Untersuchungen zum Zusammenhang von Zeitbegriff

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Untersuchungen zum Zusammenhang von Zeitbegriff
Politik
Oliver Linden
Untersuchungen zum Zusammenhang von
Zeitbegriff und Politikbegriff an den
Beispielen von PLATON, JESUS,
AUGUSTINUS, KANT, MARX/ENGELS,
BUDDHA und NIETZSCHE
Diplomarbeit
1
Untersuchungen zum Zusammenhang
von Zeitbegriff und Politikbegriff
an den Beispielen von
P LATON , JESUS , AUGUSTINUS ,
KANT , MARX/E NGELS,
BUDDHA und NIETZSCHE
Diplomarbeit
im Fachgebiet
Politische Theorie und Ideengeschichte
im Fach
Politikwissenschaften
an der
Gerhard Mercator
Universität-GH-Duisburg
Erstgutachterin:
Prof. Dr. Hedda Herwig,
Zweitgutachter:
Prof. Dr. Claus -E. Bärsch.
Oliver Linden
MKP01@t-online.de
© Linden 1995, Alle Rechte vorbehalten.
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Kolloquium am 01.03.1995
Zur Bedeutung des Begriffs
der Z EIT in
POLITISCHER THEORIE
zur Diplomarbeit
Erstgutachterin:
Oliver Linden
Thesenpapier
im Fachgebiet Politische Theorie und Ideengeschichte
im Fach P o l i t i k w i s s e n s c h a f t e n
Prof. Dr. Hedda Herwig
Zweitgutachter:
Prof. Dr. Claus-E. Bärsch
1. Der Zeitbegriff bestimmt den Politikbegriff.
1.1. Der Zeitbegriff steht in den Begriffen des Zeitraums und der Raumzeit im Zusammenhang
mit dem Raumbegriff.
1.2. Jeder Politischen Theorie liegt eine Selbstverständlichkeit einer theoretischen oder
philsophischen Erkenntnis von Zeit und Raum zugrunde, die zu einem Verständnis von
praktischem oder sogenanntem politischem Handeln innerhalb eines Zeitraums und innerhalb
der Raumzeit führt.
1.2.1. Die Selbstverständlichkeit einer besonderen theoretischen oder philosophischen
Erkenntnis von Zeit und Raum kann als theoretischer oder philosophischer
Wirklichkeitsentwurf aufgezeigt werden. Das besondere Verständnis des praktischen
oder sogenannten politischen Handelns kann als praktische oder sogenannte politische
Verwirklichung aufgezeigt werden.
1.2.1.1. Die Zeitbegriffe von Platon, Jesus, Kant und Marx und Engels weisen eine lineare
Zeitstruktur auf. Die Zeitbegriffe von Buddha und Nietzsche weisen eine zyklische Zeitstruktur auf.
1.2.1.1.1. Platons "Erkenntnis" von Zeit und Raum ist eine Erkenntnis der Zeit im Raum. Die
Zeitstruktur ist linear und unendlich. Die Zeitmaße entsprechen den zyklischen Bewegungen
der Planeten im Raum.
1.2.2.1.1. Platon will den Philosophenstaat errichten und deshalb die Menschen gemäß seiner
"Erkenntnis" erziehen. Seine Erziehung führt vom Sehen der Dinge zur Erkenntnis der Ideen
und ist die notwendige Ergänzung von Gottes Schöpfung der Zeit im Raum, die die Schöpfung
der Vergänglichkeit des Werdens aus der Ewigkeit des Seins ist. Der Mensch soll gemäß der
Erkenntnis und deshalb gemäß der Erziehung leben.
1.2.1.1.2. Jesus "Verkündigung" von Zeit und Raum ist eine Verkündigung des Endes der Zeit
im Raum als das Ende der Zeit in der Welt unter der Gottesherrschaft. Die Zeitstruktur ist
linear und endlich in der Welt, und ist unendlich und ewig in der Gottesherrschaft. Die ewige
Gottesherrschaft nach der Welt und ohne die Welt wird einzige Wirklichkeit werden.
1.2.2.1.2. Jesus verkündigt die Moral der Gebote und der Nächstenliebe als Verhalten bei
Gott, das schon in der Welt notwendig ist, um vor dem Jüngsten Gericht ins Gottesreich
angenommen zu werden. Der Mensch soll im Glauben an die Lehre von Jesus und in
Verwirklichung der Nächstenliebe leben.
1.2.1.1.3. Kants "Bestimmung" von Zeit und Raum ist eine Bestimmung der Richtung der Zeit
im Raum. Die Zeitstruktur ist linear und während der Entwicklung endlich, danach aber
unendlich, und hat die Richtung auf das Ziel der Vernunft hin.
1.2.2.1.3. Kant bestimmt die Aufklärung dazu, der Weg der Menschheit zum Ziel der Vernunft
zu sein. Der Mensch soll mit der Aufklärung hin zur Vernunft leben.
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1.2.1.1.4. Marx und Engels "Bewußtsein" von Zeit und Raum ist ein Bewußtsein des Endes
der Zeit im Raum als das Ende der dialektischen und historischen Entwicklung im
Materialismus. Die Zeitstrukur ist linear und während der Entwicklung endlich, nach der
Entwicklung aber unendlich, nämlich im Sozialismus, Kommunismus und im Materialismus.
1.2.2.1.4. Marx und Engels rufen zu revolutionärem Bewußtsein und zu revolutionärem
Handeln auf. Der Mensch soll als Revolutionär die Geschichte beenden.
1.2.1.2.1. Buddhas "Überwindung" von Zeit und Raum ist eine Überwindung der Zeit und damit
auch des Raumes in der Zeit. Buddha überwindet die Vergänglichkeit und damit auch das
Leiden in der Vergänglichkeit. Die Zeitstruktur ist zyklisch und im Zyklus unendlich, doch der
Zyklus ist endlich: Buddha überwindet die bedingte Entstehung des Leidens und damit das
Leiden im ewigen Kreislauf der Wiedergeburten und ist Gott selbst jenseits der Vergänglichkeit
und des Leidens in der Vergänglichkeit.
1.2.2.2.1. Buddha lehrt den Weg zur Erleuchtung im Nirvana als die Befreiung vom Leiden im
Samsara. Die Menschen sollen seine Lehre von Körper und Geist befolgen und damit ihr
Leben im Leiden beenden und zum Gott werden.
1.2.1.2.2. Nietzsches "Überzeugung" von Zeit und Raum ist eine Überzeugung der Zeit und
damit auch des Raumes in der Zeit. Nietzsche ist von der Lehre der ewigen Wiederkunft als
Einziges und Ewiges überzeugt. Die Zeitstruktur ist zyklisch und im Zyklus unendlich, doch der
Zyklus ist endlich. Alle Dinge im Raum kommen in der Zeit, mit der Zeit und durch die Zeit ewig
wieder.
1.2.2.2.2. Nietzsche lehrt die Lehre der ewigen Wiederkunft und Wiederkehr als die
Vernichtung der Moral, da in der Moral eine Bestimmung in der Zeit vorhanden ist. Die
Menschen sollen von der Lehre der ewigen Wiederkunft überzeugt sein und als
Übermenschen handeln.
1.2.3. In den Politischen Theorien ist der Raum jeweils als ewiges unveränderliches Sein und
die Zeit ist jeweils als vergängliches veränderliches Werden gegeben.
1.2.4. In den Politischen Theorien findet sich jeweils ein Gottesbegriff oder die Frage
nach dem Ursprung von Zeit und Raum wird durch einen anderen Begriff ersetzt.
1.3. Im Zeitbegriff hat die Zeitstruktur jeweils die Ordnungsfunktion für den Raum als Inhalt
und die weiteren Inhalte in der Struktur des Raumes.
2. Politik kann als politisches Handeln eines Objektes von Politischer Theorie oder als
politisches Handeln eines Subjektes von Politischer Theorie erscheinen:
Politik kann als praktisches oder sogenanntes politisches Handeln innerhalb eines
Zeitraums der Raumzeit, also in Zeit und Raum, und dabei im Zusammenhang mit einer
theoretischen oder philosophischen Erkenntnis v o n Zeit und Raum erscheinen. Ebenso kann
Politik als Politische Theorie durch Darstellung einer Selbstverständlichkeit einer
theoretischen oder philosophischen Erkenntnis v o n Zeit und Raum zusammen mit einem
Verständnis von praktischem oder sogenanntem politischen Handeln in einem Zeitraum der
Raumzeit, also in Zeit und Raum, erscheinen.
Das politische Handeln eines Subjektes von Politischer Theorie ist die Darstellung einer
besonderen Selbstverständlichkeit einer theoretischen oder philosophischen Erkenntnis von
Zeit und Raum in Verbindung mit einem besonderen Verständnis von praktischem oder
sogenanntem politischem Handeln in einem Zeitraum der Raumzeit.
Das politische Handeln eines Objektes von Politischer Theorie ist das praktische oder
sogenannte politische Handeln als Verständnis in Verbindung mit einer Selbstverständlichkeit
einer theoretischen oder philosophischen Erkenntnis von Zeit und Raum.
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Politik ist die Darstellung eines Wirklichkeitsentwurfes von Zeit und Raum und einer
Verwirklichung in Zeit und Raum sowie auch diese Verwirklichung selbst.
2.1. Der besondere Zeitbegriff innerhalb einer Politischen Theorie, nämlich in ihrer
theoretischen oder philosophischen Erkenntnis von Zeit und Raum, bestimmt den besonderen
Politikbegriff als praktisches oder sogenanntes politisches Handeln innerhalb dieser
Politischen Theorie: Der Zeitbegriff bestimmt den Politikbegriff innerhalb Politischer
Theorie.
2.2. Nach dem von mir vorgestellten Polititkbegriff erscheint Politik auch als die Darstellung
einer besonderen Politischen Theorie, die eine Verbindung einer besonderen
Selbstverständlichkeit einer theoretischen oder philosophischen Erkenntnis von Zeit und Raum
und eines besonderen Verständnisses eines praktischen oder sogenannten politischen
Handelns in einem Zeitraum der Raumzeit ist. Deshalb gilt für den von mir vorgestellten
Politikbegriff:
Der Politikbegriff bestimmt den Zeitbegriff.
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Schaubild 15: Das Verhältnis von Werden und Sein, der Verlauf
der Zeit und das Verhältnis des Menschen zu Gott
nach
ist
das Verhältnis von Werden und Sein:
Das
Platon
gemäß dem
Werden
Sein
Das Ende vom
Sein des
Werden s
Jesus
Das
Kant
hin zum
Werden
Sein
Das Ende vom
Marx und
Engels
Buddha
Nietzsche
Werden
des Sein s
die Zeit verläuft und der Mensch lebt
unendlich
in einer Geraden
gemäß Gott
endlich
zu Ende
bei Gott
endlich
zum Ende hin
hin zu Gott
endlich
zu Ende
als Gott
kein
Sein des
Werdens
nein
zur Zeit
nicht und nie mehr
im Kreis
als Gott
ewiges
Sein des
Werdens
ja
zur Zeit
immer und ewig
im Kreis
ohne Gott
Schaubild 17: Der in dieser Arbeit vorgestellte Ansatz eines Politikbegriffs: Das Verhältnis von "Politik", "Politischer
Theorie" und "sogenanntem politischem Handeln"
Der in dieser Arbeit vorgestellte
Ansatz eines Politikbegriffs
im Zusammenhang mit den
Begriffen Zeit, Raum,
Zeitraum und
Raumzeit
Politik
Politische Theorie
sogenanntes
politisches Handeln
von Zeit und Raum
in Zeitraum und Raumzeit
Politik als
Politik eines Subjektes von
Politischer Theorie durch
Darstellung einer Politischen Theorie
einschließlich eines sogenannten
politischen Handelns
Politik als
Politik eines Objektes von
Politischer Theorie durch
sogenanntes politisches Handeln
im Zusammenhang mit
einer politischen Theorie
6
7
Inhalt
1. Chronopolis? Von Zeiten und Zeitungen, von Orten und Ordnungen
1
2. Zum Zeitbegriff, oder: Was ist "Zeit"?
6
2.1. Zur Allgemeinheit des Zeitbegriffs und dessen Verbindung
mit dem Raumbegriff
7
2.2. Zu Besonderheiten von Zeitbegriffen und dere n Verbindung
mit Raumbegriffen
8
2.2.1. Theoretische oder philosophische Wirklichkeitsentwürfe:
8
2.2.1.1. Zur linearen Zeitstruktur:
9
2.2.1.1.1. Platons "Erkenntnis" von "Zeit" und "Raum"
12
2.2.1.1.2.
24
Jesus "Verkündigung" von "Zeit" und "Raum"
2.2.1.1.3. Augustinus "Bekenntnis" von "Zeit" und "Raum"
28
2.2.1.1.4. Kants "Bestimmung" von "Zeit" und "Raum"
34
2.2.1.1.5. Marx und Engels "Bewußtsein" von "Zeit" und "Raum"
37
2.2.1.2. Zur zyklischen Zeitstruktur:
2.2.1.2.1.
Buddhas "Überwindung" von "Zeit" und "Raum"
2.2.1.2.2. Nietzsches "Überzeugung" von "Zeit" und "Raum"
9
41
47
2.2.2. Praktische oder sogenannte "politische" Verwirklichungen:
8
2.2.2.1. Zur linearen Zeitstruktur:
9
2.2.2.1.1.
Platon: Das "Werden" nach dem "Sein": g e m ä ß " Gott"
55
2.2.2.1.2.
Jesus: Das Ende des "Werdens": b e i "Gott"
60
2.2.2.1.3.
Augustinus: Die Trennung des "Seins" vom "Werden“ u n t e r "Gott“
61
2.2.2.1.4.
Kant: Das "Werden" zum "Sein": h i n z u "Gott"
63
2.2.2.1.5.
Marx und Engels: Das Ende des "Werdens": a l s "Gott"
70
2.2.2.2. Zur zyklischen Zeitstruktur:
9
2.2.2.2.1.
Buddha: Jenseits vom "Sein" des "Werdens": a l s "Gott"
73
2.2.2.2.2.
Nietzsche: Jenseits vom "Sein" des "Werdens": o h n e "Gott"
76
2.2.3. Das Verhältnis von "Zeit" und "Raum" als Verhältnis von
"Werden" und "Sein"
79
2.2.4. Zu besonderen Gottesbegriffen?
82
2.3. Versuch einer Antwort auf die Frage nach dem Zeitbegriff
83
3. Zum Politikbegriff, oder: Was ist "Politik"?
85
3.1. Zur Bestimmung des Politikbegriffs durch den Zeitbegriff
86
3.2. Versuch einer Antwort auf die Frage nach dem Politikbegriff
87