Diethard Kersandt - forum

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Diethard Kersandt - forum
Tod auf See
Fregatte „Mecklenburg-Vorpommern“
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Diethard Kersandt
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Am 06.März 2002 ereignete sich in der Pommerschen Bucht ein
Seeunfall mit tödlichem Ausgang. Während eines Personentransfers
von der britischen Fregatte HMS „Cumberland“ zur deutschen
Fregatte „Mecklenburg – Vorpommern“ mit einem Beiboot kamen
zwei deutsche Marinesoldaten um ihr Leben.
Die Fregatte “Mecklenburg-Vorpommern” nahm als Bestandteil eines
internationalen Marineverbandes am NATO – Manöver „Strong
Resolve“ teil.
Die Wetterbedingungen am Nachmittag des 6.März waren schlecht :
Windstärke 7 aus südwestlicher Richtung, Wellenhöhe bzw. Höhe der
Dünung ca. 2 Meter aus Südwest, Lufttemperatur 4 - 5 ° C,
Wassertemperatur 3 ° C.
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HMS „CUMBERLAND“
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Die Royal Navy meldet am 08.03.2002 :
„Die in Devonport stationierte HMS „Cumberland“, eine Fregatte des
Typs 22 Batch 3, die gegenwärtig an dem multinationalen Manöver
„Strong Resolve“ in der Ostsee teilnimmt, war an der Rettung von 3
Personen beteiligt als deren Boot während eines Transfers zur
deutschen Fregatte Mecklenburg kenterte. ...
Bedauerlicherweise konnten trotz langandauernder Bemühungen zur
Wiederbelebung zwei deutsche Seeleute nicht gerettet werden und
wurden durch die Ärzte ... für tot erklärt.
...
Die Rettungsmaßnahmen waren auf dem höchsten Standard und mit
dieser Professionalität und mutigem persönlichen Einsatz gelang es,
drei Leben zu retten.“
Nachrichtenarchiv der Royal Navy für den 08.03.2002, 10:15 Uhr (Quelle : Internet)
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Ablauf der Geschehnisse / 1 / :
15.22
15.39
15.49
15.51
Vorbereitung des Transfers : Schiffe in Dwarslinie (CUMB als
sog. „Guide“ (115 ° / 6 Kn), MVP Steuerbord quer, 300 yds;
EDIN Backbord quer, 300 yds (ca. 275 m; 1 yd = 91,44 cm)
(Wind SW bis W mit 30- 35 Kn = 7 Bft; Wellenhöhe 2- 3 m)
Boot führt Materialtransport von CUMB zur EDIN aus, keine
Probleme
Boot zurück, legt an BB-Seite CUMB an, Höhe Quarterdeck
(brit.Verfahren: keine Fangleine; Bootsführer drückt Bug
mittels Ruderlage und Fahrt gegen Bordwand)
Boot sackt achteraus, Bootsführer erhöht Fahrt, Wellen heben
Heck der CUMB an; Boot wird an Bordwand gedrückt, nimmt
viel Wasser über
Boot kentert über den Steuerbord-Bug; 5 Personen im Wasser
CUMB „Mann über Bord“ ; Anweisung an EDIN und MVP, sich
von CUMB freizuhalten;
CUMB „fährt aus ökonomischen Gründen“ mit nur einer
Marschturbine
ED
IN
CU
MB
MV
P
/ 1 / Quelle : Entscheidungsvorschlag des Havarieausschusses ... Beauftragter für
Havarieuntersuchungen der Marine, Rostock, 07.Mai 2002
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4
15.53(?) CUMB Vollkreis nach BB; Start der BB-Turbine
C
U
MB
15.57
Drehkreis CUMB nahezu abgeschlossen; Personen in 3
3
B
Antriebsanlage CUMB voll verfügbar
M
CU
15.56
Gruppen STB voraus. MVP bietet ihr Boot zur Hilfe an; CUMB bestätigt
16.03
CUMB hat 4 Personen an STB (Lee-Seite), Abstand 20 - 30 m
16.04
CUMB liegt gestoppt im Wasser
16.04
Rettungsschwimmer der CUMB ins Wasser (zu den 3 Deutschen)
1
16.07
Speed-Boat EDIN erreicht Unglücksstelle und nimmt Mann an Bord
CUMB
B
M
CU
2
(Reanimation beginnt sofort)
16.14
...
Person an Bord der CUMB; Boot von CUMB an BB-Seite (luv) aufgenommen
Bootsgast S. (CUMB) bei den beiden Deutschen; beide bei Bewusstsein;
CUMB lässt von Deck Leinen herab; S. ergreift Leine und forderte die beiden
Deutschen auf, es ebenfalls zu tun; nur einem gelingt es ...
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Eine seemännische Grundregel : Rettungs- bzw. Boarding- Manöver
müssen mit voll manövrierfähigem Schiff durchgeführt werden.
Das gilt ganz besonders bei schlechtem Wetter. FORUM-SCHIFFSFUEHRUNG
...ein Deutscher treibt langsam nach voraus, STB-Seite Bug (Schiff treibt
achteraus; Person treibt um den Steven herum auf die schnell größer ...
16.17
Deutscher N. mittels Rettungsgalgen geborgen
16.17
Hubschrauber beim Deutschen S.; Rettungsmann seilt sich ab;
Probleme beim Anlegen des Rettungsgurtes (5 Min., steife Finger);
wieder aufwinschen, neuer Versuch
16.27
S. im Hubschrauber
16.33
Hubschrauber landet auf CUMB; medizinische Hilfe um 18.30 erfolglos
beendet
„Die Bergungsaktion der Überbordgefallenen wurde durch das HMS „Cumber-l
and“ geleitet und durchgeführt. Der in gleicher Formation fahrende Zerstörer
HMS „Edinburgh“sandte zur Unterstützung sein Beiboot und forderte den ca.40
nm entfernt operierenden Bordhubschrauber der Fregatte „Lancaster“ an,
während die ebenfalls in unmittelbarer Nähe stehende Fregatte
„Mecklen-burg-Vorpommern“ ihr einsatzbereites Motorrettungsboot nicht zum
Einsatz brachte.“
(Untersuchungsbericht der Deutschen Marine)
Die Führung der Marine hat den „Schuldigen“ bereits im Visier.
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Hintergrund (wie immer) : die Technik ist o.k.,
der Mernsch versagt !
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Untersuchungsbericht der Britischen Marine (Mitarbeit deutscher Ermittler, z.B. KzS Spl.)
„South Terrace“- Marinestützpunkt Ihrer Majestät, Portsmouth
Boatman and 2x GER
APPENDIX 10 TO ANNEX A
TO SHIP‘S INVESTIGATION REPEORT
DATED 10 MAR 02
GER Unconscious/Dead;
lifejacket above head.Being assisted
by swimmer of watch.
Lifting hook attached to lifejacket in
attempt to lift head out of water
NORTH
S.
N
.
CUMB
EDIN Seaboat closing
to assist
Ahead
Ahead propulsion
propulsion
being
being applied
applied
to
counter
to counter astern
astern
wash
wash
DRIFT 3 KTS
SWELL
SS 4-5
WIND 230°;30 m/s
Wird einige Minuten später
mit Speedboat an BB an Bord
gebracht
16:04 Uhr
15:51 gekentert
„Es scheint, dass es einige Mängel bei der Reaktion auf
das Unglück gab, die ihren Grund in der schlecht
koordinierten oberen Führungsebene haben.“
Die „Cumberland“ war im Rahmen des Manövers „Strong Resolve“ als OCE –
„Officer Conducting the Exercise“ den anderen Schiffen gegenüber
weisungsbefugt. Nach den NATO-Vorschriften wechselt bei einem „Mann über – Bord – Manöver“ die Weisungsbefugnis auf den OTC, den „Officer in
Technical Command“ des Schiffes über, das einen Mann verloren hat, also
auch hier die „Cumberland“. Sie ist für die Rettung des Mannes
verantwortlich. Die anderen Schiffe haben so zu manövrieren, dass sie sie
dabei nicht behindern.
Aus dem geheimen Untersuchungsbericht der Britischen Marine (Mitarbeit deutscher Ermittler,
z.B. KzS Spl.) „South Terrace“- Marinestützpunkt Ihrer Majestät, Portsmouth
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Nur die Briten waren bei der Einschätzung ihrer
Fehler sehr sachlich und kritisch.
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„HMS ‚Cumberland’... verfügte weder im Navigationsbuch noch im Brückenheft über genaue Weisungen, wie
solche Transfers durchzuführen seien …“
Die „Cumberland“ ging mit 6 Knoten (I. Offizier der britischen Fregatte :
Hauptgrund war Gebot „sparsamer Umgang mit Treibstoff“) an der untersten
Schwelle erforderlicher Minimalgeschwindigkeit in dieses Manöver, da die Welle
blockiert, wenn nur etwa 5 bis 5,5 Knoten bei 50 Umdrehungen pro Minute
gelaufen werden. Sie war also nicht nur in ihrer Manövrierfähigkeit quer zur
Fahrtrichtung eingeschränkt (größerer Manöverraum bei Drehmanövern), sondern
durfte auch nicht die Fahrt verringern, da sons tein totaler “black out” drohte.
Aus dem geheimen Untersuchungsbericht der Britischen Marine (Mitarbeit deutscher Ermittler,
z.B. KzS Spl.) „South Terrace“- Marinestützpunkt Ihrer Majestät, Portsmouth
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„Die Drehung aus dem Wind auf einer einzigen Welle bei
begrenzter Maschinenkraft machte den ersten Teil der Wende
schwierig und langsam.“
Die Befürchtungen des Navigationsoffizier der „Cumberland“, „dass das
Schiff die Drehung weit windabwärts von den Verunglückten
abschließen würde“, lassen sich nachvollziehen. Der Versatz eines
Schiffes im Drehkreis sorgt allein dafür, dass die Ausgangsposition nicht
erreicht werden kann. Das gehört zu den elementaren Kenntnissen guter
Seemannschaft eines nautisch ausgebildeten Offiziers jeder Flotte dieser
Welt!
Aus dem geheimen Untersuchungsbericht der Britischen Marine (Mitarbeit deutscher Ermittler,
z.B. KzS Spl.) „South Terrace“- Marinestützpunkt Ihrer Majestät, Portsmouth
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„Hätten die Passagiere Multifaseranzüge getragen, hätten
sie vielleicht überlebt.“
In der Dienstvorschrift BR 67 der Royal Navy wird angeordnet, dass
Passagiere bei einem derartigen Transfer Taucheranzüge oder Multifaseranzüge tragen müssen, wenn die Wassertemperatur auf oder unter 15 ° C
sinkt. Die deutschen Seeleute verfügten über derartige Schutzanzüge nicht.
Alle britischen Seeleute wurden gerettet und erholten sich schnell, 2
deutsche Seeleute starben.
Die deutsche Fregatte „ hielt sich durch die Nähe zu den anderen Schiffen für
zu beschränkt und nicht hinreichend manövrierfähig“, um ihr Boot zu Wasser
zu lassen.
Der Ermittlungsausschuss kommt zu der Auffassung, dass sich der Einsatz
des Bootes der „Mecklenburg – Vorpommern“ „zweifellos ausgewirkt“ hätte.
Aus dem geheimen Untersuchungsbericht der Britischen Marine (Mitarbeit deutscher Ermittler,
z.B. KzS Spl.) „South Terrace“- Marinestützpunkt Ihrer Majestät, Portsmouth
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Möglicherweise hätte sich der Einsatz ausgewirkt. FORUM-SCHIFFSFUEHRUNG
Aber konnte und durfte man die Boote überhaupt aussetzen ?
Foto : D. Kersandt
Der Havarieausschuss der Deutschen Marine kommt zu der Schlussfolgerung, dass zwar ein fehlerhaftes Verhalten von deutschen
Marineangehörigen für das Kentern des Bootes nicht vorläge, doch die
„Mecklenburg – Vorpommern“ es unterlassen hätte, unverzüglich einen
einsatzbereiten Motorkutter zur Rettung der Verunglückten ins Wasser zu
bringen.
Das wäre möglich, zumutbar und geboten gewesen.
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Ursachensuche in der deutschen Marine
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Beauftragter für Havarieuntersuchungen der Marine
ENTSCHEIDUNGSFORMEL (Auszug):
Rostock, 07. Mai 2002
Kopernikusstrasse 1
Seite 20
Aus der
BEGRÜNDUNG :
Beauftragter für Havarieuntersuchungen der Marine
?
Warum greifen die deutschen Ermittler den klar formulierten und sachlich
begründeten Nachweise für das Fehlverhalten des Kommandanten der
Fregatte „Cumberland“ nicht auf ?
Manöver sind in der rauen Realität der See keine Sandkastenspiele.
> Soll man den Engländern erklären, dass es kein unter den vorgefundenen
äußeren Bedingungen einsetzbares Rettungsboot (technische Mängel !) gab ;
> dass die deutsche Fregatte gar nicht am internationalen Seeverkehr hätte
teilnehmen dürfen;
> dass das deutsche Schiff nur bei wenig Wind und glatter See einsatzfähig
war ;
> dass man die technischen Mängel an den Rettungsmitteln schon lange
kannte, sie noch nicht beseitigte und nur mit formellen Ausnahmegenehmigungen zur See fuhr?
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Qualitätszeugnis für die deutsche Flotte in der NATO ?
Schaden von der Bundesmarine abwenden ?
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Motorboot
In welchem Zustand befanden sich die Rettungsmittel der MVP ?
Foto : D. Kersandt
Speed Boat (2003)
Foto : D. Kersandt
Zustand der Rettungsmittel und Ausnahmegenehmigungen :
Die Fregatten des Typs 123 (Brandenburg) wurden zwischen 1994 und 1996 in Dienst
gestellt. Zur Ausrüstung gehörten damals je zwei Motorrettungsboote (MRB) als
kollektive Rettungsmittel.
Motorrettungsboot Fregatte MVP/ Juli 2003
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„Einzelbericht Motorrettungsboot im BoardingEinsatz vom 06.Januar 1995“ (Überprüfung der
Eignung des Motorrettungsbootes für den Einsatz
in der Boardingrolle in Bezug auf Ein-/Aussetzen,
Manövrierfähigkeit,Beladekapazität, Sicherheitsaspekte):
„Das Motorrettungsboot ist für den Einsatz in der
Boarding-Rolle nicht geeignet. Es hat gravierende
technische und konstruktive Mängel, die z.T. eine
erhebliche
Gefahr
für
das
Boardingteam
darstellen. … Die Erklärung der Truppenverwendbarkeit des Motorrettungsbootes für den
Boardingeinsatz wird aus o.a. Gründen nicht
empfohlen.“
Die Prüfung des MRB auf der Fregatte „Brandenburg“ hatte das Ziel, die
Eignung des Bootes für den Boardingeinsatz im Rahmen KRK
(Krisenreaktionskräfte) zu bewerten.
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Zustand der Rettungsmittel und Ausnahmegenehmigungen :
Eines der Motorrettungsboote ( das auf der Backbordseite) wurde durch ein
Speedboot ausgetauscht, das den Anforderungen eines Boarding-Einsatzes
gerecht werden sollte. In der Ausnahmegenehmigung Nr. 1 / 96 (Bestimmungen
zur Ausrüstung von Fregatten der Klasse 123 mit Seenot-Rettungsmitteln) vom
23. August 1996 sind die Anforderungen detailliert aufgeführt.
Für das Aussetzen des Speedbootes wurde ein Bordladekran eingebaut, der sich
jedoch aufgrund technischer Mängel als völlig ungeeignet erwies und stillgelegt
werden musste (05.11.2001).
Durch die Stilllegung des Bordkranes konnte die gesetzten Bedingungen für den
Einsatz des Speedbootes und damit für die Erteilung der Ausnahmegenehmigung aber nicht mehr erfüllt werden.
Die Fregatte hatte keine Erlaubnis mehr, am internationalen Seeverkehr
teilzunehmen.
Die Ausnahmegenehmigung Nr. 02/01 vom 07.11.01 änderte daran gar nichts !
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Mitschuld der Marine an Tod von Soldaten
16. Mai 2002 23:31Ein vertraulicher Untersuchungsbericht kommt zu dem Ergebnis, das
die bei einem Manöver-Unfall in der Ostsee getöteten Marine-Soldaten hätten gerettet
werden können.
Ein geheimer Bericht der deutsch-britischen Untersuchungskommission hat schwere
Versäumnisse bei der Rettungsaktion für zwei deutsche Marine-Soldaten enthüllt, die
Anfang März bei einem Manöver-Unfall in der Ostsee ums Leben gekommen waren.
Nun soll der Kapitän
wegen unterlassener Hilfeleistung angeklagt werden
Zwei Marinesoldaten ertranken in der Ostsee.
Erst mit dem Rücken zur Wand ging Frank Menge zur Vorwärtsverteidigung über. Die
Bundeswehr-Untersuchung des Marineunglücks, bei dem am 6. März 2002 zwei
Soldaten der Fregatte „Mecklenburg-Vorpommern“ in der Ostsee vor Rügen getötet
wurden, klagte Menge, habe den „Charakter eines standgerichtlichen
Schnellverfahrens“. Der gegen ihn als Schiffskommandanten erhobene Vorwurf der
unterlassenen Hilfeleistung „hat mich in meiner Ehre als Marineoffizier tief verletzt“.
Die „rufschädigende Vorgehensweise meines Dienstherrn“, schrieb der 45-jährige
Offizier an den Wehrbeauftragten des Bundestags, Willfried Penner (SPD), nehme
„unerträgliche Ausmaße“ an.
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Der Vater eines der verunglückten Soldaten
gab keine Ruhe !
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Die STAATSANWALTSCHAFT (Oldenburg) führt aus :
Der Tod des (der) Verunglückten wurde abschließend von der Staatsanwaltschaft als
„bedauernswerter Unglücksfall“ eingestuft, „für den letztlich kein Dritter die
strafrechtliche Verantwortung trägt.“
„Aufgrund der vorliegenden Ermittlungen kann weder festgestellt werden,
ob eine Bergung der im Wasser befindlichen Personen durch den Einsatz
weiterer Rettungsmittel hätte erfolgen können, noch ob der Nichteinsatz
möglicher weiterer Rettungsmittel ursächlich für den Eintritt des Todes der
Verunglückten ... war.
Es ist daher gegenüber keiner von den an der Rettung beteiligten Personen
der Vorwurf der fahrlässigen Tötung zu erheben.
In Betracht kommen könnte allenfalls ein Vorwurf der unterlassenen Hilfeleistung. ...
... die Hilfeleistung (muss) insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr oder
ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich sein.”
Der Kommandant der „Mecklenburg – Vorpommern“ ging bei seiner Entscheidung,
ein Rettungsboot nicht einzusetzen, allerdings von einer „erheblichen Gefährdung
der Besatzung des Motorrettungsbootes
unter den damals vorliegenden
Bedingungen aus.“
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Und das war nicht falsch, wie der Zustand der
Rettungsmittel beweist.
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Kommentar : So wird „Recht“ befohlen ! Aber die folgenden Dokumente der Bundesmarine selbst lieferten dafür keine Grundlage.
Kopie eines Fernschreibens zur Übertragung der Verantwortung auf den Kommandanten
(FAX von MARA MLOG@RUBIN 21 vom 15.10.2001)
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So wird die Verantwortung offiziell verlagert !
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FAX von MARA MLOG@RUBIN 21 vom 15.10.2001 :
„Betr. : Teilnahme am Seeverkehr ohne einsatzbereiten Bootsaussetz- und
Ladekran (BLK):
... Gemäß Bauvorschrift BV 1830-1 in Verbindung mit Bezug 2 (BMVG WV IV
5, Az 47-06-19 vom 23.August 1996 / Ausnahme 1/96) wurde die
Mindestausstattung der Fregatte 123 mit Seenotrettungsmitteln festgelegt.
Danach gehört das Motorboot, See (Speedboat) als integraler Bestandteil zur
Seenotrettungsmittelausstattung und dessen Funktionsfähigkeit zur
Voraussetzung zur Teilnahme der Schiffe am Seeverkehr. ...
... Nach wiederholten technischen Problemen mit dem BLK ist ...trotz
Einschränkung der Seenotrettungsmittelkapazität allein in den vergangenen
zwei Jahren (durch) über 25 Ausnahmegenehmigungen die Teilnahme am
Seeverkehr ermöglicht worden....
... Nach heute vorliegenden Erkenntnissen ist nicht vor Frühjahr 2002 zu
erwarten, dass technische Maßnahmen zur Gewährleistung eines sicheren
Betriebs des BLK Fregatte Kl 123 erfolgreich umgesetzt werden können....“
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Selbstkritische Einschätzung der Marine vor der Erteilung
einer weiteren Ausnahmegenehmigung
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Zustand der Rettungsmittel und Ausnahmegenehmigungen :
Vorsorglich wies die „Mecklenburg-Vorpommern“ darauf hin, dass im Januar
2002 die nächste periodische äußere und Belastungsprüfung vorgesehen wäre
und die Voraussetzung für Abnahme der PME-Maßnahmen darstelle. Sie
bemerkte kritisch, dass mit den Bedingungen der Ausnahmegenehmigung
„die technische Verantwortung für die Sicherheit der zur PME eingesetzten
Soldaten auf den Dienststellenleiter delegiert“ worden wäre, der aber „nicht
über die Fach- und Sachkompetenz des Fachbereiches ML 41 / 42 verfügt.“
Und weiter heißt es : „Vor dem Hintergrund der Bezüge kann das Bordkdo das
Risiko bei der Durchführung der PME-Maßnahmen wegen fehlendem
technischen Sachverstand nicht abschätzen und damit nicht sicher
durchführen.
Als Folge ist eine zukünftige Teilnahme am Seeverkehr mit Ablauf PME Frist in
Frage gestellt. Um weiterhin am Seeverkehr sicher teilnehmen zu können, bittet
FGS MVP um klare Weisung.“
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Die Sorgen des Kommandanten
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Zustand der Rettungsmittel und Ausnahmegenehmigungen :
Mitteilung von R.K. / MUKdo/Marine/ BMVg vom 17.10.2001 an J.W. (BMVG WV
IV 5) „... Bootsaussetz- u. Ladekran ist eine ‚eierlegende Wollmichsau’ (Wunsch der
Marine), wurde im Hochgeschwindigkeitstempo möglichst billig beschafft und
eingerüstet; stellt m.E. zu hohe technische Anforderungen (Wartung,
Bedienung); Ausführung ‚billig’, hieraus resultieren häufige sicherheitsrelevante Störungen mit hohem Instandsetzungsaufwand bei völliger
Abhängigkeit der Marine von einem ‚Kleinsthersteller’“
Herr J.W. fragte in seiner Antwort u.a. nach, „wie der Schutz der Besatzung
(Eigenrettung) und Dritter (Fremdrettung) im vorliegenden Fall auf andere
Weise gewährleistet werden soll.“
Die Antwort von R.K. lautete : „Ebensowenig wie 1996 bei dem Tausch des
einen Motorrettungsbootes, See gegen das Speedboat bei realistischer
Betrachtung tatsächlich ein gleichwertiger Ersatz gewährleistet war, wäre durch
organisatorische Maßnahmen bei mehrmonatigem Ausfall des Bootsaussetzund Ladekrans die ‚gleiche Sicherheit auf andere Art und Weise’ zu
gewährleisten. Definitiv würde durch Abweichung von der BV 1830-1
(Bauvorschrift für die Fregatte) ein längerfristig nicht kompensierbares Defizit
bestehen.
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Und auch die eigenen Fachleute widersprachen der
Auffassung der Marineführung und dem in Erwägung
gezogenen Erlass einer Ausnahmegenehmigung. FORUM-SCHIFFSFUEHRUNG
Fachlich vernichtende Einschätzung und
politische Verknüpfung
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Zustand der Rettungsmittel und Ausnahmegenehmigungen :
“... hat die Aufsichtsbehörde für Kriegsschiffe die weitere Nutzung der BLK Fregatte
Kl 123 mit sofortiger Wirkung untersagt. Der weitere Betrieb der BLK wird wegen
der fehlenden sicherheitstechnischen Voraussetzungen als nicht mehr vertretbar
bezeichnet.
... Die weitere befristete Teilnahme der Fregatten Kl 123 am Seeverkehr ohne
einsatzbereiten BLK wird von dieser Stelle jedoch für vertretbar gehalten ... und
empfohlen..., weil
- die Fregatten Kl 123 über ein weiteres als Motorrettungs- und Bereitschaftsboot
zugelassenes Beiboot verfügen,
- die Rettungsinselkapazität die Mindestfestlegung der BV 1830-1 überschreitet
und
- die mittlerweile installierten GMDSS-Komponenten zusätzliche Sicherheit bieten.
... Unter Berücksichtigung vorstehender Sachlage schließe ich mich der Bewertung
der zuständigen Aufsichtsbehörde an und befürworte eine befristet Ausnahmegenehmigung für alle Fregatten der Klasse 123.“
im Auftrag W.
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Das geht völlig am Kern vorbei, denn das Speedboot sollte
doch als „Boarding-Boot“ genutzt werden.
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Die Marineführung ignoriert den technischen Zustand
der Rettungsmittel.
Zustand der Rettungsmittel und Ausnahmegenehmigungen :
Vermerk von WV IV 5 – 021 (gez. W.) vom 07.11.01 zur Begründung der Ausnahmegenehmigung
„Nach Auffassung Fü M II 3 wird der Schutz der Besatzung bei Eigenrettung durch
die vorhandenen Rettungsinseln (200 %), den Einsatz von Rettungsschwimmern
und der Kletterrettungsnetze sowie durch die Einsatzmöglichkeit des
Motorrettungsbootes gewährleistet.
Darüber hinaus kann im Notfall ein funktionsfähiger aber gesperrter/stillgelegter
BLK auf der Grundlage der MDv 160/1 Ziffer 6605 und MDv 165/1 Ziffer 301/7
(‚Ausnahme für Kommandant : Er kann Stilllegung der Aufsichtsbehörden für den
Ernstfall befristet aufheben (z.B. Seenotlagen, in der Krise und im Krieg), wenn es
die Umstände zwingend erfordern.’) eingesetzt werden. ... Alle Fregatten der
Klasse 123 sind laut JÜEP 2002 überwiegend für den Einsatz im Verband
vorgesehen. Die Fahrten als Einzelfahrer zum BOST werden als wenig kritisch
angesehen.
Und das ist nun der letzte Rettungsanker der Marineführung !
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Zustand der Rettungsmittel und Ausnahmegenehmigungen :
Ausnahmegenehmigung Nr. 02/01 (vom 07.11.01; gültig bis 30.06.02):
„... lasse ich ... zu, dass die Fregatten Klasse 123 ... ohne einsatzbereite
Bootsaussetzvorrichtung für das Motorboot, See am Seeverkehr teilnehmen.
Die Ausnahmegenehmigung ist mit folgenden Nebenbestimmungen verbunden:
„1. Das an Bord mitgeführte Motorrettungsboot und seine Aussetzvorrichtung
muss uneingeschränkt einsatzbereit sein.
2. Das Motorboot, See muss als solches funktionstüchtig sein.
3. Die PME-Maßnahmen an der Bootsaussetzvorrichtung und dem Motorboot, See
sind weiterhin im vorgegebenen Umfang durchzuführen.“
Die „Problemlösung“
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Motorboot, See ist das Speed Boat
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Zustand der Rettungsmittel und Ausnahmegenehmigungen :
Das Bundesverteidigungsministerium erließ diese zweite, bis zum 30. Juni
2002 befristete, Ausnahmegenehmigung – die Ausnahmegenehmigung Nr.
02/01 zur Ausnahmegenehmigung 1/96, obwohl der Zulassungsbehörde die
„TDv 2030/034-13 – Bootsaussetzvorrichtung auf Klasse 123“ vom Juli 1994 mit
der eingeschränkten Verwendbarkeit des Motorrettungsbootes bekannt waren.
Darin steht :
„Die Motor-Pinasse kann bis zu einer Schlagseite von 20 Grad zu jeder Seite
und 10 Grad Trimm bis zu einer Wellenhöhe von max. 1,5 m sicher aus- und
eingebracht werden.“
Auch nach der Befehlssammlung des 6. Fregattengeschwaders Teil IV BEF.
D4 / August 2000 „soll das Motorrettungsboot jedoch nur bei guter Sicht und
ruhiger Seelage eingesetzt werden.“
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Diese Bedingungen waren am Unglückstag nicht vorhanden und
es trat das ein, mit dem keiner rechnen wollte !
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Und das war die Grundlage der Entscheidung, trotz
aller bekannten Mängel der Rettungsmittel die Klasse 123
am Seeverkehr teilzunehmen zu lassen ! VORSATZ ? !
Aus dem Spruch der deutschen Untersuchungskommission / Vorschlag für die
„Entscheidungsformel“:
Der Havariebeauftragte der Marine KsZ Sp. erwähnt die Probleme in dem von ihm
unterzeichneten Untersuchungsprotokoll nicht und unterbreitet am 07. Mai 2002
folgenden Vorschlag für die „Entscheidungsformel“ (seines Ermittlungsergebnisses) :
„... Der in gleicher Formation fahrende Zerstörer HMS ‚Edinburgh’ sandte zur
Unterstützung sein Beiboot ... während die ebenfalls in unmittelbarer Nähe
stehende Fregatte ‚Mecklenburg-Vorpommern’ ihr einsatzbereites Motorrettungsboot nicht zum Einsatz brachte.
... Der Kommandant der Fregatte ‚Mecklenburg-Vorpommern’ hat sich fehlerhaft
verhalten, indem er es unterließ, unverzüglich sein einsatzbereites
Motorrettungsboot als zusätzliches Rettungsmittel zu Wasser bringen zu lassen.
... Der Havarieausschuss ist der Auffassung, dass ein sicherer Einsatz des MRB
unter den obwaltenden Umständen nicht nur möglich, sondern geboten gewesen
wäre. Die Stellungnahme des Kommandanten überzeugt den Havarieausschuss
nicht.
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Schuld hat immer der Kommandant !
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Nationale und internationale Vorschriften
SOLAS (International Convention for the Safety of Life at Sea) regelt die mindestens zu
erfüllenden Sicherheitsnormen bezüglich des Baus, der Ausrüstung und des Betriebes von
Schiffen. Die Bundesrepublik Deutschland hat SOLAS 74/88 ratifiziert, was in der
Verordnung 11/01/1979 (BGBl. ll S.141) niedergeschrieben ist. SOLAS umfasst 13 Kapitel.
In Kapitel III werden die Mindestanforderungen an Rettungsmittel aufgeführt. Die auf der
Fregatte eingesetzten Rettungsmittel haben diesen Vorschriften zu genügen.
(Bundesministerium der Verteidigung am 23.08.1996 /Ausnahme Nr. 1 / 96 / :
„Die Vorschriften der zivilen Schifffahrt, hier insbesondere die Schiffssicherheitsverordnung (SchSV), das Internationale Übereinkommen von 1974
zum Schutz des menschlichen Lebens auf See (SOLAS 74/88) und die UVV-See
(VBG 108) sind folglich Maßstab für den Sicherheitsstandard auf Schiffen der
Bundeswehr und spiegeln sich in den Bauvorschriften für Schiffe der
Bundeswehr (BV) wieder.“)
Verstößt die Ausnahmegenehmigung gegen die Erfüllung der mit dem Einsatzbefehl
verbundenen Aufgaben des Kommandanten (dazu gehört der Einsatz von Rettungsmitteln),
dann ist sie mit einem derartig ernsthaften Mangel behaftet, der der Zulassung zum Seeverkehr
widerspricht und die sofortige Stilllegung der militärischen Einheit nach sich ziehen muss.
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Und was sagen die Gerichte ?
„ Die internationalen Vorschriften (SOLAS) gelten nach Regel 3 ausdrücklich
nicht für Kriegsschiffe und Truppentransportschiffe. Das MRB
(Motorrettungsboot – d. Verf.) war im Übrigen auch einsatzbereit. Dass es unter
Beachtung der TDv 2030/034-13 nur bis zu einer Wellenhöhe von maximal 1.5 m
sicher ausgebracht werden kann, steht der Einsatzbereitschaft der MVP nicht
entgegen, denn es handelt sich dabei lediglich um eine technische Dientsvorschrift,
die folglich auch kein Verbot aussprach, das MRB etwa bei einem höheren
Wellengang keinesfalls auszusetzen. Im Übrigen entspricht es allgemeiner
Erfahrung, dass jedem Einsatz von Rettungsmitteln unter Umständen widrige
Umweltbedingungen Grenzen setzen können. Dabei ist aber nicht die grundsätzliche
uneingeschränkte Einsatzbereitschaft des MRB – wie sie in der
Ausnahmegenehmigung des MMV vom 7. November 2001 aufgeführt ist – in Frage
gestellt.“
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Zwischen Behauptung und Realität.
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Und was sagen die Gerichte ?
Die mündliche Verhandlung vor dem OLG Celle bezog sich auf eine Berufungsklage gegen das Urteil
des Langerichtes Hannover im Ergebnis einer mündlichen Verhandlung am 15.03.2006. Die Kläger
warfen dem Kommandanten der Fregatte MVP „im Wesentlichen vorsätzliches Handeln vor,
wodurch es zum Tod des Soldaten gekommen sei.“ Das Urteil ist vollständig nachzulesen im
Internet unter (Landgericht Hannover, 13. Zivilkammer; Geschäftsnummer : 13 0 217 / 05, verkündet
am : 07.04.2006) :
„1. ... Für eine Haftung aus einer Amtspflichtverletzung, die hier allein in Betracht
kommen kann, haftet anstelle des handelnden Amtsträgers ... allein der Staat, nicht
der Beamte (Kommandant – d.Verf.) persönlich. ... Durch Art. 34 GG wird die
Haftung für Amtspflichtverletzungen von der unmittelbaren Verantwortlichkeit
gegenüber dem Geschädigten befreit. ... Eine unmittelbare Inanspruchnahme des
Beklagten ... (Kommandant – d.Verf.) ist damit ausgeschlossen.“
„2. ... kann nur eine Haftung der Beklagten ... (Bundesrepublik Deutschland /
Bundesmarine – d. Verf.) aus dem Gesichtspunkt einer vorsätzlichen Amtspflichtverletzung in Betracht kommen. ...
... Aus § 91 a SVG (Soldatenversorgungsgesetz – d.Verf.) folgt mithin, dass ihnen
weitergehende Ansprüche (aus Amtspflichtverletzung gemäß § 839 BGB, Art. 34 GG) ...
nur zustehen können, wenn die Wehrdienstbeschädigung durch eine vorsätzliche
unerlaubte Handlung verursacht wurde.“
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An dieser Stelle beginnt der „Interessenkreis“ aus Staat
und „handelndem Amtsträger“ !
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Und was sagen die Gerichte ?
„3. ... nach § 839 BGB handelt der Amtsträger vorsätzlich, wenn er sich bewußt über die
verletzte Amtspflicht hinwegsetzt. Zum Vorsatz gehört nicht nur die Kenntnis der
Tatsachen, aus denen die Pflichtverletzung sich objektiv ergibt, sondern auch das
Bewusstsein der Pflichtwidrigkeit, d.h. das Bewusstsein, gegen die Amtspflicht zu verstoßen.
Zumindest muss der Amtsträger mit der Möglichkeit eines solchen Verstoßes rechnen und
diesen billigend in Kauf nehmen ...
Die entscheidende Frage beschränkte sich deshalb darauf, ob dem Beklagten ...
(Kommendanten – d. Verf.) in der konkreten Rettungssituation ein wenigstens
bedingt vorsätzliches Unterlassen des ihm als Amtsträger obliegenden
Rettungseinsatzes, das den Tod des Soldaten herbeigeführt hat, nachzuweisen ist.
Das kann nach den Darlegungen der Kläger indessen nicht angenommen werden.“
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Und hier schließt sich der „Interessenkreis“ aus Staat
und „handelndem Amtsträger“ !
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Die Manöver der britischen Fregatte „Cumberland“ waren aus
seemännischer Sicht schlecht vorbereitet und führten deshalb nicht
zum erwarteten und möglichen Erfolg. Geschwindigkeit, Seegang und
das Bootsmanöver selbst entsprachen nicht den konkreten EinsatzBedingungen vor Ort .
Die Ausrüstung der deutschen Fregatte „Mecklenburg-Vorpommern“
mit kollektiven Rettungsmitteln entsprach nicht der befohlenen Einsatzaufgabe des Schiffes und verstieß damit gegen SOLAS (International
Convention for the Safety of Life at Sea; Ratifizierung durch die Bundesrepublik Deutschland 1974/88; BGBl. ll S.141).
Mit Kälteschutzanzügen ausgerüstete Seeleute hätten, wie die
britischen Soldaten, das Unglück vermutlich überlebt; Ausrüstung
und Gebrauch dieser individuellen Rettungsmittel für den vorgenommenen Personen-Transfer waren in der Deutschen Marine nicht
ausreichend geregelt.
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Die Ausrüstung mit kollektiven Rettungsmitteln entsprach nicht der Bauvorschrift BV 1830-1 in Verbindung mit der Ausnahmegenehmigung 1/96 vom
23.August 1996, da die am 07.11.2001 den Fregatten der Klasse 123, darunter
der MVP, bis zum 30. Juni 2002 befristet erteilte zweite Ausnahmegenehmigung zur Teilnahme am Seeverkehr (Ausnahme Nr. 02/01) den notwendigen
Sicherheitsstandard wegen erheblicher technischer Mängel an den Rettungsmitteln nicht aufheben konnte.
Die Ausnahmegenehmigung wurde erteilt, obwohl den Aufsichtsbehörden diese Mängel hinreichend bekannt waren (Vorsatz !)
Der Einsatzbefehl für die Teilnahme der „Mecklenburg – Vorpommern“ am
Manöver „Strong Resolve“ stellte unter Beachtung des vorstehenden Punktes
einen Verstoß gegen nationale und internationale Gesetze und Vorschriften dar
und war mit einem hohen Sicherheitsrisiko für die Besatzung und den internationalen Seeverkehr verbunden. Ganz grundsätzlich hat damit die die Genehmigung erteilende Behörde gegen die ihr übertragene Sorgfalts- und Fürsorgepflicht hinsichtlich den der Bundesmarine und damit dem Staat anvertrauten
Soldaten verstoßen. Sie tat das in Kenntnis aller den Gebrauch der Rettungsmittel einschränkenden Umstände.
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Der Kommandant der deutschen Fregatte handelte im Rahmen einer
durch Befehlsstrukturen geordneten und koordinierten Rettungsaktion.
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Die herrschenden Wetterbedingungen in Einheit mit den schiffsspezifischen
Eigenschaften ließen den Einsatz des Motorrettungsbootes nicht nur nicht zu,
sondern waren aus der Sicht der Beauflagung (Ausnahmegenehmigung) für
einen begrenzten Einsatz dieses Bootes unzulässig. Über andere einsatzfähige
kollektive Rettungsmittel verfügte die deutsche Fregatte nicht.
Dem Kommandanten der deutschen Fregatte kann weder die Einhaltung
seiner Aufgabe bei einer koordinierten Rettung noch die Einhaltung einer
sicherheitsspezifischen Beauflagung (Einsatz des MRB nur bis maximal
1,5 m Wellenhöhe) vorgeworfen werden.
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Unter Beachtung der MDv 160/1 Ziffer 6605 und MDv 165/1 Ziffer 301/7 hob
er die durch die Aufsichtsbehörde verfügte Stilllegung des BLK für das
Speedboat nicht auf, da er annehmen musste, dass die Manöver der „Cumberland“ wegen deren Nähe zum Unfallort zum schnellen Aufnehmen der Verunglückten führen mussten und die Gefährdung der eigenen Besatzung wegen
eines wahrscheinlichen technischen Versagens dieses Rettungsmittels so groß
war, dass der Einsatz in Zusammenhang mit dem ersten Grund nicht zu rechtfertigen war.
Er hätte in diese Lage gar nicht kommen können, wenn das von der Bundesrepublik Deutschland eingesetzte „Staatsschiff“ den internationalen Schiffssicherheitsbestimmungen gerecht geworden wäre. Insofern ist die Schlussfolgerung zu ziehen, dass in (militärischen) Notsituationen bzw. bei Gefahren für
das menschliche Leben der Kommandant auf funktionstüchtige und einsatzbereite technische Mittel und Systeme zurückgreifen können muss. Zusammen
mit einem hohen Ausbildungsstandard, großem Verantwortungsbewusstsein
und menschlicher Reife ist das die wichtigste Bedingung für die Wahrnehmung
seiner Kommandofunktion auf See.
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Der Kommandant der „Mecklenburg-Vorpommern“ hat es versäumt,
seine Vorgesetzten bzw. die aktuelle Manöverleitung bei Beobachtung einer
Wellenhöhe von 1,5 m und höher darüber zu informieren, dass sein
Schiff bei diesen Wetterbedingungen seeuntüchtig wurde und nicht mehr
in der Lage war, seine Einsatzaufgabe ohne Verstoß gegen gültige Beauflagungen (Ausnahmegenehmigung) zu erfüllen.
Diese Meldung wäre gleichbedeutend mit der Tatsache, dass die deutsche
Fregatte als Bestandteil der NATO-Flotte schon bei Wellenhöhen ab 1,5 m für
den Einsatz auf See (mit zu erwartenden Boardingmanövern !) ungeeignet war.
Das aber war der die Ausnahmegenehmigung erteilenden Stelle der Bundesmarine selbst bestens bekannt.
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Sie hätte das Schiff wegen unzureichender Rettungsmittel gar nicht auslaufen
lassen dürfen.
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Unter Beachtung des letzten Punktes ist dem Kommandanten
ein Fehlverhalten vorzuwerfen, da er in jedem Fall immer „vor Ort”
für seine Besatzung verantwortlich ist.
Ursächlich für dieses Fehlverhalten war jedoch die Zulassung der
Fregatte „Mecklenburg – Vorpommern“ zur Teilnahme am internationalen Seeverkehr im allgemeinen und am Manöver„Strong Resolve“
im besonderen.
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Und letztlich : das „Geständnis“
Bericht des Parlamentarischen Staatssekretärs beim Bundesminister
der Verteidigung an den Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses des
Deutschen Bundestages vom 21.08.2002 („Maßnahmen und Konsequenzen im
Hinblick auf Rettungsmittel, Ausrüstung und Ausbildung“) :
„Der Bootsaussetz- und Ladekran für die Fregatten der Klassen 123
wird durch eine andere Konstruktion ersetzt,
… die Umrüstung aller Fregatten der Klasse 123 soll voraussichtlich
Mitte 2003 abgeschlossen werden;
… die Marinerettungsweste mit Kälteschutzanzug wird
derzeit durch Optimierung einzelner Komponenten umgerüstet; die Umrüstung soll Ende 2003 abgeschlossen
sein.”
Speed Boat der „Mecklenburg – Vorpommern“ mit neuer
Aussetzvorrichtung im Juli 2003 Foto : Kersandt,D.
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NACHSATZ :
!
Diese technische Bewertung einschließlich der sich für den Kommandanten
ergebenden Folgerungen wurden weder in dem offiziellen Havariebericht noch
in irgendeinem Gerichtsurteil auch nur andeutungsweise erwähnt.
Der Kommandant fährt bis heute nicht zur See. Seine Klage vor dem BundesVerwaltungsgericht in Leipzig wurde nicht angenommen.
Diese kritische Stimme „verschwand“ in den Akten.
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Wer trägt die Schuld am
Tod von zwei deutschen
Marinesoldaten?
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Am Platz des Kommandanten auf der Brücke angebrachter Leitspruch