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Hüttensandmehl als Beton­
zusatzstoff – Aktuelle Situation
in Deutschland und Europa
Von Andreas Ehrenberg
1 Einleitung
Der folgende Beitrag gibt einen
Überblick über die wesentlichen
Anforderungen der DIN EN 15167,
die Erfahrungen mit Hüttensandmehl in Deutschland, die jetzige
Anwendungssituation in Deutschland und in Europa sowie über die
aktuelle Diskussion hinsichtlich zukünftiger Regelungen für die Anwendung.
Foto: Ecocem France SAS
Im Jahr 2009 wurden 90 % der in
Deutschland erzeugten Hochofenschlacke zu Hüttensand granuliert.
Dessen dominierende Verwendung
erfolgt in Deutschland seit mehr als
100 Jahren mit großem Erfolg als
Bestandteil von Portlandhütten-,
Portlandkomposit- und Hochofen­
zementen [1]. Der Hüttensand wird
hierzu nach der Entwässerung vom
Hochofenwerk an das Zementwerk
geliefert und dort gemeinsam mit
den anderen Zementbestandteilen
gemahlen oder aber er wird separat
aufbereitet und anschließend mit
den anderen Zementbestandteilen
bzw. mit Portlandzement gemischt.
Hüttensandmehl als Betonzusatzstoff wird separat in einem Mahlwerk auf Zementfeinheit aufbereitet und erst im Betonwerk mit den
anderen Betonbestandteilen gemischt. Bild 1 zeigt eine Hütten­
sandmahlanlage in Fos sur mer
(Frankreich). Diesbezügliche Erfahrungen existierten zwar auch in
Deutschland seit den 1920er Jahren,
enden aber zu Beginn der 1970er
Jahre [3–7]. In anderen Ländern
hingegen ist die Verwendung von
Hüttensandmehl als Betonzusatzstoff teilweise seit Jahrzehnten
etabliert, so unter anderem in
Großbritannien, den Niederlanden,
Irland, den USA, Südafrika, China
oder Japan [8–13].
2006 erschien nach 3-jähriger eu­
ropäischer Diskussion die harmonisierte Stoffnorm EN 15167 „Hütten­
sandmehl zur Verwendung in Beton,
Mörtel und Einpressmörtel“. Teil 1
regelt die stofflichen Anforderun­gen [14], Teil 2 die Konformitäts­
bewertung [15]. EN 15167 enthält
keine Regeln für die Anwendung
von Hüttensandmehl im Beton.
Diese sind, wie für andere Beton­
bestandteile auch, in der nicht-harmonisierten europäischen Betonnorm DIN EN 206-1 sowie der zu­
gehörigen deutschen Betonnorm
DIN 1045-2 festzuschreiben. In diesen beiden Normen ist jedoch Hüttensandmehl zurzeit noch nicht erfasst.
Bild 1: Hüttensandmahlanlage in Fos sur mer (Frankreich) [2]
48
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2 Anforderungen der
DIN EN 15167
Auf Initiative von BSI (British Standards Institution) wurde zwischen
2003 und 2006 durch die CEN/TC
104/WG 15 „Ground granulated
blastfurnace slag“ die EN 15167
„Ground granulated blastfurnace
slag for use in concrete, mortar and
grout“ erarbeitet, die auf dem Mandat M/128 der Europäischen Kommission und der zugehörigen Resolution 247 des CEN/TC 104 aus 1999
basiert. Die deutsche Fassung der
Norm erschien im Dezember 2006 als
DIN EN 15167 [14, 15]. In [16] wurden bereits 2006 die wesentlichen
Inhalte der seinerzeit fast fertiggestellten DIN EN 15167-1 diskutiert,
insbesondere die stofflichen Anforderungen an das Hüttensandmehl.
Für die Summe aus CaO+MgO+SiO2,
die Basizität (CaO+MgO)/SiO2 und
den Glasgehalt gleichen sie den Anforderungen an Hüttensand als Zementbestandteil in DIN EN 197-1.
Dar­über hinaus wurden aber zusätzliche Parameter aufgenommen. Die
Anforderungen sind in Tafel 1 zusammengestellt. Weitere Informationen sind auf Anforderung des Kunden hin vom Hüttensandmehlerzeuger zu geben.
Tafel 2 gibt eine Übersicht über die
chemische Zusammensetzung der
aktuell in Deutschland erzeugten
Hüttensande. Europaweit und erst
recht weltweit ergibt sich bei den
einzelnen Parametern eine deutlich
größere Spreizung als bei den deutschen Hüttensanden.
Bisher liegen in Deutschland nur
­wenige Angaben über die Aktivitäts­
indizes von Hüttensandmehlen und
die Erstarrungszeiten vor. Die in Tafel 3 zusammengestellten Daten
­­beziehen sich nur auf Hüttensandmehle aus deutschen Hüttensanden
(vgl. Tafel 2), die im Labormaßstab
Tafel 1: Anforderungen der DIN EN 15167-1 [14]
Parameter
CaO+MgO+SiO2
(CaO+MgO)/SiO2
MgO
Sulfid
Sulfat
Glühverlust
Chlorid
Feuchte
Glasgehalt
Mahlhilfen
Organische Mahlhilfen
Zusatzstoffe
Mindestfeinheit (Blaine)
Erstarrungsbeginn 2)
Aktivitätsindex nach
7 Tagen 2)
28 Tagen 2)
1)
2)
Anforderung
≥ 2/3
(Masseanteil)
M.-%
M.-%
M.-%
M.-%
M.-%
M.-%
(Masseanteil)
M.-%
M.-%
m2/g
> 1,0
≤ 18
≤ 2,0
≤ 2,5
≤ 3,0
≤ 0,10 1)
≤ 1,0
≥ 2/3
≤ 1,0
≤ 0,2
keine
≥ 275
max. doppelte Länge
%
%
≥ 45
≥ 70
Hüttensandmehl darf mehr als 0,10 M.-% Cl- enthalten. Dieser Wert ist aber anzugeben.
Ermittelt an Mischungen aus je 50 % Hüttensandmehl und Portlandzement. Anforderungen an den
Portlandzement: Festigkeitsklasse ≥ 42,5, Blainewert ≥ 300 m²/g, C3A-Gehalt 6 M.-% bis 12 M.-%,
Na2O-Äquivalent 0,5 M.-% bis 1,2 M.-%
Tafel 2: Kenndaten von ungemahlenen Hüttensanden aus Deutschland [17]
CaO+MgO+SiO2
CaO/SiO2
(CaO+MgO)/SiO2
F-Wert 1)
Al2O3
TiO2
MgO
Na2O-Äquivalent
Sulfid
Sulfat
Glühverlust
Chlorid
Glasgehalt
1)
M.-%
M.-%
M.-%
M.-%
M.-%
M.-%
M.-%
M.-%
M.-%
Vol.-%
Min.
80
0,98
1,11
1,37
10,0
0,4
5,0
0,34
0,65
0,00
0,05
0,00
95
(CaO + 0,5 x MgO + 0,5 x S2- + Al2O3) / (SiO2 + MnO)
Tafel 3: Aktivitätsindizes und Erstarrungsbeginnrelation bei Verwendung deutscher Hüttensandmehle (Labormahlung auf rd. 420 m2/g)
Aktivitätsindex nach
7 Tagen
28 Tagen
%
%
Erstarrungsbeginn
(50 % HSM + 50 % CEM I 42,5 R) / CEM I 42,5 R
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Max.
87
1,27
1,48
1,76
16,0
3,0
11,0
1,05
1,65
0,15
0,70
0,09
100
55‑85
80‑120
1,4‑2,0
49
auf rd. 420 m2/g gemahlen wurden
und die alle mit einem bestimmten
CEM I 42,5 R kombiniert wurden, der
die Anforderungen an den Prüfzement erfüllt.
Die Konformitätsbewertung ist in
DIN EN 15167-2 [15] geregelt. Sie
ist an der Konformitätsbewertung
von Zement orientiert (System 1+).
Der Hersteller muss für jedes zertifizierte Hüttensandmehl im Rahmen
der werkseigenen Produktionskontrolle ein System interner Überwachungsprüfungen für verschiedene Parameter (vgl. Tafel 1) betreiben. Jährlich erfolgt eine externe
Überwachung durch eine Zertifizierungsstelle. Fremdüberwachungsprüfungen finden mindestens sechs
Mal jährlich statt. Diese Proben werden vor allem entnommen, um die
Genauigkeit der Prüfergebnisse des
Herstellers zu kontrollieren. Dabei
werden die gleichen Parameter wie
bei den internen Überwachungs­
prüfungen ermittelt.
3 Historische Erfahrungen in
Deutschland
Verwendung von Hüttensandmehl
als Betonzusatzstoff deutlich geringer [8]. Allerdings wurde auch dieses
Thema schon 1902, also noch vor
der ersten Normung hüttensandhaltiger Zemente im Jahr 1909, bereits
ansatzweise diskutiert. Seinerzeit
stellte der Verein deutscher Portland-Cementfabrikanten fest, „dass
das Mischen von Portland-Cement
mit Hochofenschlacke und anderen
Stoffen besser nicht in der Fabrik,
sondern auf der Baustelle vorgenommen werden sollte, damit der
Bauleiter sich nicht auf Angaben zu
verlassen braucht“ [25]. Diese Einschätzung dürfte im Wesentlichen
der damaligen brisanten Konkur-
renzsituation der Portlandzementund Eisenportlandzementerzeuger
und weniger einer technischen
­Diskussion der unterschiedlichen
Methodik geschuldet gewesen sein.
Andererseits war es bereits 1884
die Position des Zementchemikers
Michaelis, dass „niemals der Kon­
sument eine auch nur annähernd
zweckentsprechende Wahl der Zumischmittel treffen“ könne und
dass „er dieselben höchstwahrscheinlich niemals so innig dem
­Zement inkorporieren kann, wie es
geschieht, wenn die Zumischmittel
den ganzen Zerkleinerungsprozeß
des Zementklinkers in der Fabrik
mit durchmachen“ [26].
Bild 2: Zementfabrik Thuringia in Unterwellenborn (Thüringen), um 1930 [3]
In Deutschland liegen viele Erfahrungen mit der Herstellung hütten­
sandhaltiger Zemente und mit deren
Verwendung im Beton vor. Die Literatur zu diesem Gebiet ist vielfältig,
einen Überblick geben z.B. [1, 18–
22]. Auch in dieser Zeitschrift wurden seit 1961 zahllose Beispiele für
die erfolgreiche Anwendung hüttensandhaltiger Zemente in allen Bereichen des Betonbaus dokumentiert.
Diese Zemente haben stetig an Bedeutung gewonnen, wobei in den
vergangenen zehn Jahren nicht zuletzt auf ihre ökologischen Vorteile
hingewiesen wird [23, 24].
Verglichen mit der Verwendung
­hüttensandhaltiger Zemente ist in
Deutschland die Erfahrung mit der
50
Bild 3: Maximilianshütte in Unterwellenborn (Thüringen), um 1930 [27]
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Veröffentlichung und Verbreitung ohne Genehmigung des Verlags sind untersagt.
In Deutschland vermarktete als erste
ab 1923 die Sächsisch-Thüringische
Portland-Cement-Fabrik Prüssing &
Co. AG im Werk Thuringia in Unterwellenborn, Thüringen (Bild 2), in
der bereits seit 1907 hüttensandreiche Hochofenzemente hergestellt
wurden, unter dem Namen „Thurament“ einen „stark hydraulisch wirkenden Zuschlag ohne nennenswerte Eigenfestigkeit“. Hierzu
­wurden frischer Hüttensand der
­Maximilianshütte (Bild 3), ältere
„Haldenschlacke“ sowie ein „geheimgehaltener Zusatz“ [4], wahrscheinlich Gips, verwendet. Thurament
wurde „mit Portlandzement, Hüttenzementen oder Kalk, jedenfalls
kalkhydratabspaltenden Bindemitteln“, unmittelbar im Beton verarbeitet. Eine detaillierte Beschreibung
der Thurament-Eigenschaften, die
Diskussion verschiedener betontechnischer Fragen und zahlreiche Anwendungsbeispiele finden sich in der
Publikation „Thurament“ [3] (Bild 4).
Darüber hinaus gibt es weitere Pub­
likationen, in denen viele der Teil­
aspekte erörtert werden, die im Zusammenhang mit Hüttensandmehl
als Betonzusatzstoff auch heute
wieder in der Diskussion sind, wie
z.B. bautechnische Vor- und Nachteile, Gleichmäßigkeit, Kombination
mit verschiedenen Zementen, Anrechenbarkeit, Güteüberwachung,
Kosten etc.
Die chemische Zusammensetzung
von Thurament geht aus Tafel 4 herTafel 4: Zusammensetzung von „Thurament“ [3]
auf verwiesen, dass bei Hochofenzement zu wenig Ca(OH)2 freigesetzt
würde, so dass er „daher keinesfalls
mit Thurament zusammen zu verarbeiten“ sei. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass in jener Zeit für
Hochofenzemente normgemäß auch
extrem unterschiedlich hohe Hüttensandgehalte von 30 M.-% bis
85 M.-% möglich waren [28].
Bild 4: Titelseite von „Thurament“,
2. Auflage 1938 [3]
vor. Aus heutiger Sicht sind die hohe
Basizität und der hohe Al2O3-Gehalt
hervorzuheben. Bemerkenswert ist
auch, dass Thurament gröber gemahlen war als der damalige Hochofenzement (R900 Maschen: 2 % bis 5 %
statt 0,2 %, R4900 Maschen: 25 % bis
35 % statt 10 % bis 12 %) [4].
Auf Grund der unterschiedlichen
Anforderungen an Betone in Bezug
auf Festigkeit und chemischen Widerstand sowie die unterschiedlichen
Portlandzementqualitäten wurden
vom Hersteller unterschiedliche
­Mischungsverhältnisse angegeben
(Tafel 5). Hinsichtlich der Kombinierbarkeit mit verschiedenen Bindemitteln wird in [4] allerdings dar-
M.-%
30,0
R2O3 (Al2O3, Fe2O3) M.-%
18,5
CaO
M.-%
40,0
MgO
M.-%
8,5
SO3
M.-%
(CaO+MgO)/SiO2
Die besonderen spezifischen Eigenschaften von Thurament glichen
­denen hüttensandreicher Zemente:
geringe Hydratationswärmeentwicklung, geringe Schwindneigung, hohe
Dichtigkeit und geringe Ausblüh­
neigung sowie insbesondere hoher
Widerstand gegen chemischen, beispielsweise sulfatischen Angriff [3, 4,
8, 29, 30]. Bild 5 zeigt hierzu die ­
Hydratationswärmeentwicklung verschiedener Bindemittelkombinationen, Bild 6 die Widerstandsfähigkeit gegenüber chemischem Angriff.
Neben einer Reihe technischer Vorteile wurden aber seinerzeit auch
durchaus ökonomische Vorteile angeführt. So heißt es 1927 in einem
Tafel 5: Empfohlene Bindemittelmischungsverhältnisse für „Thurament“ [3]
Thurament
SiO2
Ein Vormischen von Zement und
Thurament war unnötig. So bestätigte 1935 die MPA der TH Stuttgart:
„Die Prüfung von 31 Versuchsreihen
mit je 4 bzw. 5 Probekörpern ergab,
daß durch das Vormischen von
Zement und Thurament die Druck­fes­tigkeit des Betons im Alter von
28 Tagen nicht deutlich beeinflußt
wurde“ [3].
Zement
Thurament
Portlandzement
M.-%
34‑66
66‑34
Eisenportlandzement
M.-%
50‑80
50‑20
Hochofenzement
M.-%
66‑80
34‑20
2,0
In besonderen Fällen
M.-%
50
50
1,62
Tonerdezement
M.-%
fallweise
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Bild 6: Vorteil eines hohen Widerstands gegen chemischen
Angriff [3]
Bild 5: Vorteil niedriger Hydratationswärmeentwicklung bei
„Thurament“-Einsatz [3]
Bild 7: Nacherhärtung von Portlandzement-„Thurament“Beton [3]
Bericht über Thurament-Prüfungen
für den Bau der Schleuse Anderten
bei Hannover: „Da Thurament sehr
viel billiger ist als Zement (25 R.-M./t
ab Werk) wäre damit die Möglichkeit
einer erheblichen Verbilligung des
Betons gegeben“ [31]. Als nachteilig
wurde angeführt, dass „Thuramentbeton erheblich langsamer abbindet
als reiner Zementbeton“ [31]. Dem
stand wiederum ein ausgeprägtes
Nacherhärtungsvermögen gegen­
über (Bild 7). Grundsätzlich war
eine ausreichende Nachbehandlung
gefordert [3].
Thurament kam bei einer Vielzahl
von Betonbauwerken zum Einsatz,
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Bild 8: Kanalbauten mit „Thurament“-Beton, Süddeutschland 1934 [3]
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die sich seither als dauerhaft erwiesen haben. Der Schwerpunkt lag
­dabei im Massenbeton und Tiefbau,
aber auch Betonrohre (Bild 8) und
Werksteinmörtel wurden hergestellt.
In [3] wurden hierzu zahlreiche Anwendungen dokumentiert, in [8] eini­
ge zugehörige Betonzusammensetzungen zusammengestellt. An dieser
Stelle seien nur beispielhaft genannt:
■ die Fundamente der 1100er
Blockstraße der Maximilianshütte
in Unterwellenborn, erbaut 1928
durch Dyckerhoff & Widmann
(Bilder 9 und 10)
■ die Reichsautobahnbrücke über
die Saale bei Jena-Göschwitz,
erbaut 1937 bis 1939 mit
95.000 m³ Beton und 46.000 t
Werkstein (Bild 11)
■ die Reichsautobahnbrücke über
die Lahn bei Limburg, erbaut
1937 bis 1939 durch Dyckerhoff
& Widmann und Grün & Bilfinger
(Bilder 12 und 13)
■ der Okerdüker des Mittellandkanals bei Watenbüttel bei Braunschweig (seinerzeit der größte
Düker Europas), erbaut 1938
durch Büscher & Sohn
Bild 9: Fundamente der 1100er Blockstraße der Maximilianshütte in Unterwellenborn, erbaut 1928 [3]
Bild 10: 1100er Blockstraße, installiertes Gerüst und Kantvorrichtung, um 1931 [27]
Das vielleicht eindrucksvollste Beispiel für die Anwendung von Thurament sind die Wasser- und Brückenbauwerke für die Saalekaskade, bestehend aus fünf Talsperren und
Wasserkraftwerken an der oberen
Saale in Thüringen. Dazu zählen die
1930 bis 1932 aus 210.000 m³ Beton
errichtete Bleilochtalsperre für
Deutschlands Stausee mit dem größten Fassungsvermögen bei Saalburg
(Bild 14) sowie die Talsperre bei Hohenwarte, erbaut 1936 bis 1941 aus
510.000 m³ Beton (Bilder 15 und
16). Für diesen wurden 1 Mio. t Gesteinskörnung, 75.000 t Trasszement
40/60 und 57.000 t Thurament benötigt [34]. Vor Baubeginn führte
unter anderem das Forschungsinstitut der Hüttenzementindustrie in
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Bild 11: Reichsautobahnbrücke
über die Saale bei
Göschwitz, erbaut
1937 bis 1939 [32]
53
Bild 12: Reichsautobahnbrücke über die Lahn bei Limburg,
erbaut 1937 bis 1939 [3]
Bild 13: Fertiggestellte Lahnbrücke, erbaut mit Thurament,
1940er Jahre [33]
Foto: Vattenfall Europe Generation AG
Bild 14: Bleilochtalsperre, erbaut
1930 bis 1932 mit
210.000 m³ „Thurament“-Beton durch
Philipp Holzmann
AG, Siemens BauUnion und Grün &
Bilfinger AG [3]
Düsseldorf detaillierte Versuche mit
Thurament durch. Die Staumauer
ist mit drei Mischungsverhältnissen
mit nach oben hin abnehmendem
Bindemittelgehalt errichtet worden
[36], vgl. Tafeln 6 und 7. Die Betonchargen wurden 90 s lang gemischt.
Die für den Beton der unteren Lamelle erreichten Druckfestigkeiten
von aus der Sperrmauer entnommenen Betonproben lagen nach
210 Tagen bei 249 kg/cm2 bis
278 kg/cm2 [3], die von separat hergestellten Kontrollprüfkörpern lagen
Bild 15: Saale-Talsperre bei Hohenwarte, erbaut 1936 bis
1941 mit 510.000 m³ „Thurament“-Beton durch Beton- und
Monierbau AG, Polensky & Zöllner und Allgemeine Baugesellschaft Lenz & Co. [3, 34]
54
Bild 16: Die Saale-Talsperre bei Hohenwarte heute [35]
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Tafel 6: Mischungsverhältnisse für den Beton der Bleilochtalsperre (in Masseteilen) [36]
Mauerlamelle
untere
mittlere
obere
Bindemittel
Portlandzement
Thurament
0,34
0,66
0,34
0,66
0,34
0,66
Gesteinskörnung
Grus 0,7 mm
Splitt 7‑30 mm
Schotter 30‑60 mm
2,04
1,71
1,14
2,45
1,96
1,31
3,67
2,67
1,77
Wasser
10,1
10,3
10,1
Tafel 7: Betonzusammensetzung der Bleilochtalsperre [36]
Mauerlamelle
untere
mittlere
obere
Bindemittel
Portlandzement
Thurament
kg/m3
kg/m3
132
258
117
227
87
169
Gesteinskörnung
kg/m3
1.902
1.972
2070
3
231
238
235
Wasser
kg/m
w/b
0,59
2
kg/cm
DF180d
nach 180 Tagen zwischen 222 kg/
cm2 und 300 kg/cm2, im Mittel bei
254 kg/cm2 (24,9 N/mm2). Vergleicht
man diese Druckfestigkeiten mit
heutigen, die z.B. für die neue, mit
Portlandhüttenzement errichtete
Gewichtsstaumauer Leibis/Lichte genannt werden, so liegen die aktuellen Werte mit rd. 32 N/mm2 nach
180 Tagen höher [37]. In [36] heißt
es zur Betondichtigkeit: „Außerdem
ergibt die Verwendung von Thurament eine größere Dichtigkeit und
größere Zähigkeit des Betons, während die Abbindewärme keine so hohen Werte wie bei Traß erreicht, was
wiederum ein geringeres Schwinden
als bei Traßbeton im Gefolge hat. [...]
Damit dürften etwaige Bedenken
gegen die Verwendung von Thurament für Großbauten vollends zerstreut sein“.
230
0,69
170
0,92
110
Hans Kühl schrieb 1952 zusammenfassend zum Thurament [38]: „Daß
man mit diesem Material die allerbesten Erfahrungen gemacht hat,
kann nicht überraschen, denn wir
haben es beim Thurament in der
Hauptsache mit hochbasischer
Hochofenschlacke zu tun, und da
dieser hohes latentes, hydraulisches
Erhärtungsvermögen innewohnt, so
bedeutet die Einführung von Thurament als Zementersatz nur den Austausch eines Bindemittels gegen ein
anderes.“
Die Gleichmäßigkeit der Herstellung
wurde durch eine „Werksnormenprüfung“ überprüft, wobei sich die
Mörtelzusammensetzung an der damaligen Trassnorm DIN 1043 orientierte. Gewährleistet wurde demnach eine Druckfestigkeit von
150 kg/cm2 nach 7 Tagen und von
300 kg/cm2 nach 28 Tagen sowie eine Biegezugfestigkeit von 15 kg/cm2
bzw. 30 kg/cm2. Bild 17 zeigt mittlere monatliche Druckfestigkeiten, die
1930/31 im Rahmen der laufenden
Werkskontrolle ermittelt wurden. Die
Entscheidung, für die Werksnormenprüfung Normenkalk an Stelle von
Portlandzement zu verwenden, wurde mit der „Verschiedenheit der einzelnen Portlandzemente“ begründet
[3].
Etwa 20 Jahre lang wurde Thurament
bei einer Vielzahl von Bauwerken nur
nach umfangreichen individuellen
betontechnischen Vorprüfungen angewendet. Erst 1943 erfolgte eine
allgemeine baupolizeiliche Zulassung. Sie schrieb eine Mindestfeinheit (R4900 Maschen max. 20 %), eine
Mindestbasizität des verwendeten
Hüttensands (CaO+MgO+Al2O3)/SiO2
≥ 1) und die Kombination ausschließlich mit Portlandzement vor,
begrenzte im Regelfall den maximalen Thuramentanteil auf 50 M.-%,
in Ausnahmefällen auf 66 M.-%,
­gestattete die Anrechnung auf den
Mindestzementgehalt und regelte
sowohl Prüfungen auf der Baustelle
als auch die Werksüberwachung. Die
Anwendung war auf solche Bauteile
beschränkt, „die zum Schutz gegen
vorzeitige Austrocknung länger
feucht gehalten werden können, wie
z.B. Fundamente, Widerlager, Pfeiler,
Talsperren, Wehre“. Von der Verwendung bei feingliedrigen Stahlbetonteilen war Thurament ausgeschlossen [5].
Nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgte die Herstellung von Thurament (auf der Basis des Hüttensands
der Maxhütte in Sulzbach-Rosenberg) auch bei der Portland-Zementwerke Heidelberg AG in SulzbachRosenberg (Bayern), einem früheren
Tochterwerk der Zementfabrik Thuringia in Unterwellenborn. Hierzu
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Druckfestigkeit gemäß DIN 1043 [kg/cm2]
28 Tage
7 Tage
3 Tage
Garantiewert nach 28 Tagen
Garantiewert nach 7 Tagen
500
450
400
350
300
250
150
100
50
0
April
Mai
Juni
Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez. Jan. Febr. März April
1930
1931
Zeitpunkt
Bild 17: Monatsmittel der „Thurament“-Werkskontrolle 1930/31 [3]
wurde 1952 eine allgemeine baupolizeiliche Zulassung erteilt [6], die
sich inhaltlich an die von 1943 anschloss. Die letzte Zulassung erfolgte
1969, 1974 wurde das Werk stillgelegt. Im Jahr 1953 war auch für den
auf Basis des Hüttensands der Westfalenhütte Dortmund hergestellten
Zusatzstoff „Lahyment“ eine allgemeine baupolizeiliche Zulassung erteilt worden [7], über dessen Verwendung bisher jedoch wenig bekannt ist.
Die Herstellung von Thurament und
Lahyment wurde laufend durch anerkannte Prüfstellen extern überwacht. Gemäß den Zulassungen mus­
sten die Zusatzstoffe eine bestimmte
chemische Zusammensetzung und
eine Mindestfeinheit aufweisen. Die
Produktionskontrolle erfolgte über
Mörtelprüfungen, bei denen das
Bindemittel aus je 50 M.-% Hütten­
sandmehl und Portlandzement bestand [6, 7]. Nach 7 und nach 28 Tagen mussten bestimmte Biegezugund Druckfestigkeiten erreicht werden, z.B. 70 % der Festigkeit eines
festgelegten Portlandzements bestimmter Festigkeitsklasse. Für jedes
Bauvorhaben waren zusätzlich mit
dem zur Verwendung kommenden
56
Portlandzement Mörtelprüfungen
durchzuführen. Hierbei war eine relative Mindestfestigkeit der Hütten­
sandmehl-Portlandzement-Mischun­
gen von 70 % nach 28 Tagen erforderlich.
4 Aktuelle Situation in
Deutschland
4.1 Bauaufsichtliche Zulassung
Auf Grund des Fehlens aktueller Erfahrungen mit Hüttensandmehl als
Betonzusatzstoff in Deutschland
wurde 2006 vom DAfStb empfohlen,
dass in Deutschland zur Anwendung
von Hüttensandmehl gemäß
DIN EN 15167-1 zunächst für jedes
einzelne Hüttensandmehl individuell
eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung des DIBt eingeholt werden
muss. Dies ist ein relativ langwieriges und kostenintensives Prozedere. Es liegt bisher nur eine solche allgemeine bauaufsichtliche Zulassung
vor [39]. Sie wurde nach dem Prinzip
der gleichwertigen Betonleistungsfähigkeit nach Abschnitt 5.2.5.3 der
DIN EN 206-1 erteilt, die in umfangreichen Prüfungen nachgewiesen
werden musste. Demnach werden
bestimmte Kombinationen des Hüttensandmehls, das aus Hüttensand
eines bestimmten Stahlstandorts
hergestellt wird, mit beliebigem
Portlandzement der Mindestfestigkeitsklasse 42,5 N den verschiedenen
hüttensandhaltigen Zementen der
DIN EN 197-1 zugeordnet (Tafel 8).
Die Anwendung der Hüttensandmehl-Portlandzement-Mischungen
richtet sich weitestgehend nach den
für die hüttensandhaltigen Zemente
geltenden Regelungen.
Von Bedeutung ist, dass die einzige
bisher in Deutschland vorliegende
Zulassung im Hinblick auf die Feinheit des Hüttensandmehls und die
Aktivitätsindizes an deutlich höhere
Anforderungen geknüpft ist, als sie
DIN EN 15167-1 als Mindestforderung vorgibt. So muss die spezifische
Tafel 8: Zuordnung von Hüttensandmehl-Portlandzement-Mischungen zu den
hüttensandhaltigen Zementen nach DIN EN 197-1 [39]
Zement nach DIN EN 197-1
Zementart
CEM I-HSM-Mischung
Hüttensandgehalt
CEM I ≥ 42,5 N
HSM-Gehalt
CEM II/A-S
M.-%
6‑20
80‑94
6‑20
CEM II/B-S
M.-%
21‑35
65‑79
21‑35
CEM III/A 2)
M.-%
36‑65
35‑64
36‑65 1)
CEM III/B 3)
M.-%
66‑80
30‑34
66‑70 1)
< 30
> 70 4)
1)
lt. abZ nicht für XF 4 zulässig
lt. DIN 1045-2 für XF 4 ≥ 42,5 oder 32,5 R und max. 50 % Hüttensand
3)
lt. DIN 1045-2 für XF 4 nur Meerwasserbauteile und Räumerlaufbahnen
4)
lt. abZ nicht zulässig
2)
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Beton-Informationen 3/4 · 2010
Veröffentlichung und Verbreitung ohne Genehmigung des Verlags sind untersagt.
4.2 k-Wert-Konzept
Der k-Wert ist ein Äquivalenzfaktor,
der in generalisierter Form die Zementwirksamkeit eines Betonzusatzstoffs abbilden soll. Er wird über Festigkeitsvergleiche bei Betonen ohne
und mit Zusatzstoff ermittelt. Seine
Festlegung im betontechnischen Regelwerk berücksichtigt jedoch auch
die Dauerhaftigkeit der mit Betonzusatzstoffen unter Verwendung eines
k-Werts hergestellten Betone. Das
„k-Wert-Konzept“ für die Anwendung von Betonzusatzstoffen ist in
den Betonnormen DIN EN 206-1 und
DIN 1045-2 für Steinkohlenflugasche
und Silikastaub anerkannt. Der Hintergrund dieses Konzepts und der
verschiedenen Methoden der kWert-Ermittlung wurden z.B. in [40,
41] beschrieben. In Deutschland wird
bei der Ermittlung der k-Werte so
verfahren, dass die Druckfestigkeiten
von Betonen, die mit Portlandzement
und mit Betonzusatzstoff-Portlandzement-Kombinationen hergestellt
werden, bei konstantem Wassergehalt und unterschiedlichen Bindemittelgehalten, also unterschiedlichen Wasserbindemittelwerten, bei
vergleichbarer und ggf. durch Zusatzmittel eingestellter Konsistenz
verglichen werden [42]. Dies entspricht dem grundlegenden Prinzip
der Walz-Kurve, die unabhängig von
der Zementart lediglich in Abhängigkeit vom Wasserzementwert und der
Festigkeitsklasse des Zements die Betondruckfestigkeit ableitet [43].
Für Hüttensandmehl wird ergänzend
zur deutschen Regelung über bauaufsichtliche Zulassungen (vgl. Abschnitt 4.1) noch in 2010 ein allgemeiner k-Wert eingeführt werden
[44]. Über die Bauregelliste A, Teil 1
(Ausgabe 2/2010, Anlage 1.52) werden die Eignung von Hüttensandmehl als Betonzusatzstoff und die
Eignung des k-Wert-Ansatzes dafür
anerkannt. Es werden sinngemäß die
Regelungen für Steinkohlenflugasche gelten. Dies führt zu einem kWert von 0,4 bei Kombinierbarkeit
mit verschiedenen Zementarten und
einem maximalen Hüttensandmehl/
Zement-Verhältnis von 0,33. Eine
gemeinsame Verwendung mit Steinkohlenflugasche ist nicht vorgesehen.
Der niedrige k-Wert von 0,4 basiert
auf den im Auftrag des DIBt am Institut für Bauforschung der RWTH
Aachen (ibac) von 2005 bis 2009
durchgeführten Worst-Case-Untersuchungen [42]. Diese Worst-CaseBetrachtung resultierte aus den
niedrigen in der DIN EN 15167-1
definierten Anforderungen an Hüttensandmehl als Betonzusatzstoff,
insbesondere an dessen Feinheit, vgl.
Tafel 1 [14]. Sie spiegelt daher nicht
annähernd die reale Leistungsfähigkeit von Hüttensanden wider, wie sie
bisher in Deutschland als Zementbestandteil oder in anderen Ländern
als Betonzusatzstoff Anwendung
finden [45‑49]. Dies zeigen auch Ergebnisse erster Voruntersuchungen
des ibac zum k-Wert von marktrelevanten Hüttensandmehlen [50]. Im
Rahmen dieser Arbeiten wurden verschiedene Einflussfaktoren auf die
Leistungsfähigkeit von Hüttensandmehlen untersucht. Diese wurde insbesondere durch feinere Mahlung
­signifikant gesteigert. Die k-Werte
dieser Hüttensandmehle überstiegen
bei spezifischen Oberflächen von
4.000 und 5.000 cm2/g nach 28 Tagen den k-Wert 1,0 z.T. deutlich
(HSM/CEM I = 0,33). Aktuelle Voruntersuchungen des FEhS-Instituts bestätigen das in [50] aufgezeigte Potenzial für wesentlich höhere k-Werte als 0,4. Bild 18 zeigt am Beispiel
eines typischen deutschen Hütten­­
sandmehls die Ableitung des k-Werts.
Bei einem HSM/CEM I 42,5 R-Verhältnis von 1,0 und einer spezifischen Oberfläche des Hüttensand-
80
1: CEM I 42,5 R
75
28-Tage-Druckfestigkeit [MPa]
Oberfläche nach Blaine nicht nur
275 m2/g betragen, sondern liegt bei
450 m2/g ± 30 m2/g, und die Aktivitätsindizes nach 7 bzw. 28 Tagen
müssen nicht nur 45 % bzw. 70 %
betragen, sondern liegen bei 60 %
bzw. 90 %. Damit entsprechen sie
hinsichtlich der Feinheit sowohl den
im Ausland üblichen Hüttensandmehlen wie auch dem gemahlenen
Hüttensandbestandteil in Zementen.
2: CEM I + HSM (h/z = 1,0)
3: CEM I + HSM (h/z = 1,0; k = 0,92)
70
Gesamtregression 1 + 3
65
60
55
r2 = 0,987
50
k = 0,92
45
40
0,40
0,45
0,50
0,55
0,60
0,70
Bild 18: Ermittlung des k-Werts für ein deutsches Hüttensandmehl mit
4.300 cm²/g (HSM/CEM I = 1,0)
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Beton-Informationen 3/4 · 2010
0,65
weq. = w/(z+k·h)
57
Grund für die Festlegung eines pauschal niedrigen k-Werts war das
Fehlen unterschiedlicher Hütten­
sandmehlklassen in DIN EN 15167-1.
Solche Klassen wurden zwar bei der
Entwicklung der Norm diskutiert,
waren jedoch seinerzeit nicht mehrheitsfähig. Im Zuge der aktuellen
europäischen Diskussion (vgl. Abschnitt 7) wird eine Klassifizierung
von Hüttensandmehlen jedoch wieder thematisiert. Eines solche Klassifizierung ist nicht einfach, wie die
Erfahrungen mit Hüttensand als Zementbestandteil zeigen [1, 51‑56].
Zahlreiche Einflüsse, wie z.B. die
Schmelzvergangenheit der Hoch­
ofenschlacke, vermutlich auch ihre
Granulationsbedingungen, die chemische Zusammensetzung und der
Glasgehalt des Hüttensands, die Zusammensetzung der meist nur geringen kristallinen Anteile, die Feinheit
sowie die Wechselwirkung mit sulfatischen und alkalischen Anregern,
wie z.B. den unterschiedlichen Port58
DIN EN 15167-1 verweist in einer
Anmerkung darauf, dass der Aktivitätsindex keine direkte Information
über den Festigkeitsbeitrag des Hüt-
HS-Nr.:
110
320
CEM I (III)
325
CEM I (I) CEM I (II)
CEM I (III)
CEM I (I) CEM I (II)
CEM I (III)
HS-Nr.:
317
HSM a/b: 5.090/4.280
cm2/g
320
HSM a/b: 5.210/4.240
cm2/g
325
HSM a/b: 5.090/4.180
cm2/g
CEM
Ib(I) CEM
a
a I (II)
b
CEM
Ib(I) CEM
a
a I (II)
b
CEM
Ib(I) CEM
a
a I (II)
b
CEM
a I (III)
b
HSM a/b: 5.090/4.280 cm2/g
100
110
90
tensandmehls im Beton liefert und
dass die Zementsubstitutionsrate
nicht auf die bei seiner Ermittlung
verwendeten 50 % beschränkt ist.
Dass der Aktivitätsindex allein kein
ausreichendes Kriterium für eine
Klassifizierung darstellen kann, geht
aus den Bildern 19 und 20 hervor.
Das FEhS-Institut untersuchte sechs
verschiedene Hüttensandmehle (drei
Hüttensande mit je zwei Feinheiten)
317
CEM I (I) CEM I (II)
Aktivitätsindex
Aktivitätsindex
(7d) [%](7d) [%]
Auch wenn es nahe liegend war, eine
mit der Regelung für Steinkohlenflugasche und Silikastaub vergleichbare allgemeine Regelung zu finden,
die von einem spezifischen Hütten­
sandmehl unabhängig ist, muss festgestellt werden, dass diese Stoffe,
die auch Zementbestandteil gemäß
DIN EN 197-1 sein können, aus verschiedenen Gründen ein geringeres
Klinkersubstitutionspotenzial aufweisen als Hüttensandmehl. Würde
man aber niedrige k-Werte wie k =
0,4 in Verbindung mit Austauschraten anwenden, wie sie den Hütten­
sandgehalten in typischen Zementen
entsprechen (z.B. 60 M.-%), so würde man für übliche Betonzusammensetzungen sehr hohe Bindemittelgehalte erhalten, die bei den gegebenen Wasserbindemittelwerten
kaum mehr zu verarbeiten sind.
landzementklinkern, führt dazu, dass
bisher eine simple Klassifizierung
nicht gelang. Ob neuere Ansätze, wie
z.B. [57], diesbezüglich weiterhelfen,
muss in umfangreicher Weise erst
noch verifiziert werden.
a
b
a
b
a
CEM
a I (III)
b
HSM a/b: 5.210/4.240 cm2/g
b
a
b
a
b
a
CEM
a I (III)
b
HSM a/b: 5.090/4.180 cm2/g
b
a
b
a
b
a
b
100
80
90
70
80
60
70
50
DIN EN 15167-1
60
40
50
30
DIN EN 15167-1
40
20
30
)
)
)
II)
II)
I)
I)
II)
III) I (III
II)
I)
II)
III) I (III
I)
II)
III) I (III
I(
I(
I(
I(
I(
I(
I(
I(
I(
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(a ) (b
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7
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5
5
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I)
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III)
31
31 I (I3) 1 I (I3) 1 I (I3I 1 I (I3I 1 I (I3I 2 I (I3I 2 I (I3) 2 I (I3) 2 I (I3I 2 I (I3I 2 I (I3I 2 I (I3I 2 I (I3) 2 I (I3) 2 I (I3I 2 I (I3I 2 I (II
I(
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0
0
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5
5
5
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5
31
31
31
31
31
31
32
32
32
32
32
32
32
32
32
32
32
32
M
M
M
M
M
M
M
M
M
M
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M
M
M
M
M
M
M
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HS
HS
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HS
HS
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M
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M
E
/C
I(
Bild 19: Einfluss unterschiedlicher Prüfzemente auf den 7-Tage-Aktivitätsindex
von Hüttensandmehlen gemäß DIN EN 15167-1
HS-Nr.:
140
320
317
CEM I (I) CEM I (II)
Aktivitätsindex
Aktivitätsindex
(28d) [%]
(28d) [%]
mehls von 4.300 cm2/g wurde ein
k-Wert von 0,9 ermittelt.
CEM I (III)
CEM I (III)
CEM I (I) CEM I (II)
CEM I (III)
HS-Nr.:
317
HSM a/b: 5.090/4.280
cm2/g
320
HSM a/b: 5.210/4.240
cm2/g
325
HSM a/b: 5.090/4.180
cm2/g
CEM
Ib(I) CEM
a
a I (II)
b
CEM
Ib(I) CEM
a
a I (II)
b
CEM
Ib(I) CEM
a
a I (II)
b
CEM
a I (III)
b
HSM a/b: 5.090/4.280 cm2/g
130
140
120
325
CEM I (I) CEM I (II)
a
b
a
b
a
CEM
a I (III)
b
HSM a/b: 5.210/4.240 cm2/g
b
a
b
a
b
a
CEM
a I (III)
b
HSM a/b: 5.090/4.180 cm2/g
b
a
b
a
b
a
b
130
110
120
100
110
90
100
80
90
70
80
60
70
50
60
DIN EN 15167-1
DIN EN 15167-1
)
)
)
II)
I)
II)
I)
II)
III) I (III
II)
I)
II)
III) I (III
I)
II)
III) I (III
I(
I(
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I(
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EM CEM CEM CEM CEM CEM CEM CEM CEM CEM CEM CEM CEM CEM CEM CEM
C
C
C
50
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III)
31
31 I (I3) 1 I (I3) 1 I (I3I 1 I (I3I 1 I (I3I 2 I (I3I 2 I (I3) 2 I (I3) 2 I (I3I 2 I (I3I 2 I (I3I 2 I (I3I 2 I (I3) 2 I (I3) 2 I (I3I 2 I (I3I 2 I (II
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31
31
31
31
31
31
32
32
32
32
32
32
32
32
32
32
32
32
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Bild 20: Einfluss unterschiedlicher Prüfzemente auf den 28-Tage-Aktivitätsindex
von Hüttensandmehlen gemäß DIN EN 15167-1
Copyright by Verlag Bau+Technik GmbH, Düsseldorf (www.verlagbt.de)
Beton-Informationen 3/4 · 2010
Veröffentlichung und Verbreitung ohne Genehmigung des Verlags sind untersagt.
in Kombination mit drei verschiedenen CEM I 42,5 R, die alle drei die
Anforderungen der DIN EN 15167-1
an einen Prüfzement erfüllten. Man
erkennt, dass je nach Hüttensandmehl bei gleicher Feinheit die Wahl
des Zements den Aktivitätsindex um
bis zu 30 % (absolut) höher oder
niedriger ausfallen lassen kann. Die
Unterschiede können aber auch sehr
gering sein. Beispielsweise kann die
Kombination mit einem Portland­
zement CEM I 42,5 R, der für sich
­allein im Vergleich zu anderen Prüf­
zementen gleicher Festigkeitsklasse
eine langsamere Festigkeitsentwicklung aufweist, in Kombination mit
Hüttensandmehl durchaus zu höheren Aktivitätsindizes führen, da
bei hüttensandhaltigen Zementen
die spezifische Wechselwirkung zwischen Klinker und Hüttensand eine
wichtige Einflussgröße darstellt.
Nach 91 Tagen ist der Einfluss des
Prüfzements allerdings kleiner, da
dann die wesentlichen Portlandzementreaktionen bereits abgeschlossen sind.
5 Aktuelle Situation in Europa
In anderen Ländern werden für Hüttensandmehl deutlich höhere k-Werte als 0,4 (allerdings bei begrenzter
Zementsubstitution) und insbesondere andere Anwendungskonzepte
verwendet. Letzteres gilt gerade für
die Länder, in denen Hüttensand in
nennenswertem Maß als Betonzusatzstoff verwendet wird (Großbritannien, Irland, Niederlande). Dabei
handelt es sich im Wesentlichen um
das Konzept gleicher Bindemittelleistungsfähigkeit („Equivalent
performance of combinations concept“, EPCC) und das Konzept gleicher Betonleistungsfähigkeit („Equivalent concrete performance concept“, ECPC). Eine detaillierte Beschreibung dieser Konzepte erfolgt
in [8].
Die Anwendung des Konzepts
gleicher Betonleistungsfähigkeit
ist in Deutschland bisher gemäß
DIN 1045-2 generell nur im Rahmen
einer allgemeinen bauaufsichtlichen
Zulassung gestattet. Zum Konzept
gleicher Bindemittelleistungsfähigkeit gibt es bisher keine Regelungen.
Zunehmend spielen bei der Verwendung von Hüttensandmehl als Betonzusatzstoff – wie auch bereits
länger schon bei der Verwendung
hüttensandhaltiger Zemente [23] –
die Einsparung von Primärenergie
und die Verminderung der CO2Emissionen als wesentliche Vorteile
eine Rolle [58]. Die Substitution von
Portlandzementklinker durch
Hüttensand(mehl) führt in beiden
Fällen proportional zum Hütten­
sandgehalt zu einer deutlichen Reduktion, bezogen auf den Beton.
5.1 Konzept gleicher Binde­
mittelleistungsfähigkeit
In Großbritannien und Irland wird
das so genannte „Equivalent performance of combinations concept“
(EPCC) verwendet. Hierbei werden
vom Hersteller des Hüttensandmehls
Kombinationen mit dem Portland­
zement des Anwenders geprüft, um
unter Berücksichtigung des betontechnischen Regelwerks Mindestoder Maximalgehalte an Hütten­
sandmehl empfehlen zu können.
Im Rahmen der Konformitätsüberwachung [59] werden monatlich
Durchschnittsproben des Hütten­
sandmehls und des jeweiligen Portlandzements in bestimmten Mischungsverhältnissen hinsichtlich
2- und 28-Tage-Mörtelfestigkeit
gemäß BS EN 196-1 überprüft. Die
Festigkeiten werden dann einer
Klasse zugewiesen, die der in
BS EN 197-1 beschriebenen Klasse
für Zement entspricht. Nach dieser
Zuordnung richtet sich dann auch
die Anwendung der Hüttensand-
mehl-Portlandzement-Kombinationen im Beton.
5.2 Konzept gleicher Beton­
leistungsfähigkeit
In den Niederlanden wird das „Equivalent concrete performance concept“ (ECPC) angewendet. Ein Produktzertifikat nach BRL 9325 [60]
bestätigt zunächst hinsichtlich der
Druckfestigkeit die Gleichwertigkeit
von Hüttensandmehl-Portlandzement-Mischungen mit einem entsprechenden hüttensandhaltigen Zement. Ein Attest nach BRL 9340 [61]
bestätigt die Eignung des Gemischs
für den Einsatz von Beton in bestimmten Expositionsklassen. Die
betontechnischen Festigkeits- und
Dauerhaftigkeitsprüfungen (Carbonatisierung, Frost-Tausalz-Widerstand, Chloridpenetration, Sulfatwiderstand, Seewasserwiderstand) erfolgen im Vergleich zu einem Referenzbeton mit hüttensandhaltigem
Zement. Hüttensandmehl-Portlandzement-Mischungen, die die beiden
genannten Bescheinigungen aufweisen, können wie hüttensandhaltige
Zemente mit gleichem Hüttensandgehalt im Beton verwendet werden.
Die Bescheinigungen werden von
einem externen Zertifizierer ausgestellt (KOMO®).
6 Hüttensandmehlanwendung
außerhalb Europas
Es gibt weltweit eine Vielzahl von
Bauwerken, die mit Hüttensandmehl
als Betonzusatzstoff hergestellt wurden und die sich auch bei aggressiven Expositionsbedingungen als
dauerhaft erwiesen haben (vgl.
z.B. [8, 62‑68]). Der grundsätzliche
Nachweis der Eignung dieser Bauweise ist also in der Praxis erbracht.
Ein besonders eindrucksvolles Beispiel ist die 1998 eröffnete Akashi-
Copyright by Verlag Bau+Technik GmbH, Düsseldorf (www.verlagbt.de)
Veröffentlichung und Verbreitung ohne Genehmigung des Verlags sind untersagt.
Beton-Informationen 3/4 · 2010
59
Foto: Honshu-Shikodu Bridge Expressway Company Ltd.
Bild 21: Akashi-Kaikyo–-Brücke bei Kobe (Japan) [69]
rd. 9.000 m³ eingebracht wurde. Dieser Beton wurde zur Begrenzung der
Hydratationswärme mit 320 kg/m³
Bindemittelmischung, bestehend
aus Portlandzement (16 %), Hüttensandmehl (54 %) und Steinkohlenflugasche (30 %), hergestellt. Auch
die Anker für die Stahlseile der
Brücke mit einer Grundfläche von
5.500 m² und einer Höhe von 47,5 m
sowie einem Betoniervolumen von
515.000 m³ bzw. 240.000 m³
(Bild 22) wurden mit hüttensandmehl- und flugaschehaltigem,
z.T. selbstverdichtendem Beton
(260 kg/m³) hergestellt, um Rissbil-
Foto: Honshu-Shikodu Bridge Expressway Company Ltd.
Kaikyo–-Brücke bei Kobe in Japan
(Bild 21). Für diese 4 km lange Hängebrücke wurden 1,4 Mio. m³ Beton
verbaut. Allein die Unterwasserfundamente für die beiden über 290 m
hohen Brückentürme benötigten
265.000 m³ und 238.000 m³ Beton,
der in 30 3-Tages-Abschnitten zu je
Bild 22: Anker für die Trägerseile der Akashi-Kaikyo–-Brücke [69]
60
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Beton-Informationen 3/4 · 2010
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dung in der massiven Konstruktion
zu vermeiden [70‑72]. Noch während der Bauphase überstanden diese Konstruktionen unbeschadet das
am 17.1.1995 die Stadt Kobe mit einer Stärke von 7,2 verwüstende Erdbeben, das den Abstand der beiden
Brückentürme um immerhin 80 cm
vergrößerte [73].
7 Revision der europäischen
Betonnorm
Die europäische Betonnorm
EN 206-1 steht ab 2010 zur Über­
arbeitung an. Diese Überarbeitung
wird vom CEN/TC 104 „Concrete and
related products“ vorgenommen. Bereits seit 2007 erfolgen hierzu Vorarbeiten in verschiedenen Arbeitsgruppen. Für den Teilaspekt Einbezug von
Hüttensandmehl nach EN 15167-1
als Typ-II-Zusatzstoff ist die CEN/
TC 104/SC 1/TG 5 „Use of additions“
zuständig. Basis hierfür sind die
CEN/TC 104/SC 1-Resolutionen 341
[74] und 355 [75].
Es ist geplant, zukünftig alle drei
wesentlichen in Europa etablierten
Konzepte der Anwendung von Betonzusatzstoffen in die Norm auf­
zunehmen: Konzept gleicher Betonleistungsfähigkeit, Konzept gleicher
Bindemittelleistungsfähig­keit, kWert-Konzept. In den Normentext
sollen nur kurze und allgemeine Beschreibungen dieser Prinzipien aufgenommen werden. Eine ausführliche Darstellung mit Beispielen ist
einem CEN-Technical Report vorbehalten. Die konkrete Festlegung der
jeweiligen Anwendungskonzepte
wird ohnehin nationalen Regelungen
obliegen. Zukünftig sollen nicht nur
Kombinationen mit CEM I-, sondern
auch mit CEM II-Zementen geregelt
werden.
Ein Zwischendiskussionsstand hinsichtlich des k-Wert-Konzepts war,
dass für beliebige Hüttensandmehle
nach EN 15167-1 ein k-Wert von 0,6
bei Kombination mit CEM I- und
CEM II/A-Zementen sowie ein maximaler Zementaustausch von 50 %
definiert werden könnten. Aus dem
Statusbericht von TG 5 vom September 2009 geht allerdings hervor, dass
bisher kein einstimmiger Kom­pro­
miss hinsichtlich eines minimalen
k-Werts oder hinsichtlich der in Abhängigkeit von Aktivitätsindex, Feinheit und Glasgehalt definierten unterschiedlichen k-Werte zwischen
0,6 und 1,0 gefunden werden konnte [76]. Problematisch ist, dass nur
wenige publizierte Daten hinsichtlich der k-Werte für Hüt­tensand­
mehle vorliegen, da in den Ländern,
die in großem Umfang Hüttensandmehl als Betonzusatzsoff verwenden,
nicht nach dem k-Wert-Konzept
verfahren wird.
Die CEN/TC 104/SC 1-Resolution 365
[77] vom September 2009 besagt,
dass TG 5 ihre Arbeit mit folgenden
Hauptthemen fortsetzen soll:
■ Präzise Beschreibung der Grund-
lagen der drei Anwendungskonzepte
■ Nationale Festlegung von k-Werten und maximaler Substitutionsrate
■ Empfehlung geeigneter k-Werte
und maximaler Substitutionsrate
■ Basis der k-Wert-Ableitung soll
der Vergleich der Dauerhaftigkeits-/Festigkeitseigen­schaften
von Betonen mit Zement und mit
Zement-/Hüttensandmehlmischungen unter Variation des
w/z-Werts und der Substitutionsrate sein.
Mit Resolution 366 [78] wurde die
WG 15 reaktiviert, um in EN 15167-1
Produktkategorien/Hüttensandmehlklassen zu definieren, über deren
Notwendigkeit noch bei der Erar­
beitung der Norm keine Einigung
erzielt werden konnte. Diese Klassen
sollen als Basis für die Festlegung
verschiedener k-Werte durch TG 5
dienen (vgl. Resolution 365 [77]).
Diese Aufgabe ist durchaus ambitioniert, da hierzu zum einen Kriterien
gefunden werden müssen, an denen
die Klassen festgemacht werden
können (u.a. Aktivitätsindex als
„Summenparameter“, chemische Zusammensetzung, Glasgehalt, Feinheit
etc.), und zum anderen die betontechnische Kennwerte passend zu
den Kriterien bzw. Klassen ermittelt
werden müssen.
Es ist geplant, dass TG 5 bis zum
Sommer 2010 einen Schlussbericht
erstellt, der dann eine Grundlage für
die Sitzung des CEN/TC 104/SC 1 im
September 2010 in Delft bilden wird.
8 Ausblick
Nach jetzigem Diskussionsstand werden in die künftige revidierte Fassung der EN 206-1 die drei wesentlichen in Europa etablierten Konzepte zur Anwendung von Hütten­
sandmehl als Betonzusatzstoff auf­genommen werden. Die Vorarbeiten
hierzu sind bereits weit fortgeschritten. Spätestens mit Fertigstellung der
EN 206-1 bzw. der dann ebenfalls zu
aktualisierenden DIN 1045-2 ergibt
sich auch in Deutschland ein Regelungsbedarf, der über den jetzigen
Stand hinausgehen wird. Der zurzeit
einzig gangbare Weg der Anwendung, nämlich für jedes einzelne
Hüttensandmehl eine allgemeine
bauaufsichtliche Zulassung des DIBt
beantragen zu müssen, ist zeit- und
kostenintensiv. Die noch in 2010 zu
erwartende allgemeine k-Wert-Regelung mit einem vergleichsweise niedrigen, einer pessimalen Betrachtung
geschuldetem k-Wert von 0,4 entspricht nicht der tatsächlichen technischen Leistungsfähigkeit markt­
relevanter Hüttensandmehle.
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Beton-Informationen 3/4 · 2010
61
Zweifelsohne besteht zurzeit in
Deutschland zum Thema Hütten­
sandmehl als Betonzusatzstoff noch
ein erheblicher Forschungsbedarf [8,
16, 79]. Zu lange liegen die begrenzten Erfahrungen zurück und zu sehr
unterscheiden sich die prinzipiell
nutzbaren und in Europa etablierten
Anwendungskonzepte voneinander.
Daher werden sich zukünftige Forschungsarbeiten hinsichtlich der
Konzepte gleicher Beton- bzw. Bindemittelkombinations-Leistungsfähigkeit mit deren Eignung für eine
Anwendbarkeit in Deutschland beschäftigen müssen. Hinsichtlich des
k-Wert-Konzepts wird die Ermittlung von verschiedenen k-Werten
zwischen 0,4 und 1,0 für chemisch
und physikalisch unterschiedliche
Hüttensandmehle zu behandeln sein.
Dies gilt auch für die mögliche Festlegung unterschiedlicher Hütten­
sandmehlklassen, die bisher in
DIN EN 15167-1 noch nicht definiert
sind. Hierbei wird insbesondere zu
diskutieren sein, mit Hilfe welcher
Parameter die Klassen gebildet werden können, wie die zugehörigen
Grenzwerte aussehen und welche
k-Werte mit Hüttensandmehlen
dieser Klassen zielsicher eingehal­ten werden können.
Ein Hauptkriterium aller Arbeiten
wird die Dauerhaftigkeit der mit
Hüttensandmehl hergestellten Betone sein. Dabei kann auf die jahrzehntelangen positiven deutschen
Erfahrungen mit hüttensandhaltigen
Zementen und auf die im Ausland
vorhandenen Erfahrungen mit Hüttensandmehl als Betonzusatzstoff
zurückgegriffen werden.
62
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