänzt auf einmal mit tollen Einfällen und spannenden Szenen, auch wenn sich eine wirklich bedrohliche
Atmosphäre nie einstellen will. Wenn Severine über sich hinaus wachsen
muss und zum Rückschlag ansetzt, bekommt TRUE LOVE WAYS starke
Anwandlungen eines Back- woods-Slashers und Regisseur Mathieu Seiler
legt die Splatter-Ader offen. TRUE LOVE WAYS bietet interessante Ansätze
und den Beweis, dass das deutsche Genre-Kino auf einem guten Weg ist.
D Hardy Zaubitzer
Start am 15.10.2015
¢ b-ware!ladenkino
¢ Filmrauschpalast
¢ Il Kino
¢ Sputnik Kino am Südstern
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THE TRIBE depicts the world of a
gang in charge of a prostitution ring
at a deaf-mute school. The extremely
violent and multiple award winning
film is a purely visual experience: it is
filmed in Ukrainian sign language and
there are no subtitles.
Start am 1.10.2015
¢ City Kino Wedding,
¢ Filmrauschpalast
¢ Z-inema, 6.10. um 20 Uhr
Séverine is haunted by a reocurring
dream that makes her doubt her
relationship with her boyfriend. She
decides to spent a couple of days
alone at the seaside to think everthing
over. But instead, she’s got to face her
own primal fears.
OKTOBER 2015 D
19 D
INDIEFEATURE
Den Anfang machen Schwarzweissaufnahmen. Jacob Riis hat sie um
1900 gemacht, in den Tenements der Lower East Side von Manhatten,
als diese der am dichtesten besiedeltste Ort der Welt waren, bewohnt
von Immigranten, in Umständen, die Riis unter dem Titel „How the Other
Half Lives“ der Welt als skandalös vor Augen führen wollte. Die Szenen
aus Straßen und Wohnungen, Kneipen und Hinterhöfen, Beobachtungen
und Portraits, Riis Fotografien, wie auch die große Reportage, deren Teil
sie waren, gelten als wegweisender Moment der Herstellung dokumentarischer Beweiskraft. Sie stehen zum einen im Kontext neuer technologischer Möglichkeiten – Blitzfotografie machte Aufnahmen in den oft
finsteren Straßen und Räumen erst möglich. Zum anderen gehören sie
einer spezifischen Poetik des Realen an, einer frühen Form des investigativen Journalismus in Wort und Bild, der im Arrangement ein Mittel der
Wahrheitsfindung erkennt.
So reihen sich in den ersten Minuten von Pedro Costas jüngstem Film
HORSE MONEY Riis Standbilder aneinander, erzählen ihre eigene
Geschichte von subproletarischem Leben vor 100 Jahren und eröffnen
dem Film zugleich einen weiten ästhetischen Bezug. Das scheinbar
letzte Bild der Montage-Sequenz ist ein Gemälde, Portrait eines jungen
schwarzen Mannes. In das Bild kommt auf einmal Bewegung, die Kamera
schwenkt zur Seite, erfasst einen Raum, der an ein Verließ erinnert und
folgt einem alten Mann eine Treppe hinab, an deren Ende er ein Eisengitter öffnet und hindurch tritt. Die Szenerie – Figur und Raum, Licht
und Schatten – erinnert an den expressionistischen Stummfilm. Der alte
Mann heißt Ventura und ist der Held des Films, wie auch schon in COLOSSAL YOUTH (2006) und einigen Kurzfilmen dazwischen. Und wir treten
mit ihm ein in einen verzweigten, verwinkelten und verschlossenen Raum
erlebter Geschichte.
HORSE MONEY
1997 drehte Pedro Costa den Film OSSOS in Fontainhas, einem heute
geschliffenen Slum in Lissabon. Die Erfahrung des Zusammenpralls
zweier Welten, eines 35mm Kunst-Kinos mit seiner Apparatur vom Drehbuch bis zur Beleuchtung, und dem Viertel und seinen marginalisierten
Bewohnern und Bewohnerinnen, die zum Teil als Laiendarsteller an dem
Film mitwirkten, löst eine Bewegung aus, die Costas nachfolgendes Werk
maßgeblich prägt und ihn zu einem der wichtigsten Entwürfe eines zeitgenössischen politischen Kinos geführt hat. Eines Kinos, das sich einer
einfachen Unterscheidung von fiktional und dokumentarisch entzieht.
Costas Filme entstehen seither mit minimalen technischen Mitteln,
Wie aus Steinen geschlagen
D 20
D OKTOBER 2015
erarbeitet über lange Zeiträume zusammen mit den Protagonisten, aus
deren Leben und Geschichten, Erfahrungen und Lebensräumen Bilder
geformt werden, wie Skulpturen aus Steinen geschlagen.
HORSE MONEY entfaltet sich als eine Folge von Szenen, die in ihrer großen Mehrzahl in verschiedenen institutionellen Settings spielen, zwischen
psychiatrischer Anstalt, Krankenhaus und Gefängnis. Ventura und die
zweite zentrale Protagonistin des Films, Vitalina, die wie er von den Kapverdischen Inseln in das ehemalige koloniale Mutterland eingewandert ist,
erzählen und durchleben Episoden ihres Lebens, rufen die Geister verstorbener und verschwundener Freunde, Gefährten, geliebter Menschen. In
der großartigsten Sequenz des Films erzählt ein Song der kapverdischen
Band Os Tubaroes, von einer tragischen Liebe in der Arbeitsmigration,
während die Kamera eine Reihe von Menschen aus dem sozialen Universum von Ventura und Vitalina porträtiert.
Der historische Horizont, der am Anfang anklingt und sich im Verlauf des
Films immer mehr konkretisiert, ist die Revolution, die, angestoßen durch
einen Aufstand von Teilen des Militärs, 1975 das Ende der Diktatur in Portugal bedeutete. Costa beschreibt in Interviews als einen der zündenden
Momente des Films, die Einsicht, dass dieser Moment für ihn selbst und
den wenig älteren schwarzen Einwanderer völlig unterschiedliche Erfahrungen zeitigte: Während sich Costa als 13-jährigem Anarchisten plötzlich
das ganze Leben eröffnete: Politik, Musik, Literatur und Sexualität, versteckte Ventura sich verängstigt vor den Soldaten.
Versuche eine Handlung im klassischen Sinn zu erzählen laufen bei
HORSE MONEY in die Leere, zu sehr ist hier das Kollabieren zeitlicher
und räumlicher Ordnungen konstitutives erzählerisches Moment. Im Akt
der Vergegenwärtigung ist alles Hier und alles Jetzt. Die Atemporalität
verbindet sich mit dem tragischen Lamento Venturas über den zirkulären Verlauf des Ausgeschlossenseins: Wir werden weiter aus dem dritten
Stock fallen, wir werden uns weiter an den Maschinen verletzen, wir werden weiter Kopfschmerzen und Lungenprobleme haben, wir werden weiter
Verbrennungen haben, verrückt werden wegen der Feuchtigkeit an den
Wänden unserer Häuser. So werden wir weiter langsam sterben, das ist
unsere Krankheit, wenn Du mich nicht zuerst mit deinem Messer tötest,
sagt er an einer Stelle. So desorientierend die mitunter phantasmatische Eigenlogik des Films manchmal wirken mag, ist er in einer anderen
Hinsicht als eine unmittelbare Form dokumentarischen Kinos lesbar: als
sichtbare Spur einer (Zusammen-) Arbeit der Erinnerung, die, um wirksam
zu sein, zeitliche und soziale Räume überbrücken muss, ein meisterlicher
und emphatischer Akt der Sichtbarmachung. D Sebastian Markt
Originaltitel: Cavalo Dinheiro D Portugal 2014 D 103 min D R: Pedro Costa D B: Pedro Costa
D K: Leonardo Simões D D: Tito Furtado, Vitalina Varela D V: Grandfilm
Start am 08.10.2015
¢ b-ware!ladenkino
¢ Filmrauschpalast
OMU
OMU
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Fiction and fact, realism and extreme
artifice: in HORSE MONEY Ventura and
Vitalina, who emigrated from Cape
Verde to Portugal, recount episodes
of their life and recall the ghosts of
their dead friends, companions and
loved ones.
INDIEKRITIKEN
Originaltitel: Week-ends D Frankreich 2014 D 90 min D R: Anne Villacèque D B: Sophie
Fillières, Gilles Taurand, Anne Villacèque D K: Pierre Milon D S: Nelly Quettier D D: Karin
Viard, Noémie Lvovsky, Jacques Gamblin, Ulrich Tukur, Aurélia Petit, Iliana Zabeth
D V: Kairos Filmverleih
WOCHENENDEN IN DER
NORMANDIE
Originaltitel: A Walk in the Woods D USA 2015 D 104 min D R: Ken Kwapis D B: Bill Holderman D K: John Bailey D S: Carol Littleton D D: Robert Redford, Nick Nolte, Emma Thompson,
Mary Steenburgen, Nick Offerman, Kristen Schaal D V: Alamode Filmverleih
PICKNICK MIT BÄREN
Brummelnde Buddies im Wald
Leben in Ausschnitten
Über 30 Jahre kennen sie sich, seit Jahrzehnten sind sie Nachbarn in ihren
Ferienhäusern in der Normandie, die Kinder sind groß geworden, doch
hier ändert sich wenig. Die Esel schreien, der Wind weht, Ebbe und Flut
wechseln sich ab. Bis eines frühen Morgens Jean abhaut und seine Frau
Christine sitzen lässt. Die ist ohnehin neurotisch angespannt, jetzt ist sie
völlig durch den Wind. Wut und Verzweiflung und Einsamkeit – können,
wollen die Freunde Sylvette und Ulrich da helfen? Andererseits: Hören
Christine und Jean eigentlich wirklich auf Sylvette und Ulrich, wollen die
sich überhaupt helfen lassen? Wie umgehen mit Jeans neuer Freundin,
wie umgehen mit Christines sprunghaften Spleens?
Anne Villacèque erzählt episodisch von Wochenenden der Entspannung,
in denen sich innere und gegenseitige Spannungen mehr und mehr aufbauen. Die sich dann allerdings gar nicht unbedingt in dramaturgischen
Höhepunkten entladen, denn Villacèque erzählt auch ganz unaufgeregt.
Wir erhalten nur sporadische Einblicke in das Leben am Wochenende,
der normale Alltag wird ausgeblendet und dadurch erhält der Film seine
Stärke: Wir sind nur unsichtbare Besucher bei den Wochenenden in der
Normandie, lernen die Charaktere kennen, ohne sie je wirklich zu kennen. Die heruntergedimmte Handlung gibt den Darstellern umso mehr
Raum. Karin Viard, Noémie Lvovsky, Jacques Gamblin und Ulrich Tukur
füllen ihn mit so einem detailreichen, natürlichen Spiel, dass es eine
Freude ist, ihnen zuzusehen, bei diesen Ausschnitten aus ihrem Leben, in
dem vieles offen liegt – und in dem viele Geheimnisse belassen werden.
D Harald Mühlbeyer
Start am 8.10.2015
¢ Bundesplatz Kino
¢ fsk-Kino am Oranienplatz
OMU
D 22
D OKTOBER 2015
OMU
For thirty years couples Christine and
Jean and Sylvette and Ulrich have been
spending their holidays in their adjoining summer cottages in Normandy.
Only the tides seems to change here …
until one early morning Jean leaves
Christine.
Robert Redford, Nick Nolte und Emma Thompson könnten das Telefonbuch
von Mumbai vorlesen und es würde immer noch Spaß machen. PICKNICK
MIT BÄREN, nach dem Reiseroman von Bill Bryson, ist besser geschrieben
und hat wesentlich mehr Pointen, die mit perfektem Timing abgeschossen
werden. Bryson (Redford) ist hier ein brummeliger älterer Reiseschriftsteller, der schon länger nichts mehr geschrieben hat und sich mit seiner reizenden Frau (Thompson) eigentlich zur Ruhe setzen könnte. Bryson hasst
allerdings soziale Verpflichtungen und verhält sich bei solchen Ereignissen
nicht immer geschickt. Auf den Satz „Ich freue mich, dass ihr gekommen
seid“ kann man zwar an sich ohne Weiteres „War uns ein Vergnügen“ antworten, aber nicht auf einer Beerdigung. Als Bryson in den Wald hinter seinem Haus geht, um alleine ein wenig vor sich hin zu brummeln, entdeckt
er einen Wanderweg, der als „Appalachian Trail“ beschildert ist. Redford
spielt den erwachenden Abenteuergeist mit seiner typischen, selbstverständlich wirkenden Fokusverschiebung: Der Blick wird etwas schärfer,
der Mund etwas schmaler, in Kürze wird die Bank geknackt, das Pferd
geheilt, das Boot noch einmal flott gemacht. Schnell fällt die Entscheidung,
diesen Appalachian Trail, der 3300 Kilometer über die Bergkette im Osten
der USA führt, von Georgia bis nach Maine herunterzuwandern. Als Wanderpartner findet Bryson nur seinen alten Schulfreund Katz (Nolte), einen
trockenen Alkoholiker, der guten Grund hat, in die Wildnis zu verduften
und noch tiefer brummeln kann als Bryson. Ihre Begegnungen mit Bären,
Nervensägen, Sport-Fuzzis, Schnee und Regen sind höchst amüsant, die
unvermeidbare Sinnstiftung wird lässig überspielt, denn vor allem geht es
in diesem harmlosen Buddy-Movie darum, dem gealterten Sundance Kid
und einem guten Butch Cassidy-Ersatz dabei zuzusehen, wie sie versuchen, keine nassen Füße zu bekommen. D Tom Dorow
Start am 15.10.2015
¢ filmkunst66
¢ Union Filmtheater
DF
DF
ab 29.10.
Bill Bryson (Robert Redford), retired
author of travel guides and his best
friend Katz (Nick Nolte) an alcoholic
out of shape, decide to walk the
Appalachian Trail.
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INDIEKRITIKEN
Originaltitel: Il gesto delle mani D Italien 2014 D 80 min D R: Francesco Clerici
D B: Francesco Clerici, Martina De Santis D K: Francesco Clerici D S: Francesco Clerici
D M: Claudio Gotti D V: drei-freunde Filmverleih
SCULTURA –
HAND. WERK. KUNST.
Die Gesten der Hände beim Bronzegießen
Bei „Skulptur“ denkt man meist an ein fertiges Kunstwerk und bei dessen
Entstehung vielleicht an den ursprünglichen künstlerischen Entwurf. Im
Dokumentarfilm SCULTURA wird entgegen solcher vom Titel geweckten
Erwartungen ganz konkret der Prozess der Herstellung einer Bronzeplastik geschildert. Ausgehend vom Modell in Wachs über die verschiedenen
Stadien der Gussformerzeugung, des Gießens und Nachbearbeitens
folgt die filmische Erzählung wie einem roten Faden einer Skulptur von
Velasco Vitali, der in Italien berühmt ist für seine Hundeplastiken. Die
vielschichtige Tonmischung stellt hierbei durch Geräusche aus dem Off
schon Arbeitsschritte akustisch in den Raum, bevor sie im Blickfeld sind.
Dabei enthält sich der Film jeglichen erklärenden Kommentars. Auch die
Handwerker der Fonderia Artistica Battaglia sprechen selten während
ihrer ruhigen, konzentrierten Arbeit. Allein aus der Beobachtung ihrer
routinierten Gesten ergibt sich ein Gefühl für die Kunstfertigkeit, die für
das Vollenden einer Bronze vonnöten ist. Das jahrtausendealte Verfahren
des Bronzegießens wird von jeher durch Zuschauen erlernt. Daran knüpft
Regisseur Francesco Clerici mit seinem zurückhaltenden und dennoch
nahen Blick an. Archivmaterial aus derselben Gießerei in den 60er Jahren
unterstreicht die Beständigkeit des beobachteten handwerklichen Vorgehens. Zugleich entwickelt sich durch die Rücksprünge eine Ahnung davon,
dass in einem filmischen Zeitzeugnis, wie es SCULTURA ist, immer auch
der drohende Verlust des Dargestellten mitschwingt. Was früher alltägliche und damit fast unsichtbare Handgriffe waren, wird nun aufgezeichnet,
weil es zu verschwinden droht. Clericis Respektsbekundung für eine rar
werdende Handwerkskunst wurde übrigens selbst gewürdigt – mit dem
Preis der Kritiker auf der 65. Berlinale. D Anna Stemmler
Start am 22.10.2015
¢ fsk-Kino am Oranienplatz
OMU
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SCULTURA observes the process
involved in creating one of the Italian
artist Velasco Vitali’s dog sculptures
– from the wax model to the manufacturing of the casting mold, and finally,
to the casting of the sculpture.
Originaltitel: A Royal Night Out D Großbritannien 2015 D 97 min D R: Julian Jarrold
D B: Trevor De Silva, Kevin Hood D K: Christophe Beaucarne D S: Luke Dunkley D M: Paul
Englishby D D: Emily Watson, Rupert Everett, Sarah Gadon, Jack Reynor, Jack Laskey
D V: Concorde Filmverleih
A ROYAL NIGHT – EIN KÖNIGLICHES VERGNÜGEN
Die Queen allein unterwegs
Die Queen. Wer verkörpert den Nimbus weihevoller Würde und unnahbarer Aristokratie wie sie? Doch auch Elisabeth, der Windsor-Spross, war
einmal jung: Am 8. Mai 1945 feiert ganz London. Auch die Prinzessinnen
Elisabeth und Margaret trotzen ihren Eltern ab, mal nachts lang aufzubleiben, eine Party zu feiern, den Lindy Hop zu tanzen – man gewinnt nicht
alle Tage einen Weltkrieg. Dumm nur, dass die Prinzessinnen irgendwann
in verschiedenen Bussen sitzen. Dass eine Unmenge an Menschen auf
dem Trafalgar Square unterwegs ist. Und dass London mehr als die vornehmen Etablissements zu bieten hat, die für die standesgemäßen Feierlichkeiten vorgesehen sind …
Es ist historisch gesichert, dass Elisabeth und Margaret am V-Day nicht
im Buckingham Palace feierten: „Dass die Geschichte wahr ist, macht
sie nur noch faszinierender“, meint Regisseur Julian Jarrold. „Allerdings
wissen wir nicht genau, was damals passiert ist. Deshalb haben wir die
Ereignisse mit ein wenig Phantasie weitergesponnen.“ Und dieses Zusammengesponnene, das entwickelt sich zu einer schönen Romanze der
Inkognito-Thronfolgerin mit dem unehrenhaft entlassenen Arbeiterjungen
Jack, die sich auf der Suche nach Margaret und verfolgt von der Militärpolizei näher kommen. Wie hanebüchen das ist, weiß der Film selbst, und
er setzt die Unwahrscheinlichkeiten subtil ironisch für seine Komik ein. In
abstrusen Situationen wird das Spiel um Geheimnisse und Verwechslungen gespielt, mit einer wunderbaren Leichtigkeit, die sich bewusst abhebt
von dem Image der so zurückhaltenden, huldvollen Queen – die hier ganz
ausgelassen und lebendig gezeichnet wird. D Harald Mühlbeyer
Start am 1.10.2015
¢ Eva Lichtspiele
¢ filmkunst66 DF
DF
+
OMU
It is a historical fact that the young
princesses Elisabeth and Margaret
didn’t spent V-Day at Buckingham
Palace. The romance that A ROYAL
NIGHT depicts on that night is pure
rumbustious invention.
OKTOBER 2015 D
23 D
INDIEKRITIKEN
Deutschland/Polen 2015 D 100 min D R: Michal Rogalski D B: Michal Rogalski D K: Jerzy
Zielinski D S: Milenia Fiedler D M: Alexander Hacke D D: André Hennicke, Steffen Scheumann, Gerdy Zint, Jonas Nay, Filip Piotrowicz D V: farbfilm Verleih
UNSER LETZTER SOMMER
Jazzplatten und moralische Ambivalenz
Ostpolen, 1943. Der siebzehnjährige Deutsche Guido ist Rekrut eines
Wachbataillons, das eine Bahnstrecke sichern soll. Eigentlich ein Etappenposten, auf dem er den Krieg ruhig überstehen zu können glaubt. Der
Pole Romek ist genauso alt und Heizer, wäre aber lieber Lokomotivführer
auf der Warschau-Strecke. Die sechzehnjährige Bauerntochter Franka hat
eine Anstellung als Küchenhilfe im deutschen Posten bekommen. Zwischen den Dreien entwickelt sich eine gefährliche Dreiecksbeziehung.
Michal Rogalskis Film UNSER LETZTER SOMMER, eine polnisch-deutsche
Koproduktion, zeichnet seine Hauptpersonen als Menschen, die weder
besonders gut, noch besonders böse sind, sondern zu beidem fähig
scheinen. Guidos Begeisterung, als er Romek und Franka dabei überrascht, wie sie Jazzplatten hören, scheint so aufrichtig wie sein Anspruch
auf eine Romanze, aber wie sehr er damit alle anderen und sich selbst
gefährdet, und wie sehr er seine Machtposition ausnutzt, ist ihm nicht
klar. Romek schwärzt den Geliebten seiner Mutter, der zugleich sein Vorgesetzter ist, wegen Diebstählen und Plünderei an, dabei durchwühlt auch
er selbst Jacken, Mäntel und Koffer, die neben einer Bahnstrecke liegen,
deren Ziel nie in Zweifel steht. Andererseits hilft er, wenn auch zunächst
widerwillig, einer jungen Jüdin, die er verletzt neben der Bahnstrecke findet. Die moralische Ambivalenz der Figuren ist ein Motiv von Rogalskis
Film, der Gegensatz zwischen der idyllischen Natur, dem Anspruch der
jungen Leute auf privates Glück einerseits und der Realität des Kriegs und
der Naziherrschaft andererseits. An diesem ländlichen Nebenschauplatz
erscheinen die großen Verwüstungen nur in Form von Zeichen und Andeutungen. Man glaubt, sich arrangieren zu können. Wie falsch das ist, zeigt
sich am Ende des Films. D Hannes Stein
Start am 22.10.2015
,
¢ Hackesche Höfe Kino
am 23.10. um20 Uhr in Anwesenheit des Filmteams
OMU
D 24
D OKTOBER 2015
Poland 1943. In the midst of war four
young people find each other. Romek
and Franka are Polish locals, Guido is
a German soldier who loves jazz and
Bumia is an escaped Jewish girl. In the
remote countryside they allow themselves to dream of private happiness.
Deutschland 2015 D 91 min D R: Ismail Sahin, Oona-Devi Liebich D B: Ismail Sahin, OonaDevi Liebich D K: Edwin Krieg D S: Robert Hauser, Ismail Sahin D M: Robin Schlochtermeier D D: Frank Auerbach, Julia Dietze, Matthias Brenner, Ismail Sahin, Oona-Devi Liebich,
Marianne Schubart-Vibach D V: Macchiato Pictures
NICHT SCHON WIEDER RUDI!
Ungewöhnlicher Blick auf Demenz
In Filmen wie STILL ALICE und HONIG IM KOPF hat sich das Kino zuletzt
mit Demenzerkrankungen beschäftigt. Dass es auch in der Komödie von
Ismail Sahin und Oona-Devi Liebich um das ernste, in der öffentlichen
Wahrnehmung immer präsentere Thema geht, weiß der Film zunächst gut
zu verschleiern. Ein fülliger, bärtiger Mann steigt da eines regnerischen
Morgens in seinen Volvo, um mit drei weiteren Männern zu einem Angelausflug aufzubrechen. Der gemächliche Sprachduktus der Vier, kongeniale Musik, Männergespräche an einem pittoresken See, die Bierflasche
immer in Reichweite: Als Kinobesucher stellt man sich zunächst auf ein
behäbiges Wochenende unter Kerlen ein, aufgelockert vielleicht hie und
da durch an amerikanische Buddy-Movies gemahnende Gags. Irgendwann erzählt dann der Älteste, Klaus, von seinem verstorbenen Hund, der
ihm beigebracht habe, was Treue bedeutet. „Rudi war ein toller Hund!“.
Nach einem Unfall mit einer Badeschaukel ist am nächsten Morgen alles
anders: Klaus ist nun davon überzeugt, dass Rudi noch lebt, und sein
bester Freund, Bernd, will Klaus auch in dem Glauben lassen. Also macht
sich das Quartett auf die Suche nach Rudi. Sukzessive stellt sich heraus,
dass Klaus ein Problem mit dem Gedächtnis hat; mal lebt Rudi für ihn,
mal ist er tot, mal erkennt er gar einen der Männer nicht. NICHT SCHON
WIEDER RUDI! ist ein eigensinniger, teils schrulliger Film. Sein spezieller
Humor aber und der gelassene Erzählton ermöglichen einen besonderen,
einen erfrischenden Zugang zum Thema. Beeindruckend, was dieser Film,
in dem nicht ein Mal das Wort „Demenz“ fällt, über Bilder erzählt. In einer
so lustigen wie subtil komponierten Einstellung sitzt der verwirrte Klaus,
angetan nur mit Unterwäsche, auf einer Mauer, drei Männer zu seinen
Füßen. Es sind Nonsens-Momente dieser Art, die etwas sehr Befreiendes
haben. D Matthias von Viereck
Start am 15.10.2015
¢ City Kino Wedding, am 18.10. um 18
Uhr in Anwesenheit des Regieteams*
¢ Eva Lichtspiele, am 15.10. um 20.15
Uhr in Anwesenheit des Regieteams*
¢ Sputnik Kino am Südstern, am 16.10.
in Anwesenheit des Regieteams*
*Ismael Sahin und Oona Devi-Liebich
NICHT SCHON WIEDER RUDI! looks
like a buddy movie about four men on
a weekend trip in the beginning. Later
on it turns out that one of them suffers
from the onset of dementia.
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INDIEFEATURE
INDIEKRITIKEN
Originaltitel: Le dernier loup D Frankreich 2015 D 120 min D R: Jean-Jacques Annaud
D B: Jean-Jacques Annaud D K: Jean-Marie Dreujou D S: Reynald Bertrand D M: James
Horner D D: Shawn Dou, Shaofeng Feng D V: Wild Bunch Germany
DER LETZTE WOLF
Epische Steppenbilder und niedliche Wolfswelpen
Deutschland/Frankreich 2015 D 100 min D R: Tom Sommerlatte D B: Tom Sommerlatte
D K: Willi Böhm D S: Anna Kappelmann D D: Sebastian Fräsdorf, Alice Pehlivanyan, Karin
Hanczewski, Godehard Giese, William Peiro D V: Kinostar Filmverleih
IM SOMMER WOHNT ER
UNTEN
Unterspannter Rumhänger unter Druck
Schon mit dem Eröffnungsbild verortet der Franzose Jean-Jacques Annaud (SIEBEN JAHRE IN TIBET) den Wolf als mythologisches Wesen, wenn
ein stolzer Vertreter der Spezies in einer sternenklaren Nacht zum Geheul
ansetzt. Das ikonische Bild deutet an, dass es Annaud im Folgenden weniger um einen dokumentarisch profunden Einblick ins Leben der Wölfe
geht, sondern vielmehr um eine märchenhaft aufgeladene Geschichte
über das Bild, das sich Menschen vom Wolf machen – und um die Darstellung der Schönheit und Eleganz dieser Wildtiere. Dass Annaud in seiner
Adaption die politische Dimension des chinesischen Bestsellers „Der Zorn
der Wölfe“ von Jiang Rong weitgehend außen vor lässt, ergibt sich auch
aus der grundsätzlichen Stoßrichtung des 3D-Abenteuers und ist nicht
unbedingt nur darauf zurückzuführen, dass die 40-Millionen-Dollar-Produktion mit chinesischen Geldern finanziert wurde: Im Jahr 1967, also
mitten in der chinesischen Kulturrevolution, reist der Student Chen Zhen
als Kulturvermittler in die Innere Mongolei. Hier lernt Chen die Lebensweise der Nomaden schätzen und entwickelt eine starke Faszination für
die Wölfe, deren Lebensraum in der Steppe durch menschliche Eingriffe
bedroht ist. Als aus Peking die Order kommt, den Wolfsbestand drastisch
zu reduzieren, rettet Chen einen der Welpen und zieht ihn heimlich auf.
Seine Schauwerte bezieht DER LETZTE WOLF vor allem aus den opulenten Aufnahmen der eigens für die Dreharbeiten trainierten Wölfe und der
Weite der mongolischen Landschaft. Von Annauds Kameramann Jean-Marie Dreujou (ZWEI BRÜDER) in großen Panoramen eingefangen und vom
im Juni verstorbenen Komponisten James Horner episch untermalt, wird
sie zu einem eigenen Protagonisten des Films. Die visuelle Kraft des
Abenteuerfilms ist es letztlich auch, die den einen oder anderen erzählerischen Lapsus verschmerzen lässt. D Christian Horn
Start am 29.10.2015
+
¢ b-ware!ladenkino
ab November
DF
¢ filmkunst66
¢ Hackesche Höfe Kino OMU
DF
OMU
TERMINE UNTER WWW.INDIEKINO.DE
Jacques Annaud’s Adaptation of the
Chinese bestseller “The Wolf Tuteng”
focuses on epic tundra landscapes and
cute wolf cubs.
Der Schauspieler Tom Sommerlatte inszeniert in seinem ersten Spielfilm,
einer sehr sommerlichen und souveränen Komödie, ein heiteres Familiendrama mit vielen netten Details. Der unterspannte Rumhänger Matthi
(Sebastian Fräsdorf) ist ganzjährig in das Ferienhaus seiner gut betuchten
Eltern in Südfrankreich gezogen. Hier wohnt er mit seiner französischen
Freundin Camille (Alice Pehlivanyan) und ihrem fünfjährigen Sohn Etienne, für den er inzwischen eine Art Vaterfigur darstellt. Es ist Sommer
und in der Landhaus-Blümchentapeten-Idylle scheint, abgesehen von ein
bisschen Pärchengeplänkel, alles in Butter. Dann taucht Matthis überspannter Banker-Bruder David (Godehard Giese) mit seiner Frau Lena
(Karin Hanczewski ) eine Woche früher als vereinbart auf und in kürzester Zeit sind alle sehr genervt: David hatte sich auf einen ruhigen Urlaub
gefreut und nicht mit Kindern gerechnet, Matthi fühlt sich von allen wie
immer unter Druck gesetzt und Camille, die entdeckt, dass Matthi ihren
Sohn offenbar weder seiner Familie gegenüber erwähnt hat noch jetzt
bereit ist, ihn zu verteidigen, ist auf Ärger aus. Lena dagegen möchte
es allen recht machen, was dann wieder allen auf die Nerven geht. So
geht es weiter, mit kleinen Spitzen, wechselnden Bündnissen, mittleren
Katastrophen und größeren Enthüllungen. Das funktioniert vor allem deshalb so gut, weil Sommerlatte die Macken seiner Protagonisten in den
Kleinigkeiten punktgenau inszeniert und ein ausgezeichnetes Gespür für
Paardialoge hat, die sich in Sekunden von genervt zu amüsiert oder von
vertraut zu ablehnend entwickeln können. Vor allem Sebastian Fräsdorf
als Matthi arbeitet darüber hinaus mit einer feinen Köperkomik, wenn er
sich beispielsweise mitsamt Luftmatratze in den Pool fallen lässt und dort
erstmal, von den ganzen Ansprüchen der höherenergetischen Anwesenden ermattet, in sich zusammen fällt. D Toni Ohms
Start am 29.10.2015
¢ Sputnik Kino am Südstern
¢ Hackesche Höfe Kino OMU
Layabout Matthi has moved into his
rich parents’ holiday cottage with his
girlfriend and her son in the South of
France. Tensions rise when his brother
turns up to spent his holidays in the
house, in this very well observed
summer comedy.
OKTOBER 2015 D
25 D
INDIEKRITIKEN
HOMESICK
AL WADI – THE VALLEY
Die Cellostudentin Jessica bezieht mit ihrem Freund, dem jungen Physiotherapeut Lorenz, die erste gemeinsame Wohnung. Die schöne neue Welt
beginnt allerdings Risse zu bekommen, als Jessica immer verbissener für
einen bevorstehenden Musikwettbewerb probt. Unter dem Druck entgleitet ihr zusehends die Realität: Sie fühlt sich von einem älteren Nachbars-Ehepaar beobachtet und kontrolliert, nahe Bekannte scheinen hinter
ihrem Rücken über sie zu tuscheln, weder die gut meinenden Eltern noch
der besorgte Freund erscheinen zuverlässig.
Ein Mann, der behauptet nach einem Autounfall das Gedächtnis verloren zu haben, wird widerwillig von einer seltsam familienähnlichen, aber
schwer bewaffneten Kommune im libanesischen Beka-Tal aufgenommen.
Das eigentliche Geschäft der Gruppe ist die Produktion neuartiger Drogen. Regisseur Ghassan Salhab bewegt sich mit AL WADI zwischen verschiedenen Genres und Stilen, Thriller und Endzeitdrama, Bergman und
Godard, um seine Allegorie eines permanent vom Krieg bedrohten Landes
zu entfalten.
Start am 15.10.2015
¢ City Kino Wedding,
15.10. um 20.30 Uhr Pemiere mit
Streichquartett
Deutschland 2015 D 98 min D R: Jakob
M. Erwa D D: Lutz Blochberger, Hermann
Beyer, Tatja Seibt, Ralph Kretschmar,
Matthias Lier, Karim Cherif, Esther Maria
Pietsch, Eric Bouwer, Janusz Cichocki
Start am 22.10.2015
¢ Filmrauschpalast
OMeU
Deutschland/Frankreich/Libanon/Katar/
Vereinigte Arabische Emirate 2014
D 135 min D R: Ghassan Salhab D D: Carol
Abboud, Fadi Abi Samra, Carlos Chahine,
Mounzer Baalbaki, Yumna Marwan, Aouni
Kawas, Rodrigue Sleiman, Ahmad Ghossein
GUIDELINES – LA MARCHE À SUIVRE
FAMILIENFEST
Der kanadische Dokumentarfilmer Jean-Francois Caissy hat Problemschüler einer Oberschule im ländlichen Quebec bei Gesprächen mit ihren
Lehrern und Sozialpädagogen gefilmt. Es geht um Drogenmissbrauch,
Rüpeleien, Schulschwänzen. Die Autoritäten sieht man dabei meist nicht,
der Blick der Kamera ruht auf den Delinquenten, und sieht ihnen wohlwollend dabei zu, wie sie versuchen, ihr idiotisches Verhalten zu erklären.
Zusammen mit Bildern der Jugendlichen in ihrer Freizeit entsteht ein Eindruck eines seltsamen Lebensabschnitts.
Der Geburtstag eines Pianisten führt zum Aufeinandertreffen der betulichen aktuellen Frau des Meisters, seiner drei Söhne – einer ein verschuldeter Hallodri, einer ein schwuler Lehrer, einer ein netter Journalist – mitsamt ihren Partnerinnen und der Ex-Gattin des Jubilars, einer
flamboyanten Alkoholikerin. Es gibt reichlich komische Konflikte, bevor
sich herausstellt, dass einer der Söhne nicht mehr lange zu leben hat. Die
exzellente Besetzung und Lars Kraumes souveräne Regie machen aus der
altbackenen Konstruktion einen ganz charmanten Film.
Kanada 2014 D 76 min D R: Jean-Francois
Caissy
Start am 8.10.2015
¢ fsk-Kino am Oranienplatz
D 26
D OKTOBER 2015
OMU
Start am 15.10.2015
¢ Bundesplatz Kino
¢ Eva Lichtspiele
Deutschland 2015 D 96 min D R: Lars
Kraume D D: Hannelore Elsner, Barnaby
Metschurat, Marc Hosemann, Jördis Triebel, Lars Eidinger, Günther Maria Halmer,
Michaela May
TERMINE UNTER WWW.INDIEKINO.DE
KLEINE ZIEGE, STURER BOCK
Viel Zeit hat Jakob (Wotan Wilke Möhring) nicht, um sich mit dem Gedanken anzufreunden, dass er Vater einer zwölfjährigen Tochter ist, denn kurz
nach dem Anruf seiner Exfreundin Julia steht Mai (Sofia Bolotina) auch
schon vor ihm. Weil Jakob gerade einen lukrativen Job angenommen hat,
für den er einen widerwilligen Schafbock in einem klapprigen Kastenwagen bis nach Norwegen transportieren muss, entschließt er sich kurzerhand dazu, Mai auf die lange Fahrt mitzunehmen, und sich unterwegs
seiner Rolle als Vater anzunähern …
BURGHART KLAUSSNER
RONALD ZEHRFELD
„Politik, Geschichte und
Emotionen ergeben hier
eine Kombination, die
man sehen muss.“
BLICKPUNKT:FILM
EIN FILM VON
Deutschland 2015 D 107 min D R: Johannes Fabrick D D: Wotan Wilke Möhring,
Wanda Perdelwitz, Tilo Prückner, Julia
Koschitz, Sofia Bolotina, Karin Heine
Start am 15.10.2015
¢ filmkunst66
BLACK MASS
Nach jahrzehntelangen Auftritten als Keith-Richard-Imitator versucht sich
Johnny Depp noch einmal als Schauspieler, offenbar mit Erfolg. In BLACK
MASS gibt er James „Withey“ Bulger, Bostoner Gangsterboss zwischen
1974 und 1996, der mit dem FBI kollaborierte, um die italienische Mafia
aus dem Weg zu räumen. Die internationale Kritik lobt Depps energische
Darstellung, der „Hollywood Reporter“ vergleicht BLACK MASS mit CITIZEN KANE und THE GODFATHER.
Start am 15.10.2015
¢ Hackesche Höfe Kinos
OMU
USA 2015 D 122 min D R: Scott Cooper
D D: Johnny Depp, Kevin Bacon, Benedict
Cumberbatch, Joel Edgerton, Dakota
Johnson
LARS KRAUME
AB 1. OKTOBER IM KINO
WWW.DERSTAATGEGENFRITZBAUER.DE
WEITERINDIEKINO
MAGIE DER MOORE
45 YEARS
In DAS GRÜNE WUNDER – UNSER WALD widmete sich Jan Haft dem
Wald, nun nimmt er eine andere einheimische Landschaft unter die Lupe:
Das Moor. Es geht um bekannte Lebewesen wie Elche und Rebhühner,
und um solche, die meistens unbemerkt bleiben wie Insekten, Sporen
und Gräser. Mit rasanten Zeitrafferaufnahmen, ansonsten aber angenehm
viel Platz für die einzelnen Protagonisten vermittelt MAGIE DER MOORE
einen Eindruck vom optimal aufeinander abgestimmten Zusammenleben
der Arten im Mikrokosmos Moor.
Geoff Mercer (Tom Courtenay) ist ein pensionierter Ingenieur, überzeugter
Linker und Gewerkschafter, Tory- und New Labour-Hasser, ein gealterter,
aber immer noch wütender Rebell. Seine Frau Kate (Charlotte Rampling)
ist eine beherrschte, organisierte, selbstbewusste Dame, die gerade die
Feier zum 45. Hochzeitstag des Paares vorbereitet. Als Geoff die Nachricht erhält, dass seine bei einer Bergwanderung vor 45 Jahren verunglückte Verlobte Katya im Eis einer Gletscherspalte eingefroren gefunden
worden ist, gerät die eingespielte Welt des Paares ins Wanken.
¢ Acud Kino
¢ Union Filmtheater
Deutschland 2015 D 90 min D R: Jan Haft
¢ b-ware!ladenkino DF + OMU
¢ Bundesplatz Kino DF + OMU
¢ City Kino Wedding DF + OMU
¢ fsk-Kino am Oranienplatz OMU
¢ Hackesche Höfe Kino OMU
¢ Sputnik Kino am Südstern DF +
¢ Union Filmtheater DF
Großbritannien 2015 D 93 min
D R: Andrew Haigh D D: Charlotte
Rampling, Tom Courtenay, Geraldine James,
Dolly Wells, David Sibley
OMU
10 MILLIARDEN
CAN’T BE SILENT
45 YEARS
CODENAME
U.N.C.L.E.
¢ Bali Kino
¢ b-ware!ladenkino, Bundesplatz Kino, City
Kino Wedding, fsk-Kino am Oranienplatz,
Hackesche Höfe Kino, Sputnik Kino am
Südstern, Union Filmtheater
AM ENDE EIN FEST
¢ b-ware!ladenkino, City Kino Wedding,
Eva Lichtspiele, Hackesche Höfe Kino,
Union Filmtheater
HOW TO CHANGE THE WORLD
AMY
Die spielerisch als Leitfaden zur Rettung der Welt aufgemachte Doku
erzählt von der Anfangszeit von Greenpeace und der Initialzündung der
Bewegung, als eine hippieske Truppe um Bob Hunter sich aufmachte,
einen US-Atombombentest vor Alaska zu stoppen. Archivbilder und Interviews verdeutlichen, dass der Erfolg der Truppe schon damals ohne die
Wirkmacht der Massenmedien nicht möglich gewesen wäre. Die zweite
Hälfte des Films beleuchtet die internen Zerwürfnisse, die die unkontrollierte Expansion von Greenpeace mit sich brachte.
B-MOVIE:
LUST AND SOUND
IN WEST BERLIN ¢ b-ware!ladenkino OMU
¢ Bali Kino OMU
¢ City Kino Wedding OMU
Kanada/Großbritannien 2015 D 109 min
D R: Jerry Rothwell
¢ b-ware!ladenkino, Union Filmtheater
¢ b-ware!ladenkino, City Kino Wedding,
Il Kino, Filmrauschpalast, Sputnik Kino
am Südstern
BROADWAY
THERAPY
¢ b-ware!ladenkino, City Kino Wedding,
Sputnik Kino
CALIFORNIA CITY
¢ Bali Kino
¢ City Kino Wedding
¢ Union Filmtheater
ES IST SCHWER EIN
GOTT ZU SEIN
¢ b-ware!ladenkino, Filmrauschpalast
EVEREST
¢ Union Filmtheater
FACK JU GÖHTE 2
¢ Eva Lichtspiele, Union Filmtheater
GEFÜHLT MITTE
ZWANZIG
¢ Hackesche Höfe Kino
GIOVANNI
SEGANTINI –
MAGIE DES LICHTS
¢ Acud Kino, Bali Kino, Eva Lichtspiele
A GIRL WALKS
HOME ALONE AT
NIGHT
¢ Il Kino
D 28
D OKTOBER 2015
„Bildgewaltig“
HONIG IM KOPF
¢ Bali Kino
HOW TO CHANGE
THE WORLD
¢ b-ware!ladenkino, Bali Kino, City Kino
Wedding
I WANT TO SEE THE
MANAGER
¢ Bali Kino, Hackesche Höfe Kino
ICH UND KAMINSKI
¢ Hackesche Höfe Kino, Sputnik Kino
KLEINE GRAUE
WOLKE
¢ Eva Lichtspiele
DIE KLEINEN UND
DIE BÖSEN
¢ Acud Kino
KNIGHT OF CUPS
¢ b-ware!ladenkino, City Kino Wedding,
Hackesche Höfe Kino
KÖNIGIN DER
WÜSTE
¢ b-ware!ladenkino, Bali Kino, Hackesche
Höfe Kino, Union Filmtheater
L’ CHAIM –
AUF DAS LEBEN!
¢ Eva Lichtspiele, Sputnik Kino am
Südstern
LIFE
¢ b-ware!ladenkino, City Kino Wedding,
filmkunst66
LIMBO
¢ fsk-Kino am Oranienplatz, Hackesche
Höfe Kino
MAGIE DER MOORE
¢ Acud Kino, Union Filmtheater
DAS MÄRCHEN
DER MÄRCHEN
¢ b-ware!ladenkino
MORD IN PACOT
¢ Hackesche Höfe Kino
NICHT ALLES
SCHLUCKEN
¢ Bali Kino
PEDAL THE WORLD
RICKI –
WIE FAMILIE SO IST
„Beeindruckend“
„Sehenswert“
VARIETY
STERN.DE
KINO-ZEIT.DE
GEWINNER
BESTES DREHBUCH
THE MONTREAL WORLD
FILM FESTIVAL
¢ Union Filmtheater
INTERNATIONALE
HOFER FILMTAGE
DAS SALZ DER
ERDE
¢ b-ware!ladenkino, Acud Kino, Il Kino
SEARCHING FOR
SUGAR MAN
¢ Sputnik Kino am Südstern
DER SOHN DER
ANDEREN
¢ Hackesche Höfe Kino
DER SOMMER MIT
MAMA
¢ b-ware!ladenkino, Acud Kino, City Kino
Wedding, Filmrauschpalast, Sputnik
Kino am Südstern
STELLA
¢ b-ware!ladenkino,
STRAIGHT OUTTA
COMPTON
FILIP PIOTROWICZ
GERDY ZINT
URSZULA BOGUCKA
EIN FILM VON
MICHAL ROGALSKI
JONAS NAY
ANDRÉ M. HENNICKE
AB 22. OKTOBER IM KINO
¢ b-ware!ladenkino, Sputnik Kino am
Südstern, Union Filmtheater
WWW.UNSERLETZTERSOMMER.DE
TANGO PASIÓN
/UNSERLETZTERSOMMER
¢ b-ware!ladenkino, Eva Lichtspiele
TAXI TEHERAN
Karin
Viard
¢ Hackesche Höfe Kino
¢ Bali Kino
¢ b-ware!ladenkino, City Kino Wedding
VICTORIA
¢ Acud Kino, b-ware!ladenkino, City Kino
Wedding, Hackesche Höfe Kino, Sputnik
Kino am Südstern
Jaques
Gamblin
Ulrich
Tukur
n
e
d
n
e
n
e
h
c
o
W Normandie
THULETUVALU
DER VATER MEINER
BESTEN FREUNDIN
Noémie
Lvovsky
ín der
DIE YES MEN –
JETZT WIRD’S
PERSÖNLICH
¢ b-ware!ladenkino, Acud Kino, Bali Kino
YOU AND I
¢ Xenon Kino
PRIVATE
REVOLUTIONS –
JUNG, WEIBLICH,
ÄGYPTISCH
¢ Eva Lichtspiele
Ein Film von Anne Villacèque
Aurélia Petit · Iliana Zabeth · Paul Bartel · Philippe Rebbot · Aurore Broutin · Laure Calamy · Marc Bodnar · Jeanne Ruff · Gisèle Casadesus
ab 8. Oktober im fsk-Kino
und im Kino Bundesplatz
Buch Anne Villacèque und Sophie Fillières
Kamera Pierre Milon · Schnitt Nelly Quettier · Produzent Nicolas Blanc
Eine Ex Nihilo Koproduktion in Assoziation mit Sofitvciné und Cinémage 6
Canal+,, Ciné+ und Région Haute-Normandie
gefördert von Canal+
www.kairosfilm.de
(
AktıvDruck
Göttingen 0551/6 70 65 · grafik@aktivdruck.com
¢ City Kino Wedding
INDIEKINDER
Deutschland 2013 D 97 min D R: Arend Agthe D B: Arend Agthe, Bettina Kupfer
D K: Thomas Benesch D D: Henriette Heinze, Nicolaus von der Recke, Sophie Lindenberg,
Claes Bang, Abi Kitzl, Bettina Kupfer D V: MFA+ Filmdistribution
KINDERFILME A–Z
DIE ABENTEUER DES
HUCK FINN (2012)
D 2012 D R: Hermine Huntgeburth
D 102 min, FSK: 6
Um sein Vermögen vor dem
versoffenen Vater zu schützen
macht sich Huck auf die Flucht.
An seiner Seite ist der geflüchtete
Sklave Jim.
¢ Bali Kino
ALLES STEHT KOPF
USA 2015 D R: Pete Docter, Ronaldo Del
Carmen D 94 min, FSK: oA
RETTET RAFFI!
Mit dem Charme des echten Hamsters
Der 8-jährige Sammy liebt seinen Goldhamster Raffi – und Raffi liebt
Sammy. Das flauschige Nagetier ist das Abschiedsgeschenk von Sammys
Vater, der Abstand von seiner Familie sucht und als Arzt nach Afghanistan
geht. Doch dann werden Sammy und Raffi jäh auseinander gerissen: Ein
Gauner klaut das Familienauto und somit auch Raffi, dessen Käfig nach
einer Tierarzt-Operation auf der Rückbank steht. Der schüchterne Sammy
sucht in ganz Hamburg nach seinem tierischen Kumpel, der in der Zwischenzeit einige turbulente Abenteuer besteht.
Der Kinderfilmregisseur Arend Agthe ist vor allem für seinen 80er-Jahre-Klassiker FLUSSFAHRT MIT HUHN bekannt. Mit RETTET RAFFI! verfilmt
Agthe nun das gleichnamige Kinderbuch, das er gemeinsam mit Bettina
Kupfer geschrieben hat. Die Adaption des „Hamsterkrimis“ arbeitet in
typischer Kinderfilm-Manier mit überzeichneten Figuren und liefert altersgerechte Unterhaltung mit einer eigenwilligen Musikgestaltung. Zwei
Handlungsstränge stellen die Erlebnisse von Sammy und Raffi gleichberechtigt nebeneinander. Die Perspektive des Jungen rückt neben der
tiefen Freundschaft zu Raffi die zerrüttete Familie in den Mittelpunkt. Die
Mama hat ihre liebe Not, das Familienchaos ohne den ausgebüxten Papa
zu stemmen, während Sammys pubertierende Schwester Molly in ihrer
eigenen Welt lebt. Die Herzen fliegen indes dem titelgebenden Nager zu,
der es in einer rasanten Sequenz mit einer Hafenkatze zu tun bekommt
und anschließend in die Elbe platscht, oder durch einen irrwitzigen Zufall
zum Star einer Fernsehshow aufsteigt. Die kreativen Hamster-Szenen, bei
denen die Kamera oft knapp über dem Boden filmt, kommen fast komplett ohne Computereffekte aus. Dem entwaffnenden Retro-Charme der
echten Hamster ist es wohl auch zu verdanken, dass RETTET RAFFI! den
Publikumspreis beim diesjährigen Kinderfilmfest in München gewinnen
konnte. D Christian Horn
Start am 22.10.2015
¢ b-ware!ladenkino
¢ Bundesplatz Kino
¢ Eva Lichtspiele
¢ Sputnik Kino am Südstern
D 30
D OKTOBER 2015
8 year old Sammy and his hamster
Raffi are best friends. When the family
car is stolen, Raffi disappears with it.
While Sammy searches Hamburg for
his pet, Raffi has exciting adventures
in the big city.
Im Kopf der 11-jährigen Riley hat
eigentlich Joy, die für die Freude
zuständig ist, das Sagen. Aber
als die Familie umzieht und Riley
Schwierigkeiten mit der Eingewöhnung hat, werden die anderen
Emotionen aufmüpfig.
¢ b-ware!ladenkino
¢ Eva Lichtspiele
¢ Sputnik Kino am Südstern
ANTBOY 2 –
DIE RACHE DER RED
FURY
Deutschland/Dänemark 2014 D R: Ask
Hasselbalch D 79 min, FSK: 6, empfohlen
ab 9
Neue Abenteuer warten auf Pelle
aka Antboy. Diesmal muss er es
mit den Terror-Zwillingen und
der geheimnisvollen Red Fury
aufnehmen.
¢ b-ware!ladenkino
„Panama“ vorbeischwimmt, die
nach Bananen duftet …
¢ Bali Kino
KÄPT’N SÄBELZAHN
UND DER SCHATZ
VON LAMA RAMA
Norwegen 2014 D R: John Andreas Andersen, Lisa Marie Gamlem D 97 min, FSK: oA
Käpt’n Säbelzahn, der Waisenjunge Pinky und das Mädchen
Raven machen sich auf nach
Lama Rama, um den Schatz von
König Rufus zu heben.
¢ b-ware!ladenkino
KINDERFILM
DES MONATS:
WINNETOUS SOHN
Deutschland 2015 D R: André Erkau
D 91 min, FSK: oA, empfohlen ab 8
Der zehnjährige Max war schon
immer ein großer Indianer.
Dann hat er die Chance, bei den
Karl-May-Festspielen vorzusprechen …
¢ Bali Kino
¢ Bundesplatz Kino
¢ Eva Lichtspiele
¢ Sputnik Kino
¢ Union Filmtheater
¢ Xenon Kino
Alle Termine unter www.kinderkinobuero.de
Vorbestellungen unter 030/235 562 51
DER KLEINE MAULWURF (1963–1975)
CSSR 1963-1975 D R: Zdenek Miler
D 69 min
IM REICH DER
AFFEN
Der kleine Maulwurf erlebt
Geschichten. Zeichentrickfilm.
Disney-Naturdoku über eine
Affenmutter und ihr Kind.
DER KLEINE RABE
SOCKE 2 – DAS
GROSSE RENNEN
USA 2015 D R: Mark Linfield, Alastair
Fothergill D 81 min, FSK: oA
¢ filmkunst66
¢ Union Filmtheater
JANOSCH:
OH WIE SCHÖN IST
PANAMA!
Deutschland 2006 D R: Martin Otevrel
D 70 min, FSK: oA, empfohlen ab 5
Der kleine Bär und der kleine
Tiger leben glücklich in ihrem
Haus am Fluss, bis eines Tages
eine Kiste mit der Aufschrift
¢ b-ware!ladenkino
¢ Bali Kino
Deutschland 2015 D R: Ute von Münchow-Pohl, Sandor Jesse D 103 min,
FSK: oA
Es wird Winter und alle Tiere
helfen brav, die Wintervorräte
einzusammeln – nur der kleine
Rabe Socke macht lieber
Seifenkistenrennen…
¢ b-ware!ladenkino
¢ Acud Kino
¢ filmkunst66
¢ Union Filmtheater
INDIEKINDER
KNERTEN TRAUT
SICH
Norwegen 2011 D R: Martin Lund
D 78 min, FSK: oA, empfohlen ab 6
Alles war gerade so gut und dann
verliebt sich Knerten in einen
Birkenzweig und Lillebrors Mutter
hat einen mysteriösen Fahrradunfall …
¢ Bali Kino
MÄRCHENKURZFILMWOCHE
Vom 8.10. bis 11.10. zeigt das Bali
immer um 16 Uhr ein Märchenkurzfilmprogramm für Kinder
ab 6 Jahren. Mit dabei sind der
OSTWIND 2 –
RÜCKKEHR NACH
KALTENBACH
Deutschland 2015 D R: Katja von Garnier
D 108 min, FSK: oA
Sommerferien, das heisst für
Mika vor allem: Zeit für ihren
geliebten schwarzen Hengst
Ostwind. Doch dann erfährt sie,
dass Oma Kaltenbachs Hof vor
dem Bankrott steht.
¢ b-ware!ladenkino
RICO, OSKAR
UND DAS HERZGEBRECHE
Deutschland 2015 D R: Wolfgang Groos
D 95 min, FSK: oA, empfohlen ab 8
Die kleinen Detektive und besten
Freunde Rico und Oskar haben
einen neuen Fall. Diesmal geht
es um Ricos Mutter Tanja, die
offenbar erpresst wird…
¢ Acud Kino
¢ b-ware!ladenkino
Puppenfilm DAS URWALDMÄRCHEN über einen ängstlichen
Drachen, der VOGEL DER NACHT
und der sanft gezeichnete META
MORFOSS über ein Mädchen, das
sich verwandeln kann.
Eintritt: 2 Euro
¢ Bali Kino
MINIONS
USA 2015 D R: Kyle Balda, Pierre Coffin
D 91 min, FSK: oA
Die Minions, kleine gelbe Schurken, verlassen ihren Rückzugsort
in der Arktis, um neue Gaunereien
anzustellen.
¢ b-ware!ladenkino (3D)
¢ Eva Lichtspiele
¢ Union Filmtheater
OOOPS! DIE ARCHE
IST WEG …
Deutschland 2015 D R: Toby Genkel
D 85 min, FSK: oA
Bei der Passagierliste der Arche
Noah wurden der Nestrier Dave
und sein Sohn Finny leider nicht
berücksichtigt. Animation.
¢ b-ware!ladenkino (3D)
SAM O’COOL:
EIN SCHRÄGER
VOGEL HEBT AB
Frankreich/Belgien 2014 D R: Christian De
Vita D 91 min, FSK: oA
Nesthäkchen Sam muss überraschend den ganzen Schwarm
sicher nach Süden bringen.
Animation.
EIN STACHELIGES VERGNÜGEN
will niemand mit dem Igel tanzen.
¢ Bali Kino
¢ Eva Lichtspiele,
¢ Xenon Kino
¢ alle Termine unter www-spatzenkino.de,
Vorbestellungen unter 030/449 47 50
SPUTNIK
Deutschland/Belgien/Tschechien 2013
D R: Markus Dietrich D 84 min, FSK: oA,
empfohlen ab 8
Herbst 1989: Im beschaulichen
Malkow arbeitet die zehnjährige
Rike mit ihren Freunden an einem
Teleporter, der Onkel Mike aus
West-Berlin zurück in den Osten
beamen soll.
¢ Sputnik Kino am Südstern
VILJA UND DIE
RÄUBER
KINDERKINO IM
INDIEKINO
ACUD KINO
TÄGLICH
B-WARE! LADENKINOTÄGLICH
BALI KINO
DO, FR, SA, SO
BUNDESPLATZ KINO DO, FR, SA, SO
EVA-LICHTSPIELE DO, FR, SA, SO
FILMKUNST66
DO, FR, SA, SO
SPUTNIK KINO
DO, FR, SA, SO
TILSITER LICHTSPIELE DO, FR, SA, SO
UNION FILMTHEATERDO, FR, SA, SO
XENON KINO wechselnde Termine
Eine aktuelle­
Programmübersicht
über alle KinderfilmTermine finden Sie
auf
www.indiekino.de
Finnland 2015 D R: Marjut Komulainen
D 85 min, FSK: oA
Es gibt sie noch, die die Freiheit
liebenden Piraten, die lieber raufen
und saufen als sich um Gott und
Vaterland zu kümmern.
Die Altersempfehlungen orientieren sich in der
Regel an den Vorschlägen der Bundeszentrale für
politische Bildung/Vision Kino.
¢ b-ware!ladenkino
¢ Sputnik Kino am Südstern
¢ Union Filmtheater
»Spektakuläre Bilder, einzigartige Aufnahmen,
magische Momente – ein Meisterwerk.«
TV HÖREN UND SEHEN
NACH
DAS GRÜNE WUNDER – UNSER WALD
DER NEUE FILM VON
JAN HAFT
¢ b-ware!ladenkino (3D)
SHAUN DAS SCHAF:
DER FILM
GB/F 2014 D R: Mark Burton, Richard
Starzack D 85 min, FSK: oA, empfohlen
ab 5
Shaun, das Schaf, die Schafherde
und Hund Bitzer fahren in die
Großstadt, um den Bauern zu
retten. Knetfilm.
ERZÄHLT VON
AXEL MILBERG
¢ b-ware!ladenkino
SPATZENKINO:
BUNTES HERBSTVERGNÜGEN
ca. 45 min, empfohlen ab 4
Im Spatzenkino wird es herbstlich: DER KLEINE VOGEL UND
DAS EICHHÖRNCHEN balgen sich
und eine Gießkanne; ASTON WILL
NICHT ALLEINE SEIN und sammelt Steine; Maus, Frosch und
Igel feiern ein ERNTEFEST und in
Fünf Jahre Drehzeit • 500 Drehtage • 80 Drehorte
AB 24. SEPTEMBER IM KINO
www.magiedermoore-derfilm.de
/magiedermoore
INDIEKINOHIGHLIGHTS
D 32
D OKTOBER 2015
KINO UNION
BACK TO THE FUTURE –TRILOGIE
Wer die BACK TO THE FUTURE-Trilogie noch nicht gesehen hat, muss sie unbedingt sehen, möglichst rechtzeitig vor dem Start von Robert Zemeckis
neuem Film THE WALK, der, einem der großartigsten, witzigsten und diskordianischsten 9/11-Paranoia-Videos zufolge („BACK TO THE FUTURE predicts
9/11“) bereits in der Trilogie vorausgesagt wurde und unglaubliche Enthüllungen versprechen soll! Wer nicht an diskordianische Paranoia-Witze glaubt,
hat aber sicher auch seinen Spaß. Die BACK TO THE FUTURE-Trilogie war schon in den 80er Jahren Anlass für bizarre Pseudo-Philosophien, Wahngebilde
und irrwitzige Spekulation. Außerdem ist sie sehr, sehr komisch und bietet reichlich Gelegenheit, Zemeckis Voraussagen für den 21. Oktober 2015 - die
„Zukunft“ in BACK TO THE FUTURE 2 - zu überprüfen: Handys ja, Hoverboards irgendwie auch, auf fliegende Autos warten wir schon seit THE JETSONS.
 21.10. ab 18 Uhr
OKTOBER 2015 D
33 D
INDIEKINOHIGHLIGHTS
ACUD KINO
FILMRAUSCHPALAST
SPUTNIK KINO AM SÜDSTERN
5. LITAUISCHES FILM FESTIVAL „LITAUISCHES KINO GOES BERLIN“
Zum fünften Mal lädt „Litauisches Kino Goes Berlin“ dazu ein, die Filmlandschaft des baltischen Staates kennenzulernen. Vom 9. bis 12. Oktober 2015
werden in den Lichtspielhäusern Sputnik, Acud und Filmrauschpalast drei Programme mit den besten litauischen Kurzfilmen der letzten Jahre gezeigt. Dabei
handelt es sich um Werke junger litauischer Regisseurinnen und Regisseure, die in dem kleinen Land mit sowjetischem Vermächtnis groß geworden sind
und nun ihre nach der Unabhängigkeit Litauens erlangte (künstlerische) Freiheit auskosten. Dies sieht man vor allem an der Vielseitigkeit der Genres: Vom
fiktionalen Kurzfilm über Dokumentar- und Experimentalfilme bis hin zu Animationen ist bei „Litauisches Kino Goes Berlin“ alles vertreten. Die Filme werden
in der Originalsprache mit englischen Untertiteln oder in englischer Sprache gezeigt. Sie sind in drei Programme und ein „Best-Of“-Programm „verpackt“.
Zusätzlich zum Litauischen Filmfest gibt es im Filmrauschpalast eine Ausstellung der
 Programm 1: 9.10. um 21 Uhr im Acud Kino
 Programm 2: 10.10. um 20 Uhr im Filmrauschpalast
litauischen Fotografin Dalia Mikonytė. Unter dem Titel „Analogophilia“ verspricht sie
 Programm 3: 11.10. um 20 Uhr im Sputnik Kino am Südstern
„Ruhe und Chaos am Ferienort. Zwei sehr unsittliche Wochen, aufgenommen auf ech „Best of“-Programm: 12.10. um 20 Uhr im Sputnik Kino am Südstern
 „Analogophlia“: Eröffnung am 10.10. um 19 Uhr im Filmrauschpalast
tem und trashigem Negativfilm.“ facebook.com/LitauischesKinoGoesBerlin
FILMRAUSCHPALAST
14KM
14km – das ist die kürzeste Distanz zwischen Afrika und Europa. Der Verein 14km e.V.
setzt sich für Austausch und Verständigung der beiden Nachbarregionen nördlich und
südlich des Mittelmeeres ein und veranstaltet regelmäßig Filmabende, immer zu einem
speziellen Thema und immer mit Filmgespräch und Diskussion im Anschluss an die Vorführung. Im Oktober läuft zum Thema „West Sahara“ die Dokumentation LIFE IS WAITING
– REFERENDUM AND RESISTANCE IN WESTERN SAHARA (USA/West-Sahara 2015,
59 min, OmeU) von Lara Lee über die Sahrawis, die Menschen in West-Sahara, der letzten
Kolonie Afrikas, die immer noch für ihre Unabhängigkeit von Marokko kämpfen, obwohl
ihnen diese bereits vor vierzig Jahren von der ehemaligen Kolonialmacht Spanien versprochen wurde. Unter dem Motto „Migration nach Europa“ wird 14 KILOMETER – AUF DER
SUCHE NACH DEM GLÜCK (Spanien 2008, 95 min, OmU) von Gerardo Olivares gezeigt.
In seinem semidokumentarischen Film erzählt der spanische Regisseur die gemeinsame
Fluchtgeschichte dreier Menschen aus Mali und Niger nach Europa. 14km.org
 LIFE IS WAITING – REFERENDUM AND RESISTANCE IN WESTERN SAHARA: 7.10. um 18.45 Uhr
 14 KILOMETER – AUF DER SUCHE NACH DEM GLÜCK : 28.10. um 18.30 Uhr
D 34
D OKTOBER 2015
14 km – Auf der Suche nach dem Glück
INDIEKINOHIGHLIGHTS
BUNDESPLATZ KINO
EVA LICHTSPIELE
IL KINO
KLEINES KÜNSTLERPORTRÄT:
HOMMAGE AN CARLO VERDONE AUTOFOKUS
Eine Filmreihe im Bundesplatz Kino und Il Kino lädt im Oktober und
November mit acht Titeln dazu ein, den in Deutschland wenig bekannten Regisseur und Schauspieler Carlo Verdone zu entdecken: „Wenn
man sich heute mit der „commedia italiana“ befasst, kommt man an
Carlo Verdone nicht vorbei. Aber es wäre verkürzt, ihn nur als Komödianten zu begreifen – nach einer 35-jährigen Karriere mit 25 Filmen als
Regisseur und noch viel weiteren als Schauspieler, etwa als Romano in
Paolo Sorrentinos LA GRANDE BELLEZZA – DIE GROSSE SCHÖNHEIT.
Verdone wandelt zwischen Komödie, Groteske und Tragödie. Seine Figuren spiegeln mit ihren Neurosen und Unsicherheiten unsere Ängste als
Italienerinnen und Italiener wider. Wir lachen über seine mit einer Prise
Zynismus gezeichneten Charaktere, aber auch über uns selbst. Seit fast
vier Generationen gehören seine Figuren und Filme zu den kollektiven
Erinnerungen und Bildern eines jeden Italieners, und seine Filmsätze
sind zu geflügelten Worten geworden.“ (Christos Acrivulis, missing
films). Alle Filme werden im Original mit englischen Untertiteln gezeigt.
www.ilkino.de, www.bundesplatz-kino.de
Der Kurz-Dokumentarfilm AUTOFOKUS des Filmkollektivs TakeSeven
stellt den Berliner Fotokünstler und Autodidakt Bertolt Prächt vor. Seit
2012 arbeitet Prächt an einer Fotostudie über einen – er sagt dazu
bewusst nicht Autofriedhof – ganz besonderen Parkplatz in den Wäldern
Idahos. Aktuell schraubt er an einem Geschichten-Bildband über seine
„alten Damen“. Der 15-minütige Film gibt einen Einblick in Arbeit und
Werdegang des Fotografen. Der Künstler und die Filmemacher werden
anwesend sein, der Eintritt ist frei. bertolt-praecht.de  10.10. um 11 Uhr
BALI KINO
AFRIKA-WOCHE
ACUD KINO
KINO GLOBAL
Water Makes Money
Filme über globale Misstände zeigt das Acud Kino in der Reihe „Kino Global“ aller zwei Wochen donnerstags um 19 Uhr, immer mit Filmgespräch.
OUR TERRIBLE COUNTRY porträtiert die gefährliche Reise des Intellektuellen Yassin al-Haj Saleh und des jungen Fotografen Ziad Homsi durch
Syrien. WATER MAKES MONEY beobachtet das Treiben der weltgrößten
Wasserkonzerne Veolia und Suez, die immer dann zur Stelle sind, wenn
finanziell klamme Kommunen nach Entlastung suchen. UNTOUCHABLE:
CHILDREN OF GOD handelt vom Missbrauch junger, oft aus dem benachbarten Nepal entführter Mädchen in den Bordellen von Indien, und von
den Menschen, die ihr Leben riskieren, um sie zu retten. www.acudkino.de
Immer um 19 Uhr  1.10.: OUR TERRIBLE COUNTRY  15.10. WATER MAKES MONEY
 29.10. UNTOUCHABLE: CHILDREN OF GOD
Mama Africa – Miriam Makeba
In seiner „Afrika-Woche“ zeigt das Bali Kino fünf Filme aus und über
Afrika, viele von ihnen handeln von Migration und Exil: Mika Kaurismäkis
Dokumentarfilm MAMA AFRICA – MIRIAM MAKEBA (22.10.) ist ein Porträt der südafrikanische Musikerin und Bürgerrechtsaktivistin. Moussa
Tourés Film DIE PIROGE (23.10. + 27.10.) erzählt von einer Gruppe von
senegalesischen Migranten, die versuchen mit einem kleinen, für den
Fischfang gebauten Boot die kanarischen Inseln zu erreichen. Sarah
Bouyains UNSERE FREMDE (24.10.) gewann 2011 beim Filmfestival in
Ouagadougou den Preis der Jury. Er erzählt von Amy, der Tochter einer
Bourkinabé und eines Franzosen, deren Vater sie mit acht Jahren nach
Paris holte. Nun fährt sie nach Burkina Faso, auf der Suche nach ihrer
Mutter. UNTERM STERNENHIMMEL (25.10. + 28.10.) von der franko-senegalesischen Regisseurin Dyana Gaye erzählt drei Migrationsgeschichten: Die Senegalesin Sophie kommt in Turin an, wo sie ihren Ehemann
Abdoulaye treffen will, doch der ist bereits nach New York weitergereist, wo er nur Sophies Tante kennt. Die ist allerdings mit ihrem Sohn
gerade auf dem Weg nach Dakar. Der Dokumentarfilm KEN BUGUL –
PERSONNE N’EN VEUT (26.10.) von Sylvia Voser folgt der verschlungenen Lebensgeschichte der senegalesischen Schriftstellerin Ken Bugul.
www.balikino-berlin.de  22.10.–28.10., immer um 18 Uhr
OKTOBER 2015 D
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INDIEKINOHIGHLIGHTS
Neun Leben hat die Katze
BUNDESPLATZ KINO
50 JAHRE „KURATORIUM JUNGER DEUTSCHER FILM“
Am 28. Februar 1962 verkündeten 26 bundesdeutsche Filmschaffende – unter ihnen Alexander Kluge, Edgar Reitz und Peter Schamoni - bei den 8.
Westdeutschen Kurzfilmtagen das Oberhausener Manifest, in dem sie ein neues deutsches Kino forderten. Nie zuvor, nie danach wurde mit einer
solchen Vehemenz ein Bruch mit den bestehenden Produktionsverhältnissen verlangt und auch herbeigeführt. Eine Folge war das „Kuratorium junger
deutscher Film“, ein von allen Bundesländern gemeinsam getragenes Fördergremium, das seit 1965 den jungen Kinofilm fördert. Zu den ersten geförderten Produktionen gehörten ABSCHIED VON GESTERN von Alexander Kluge und NEUN LEBEN HAT DIE KATZE von Ula Stöckl, zu den jüngsten
CALIFORNIA CITY von Bastian Günther, der gerade mit dem Förderpreis der Neuen Nationalgalerie ausgezeichnet wurde, RETTET RAFFI! von Arend
Agthe und STAATSDIENER von Marie Wilke. Anlässlich des 50-jährigen Bestehens der
Immer Sonntag um 15.30 Uhr
verdienten Organisation gehen einige der schönsten und interessantesten Produktionen
 4.10.: LEBENSZEICHEN von Werner Herzog
auf Kinotournee. Im Bundesplatz Kino läuft vom 27. September bis zum 3. Januar 2016
 11.10.: NEUN LEBEN HAT DIE KATZE von Ula Stöckl
 18.10.: DIE ANGST DES TORMANNS BEIM ELFMETER von Wim Wenders
immer Sonntag um 15.30 ein anderer Meilenstein der deutschen Filmgeschichte. Im
 25.10.: FLUSSFAHRT MIT HUHN von Arend Agthe (zu Gast)
Oktober werden die nebenan aufgelisteten FIlme zu sehen sein.
 25.10.: WIR WAREN KÖNIGE von Philipp Leinemann
SPUTNIK KINO AM SÜDSTERN
VERBOHRTE ENTWICKLUNG: ­
BERGBAU UND EXTRAKTIVE
INDUSTRIEN IN LATEINAMERIKA
Die Rohstoffausbeutung in Lateinamerika produziert vielfältige Konflikte: Menschenrechtsverletzungen, Zwangsumsiedlungen, Zerstörung der Biodiversität, Verseuchung
von Trinkwasser. Meist werden kurzfristige Wirtschaftsinteressen über grundlegende
Rechte auf Leben und Selbstbestimmung gestellt. Anlässlich der „Alternativen Rohstoffwoche 2015“ laufen im Sputnik Kino sechs Dokumentationen die sich mit den
Konsequenzen der Ausbeutung beschäftigen, aber auch den Widerstand der betroffenen Bevölkerung zeigen. DER WEIßE SCHATZ – DIE SALZARBEITER VON CAQUENA
(19.10.) porträtiert die Situation bolivianischer Salzarbeiter in der größten Lithium-Mine
der Welt, TIERRA SUBLEVADA (20.10.) zeigt die Kontinuität kolonialer Ausbeutung
anhand des argentinischen Bergbaus, YASUNÍ – EL BUEN VIVIR (21.10.) erzählt die
Geschichte der Yasuní-Initiative, die den Erhalt der Biodiversität vor die Ausbeutung
der Rohstoffe stellte, RESISTENCIA (22.10.) hat den Widerstand in Mittelamerika als
Schwerpunkt, MARMATO (24.10.) und LA BUENA VIDA – DAS GUTE LEBEN (25.10.)
begleiten Kleinbergbauern und die indigene Wayuú-Gemeinschaft in Kolumbien in ihren
Auseinandersetzungen mit den Großkonzernen.
Alle Filme werden im Original mit deutschen Untertiteln gezeigt.
 19.10.–25.10., immer um 19 Uhr, der Eintritt ist frei!
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D OKTOBER 2015
MATTHIAS FRANK OLIVER
BRENNER AUERBACH MARLO
FILMKUNST66
PREVIEW: DAS HOTELZIMMER
ISMAIL OONA-DEVI
SAHIN LIEBICH
NICHT
SCHON WIEDER
In Anwesenheit des Regisseurs Rudi Gaul, der Hauptdarsteller Mina
Tander und Godehard Giese und weiteren Teammitgliedern lädt das filmkunst66 zur exklusiven Preview von Rudi Gauls kammerspielartigem Thriller DAS HOTELZIMMER: Ein Journalist und die Autorin eines erfolgreichen
Romans treffen sich in einem Hotelzimmer zu einem Interview. Als der
Mann plötzlich behauptet, mit der Frau vor über zehn Jahren an einem
folgenschweren Unfall beteiligt gewesen zu sein, wird aus der scheinbar
harmlosen Interview-Nacht ein Psycho-Spiel voller Fallen und falscher
Fährten …  13.10. um 19.30 Uhr
RUDI!
Eine Komödie von
ISMAIL SAHIN
und OONA-DEVI LIEBICH
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sucht in Rio nach ihrem angeblich
verstorbenen Mann und wird bald
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Filmtexte: Hendrike Bake, Tom Dorow,
Thomas Groh, Christian Horn, Christian
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Mayer, Harald Mühlbeyer, Toni Ohms,
Hannes Stein, Anna Stemmler, Matthias
von Viereck, Hardy Zaubitzer
Texte Kinohighlights: INDIEKINO BERLIN
und Kinos
Grafik: Michael Zettler, Nora Wiesner (Zett
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Druck: Möller Druck & Verlag GmbH, Berlin
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Bildnachweis:
Filmbilder: Filmverleiher/Filmfestivals
„Cherry Picks“ (S. 5): Berlin Film Society
PorYes Award (S. 5): (c) Buck Angel/PorYes
Award
Lichtspiel Festival (S. 4): Lichtspiel Festival
e.V.
Retrospektive Carlo Verdone (S. 35):
missing films
NACHBILD
Nach einer hohen Dosis Hardcore-Arthouse-Filmen hat man ja gelegentlich auch mal das Bedürfnis nach etwas
ganz anderem, Riesenrobotern, die die Welt vernichten, oder Videos von Katzen in Pappkartons, oder meinetwegen irgendwas mit Dirndln und Tischdecken. Das hier ist ein Still aus DIE TRAPP FAMILIE – EIN LEBEN FÜR DIE
MUSIK, der im November startet. Nun kann man sich über einen Mangel an Trapp-Familie-Filmen nicht beklagen,
es gibt sogar eine japanische Anime-Serie über die Trapps. Andererseits mag man sich zwar über die deutschen
Trapp-Wirtschaftswunderheimatschnulzen und die Süßlichkeit der US-Version THE SOUND OF MUSIC von 1956
lustig machen, aber der Film wirkt immer noch nach: Bei der letzten Oscar-Verleihung sang Lady Gaga ein Medley
von Songs aus dem Film. Die fünfte von links im Bild ist übrigens Yvonne Catterfield, die deutsche Rache für
Lady Gaga.
VORSCHAU
INDIEKINO IM NOVEMBER
D LOVE Gaspar Noé goes 3D D HALLOHALLO Krankenschwester am Wendepunkt D AUS UNERFINDLICHEN
GRÜNDEN Abhängen in Budapest D EL CLUB Priester in der Vorhölle D DIE GETEILTE STADT Fotograf in der
Grenzstadt D DIE SCHÜLER DER MADAME ANNE Lehrerin und Kollektivgeist D SCHMITKE Ingenieure im Wald
D ALKI ALKI Freundschaft mit Flasche D CHUCK NORRIS UND DER KOMMUNISMUS Revolution durch VHS D
EISENSTEIN IN GUANAJUATO Im Bett mit Greenaway D A MAN CAN MAKE A DIFFERENCE Kampf gegen Kriegsverbrechen D VIRGIN MOUNTAIN Fusi muss erwachen werden D 4 KÖNIGE Weihnachten in der Jugendpsychiatrie
D HAPPY WELCOME Clowns ohne Grenzen D HERR VON BOHLEN Schwuler Industriellensohn D MIA MADRE
Der neue Nanni Moretti D RIVERBANKS Liebe am Grenzfluss D STONEWALL Lothar Emmerich über Gay Pride D
STURE BÖCKE Verfeindete Schafzüchter D YOU’RE UGLY TOO Irischer Humor D ELECTROBOY Hipster-Model mit
Angststörung D EWIGE JUGEND Reiche alte Herren D HASRET – SEHNSUCHT Geister in Istanbul D DER JUNGE
UND DIE WELT Meisterwerk des Animationsfilms
OKTOBER 2015 D
39 D
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Th e Tri be isT e i n Fi lm von myroslav slabosh pyTskiy.
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