4 Wie die LuO zu ihrem Namen kam
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4 Wie die LuO zu ihrem Namen kam
Die Lichtenbergschule (LuO) zwischen Gestern und Morgen Jubiläumsschrift zur 175-Jahrfeier der Darmstädter Realanstalten Die Lichtenbergschule (LuO) zwischen Gestern und Morgen Jubiläumsschrift zur 175-Jahrfeier der Darmstädter Realanstalten 1 Grußworte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 · Kultusministerin Karin Wolff · Oberbürgermeister der Stadt Darmstadt Peter Benz · Schulleiter Peter Herrmann · Elternbeiratsvorsitzende Dr. Astrid Wiemann 2 Unser Schulpatron Georg Christoph Lichtenberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 natur macht schule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 4 informatische bildung und medienbildung an der luo . . . . . . . . . . . . . . . 5 theater an der luo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 · Theater-AG · Kindertheater 6 musikalische aktivitäten an der luo in der zeit von 1966 – 2001 . . . . . . . . . 98 7 künstlerische gestaltungen 8 arbeitsgemeinschaften der luo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 · Afrika-AG · Foto-AG – Arbeit im Labor · Keramik-AG 9 schülerlotsendienst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 10 der sport an der luo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 11 schüler als zeitungsmacher 12 ein raum zur meditation (raum 714) 10 · Interview mit Lichtenberg 1993 · Kleine Auslese nicht nur aus den Sudelbüchern 3 Die Darmstädter Realanstalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 · Zeittafel zur Schulentwicklung 4 Wie die LuO zu ihrem Namen kam 5 Der Blick zurück . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 im neuen haus (1966 – 1975) 2 konsolidierungsphase (1976 – 1989) 3 auf dem weg nach europa (1989 – 2000) 4 bauliche veränderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 7 Die engagierte Schulgemeinde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 1 die elternschaft 2 die schülerinnen und schüler und ihre vertretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 das kollegium und seine schulleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 · Elternbeirat · Förderverein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 6 Die Gegenwart – Profil der Schule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 58 die öffnung der schule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 · Lichtenbergschule – Europaschule des Landes Hessen · Studien- und Berufsorientierung (SBO) · Bildungspartnerschaft zwischen der Lichtenbergschule und der Fachhochschule Darmstadt · Internationaler Workshop an der Lichtenbergschule · Science across Europe – Ein Blick über den Tellerrand · Themenwoche an der LuO · Aus den Anfängen: Schulpartnerschaft zwischen der „Junior Highschool“ und der LuO, Biologie in englischer Sprache unterrichtet – ein Schulversuch an der LuO 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 1 1 88 schüleraustausch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 · Austausch Chesterfield 1988 – 89 · Schottlandaustausch · USA-Austausch · Austausch Marquise – Troyes – Boulogne · Szia, Budapest ! · Lichtenbergschule Darmstadt – Arpad-Gymnasium Budapest · Schüleraustausch mit der Petrischule in St. Petersburg · Schüleraustausch mit Jakutien (1994 – 1997) – Ein schöner Traum 8 Der Blick nach vorn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 · Die künftige Verwirklichung der Europaschule als Gymnasium – Sprachenzentrum, Internationale Begegnungsschule und Begabungsförderung 9 Nachwort der Redaktion Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 1 Grußworte 1 Grußworte Karin Wolff Kultusministerin Peter Benz Oberbürgermeister der Stadt Darmstadt Peter Herrmann Schulleiter Dr. Astrid Wiemann Elternbeiratsvorsitzende [4·5] 1 Grußworte der Georg-Büchner-Schule, Dr. Ekkehard Born, für das Eineinhalbjahrhundert-Jubiläum in Worten nachträglich eingefangen hat: Zu dem 175-jährigen Jubiläum der Darmstädter Realanstalten übermittle ich der Lichtenbergschule, die zu diesem Anlass eine Festschrift herausgibt, meine herzlichsten Glückwünsche. Diese Glückwünsche meiner alten Schule zu überbringen, berührt und erfreut mich zugleich. Zu meiner Schulzeit war es allerdings noch ein Stück hin zu diesem Jubiläum. Die Wünsche verbinde ich mit dem Dank an alle, die in den vergangenen 175 Jahren diese traditionsreichen Schulen, die heute die Namenspatrone Büchner, Liebig und Lichtenberg ihr Eigen nennen dürfen, mitgestaltet und sich unter nicht immer ganz leichten Bedingungen um deren Fortentwicklung bemüht haben. Gefeiert wird das Jubiläum dreier Darmstädter Schulen, die seit 1826 zusammen mit der Technischen Hochschule gegründet wurden. Deren reich verästelter Entwicklungsstammbaum lässt sich heute durch einige Klicks im Internet rasch nachvollziehen. Nicht so schnell erschließt sich dem interessierten Betrachter die Darmstädter Stimmungswelt der damaligen Schulgründungen, die der damalige Schulleiter „Diese große Herausforderung, diese challenge im Toynbeeschen Sinne hat umgestaltend auf die Darmstädter Schulszene gewirkt, und die Antagonisten heißen Dilthey und Schacht. Dilthey ist der Direktor des Gymnasiums, Schacht der Direktor der neuen Realschule. Es ist beglückend zu sehen, wie die beiden Männer bei aller Leidenschaft der Auseinandersetzung bei ihrer Sache sind und das, was hinter ihr steht, verteidigen. Dieser Kampf macht dem geistigen Klima unserer Stadt Ehre. Dilthey möchte aus Überzeugung die »höhere« Bildung dem Gymnasium vorbehalten wissen. Dass auch für die »Realisten«, die »Professionisten« ein entscheidendes Stück mehr getan werden muss als bisher, sieht er, aber das Exemtionsrecht, das Recht, die Reifeprüfung abzunehmen, möchte er nur bei den Gymnasien sehen. Sein Gegner ist Dr. Schacht. Er fordert – unerhört in dieser Zeit! – die Gleichberechtigung beider Bildungswege. Nur wenige Auseinandersetzungen auf dieser Welt gehen aus wie der Kampf zwischen Rom und Karthago, auch dieser Schulkampf hat nicht mit der völligen Niederlage der einen und dem völligen Sieg der anderen Seite geendet: Die Entwicklung des Lateinunterrichts an den neuen Schulen und der vielsagende, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auftauchende Name »Realgymnasium« macht die Situation deutlich. Es ist tröstlich und ermutigend zugleich zu sehen, wie unsere Vorväter sich durch Dunkelheiten und Unklarheiten hin- durch zu neuen Formen durchgefochten haben. (...) Da ist die Wurzel für jenes Schulmeistergelächter, das Justus Liebig entgegen schallte, als er erklärte, er wolle sich der Chemie wissenschaftlich widmen: es war eine offene Frage, und für viele Leute war die Frage nicht einmal offen, ob man Chemie als ernstzunehmende Wissenschaft betreiben könne.“ Auch heute gilt es der Abwertung der Naturwissenschaften entgegenzutreten, auch wenn die Zeit der Schulkämpfe nach Art der Hannibalschen Feldzüge vorüber ist. Gleichwohl: Die Wissenschaftsstadt Darmstadt hängt an der Nabelschnur der Qualitätsentwicklung des hessischen Schulwesens. Als weiteren Baustein des zu entwickelnden Bildungslandes Hessen werden wir bei der Reform der gymnasialen Oberstufe die Naturwissenschaften und die Fremdsprachen stärken, andererseits zu frühe und zu weit gehende Spezialisierungen zurücknehmen. Angesichts der TIMSS-Ergebnisse und der zu erwartenden PISA-Resultate wird hier ein „Schulmeistergelächter“, wie es noch Liebig hörte, ausbleiben. Jubiläumsjahre geben immer wieder Anlass, eine kritische Standortbestimmung durchzuführen: Zurückzublicken auf das, was für gegenwärtige Aufgaben bewahrenswert erscheint und vorauszuschauen auf künftige Zielsetzungen. Wer die mitunter emotional geführte öffentliche Diskussion um den Stellenwert und den Auftrag schulischer Bildung beobachtet, stellt eine kontinuierliche Ausweitung der Erwartungen fest. Manchmal kommt man zu dem Eindruck, als erwarte unsere Gesellschaft immer dann, wenn sie ein Defizit feststellt, von der Schule Abhilfe. Rufe nach einer neuen Pädagogik des Informationszeitalters sind zu vernehmen. Globalisierung, Innovation und Vernetzung sind Schlagworte einer Zeit, in der man durch die Welt des Wissens surft und kaum noch in Büchern blättert. Goethes Grundsatz, den er in seinen „Maximen und Reflexionen“ aufstellte, bringen diese Grundbegriffe der neuen Dynamik nicht ins Wanken: „Der echte Schüler lernt aus dem Bekannten das Unbekannte entwickeln und nähert sich dem Meister.“ Denn Lernen ist auch heute noch ein Schritt zur Selbstverwirklichung des Menschen, die schließlich der Demokratie, der Entwicklung unseres Gemeinwesens dient. In der bildungspolitischen Debatte wird zu wenig über den Bildungsbegriff selbst diskutiert, jeder spricht von „Bildung“, aber wissen wir eigentlich noch, diskutieren wir eigentlich noch darüber, was Bildung ist und was dazu gehört? Kommt dieser Begriff nicht allzu selbstverständlich über die Lippen? Forderungen nach Bildungsreformen werden nicht in eine Besin- nung darüber eingebettet, was Bildung ist, wozu sie dient und wie dies heute erreicht werden kann. Meine These: Bildung soll den Menschen befähigen, ein Leben in Freiheit und Verantwortung und als Glied einer Gemeinschaft zu führen. Im Bildungsprozess, der gewiss nicht nur in der Schule oder anderen staatlichen Institution abläuft, wie auch Bildung nicht nur dort vermittelt und erworben wird, werden die Kenntnisse (Wissen), Fähigkeiten, Fertigkeiten und auch Haltungen erworben, die dazu erforderlich sind. Bildung zielt auf die umfassende und ganzheitliche Entfaltung der Persönlichkeit, die zu einem begründeten Urteil und einem begründeten Standpunkt in der Lage ist. Diese Fähigkeit ruht auf der durch Bildung erworbenen Fähigkeit zum eigenständigen Denken und Begreifen. Bildung strebt also auf Mündigkeit zu. Der gebildete Mensch bringt Kenntnisse in verschiedenen Disziplinen mit und ist daher kommunikationsfähig; sein breites Fundament sichert ihm Bewährungsmöglichkeiten in unterschiedlichen Feldern des persönlichen, gesellschaftlichen, beruflichen und politischen Lebens. So bewirkt Bildung „Teilhabe am kulturellen Gedächtnis“ und der Einzelne gewinnt Zutritt „in eine überlebenszeitliche Kommunikationsgemeinschaft und hat Teil an einer Identität“. Zugleich ist er offen für Neues, weil der wirklich Gebildete um die Grenzen seines Könnens und Wissens weiß. Bildung ist also sowohl Aneignung von Tradition als auch Offenheit für neue Herausforderungen. Der gebildete Mensch bewahrt zu sich selbst und der Sache – z.B. der Gruppe, der Kultur, der er angehört – noch Distanz. Er ist deshalb in der Lage, die Welt auch aus einer anderen Perspektive zu betrachten und im Fremden bzw. Anderen eine Bereicherung zu erkennen. Zur Bildung gehören aber auch die Einstellungen, Haltungen und Wertbindungen, die für ein Leben im sozialen Zusammenhang erforderlich sind – ein Gebildeter ist nie ein Rüpel. Anders ausgedrückt: Erziehung gehört zur Bildung und ist nicht ein von ihr trennbarer Vorgang. Wir brauchen eine Debatte über Bildung auch, um einer Gefahr entgegen zu wirken, die sich überdeutlich abzeichnet, nämlich einer einseitigen Reduktion des Bildungsverständnisses auf das ökonomisch Verwertbare, die zugleich den Menschen auf seine Rolle im Wirtschaftsprozess und Arbeitsleben verengt. Aus einem solchen Blickwinkel heraus werden dann rasch alle Inhalte, für die es keine unmittelbare Verwertungschance gibt, für obsolet erklärt. Andererseits führt die unterlassene Reflexion über Bildung dazu, dass den Schulen eine große Zahl neuer Aufgaben zugeschrieben wird, die sich aber nicht mehr vor einem Bildungsbegriff und einer Bildungsaufgabe legitimieren, sondern nur noch vor aktuellen Bedürfnissen. Zu der oben beschriebenen Bildung muss die Schule, muss auch die Lichtenbergschule als Gymnasium und Europaschule des Landes Hessen, in Zukunft ihren Beitrag leisten. Eine selbstbewusste und selbstsichere Schule ist die wünschenswerte Basis [6·7] 1 Grußworte für das Lernen der Kinder und Jugendlichen. In diesem Sinne ermuntere ich meine ehemalige Schule, dass sie ihren produktiven Weg der ständigen Auseinandersetzung mit den Lernbedürfnissen ihrer Schülerinnen und Schüler und den Anforderungen der Gesellschaft unbeirrt weiter geht. Ich wünsche der Schulgemeinde, die sich hier so beispielhaft entwickelt hat, weiterhin gute Perspektiven für ihre Zukunft, um die sich viele Beteiligte bisher schon verdient gemacht haben. Karin Wolff Kultusministerin Mit dem 175-jährigen Jubiläum der drei Darmstädter Realanstalten GeorgBüchner-Schule, Justus-Liebig-Schule und Lichtenbergschule verbindet sich eine große Tradition des Darmstädter Schul- und Bildungswesens. Die gemeinsame Wurzel ihrer Gründungen liegt im Realienwesen des frühen 19. Jahrhunderts und der damit einhergehenden bildungspolitischen Auseinandersetzung um die stärkere Gewichtung naturwissenschaftlicher Fächer. Ihre Einführung und Entwicklung gestaltete sich aus heutiger Sicht als wechselvoller Prozess. Die traditionsbewussten Darmstädter erinnern sich noch gut an die Kurzform LuO als Bezeichnung für die ehemalige Ludwigs-Oberrealschule, wie sich die heutige Lichtenbergschule von 1911 bis 1937 nach dem Namenspatron Großherzog Ludwig II. nannte. Die bis in das Jahr 1826 zurückgehende Schulchronik erhellt uns darüber, dass es in verschiedenen Epochen immer wieder zu Änderungen des Schulnamens kam. Mit der Zerstörung des ehemaligen Schulgebäudes am Kapellplatz in der Darmstädter Brandnacht von 1944 ging das eigene Domizil verloren. Die Folge waren 22 Jahre Gastdasein in anderen Darmstädter Schulen. 1956 erhielt das 1945 wiedereröffnete Ludwigs-Realgymnasium den Namen des in Ober-Ramstadt geborenen bedeutenden Physikers und Schriftstellers Georg Christoph Lichtenberg. Von 1955 bis 1966 war die Schule zu Gast im Neubau des Ludwig-Georgs-Gymnasiums. Mit den Planungen für einen eigenen Schulneubau ging ein jahrelanger Kampf um die Standortfrage und die gemeinsame Zuständigkeit von Stadt und Landkreis einher. „Kein anderes Schulbauprojekt der Stadt Darmstadt hat die Gemüter so sehr erhitzt“, schildert der damalige Oberbürgermeister Dr. Ludwig Engel die jahrelangen Auseinandersetzungen um die Standortfrage und Zuständigkeiten. Die 1960 begründete Partnerschaft von Stadt und Landkreis in Form eines Schulzweckverbandes brachte dann den entscheidenden Fortschritt. 1962 erfolgte der Spatenstich und 1964 konnte das Richtfest der neuen Schule gefeiert werden. Die letzte aus dem Krieg stammende Lücke im Kreis der höheren Schulen Darmstadts konnte 1966 mit der Fertigstellung geschlossen werden. Der Neubau an der Ludwigshöhstraße bot nun die Voraussetzungen für einen modernen und zeitgemäßen Unterricht. Seitdem hat sich die Lichtenbergschule sowohl hinsichtlich des eigenen Bildungsanspruchs durch eine erste schuleigene Oberstufenreform sowie im Zuge der Wandlungen des generellen Bildungsauftrags verändert. Hervorzuheben ist sicherlich auch besonders ihr Status als Europaschule und die Bestrebungen in Zukunft einmal als Internationale Schule wirken zu können. Auch die in den zurückliegenden Jahren vorgenommenen baulichen Veränderungen an der Lichtenbergschule sind von großer Bedeutung in der Schulgeschichte. Ein Neubautrakt, die Schulhofgestaltung, die Renaturierung des Saubachs und eine neue Spielhalle sowie die PCB-Sanierung haben die Raumverhältnisse und das Umfeld der Schule verbessert. Der Lichtenbergschule Darmstadt ist es immer wieder gelungen, sich den Bedürfnissen unserer Zeit zu stellen und ihren Schülerinnen und Schülern eine breite Palette interessanter Projekte anzubieten. Lehrerkollegium und Elternschaft bilden mit den Schülerinnen und Schülern eine engagierte Schulgemeinde, die gemeinsam mit dem Blick nach vorn beständig an neuen Zielen arbeitet. Ich gratuliere der Lichtenbergschule im Namen der Stadt Darmstadt zu ihrem besonderen Jubiläum und möchte allen, die sich im Laufe der Jahre für die Belange der Schule eingesetzt haben, herzlich dafür danken und verbinde damit die besten Wünschen für eine glückliche und erfolgreiche Zukunft. Peter Benz den aktuellen Anforderungen der Zeit zu stellen, und hierbei Entwicklungen vorweg genommen hat, die unter heutigen Maßstäben als modern gelten. Ich denke zum Beispiel an das schuleigene Oberstufenmodell, aber auch an den bilingualen Unterricht in Kooperation mit der American High School oder die Einführung von Russisch als erster Fremdsprache. Oberbürgermeister Nicht immer ist die Zeit reif für innovative Entwicklungen, aber es lohnt immer, diese Vorarbeit für die heutige Zeit zu nutzen. Unsere Festschrift anlässlich des 175jährigen Jubiläums der Darmstädter Realanstalten erhebt nicht den Anspruch auf einen vollständigen historischen Überblick. Sie ist weniger und dennoch mehr: Unsere Festschrift macht unsere jüngere Vergangenheit lebendig, in der sich so viele ehemalige Schülerinnen und Schüler und ehemalige oder noch aktive Lehrerinnen und Lehrer wieder erkennen. Als ich im Februar 2000 an die Lichtenbergschule kam, habe ich das Archiv unserer Schule zu schätzen gelernt. Es trat mir das Bild einer Schule entgegen, die auch früher schon bemüht war, sich Die Gegenwart der Lichtenbergschule nimmt einen großen Teil der Festschrift ein. Sie zeigt, dass die Lichtenbergschule als Gymnasium und Europaschule ihren Beitrag für die Bildung der Zukunft bereits heute leistet – dank einer außergewöhnlich motivierten und engagierten Lehrerschaft. Sie zeigt eine Elternschaft, die ihre Schule durch Initiativen, kritische Anregungen, aber auch durch tatkräftige und finanzielle Hilfe unterstützt. Sie zeigt nicht zuletzt eine Schülerschaft, die in zahlreichen wichtigen Ehrenämtern tätig ist und in Zukunft noch mehr Verantwortung für ihre Schule übernehmen will. Verantwortung übernehmen – dies entspricht der Tradition unserer Schule! Verantwortung für die Zukunft des Gymnasiums als Europaschule in der Wissenschaftsstadt Darmstadt (und Umgebung) übernehmen – unter dieser Zielsetzung stehen meine Ausführungen zur künftigen Verwirklichung der Europaschule als Gymnasium! Peter Herrmann Schulleiter 175 Jahre – eine Zahl, die sicher auch andere Eltern verblüfft. Unbestritten gibt es an der Lichtenbergschule Tradition, die gepflegt und in die Entwicklung unserer Schule eingebracht wird. Zumindest aber von Eltern, die nicht aus eigenen Schultagen Wissen beitragen können, wird die Schulgründung doch eher dem Alter des Hauptgebäudes gleichgesetzt. Ich werte dies nicht als Manko, sondern als Zeichen der Zukunftsorientierung einer Schule, die Kompetenz und Wissen zeitgemäß vermitteln und sich den Anforderungen einer globalisierenden Welt stellen möchte. Ich gratuliere der Schule zu dem bisherigen Erfolg und wünsche der Schulleitung, dem Kollegium, der Schüler- und Elternschaft auch weiterhin das rechte Gespür für die Notwendigkeiten und die Chancen für eine Schulentwicklung, von der bei zukünftigen Jubiläen gesagt werden kann, dass sie den Lichtenbergschülern eine optimale Ausbildung in einem optimalen Lebensraum Schule gegeben hat. Dr. Astrid Wiemann Elternbeiratsvorsitzende [8·9] 2 Unser Schulpatron Georg Christoph Lichtenberg [ 10 · 11 ] 2 Unser Schulpatron Georg Christoph Lichtenberg 2 Unser Schulpatron Georg Christoph Lichtenberg [ 12 · 13 ] 2.1 interview mit lichtenberg oder gründe, die erklären, warum die lichtenbergschule „Lichtenbergschule“ heisst Interviewer: Herr Lichtenberg, Sie wurden am 24.2.1799 für tot befunden, also vor fast 200 Jahren. Doch, wie man sieht, leben Sie – ob wieder oder immer noch soll hier aber nicht diskutiert werden. Ich würde gerne wissen, wie es sich erklären lässt, dass Sie überhaupt leben. Lichtenberg: Vorstellungen sind auch ein Leben und eine Welt. Da, wo das Auge undeutlich sieht, ist schon eine Art von Tod; wo kein deutliches Bild ist, ist keine Vorstellung. Und im Übrigen: Ich bin zu einer Zeit verstorben, damals, als die Seele noch unsterblich war. Mehr lässt sich dazu nicht sagen – vielleicht ist es auch eine Preisfrage an den Himmel. Sie sind wieder nach Darmstadt zurückgekommen. Die Stadt hat sich natürlich während Ihrer langen Abwesenheit verändert. Welchen Eindruck haben Sie von Darmstadt? Der Ort sieht nicht aus wie eine Stadt; sondern wie ein Krempelmarkt von abgetragenen Häusern. Wenn Ihnen die Stadt nicht gefällt, warum bleiben Sie dann hier? Es muss wieder ein Denker her! Und solch einen gibt es nicht mehr? Heutzutage werden unsere Köpfe in Treibhäusern gezogen. Darmstadt ist ein Städtchen, wo sich ein Gesicht aufs andere reimt. Es ist doch eine richtige Beobachtung, wenn man sagt, dass Leute, die zu stark nachahmen, ihre eigene Empfindungskraft schwächen. Sie haben heute, wie Sie mir vorhin mitteilten, die Schule besucht, die nach Ihnen benannt wurde. Welchen Eindruck haben Sie von der Schule? Glauben Sie, dass die Schule Ihren Namen verdient? Eine verfängliche Frage ... Was erwarten Sie von einem Lehrer? Den Lehrer nenne ich groß, der viel gedacht und gelesen und erfahren hat und der alles, was er gedacht, gelesen und erfahren hat, bei jeder Sache, die er unternimmt, vereint zum besten Zweck anzuwenden weiß, alles so anschaulich darzustellen, dass jeder sehen muss, was er selbst gesehen hat. Außerdem: Wer Unterricht geben will, von dem kann man mit Recht verlangen, dass er alles in einem Ton sage, der zu erkennen gibt, dass er auch im Falle der Not einen annehmen könne. Diese Beschreibung kennzeichnet den Lehrer als Pädagogen. Kommt es aber nicht viel eher darauf an, welches Fachwissen der Lehrer vorzuweisen hat? Es ist gar nicht nötig, dass ein Lehrer dem Anfänger die Sache gründlich vorträgt; aber der Lehrer, der diesen Vortrag wählt, muss sie gründlich verstehen; alsdann ist gewiss für den Anfänger gesorgt. Auch im Wort Gelehrter steckt nur der Begriff, dass man ihn vieles gelehrt, aber nicht, dass er auch etwas gelernt hat; daher sagen die Franzosen sehr sinnreich, wie alles, was von diesem Volk kommt, nicht „les enseignes“, sondern „les savants“, und die Engländer nicht „the thought ones“, sondern „learned“. Im Moment kann ich nur sagen: „Schwätz’ doch nicht! Was wollt Ihr denn! Wenn die Fixsterne noch nicht mal fix sind, wie könnt Ihr dann sagen, dass alles Wahres wahr ist!“ Nun zu den Schülern. Was denken Sie über die Schülerschaft? Na, sie sitzen da, legen die Hände zusammen, ohne die Augen aufzutun, und wollen warten, bis ihnen der Himmel einen Shakespeare-Geist gibt. Sie sind also der Meinung, den Schülern mangelt es an Eigeninitiative und Fleiß? Die Schüler sind gar zu sehr geneigt zu glauben, wenn sie etwas Talent besitzen, studieren müsste leicht werden. Doch: Greif Dich immer an, wenn Du etwas Großes willst, Mensch! Wie sollte bzw. wie könnte der Schüler diese Situation ändern? Er muss sich folgendes bewusst machen: Alles gelernt, nicht um es zu zeigen, sondern um es zu nutzen. Er lernt methodisch falsch. Warum er so wenig behalten kann, ist, dass er so wenig selbst denkt! Es ist eine große Stärkung beim Studieren, wenigstens für mich, alles, was man liest, so deutlich zu fassen, dass man eigen Anwendung davon machen kann. Man wird am Ende dann geneigt zu glauben. man habe alles selbst erfunden, und so etwas macht Mut. Was ist Ihnen Besonderes an den Menschen aufgefallen, wie z.B. Verhalten etc.? 1. Die Selbstgefälligkeit: wenn sie einen Spiegel hätten, in welchem sie sich ganz sehen könnten, sie würden nie davon weg kommen! 2. Die unverantwortliche Scheuklapperei – man spricht viel von Aufklärung und wünscht mehr Licht. Mein Gott, was hilft aber alles Licht, wenn die Leute entweder keine Augen haben oder die, die sie haben, vorsätzlich schließen? Ich danke Ihnen sehr für dieses aufschlussreiche Interview. Vielleicht möchten Sie zum Abschluss noch eine Kleinigkeit bemerken? Nein, ich habe all’ das gesagt, was ich sagen wollte. Alle Antworten Lichtenbergs sind Zitate von ihm, entnommen aus den „Anekdoten Lichtenbergs“ Judith Lochhaas (aus: Abizeitung 1993) 2.2 lichtenberg aphorismen ausgewählt von wilfried schupp Der Mann hatte so viel Verstand, dass er fast zu nichts mehr in der Welt zu gebrauchen war. Manche Leute wissen alles so, wie man ein Rätsel weiß, dessen Auflösung man gelesen hat, oder einem gesagt worden ist, und das ist die schlechteste Art von Wissenschaft, die der Mensch sich am wenigsten erwerben sollte: er sollte vielmehr darauf bedacht sein, sich diejenigen Kenntnisse zu erwerben, die ihn in den Stand setzen, vieles selbst im Fall der Not zu entdecken, was andere lesen oder hören müssen, um es zu wissen. Es hatte die Wirkung, die gemeiniglich gute Bücher haben. Es machte die Einfältigen einfältiger, die Klugen klüger und die übrigen Tausende blieben ungeändert. Da Menschen sehr lange scheinbar tot sein können, so ist die Frage, ob man nicht endlich lernt, ihnen diese Betäubung künstlich zu geben, und sie so zu erhalten. Ich bin mehrmals wegen begangener Fehler getadelt worden, die mein Tadler nicht Kraft oder Witz genug hatte, zu begehen. Es ist mir in meinem Leben so viel unverdiente Ehre angetan worden, dass ich mir wohl einmal etwas unverdiente Blame kann gefallen lassen. So lange das Gedächtnis dauert, arbeiten eine Menge Menschen in Einem vereint zusammen, der Zwanzigjährige, der Dreißigjährige usw. Sobald aber dieses fehlt, so fängt man immer mehr und mehr an, allein zu stehen, und die ganze Generation von Ichs zieht sich zurück und lächelt über den alten Hilflosen. Dieses spürte ich sehr stark im August 1795. Ehe man tadelt, sollte man erst versuchen, ob man nicht entschuldigen kann. Es gibt Wahrheiten, die so ziemlich herausgeputzt einhergehen, dass man sie für Lügen halten sollte, und die nichtsdestoweniger reine Wahrheiten sind. Die Leute, die niemals Zeit haben, tun am wenigsten. Wenn das Ungefähr nicht mit seiner geschickten Hand in unser Erziehungswesen hineinarbeitete, was würde aus unserer Welt geworden sein? Es kommt nicht darauf an, ob die Sonne in eines Monarchen Staaten nicht untergeht, wie sich Spanien ehedem rühmte; sondern was sie während ihres Laufes in diesen Staaten zu sehen bekommt. Ich kann freilich nicht sagen, ob es besser werden wird, wenn es anders wird; aber so viel kann ich sagen, es muss anders werden, wenn es gut werden soll. 2 Unser Schulpatron Georg Christoph Lichtenberg [ 14 · 15 ] Ist es nicht sonderbar, dass man das Publikum, das uns lobt, immer für einen kompetenten Richter hält; aber sobald es uns tadelt, es für unfähig erklärt, über Werke des Geistes zu urteilen? Er kann die Tinte nicht halten, und wenn es ihm ankommt, jemand zu besudeln, so besudelt er sich gemeiniglich am meisten. Unternimm nie etwas, wozu du nicht das Herz hast, dir den Segen des Himmels zu erbitten. In jeder Fakultät sollte wenigstens ein recht tüchtiger Mann sein. Wenn die Scharniere von gutem Metall sind, so kann das übrige von Holz sein. Wir leben in einer Welt, worin ein Narr viele Narren, aber ein weiser Mann nur wenige Weise macht. Er schliff immer an sich, und wurde am Ende stumpf, ehe er scharf war. Die edle Einfalt in den Werken der Natur hat nur gar zu oft ihren Grund in der edlen Kurzsichtigkeit dessen, der sie beobachtet. Wenn sich das Alter einstellt, so wird der Zustand der Krankheit eine Art von Gesundheit und man merkt nicht mehr, dass man krank ist. Bliebe die Erinnerung des Vergangenen nicht, so würde man die Änderung wenig merken. Er bewegte sich so langsam als wie ein Stundenzeiger unter einem Haufen von Sekundenzeigern. Vernunft und Einbildungskraft haben bei ihm in einer sehr unglücklichen Ehe gelebt. Er hatte einige Definitionen hergesagt ohne zu stocken und wenn er ein Wort ausließ, so wusste er es gleich nachzuholen, seine Zunge mehr als sein Verstand lehrte ihn, dass etwas fehlte, denn er hatte alles auswendig gelernt. Unser Leben kann man mit einem Wintertag vergleichen, wir werden zwischen 12 und 1 des Nachts geboren, es wird 8 Uhr, ehe es Tag wird, und von 4 des Nachmittages wird es wieder dunkel, und um 12 sterben wir. Sie glauben oft, um ein schöner Geist zu sein, müsse man etwas liederlich leben und gleichsam das Genie mit verdorbenen Sitten fett machen. Der Bauer, welcher glaubt, der Mond sei nicht größer als ein Pflug-Rad, denkt niemals daran, dass in einer Entfernung von einigen Meilen eine ganze Kirche nur wie ein weißer Fleck aussieht, und dass der Mond hingegen immer gleich groß scheint. Was hemmt bei ihm diese Verbindung von Ideen, die er einzeln alle hat? Ich bin aus vielfältiger Erfahrung überzeugt, dass die wichtigsten und schwersten Geschäfte in der Welt, die der Gesellschaft den meisten Vorteil bringen, durch die sie lebt und sich erhält, von Leuten getan werden, die zwischen dreihundert und 800 oder 1000 Taler Besoldung genießen. Zu den meisten Stellen, mit denen 20, 30, 50, 100 Taler oder 2000, 3000, 4000, 5000 Taler verbunden sind, könnte man nach einem halbjährigen Unterricht jeden Gassenjungen tüchtig machen, und sollte der Versuch nicht gelingen, so suche man die Schuld nicht im Mangel an Kenntnissen, sondern in der Ungeschicklichkeit, diesen Mangel mit dem gehörigen Gesicht zu verbergen. Es tun mir viele Sachen weh, die andern nur leid tun. Wenn die Erinnerung an die Jugend nicht wäre, so würde man das Alter nicht verspüren, nur, dass man das nicht mehr zu tun vermag, was man ehemals vermochte, macht die Krankheit aus. Denn der Alte ist gewiss ein ebenso vollkommnes Geschöpf in seiner Art als der Jüngling. Mir tut es allemal weh, wenn ein Mann von Talent stirbt, denn die Welt hat dergleichen nötiger als der Himmel. Endlich kam er, genau wie er versprochen hatte, nach einem Viertelstündchen, das aber fast so lang war als anderthalb der gewöhnlichen bürgerlichen Stunden. Wie glücklich würde mancher leben, wenn er sich um anderer Leute Sachen so wenig bekümmerte als um seine eigenen. „Wie geht’s?“, sagte ein Blinder zu einem Lahmen. „Wie Sie sehen“, antwortete der Lahme. Wenn er seinen Verstand gebrauchen sollte, so war es ihm, als wenn jemand, der beständig seine rechte Hand gebraucht hat, etwas mit der linken tun soll. Es ist eine Frage, welches schwerer ist, zu denken oder nicht zu denken. Der Mensch denkt aus Trieb, und wer weiß nicht, wie schwer es ist, einen Trieb zu unterdrücken. Dass der Mensch das edelste Geschöpf sei, lässt sich auch schon daraus abnehmen, dass ihm noch kein anderes Geschöpf widersprochen hat. Wenn ein Buch und ein Kopf zusammenstoßen und es klingt hohl, ist das allemal im Buch? Ein Buch ist ein Spiegel, wenn ein Affe hineinguckt, so kann freilich kein Apostel heraus sehen. Wie werden einmal unsere Namen hinter den Erfindern des Fliegens und dergleichen vergessen werden. Sie schreiben aus Vaterlands-Liebe Zeug, worüber man unser liebes Vaterland auslacht. Die gefährlichsten Unwahrheiten sind Wahrheiten, mäßig entstellt. Vom Wahrsagen lässt sich’s wohl leben in der Welt, aber nicht vom Wahrheitsagen. Leute, die viel auf der Straße lesen, lesen gemeiniglich nicht viel zu Hause. Die Neigung der Menschen, kleine Dinge für wichtig zu halten, hat sehr viel Großes hervorgebracht. Ich fürchte, unsere allzu sorgfältige Erziehung liefert uns Zwergobst. Man spricht viel von Aufklärung und wünscht mehr Licht. Mein Gott, was hilft aber alles Licht, wenn die Leute entweder keine Augen haben oder die, die sie haben, vorsätzlich verschließen. Es ist in vielen Dingen eine schlimme Sache um die Gewohnheit. Sie macht, dass man Unrecht für Recht und Irrtum für Wahrheit hält. Ich glaube, der Mensch ist am Ende ein so freies Wesen, dass ihm das Recht, zu sein, was er glaubt zu sein, nicht streitig gemacht werden kann. Es ist ja nun einmal nicht anders, die meisten Menschen leben mehr nach der Mode als nach der Vernunft. Nichts kann mehr zur Seelenruhe beitragen, als wenn man gar keine Meinung hat. Wer nichts als Chemie versteht, versteht auch die nicht recht. Ich mag immer den Mann lieber, der so schreibt, dass es Mode werden kann, als den, der so schreibt, wie es Mode ist. Die Fliege, die nicht geklappt sein will, setzt sich am sichersten auf die Klappe selbst. Es ist fast unmöglich, die Fackel der Wahrheit durch ein Gedränge zu tragen, ohne jemandem den Bart zu versengen. An nichts muss man mehr zweifeln als an Sätzen, die Mode geworden sind. Ich vergesse das Meiste, was ich gelesen habe; nichtsdestoweniger aber trägt es zur Erhaltung meines Geistes bei. Handzeichnungen von Lichtenberg: Der Göttinger Professor Samuel Christian Hollmann 3 Die Darmstädter Realanstalten 3 Die Darmstädter Realanstalten [ 16 · 17 ] 3 Die Darmstädter Realanstalten Zeittafel 1 von der realschule bis zur lichtenbergschule 2 die direktoren von 1826 bis 2001 3 die schulgebäude 1 1826 1. November: Eröffnung der Darmstädter Realschule, die in Personalunion mit einer technischen Schule im Weylandschen Haus (Pädagogstraße 1) untergebracht war. 1863 1. Dezember: Durch Großherzogliche Verordnung wird die Realschule von der höheren Gewerbeschule getrennt Dr. Edmund Jakob Küpp Dr. Julius Friedrich Karl Dilthey 2 1826 – 1832 1832 – 1834 Pfarrer Gottlieb Leonhard Erdmann 1834 – 1846 1846 – 1862 Dr. Theodor Schacht 1862 – 1864 1873 Umbenennung der Anstalt in „Realschule und höhere Gewerbeschule“. Gliederung der Realschule in eine Realschule I. Ordnung (mit Latein) und eine Realschule II. Ordnung (ohne Latein). Dr. Friedrich Schalter 1864 – 1867 Balthasar Harres 1867 – 1873 Theodor Hofmann 1897 Die Realschule, seit dem 19. Oktober 1896 im 1844 eingeweihten Gebäude Kapellstraße 5, erhält eine Unterprima. 1874 Aus der im Herbst 1836 eröffneten höheren Gewerbeschule entwickelte sich die Technische Hochschule. 1875 Erste Maturitätsprüfung an der Realschule I. Ordnung. 1879 15. Oktober: Eröffnung der Vorschule für die Realschule l. und II. Ordnung. Die Vorschule, die zunächst vier und dann drei Jahrgangsklassen umfasste, bestand bis zum Jahre 1921 und bereitete auf den Übergang zu den Realanstalten vor. Sie wurde 1921 von der vierjährigen Grundschule an der Volksschule abgelöst. 1884 10. Dezember: Die Realschule I. Ordnung erhält die Bezeichnung „Realgymnasium“, die Realschule II. Ordnung wird fortan „Realschule“ genannt, aber die Personalunion bleibt zunächst bestehen. 1889 1.April:„Realgymnasium“ und „Realschule“ werden zu selbständigen Anstalten umgewandelt. Die Vorschule wird dem „Realgymnasium“ angegliedert. Hermann Lorey Christoph Kühl 1873 – 1880 1880 – 1883 1883 – 1889 Ferdinand Albert 1898 Mit Beginn des Schuljahres 1898/99 wird die Realschule (nunmehr mit Oberprima) zu einer Vollanstalt ausgebaut und bekommt den Namen „Oberrealschule“. Am Ende des Schuljahrs wird die erste Maturitätsprüfung an der „Oberrealschule“ durchgeführt. 1911 18. September: Trennung der „Oberrealschule“ in die zwei Realanstalten „LudwigsOberrealschule“ und „Liebigs-Oberrealschule“. Die „Ludwigs-Oberrealschule“ (LuO) bleibt im Gebäude Kapellstraße 5; sie wurde nach dem Großherzog Ludwig II. (1830-1848) benannt, weil unter diesem Fürsten 1835 die ehemals städtische Anstalt verstaatlicht worden war. Dr. Otto Dersch 1889 – 1898 1898 – 1917 Dr. August Freiherr von Gall (kommissarischer Leiter) 3 1826 Die Realschule wird im Weylandschen Haus (Pädagogstraße 1), einem Teil des „Frankensteiner Hofes“, eröffnet und ist hier bis Ende 1844 untergebracht. 1844 19. Dezember: Das Schulhaus Kapellstraße 5, das von Baurat Balthasar Harres entworfen und von Stadtbaumeister Jordan erbaut wurde, wird eingeweiht. Im westlichen Flügel findet die Realschule bis 1872 eine Heimat, während die Mitte und der östliche Flügel der höheren Gewerbeschule (später Technische Hochschule) vorbehalten bleiben. 1869 Zwei Realschulklassen werden in zwei Räumen des städtischen Bauamtes (des Eichamtes in der Woogsstraße) bis 1871 unterrichtet. 1871 Vier Realschulklassen werden in das Kyritz’sche Haus, das nach dem Stadtprediger Friedrich Christoph Kyritz (1736-1810) benannte und neben dem Haus des Buchhändlers Ludwig Saeng gelegene Gebäude verlegt und bleiben dort vorerst bis 1879. 1872 Da die polytechnische Schule das Gebäude Kapellstraße 5 ganz für sich benötigt, ziehen die Realschulklassen aus dem westlichen Flügel um in das alte Pädagog, das 1831 leer geworden war, als das Gymnasium ins Waisenhaus übersiedelte. 1873 Infolge der Gliederung der Realschule in eine Realschule I. und II. Ordnung wird weiterer Schulraum benötigt. Einige Klassen beziehen die hinter dem chemischen Laboratorium der polytechnischen Schule erbauten Baracken (Nieder-Ramstädter Straße), die später einem Spielplatz der „LuO“ weichen mussten. Auch im Hufnagelschen Haus (Ecke Karl- und NiederRamstädter Straße) sind Realschulklassen zeitweise untergebracht. 1876 Die Raumnot zwingt die Realschule dazu, auch Schulräume im „Pfarrhaus“ (Kapellstraße 2) zu benutzen. Das „Pfarrhaus“ musste 1905 dem Neubau für Naturwissenschaften des Realgymnasiums weichen. In den Jahren von 1876 bis 1879 musste die Realschule I. und II. Ordnung in fünf räumlich getrennten Gebäuden unterrichten (Kyritz’sches Haus, Pädagog, Pfarrhaus, Baracken und Hufnagelsches Haus). 1879 5. April: Das neue Schulgebäude Kirchstraße 22, später die Heimat des Realgymnasiums, wird eingeweiht und dient auch der Realschule II. Ordnung (ab 1884 Realschule) als Schulgebäude. [ 18 · 19 ] 1889 Die Trennung des „Realgymnasiums“ von der „Realschule“ hat zur Folge, dass das „Realgymnasium“ mit Vorschule im Schulneubau bleibt, während die „Realschule“ bis zum Jahre 1896 in den alten Räumen des „Pädagogs“ und des „Kyritz’schen Hauses“, das 1907 abgerissen wurde, unterrichten musste. 1896 19. Oktober: Umzug der „Realschule“ in das 1872 von ihr verlassene Schulgebäude Kapellstraße 5, das bis zu seiner Zerstörung in der Nacht vom 11. zum 12. September 1944 der „Realschule“, ab 1898 der „Oberrealschule“, ab 1911 der „Ludwigs-Oberrealschule“ und ab 1937 der „Ludwigs-Schule, Oberschule für Jungen“ als Heimat diente. 1926 6. November; Hundertjahrfeier der Darmstädter Realanstalten (Realgymnasium, Ludwigs- und LiebigsOberrealschule) im Großen Haus des Hessischen Landestheaters. Dr. August Sturmfels 1917 – 1924 Dr. Heinrich Pitz 1924 – 1928 3 Die Darmstädter Realanstalten 1944 In der Nacht vom 11. zum 12. September wird das LuO-Gebäude Kapellstraße 5 bei einem englischen Fliegerangriff durch Bomben und Flammen total zerstört. 1 1945 25. März: Die Stadt Darmstadt wird durch amerikanische Truppen besetzt. 15. Oktober: Die Höheren Schulen in Darmstadt werden wieder eröffnet, nachdem am 13. Oktober die amerikanische Militärregierung die Genehmigung erteilt hatte. Die „LuO“ heißt nunmehr „Ludwigs-Realgymnasium“. 1937 Zu Beginn des Schuljahrs 1937/38 wird die „Ludwigs-Oberrealschule“ in „Ludwigs-Schule, Oberschule für Jungen“ umgewandelt. Dr. Otto Maser 1) 2 1928 – 1933 1933 – 1945 Dr. Johann Baptist Kämmerer 1956 1. Juni: Die Schule erhält den Namen „Lichtenbergschule-Gymnasium für Jungen“. Aus dem ehemaligen Realgymnasium wird die „Georg-Büchner-Schule“ (GBS). Aus der ehemaligen Liebigs-Oberrealschule wird die „Justus-Liebig-Schule“ (LIO). 1965 Mit Beginn des Schuljahrs 1965/66 werden Koedukationsklassen an der Lichtenbergschule eingerichtet; der Name der Schule heißt nunmehr „Lichtenbergschule-Gymnasium“. 1966 6. Juni: Die Lichtenbergschule bezieht ihr neues Schulgebäude Ludwigshöhstraße 105. Heinz Lauterbach Werner Finkenwirth 1945 – 1949 1949 – 1955 Dr. Johann Baptist Kämmerer 1955 – 1970 1970 – 1974 Dr. Karl Wiegand Hans Werner Schneider 1974 – 1975 Karl von der Au (kommissarisch) 3 1944 Ab Ostern werden die unteren Klassen der „LuO“ im Schichtwechsel mit der „Bürgerschule Groß-Bieberau“ in GroßBieberau unterrichtet. In der Nacht vom 11. zum 12. September wird das Schulgebäude Kapellstraße 5 durch Bombenangriff total zerstört. 1945 Nach der Wiedereröffnung der Höheren Schulen in Darmstadt am 15. Oktober ist das „Ludwigs-Realgymnasium“ zu Gast im Gebäude des LiebigsRealgymnasiums (Lagerhausstraße 3), das im Jahre 1911 als letztes Schulgebäude der Darmstädter Realanstalten eingeweiht worden war. 1) Dr. Otto Maser (1939 als ReserveOffizier zur Marine beurlaubt; 1939 zunächst Heinrich Röder und dann bis 1945 Dr. Kreickemeier kommissarischer Leiter, von 1944 bis 1945 Dr. Scheuring mit der Leitung der nach Groß-Bieberau evakuierten Klassen beauftragt) 1953 11. April: Das „Ludwigs-Realgymnasium“ zieht in das Gebäude Hochstraße 44 um und ist nunmehr zu Gast bei der Viktoriaschule. 1966 18. März: Das „Ludwigs-Realgymnasium“ siedelt in den Neubau des „Ludwig-Georgs-Gymnasiums“ (NiederRamstädter Straße 2) um, der zum Teil auf dem Gelände der früheren „LuO“Schulanlage (Kapellstraße 5) errichtet wurde. Das „Ludwigs-Realgymnasium“ (ab 1. Juni 1956: Lichtenbergschule) unterrichtet bis zum 27. Mai 1966 im Schichtwechsel mit dem LGG. 1967 Juni: Die „Lichtenbergschule“ bezieht ihren Neubau Ludwigshöhstraße 105, der Schichtunterricht (seit 1945) ist endlich beendet. Das Studienseminar II zur Ausbildung von Studienreferendaren wird im Hause untergebracht. 1970 Aufstellung von zwei Pavillons mit 8 Klassensälen. Erhöhung der Schülerzahl von 1965/66 bis 1970/71 von 598 auf 1.368. Wilhelm Poth (kommissarisch) 1974 Erweiterungsbau bezogen: 21 Klassensäle, Lernküche, Raum für textiles Werken, zweites Sprachlabor, Medienraum, kombinierter Musik- und Kunstsaal sowie Bibliothek mit Lesesaal. 1975 – 1989 1989 – 1998 Wilfried Schupp Günter Schäfer (kommissarisch) 1998 – 2000 ab 2000 Peter Herrmann [ 20 · 21 ] 4 Wie die LuO zu ihrem Namen kam 4 Wie die LuO zu ihrem Namen kam Lichtenbergschule Darmstadt [ 22 · 23 ] 4 Wie die LuO zu ihrem Namen kam [ 24 · 25 ] ein kapitel darmstädter schulgeschichte Im Jahre 1824 schlug die „Geheime Kommission für die Realschule zu Darmstadt“ in Fühlungnahme mit dem Gemeinderat die Errichtung einer allgemeinbildenden „Real- oder Höheren Bürgerschule“ vor, worin Kinder und Jünglinge, die sich dem Gelehrtenstande nicht widmen wollen, sondern als Kaufleute, Künstler, Oekonomen und tüchtige Handwerker künftig dem Staat nützlich zu werden gedenken, vollkommen vorbereitet, unterrichtet und ausgebildet werden.“ 1) Als „Real- und technische Schule“ wurde sie 1826 errichtet. Verfolgen wir den Werdegang jener Real- und technischen Schule, der als Domizil das alte Weylandsche Haus – an der Südostecke von Pädagog- und Kirchstraße – zugewiesen worden war. Sie war eingerichtet worden, weil im bisherigen Schulsystem keine „Zwischenschule“ existiert hatte. Die Darmstädter Eltern hatten ihre Kinder entweder auf das Pädagogium (heute LGG) oder in die Stadtschulen schicken müssen. „In letzteren war an eine eigentliche Bildung nicht zu denken“, schrieb Gottlieb Leonhard Erdmann, der erste Rektor der neuen Real- und technischen Schule. Die Gymnasien aber vermittelten Dinge,„die für ihren künftigen Beruf durchaus zweckwidrig waren.“ Was sollten die Bürgersöhne, die das Geschäft des Vaters übernehmen sollten, mit Theologie und Latein anfangen? allen den Aemtern, Geschäften „Der von dem Großh. Kirchen- und Einheit bildete, ein gemeinsames Lehrerkollegium und einen gemeinsamen Direktor (Dr. Schacht) hatte. Inzwischen hatte ein so starker Zustrom von Schülern eingesetzt, dass die Räume im Weylandschen Haus nicht mehr ausreichten und ein neues Schulrathe dahier, der zunächst vorgesetzten Behörde, ausgesprochene und von der Staatsregierung genehmigte Zweck dieser 1) Theodor Ritsert, Hundert Jahre Darmstädter Schulgeschichte Realschule, Realschule I. Ordnung, Realgymnasium 1826 bis 1926, Darmstadt 1926, S. 9 Anstalt ist erstlich der allgemeine aller Schulanstalten: Erziehung und Bildung der Jugend zu denkenden, verständigen, sittlich-religiösen Menschen; zweitens der besondere: Vorbereitung der Söhne des gebildeten Mittelstandes zu und Gewerben, wozu keine academischen Studien nöthig sind, als: künftige Kaufleute, Manufacturisten, Fabricanten, Oeconomen, Künstler, Militäre, Apotheker, Rechnungsbeamten, Kanzelisten usw.“ 2) Die technische Schule stellte ihre Tätigkeit im Jahre 1836 ein; dafür wurde die höhere Gewerbeschule geschaffen, die mit der Realschule eine 2) Gottlieb Leonhard Erdmann, Kurze Darstellung des bisherigen Ganges hiesiger Realschule seit ihrem Eröffnungstage. Darmstadt 1827, S. 3 Schulgebäude in der Kapellstraße 5, südlich der Stadtkapelle, (heute Ehrenmal), gebaut werden musste, das 1844 von beiden Schulzweigen bezogen wurde. Eine Trennung der beiden Zweige erfolgte durch Großherzogliche Verordnung vom Dezember 1863. Die höhere Gewerbeschule (Polytechnikum) blieb im neuen Gebäude, die Realschule wurde im Kyritz’schen Haus (gegenüber der Einmündung der Schulstraße in die Kirchstraße), im Pädagog (das durch den Umzug des Gymnasiums ins Waisenhaus 1831 freigeworden war) und an weiteren Stellen in der Stadt untergebracht. Das Problem Raumnot an Schulen gab es nicht erst in unserem Jahrhundert. Da auch in der Realschule inzwischen Latein gelehrt wurde, um hier die Maturitätsprüfung ablegen zu können, gliederte man sie in eine Realschule I. Ord- nung (mit Latein als obligatorischer Fremdsprache) und II. Ordnung (ohne Latein), die aber verwaltungsmäßig zusammenblieben. Die Realschule I. Ordnung erhält 1884 die Bezeichnung Realgymnasium, wird 1889 eine selbstständige Anstalt und wird endgültig in dem neu errichteten Schulgebäude westlich des Kapellplatzes (Kirchstr. 22) untergebracht, wo die Schüler bis zum September 1944 (Brandnacht) unterrichtet werden. 1896 kann die Realschule in das 1844 schon einmal bezogene Gebäude (das Haus mit der großen Treppe südlich des Kapellplatzes) zurückkehren, da das Polytechnikum als Technische Hochschule (Gründungsjahr 1877) in die Neubauten am Herrngarten umgezogen war. Durch Erweiterung der Schuljahrgänge auf die beiden Primen war es möglich, auch hier die Reifeprüfung für bestimmte Studienfächer abzulegen. Seit dem Schuljahr 1898/99 hieß die Schule dann offiziell Oberrealschule und war die erste dieser Schulform in Hessen. Wieder stiegen die Schülerzahlen an; so wurde die Errichtung einer zweiten Oberrealschule vorbereitet. In der Nähe der Johanneskirche, in der Landwehrstraße, wurde das neue Schulhaus gebaut. Es war für die Schüler bestimmt, die nördlich der Trennungslinie Dieburger-, Alexander-, Rheinstraße wohnten. „Herbst 1911 fand die Teilung unserer Anstalt in zwei Oberrealschulen statt. Der alten Oberrealschule wurde der Name Ludwigs-Oberrealschule (sie wurde als Realschule unter der Regierung Ludwigs II. 1835 verstaatlicht), der neuen Oberrealschule die Benennung Liebigs-Oberrealschule mit allerhöchster Genehmigung des Großherzogs verliehen“, schreibt der damalige Direktor Dr. Dersch in seinem Jahresbericht über das Schuljahr 1911/12. Namenspatron war also Großherzog Ludwig II., der von 1830 – 1848 im Hessenland regierte. In den Jahren vor dem 1. Weltkrieg bürgern sich die Abkürzungen LuO und LIO ein und verwundern die Darmstädter Mitbürger, die wenig von der Schulgeschichte ihrer Vaterstadt wissen, dass mit LuO die Lichtenbergschule gemeint ist. 4 Wie die LuO zu ihrem Namen kam [ 26 · 27 ] Aus dem Namen Ludwigs-Oberrealschule wird in NS-Zeiten (Schuljahr 1937/38) die Ludwigs-Schule, Oberschule für Jungen. Und als nach dem 2. Weltkrieg die Darmstädter Schulen am 15. Oktober 1945 wieder mit ihrem Unterricht beginnen, trägt die LUO mit Genehmigung der amerikanischen Militärregierung den Namen LudwigsRealgymnasium. In der Brandnacht vom 11. September 1944 war das Schulgebäude am Kapellplatz zerstört worden, ein neues gibt es noch nicht; im Schichtunterricht ist die Schule zu Gast bei der LIO (1945 – 1953), der Viktoriaschule (1953 – 1955), beim LGG Das „Abkommen zwischen den Ländern der Bundesrepublik zur Vereinheitlichung auf dem Gebiete des Schulwesens“ vom 17. Februar 1955 verlangt, dass Schulen, die zur allgemeinen Hochschulreife führen, die Bezeichnung „Gymnasium“ tragen. Aufgrund dieser Bestimmung kam am 2. Nov. 1955 ein Erlass des Hessischen Kultusministers heraus, der sich mit der Namengebung der Schulen be- dass es sich dabei um Männer oder Frauen handelt, die für das Geistes- und Kulturleben bedeutsam sind und als menschliche Vorbilder gelten können.“ In den Lehrerkonferenzen und in einem besonders gebildeten Ausschuss der Schule hatte man sich beraten. Neben „Lichtenberg-Gymnasium“ stand auch der Name „Max-Planck-Gymnasium“ zur Debatte, der von dem damaligen Schulleiter bevorzugt wurde, weil Georg Christoph Lichtenberg, obwohl als „lokalgeschichtlich bedeutende Gestalt“ zu begrüßen, wegen seiner nicht überragenden Bedeutung als Physiker und wegen seiner kritisch- Da auch der Schulträger zu hören war, wurde beim Hauptamt der Stadt Darmstadt über Unterlagen zu diesem Thema angefragt. Diese Anfrage ergab, dass in den Magistratsprotokollen der Jahre 1955 und 1956 kein Beschluss über die Namensgebung der Lichtenbergschule zu finden sei. Lediglich der Zeitraum der Namensgebung könne eingegrenzt werden, da in den Protokollen bis zum 1. März 1956 noch vom Ludwigs-Realgymnasium die Rede sei, am 21. Juni 1956 der Name „Lichtenbergschule“ auftauche. „Innerhalb dieses Zeitraumes muss wohl die Namensgebung erfolgt sein“, heißt es mündliche Vereinbarungen getroffen hat – und sich auch darüber einig gewesen ist? In einem Erlass des Hessischen Kultusministers vom 15. Mai 1956 werden die neuen Namen der öffentlichen Gymnasien im Lande Hessen aufgeführt. Die bisherige Bezeichnung „LudwigsRealgymnasium“ wird darin geändert in „Lichtenbergschule – Gymnasium für Jungen.“ Mit der Einführung der Koedukation im Schuljahr 1965/66 entfällt die Typenbezeichnung „für Jungen“. Der Jahresbericht der Schule für das Schuljahr nasium) lädt Eltern und Schüler zu einem Konzert ein ...“ Noch einige Zeit liest man hinter dem neuen Schulnamen in Klammern: „früher LuO“ bis sich „Lichtenbergschule“ durchgesetzt hat. Nach der Umbenennung dauert es noch zehn Jahre – nicht ohne Auseinandersetzungen mit der Stadt Darmstadt – bis am 6. Juni 1966 die Lichtenbergschule in ihr neues Schulgebäude in der Ludwigshöhstraße einziehen kann. Hans Werner Schneider Lichtenbergschule Darmstadt (1955 – 1966). Erst im Juni 1966 kann die Lichtenbergschule ihren Neubau in der Ludwigshöhstraße beziehen. Wie war es zu diesem Namenswechsel gekommen? fasst. Darin heißt es u.a.:„Bei der Auswahl der Namen ist auf eine sinnvolle Beziehung zwischen Schule und Namensträger zu achten. Gleiche oder ähnliche Namen sind – auch wenn es sich um Schulen verschiedener Arten handelt – auf engem Raume zu vermeiden. Es ist zu begrüßen, wenn neben Persönlichkeiten, die für die deutsche Geschichte oder für die Menschheitsgeschichte von Bedeutung sind, auch lokalgeschichtlich bedeutende Gestalten durch eine solche Namengebung geehrt werden und die Schule in ihrer Heimat verankern helfen. Es sollte jedoch darauf geachtet werden, satirischen Äußerungen, d.h. seiner bösen Zunge und seines nicht ganz integeren Lebenswandels nicht „als menschliches Vorbild gelten könne.“ Die Bedenken scheinen aber ausgeräumt worden zu sein, denn im Protokoll der Pädagogischen Konferenz vom 12. Mai 1956 lesen wir unter Punkt 5: Verschiedenes, Ziffer b:„Das Kollegium ist der Auffassung, dass bei einer evtl. Namensänderung der Name der Schule lauten soll entweder LichtenbergGymnasium oder Ludwigs-Schule.“ in dem Schreiben des Hauptamtes. Auch das Schulamt der Stadt Darmstadt hat keine Akten über die Namensgebung. Ob man damals viel mehr 1956/57 vermeldet auf Seite 2 unter Angabe des oben zitierten Erlasses die bloße Tatsache der Umbenennung. Die beiden Darmstädter Zeitungen (Echo und Tagblatt) verwenden bis ca. Mai 1956 die alten Namen, am 15. Juni 1956 wird im Darmstädter Echo folgender Hinweis veröffentlicht:„Schüler konzertieren im Ludwigs-Realgymnasium. Die Lichtenbergschule, Gymnasium für Jungen (seither Ludwigs-Realgym- 5 Der Blick zurück [ 28 · 29 ] 1966 5 Der Blick zurück 2000 5 Der Blick zurück [ 30 · 31 ] 5.1 im 1966 Richtfest 1966 neuen haus (1966 – 1975) Das Jahr 1966 war nicht nur der Beginn eines neuen Schulabschnittes für die Lichtenbergschule, es bedeutete für alle Schulen Hessens eine Umstellung. Die Kultusministerkonferenz hatte beschlossen, den Schuljahresbeginn von Ostern auf den Herbst zu verlegen, um eine bundeseinheitliche Regelung zu bekommen und eine Angleichung an den europäischen Rhythmus zu erzielen. Die Umstellung sollte bis Herbst 1967 beendet sein. Während in Norddeutschland ein Langschuljahr (1 1/2 Jahre) eingeführt wurde, das als zwei Schuljahre angerechnet wurde, wurden in Hessen im Rahmen der süddeutschen Lösung zwei Kurzschuljahre angesetzt. Das erste begann wie seither am 1. April und endete am 30. November 1966; das zweite schloss sich an und dauerte bis zum 31. Juli 1967. Nach dem Sommerferientermin 1967 begann das neue Schuljahr überall im Herbst. Pädagogische Argumente für Osterbzw. Herbsttermin waren intensiv diskutiert worden, die Ferienordnung für alle Bundesländer musste abgestimmt und mit den Erfordernissen der Wirtschaft in Einklang gebracht werden. Wichtiger aber war, wie durch sinnvolle Kürzungen des Unterrichtsstoffes und durch exemplarisches Lernen die Schüler einen Wissensstand erreichen konn- ten, der ihre schulische Bildung nicht minderte. Das galt vor allen Dingen für die zum Ende der Kurzschuljahre abgehenden Schüler, während für alle anderen Jahrgänge die entstandenen Wissenslücken in den folgenden Schuljahren ausgefüllt werden konnten. Die neue Lichtenbergschule – ein Gemeinschaftswerk Die festlichen Tage zur Einweihung unseres Neubaus Die erste Gesamtkonferenz der Lichtenbergschule im neuen Haus in der Ludwigshöhstraße fand am 24. Mai 1966 unter dem Vorsitz von Herrn Oberstudiendirektor Dr. Karl Wiegand statt. In seinen Begrüßungsworten „bringt er seinen Dank an Gott für das Zustandekommen des Schulneubaus zum Ausdruck.“ Viele organisatorische Dinge sind zu besprechen und zu regeln: Unterrichtszeiten, Fachsaalbelegung, Pausenordnung, Information der Schüler über verkehrsgerechtes Verhalten auf dem Schulweg, allgemeines Verhalten im neuen Schulgebäude und auf den Pausenhöfen, da die Bauarbeiten noch nicht vollständig abgeschlossen sind. anlage der Lichtenbergschule eingeweiht „Das Podium“, die von Helmut Eitel herausgegebene und von Schülern mitgestaltete Schulzeitung der Lichtenbergschule Darmstadt, berichtet in Nr. 27 Jahrgang 6, vom November 1966: 15. September 1966. Dieses Datum leitet in unserer Schulchronik eine neue Ära ein, denn an diesem Tage wurde die neue Schulund unserem Gymnasium offiziell übergeben. In der großen Aula ist um 10.30 Uhr eine zahlreiche Festgemeinde versammelt, die geräumige Bühne, blumengeschmückt, strahlt im Licht vieler Scheinwerfer. Oberbürgermeister Dr. Ludwig Engel begrüßt „im Namen des Schulverbundes für die Lichtenbergschule und damit zugleich im Namen des Landkreises und der Stadt Darmstadt“ als Ehrengäste namentlich: Den Einweihung am 18.9.1966 Hessischen Kultusminister Prof. Dr. E. Schütte, den Regierungspräsidenten Dr. Günter Wetzel, den Landrat Gustav Krämer, den kommunalen Körperschaften. Es würde zu Heimat, ein Aufklärer von damals. Wenn Rektor der Technischen Hochschule, Magni- weit führen, sie alle aufzuzählen. Nicht un- man in den Werken Lichtenbergs blättert fizenz Prof. Dr. Marquerre, die Landtags- erwähnt soll bleiben, dass auch die Schüler- mit der Absicht, etwas für die heutige Stun- abgeordneten Frau Ruth Horn, Georg Schä- schaft durch die Klassen der Mittel- und de und den heutigen Tag zu finden, dann fer und Hans Karl, Prof. Dr. Ludwig Schmitt Oberstufe und die Sprecher der übrigen Klas- findet man auch etwas. Es gelang mir ges- vom „Verein der Ehemaligen und Freunde sen zahlreich anwesend war. tern Abend, ein Wort zu finden, das er den der Lichtenbergschule“, den Schulelternbeirats-Vorsitzenden Theo Bauer und die Vertreter der Kirchen. In seiner Begrüßungsansprache bezeichnet Oberbürgermeister Dr. Engel den Schulneubau als ein Gemeinschaftswerk des Land- Gelehrten gewidmet hat, das m. E. aber ebenso gelten sollte für Lehrer und Schüler und uns alle: »Diejenigen unter den Gelehrten, denen es am Menschenverstand fehlt, In der Festversammlung sah man viele kreises und der Stadt Darmstadt. „Der be- bekannte Personen, u. a. unseren früheren sondere Charakter des Gemeinschaftswerks Oberstudiendirektor Werner Finkenwirth, wird übrigens unterstrichen durch den Na- Rechtsanwalt und Notar Wilhelm Klein als menspatron dieser Schule, Georg-Christoph Vorsitzender des „Vereins der ehemaligen Lichtenberg, der in Ober-Ramstadt im Land- Ich glaube, wir können zu allen Zeiten nie Schüler und Freunde der Lichtenbergschule“, kreis geboren ist und in Darmstadt aufwuchs.“ genug lernen, und dass dies auch in dieser den Senatspräsidenten Otto Sauer, der sich als Vorsitzender des „Aktionsausschusses“ große Verdienste erworben hat, ehemalige Elternbeiräte und Lehrer unseres Gymnasiums und Vertreter der Schulbehörde und Der Oberbürgermeister fährt dann fort: „Nun, meine Damen und Herren, diese Schule trägt den anspruchsvollen Namen Lichtenbergs und sie hat damit eine besondere Verpflichtung übernommen. Lichtenberg, ein kritischer und reicher Geist unserer engeren lernen meistens mehr als sie brauchen, und die Vernünftigen unter ihnen können nie genug lernen.« Schule so bleibe, ist mein Wunsch, dem ich alle guten Wünsche des Schulverbandes, des Landkreises und der Stadt Darmstadt anfüge für die Schule, ihre Lehrer und Schüler.“ (aus: Podium Nr. 27, Jahrgang 6, November 1966, S.4 ff) 5 Der Blick zurück [ 32 · 33 ] Winkel. Es lebt und wirkt aber nur, wenn es als Organ der Bildung teilnimmt an den Fragen der Zeit und »ja« sagt zu den stets neuen Aufgaben. Nur erstarrte Institutionen haben keine Fragen mehr an das Leben zu stellen. Unsere Gymnasien stellen Fragen, und dafür sei ihnen gedankt. Das ist gut so, wobei man sich daran erinnern mag, dass es gewiss das hohe pädagogische Ziel gerade der Gymnasien ist, die Schüler in die Fragestellung zu versetzen.“ (a.a.O.,S.6) Die Festrede hielt Prof. Dr. Eugen Kogon (TH Darmstadt) über das Thema „Aufklärung heute“. Eine Ausstellung „Von der Realschule zur Lichtenbergschule“, zusammengestellt durch die Arbeitsgemeinschaft Presse-Film mit Unterstützung durch das Stadtarchiv, das Landesmuseum u.a., zeigte Exponate aus der Schulgeschichte und aus der Biographie des Namenspatrons Georg Christoph Lichtenberg. Oberstufentanzfest im Atrium Kultusminister Prof. Dr. Schütte geht in seiner Rede auf die wichtigsten Phasen der Schulgeschichte und die tiefgreifenden Reformen ein, die sie zu dem machte, was sie ist. Gewissermaßen als Zusamenfassung seiner Darlegungen zu aktuellen Problemen des Gymnasiums sagt dann Prof. Dr. Schütte: ,,Das Gymnasium, das lebendige Gymnasium steht heute im Bezugsfeld dieser und noch ganz anderer Probleme – nicht im Was wären Festtage ohne kulturelle Veranstaltungen? Die Arbeitsgemeinschaft Laienspiel unter der bewährten Leitung von Herrn Oberstudienrat Helmut Ruder führte Christopher Marlowes „Tragische Historie von Doktor Faustus“ in der deutschen Fassung von Adolf Seebass auf und erntete gute Kritiken in der Presse. Zum Abschluss der Festtage wurde ein Schulball veranstaltet, zu dem „der größte Teil des Kollegiums, viele ehemalige und derzeitige Lichtenbergschüler“ gekommen waren, um sich in Walzer- und Beatrhythmen zu vergnügen. Im Jahresbericht der Schule für die beiden Kurzschuljahre ist zu lesen, dass für die einzelnen Fachschaften Erstausstattungen zur Verfügung gestellt wurden, die die wenigen vorhandenen Lehrmittel wesentlich ergänzten und erweiterten, was vor allen Dingen den Schülerübungen in den Naturwissenschaften, dem Werk- und Kunstunterricht, sowie den musikalischen Aktivitäten und dem Sportunterricht zugute kam. Auch die Schülerbücherei konnte im Hinblick auf steigende Schülerzahlen aufgestockt werden. Natürlich dauerte es einige Zeit, bis sich Schüler und Lehrer in der neuen Umgebung wohlfühlen konnten, und es bedurfte einiger Regelungen durch Konferenzbeschlüsse: so die Nutzung der neuen Fahrradkeller und die Aufsichtsführung dort (auch durch Schüler) oder die Einteilung des Pausenhofs und des Atriums durch die diversen Jahrgangsstufen. Das neue Sprachlabor wurde von einer Reihe von Kollegen eifrig und mit Erfolg genutzt. Da von den Schulbuchverlagen nur wenige und dazu recht teure Programme angeboten wurden, ergab sich die Notwendigkeit, eigene Programme zu erstellen, was zeitraubende Arbeit erforderte. Erhebliche Schwierigkeiten bereitete die Zuständigkeitsfrage (die Stadt als Schulträger oder das Land Hessen) bzgl. der Kosten für die Tonbänder und deren Unterhaltung. Neben dem planmäßigen Unter- Im Sprachlabor richt wurden „Labornachmittage“ mit z.T. schülereigenen Programmbändern eingerichtet, die gerne genutzt wurden. Die Betreuung des Sprachlabors lag in den Händen von Herrn Studienrat Rudolf Müller. Gegen Ende des zweiten Kurzschuljahres erschien ein Erlass des Kultusministers, der unter bestimmten Bedingungen bei Nichtversetzungen von Schülern der Klassen 7 bis 10 eine Nachprüfung in den ersten Tagen des neuen Schuljahres und anschließend eine Nachversetzung erlaubte. Die meisten Schüler, die von dieser Möglichkeit Gebrauch machten, wurden nachträglich versetzt und mussten keine „Ehrenrunde“ drehen. Um schwächeren Schülern von vornherein die Nachversetzung zu ersparen, wurden in Verbindung mit dem Vertrauenslehrer durch die Schülermitverwaltung „SHS-Kurse“ (Schüler helfen Schülern) eingerichtet, in denen Oberstufenschüler ihre jüngeren Mitschüler z.B. bei der Abfassung ihrer Hausaufgaben betreuten. Dass sich die gesamte Schulgemeinde um ein harmonisches Zusammenleben bemühte, zeigt die Tatsache, dass im Rahmen der allgemeinen hessischen Schulordnung eine neue für die Lichtenbergschule geschaffen wurde, die von allen beteiligten Gremien (Gesamtkonferenz, Elternbeirat und Schülervertretung) gebilligt wurde. Sie trat am 6. November 1967 in Kraft. 5 Der Blick zurück [ 34 · 35 ] Im Schuljahr 1967/68 begann es in Studentenkreisen zu gären. Das wirkte sich auch auf die Schülerschaft aus. Auffallend groß ist die Zahl von Klassenkonferenzen wegen Disziplinarfällen; selbst die Gesamtkonferenz musste sich mit einigen befassen. Ende Mai 1968 sollten vom Deutschen Bundestag die Notstandsgesetze verabschiedet werden. Der Sozialistische Deutsche Studentenbund (SDS) und das Aktionszentrum unabhängiger und sozialistischer Schüler (AUSS) hatten für den Tag der dritten Lesung der Notstandsgesetze (29. Mai 1968) zu einer Demonstration und zu einem Schulstreik aufgerufen. Die SMV hatte in Absprache mit der Schulleitung und Herrn Studienrat Penninger aber in der Kleinen Aula ein „Teach-in“ zu diesem Thema präsentiert, das von den Schülern der Klassen Obertertia bis Oberprima besucht wurde. Nur eine kleine Gruppe der studentischen Veranstalter konnte durch die Schulsprecherin Konstanze Holtzmann ihre Aufforderung zum Schulstreik und zur Demonstration vortragen lassen, der etwa 50 Schülerinnen und Schüler folgten. „Dank der größeren Entfernung zur Stadtmitte“, heißt es in der Podium-Nr. 54, wurde das schulische Geschehen nicht durcheinandergebracht wie in den dort gelegenen anderen Gymnasien. Die Teilnahme der Studenten und Schüler an Demos an den folgenden Tagen ließ nach, die Bundesjugendspiele der Lichtenbergschule im Hochschulstadion wurden trotz eines dort zeitweise aufgestellten Riesentransparentes mit einem Aufruf zur Demonstration nach Plan fast rei- bungslos durchgeführt. Eine weitere Großdemonstrationswelle erfasste die Darmstädter Gymnasien, die sich im Februar 1970 gegen den Numerus Clausus an wissenschaftlichen Hochschulen richtete. Für das Schuljahr 1968/69 kündigten sich neue Schulgesetze an (erlassen 30. Mai 1968), die die Einführung der obligatorischen Förderstufe vorsahen und den neuen Typ der Gesamtschule favorisierten. Die Personalversammlung der Lichtenbergschule wie auch der Schulelternbeirat sprachen sich im März mit Entschiedenheit gegen die gesetzliche Verankerung der vorgesehenen Maßnahmen aus, da überzeugende Erfahrungen nicht vorlägen. Eine Reformbedürftigkeit von Schulorganisation, besonders der Oberstufe, wurde bejaht und ein schuleigenes Konzept in Angriff genommen, das im Schuljahr 1971/72 mit Beginn der Jahrgangsstufe 12 eingeführt wurde. In mehreren ganztägigen Klausursitzungen erarbeiteten die Fachschaften eigenständige Modelle für Inhalte und Organisation der künftigen Oberstufe. Studierfähigkeit ist dabei oberstes Ziel. Ein differenziertes Lernangebot sollte mehr dem individuellen Bildungsstreben, den besonderen Lerninteressen und der unterschiedlichen Lernfähigkeit der Schüler entsprechen. Die in den Lehrerkonferenzen gefassten Beschlüsse ordneten sich in die Empfehlungen der Kultusministerkonferenz ein, sodass der Übergang in ein erwartetes verbindliches hessisches Oberstufenmodell gewährleistet war. Danach entfiel die bisherige Gabelung in einen sprachlichen und naturwissenschaftlichen Zweig in der Jahrgangsstufe 11. Deutsch, Mathematik und Englisch waren verbindliche Kernfächer, auch für die Klassen 12 und 13. Als viertes Kernfach standen zur Wahl: zweite Fremdsprache, Physik, Chemie oder Biologie. Formal wurden Klasseneinheiten gemäß der Wahl des vierten Kernfachs gebildet, während der Unterricht in einem nach Fächern differenzierten Kurssystem stattfand, das auch verschiedene Zeitabschnitte (z.B. Trimester) umfassen konnte. Schon 1967 war versucht worden, einen „automatischen Stundenplan“ mit Hilfe des Rechenzentrums herzustellen, was dem Stundenplanteam aber nicht gelang. So musste er wieder per Handarbeit hergestellt werden – und das noch für mehrere Jahre. Zum Ende des Schuljahres 1969/70 wurde der bisherige Leiter der Schule, Herr Dr. Karl Wiegand, mit Erreichen der Altersgrenze in den Ruhestand verabschiedet. Da die Schülerzahl immer mehr angestiegen war und, um den Unterricht überhaupt aufrecht halten zu können, für die Oberprimen wöchentlich ein Studientag eingeplant worden war, wurde bei der Stadt Darmstadt beantragt, zwei Pavillonbauten mit je vier Klassenräumen zu erstellen. Sie konnten im September 1970 bezogen werden. Bei der Einführung von Herrn Oberstudiendirektor Heinz Lauterbach als neuem Leiter der Lichtenbergschule am 6. November 1970 stellte der damalige Schuldezernent Stadtrat Heinz Winfried Sabais Erweiterungsbauten Demonstration auf dem Luisenplatz für naturwissenschaftliche Fachräume in Aussicht. Der „Neubau“ wurde im November 1972 begonnen. Allerdings verzögerte sich die Fertigstellung, sodass im Frühjahr 1974 noch einmal „Schichtunterricht“ für verschiedene Klassen eingeführt werden musste. Vom August 1974 an war der Neubau nutzbar, aber anders, als er konzipiert worden war. Fachräume gab es nur für Musik und Hauswirtschaftlichen Unterricht (Küche, Nähmaschinenraum), ein zweites Sprachlabor, einen großen Raum für die kombinierte Schüler- und Lehrerbibliothek, der auch als Raum für Klassenarbeiten genutzt wurde, die anderen Räume waren Klassen- oder Gruppensäle. In mehreren Jahren klappte die Verbindung zur „Junior Highschool“ in der amerikanischen Lincoln Siedlung sehr gut. Nicht nur Lehrer wurden ausgetauscht, um Unterricht zu erteilen, sondern mehrere Talent-Shows führten deutsche und amerikanische Schüler zu künstlerischen Wettbewerben zu- 5 Der Blick zurück [ 36 · 37 ] sammen. Die gemeinsamen Unterstufenfeste trugen im kleinen Rahmen zur Völkerverständigung bei. An das Schicksal der Trennung Deutschlands erinnern Päckchen-Aktionen zu Weihnachten. Nach einer Sendung „nach Drüben“ erhielt eine Schülerin ein Dankschreiben: „... hier in der Ostzone erhielten wir Euer liebes Weihnachtspäckchen. ... Die Freude war riesengroß. ... Auch das Briefpapier kam wie gerufen. ... Es sind oft Kleinigkeiten, die bei uns nur schwer zu bekommen sind. Für Euch ein Dankeschön. ... Euch allen wünschen wir gute Lernergebnisse ...“ Im Januar 1971 wurde die Einrichtung einer „Kooperationsrunde“ beschlossen, die u.a. wichtige Fragen der Schule beraten, Konferenzen und Reformen vorbereiten und Fachkonferenzen koordinieren sollte. Die Einrichtung dieses Ausschusses war dasErgebnis einer Vereinbarung zwischen dem Personalrat und dem künftigen Schulleiter Heinz Lauterbach. Er wurde viele Jahre vor einer gesetzlichen Regelung durch den Kultusminister ins Leben gerufen und hat sich nicht nur in Zeiten der Vakanz bei Schulleiterwechseln bewährt. Mitglieder dieser „Ko-Runde“, einer erweiterten Schulleitung, waren der Schulleiter und sein Vertreter, die Fachbereichsleiter, der Personalratsvorsitzende, der Leiter des Anstaltsseminars und (nach Einführung dieser Funktion) der Studienleiter. Dieser Ausschuss hat m.E. über Jahre hinweg gute Arbeit geleistet – er besteht auch heute noch. Eine Erlassbereinigung des Hessischen Kultusministers vom Dezember 1970 hatte zur Folge, dass die vorgeschriebenen Jahresberichte der Gymnasien nicht mehr vorgelegt werden mussten. Sie wurden auch nicht mehr erstellt und entfallen als wertvolle Quelle für die Berichterstattung des Chronisten. Auch in der Schulzeitung „Das Podium“ ist die Schulgeschichte zu verfolgen. 1961 war die Arbeitsgemeinschaft „Presse-Film“ unter der Leitung von Studienrat Helmut Eitel gegründet worden, die – von ihrem Leiter beraten – in diesem Jahr die ersten vier Hefte herausgab. Als Anerkennung für „einen hervorragenden Beitrag zur vorurteilsfreien Verständigung zwischen Menschen verschiedener Nationen oder eine beispielhafte Information über Unterschiede und Gemeinsamkeiten im Leben und Denken Jugendlicher verschiedener Völker“ erhielt das Podium das Silberne Band des „Prix Fraternité Mondiale 1966“ (und auch 1968), im Jahr 1967 sogar das Goldene Band. Im Wettbewerb der hessischen Schülerund Schulzeitungen 1969 belegte die Lichtenbergschulzeitung den dritten Platz. 46 Hefte erschienen bis zum Jahr 1972, wo die Zeitung ihr Erscheinen einstellen musste. An den Schulen bestand seit den 50er Jahren „eine innerschulische Einrichtung mit überwiegend pädagogischer Zielsetzung“, die sich SMV – Schülermitverwaltung/Schülermitverantwortung nannte. Durch den Erlass des HKM vom 14.9.1948 waren ihrem Wirken recht enge Grenzen gesetzt. Erst durch die hessischen Bildungspläne vom 20.12.1956 (Amtsblatt 1957, S.,59) wurden die Aufgaben der SMV näher definiert und durch den Gesetzgeber im Schulverwaltungsgesetz vom 28.6.1961 (GVBl. S. 87) anerkannt. In seiner Neufassung vom Mai 1969 werden klare und eindeutige Aussagen über die Stellung der neuen „Schülervertretung“ – SV – gemacht. In der „Verordnung über die SV an öffentlichen Schulen“ vom 3.8.1970 und der dazu gehörigen Wahlordnung sind ihre Befugnisse genau definiert. So positiv die Stärkung der Rechte der Schüler einerseits zu sehen ist, die ihnen Wesen und Spielregeln der Demokratie in ihrem praktischen schulischen Alltag näher bringen sollen, so gefährlich waren andererseits die Versuchungen, sie zu übertreten und sie zu ihren Gunsten auszunutzen. In den folgenden Jahren verhärteten sich die Fronten,„rechtswidrige Tätigkeiten sozialistischer und kommunistischer Schülergruppen, die von außerhalb der Schule gesteuert“ wurden, störten den Schulfrieden. „Alle Versuche von seiten der Schule und der Elternvertretung, mit diesen Schülern zu vernünftigen und sachgemäßen Formen der Zusammenarbeit zu kommen, sind an der destruktiven Haltung dieser Schüler gescheitert,“ schreibt der Direktor der Schule, Heinz Lauterbach, in einem Artikel einer Darmstädter Zeitung vom Februar 1975. Radikale Schüler hatten einmal etwa 100 ihrer Mitschüler aufgehetzt, das Lehrerzimmer zu blockieren, sodass mehrere Unterrichtsstunden einfach ausfallen mussten. In Wandzeitungen wurden Kollegen scharf attackiert. Schwerwiegende Ordnungsmaßnahmen wurden durch die öfters nur zu diesem Zweck einberufenen Gesamtkonferenzen verhängt, Verweisungen von der Schule beschlossen. In ihnen gab es endlose Debatten mit Schülervertretern und den SV-Verbindungslehrern, die die Nerven des Kollegiums arg strapazierten. Von Schulkonzerten oder Theateraufführungen ist in diesen Jahren wenig oder nichts zu lesen. Abiturientenentlassungsfeiern fanden nicht statt. Der Terminplan vermerkt für einen Tag im Juni lakonisch: Ausgabe der Abiturzeugnisse. Klassenweise holten sich die Schüler ihre Dokumente im Sekretariat ab, einige verweigerten sogar den gut gemeinten Händedruck. Der Schulleiter, Heinz Lauterbach, hatte bei den Landtagswahlen 1974 ein Mandat gewonnen und wurde deshalb mit Wirkung vom 15. Nov. 1974 in den Ruhestand versetzt. In der Zeit von 1987– 1989 war er unter Ministerpräsident Wallmann Staatssekretär im Hess. Kultusministerium. Nach seinem Weggang hatte bis zum Schuljahresende Studiendirektor Karl von der Au die Schule kommissarisch geleitet, dann übernahm Studiendirektor Wilhelm Poth diese Aufgabe. In der Schülerschaft hatte es noch keine Beruhigung gegeben. So mancher Artikel in den Tageszeitungen setzte sich mit dem Thema „Schülervertretung“ auseinander: „Denn diese SV-Rechte sind keine absoluten Rechte, sie unterliegen der Aufsicht und Kontrolle der demokratischen Institutionen unseres Staates. Wer wie der Stadtschulsprecher verlangt, dass die Schülerschaft in Fragen des SV-Rechtes selbst souverän entscheidet, was unrecht ist und welche Folgen es haben soll, der stellt die SV außerhalb unserer Rechtsordnung und verlangt für sie eine Immunität, wie sie im Mittelalter für Kirche und Kloster galt. Dies kann ja wohl nicht im Ernst von der Mehrheit unserer Schüler gemeint sein.“ (DE, 24.12.1975) Es war weiß Gott keine leichte Aufgabe, in einer solchen Situation die Leitung der Schule zu übernehmen. Hans Werner Schneider, seit Februar 1975 kommissarischer Leiter der JustusLiebig-Schule in Darmstadt, wurde in sein neues Amt eingeführt. „Der ausgesprochen erfahrene Pädagoge gilt als 'Mann des Ausgleichs', wird jedoch nicht nur seiner hervorragenden Vermittlungskünste wegen in seinem bisherigen Wirkungskreis bei Vorgesetzten, Kollegen, Mitarbeitern, Eltern und Schülern gleichermaßen geschätzt.“ (Darmstädter Tagblatt, 13. 12.1975) Schulpolitische Probleme wurden von dem neuen Schulleiter in seiner Rede nur angerissen, ihm kam es – im Sinne der oben zitierten Charakterisierung – darauf an, der Schulgemeinde seine Prinzipien für den Umgang mit Menschen, gründend auf Achtung und Würde, zu erläutern und um ein faires Miteinander-Arbeiten für die kommende Zeit zu bitten. Die Gesamtkonferenzen der folgenden Monate mussten sich eingehend mit der Einführung des KMK-Modells zur Neugestalteten Oberstufe befassen: Die Jahrgangsstufe 11 hat eine Gelenkfunktion zwischen Sekundarstufe I und den für das Abitur wichtigen Jahrgangsstufen 12 und 13. Da auch Übergänge von anderen Schulformen in die Jahrgangsstufe 11 möglich sind, dient das erste Halbjahr dem Ausgleich (Kompensationsphase), während in der darauf folgenden Orientierungsphase die Vorbereitung auf die spezifischen Anforderungen der Oberstufe, z.B. in Leistungsvorkursen, vorgenommen werden soll. Hier soll auch ein Tutor gewählt werden, der in einem Leistungsfachunterricht die Betreuung des Schülers bis zum Abitur beibehält. Die einzelnen Fächer sind drei Aufgabenfeldern zugeordnet: dem sprachlich-literarischen-künstlerischen, dem gesellschaftswissenschaftlichen und dem mathematischnaturwissenschaftlich-technischen. Das Fach Sport kommt noch dazu. Die Leistungsbewertung wird nach einem 15-Punkte-System vorgenommen. Die Information über die neuen Gegebenheiten lag hauptsächlich in der Verantwortung des Studienleiters, der mit seinen Kollegen u.a. auch praktikable Formblätter entwickeln musste. Hans Werner Schneider 1975 5 Der Blick zurück [ 38 · 39 ] 1976 5.2 konsolidierungsphase (1976 – 1989) Auch für die Sekundarstufe I gab es Neuerungen. Der Hessische Kultusminister Hans Krollmann führte im Mai 1976 eine neue Stundentafel ein. Sie war so gestaltet, dass eine Durchlässigkeit zwischen verschiedenen Schulformen erleichtert wurde. Für die Klassen 5 – 10 ist Pflichtunterricht vorgesehen, der in den Klassen 7 – 10 durch Wahlpflichtunterricht ergänzt wird, der zur Ergänzung oder Verstärkung des Pflichtunterrichts dient. Die Gesamtkonferenz stimmte für die Einführung von zweistündigem Epochalunterricht, um einstündige Fächer zu vermeiden. Zu verschiedenen Terminen wurden die neu erarbeiteten Rahmenrichtlinien für die Sekundarstufe I zur Erprobung freigegeben. Wenngleich es immer noch laufende Schwierigkeiten mit der Schülervertretung gab, die – unterstützt von einer Lehrergewerkschaft – eigene Stärke demonstrieren wollte, indem sie versuch- te, Erlasse nicht zu befolgen und zu umgehen, ist ein Anfang der Normalisierung im Schulbetrieb z.B. darin festzustellen, dass einzelne Abiturklassen es wünschten, im Rahmen einer kleinen Feier ihre Abiturzeugnisse zu erhalten. Die kleine Aula bot den Rahmen, eine Flötengruppe oder der Orff-Instrumentalkreis trugen mit ihrer Musik dazu bei. Der Schulsanitätsdienst wurde in den Pausen regelmäßig und sehr aufmerksam von einer Schülergruppe wahrgenommen. Auch bei Notfällen war auf ihn Verlass. Um die Verbindung zu den Senioren der Schule aufrecht zu erhalten, wurde schon im Februar 1976 ein monatliches Treffen organisiert, das oft mit einem Spaziergang, einer Führung oder einer kleinen kulturellen Veranstaltung begann und in gemütlicher Runde ausklang. Bis heute wird unter Mithilfe der teilnehmenden Kollegen ein Jahresprogramm aufgestellt. In der Zeit vom 21.–25. September 1976 feierten die „Darmstädter Realanstalten“ ihr 150-jähriges Gründungsjubiläum. 1826 war die Realschule gegründet worden; aus dieser gemeinsamen Wurzel entstanden das Realgymnasium (am Kapellplatz), das als GeorgBüchner-Schule in der NiederRamstädter-Straße ein neues Domizil erhielt, die Ludwigs-Oberrealschule (ebenfalls am Kapell- platz), die sich zur Lichtenbergschule entwickelte, und die Liebigs-Oberrealschule – heute Justus-Liebig-Schule – im Johannesviertel. Die Akademische Feier fand im Auditorium maximum der Technischen Hochschule statt, wo Mitglieder der drei Schulorchester gemeinsam musizierten. Bei dem Festball in der Otto-BerndtHalle tanzten Schüler, aktive Lehrer und Ehemalige aller drei Schulen mit großem Vergnügen. Im Schuljahr 1976/77 wurde eine „Ergänzende Schulordnung“ für die Lichtenbergschule erarbeitet. Die seit 1967 gültige musste aufgrund veränderter Bedingungen überarbeitet werden. Obwohl die Schülervertretung den eigentlichen Anstoß gegeben hatte, zog sie sich bald nach dem Beginn der Erörterungen zurück, sodass Lehrer und Eltern allein den Vorschlag erstellten, den Elternbeirat und Gesamtkonferenz diskutierten und abnahmen. Im gleichen Schuljahr wurde eine Partnerschaft mit dem College Jean Rostand in Marquise (Frankreich) beschlossen und der erste Schüleraustausch durchgeführt, der Schüleraustausch mit Troyes wurde in Verbindung mit der Brecht-Schule weitergeführt. „Instrumentalkreis. Schulorchester und Chöre verschiedener Klassen wetteifern miteinander und wollen Sie, liebe Eltern, liebe Kollegen, liebe Freunde und Gäste der Schule – und auch Euch, liebe Schüler, unterhalten und erfreuen. Wir hoffen, dass dieses bunt zusammengestellte Konzert einen neuen Anfang darstellt für eine Folge von Veranstaltungen, wie sie früher an der Lichtenbergschule Tradition waren. Das war ein wenig in Vergessenheit geraten. Musikalisches Tun steht aber in unserem Lehrplan und ist auch weiter gepflegt worden. Unser Abend soll das beweisen und Ihnen einen Einblick in unsere Arbeit geben.“ Dieser Abschnitt aus den Begrüßungsworten des Schulleiters Hans Werner Schneider zeigt, dass das musikalische Tun in den Klassen der Schulgemeinde wieder vorgestellt wurde, und seit diesem Konzert am 15. Juli 1977 gab es viele musikalische Veranstaltungen mit Glanzpunkten – bis zum heutigen Tag. Im Februar 1978 hatte sich die Theater-AG der Schule wieder einmal auf der Bühne gezeigt. Unter der Leitung von Oberstudienrat Fritz Pratz spielten die Akteure Wolfgang Hildesheimers „Eroberung der Prinzessin Turandot“. Für das Schuljahr 1977/78 drängten sich an die 1200 Schüler in die Anfangsklassen der Darmstädter Gymnasien. Wie so oft gab es politische Kontroversen. Doch der Landkreis DarmstadtDieburg fand sich bereit, einen Pavillonbau für eine zusätzliche Sexta er- richten zu lassen, ein unbürokratisches Vorgehen, das von den Eltern sehr gelobt wurde. Nicht alle Abiturienten hatten dem Vorschlag ihrer Jahrgangskameraden zugestimmt, eine Entlassungsfeier des gesamten Jahrgangs zu veranstalten, und so blieben einige wenige dem „großen Ereignis“ vom 30. Juni 1978 fern, mit dem die neue Reihe der akademischen Entlassungsfeiern begann: mit Reden, Grußworten, Überreichen von Buchprämien und Zeugnissen, umrahmt von festlicher Musik des Schulorchesters. Von dem ersten Jahrgang nach dem neuen KMK-Modell hatten im Dezember 1978 zehn Schüler ihre Abschlussprüfung abgelegt, da die Möglichkeit gegeben war, dies schon nach der ersten Hälfte der Jahrgangsstufe 13 zu tun. Acht von ihnen erreichten eine Durchschnittsnote unter 2,0. Der restliche Jahrgang folgte im Juni 1979. Zu der Abschlussfeier wollten nicht nur die in der Oberstufe unterrichtenden Lehrer eingeladen werden. Der Schulentwicklungsplan der Stadt Darmstadt vom Okt. 1979 wurde vom Kollegium und dem Elternbeirat eingehend diskutiert, da darin die Gesamtschule als bildungspolitisches Ziel favorisiert wurde. Die Veränderungen, z.B. die Zusammenfassung von Mittelstufen einzelner Schulformen zu Mittelstufenzentren, die obligatorische Einführung von Förderstufen etc. waren so einschneidend, dass der Bestand des Gymnasiums gefährdet sei, Kollegium und Elternbeirat lehnten den Schulentwicklungsplan ab. Es ist das Verdienst der Elternschaft der Lichtenbergschule, dass in den Adventswochen immer eine vorweihnachtliche Atmosphäre herrschte. In der Eingangshalle hing ein großer, vom Elternbeirat besorgter Adventskranz und grüßte die Eintretenden. In manchen Jahren zog auch der Schulchor in der ersten Montagsstunde der Adventszeit durch das Haus und sang Weihnachtslieder. Ein Weihnachtskonzert fand 1979 zum ersten Mal wieder in der Kleinen Aula statt, zu dem die Kollegen der Fachschaft Kunst mit ihren Schülern eine weihnachtliche Dekoration beisteuerten. Es erwies sich jedoch, dass die Kapazität der Kleinen Aula für eine solche Veranstaltung nicht ausreichte, die Sporthalle (Große Aula) nicht den festlichen Rahmen abgeben konnte, und so finden seit 1981 die Weihnachtskonzerte – und in der Folge auch die großen Schulkonzerte – in der Orangerie statt. In den 80er Jahren waren es oft vier Konzerte, mit denen sich die Schule nach außen hin präsentierte: Weihnachts- und Schuljahresabschlusskonzert unter Beteiligung aller musikalischen Gruppierungen, dazu ein Kammerkonzert mit großartigen Einzelleistungen und ein weiterer Musikabend, der u.a. von den Leistungskursen Musik gestaltet wurde. 5 Der Blick zurück [ 40 · 41 ] In manchen Jahren gab es arge Engpässe in der Lehrerversorgung, die aber durch Eingaben des Schulelternbeirats, durch gemeinsame Vorsprachen von Elternvertretern und Schulleiter bei der Schulabteilung des Regierungspräsidiums oder beim Staatlichen Schulamt Darmstadt, das zum 1. Januar 1980 eingerichtet worden war, in erträglichen Grenzen gehalten werden konnte. In dem Institut für Lehrerbildung in Jugenheim finden Lehrgänge der verschiedensten Art statt, so auch solche über die Aufgaben des Personalrats. Meistens gibt es an den Schulen Auseinandersetzungen zwischen diesem Gremium und der Schulleitung. Doch als Personalrat und Schulleiter der Lichtenbergschule gemeinsam einen solchen Lehrgang besuchten, betrachte- Lehrer und Schüler waren 1980 als Statisten oder in kleinen Rollen engagiert für den Fernsehfilm „Tod eines Schülers“, dessen Drehbuch der Darmstädter Autor Robert Stromberger verfasst hatte. Szenen wurden in Klassenräumen, in der Direktion gedreht, Turnhalle, Eingangsbereich und auch der Alte Darmstädter Friedhof waren Drehorte – für die ganze Schulgemeinde waren es spannende und erlebnisreiche Drehtage, und Günther Strack war ja auch ein ehemaliger Schüler der LuO. ten dies die anderen Teilnehmer als ein besonderes Ereignis – kennzeichnend für das „Betriebsklima“ und den menschlichen Umgang im Kollegium. In mehreren Phasen wurde die flächendeckende Förderstufe auch in Darmstadt eingeführt. Die letzte (4.) im Schuljahr 1982/83 betraf auch die Lichtenbergschule. Sie musste Kollegen an drei Förderstufen abordnen: die Friedrich-Ebert-Schule in der Heimstättensiedlung, die Schwamb- und die Gutenbergschule in Eberstadt. Die Gesamtkonferenz hatte die vielfältigen Probleme, die sich durch den Einsatz an den Förderstufen ergaben, aufgrund eines durch den Personalrat angefertigten Informationsblattes sorgfältig diskutiert, um eine für alle Beteiligten optimale Lösung zu finden. Eine Arbeitsgemeinschaft, die über Jahre hinweg für die Schülerschaft verdienstvoll tätig war, ist der Schülerlotsendienst, dem die Verkehrswacht öfter ihren Dank aussprach. Bei Wettbewerben gewann die Mannschaft Prämien und Auszeichnungen. Die Schach-AG der Schule, die zeitweise von älteren Schülern geleitet wurde, stellte im Schuljahr 1979/80 und 1984 die Hessenmeister der Mittelstufe, im Schuljahr 1982/83 wurde die Oberstufenmannschaft Vizemeister bei den hessischen Schulmeisterschaften. Seit Beginn des 80er Jahrzehnts wurde gegen Ende der Schuljahre eine Projektwoche durchgeführt, teilweise im Klassenverband, aber auch in klassenübergreifenden Gruppen. „Manöverkritik“ wurde in den Konferenzen geübt, und aus den Erfahrungen heraus wurden, um größere Effektivität zu erzielen, Planungsgruppen für intensivere Vorbereitung und Beratung geschaffen. Seit Februar 1982 waren der Lichtenbergschule die Durchführung der Tests für die medizinischen Studiengänge übertragen worden. Oberstufenschüler aus ganz Südhessen nahmen daran teil. Ein Versuch, die Zeugnisse der Klassen 5 per Computer schreiben zu lassen, hat sich wegen der aufwendigen Organisation und der noch unzureichenden technischen Möglichkeiten nicht bewährt. Hier waren die Klassenleiter wieder mit „Handarbeit“ gefragt. Im Schuljahr 1982/83 wurde – zehn Jahre nach Bekanntgabe der KMKVereinbarung über die Neugestaltete Oberstufe – das Gesetz über die Gymnasiale Oberstufe erlassen, dem die entsprechende Verordnung und auch die Verordnung über die Abiturprüfung folgten. Schaut man sich die Mitteilungsbücher für das Kollegium und die Konferenzprotokolle an, fällt einem die Riesenorganisation auf – mit Terminplan, Klausurterminen für alle Fächer und alle drei Jahrgangsstufen etc. –, die in jedem Jahr bewältigt werden muss. Die Fachkonferenz Mathematik stellte im März 1983 den Antrag, Informatik als Schulversuch einzuführen, und hatte dazu einen Curriculumentwurf erarbeitet. Durch die Fachschaft Sport wurde alljährlich im Februar/März eine „Schulschimeisterschaft“ im Schwarzwald durchgeführt, die sich an die Schifreizeiten der Klassen 10 anschloss. Natürlich haben sich die Schüler immer zu Schulproblemen geäußert. So erschienen 1976 mehrere kleine Schülerzeitungen, manchmal auch von Schülern verfasst, die sich im wesentlichen aggressiv gegen Schulleitung und die Lehrerschaft richteten, aber nach zwei oder drei Ausgaben ihr Erscheinen einstellten. Eine Schülerzeitung mit längerer Lebensdauer war das „ATRIUM“, das 1979 zum ersten Mal erschien, anfangs das Sprachrohr der oft gegen die Schule als Institution eingestellten SV war, aber nach drei, vier Jahren einen Stil fand, der einer Schülerzeitung angemessen war. Auch hier wurden Schulprobleme besprochen, doch recht sachlich und vernünftig. Je nach der Arbeitsweise der jeweiligen Redaktion erschienen auch mehrere Hefte in einem Jahrgang, und heute noch darin zu blättern, Berichte aus den Leistungskursen, Episoden von Studienfahrten, Essays oder Gedichte von Schülern zu lesen, ist eine Freude. Die „Klimaverbesserung“ im Verhältnis zur Schülervertretung machte sich u.a. darin bemerkbar, dass in einer „Friedenswoche“ der Schule (17. –22. Okt. 1985) viele Schüler sich aktiv an der Gestaltung beteiligten. Durch den Wegfall der Klassen 5 und 6 (Einführung der Förderstufe) konnte ein Unterrichtsraum auf Antrag der SV in ein Schülercafe umgewandelt werden, da die Schulraumnot nicht mehr ganz so zwingend war. Die Eigeninitiative der Schüler wurde vom Personalrat wie auch den Elternvertretern unterstützt. Eltern steuerten handwerkliche Arbeit bei, Frau Friedrich als Elternbeirätin kümmerte sich um viele Details, die Kollegen der Fachschaft Kunst bemühten sich mit den Schülern um die künstlerische Ausgestaltung. So konnte es im März 1984 eröffnet werden: „Ein Treffpunkt soll es sein zwischen Schülern, aber auch zwischen Schülern 5 Der Blick zurück [ 42 · 43 ] und Lehrern, wo Gespräche zwischen den Generationen, wo der Dialog mit der Jugend auf anderer Ebene geführt werden kann als im Unterricht. Insofern verspreche ich mir – wenn jeder sich an die getroffenen Vereinbarungen hält – einen positiven Einfluss auf das gesamte Schulklima. Alkoholkonsum ist laut Benutzerordnung nicht gestattet, darum ganz im Sinne des alten Kaffeehausslogans »Hoch die Tassen!«“ (Schulleiter Schneider) Aktuelle Probleme beschäftigten die Schulgemeinde in der Mitte der 80er Jahre. Zur Drogenfrage und Suchtprävention fanden verschiedene Veranstaltungen statt. Karlheinz Böhms Aktion „Menschen für Menschen“ ließ eine Schulgruppe entstehen, die ihn durch Sammlungen und andere geeignete Maßnahmen unterstützte. Der Erlös von Flohmärkten kam den SOSKinderdörfern zugute. Den hohen Leistungsstand der LuOAbiturienten belegt die Tatsache, dass aus vielen Jahrgängen besonders Begabte für die „Studienstiftung des deutschen Volkes“ ausgewählt wurden. Ihre Verbundenheit mit ihrer alten Penne haben ehemalige Klassen dadurch zum Ausdruck gebracht, dass sie zu Jubiläen (20-, 25-, 45-, 50-jähriges Abitur) zu ihrer Schule zurückkamen, das neue Gebäude kennenlernen und evtl. ihre alten Lehrer wiedersehen wollten. In einer kleinen Feier im Musiksaal, von Kammermusik umrahmt, wurden sie empfangen, in Ansprachen wurde ver- gangener Zeiten gedacht, aber auch die Gegenwart nicht vergessen. Unterrichtsbesuche und Gesprächsrunden mit Oberstufenschülern ergaben Einblicke in das derzeitige Schulleben. Ein Jahrgang stiftete ein „Erinnerungsbuch“, in dem diese Wiederbegegnungen festgehalten wurden – in Wort und Bild. Das Jahr 1986 bot sich an, des Einzugs in das neue Schulgebäude (Juni 1966) zu gedenken. Mit viel Engagement nahm das Kollegium die Gelegenheit wahr, die Schule in vielen Facetten vorzustellen. In die Festwoche eingeschlossen waren die Entlassungsfeier für die Abiturienten, die Abifête, ein Theaterabend der Laienspielgruppe, das Schuljahresabschlusskonzert, ein bunter Abend mit Sport, Unterhaltung und Tanzvorführungen, ein richtiges Sommerfest – zur Freude aller Beteiligten. Eine Ausstellung von künstlerischen Schülerarbeiten, eine weitere zur Schulgeschichte, ein Tag der Offenen Tür mit experimentellen Demonstrationen, Unterrichtsbesuchen und natürlich ein großes Schulfest rundeten die Woche vor den Sommerferien ab. Eigentlich gehört ein richtiger Abischerz zu den Gepflogenheiten eines jeden Jahrgangs, der die Schule verlässt. Einmal wurde ein Wagen Mist vor der Schule abgeladen. Es war nicht ersichtlich, ob es ein Erzeugnis aus Schülerkreisen war. Jedenfalls war an einem Stock ein Briefumschlag mit einem Geldbetrag befestigt für die Hausmeister, die für die weitere Verwendung zu sorgen hatten. Natürlich musste immer darauf geachtet wer- den, dass sich keine Sachbeschädigungen ereigneten; ein Grenzfall war die Bemalung von Gotthelf Schlotters Pfau mit bunten Farben. Gelungen fand ich das Anfüllen des Lehrerzimmers mit aufgeblasenen Luftballons, die Verkleidung der Ostfassade der Schule mit Goldfolie – in der Nachahmung des Verpackungskünstlers Christo –, das Anfüllen der Sitzmulde im Atrium mit Wasser und Umfunktionieren zum Schwimmbad: Italienischer Badebetrieb am Lichtenberg-Strand. Übrigens: Das erhöhte Wassergeld haben die Abiturienten beglichen. Erfreulich war auch das Wiederaufleben des Abi-Balls im Mai 1987. Die Lehrküche wurde viele Jahre genutzt, um Schülerinnen und Schülern der Mittelstufe das Kochen zu lehren. Unsere Hauswirtschaftslehrerin, Frau Zelenka, brachte ihnen auch das richtige Einkaufen, Servieren und Tischsitten bei, und zum festlichen Abschlussessen (mit mehreren Gängen) wurden immer beliebte Lehrer eingeladen. Nach über 20 Jahren zeigte es sich, dass die Holzrahmen der Fenster zu verrotten begannen. Deshalb wurde im Juli 1988 mit ihrer Erneuerung begonnen. Eine Baumaßnahme im Rahmen der neuen Sicherheitsbestimmungen, die den Charakter von Innenräumen veränderte, war der Einbau von feuersicheren Treppenhäusern. Der Weitblick durch die Flure war zerstört, der verringerte Lichteinfall beeinträchtigte die Möglichkeit, die Flure als Aushangflächen für Schülerarbeiten aus dem Kunstunterricht zu nutzen, die Entfernung der Holzdecken war der Gesamtatmosphäre sehr abträglich. Da die Schülerzahlen durch den Verlust der Klassen 5 und 6 zurückgegangen waren, konnte die Private ComeniusSchule die Pavillonräume vorübergehend für unterrichtliche Zwecke nutzen. Inzwischen waren die Widerstände von Eltern und Kollegien gegen den fortgeschriebenen Schulentwicklungsplan der Stadt so stark geworden, dass zum Schuljahr 1988/89 wieder Sextaner an den Gymnasien aufgenommen werden konnten. Für die Lichtenbergschule waren es 152. Dazu kamen aus der Förderstufe 100 Schülerinnen und Schüler für die Klassen 7. Im Schuljahr davor hatten sich in den Fachschaften „Arbeitsgruppen Sexta“ gebildet, die ein modernes Konzept für den Wiederbeginn entwickelten. Dem Wunsch, den Schülern und Schülerinnen einen geschlossenen Bildungsgang am Gymnasium zu ermöglichen, der aus Erfahrung gefordert und von der Vernunft gutgeheißen wurde, ist endlich stattgegeben worden – zur Freude des Schulleiters Hans Werner Schneider, der so zum Beginn seines letzten Dienstjahres wieder Sextaner begrüßen konnte. Am 1. August 1989 wurde er in den Ruhestand versetzt. Hans Werner Schneider 1989 5.3 auf dem weg nach europa (1989 – 2000) Eine umfassende Darstellung der Tätigkeit Wilfried Schupps als Schulleiter kann im Rahmen dieses Berichts nicht geleistet werden. Vieles wird bereits in anderen Artikeln dieser Festschrift ausführlich dargestellt, dies gilt insbesondere für die Bereiche Kunst, Musik und die Theatergruppen, die das Gesicht der Schule in besonderem Maße prägen. Im Folgenden wird versucht, durch die Vorstellung weiterer Schwerpunkte einige Akzente zu setzen, dabei galt es auch Vorgaben der Redaktion zu beachten. Auf die Verabschiedung des Schulleiters Hans Werner Schneider, der zum 31. Juli 1989 in den Ruhestand versetzt wurde, folgte bereits am ersten Schultag nach den Sommerferien am 28. August 1989 die Einführung des neuen Schulleiters Wilfried Schupp. Dieser nahtlose Übergang nach einer Vakanz von lediglich vier (Ferien-)Wochen kann als sensationell bezeichnet werden. Er war den vereinten Bemühungen des scheidenden Schulleiters, des Lt. Schulamtsdirektors Gerhard Jansohn und des damaligen Staatssekretärs im Hessischen Kultusminis- terium Heinz Lauterbach zu verdanken. Sie sorgten für rechtzeitige Stellenausschreibung und zügige Durchführung des Bewerbungsverfahrens, in dem Wilfried Schupp auch gegen einen Bewerber aus dem Kultusministerium „das Rennen machte“, wie das „Darmstädter Echo“ am 29.8.1989 zu berichten wusste. Für Wilfried Schupp war die LuO kein unbekanntes Terrain, seit 1967 war er hier zunächst als Referendar, dann als Lehrer tätig. Die 1970 übernommene Ausbildungstätigkeit als Fachleiter für Mathematik ließ ihn andere südhessische Gymnasien und deren Strukturen kennen lernen. Das Zentrum seiner eigenen Unterrichtstätigkeit blieb jedoch die Lichtenbergschule, der er neben den vielfältigen Tätigkeiten und Funktionen im Rahmen des Studienseminars stets einen erheblichen Teil seines pädagogischen Engagements widmete. In den nicht einmal zehn Jahren seiner Amtszeit als Schulleiter führte Wilfried Schupp Projekte, die er bereits in Kooperation mit früheren Schulleitungen in Angriff genommen hatte, fort bis zu 5 Der Blick zurück [ 44 · 45 ] ihrer Institutionalisierung, weitere innovative Projekte wurden in Angriff genommen. Zu den Projekten, die an anderer Stelle ausführlicher gewürdigt werden, gehört insbesondere die Einführung der Informatik als Unterrichtsfach bis hin zu ihrer Etablierung als Leistungskursfach. Dazu gehören ebenso der Bau einer neuen Sporthalle und die freundlichere Gestaltung der Schulhöfe, vor allem des Atriums. Zahlreiche Aktivitäten im ökologischen Bereich hatten längerfristig einen Öko-Schulgarten mit Teichanlage zum Ergebnis. Für die Schüler der Jahrgangsstufe 11 wurde ein Programm „Studien- und Berufsorientierung“ eingeführt. Die nachdrückliche Förderung von Schüleraustauschprogrammen, die bald fast weltweiten Charakter gewannen, wird ebenfalls an anderer Stelle dargestellt und sei hier nur knapp angedeutet. Die Partnerschaften mit französischen Schulen in Marquise und Troyes wurden fortgeführt, Verbindungen zu einer schottischen Schule auf der Isle of Islay wurden neu geknüpft. Hinzu traten Kontaktaufnahmen mit einer amerikanischen Schule in Wisconsin, Afrika trat mit einer Schule in Moshi/Tansania in das Blickfeld, und australische Schüler waren zu Gast an der Lichtenbergschule. Desgleichen wurden Kontakte zu seit 1990 nicht mehr jenseits des „Eisernen Vorhangs“ liegenden Ländern intensiviert oder neu aufgenommen. Der Schüleraustausch mit dem Budapester Arpád-Gymnasium wurde noch vor der „Wende“ mit einer Studienfahrt der Tutandengruppe Schupp nach Ungarn im Jahre 1988 aufgenommen. Ein Austauschprogramm mit Jakutsk in der russischen Republik Jakutien/Sibirien sei erwähnt, ebenso ein Treffen mit Jugendlichen aus Darmstadts polnischer Partnerstadt Plock, das im Jahre 1994 im Harz stattfand. Der Förderung des interkulturellen Lernens und der Kontakte mit Ländern des ehemaligen Ostblocks kam im pädagogischen Konzept des Schulleiters Wilfried Schupp ein hoher Stellenwert zu. Beide Aspekte vereinten sich in einem Projekt, das er gleich nach seinem Amtsantritt einer Aufforderung aus dem Kultusministerium folgend auf den Weg brachte, mit dem Ziel, an der Lichtenbergschule Russisch als Regelfremdsprache einzuführen. Hier konnte auf Traditionen zurückgegriffen werden. Seit drei Jahrzehnten bestand an der Lichtenbergschule die Möglichkeit, ab Klasse 9 das Fach Russisch als dritte Fremdsprache zu wählen, seit fast einem Jahrzehnt konnten die Kinder von Aus- und Übersiedlern Russisch als erste oder zweite Fremdsprache weiterführen. Dies betraf nicht nur Schüler der LuO, der Einzugsbereich umfasste etwa 15 Gesamtschulen, Realschulen und Gymnasien in Darmstadt und der näheren Umgebung. Nun wurde im Rahmen eines in Hessen einmaligen, auf fünf Jahre angelegten Schulversuchs Russisch als erste Fremdsprache angeboten. „Für den Schulversuch wurden von einer vierköpfigen Arbeitsgruppe des Hessischen Kultusministers, der auch zwei Russischlehrerinnen der Lichtenbergschule angehörten, ein Curriculum sowie Lehrund Lernmaterial entwickelt. Zur För- derung des Sprachunterrichts sieht die schulspezifische Stundentafel eine höhere Stundenzahl für Russisch als erste Fremdsprache in der 5. und 6. Klasse sowie für die zweite Fremdsprache im 7. Schuljahr vor“. 1) Das Angebot von Russisch als erster Fremdsprache war überhaupt erst möglich geworden, weil es seit dem Schuljahr 1988/89 an den Gymnasien wieder 5. und 6. Klassen gab. Zum Schuljahr 1991/92 wurde die erste Russisch-Klasse eingerichtet, die sich bereits in den ersten Monaten ihres Bestehens der Aufmerksamkeit von höchster Stelle erfreute. Die fünfzehn Schüler präsentierten bei einem Besuch des Hessischen Kultusministers Hartmut Holzapfel im November 1991 „ihre noch jungen Kenntnisse der Sprache: mit Gedichten, Gesängen, kleinen Sketches, spaßigen Zungenbrechern. So putzmunter brachten sie’s, dass Szenenapplaus prasselte“. 2) Minister Holzapfel war gekommen, um die ersten frisch erarbeiteten und gerade gedruckten Lehr-, Lern- und Arbeitsmaterialien für Russisch an deutschen Schulen zu überreichen. Dass diese noch nicht vollständig vorlagen, vielmehr ständig fortgeschrieben werden mussten, verlangte von den Lehrkräften auch in der Folgezeit ein hohes Maß an Kreativität und Flexibilität. Die heterogene Zusammensetzung der 1) Wilfried Schupp, Denkschrift zur Bewerbung um den „Carl Bertelsmann-Preis 1996, Sonderpreis Innovative Schulen“ vom 14.12.1995, S. 3 2) Darmstädter Echo vom 14.11.91 Besuch von Kultusminister Holzapfel 1991 Lerngruppen, in denen Muttersprachler und „echte“ Anfänger gemeinsam lernten, verlangte und förderte die Entwicklung innovativer Lernstrategien. Am 19. Januar 1996 wurde der Schulversuch beendet, Kultusminister Hartmut Holzapfel erklärte Russisch neben Englisch zum Regelangebot. Wieder kam er persönlich, doch dieser Besuch blieb ihm wohl in weniger guter Erinnerung als der erste. Kurz vorher waren die Mittel gekürzt und die Pflichtstundenzahl erhöht worden. Wegen der damit verbundenen Einschränkung schulischer Aktivitäten und der Sorge um die Qualität der Ausbildung kam es zu erheblicher Unruhe in der Schülerschaft sowie bei Eltern und Lehrern. mit ihm herbeiführen wollten. Dank des umsichtigen korrekten Vorgehens der betroffenen Schulleiter und der sorgfältigen Recherchen des Staatlichen Schulamtes konnte die anschließend drohende Gefahr obrigkeitsstaatlicher Maßregelung abgewendet werden. Beim Verlassen des Neubaus führte der von Ordnern freigehaltene Weg des Ministers durch dichte Reihen wartender Schüler, vor dem Schulgebäude und auf der Ludwigshöhstraße erwartete ihn eine Demonstration von 2000 Darmstädter Schülern, die ein Gespräch „Lichtenberg macht Schule“. Am 1. Juli 1992 jährte sich zum 250. Mal der Geburtstag des Namenspatrons unserer Schule, Georg Christoph Lichtenberg. Über viele Jahre hinweg hatte 5 Der Blick zurück [ 46 · 47 ] Schulleiter Hans Werner Schneider es sich zur Regel gemacht, seine Ansprachen zum Abschluss der mündlichen Abiturprüfungen unter das Motto eines Aphorismus von Lichtenberg zu stellen. Er wollte damit den abgehenden Schülern wenigstens einen kleinen Eindruck vom Geiste dieses selbstständigen „Querdenkers“, unter dessen Patronat sie gelernt und gearbeitet hatten, vermitteln. Diese Hinführung zu Lichtenbergs Denken erfolgte nun im Jubiläumsjahr 1992 in umfassender Form. Es brachte bundesweit eine Fülle von Veranstaltungen, die sich unter verschiedenen Aspekten mit Lichtenbergs Leben und Werk befassten. Einer der Schwerpunkte lag in Darmstadt, an der Vorbereitung und Durchführung war die Lichtenbergschule in einem nicht geringen Maße beteiligt. Bereits im Jahre 1990 hatten hier Kollegen aus den Bereichen der naturwissenschaftlichen Fächer sowie der Fächer Deutsch, Englisch und Kunst einen „Lichtenbergkreis“ gebildet, in dem über geeignete Formen nachgedacht wurde, sich Lichtenberg zu nähern. Aus vorbereitenden Gesprächen und Studien, zu denen eine zweitägige Reise nach Göttingen gehörte, entstanden verschiedene Projekte, in denen Schüler und Lehrer gemeinsam daran gingen, Lichtenbergs naturwissenschaftliches und literarisches Werk ebenso wie seinen eigenwilligen Lebensgang zu thematisieren. Über Ablauf und Resultate unterrichtet zusammenfassend die Dokumentation „Lichtenberg macht Schule“. 3) Aus ihr geht hervor, wie Schüler der Jahrgangsstufen 5 bis 13 sich gemeinsam mit ihren Lehrern in unterschiedlichster, phantasievoller und höchst geistreicher Art mit dem Phänomen Lichtenberg auseinandersetzen. Ein fast überwältigendes kreatives Potential wird hier sichtbar. Vorgestellt werden, in Auswahl, Arbeiten aus dem Kunstunterricht und Bildergeschichten, die im Deutschunterricht von Unterstufenklassen entstanden. Die Arbeiten der Preisträger aus dem Schreibwettbewerb „Wir über Lichtenberg“, an dem sich 85 Schüler vorwiegend aus den Jahrgangsstufen 5/6 und 7/8 beteiligt hatten, sind ebenfalls abgedruckt. Die Ergebnisse intensiver Beschäftigung mit verschiedenen Aspekten aus Lichtenbergs Leben und Werk, die in Leistungskursen Deutsch und Englisch erarbeitet wurden, sind ausführlich dokumentiert. Zu den von Schülern selbst verfassten Werken gehört das Fragment eines Dramoletts „Kabale und Leistungskurs“, das bei der Eröffnung der Lichtenberg-Ausstellung am 1. November 1991 zur Uraufführung kam. Ausschnitte aus einem fiktiven 3) Herausgegeben von der Lichtenbergschule, Darmstadt 1992 Dialog zwischen Hamlet und Lichtenberg wurden am 1. Juli 1992 im Kulturmagazin „Aspekte“ des ZDF gesendet. Dem Naturwissenschaftler Lichtenberg galten Demonstrationen physikalischer Versuche bei einer Ausstellung auf der Mathildenhöhe sowie in der das Lichtenbergjahr begleitenden Vortragsreihe ein Vortrag über das Thema „Lichtenberg – ein moderner Physiker“. Ein weiterer Vortrag hatte „Lichtenbergs Apparate“ zum Gegenstand. In dieser Vortragsreihe der Lichtenbergschule, zu der auch Lesungen gehörten, setzten sich namhafte Wissenschaftler unter verschiedensten Aspekten mit Lichtenberg auseinander. Die TH Darmstadt veranstaltete im Sommersemester 1992 eine Ringvorlesung, in deren Rahmen Schulleiter Wilfried Schupp das Projekt „Lichtenberg macht Schule – eine Schule meistert ihren Patron“ präsentierte. Einen Höhepunkt des Lichtenbergjahres stellte die Enthüllung einer Lichtenbergbüste am 5. November 1992 dar. Sie wurde in der Eingangshalle der Schule aufgestellt und ist völlig integriert in das Gedränge der sie in den Pausen umwogenden Schüler. Zum Abschluß des Jubiläumsjahres konnte konstatiert werden:„Nun wissen die 4 Schüler mehr über Lichtenberg“ ), aber auch die Frage gestellt werden:„Und wie 5 wird es in den folgenden Jahren sein?“ ) 4 ) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 6.11.1992 5) Hans Werner Schneider, Lichtenberg macht Schule, S. 62 Im Jahre 1974 wurde ein bis heute im gängigen Sprachgebrauch, in Abgrenzung zu dem 1966 bezogenen Atriumbau, als „Neubau“ bezeichneter Klassentrakt errichtet. Dort befanden sich außer Klassensälen die Bibliothek, ein Sprachlabor, ein Musiksaal sowie eine Küche. Seit 1990 stand dieser „Neubau“ im Mittelpunkt aller Baumaßnahmen an der LuO, denn die Raumluft wies relativ hohe Konzentrationen an Polychlorierten Biphenylen (PCB) auf. Da ein Teil der darin enthaltenen Substanzen im Verdacht steht, Krebs zu erregen, war dringender Handlungsbedarf gegeben. Bereits 1988 waren alle PCB-haltigen Kondensatoren durch PCB-freie Bauteile ersetzt worden, dennoch ergaben Messungen weiterhin erhöhte PCBWerte in der Raumluft. Eingehende Untersuchungen erbrachten schließlich das Ergebnis, dass das PCB aus der Fugenmasse stammte, die zum Abdichten der Fugen zwischen den Fertigelementen verwendet worden war. „Die Bemühungen der Schule, eine Sanierung des Gebäudes durch den Schulträger zu erreichen, erwiesen sich als äußerst schwierig und zeitraubend. Angesichts der schlechten Finanzlage bedurfte es einer engen Zusammenarbeit zwischen Schulleitung, Kollegium, Personalrat, Elternschaft und Schülerschaft, um die Stadt Darmstadt und die verantwortlichen Kommunalpolitiker zu einer raschen und vollständigen Sanierung des Gebäudes zu bewegen. Dabei waren nicht nur die Presse, sondern auch der Rundfunk und verschiedene Fernsehanstalten einbezogen“. 6) 6) Wilfried Schupp a.a.o., S. 2 Verschärft wurde die Situation noch dadurch, dass die Lichtenbergschule zwar die erste Darmstädter Schule war, an der das PCB-Problem bekannt wurde, aber nicht die einzige blieb, an der es auftrat. Im September 1993 begann eine aufwändige Sanierung, in deren Verlauf zunächst der südliche Teil des Gebäudes vollständig entkernt wurde. Zu Beginn des Schuljahrs 1994/95 stellten sich im nördlichen Teil Bauschäden heraus, die ebenfalls keine unterrichtliche Nutzung mehr zuließen. Zunächst hatte die Verwendung der eigentlich schon außer Dienst gestellten sogenannten Pavillons, die in den siebziger Jahren angesichts rapide wachsender Schülerzahlen als Behelf auf dem Schulhof errichtet worden waren, als Ersatz für die nicht mehr nutzbaren Klassensäle im Südteil ausgereicht. Der Ausfall auch der Klassensäle im nördlichen Teil erforderte die Suche nach weiteren Lösungsmöglichkeiten. Alle irgendwie verwendbaren Räume einschließlich naturwissenschaftlicher Fachsäle und des Schülercafés mussten nun allgemeinen unterrichtlichen Zwecken dienen. Die zehnten Klassen fanden gastfreundliche Aufnahme in der Friedrich-Ebert-Schule in der Heimstättensiedlung. Der dadurch erforderlich werdende Pendelverkehr zwischen den beiden Schulen stellte für Lehrer und Schüler eine zusätzliche Belastung dar. Die organisatorischen Herausforderungen an die Stundenplangestaltung waren immens. Im September 1995 war im Informationsblatt der Lichtenbergschule zu lesen, unter der Rubrik „Wussten Sie...“, „...dass seit September 1995 ... alle Klassen wieder in den Gebäuden der Lichtenbergschule unterrichtet werden können? Wir danken den Verantwortlichen im Schulamt und im Bauamt für die gute Zusammenarbeit in der schwierigen Situation. Unser besonderer Dank gilt den Damen und Herren Kommunalpolitikern, die trotz der schwierigen Finanzsituation die für die Sanierung erforderlichen Mittel bereitgestellt haben.“ Unter der gleichen Rubrik wird weiter mitgeteilt:„Wussten Sie ... dass die PCB-Sanierung der Lichtenbergschule erfolgreich verlaufen ist? Dies ergaben die im August bei 29 Grad Celsius durchgeführten Messungen“. Die nur mit einem Euphemismus als „Pavillons“ zu bezeichnenden Baulichkeiten konnten in den folgenden Jahren endlich, wie schon längere Zeit geplant, der Renaturierung des Saubaches weichen. An ihrem früheren Standort erstreckt sich seit dem Jahre 2000 ein als Biotop angelegter Teich. Unter dem Titel „Letzte Meldung“ enthält dasselbe Informationsblatt die Mitteilung, dass „mit Erlass vom 19. September 1995 des Hessischen Kultusministers die Lichtenbergschule in den Kreis der Europaschulen aufgenommen [wurde]. Als assoziierte Europaschule kann die Lichtenbergschule künftig für besondere Aktivitäten Anträge auf Unterstützung stellen“. Am 24. April 1995 hatte die Gesamtkonferenz, am 27. April die Schulkonferenz beschlossen, einer Ausschreibung in 5 Der Blick zurück [ 48 · 49 ] eines Schwerpunkts ökologische Bildung. In allen Bereichen, mit Ausnahme der „Entwicklung von freiwilligen Ganztagsangeboten“, konnte die LuO 1995 auf zum Teil langjährige Erfahrungen zurückblicken. Sie verfolgte die mit den Europaschulen verbundenen Ziele, längst bevor diese ausdrücklich formuliert wurden. Mit Hilfe allerdings nicht immer pünktlich und in der erwarteten Größenordnung fließender Zuschüsse konnten in den folgenden Jahren bereits bestehende Projekte intensiviert und neue in Angriff genommen werden. Einige Hinweise mögen hier genügen. Als längerfristige Vorhaben wären zu nennen die „Sprachwerkstatt“ sowie die Projekte „Schulhof“,„Afrika“,„Ungarn“ und „Schottland“, denen sich 1997 das Projekt „Solaranlage“ zugesellte. Wandmalprojekt im Neubau 1996 der Märzausgabe des Amtsblattes folgend sich um den Status einer Europaschule zu bewerben. Diesem Antrag wurde in Form der Aufnahme als „assoziierte Europaschule“ stattgegeben. Das bedeutete die Einbindung in das Netzwerk der acht hessischen Europaschulen, denen hessenweit 27 assoziierte Europaschulen zugeordnet waren. Damit war zwar die letzte Stufe des „Fit für Europa“, wie es in einer Presseinformation des Hessischen Kultusministeriums vom 18. September 1995 hieß, noch nicht erreicht, aber das Anforderungsprofil doch weitgehend erfüllt. Wesentliche Auswahlkriterien waren die Entwicklung der Europäischen Dimension und des Interkulturellen Lernens, die Öffnung der Schule zur Gemeinde bzw. zum Stadtteil, die reformpädagogische Ausrichtung des Unterrichts und die Entwicklung Na bitte! Die Lichtenbergschule im Glanz der Neuheit. 5.4 bauliche veränderungen Wie zielstrebig und erfolgreich die LuO den Weg nach Europa beschreitet, zeigt die Aufnahme in den Kreis der Europaschulen, die mit Erlass des Hessischen Kultusministeriums vom 11. Juli 2000 erfolgte. Wilfried Schupp war knapp zwei Jahre zuvor, am 2. Oktober 1998, verabschiedet worden, aus gesundheitlichen Gründen ging er vorzeitig in den Ruhestand. Bis zur Bestellung und Einführung seines Nachfolgers Peter Herrmann am 1. Februar 2000 lag die Leitung der LuO in der bewährten sicheren Hand des stellvertretenden Schulleiters Günter Schäfer. 2000 Traute Endemann Umzug in die neue Schule! 1966 war es soweit – die Lichtenbergschule konnte in die neuen Räumlichkeiten in der Ludwigshöhstraße einziehen. Das Provisorium in der Stadtmitte, sich mit dem LGG ein Gebäude zu teilen, lag hinter Schülern und Lehrern. Und nun würde alles besser werden: Keine Wanderklassen mehr, in den Fachsälen nur noch Fachunterricht, jede Klasse hatte ihren Klassensaal für sich. So würde es nun bleiben! Ob das was wird? Und so blieb es dann auch – wenn ich mich recht erinnere etwa für zwei Jahre. Dann hatte die Zahl der Anmeldungen an der LuO mächtig zugenommen. Die Klassen machten sich wieder auf Ob was wird? in den Fachsälen wurdiedas Wanderschaft, den wieder alle Fächer unterrichtet und man teilte sich das Klassenzimmer mit anderen, die jeweils kurzfristig einquartiert wurden. Allerdings stellte sich bald heraus, dass diese Maßnahmen nicht ausreichten. Der Anstieg der Schülerzahl von 598 im Jahre 1965 auf 1368 binnen sechs Jahren ließ sich so nicht mehr kompensieren. Die ersten Pavillons wurden gebaut, damit fiel 1970 ein kompletter Pausenhof weg, dafür hatte man acht Klassenräume dazu gewonnen. Später wurden noch einmal zwei angebaut. Besonders angenehm war der Aufenthalt in diesen Räumen nicht. Die Wände waren reichlich dünn, flache Dächer sorgten 5 Der Blick zurück [ 50 · 51 ] Sauber aufgeräumt. Die LuO von oben, rechts sieht man die Pavillons. Nicht mehr ganz so aufgeräumt: Nach etlichen Schülerjahrgängen haben die Gebäude ein bisschen gelitten, dafür ist fast ein kleiner Dschungel entstanden. im Sommer für eine gute Durchwärmung der Gebäude und im Winter zog es zum Ausgleich dafür durch verschiedene Ritzen, sodass das statistische Mittel, was die Temperaturen über das ganze Jahr anging, wieder stimmte. In den achtziger Jahren wurden die Pavillons nicht mehr benötigt. Sie dienten zunächst dem Bundesverband bildender Künstler als Ateliers und wurden in den Neunzigern abgebaut und der Abgeräumt! Die Pavillons sind weg, der Saubach kann kommen. 5 Der Blick zurück [ 52 · 53 ] ten in der Schule, Lkw-Verkehr im Hof und Baulärm während des Unterrichts. Dieser Neubau entstand auf dem ehemaligen Kickplatz der Lichtenbergschule, einem kleinen Rasenplatz, an dessen Rand sich eine Weitsprunggrube und ein Kugelstoßring befanden. Betreten verboten! – außer während des Sportunterrichts natürlich. Dies änderte sich allerdings, sobald klar war, dass hier gebaut werden würde. Ab da hatte die Oberstufe einen wunderbaren Aufenthaltsort für die Pausen im Sommer gewonnen – mit Südhang. Leider stand der weitere Verlauf der Geschichte dieses Baus gar nicht im Einklang mit dem idyllischen Beginn: Das ganze Haus musste wegen PCB- Kontaminierung saniert werden. Diese Sanierung wurde 1992 in Angriff genommen. Das bedeutet in diesem wie in vielen anderen Fällen, das Problem wurde diskutiert. Da es hier um große Kosten ging, dauerte die Diskussion auch etwas länger. So lautet die Überschrift eines Kommentars im Darmstädter Echo vom 24.01.92 „Abwarten und einatmen“. Am 19.03. titelt ebenfalls das DE „PCB-Belastung wird unterschiedlich beurteilt“. Im September „lässt die Stadt ... Teile der Lichtenbergschule schließen“. (DE) Und im September 1993 meldet schließlich die gleiche Zeitung „in den Sommerferien wurde mit der Sanierung der PCB-kontaminierten Räume in der Lichtenbergschule begonnen.“ Es gab zwischenzeitlich sogar Überlegungen, das gesamte Gebäude abzureißen, dies konnte jedoch vermieden werden. Schließlich stand der Neubau wieder für den Unterricht zur Verfügung, allerdings lagerte der kon- So sah der Neubau vor der Sanierung und danach aus – Das wird mal eine Sporthalle: Das Gerippe steht. Freien Comeniusschule zur Verfügung gestellt. Bleiben wir nun auf diesem Pausenhof und betrachten den Umbau mit der Renaturierung des Saubachs, oder halten wir uns an die Chronologie? Wir halten uns an die Chronologie und darum folgt jetzt der Abschnitt: taminierte Abfall noch 1996 in Containern auf dem Schulhof. Aber auch die verschwanden schließlich und der Spuk war vorüber. – und so zwischendurch! Der Neubau. Der heißt auch heute noch so, obwohl er bereits im Jahr 1974 bezogen wurde. Das bedeutete auch das Ende von mehreren Jahren Bauarbei- Die neue Sporthalle entstand 1992 ebenfalls auf einer ehemaligen Sportanlage im Freien, dem Aschenplatz am Südende von Pausenhof B. Hier konnte Fußball und Feldhandball (den gab es in den Sechzigern noch) gespielt werden, gelaufen und geworfen sowie Hochsprung in Sandhaufen geübt werden, zumindest in den Jahren vor Dick Fosbury. Heute wäre eine solche Anlage ein Flop. Ganz frei von Flops war auch der Bau der neuen Halle nicht. Speziell als Spielhalle konzipiert, kam es am Anfang vor, dass Volleybälle an der Decke hängen blieben, weil Abdeckungen von Nägeln und Schrauben fehlten. Die Tribüne konnte nicht benutzt werden, weil Treppenstufen geklaut worden waren, und in den Umkleideräumen gab es weder Bänke noch Kleiderhaken. Mittlerweile sind diese Probleme gelöst und die Halle ist mit ihren drei Spielfeldern ein echtes Schmuckstück, das auch von der TG Bessungen gerne genutzt wird. 5 Der Blick zurück [ 54 · 55 ] Die neue Halle von der Seite ... Wasser Marsch! Der Saubach oder, wie die Bessunger sagen, die Saubach, wurde viele Jahre lang ab der Ludwigshöhstraße in die Kanalisation geleitet. Im Jahr 1987 wurde mit dem Projekt „Naturnaher Ausbau des Herrgottsbergbaches und des Saubachgrabens“ begonnen. Nach dieser Planung soll der Saubach über das Gelände der Lichtenbergschule fließen. ... und vom Eingangsbereich gesehen. Jetzt geht’s los! Der Graben ist angelegt. 5 Der Blick zurück [ 56 · 57 ] Es wird niemanden, der Darmstadt kennt, überraschen, dass dies erst im Jahr 2000 eingetreten ist. Dafür ist heute ein echtes Biotop entstanden, das vor allem im Sommer, wenn es von der Sonne beschienen wird, als echtes Idyll erscheint. Schade nur, dass der Bach von manchen mit einer Müllkippe verwechselt wird. Papier und Plastiktüten haben darin eigentlich nichts zu suchen. Steinzeit – Rundhaus aus der Projektwoche ‘95 (Giso Sonntag) Da haben sich einige ausgetobt Die Schulhöfe der Lichtenbergschule haben sich im Laufe der Jahre und Jahrzehnte ebenfalls verändert. Nicht nur, dass einmal Pavillons darauf standen und einmal nicht, dass einmal Abfall zwischengelagert wurde und einmal nicht, dass Lastwagen darüber donnerten und dann wieder (Gott sei Dank) nicht, auch was darauf stattfindet, ist dem Wandel der Zeiten unterworfen. Eine Friedenstaube und eine Windrose wurden gemalt, zum Teil sind sie schon wieder verblasst. War früher das Mitbringen eines Balles bereits ein strafwürdiger Verstoß gegen die Schulordnung, so hat sich auch das gründlich geändert. Die Jüngeren spielen zumeist vor dem Neubau Fußball mit Tennisbällen, es sind aber auch Tischtennisplatten und Basketballkörbe aufgestellt worden, die von den Größeren genutzt werden. Dass dieserhalb die Welt untergegangen wäre, kann man nicht behaupten. Veränderungen gibt es auch durch die Schüler selbst, wie auch durch ungebetene Gäste. Zu den weniger erfreulichen Dingen gehören die Schmierereien auf Die Saubach-Brücke den Wänden, die, wenn man sich nicht hinter hohen Mauern einschließen will, wohl nicht zu verhindern sind. Zu den eher positiven Dingen gehören „Hinterlassenschaften“ von Schülern wie eine Hütte, die eine ganze Weile auf dem Rasen vor der Mopedhalle stand, und eine Brücke über den Bach vom Schulhof zum Biotop. Den symbolischen Gehalt mag jeder selbst enträtseln. Dass sich eine Schule mit den Jahren verändert, ist selbstverständlich. Die Lehrer wie die Schüler wechseln und somit verändert sich ständig der innere Aufbau. Dass auch die äußere Form solch starken Veränderungen unterworfen ist, ist eher eine Ausnahme. Die LuO kommt – an ihrem jetzigen Standort – allmählich von den besten in die allerbesten Jahre; wen wundert es, dass da das eine oder andere Facelifting nötig war. Schaut man aber im Frühjahr auf das frische Grün rundum, muss man feststellen, dass es eine ganze Reihe von unerfreulicheren Arbeitsplätzen in Darmstadt gibt. Harald Mehring 6 Die Gegenwart – Profil der Schule 6 Die Gegenwart – Profil der Schule [ 58 · 59 ] 6 Die Gegenwart – Profil der Schule 6.1 die öffnung der schule Lichtenbergschule – Europaschule des Landes Hessen Als es im Frühjahr 2000 um die Frage ging, ob die Lichtenbergschule nach Jahren der assoziierten Mitgliedschaft in den festen Kreis der Europaschulen des Landes Hessen treten sollte, waren es nicht zuletzt die Eltern und die Schülerschaft, die diesen Antrag der Schulleitung unterstützten. Somit wurde mit großer Mehrheit in allen zuständigen Gremien der Beschluss gefasst, am Europaschulprogramm teilzunehmen. Diese Entscheidung bedeutete zugleich eine noch stärkere internationale Ausrichtung des künftigen Schulprofils. In der Vergangenheit war das Profil des schulinternen Europaprogramms sehr stark von Einzelinitiativen geprägt, die ihren Niederschlag in vielfältigen Angeboten – zum Beispiel im AG-Bereich – fanden. Nun sollte es darum gehen, zum einen vorhandene und künftige Projekte und Entwicklungslinien miteinander in Einklang zu bringen, zum anderen unsere Arbeitskraft unter einer gemeinsamen Zielsetzung zielgerichteter, koordinierter und damit effektiver einzusetzen. Was heißt das jetzt konkret für eine Schülerin oder einen Schüler unseres Gymnasiums? Bereits in der Unterstufe wird großen Wert auf das Thema „Lernen lernen“ gelegt. Dazu haben wir Jahrgangsteams im Kollegium eingerichtet, die die Schülerinnen und Schüler in ihrer Ganzheit fördern sollen. Eine Zusammenarbeit mit den Grundschulen ist hierbei institutionalisiert worden. Langfristiges Ziel soll ein einheitliches Methodenkonzept für alle Jahrgangsstufen sein. Im Rahmen des Konzepts der Mehrsprachigkeit wollen wir das bestehende Sprachenzentrum an der Lichtenbergschule ausbauen. Hier wird seit Jahren im Fach Russisch auch externen Schülerinnen und Schülern Unterricht und Abiturprüfung angeboten. Im Sinne selbstgesteuerten Lernens und der Selbsteinschätzung haben wir seit Beginn der Schuljahres 2001/02 das Sprachenportfolio flächendeckend in Klasse 5 eingeführt. Im Wahlpflichtunterricht der Mittelstufe bieten wir bilingualen Unterricht zur Zeit in zwei Naturwissenschaften an. Dieses Konzept soll auf sozialwissenschaftliche Fächer erweitert werden. Durch eine geänderte Fremdsprachenfolge ist es nicht zuletzt möglich, in der Jahrgangsstufe 11 Spanisch neu zu erlernen und darin Abiturprüfung zu machen. Internationales Lernen darf sich jedoch nicht nur auf das Erlernen von Fremdsprachen beschränken. Ein weiterer Schwerpunkt unseres Europaschulprogramms liegt im Bereich des interkulturellen Lernens. Dazu gehören für uns die bewährten Austauschprogramme mit Ungarn, Wisconsin (USA), Schottland und Frankreich, aber auch neue Konzepte internationaler Begegnung, wie zum Beispiel unser Kontakt zur American Middle School Darmstadt oder der Kibu-Secondary-School in Tansania. Im Bereich des Sports werden Sportarten anderer Länder vermittelt und erlebt. Soziales Lernen muss aber auch täglich praktiziert und geübt werden. Hierzu seien stellvertretend jeweils ein Projekt der Schüler- und der Lehrerschaft genannt. Durch eine Weiterbildung im Bereich der Mediation versucht das Kollegium dieses Lernziel im Alltagsleben der Schule zu unterstützen, die Schülerinnen und Schüler nennen ihr Projekt „Lebensraum Schule“. Ein großer Schwerpunkt unseres Europaschulprogramms liegt zunehmend im Methodenlernen. Die neuen Medien und ihre Beherrschung sind im Wahlpflicht- und AG-Bereich zu finden, halten aber auch verstärkt Einzug in den Regelunterricht. Grundlagen wissenschaftspropädeutischen Arbeitens werden in Projekten wie „Schulnetz“, „Info-Schul – Das Riff“ und nicht zuletzt in der Zusammenarbeit zwischen Schule und Hochschule („Rent a Prof“) gelegt. Die Facharbeiten der Klasse 10 bereiten die Arbeit in der Oberstufe vor. Durch ein reiches kulturelles Schulleben wird die Ausdrucksfähigkeit der Schülerinnen und Schüler gefördert. Dies findet bei Konzerten, Schultheateraufführungen und in Projekten wie „Schulzeitung“,„Informierte Schule“ und „Kreatives Schreiben“ statt. Wo kann man all das bestaunen? In der Galerie der Lichtenbergschule, einem neu geschaffenem Kommunikationszentrum im Eingangsbereich unseres Gymnasiums. Schaut doch mal vorbei! J. Borges; B. Volk-Heiser Studien- und Berufsorientierung (SBO) Seit mehr als zehn Jahren führt die Lichtenbergschule ein Projekt durch, dem sie den Namen „Studien-und Berufsorientierung“ (SBO) gegeben hat. Es entstand in Zusammenarbeit mit Eltern (gleichzeitig Vertreter der Wirtschaft), Lehrern, Schülern und dem Arbeitsamt Darmstadt. Die SBO wendet sich gezielt an alle Schüler und Schülerinnen der Jahrgangsstufe 11, um ihnen bei ihrer Studien- und Berufswahl behilflich zu sein. Die Lichtenbergschule war eine der ersten Schulen in Hessen, die dieses Angebot einem ganzen Oberstufenjahrgang unterbreitete. Heute bieten viele Schulen das Projekt teils verän- dem Abitur aufgezeigt. BIZ-Computer helfen, persönliche Interessen einzuschätzen und mit einem Berufswunsch abzustimmen. Ca. 900 Informationsmappen stellen ausführlich einen Beruf dar und geben Auskunft über seine Anforderungen. Videofilme, Hörprogramme, Bücher und Zeitschriften bieten ein breites Spektrum zum Thema Berufe und Berufswahl. dert teils unverändert an. Die „Erfinder“ der SBO wiesen dem Projekt bewusst einen Platz in der Oberstufe zu: • Sie wollten nicht einfach die gängigen Betriebspraktika in der Jahrgangsstufe 9 imitieren, • Nur wenige Schüler verlassen nach der 10.Klasse ein Gymnasium, • Wissenschaftliche Studien belegen, dass sich Gymnasiasten erst mit 16/17 Jahren ernsthaft mit ihrem zukünftigen Beruf befassen. Informationsmaterial zur Studienund Berufswahl wird ausgegeben. Die Veranstaltung findet gruppenweise mit den Gemeinschaftskundekursen statt. Am Nachmittag bietet das BIZ ein Bewerbungstraining an. Die Schüler erfahren, wie man z.B. ein Bewerbungsschreiben verfasst, wie man sich in einem Bewerbungsgespräch verhält. Das Neuartige an der SBO der Lichtenbergschule war, dass Informationsveranstaltungen mit Betriebsbesichtigungen und einem Betriebspraktikum verknüpft wurden. Ablaufschema: Die SBO besteht aus vier Phasen: 1. Phase a) Ganztägige Grundinformationen, die das Arbeitsamt Darmstadt im BIZ (Berufsinformationszentrum) durchführt. Hier werden den Schülern Möglichkeiten und Wege nach b) Information über Berufsbereiche Vertreter des Arbeitsamtes, der Bundeswehr, des Zivildienstes, der Polizei, einer Sprachenschule kommen in die Schule und geben Auskunft (siehe Tabelle). Themenorientierte Gruppeninformation zeit raum 1 raum 2 raum 3 raum 4 1. und 2. Stunde Ingenieurberufe Soziale Berufe Kaufmännische Berufe,Wirtschaftswissenschaften Bundeswehr Zivildienst Auslandsdienst 3. und 4. Stunde Fremdsprachenberufe, Journalistik Gestalterische Berufe Naturwissenschaften Polizeidienst 5. und 6. Stunde Datenverarbeitung Mathematik Rechtsberufe Medizinische Berufe Sprachenschule Berlitz [ 60 · 61 ] 6 Die Gegenwart – Profil der Schule 2. Phase: Berufserkundung im Betrieb (2Tage) Jeder Schüler besucht an einem Tag mindestens einen Betrieb, ausgewählt aus dem Angebot des Arbeitsamtes. Über zwanzig Betriebe stehen zur Auswahl, u.a. die Merkur-Akademie, Fa. Wella, Fa. Schenck, Fa. Merck, das Jugendamt, das Polizeipräsidium, Radio FFH, das Elisabethenstift, das Finanzamt, das Amtsgericht , das Darmstädter Echo, die Sparkasse Darmstadt. 3. Phase: Betriebspraktikum (zwei Wochen) Die Schüler suchen sich den Betrieb selbst aus. Das Praktikum liegt vor den Osterferien, so dass es in die Ferien hinein verlängert werden kann. Auf einhelligen Wunsch der Schülerschaft erstreckt sich das Praktikum im Schuljahr 2001/2002 erstmalig über 14 Tage. Über das Praktikum ist ein Bericht anzufertigen, dessen Bewertung in die Gemeinschaftskundenote eingeht. Die drei besten Berichte eines Jahrgangs werden prämiert. 4. Phase: Nachbereitung im Gemeinschaftskundeunterricht Gemeinsam mit ihren Gemeinschaftskundelehrern der Jahrgangsstufe 11, die sie während des gesamten SBO-Projek- tes begleitet haben, unterziehen die Schülerinnen und Schüler das gesamte Projekt einer kritischen Betrachtung. Bildungspartnerschaft zwischen der Lichtenbergschule und der Fachhochschule Darmstadt Unser Ziel ist, die Studien- und Berufsorientierung der LuO zu optimieren. Seit sechs Jahren hält Prof. Dr. Volker Wiskamp, an der Fachhochschule Darmstadt zuständig für die Studienanfänger im Fachbereich Chemische Technologie, engen Kontakt zur Lichtenbergschule. Die Lichtenbergschule versucht seit dem Jahr 2000, die SBO auf das Ausland auszuweiten. Unser Ziel ist, zunächst Kontakte zu französischen Unternehmen zu knüpfen, um internationale Betriebspraktika für die Lichtenbergschule zu initiieren. Frankreich wurde gewählt, weil es innerhalb der EU der wichtigste Handelspartner Deutschlands ist. Wir bemühen uns, fünf bis zehn Schüler/innen an französische Firmen zu vermitteln. Seit August 2000 wurde telefoniert und viele Briefe wurden geschrieben, u.a. an das Büro für Städteverschwisterung der Stadt Darmstadt. All diese Bemühungen blieben bis jetzt ohne Erfolg. Immer wieder wurde an andere Stellen verwiesen und betont, man habe keine Möglichkeiten, Schülern ein Praktikum bereitzustellen. Im Schuljahr 2001/2002 wählen wir einen anderen Ansatz. Nachdem die Zahl der Interessenten an einem Praktikum in Frankreich festgestellt worden ist (ca. sechs), hoffen wir mit Hilfe des Büros für Städteverschwisterung der Stadt Darmstadt und der Sprachenschule Berlitz, einige Praktikumsplätze anbieten zu können. J. Kratzert Er gibt dort regulären Chemieunterricht (siehe Foto 1) und führt die jüngeren Jahrgänge, die noch keine Chemie lernen, spielerisch an das Fach heran. Er hält Hochschulvorlesungen im Klassensaal und lädt die Älteren zum Probestudium an die Fachhochschule ein, nicht nur, um sie zu einem Studium an seinem Fachbereich zu motivieren, sondern auch, um ihnen Informationen darüber zu geben, welche Anforderungen ein Studium stellt, damit spätere Enttäuschungen und mancher Studienabbruch vermieden werden (siehe Teilnehmeräußerungen rechts). Ein besonderes Anliegen von Wiskamp ist es, den Schülern zu vermitteln, wie praxisorientiert die Chemie sein kann und entsprechend an der Fachhochschule unterrichtet wird. Dass Farben aus der Chemiker-Küche (siehe Foto 2) unser tägliches Leben verschönern und dass es über Kosmetikprodukte (siehe Foto 3) aus dem Blickwinkel der Chemie [ 62 · 63 ] Äußerungen dreier Teilnehmer am Probestudium Chemische Technologie, 1999 „Ich wollte einfach mal ausprobieren, wie das Leben und die Stimmung an einer Fachhochschule sind, nicht unbedingt etwas lernen. Für mich war es eine interessante Erfahrung, einmal in einer Vorlesung zu sitzen und auch, dass ich in dem englischen Vortrag mehr verstanden habe, als ich dachte. Auch das Gespräch mit den Studenten in der Mensa fand ich sehr wichtig. Obwohl ich den Stoff für die Abschlussklausur nicht gelernt habe, wurde mir trotzdem klar, dass Studieren an der FH Arbeit bedeutet, aber auch sehr viel Spaß.“ „Ein unerwarteter Eindruck, dass selbstständiges Erarbeiten sogar Spaß machen kann.“ „Erwartungen vorher: kaltes Klima, orientierungsloses Rumgesuche; Vorlesungen, bei denen man nichts versteht; schlechtes Essen in der Mensa. Im Nachhinein: Alle Befürchtungen waren umsonst; gut organisiert, gut betreut, sehr gutes Essen, i.a. verständliche Vorträge der Professoren.“ 1: DIE CHEMIE STIMMT: FH-Professor Volker Wiskamp (rechts) mit den Gymnasiasten Alexander Tischbirek, Saskia Schug und Julia Weitzel (von links) viel zu sagen gibt, wird in Projekten wie „Wir modellieren die Farbstoffindustrie“ oder „Chemie und Gesundheit“ deutlich, die Wiskamp im Rahmen der jährlichen Themenwochen an der Lichtenbergschule angeboten hat. Nicht minder wichtig ist es dem Fachhochschul-Dozenten, dass die Schüler die Chemie auch kommunizieren können. So lernten die Teilnehmer einer Arbeitsgemeinschaft „Schreiben und Vortragen in der Chemie“ Techniken, die sie im Studium gebrauchen können – wie man einen fesselnden Vortrag hält oder ein Poster für Tagungen vorbereitet. Auch in der Hochbegabten-Förderung ist Wiskamp aktiv, in Zusammenarbeit mit der Kinder- und Jugendakademie Südhessen. Besonders befähigte Schüler können sich ein halbes Jahr jeweils freitags vom normalen Unterricht befreien lassen und dafür an der Fachhochschule spezielle Projekte durchführen. In den Chemiekursen gründen sie beispielsweise eine „virtuelle Chemiefirma“ oder erleben die Chemie als Kulturwissenschaft. Da Englisch die internationale Sprache der Wissenschaft und Technik ist und auch in der Lehre an der Fachhochschule vermehrt Einzug hält, baut Wiskamp gelegentlich englischsprachige Elemente in seine Veranstaltungen ein. Dadurch werden Berührungsängste der Schüler mit der Fremdsprache abgebaut. 6 Die Gegenwart – Profil der Schule Bei den Schülern ist Wiskamps bisheriges Gastspiel gut angekommen, und auch Wiskamp profitiert davon für seine Arbeit an der Fachhochschule. Er kann jetzt viel besser einschätzen, welche fachlichen Vorkenntnisse seine Studierenden haben und welche Lernstrategien sie besitzen. 2: Kunstwerke aus der Chemiker-Küche Er hat auch eine plausible Erklärung dafür, warum sich so wenige Schüler für Naturwissenschaften begeistern, was zu dem derzeit allenthalben laut beklagten Nachwuchsmangel auf diesem Gebiet führt: Die Schule ist ein Tauschgeschäft ( kurzfristig eingepauktes Wissen gegen eine gute Note in einer Klassenarbeit. Leider ist das Wissen nicht beständig, es wird sofort wieder vergessen. Für die Naturwissenschaften ist diese Schüler-Überlebensstrategie aber denkbar ungünstig, denn die Naturwissenschaften machen kontinuierliches und geduldiges Arbeiten erforderlich. Umso wichtiger ist es, die Motivation der Schüler immer wieder anzuschubsen. Deshalb ist die Zusammenarbeit zwischen der Lichtenbergschule und der Fachhochschule Darmstadt langfristig angelegt. Mit einbezogen wurden inzwischen auch der Arbeitskreis Schule/Wirtschaft des Unternehmerverbandes Südhessen mit dem Programm Rent-A-Prof sowie die Firma Merck. Chemiedidaktische Journale haben mehrere Berichte von Wiskamp über seine schulischen Arbeiten publiziert, um sie einem größeren Interessentenkreis vorzustellen – in der Hoffnung auf Nachahmer. Prof. Dr. Volker Wiskamp 3: Faszinierende Chemie der Kosmetikprodukte Internationaler Workshop an der Lichtenbergschule Im Rahmen des Comeniusprogrammes, das Kontakte zu Schulen in Portugal, Spanien, Irland, Polen und Frankreich ermöglicht, wurden ausgesuchte Schüler dieser Länder an die Lichtenbergschule eingeladen, um an einem einwöchigen Kurs über das Rhein-Main-Gebiet teilzunehmen. Gelingen konnte dieser Workshop nur in Zusammenarbeit mit Schülern der Schule, die die ausländischen Gäste beherbergten und selbst, soweit sie dies mit ihrer schulischen Arbeit vereinbaren konnten, an diesem Kurs teilnahmen. Vom 20. – 27. Oktober 2001 fand nun zum ersten Mal dieser Kurs statt, in englischer Sprache, da diese von allen Schülern am besten beherrscht wird und außerdem Verkehrssprache in der ganzen Welt ist. Im Laufe dieses Workshops fuhren die Gäste nach Frankfurt , Mainz, dem Kühkopf (Bsp. eines Naturschutzgebietes) und natürlich kamen auch die Stadt und die Geschichte Darmstadts nicht zu kurz. Qualifizierte Führungen in englischer Sprache, Erleben der Natur am Kühkopf beim Paddeln und intensiver sprachlicher Austausch mit den deutschen Schülern brachte ihnen das Rhein-MainGebiet nahe. Darüber hinaus wurden enge persönliche Kontakte geknüpft, die zu gegenseitigen Besuchen führen werden. Abschließend wurde von jeder Gruppe ein schriftlicher Bericht erstellt, der die Resultate dieses Besuches festigen und vertiefen sollte. Internationaler Workshop Die Lichtenbergschule hat somit als Europaschule einen wichtigen Schritt in die Zukunft des Kontinents Europa unternommen, indem sie Jugendliche verschiedener Nationen in entspannter Atmosphäre zu gemeinsamem Lernen und Erleben zusammenbrachte. Auf Grund der äußerst positiven Resonanz der Teilnehmer wird dieser Versuch in den nächsten Jahren wiederholt werden. W. Conrad/M. Hiemenz Science across Europe – Ein Blick über den Tellerrand Weil sich die Länder Europas immer mehr nähern, ist es wichtig, das Bewusstsein unserer Schülerinnen und Schüler für die Ansichten und Werte in anderen Gesellschaften zu wecken – dies gilt in besonderem Maße für eine Europaschule. Viele Probleme, mit denen wir konfrontiert werden, wie die Qualität des Wassers, die Energieversorgung, unsere Ernährung und unsere Gesundheit, sind von allgemeinem Interesse und führen zu wissenschaftlichen Auseinandersetzungen. Die Ansichten zu diesen Problemen können jedoch von Land zu Land und von Region zu Region unterschiedlich sein, abhängig von den jeweiligen Bedürfnissen und Voraussetzungen. Der Kern dieses Programms besteht daher im Austausch von Informationen, Daten und Ansichten zu kon- kreten Themen. Diese befassen sich mit dem Energieverbrauch zu Hause, mit erneuerbaren Energien in Europa, mit Trinkwasser, mit Auswirkungen einer globalen Erwärmung und vielem mehr. Eine große Anzahl von Einzelinformationen aus mehreren Ländern fügt sich so zu einem Gesamtbild. Der Austausch der Daten geschieht über das Internet, ebenso eine gemeinsame Analyse der Ergebnisse. Auf diese Weise werden Probleme aus europäischer Perspektive beleuchtet und in einen größeren Kontext gebracht. Die Schülerinnen und Schüler bekommen bei diesem Angebot (zunächst in Form einer Arbeitsgemeinschaft) die Gelegenheit, fächerverbindend und mit weit entfernten (nicht nur) europäischen Mitschülern an einem gemeinsamen Projekt zu arbeiten – und nebenher Fremdsprachen zum Leben zu erwecken. Thomas Schmidt [ 64 · 65 ] 6 Die Gegenwart – Profil der Schule Themenwoche an der LuO Die Themenwoche, heute Bestandteil des (Europa-)Schulprogrammes, entstand vor vier Jahren nach intensiver, anhaltender Initiative der Eltern. Welche Bereicherung des Schulalltages war gewünscht? Wandgestaltung Juli 1998 Die Schüler sollen sich in Kleingruppen klassen- und jahrgangsübergreifend mit einem – von ihnen gewählten – Thema beschäftigen, und zwar zusammenhängend. Nach vier Tagen Arbeit werden am fünften Tag die Ergebnisse der Schulgemeinde präsentiert. Die Themen können fächerübergreifend sein, dem Bereich Methodenlernen zuzuordnen sein, soziale und handwerkliche Aspekte, Beziehungen zu Umfeld und Umwelt oder gar interkulturelles Lernen in den Mittelpunkt stellen. Was unterscheidet nun unsere Themenwoche von anderen? Zunächst wird die Planung und Durchführung von einem Organisationsteam aus Lehrern, Eltern und Schülern durchgeführt. Für ein vielfältiges, kompetent fundiertes Kursangebot sorgen nicht nur Lehrer, sondern auch Schüler mit eingebrachten außerschulischen Domänen, Eltern mit ihren Erfahrungsund Wirkungsbereichen und externe Fachleute. Dank dieser Gemeinsamkeit ist ein quantitativ und qualitativ äußerst bemerkenswertes Kursspektrum für die Schüler entstanden, hier eine kleine Auswahl: • Kernenergie für Europa • Jugendstil im internationalen Vergleich • Steine sprechen – römische Inschriften • Web-Design • Mit Ikarus und Co ins 21. Jahrhundert • Modelle der Menschen in der europäischen Psychologie • Flagfootball • Astronomie • Philosophie für Neugierige • Origami – Kunstwerke aus Papier • Schwedisch für Anfänger • Selbstbehauptung und Selbstverteidigung • Sicherheit und Administration im Schulnetz • Vom Buchdruck zum Internet • Rope-Skipping • Chemie, direkt um uns herum • Wie eine Werbekampagne entsteht • Schulkonflikte managen • Varus, Varus, gib mir meine Legionen wieder • Hip Hop / Boygroup dance • Vegetarische Küche • Afrika – der dunkle Kontinent • Pen und Paper • Rollenspiele • Medium Radio: Wir machen Schulradio • Creative Writing and Acting • Luftfahrt/Segelfliegen Bereits die erste nach diesem Konzept im Schuljahr 1998/1999 durchgeführte Themenwoche war ein voller Erfolg. Schüler und Lehrer erlebten eine äußerst positive Woche am Schuljahresende. Dies führte unmittelbar zum Start der Vorbereitungen der nächsten Themenwoche für das Ende des Schuljahres 1999/2000. Der erneute Erfolg ermutigte zu Variationen: Kopplung der meisten Kursthemen an das Motto „Europa“ und zeitliches Abrücken vom Schuljahresende. Die gewählte zeitliche Parallelisierung mit den Studien- und Austauschfahrten im Frühherbst des Schuljahres 2000/2001 – gleichbedeutend mit einer Vorbereitungsphase über den Schuljahreswechsel hinweg – bewährte sich nicht. So laufen die Vorbereitungen für die Themenwoche dieses Schuljahres bereits für das aktuelle Schuljahresende, das Motto wird die Visionen einer Schulentwicklung andeuten: „LuO international“. Dr. Astrid Wiemann [ 66 · 67 ] 6 Die Gegenwart – Profil der Schule Aus den Anfängen Schulpartnerschaft zwischen der „Junior Highschool“ und der LuO Der Initiative und dem persönlichen Einsatz des amerikanischen Lehrers Carl darin eingebundenen Vertrauenslehrer Seip und Weißert mit der Wahrnehmung dieser Partnerschaft. Die Schulsprecher der LuO – zunächst Alexander Pfeiffer, später Herbert Eifert, dazu die beiden Vertauenslehrer und die Vertre- Lehrer der LuO in der Junior Highschool und dafür amerikanische Lehrer hier bei uns. Absolute Höhepunkte der Zusammenarbeit der Schulen aber waren unbestreitbar die „Talent-Shows“. Im ameri- Großer Aufmarsch – Ansage durch Vertrauenslehrer Bley, Talentshow ‘68 kreises. Dann begannen die vielen so unterschiedlichen Darbietungen eines dreistündigen Programms. In einem kleinen Beiheft dazu war im Vorwort zu lesen: WELCOME The program being presented is under the sponsorship of the American School Darmstadt, with the cooperation of the Lichtenberg School. This is just one of the varied programs conducted by the two schools. It is through such programs, that we hope to develop a better understanding Zufriedene Mienen – Mr. Lane im Gespräch mit Herrn Bley between the youth of both the W. Lane jr. war es zu verdanken, dass in den 60er und auch noch zu Beginn der 70er Jahre eine recht intensive Partnerschaft zwischen zwei Schulen in Darmstadt, der amerikanischen „Junior Highschool“ in dem Lincoln-Village und unserer „Lichtenbergschule“ bestand. In einem Gespräch, in dem er seine Konzeption vorstellte, hatte Mr. Lane den damaligen Direktor der LuO, Dr. Wiegand, für ein solches Vorhaben gewinnen können. Dieser betraute daraufhin im September 1966 die SMV (Schülermitverantwortung, Vorläufer der heutigen SV) seiner Schule und die ter der amerikanischen Seite mit vor allem Carl Lane bildeten in der Folge ein gut arbeitendes und harmonisierendes Team, das das „Programm zur Förderung freundschaftlicher Beziehungen zwischen deutschen und amerikanischen Schülern“ weiterplante und dann auch umsetzte. Da gab es dann Unterstufenfeste in der LuO, einen Tanzabend für die älteren Schüler in der amerikanischen Schule, gemeinsame Weihnachtsfeiern, Sportveranstaltungen, die unvergessenen Picknicks auf einem Armeegelände bei St. Stephan, Begegnungen zwischen einzelnen Klassen und schließlich auch einen Schüler- und Lehreraustausch. Bei diesem besuchte eine Reihe von Schülern die jeweils andere Schule, dazu unterrichteten an einem Tage kanischen Erziehungssystem eine feste Größe, waren sie damals für uns SüdBessunger etwas völlig Neues: Schüler beider Schulen traten in einer Art Varieté-Schau erstmals gemeinsam in der Öffentlichkeit auf und boten ihr Können im künstlerischen oder auch sportlichen Bereich dar. Der erste derartige Wettbewerb, in der LuO-Aula noch im Dezember 1966 an zwei Abenden vor jeweils vollem Haus durchgeführt und von einer hochkarätigen Jury bewertet, begann mit den Hymnen beider Völker und dem Verlesen von Grußbotschaften, so vom US-Botschafter in Bonn, vom Hessischen Kultusminister, vom Oberbürgermeister Darmstadts und dem Landrat des Land- Dieses Motto „ Freundschaft durch Verständnis“ (oder besser: durch Verstehen) bestimmte auch in den folgenden Jahren diese Schulpartnerschaft. Auf der LuO-Seite waren dann aber damit andere SMV-Delegierte und Darmstadt community and the American community. For this reason we have selected the motto: WILLKOMMEN Titelbild des Talentshow-Heftes ‘68 Unser heutiges Programm, bei dem Schüler der LichtenbergSchule mitwirken, steht unter der Schirmherrschaft der Amerikanischen Schule Darmstadt. Diese Aufführung ist nur eine von verschiedenen gemeinsamen Veranstaltungen der beiden Schulen. Wir hoffen, durch diese Zusammenarbeit das Verständnis zwischen der amerikanischen und der deutschen Jugend verbessern zu können. Für unser gesamtes Programm haben wir als Motto „FRIENDSHIP THROUGH UNDER- Schulsprecher, aber auch andere Vertrauenslehrer: Bley, Spuck, Zahrt, …, befasst. Der Motor der langjährigen Schulpartnerschaft war weiterhin Mr. Lane. Als dieser dann aber anfangs der 70er Jahre versetzt wurde, kam nach einiger gewählt: STANDING“ „FREUNDSCHAFT DURCH VERSTÄNDNIS“ Zeit die Zusammenarbeit zwischen den beiden Schulen und ihrer Schülerschaft zum Erliegen. Die 5 bis 6 Jahre einer intensiven Partnerschaft aber waren für beide Schulen und die an ihrer Umsetzung Beteiligten sehr fruchtbar gewesen. Besonders wir von der LuO haben dafür „unserem Carl“ zu danken. Zuletzt war er „assistant principal“ an einer Schule in Frankfurt und im Taunus ansässig. 67 jährig starb er 1996. Volkmar Weißert [ 68 · 69 ] 6 Die Gegenwart – Profil der Schule Biologie in englischer Sprache unterrichtet – ein Schulversuch an der LuO Die Idee dazu hatte damals unser stellvertretender Direktor, Karl von der Au. Und Mr. Lane, Biologie-Lehrer an der amerikanischen Schule in dem Darmstädter Lincoln Village und guter Geist der Partnerschaft unserer beiden Schulen, war sofort Feuer und Flamme. Ihn hatte Karl von der Au nämlich dazu ausersehen, einen derartigen Unterricht an der LuO zu halten. Als dann auch noch das Hessische Kultusministerium mitmischte, konnte etwas für die damalige Schullandschaft völlig Revolutionäres und wohl auch Einmaliges Gestalt annehmen: An der Lichtenbergschule wurde das Fach Biologie einige Jahre lang in einigen Klassen bzw. Lerngruppen der Obersekunda in englischer Sprache unterrichtet. Carl Lane übernahm diesen erstmalig im Schuljahr 1969/70 laufenden Unterricht, von Wiesbaden als Schulversuch genehmigt, zusätzlich zu seiner Tätigkeit an der hiesigen amerikanischen Schule. Aus rechtlichen Gründen wurde ich ihm als deutscher Fachkollege zunächst noch zu diesem teilweise epochal gehaltenen Unterricht zuge- ordnet. Allein schon das gemeinsame Vorbereiten dieser Biologiestunden verschlang viel Zeit, galt es doch, in Ermangelung eines geeigneten Lehrbuchs jeweils Arbeitspapiere in Englisch abzufassen und dann auch zu vervielfältigen (zu der Zeit gab es an der LuO noch kein Kopiergerät!), die den Schülern Hilfestellung in einem solchen, völlig ungewohnten Unterricht geben konnten. An diesem „Biologie-Unterricht auf Englisch“ nahmen zu Beginn die sprachlichen Obersekunden (heute Klassenstufe 11) im Klassenverband teil. Das war lange vor der Einführung der gymnasialen Oberstufenreform. Daher war im zweiten Jahr des Schulversuchs auch noch das modifizierte Verfahren, in dieser Klassenstufe sich für die Teilnahme am Biologie-Unterricht mit deutscher oder englischer Unterrichtssprache entscheiden zu können, für die Schüler etwas ganz Neues. Viele von ihnen haben sich damals im zweiten und auch noch im dritten Jahr des laufenden Schulversuchs für Englisch als Unterrichtssprache entschieden und dadurch auch ihre Sprachkenntnisse verbessern können. Im Unterricht galt es zunächst, mit Hilfe der Texte in den Stundenpapieren ein Fachvokabular zu erarbeiten, dessen Beherrschen erst ein Beteiligen am nachfolgenden Unterrichtsgespräch ermöglichte. Begünstigt wurde diese Schulversuchsphase durch eine von Mr. Lane zur Verfügung gestellte große Handbibliothek englischsprachiger Biologiewerke. Jeder Schüler hatte nämlich im Laufe des Jahres „ExtraReading“ zu betreiben und auf einer Kartei-Karte nachzuweisen. Dazu waren, ebenfalls unter Verwendung dieser Fachbibliothek und wohl auch erstmals bei einer solchen Tätigkeit unter Markierung verwandter Textstellen mit „footnotes“, kurze Abhandlungen (term-papers) zu biologischen Aspekten zu schreiben. Mehrfach wurde der Lernfortschritt der gesamten Gruppe aber auch schriftlich getestet. Das hier geschilderte Verfahren war damals die Arbeitsweise in einer amerikanischen vergleichbaren Schule, allerdings stark vereinfacht und auf die Verhältnisse eines Schulversuchs an der LuO zugeschnitten. Wie sehr durch einen anfangs so ungewohnten Fachunterricht Förderung möglich wurde, zeigt die Tatsache, dass im zweiten Jahr auf Antrag mehrerer Schüler, die im ersten an diesem Biologie-Unterricht teilgenommen hatten, eine Arbeitsgemeinschaft „Discussion in English about Scientific Knowledge“ ebenfalls mit Mr. Lane zustandekam. Nach dem dritten Jahr allerdings musste der bis dahin so positiv verlaufene, so einmalige Schulversuch an der LuO beendet werden, Mr. Carl W. Lane jr. wurde nämlich zum Bedauern seiner deutschen Schüler und der gesamten Schulgemeinde an eine andere amerikanische Schule in Norddeutschland versetzt. Volkmar Weißert 6.2 schüleraustausch Austausch Chesterfield 1988 – 1989 Durch Vermittlung von Herrn Johannes Mitterle, der Kontakte zum Lyons Club Chesterfield hatte, kam im Sommer 1988 ein Austausch mit der Manor Community School in Chesterfield zustande. Dem Direktor der Schule, Mr King, – auch er Lyons Mitglied – war sehr an dem Austausch gelegen und es gelang ihm, zwanzig deutsche Schülerinnen und Schüler in Familien in Chesterfield unterzubringen, obwohl nur sechs englische Schülerinnen und Schüler zu uns kommen konnten. Hauptverantwortlich für den Ablauf in Chesterfield war die Leiterin des German department, Joan Watson. An der Lichtenbergschule organisierten Frau Brigitte Volk-Heiser und Frau Rigmor Podack den Austausch. Am 02.07.1988 flogen wir mit unseren Schülerinnen und Schülern nach London, wo wir mit einem von dem Lyons Club gecharterten Bus nach Chesterfield gebracht wurden. Zwei herrliche Sommerwochen verbrachten wir mit landeskundlichem Schwerpunkt in der wunderschönen grünen Landschaft des ehemaligen Coal District und des Derwent Water. Die Gastfreundschaft der englischen Familien ist uns ganz besonders in Erinnerung geblieben. Die englischen Gäste waren in der Zeit vom 29.06. bis 09.07.1989 in Darmstadt. Mr und Mrs King wohnten bei unse- rem damaligen Direktor Hans Werner Schneider. Herr Christoph Ganß war für das vielfältige Programm in Darmstadt zuständig, das mit einem Grillfest auf dem Rasen zwischen dem Altbau und der neuen Turnhalle beendet wurde. Chesterfield Mrs Watson besuchte nochmals Frau Podack eine Woche im Sommer 1991, dieses Mal mit ihrer Familie. Einige unserer Schülerinnen und Schüler pflegen noch heute Kontakte zu ihren Gastfamilien. Leider konnte dieser so vielversprechend begonnene Austausch nicht fortgesetzt werden, da bereits im Herbst 1989 Direktor King die Manor School verließ. Die Schule sah sich nicht mehr in der Lage, den Austausch fortzusetzen. Rigmor Podack Schottlandaustausch Eine dauerhafte Partnerschaft zwischen der LuO und einer britischen Schule war seit Jahren von Schülerund Elternschaft gewünscht worden. Private Kontakte von Frau Dr. Grassmann-Fry zu Mr. Peter McAvoy, dem Schulleiter der Islay High School in Bowmore auf der schottischen Hebrideninsel Islay, führten seit April 1995 zum Aufbau einer Schulpartnerschaft als einem der ersten Europaprojekte unserer Schule. Der erste Austausch fand im Mai 1996 unter der Leitung von Frau Dr. Grassmann-Fry und Frau Würges statt. Für die Schüler beider Schulen handelte es sich um einen Kulturschock, der nicht größer hätte sein können: eine kaum 4000 Einwohner zählende, an Naturschönheiten reiche, am Rande Europas gelegene Insel mit ihrem täglich von 2 kleinen Maschinen angeflogenen Airport und ihrer von ca. 300 Schülern besuchten Gesamtschule und unser im Ballungszentrum Rhein-Main im Zentrum Europas gelegener Schulgigant. Und so bereiteten die 22 Lichtenberg-Schüler im Anschluss an die Austauschfahrt an 2 Projekttagen ihre Begegnungen und Erfahrungen mit der gälischen Inselkultur auf. Das Ergebnis war eine Dokumentation der Fahrt in Form von Berichten, Analysen, Fotos [ 70 · 71 ] 6 Die Gegenwart – Profil der Schule Crieff High School Peter McAvoy (Schulleiter) und Videofilmen, die anlässlich eines Abschlussabends im September 1996 den Eltern präsentiert und anschließend der Schulgemeinde in einer mehrmonatigen Ausstellung zugänglich gemacht wurde. Alle Beteiligten waren sich einig darin, dass wir dem Europagedanken ein Stück näher gekommen waren. Für 1997 wurde von schottischer Seite eine Besuchspause gewünscht, da die Schule auf Islay im Jahr zuvor ein Zehntel ihrer Schülerschaft für den Austausch mobilisiert hatte. Seine Versetzung auf das schottische Festland im darauffolgenden Jahr sah Mr. McAvoy noch als Hindernis für eine Fortsetzung des Austausches an: Er bot seine neue Schule in Crieff am Fuße des Highlands als Partnerschule an. Die Bedingungen waren insgesamt für uns günstiger: eine kürzere Anreise, eine größere Schülerschaft (ca. 600) und das Angebot von Deutsch im Curriculum , das auf Islay gefehlt hatte. Partie war Donny, das schottische Original, der echte „native speaker“ mit Kilt und allem, was dazu gehört, im Gepäck und ansteckend guter Laune. Mit ihnen zusammen machten wir zahlreiche Exkursionen. Wir ließen uns belehren über die Art, wie man Whisky bereitet (die älteste Distillerie, Glenturret, ist nur eine Stunde zu Fuß von Crieff entfernt), wir bewunderten das schottische Blackface Schaf und die Highlander Kuh und andere Prachtexemplare einheimischer Züchtungen auf dem Auktionsmarkt in Perth, besichtigten eine historische Textilfabrik in Dundee und sahen viele für die schottische Nationalgeschichte wichtige Sights. Zur Tradition geworden ist inzwischen der Abschiedsabend mit schottischer Musik und Highlandtänzen, die jeden vom Stuhl holen und alle in schönster Harmonie durcheinaner wirbeln lassen. Barbara Breyer Dr. Grassmann-Fry USA-Austausch Der erste Austausch mit der Partnerschule in Crieff fand 1999 statt. Nachdem die schottischen SchülerInnen im Mai bei uns gewesen waren, begleiteten Frau Podack und Frau Breyer 25 SchülerInnen aus den verschiedenen Klassen der Jahrgangsstufen 8 und 9 nach Crieff. In der dortigen High School fanden wir eine besonders angagierte Kollegin in der Deutschlehrerin Jillian Chaleston, die nach wie vor sehr zum Gelingen des Austausches beiträgt. Von Anfang an mit von der Als im Bereich der Partnerschaft Wisconsin-Hessen auch Schulen die Möglichkeit bekamen, Austauschprogramme aufzubauen, waren wir von der LuO natürlich dabei. Mit der Lutheran Highschool in Somers wurden Kontakte geknüpft und im Januar 1993 besuchte uns die erste Schülergruppe aus Wisconsin. Der Gegenbe- McAvoy mit deutscher Gastschülerin [ 72 · 73 ] 6 Die Gegenwart – Profil der Schule such fand dann schon bald danach eine Woche vor – und zwei Wochen in – den Osterferien statt. Drei Wochen erlebten wir ein Amerika, das eben nicht den Klischees entsprach. Unsere buntgemischte multikulturelle Gruppe traf auf die Schulgemeinde einer strikt lutheranischen Privatschule, was sicher zu vielen Gesprächen Anlass gab. Faszinierend war natürlich auch „windy city“ Chicago. Man genoss die Tage und als der Abschied kam, ließ man wirklich Freunde zurück, auch wenn man sich nach so viel Cola auf Mineralwasser, nach so vielen Burgern auf etwas „zum Schneiden und Kauen“ freute. Nachdem durch diesen Austausch die Basis gelegt war, ging es weiter im Schneeballsystem: Nach der ersten Betreuung durch Frau Würges und Frau Dömel ging es dann weiter mit Frau Dömel und Herrn Kärcher, Frau O’Neill, Herrn Hohmann, Frau Orff, Herrn Bley, Herrn Ganß und Frau Pfleger, wobei man allerdings festhalten muss, dass bei der oder dem einen der Schneeball des öfteren kleben blieb. Somers alleine genügte bei dem Ansturm durch die deutschen Schüler auch bald nicht mehr und so kam dann noch Fond du Lac mit in das Austauschprogramm, das doch jetzt schon auf eine „Tradition“ zurückblicken kann. Auch fand man andere attraktive Ziele . Chicago mit seinen Wolkenkratzern wich der Metropole New York. Zwar wurde jetzt der Austausch 2001 wegen der schrecklichen Ereignisse in NY und Washington verschoben, aber wir hoffen doch, dass der Austausch ungehindert weitergeht und dass wir dann in zwei Jahren unser 10-jähriges Jubiläum in einer friedlichen Welt feiern können. Brigitte Würges Austausch Marquise – Troyes – Boulogne Seit über 25 Jahren bestehen zwischen der Lichtenbergschule und französischen Schulen Kontakte, die zu intensiven, einmal jährlich durchgeführten Austauschprogrammen führen. Insbesondere die Partnerschaft mit Marquise, einer Kleinstadt in der Nähe von Boulogne, gestaltete sich sehr „familiär“ und deshalb sehr erfolgreich, weil die Kontinuität durch die organisierenden Lehrer gewahrt blieb und aus diesem Grund ein persönlicher Bezug zustande kam, der auch in Zukunft den Austausch der 8. Klassen gewährleisten wird. Einziges Problem bleibt die Abnahme der Lernwilligen für das Fach Deutsch in Frankreich, was zu einer Verminde- Lutheran Highschool rung der Schülerzahlen führte; dennoch werden wir uns bemühen, trotz dieser Schwierigkeiten den Austausch am Leben zu erhalten. Für die Oberstufe bestand bis in die 80er Jahre eine jährlich durchgeführte Fahrt nach Troyes, die aber mangels Interesse von französischer Seite nicht mehr stattfinden konnte. Erst vor zwei Jahren wurde eine neue Verbindung geknüpft zum Lycée Mariette in Boulogne, die sich zur Zeit sehr erfolgreich entwickelt und auch in Zukunft, soweit sich die Schüler und Kollegen dafür engagieren, fortgeführt werden kann. Etwa 20 – 25 Schüler nehmen an diesem Austausch teil, für Marquise sind es etwas mehr als 20. Um die in der Schule erlernte Sprache auch anwenden zu können, ist es unbedingt nötig, dass die Schüler in Verbindung treten zur anderen Lebens- art und Kultur. Aus diesem Grunde werden sie von uns, den Lehrern, auch weiterhin motiviert, in möglichst großer Zahl an den Austauschprogrammen teilzunehmen. Es ist immer wieder erfreulich festzustellen, dass einige Schüler durch diese Kontakte zu einer andauernden Freundschaft finden, die zu gegenseitigen privaten Besuchen führt. Damit ist ein Ziel des Austausches gewährleistet, nämlich Freundschaften zu schließen, die das ganze Leben dauern können. W. Conrad [ 74 · 75 ] 6 Die Gegenwart – Profil der Schule Szia, Budapest! „Na, wie, Ihr Ungarnurlauber, wieder zurück? Wars schön? Und wir mussten schaffen!“ Es war nicht immer leicht, diese Art der Begrüßung nach der Rückkehr aus Budapest trotz Müdigkeit und lahmem Rückgrat nach 13-stündiger Bahnfahrt mit lächelnder Gelassenheit zur Kenntnis zu nehmen und einfach nur mit „Ja, natürlich“ zu beantworten. Irgendwie hatte sich das Image von unbeschwertem Urlaub mit dem Ungarnaustausch verbunden, warum, das war uns schleierhaft. Vielleicht hatten wir zu begeistert von Budapest und Ungarn erzählt, zu euphorisch von der Gastfreundschaft der Menschen geschwärmt und den Stress, den wir trotz allem immer hatten, zu wenig nach außen gekehrt. Vielleicht war aber auch die Art der Entstehung des Kontakts zwischen dem Arpad-Gymnasium und der LuO einfach auf den Kontakt selbst übertragen worden? Der Fama zufolge war er nämlich das Ergebnis einer Plauderei, wie die Ungarn so schön sagen, bei einem Kirchweihfest, zu dem Herr Knieß, ein Ungarndeutscher aus St. Stephan in Griesheim und damals 1986 an verantwortlicher Stelle in der Schulabteilung des RP tätig, mit dem OB von Darmstadt, Herrn Metzger, in seinen Heimatort gefahren war. Man saß in gemütlicher Runde mit dem Pfarrer und seinem Sohn Herrn Liska, der gerade am ArpadGymnasium als Lehrer angestellt worden war, zusammen, aß, trank, unterhielt sich, nein, plauderte , und dann entstand irgendwann die Idee: Warum sollte man nicht einen Kontakt zwischen dem Arpad-Gymnasium in Budapest und einem Darmstädter Gymnasium herstellen? Die Ungarn könnten vor Ort deutsch lernen und für Darmstadt wäre es ein Chance, eine Partnerschaft mit einem osteuropäischen Gymnasium herzustellen, das hatte man nämlich noch nicht!. So einfach sich das in Kirchweihatmosphäre auch darstellte, in der Darmstädter Realität sah es doch etwas anders aus. Die Risikofreudigkeit der Oberstudiendirektoren wurde eindeutig gebremst durch die Vorstellung, Begegnungsfahrten in Länder jenseits des Eisernen Vorhangs zu organisieren. Nur Herr Schneider ließ sich nicht schrecken: Seine Schule, die LuO, würde das schon schaffen – und er hatte recht! Sozusagen im Vorgriff auf die von ihm später als Schulleiter initiierte Europaschule war es Herr Schupp, der als erster mit seinem Mathematikleistungskurs die Erweiterung Europas nach Osten für die LuO und ihre Schüler 1988 realisierte. Viel Überzeugungskraft und Arbeit bei Schülern, Schulamt und „finanzkräftigen Institutionen“ waren notwendig, damit die Studienfahrt nach Ungarn stattfinden konnte, ebenso wie der Gegenbesuch der Budapester Schüler – in einem Bus, der bei näherem Hinsehen auf den Zusammenbruch des Ostblocks hätte schließen lassen können! Aber es war ein voller Erfolg: [ 76 · 77 ] 6 Die Gegenwart – Profil der Schule Die anfänglichen Zögerlichkeiten der deutschen Schüler waren wie weggeblasen von der Aufnahme, die ihnen von Ihren Gastgebern bereitet wurden: Gastfreundschaft in dieser Form hatte man so noch nicht erlebt! Und dann war ja auch noch die Stadt Budapest und das Land selbst ... Dass nach 1990 eine Umstellung von Studienfahrten in der Jahrgangsstufe 13 auf Schüleraustauschfahrten in der Jahrgangsstufe 10/11 erfolgte, lag letztlich daran, dass der Altersunterschied zwischen den ungarischen und deutschen Partnern zu groß war. Eine echte und wenn möglich in Einzelfällen auf Dauer angelegte Partnerschaft ergibt sich am ehesten, wenn mit gleichem Alter auch ähnliche Interessen gegeben sind. Auch sollte nach der Öffnung Europas nach Osten möglichst vielen Schülern die Chance gegeben werden, auf nichttouristischem Weg diesen ihnen bis dahin weithin verschlossenen Bereich kennen zu lernen. Als nicht ganz einfach entwickelte sich die Umsetzung dieser Überlegung. Austausch wird im Regelfall mit dem Lernen einer Sprache vor Ort verbunden, was sich dann positiv auf die Note auswirkt. Aber, bitteschön, wer lernt an der LuO schon ungarisch? Das daraus oft entstehende Vorurteil, dass der Ungarnaustausch damit eigentlich Ferien während der Schulzeit sind, ist häufig nur schwer zu entkräften. Dass man auch etwas lernen kann, was sich nicht in Noten niederschlägt, nämlich das Kennenlernen von anderen Lebensweisen und -welten und ihren Wurzeln, Ungarisches Gastgeschenk Der Austausch findet im Wesentlichen an 2 Terminen statt: im Frühjahr kommen die ungarischen Schüler für 10 Tage nach Darmstadt, im Herbst besuchen unsere Schüler Budapest. Dabei hat sich in den letzten Jahren ein bestimmter Ablauf herausgebildet: • Nachdem beide Schulen ihre Teilnehmer ermittelt bzw. gewonnen haben, werden mit Hilfe von Steckbriefen passende Partnerpaare gebildet. Daraufhin werden die ersten Briefe geschrieben, um sich so etwas näher kennen zu lernen. • Im Frühjahr kurz vor den Osterferien kommen dann die ungarischen Gäste nach Darmstadt. Anreisetag ist der Samstag, damit die Schüler sich zuerst privat kennen ist ebenso wichtig, vor allem deshalb, weil für die meisten unserer Jugendlichen der Osten Europas terra incognita und damit sehr oft mit Vorurteilen beladen ist. Gerade in einer Zeit, wo Europa zusammenwächst, sollte man den politischen Aspekt einer solchen Jugendbegegnung nicht unterschätzen. Die Luo als Europaschule hat hier alle Möglichkeiten, und gerade wenn man die Projektarbeit betrachtet, mit der im Ungarnaustausch begonnen wurde, kann man auch ermessen, welche Chancen neben den deutschen auch den ungarischen Schülern gegeben werden. Und das Fazit? Urlaub ist der Austausch ganz gewiss nicht, selbst wenn man das lahme Rückgrat einmal außer Acht lässt. Aber er macht vor diesem Hintergrund Sinn und Spaß. Und warum soll Schule nicht sinnvollen Spaß machen – wenn es gute Gründe dafür gibt? Johanna Reisky Lichtenbergschule Darmstadt – Arpad-Gymnasium Budapest Der Austausch mit dem Arpad-Gymnasium soll Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 10 ansprechen, wobei die Intentionen für die Teilnahme an diesem Austausch vielschichtig und im Ansatz auch unterschiedlich sind. Auf ungarischer Seite steht im Vordergrund die Anwendung der im Unterricht erlernten Deutschkenntnisse. So werden die Schüler, die am Austausch teilnehmen dürfen, auch in erster Linie nach ihren Leistungen und Fähigkeiten im Fach Deutsch ausgewählt. Auf deutscher Seite spielen vor allem das Interesse an einem – größtenteils – fremden Land und dessen Kultur sowie die Neugierde auf neue Bekanntschaften eine wichtige Rolle für den Entschluss zur Teilnahme an diesem Austausch. lernen und in den Familien etwas einleben können. • Nach einer offiziellen Begrüßung am Montagmorgen in der Schule fährt die gesamte Gruppe nach Lindenfels, um dort 2 Tage an einem gemeinsamen Projekt zu arbeiten. In gemischten Gruppen wird ein bestimmtes Projektthema bearbeitet. Diese Arbeit hat sich als sehr sinnvoll erwiesen, da persönliche Beziehungen in dieser speziellen Situation besser aufgebaut werden können, vor allem aber wird durch das gemeinsame Arbeiten die Idee eines wirklichen Austauschs besonders gefördert. • Am Ende der 2 Tage präsentieren die Gruppen sich gegenseitig ihre fertigen Ergebnisse. • In den folgenden Tagen finden Ausflüge statt, die den ungarischen Gästen die kulturellen, historischen und politischen Besonderheiten der näheren Umgebung vermitteln sollen. Als Ziele haben sich in den letzten Jahren Frankfurt, Heidelberg und Wiesbaden bewährt. Daneben gibt es noch einen Sport- und Spieleabend in der mit typisch ungarischem Essen und einem Lichtenbergschule und eine Stadtrallye, bei Reiterprogramm sowie die Besichtigung der die Ungarn sowohl ihre Deutsch-, als eines Freilichtmuseums sollen dagegen die auch ihre Ortskenntnisse unter Beweis Schönheiten der Landschaft und die reich- stellen müssen. haltige Kultur Ungarns zeigen. Neben die- • Zum Abschluss des insgesamt 10tägigen sen Ausflügen findet ebenfalls ein Sport- Aufenthalts gestalten Eltern und Schüler und Spieleabend statt und in diesem Jahr einen Abschlussabend, wo die Ergebnisse der wurde zum ersten Mal auch eine Stadt- Projektarbeit präsentiert werden, man die rallye durch Budapest für die deutschen Erlebnisse der letzten Tage noch mal Revue Schüler durchgeführt. Als besonderen passieren lässt und bei Essen und Trinken Abschluss organisieren die ungarischen gefeiert und Abschied genommen wird. Gastgeber eine abendliche Fahrt auf einem Der Gegenbesuch der deutschen Schüler fällt in die Zeit vor den Herbstferien, d.h. in das neue Schuljahr (die Schüler sind jetzt bereits in der 11. Jahrgangsstufe), und dauert ebenfalls zehn Tage. • Anreisetag ist ebenfalls Samstag, um den Schülern eine gewisse Eingewöhnungsphase in die neue Umgebung zu gewähren und den ungarischen Gastgebern die Möglichkeit zu geben, ihren Gästen etwas von ihrer Stadt zu zeigen. Der Sinn und Zweck dieses Besuchs besteht in erster Linie darin, das Land Ungarn mit seinen geschichtlichen, politischen und gesellschaftlichen Besonderheiten kennen zu lernen und über den direkten persönlichen Kontakt mit den ungarischen Gastfamilien auch einen Einblick in den ganz normalen Alltag zu erhalten. • Nach der offiziellen Begrüßung am Montag beginnt das Programm für die kommenden Tage mit Ausflügen zu bedeutenden historischen, kulturellen und politischen Stätten Ungarns, wobei sich im Wesentlichen folgende Schwerpunkte herausgebildet haben: • Mit den Fahrten nach Esztergom, Vishe- Donauschiff, bei der den deutschen Gästen nochmals die Schönheiten Budapests vor Augen geführt werden. Als letzter und vielleicht auch wichtigster Schwerpunkt dieses Austauschs ist der persönliche Kontakt der Teilnehmer untereinander zu nennen. Das Kennenlernen nationaler Eigenheiten ist erst im privaten Umgang miteinander wirklich möglich. Den familiären und schulischen Alltag des Anderen mitzuerleben bietet die Möglichkeit Unwissenheit und Vorurteile abzubauen und sich somit freundschaftlich näherzukommen. Gemeinsame Unternehmungen, Disco- und Restaurantbesuche sowie die Abschlussabende vertiefen und festigen die entstandenen Verbindungen. Dass die Begegnungsfahrten gerade in diesem Punkt für alle bisherigen Teilnehmer ein Gewinn waren, haben uns die durchweg positiven Reaktionen der letzten Jahre gezeigt. Viele Kontakte bestehen noch heute und manche jüngeren Geschwister sind dem Beispiel der älteren gefolgt. grad, Tihany und Kecskemet wird ein guter Einblick in die ältere Geschichte Ungarns gegeben und anschaulich die Entwicklung dieses Landes vermittelt. Eine Bootsfahrt auf dem Balaton, ein Besuch in der Puszta Th. John [ 78 · 79 ] 6 Die Gegenwart – Profil der Schule Erlöser-Kirche hatten, Russisch als erste Fremdsprache zu wählen, haben dieses Angebot mit viel Enthusiasmus aufgenommen, bot diese Fahrt doch endlich die einmalige Chance, ihre Russischkenntnisse in die Praxis umzusetzen, Hörverstehen in authentischen Situationen zu üben und ihren Wortschatz z.B. um umgangssprachliche Wendungen zu erweitern. Die Schüler nutzten diese Gelegenheit, sei es in den sie betreuenden Familien, beim Einkaufen oder Cafébesuch, in Gesprächen mit Gleichaltrigen in der Schule. Der Schulbesuch an einer russischen Mittelschule, in der verstärkt Deutsch als Fremdsprache unterrichtet wird, machte den Schülern viele Unterschiede zu ihrer eigenen Schule klar. So stellten die Schüler fest, dass strenge Disziplin und Frontalunterricht den Schulalltag eines russischen Schülers prägen. Die Schüler verbanden jedoch gleiche Musikinteressen, Zukunftsvorstellungen und Alltagssorgen. Schüleraustausch mit der Petrischule in St. Petersburg Der Schüleraustausch unserer Schule mit der Petrischule in St. Petersburg fand 1996 zum ersten Mal statt. Die Russischschüler, die an unserer Schule zu dem Zeitpunkt noch die Möglichkeit Den Aufenthalt in den Familien haben alle Schüler als persönliche Bereicherung empfunden, da ihnen besonders hier die Unterschiede zur eigenen Umwelt bewusst wurden. So hatten einige Schüler das „Privileg“ in einer „kommunalka“, einer russischen Gemeinschaftswohnung, die sich etliche Familien samt Toilette,Wanne und Küche teilen müssen, zu wohnen. Darüber hinaus wurde ihnen klar, welche besondere Rolle nach wie vor der „babuschka“/Oma in der russischen Familie zukommt und wie wichtig der Zusammenhalt zwischen Verwandten und Freunden ist. Die Schüler erlebten die sprichwörtliche russische Gastfreundschaft und Freigebigkeit, obwohl viele Familien am Rande des Existenzminimums lebten. Der Schul- und Familienbesuch in St. Petersburg leistete einen wesentlichen Beitrag dazu, Vorurteile abzubauen, die eigene Umwelt zu relativieren und kulturelle Unterschiede zu akzeptieren. sorgten für eine langjährige enge Verbindung zwischen Deutschen und Russen. Diese historische Verbundenheit erwies sich als Motivation, selbst in der Geschichte unserer beider Völker zu forschen und auch weiterhin täglich in Funk und Fernsehen die Entwicklung in Russland zu beobachten. Die Besichtigung verschiedener Denkmäler der historisch sehr bedeutenden Stadt trug zur Erweiterung des landeskundlichen Horizonts der Schüler entscheidend bei. So wurde den Schülern durch den Besuch der reichen Zarenresidenzen in Puschkin und Pavlovsk oder des Prunkschlosses Peterhof die Kluft zwischen der schmalen Oberschicht und der verarmten übrigen Bevölkerung im 18. und 19. Jahrhundert sehr deutlich und ermöglichte eine eigene sehr anschauliche Beurteilung der geschichtlichen Entwicklung Russlands. Sehr motivierend für das weitere Erlernen der russischen Sprache erwies sich der Besuch bei der St. Petersburger Niederlassung der Firma WELLA: Nach einem Rundgang durch das Verwaltungsgebäude der Filiale und das anregende Gespräch mit dem Direktor Andreas Wegner konnte den deutschen Schülern vermittelt werden, dass Russlands zukünftige wirtschaftliche Entwicklung das Erlernen der russischen Sprache erstrebenswert macht und berufliche Zukunftsperspektiven eröffnen kann. Für die Schüler interessant waren auch die zukünftig eventuell möglichen Berufspraktika in der Petersburger WELLA-Filiale. (Leider konnten diese Praktika dann später nicht realisiert werden.) Den Schülern fiel auf, welchen großartigen Beitrag das russische Volk nach der Zerstörung Leningrads durch die faschistischen Truppen nach dem Zweiten Weltkrieg zum Wiederaufbau der Stadt geleistet hat. Durch die Besichtigung des Wachsfigurenkabinetts mit der sehr beeindruckenden Ausstellung zum Thema „Russland und die Macht“ wurde den Schüler verdeutlicht, wie nahe sich Darmstadt und Petersburg schon immer waren. So wurden zwei Zarinnen als Darmstädter Prinzessinnen nach Russland „importiert“ und Die deutschen Schüler ihrerseits erwiesen sich als gute Botschafter ihrer Schule, aber auch ihrer Stadt. Sie haben viel von Darmstadt und ihrer Umgebung erzählt und das Interesse der russischen Schüler an einem Gegenbesuch noch mehr geweckt. Der Gegenbesuch erfolgte im März 1997 und war von vielen anregenden Gesprächen, ausgelassenem Herumtollen im Erlebnisbad Miramar und gemeinsamen Besuchen in Heidelberg, Pertnerklasse in der Petri-Schule Mainz, der Flughafen AG und nicht zuletzt der Firma Wella in Darmstadt geprägt … Aufgrund der instabilen politischen und wirtschaftlichen Lage war es in den darauffolgenden Jahren sehr schwer, Eltern und Schüler für eine Fahrt nach Petersburg zu gewinnen. Es fand lediglich noch eine von Frau Boos und Frau Hiß-Brozovic organisierte Fahrt 1997/1998 statt. Wir hoffen sehr, dass die politisch-rechtliche und wirtschaftliche Situation sich in Russland stabilisiert, so dass diese wunderbare Stadt und ihre gastfreundlichen Bewohner bald wieder Besuch aus der Lichtenbergschule in Darmstadt bekommen werden. E. Dömel Empfang beim Direktor [ 80 · 81 ] 6 Die Gegenwart – Profil der Schule Schüleraustausch mit Jakutien (1994 bis 1997) – Ein schöner Traum Strenggenommen handelt es sich bei dem Kontakt der Lichtenbergschule Darmstadt zu Jakutsk, der Hauptstadt der Autonomen Republik, Sacha/Jakutien, mehr um eine Partnerschaft denn um einen richtigen Austausch. Sie begann mit dem Besuch von zwei Deutschlehrerinnen, die von der Darmstädter Reiseschriftstellerin Milli Bau nach Darmstadt eingeladen worden waren. Als eines der ersten Ziele suchte Frau Bau für ihre Gäste den Kontakt zur Lichtenbergschule, in der seit vielen Jahren Angebote im Fach Russisch für ganz Darmstadt und darüber hinaus gemacht wurden. Außerdem stand ab dem Schuljahr 1994/95 Russisch als erste Fremdsprache im Fächerkanon der Lichtenbergschule. Der Bericht der beiden Damen aus dem ca. 13.000 km entfernten Permafrostland faszinierte nicht nur die anwesenden Schüler und Kollegen, sondern führte auch spontan dazu, der Bitte um einen Besuch (15.02. bis 28.02.1994) von 8 Kolleginnen und einem Kollegen mit Deutsch als Lehrfach freudig zu entsprechen. Überraschten uns die beiden ersten Besucherinnen bereits mit ihren Deutschkenntnissen, so verblüffte jede/jeder einzelne der Neunergruppe alle deutschen Gesprächspartner erneut. Nach 14 für alle Beteiligten ereignisreichen, mit vielen spannenden Berichten angefüllten Tagen und langen Abenden gab man sich das Versprechen, dass eine Gruppe aus dem Kollegium der Lichtenbergschule im Sommer des gleichen Jahres noch eine Reise nach Jakutsk unternehmen werde. Von jakutischer Seite wurde der Besuch aufs Beste vorbereitet: In Amga (ca. 200 km südlich der Hauptstadt Jakutsk) wurde eigens eine Sacha-deutsche Sommerschule,„Üneis“, gebaut, an der die Besucher aus Darmstadt Schülerinnen und Schüler unterrichteten, die wegen ihrer ausgezeichneten Deutschkenntnisse für diesen Ferienkurs ausgewählt worden waren. Auch dieser Gegenbesuch vom 17.07. bis 30.07.1994 war mehr als ein voller Erfolg. Nicht nur, weil es zu einer Vertragsregelung zwischen dem Kultusminister/Jakutien und der Lichtenbergschule/Darmstadt – zwei schwer zu vergleichende Ebenen – kam. Freundschaften, die noch immer bestehen, wurden geschlossen. Jede und Jeder wünschte sich eine Wiederholung des Besuches in der bodenschätzereichen Republik im Nordosten Sibiriens, um die enormen Anstrengungen, die für eine Förderung der Diamanten, des Goldes und des nur dort vorkommenden Edelsteins (Halbedelstein?) „Charoid“ – um nur drei Vertreter zu nennen – , im ewigen Eis erforderlich sind, näher kennen zu lernen. Auch eine Schiffsreise auf der Lena mit einem Besuch der berühmten Lenafelsen wäre allein schon eine solche Reise wert. Die in diesem Jahr (2001) verschiedentlich ausgestrahlten Berichte über die Ströme Sibiriens, dabei auch über die Lena, sowie über die verheerenden Packeiskatastrophen in und um die Stadt Jakutsk geben nur ein sehr unzureichendes Bild über dieses auch als menschenfeindlich bezeichnete Land. Die Besucher aus Darmstadt in Jakutsk und die Besucher in Darmstadt aus Jakutsk sind erschüttert und betroffen, aber sonst ganz anderer Meinung. Das bestätigte schon die erste Schülergruppe aus Jakutien, die vom 03.10. bis 14.10.1994 Gäste der Lichtenbergschule war. Sie entstammte den Ausgezeichneten der sacha-deutschen Sommerschule aus Amga. Sie machten ihren Juroren alle Ehre, denn sie sprachen nicht nur sehr gut unsere komplizierte Sprache, sondern fielen auch durch ihre natürliche Höflichkeit und die vollendeten Umgangsformen auf. Ohne die großzügige Unterstützung und Mithilfe der Schülereltern und einiger Kolleginnen und Kollegen ist ein solcher Schülerbesuch nicht zu realisieren. Die Organisatoren sind auch heute noch sehr dankbar für die großzügige und uneigennützige Betreuung der Gäste! Von 1995 an wurden vom Staat Sacha/ Jakutien kaum bis keine Zuschüsse mehr zu Reisen nach Deutschland gewährt und die vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) für [ 82 · 83 ] 6 Die Gegenwart – Profil der Schule Schülerbesuche aus östlichen Ländern gezahlten Mittel decken lediglich einen Bruchteil der Kosten ab. Somit konnten künftig nur noch Schüler kommen, deren Eltern den Flugpreis bezahlen konnten. Eine Auswahl nach Leistung war nur noch bedingt oder gar nicht mehr möglich. Die Besuchergruppen, die in den Folgejahren 1995/96 und 97 von der Lichtenbergschule betreut wurden, waren alle stets hochmotiviert und dankbar, in unserem Land verweilen zu dürfen. Die eingangs zitierte Lehrer-Besuchergruppe kam auf Betreiben des Lehrerfortbildungsinstitutes Jakutsk. Leider wurde auch für sie jegliche Unterstützung gestrichen. Aber der Wunsch, uns hier zu besuchen, ist so wach wie eh und je. Leider gibt es von unserer Seite keinerlei Unterstützungsmöglichkeiten. Schließlich muss der Vollständigkeit zuliebe noch erwähnt werden, dass die Jakuten einen deutschen Gelehrten, Otto Böhtlingk, verehren, der ihnen Ende der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts eine eigene Schriftsprache gab. Das lateinische Alphabet wurde allerdings 1938 von den Sowjets durch eine angepasste kyrillische Schrift wieder ersetzt. Wir konnten bestätigen, dass die Jakuten das Deutsche besser aussprechen als die Russen bei gleichem Bildungsstand. Die Besucher erläuterten uns, dass sie als Abkömmlinge der Turkvölker, aus Innerasien eingewandert, z.B. gutturale Laute besser sprechen können. Bis zum „Ausbruch“ der Perestroika waren lediglich Besuche in der DDR möglich. Daraus erklärt sich, dass unsere Sprache den absoluten Vorrang hatte. Schon im Kindergarten lernten die Kleinsten deutsche Lieder zu singen. Ins weitere Ausland konnte kaum jemand reisen. Seit der Öffnung der Grenzen hat das Interesse besonders für Englisch aber auch für Französisch deutlich zugenommen, was viele Deutschlehrer überflüssig machte. Sie werben seitdem mit Sonderangeboten wie einem Besuch in der Lichtenbergschule Darmstadt. Abschließend muss leider konstatiert werden: Die Lichtenbergschule hat nach dem „Bruch“ mit Jakutien (1998) einen besonders interessanten Kontakt zu einem in geologischer, naturräumlicher und wirtschaftlicher Sicht außergewöhnlichen Land verloren. Verlorengegangen sind damit auch vor allem die wegen der isolierten Entwicklung dieses Landes und der daraus resultierenden Sonderstellung die Erfahrungen mit den kulturellen Besonderheiten dieses fernen Landes. Von den menschlichen Kontakten ganz zu schweigen. OstRiR Johannes Mitterle [Lichtenbergschule] ruht und rastet nicht, den Kontakt nach Jakutien auf privater Basis unter Einsatz erheblicher persönlicher Mittel und Kräfte weiter aufrecht zu erhalten. Er war 1994 Mitglied der Jury, die die jakutischen Schüler in der SachaDeutschen Sommerschule (s.o.) beurteilte. Mit ihm bedauern nicht wenige, dass keiner mehr bereit ist, die unvermeidlichen Mühen auf sich zu nehmen, die Partnerschaft daher nicht weitergeführt wird. Für alle Beteiligten ist ein schöner Traum zu Ende gegangen. Johannes Mitterle als Neptun in der Amga Erhard Vollberg 6.3 natur macht schule Am 06.06.1966 bezogen wir den Neubau unserer Schule an der Ludwigshöhstraße. Lehrer und Schüler waren im gleichen Maße hocherfreut über die landschaftlich einmalige Lage am „Bessunger Forst“ inmitten von Gärten und am Rande des Odenwaldes. Besonders die Biologen und Geographen unter uns nutzten bald jede Gelegenheit, Ausflüge und Exkursionen in die nähere Umgebung zu unternehmen. Jede Vertretungsstunde war willkommen, Erkundungen und Beobachtungen von Pflanzen und Tieren sowie zusätzlich von geomorphologischen und geologischen Strukturen zu machen. Die „Bessunger Kiesgrube“, zu der Zeit noch in Betrieb, und der eigene Schulwald waren für uns jederzeit leicht erreichbar, da ein öffentlicher Weg dorthin erschlossen wurde. 1976 wurde die Kiesgrube geflutet und es entstand für uns ein zusätzliches und umfangreiches Arbeitsgebiet. 1978 wurde eine freiwillige AG-Umwelt ins Leben gerufen, die jeden Mittwoch Nachmittag Beobachtungen und Untersuchungen durchführte. Sie hatte die Möglichkeit, das Labor, die Mikroskope sowie sämtliche vorhandenen Materialien in der Schule zu nutzen. Herr Dr. Döring unterstützte als Sammlungsleiter unsere Arbeit und schaffte im Jahre 1979 ein großes Wasserlabor an. Jetzt konnten Wasserproben des Saubachs, der Kiesgrube und des Teiches am Herrgottsberg genau analysiert werden. Um die gemessenen Werte vergleichend interpretieren zu können, waren natürlich auch die Untersuchungen von Regenwasser und Leitungswasser notwendig. Klimatische Beobachtungen und Lärmpegelmessungen ergänzten die übrigen ökologischen Untersuchungen. An Tagen der „offenen Tür“ wurden die Ergebnisse [ 84 · 85 ] 6 Die Gegenwart – Profil der Schule forschen, was sich als reiche Quelle für die Geschichte „unseres“ Bessunger Hanges und seiner Wandlungen durch die Jahrhunderte herausstellte. Kenntnisse über die Nutzung und Besiedlung der Region erwiesen sich als Schlüssel für die historische Dimension der Umwelt unseres Standortes. Mit Hilfe des Gartenamtes wurde die ca. 500 Jahre alte „Klappach-Eiche“ saniert. Diese war nicht nur Ziel der Biologen, sondern lag auch der Fachschaft Kunst am Herzen. Unter der Anleitung von Frau Springer und Herrn Böhm entstanden im Gelände Zeichnungen von der „Klappach-Eiche“ und von besonders schönen Motiven der Umgebung. Die Schülerarbeiten wurden 1985 im Forstmeisterhaus ausgestellt. der Arbeiten interessierten Besuchern vorgeführt und so schafften wir uns eine größere Öffentlichkeit. Auf der Suche nach den Quellgründen des Saubachs fanden wir Feuchtbiotope wie den „Bessunger bzw. den Klappacher Woog“ und „Im Klappach“, was uns bewog, den Flurnamen nach zu Mittlerweile hatte sich eine Bürgeraktion:„Das Klappacher-Feld“ organisiert. Die AG-Umwelt und im besonderen Maße auch die SV der Schule unterstützten sie durch unsere ökologischen Arbeiten. Die „Bessunger Kiesgrube“ und die „Klappach-Niederung“ mit dem „Klappacher-Feld“ wurden systematisch kartiert, wobei die Kollegen Dr. Hannelore Haas, Dr. Gieselbert Leyerer und Reiner Heist maßgeblich beteiligt waren. Noch größeres Interesse und Engagement an der Umwelt entwickelte sich, als ruchbar wurde, dass eine Autobahntrasse durch unser Schulgelände geplant war und zu allem Überfluss die Kiesgrube mit Müll verfüllt werden sollte. Zu schrecklich war der Gedanke, dass alle Schönheiten unserer Umgebung den Bulldozern zum Opfer fallen sollten und wir tagtäglich mit dem zukünftigen Verkehrslärm zu kämpfen hätten. Unsere Arbeitsgruppe hatte erkannt, wie bedeutend und wichtig es in ganz besonderem Maße für unsere Schule war, diese Naturschönheiten zu erhalten. Unterschriftensammlungen, die überzeugenden Ergebnisse unserer Arbeiten und der vehemente Widerstand der Bevölkerung haben diese Ortsumgehung verhindert. Die Sensibilisierung und das große Interesse an der Umwelt war nun geschärft und blieb auch in den Folgejahren erhalten. Bereits 1983 übergab Frau Doris Fröhlich, damals Elternvertreterin, unseren Antrag mit der Forderung: Renaturierung des Saubachs, an den städtischen Umweltauschuss. Es war für uns nicht einzusehen, dass Wasser von hervorragender Qualität im Kanal verschwand. Es dauerte 17 lange Jahre, bis schließlich nach einjähriger Bauzeit dieses Projekt am 22.03.2000 beendet wurde. Der Saubach, der schon hunderte von Jahren diese Landschaft durchfließt, ist renaturiert. Die Stadt spart dadurch jährlich ca. 50 000 DM Kanalbenutzungsgebühren, bei einem Eigenkos- tenanteil von 450 000 DM. Den Rest der Gesamtkosten von 1,9 Millionen DM trug das Hessische Umweltministerium. Im Rahmen des Wettbewerbs „Umwelt Schule“ wurde unser Einsatz für die Umwelt im Jahr 1989 von der Ministerin für Landwirtschaft und Forsten, Frau Irmgard Reinhardt, mit einer Urkunde gewürdigt. Für diese Aktion wurden im Schulwald Nistkästen aufgehängt, Bäume gepflanzt, Pflegemaßnahmen vorgenommen und ein Schulteich im Schulgarten durch Herrn Loos und Herrn Ritter angelegt. Dieser Teich entwickelte sich zu einem wichtigen Bestandteil unseres Biologieunterrichts. Im Laufe der Jahre hat sich eine artenreiche Flora und Fauna entwickelt. Durch die Bestimmung der Tiere und Pflanzen konnte das Interesse der Schüler an der Natur immer wieder neu geweckt werden. Leider fiel dieser Teich notgedrungen den Renaturierungsmaßnahmen im Jahre 1999 wieder zum Opfer. Jörg Hagen, ein Schüler unserer Schule, entdeckte am 03.09.1987, dass eine Jungkrötenwanderstrecke über den südlichen Teil des Schulgeländes führte. Viele der kleinen Kröten stürzten durch die Gitterabdeckungen der Fens- terschächte. Über einige Wochen hin wurden diese Tiere aufgesammelt und auf der Nordseite des Schulgeländes wieder ausgesetzt. Durch diese Maßnahmen konnten 89 Tiere gerettet werden. Als Nachfolger der AG-Umwelt von 1976 wurde 1990 der gemeinnützige Verein „Arbeitsgemeinschaft Umwelt der Lichtenbergschule Darmstadt“ e.V. gegründet. Die Arbeiten von 26 Schülern und Lehrern wurden in einem Sammelband „Aus dem Klappachtal“ mit Abbildungen und Karten veröffentlicht. Die Erkenntnisse, Pläne und Daten dieses Bandes dienten als eine wesentliche Grundlage dafür, die Bessunger Kiesgrube als Naturschutzgebiet auszuweisen. Die Arbeitsgemeinschaft hatte durch ihre beständige Arbeit dazu beigetragen, ein vielfältiges Naturgebiet zu erhalten und vor der Umwandlung in eine Mülldeponie zu bewahren. Die Schulgemeinschaft kann in einer schönen, naturnahen Umgebung den Schulalltag ungestört von Lärm und Krach verbringen. Zur Zeit ist der Weg zum Schulwald, zur „Klappach-Eiche“ und zur Kiesgrube im wahrsten Sinne des Wortes verschlossen. Der Schulgarten und der alte Teich sind den Sanierungsmaßnahmen gewichen. Das Gelände um den Saubach und den neuen Teich ist noch weitgehend kahl und die Lebensgemeinschaft im Teich erst spärlich entwickelt. Das alljährliche Froschkonzert fiel in diesem Jahr beinahe gänzlich aus. Die größten Tiere, die im Frühjahr zeitweise den Teich besiedelten, waren zwei Stockentenmännchen, die einsam und in gebührendem Abstand zueinander nur für eine kurze Zeit zu Besuch waren. [ 86 · 87 ] 6 Die Gegenwart – Profil der Schule In den letzten Sommerferien sind zusätzlich einige schöne, große Schwarzpappeln verschwunden. Die nächste Umgebung unserer Schulgebäude hat sich sehr verändert. Im letzten Jahr konnten wir uns an den pflegerischen Arbeiten noch nicht beteiligen, da die Garantiezeit für die von einer Gartenbaufirma ausgeführten Neuanpflanzungen erst verstreichen muss. Wir, Schüler und Lehrer, wollen es unseren Vorgängern gleichtun und nicht aufgeben, uns auch in Zukunft für unsere nächste Umwelt einzusetzen. Dazu gehört, dass wir die alten, für unsere Schule wichtigen Plätze wieder erreichen können, um uns an den pflegerischen Maßnahmen zu beteiligen. Es muss unser Interesse sein, dass wir Schülerinnen und Schüler direkt mit der Natur in Kontakt bringen. Eigenes Erleben und eigenes Tun sind notwendig, um die Kenntnisse und das Verständnis über die Natur und deren fundamentale Bedeutung für unsere Lebensgrundlagen zu erlangen. Der virtuelle Kontakt mit der Natur über Bücher, Filme und Computersoftware ist durchaus von Bedeutung, kann aber keineswegs das unmittelbare Naturerlebnis ersetzen. Giselbert Breyer und Marga Pfleger Gieselbert Breyer: • von 1965 - 1990 Lehrer für Biologie, Erdkunde und Chemie • Initiator der AG-Umwelt vom Jahre 1976 • Annahme der Bachpatenschaft vom Jahre 1986 • Vorsitzender des Vereins „Arbeitsgemeinschaft Umwelt der Lichtenbergschule Darmstadt e.V.“ 6.3 informatische bildung und medienbildung an der lichtenbergschule Informatische Bildung hat an der Lichtenbergschule ein lange Tradition. Als sie im Jahre 1966 in das neue Gebäude in der Ludwigshöhstraße einzieht, gehört zur Neuausstattung für das Fach Mathematik auch ein Gerät namens SIMULOG. Mit ihm wird es möglich, im Unterricht der Mittelstufe den Aufbau und die Funktionsweise eines Computers im Modell zu simulieren. Außerdem geht Herr Dr. Horst Ahbe regelmäßig mit seinen Oberstufen-Mathematikklassen in das Deutsche Rechenzentrum, das sich in der Darmstädter Rheinstraße befindet, und zeigt seinen Schülerinnen und Schülern an Beispielen wie mit Hilfe der Programmiersprache FORTRAN ein Großcomputer programmiert werden kann. Im Jahre 1969 kommt mit der OLIVETTI P101 der erste elektronische Tischcomputer auf den Markt. Firmen wie Compucorp, Hewlett-Packard und WANG folgen schnell nach. Auf Initiative von Herrn Wilfried Schupp wird 1970 aus Mitteln der Elternspende zum stolzen Preis von 11 000 DM der erste schuleigene Tischcomputer angeschafft. Seine Programmierung erfolgt mit Hilfe von Lochkarten, die die Schülerinnen und Schülern mit kleinen Griffeln und kleinen Täfelchen selbst herstellen. erworben werden, der nicht mehr in Maschinensprache programmiert werden muss. Sein Preis beträgt 75 000 DM. In dem Computer ist die Programmiersprache BASIC fest verdrahtet. Er verfügt über eine separate Tastatur, einen Bildschirm mit eingebautem Kassettenlaufwerk und die Zentraleinheit. Zur Peripherie gehören ein Markierungskartenleser und ein „Digitalplotter“. Letzterer besteht aus einer IBM-Kugelkopfschreibmaschine, die in x- und yRichtung über Schrittmotoren verfügt. So ist es möglich, mathematische Funktionen graphisch darzustellen. In Arbeitsgemeinschaften werden von einzelnen Schülerinnen und Schülern nicht nur Programme zu mathematischen Problemen, sondern auch für andere Fragestellungen entwickelt. So benutzt der damalige Studienleiter, Herr Erhard Vollberg, bereits seit dem Jahre 1976 für die Oberstufenverwaltung Programme, die von Schülerinnen und Schülern entwickelt und geschrieben waren. SIMULOG – Modell eines Addierwerkes. Im Jahr 1980 nimmt die Schule am IDA (Integrierte Datenanwendung) Projekt teil. Vier Terminals sind über eine Modem-Standleitung mit dem kommunalen Gebietsrechenzentrum (KGRZ) in Kranichstein verbunden. BASIC-Programme können von Schülerinnen und Bereits vier Jahre später kann mit der WANG 2000 der erste Tischcomputer Projektwoche 1979 [ 88 · 89 ] 6 Die Gegenwart – Profil der Schule Schülern der Informatik-AG am Terminal geschrieben werden. Sie werden per Datenfernübertragung an das KGRZ übermittelt und dort auf einem PDP 11 Computer ausgeführt. Die Ergebnisse werden per DFÜ an die Terminals zurück geschickt. Die Lehrer Dr. Ahbe, Klaus Fischer und Wilfried Schupp sind am IDA-Projekt beteiligt und sammeln wertvolle Erfahrungen zum Einsatz des Computers in der Schule. Eine flexiblere Lösung sind die Apple IIe Computer (64 KB RAM, keine Festplatte), deren Anschaffung in den Folgejahren von Herrn Wilfried Schupp veranlasst wird. Zunächst stehen einzelne, ab 1984 dann insgesamt acht solcher Geräte zur Verfügung. Damit ist die Basis für erste Informatik-Grundkurse und für Wahlpflichtkurse Informatik in der Sekundarstufe I gegeben. Das Interesse an den Kursen ist sehr groß, im Schuljahr 1986/87 werden beispielsweise 17 Kurse angeboten, zusätzlich nutzen das Studienseminar und die Volkshochschule den Computerraum. Inhaltlich steht die Einführung in das Problemlösen mit einer Programmiersprache im Vordergrund mit dem in der Fachdidaktik sogenannten algorithmischen Ansatz. Mit dem Erscheinen von TurboPascal wird BASIC als vorherrschende Programmiersprache verdrängt. Erste Anwenderprogramme zur Textverarbeitung (WordStar), Tabellenkalkulation (Multiplan) und Datenbanken (dBase II) stehen zur Verfügung. In dieser Zeit nimmt die Schule an einem Modellversuch des Landes Hessen zur Entwicklung eines Curriculums für den Wahlpflichtunterricht Informatik in den Klassen 9 und 10 teil. Der PC-Raum ist so stark frequentiert, dass 1986 der erste Antrag auf Einrichtung eines zweiten PC-Raums gestellt wird. Aber erst vier Jahre später kann ein weiterer PC-Raum mit acht IBMkompatiblen XT-Computern eingerichtet und genutzt werden. Von 1985 bis 1990 nehmen die Lehrer Wilfried Schupp, Hans Schneider und Gerhard Röhner an zweijährigen Lehrerweiterbildungskursen teil. Damit erhält das Informatikangebot der Lichtenbergschule eine fachwissenschaftlich und fachdidaktisch fundierte Grundlage. Zeitgleich ist Herr Gerhard Röhner am Modellversuch Hektor des Landes Hessen beteiligt, dessen Ziel die Entwicklung eines Curriculums und von Unterrichtsmaterialien für die informations- und kommunikationstechnische Grundbildung ist. In den Jahren 1990 bis 1995 finden in Kooperation der Lichtenbergschule und der Technischen Hochschule Darmstadt zwei Lehrerweiterbildungslehrgänge Informatik statt. Jeden Donnerstag hören die Teilnehmer vormittags Informatik-Vorlesungen an der THD, welche nachmittags an der Lichtenbergschule mit passenden schulbezogenen Übungen ergänzt werden. Das Kultusministerium unterstützt diese Maßnahme durch Bereitstellung weiterer AT-kompatibler Zenith-Computer. Im Jahre 1992 wird die alte Apple-Anlage durch 486er-Computer mit 4 MB Hauptspeicher und 80 MB Festplatte ersetzt. Man arbeitet unter DOS, programmiert mit Turbo-Pascal und fix-Prolog und wendet dBase und erste Word-Versionen an. Zeitgleich werden die Computer mit der DOS-Netzwerk-Software Lantastic vernetzt. In der Mittelstufe findet eine Abkehr vom algorithmenorientierten hin zu einem anwendungsorientierten Zugang statt. Schüler stellen mit PC-gesteuerten XY-Schneidetischen ein maßstabgetreues Modell der Schule aus Depronplatten her. Mit „Elwis“ werden im lokalen Netz moderne Kaufhäuser simuliert. Bestellungen, Warenannahme, Lager, Verkaufsraum, Scannerkasse, Verkaufsanalyse und Personalwesen sind über eine gemeinsame Datenbank verbunden. Zaghafte Versuche zum Einsatz des Computers im Mathematikunterricht werden unternommen, das Algebrasystem Derive wird als Schullizenz angeschafft. Am 2.11.1995 zieht erstmalig das Internet in die Lichtenbergschule ein. Per 14.4er Modem wird ein Computer über einen eigenen Telefon-Hauptanschluss mit der GMD (Gesellschaft für Mathematik und Datenverarbeitung) verbunden. Damit fällt der Startschuss für die Entwicklung der Lichtenbergschule zu einer Medienschule. Erste Nutzer sind die Fremdsprachen, bald kommen Gemeinschaftskunde und Geschichte hinzu. Die Entwicklung geht rasant voran. Anfang 1996 wird aus Mitteln der Elternspende und des Schulfestes eine multimediafähige Ausstattung mit Pentium 75 finanziert, die erste von Schülern gestaltete Homepage präsentiert ab April 1996 die Lichtenbergschule im Internet. Im Mai des gleichen Jahres wird der Kommunikationsserver Arktur in Betrieb genommen. Nun kann von allen Arbeitsstationen des Computerraums aus gesurft werden. Erste schulbezogene E-Mail-Konten werden eingerichtet. Der Nutzerkreis weitet sich erheblich aus, da die Schülerinnen und Schüler nun selbstständig mit dem Internet arbeiten können. Anfangs noch ziemlich langsam, aber immer schneller: 28.8er-Modem, ISDN und ab 1999 ADSL-Standleitung. Softwareseitig findet eine Ablösung der DOS-Betriebssysteme durch Windows 3.11 bzw. Windows 95 statt. Im Informatikunterricht werden erste Versuche mit Delphi als Entwicklungs- werkzeug unternommen. Zunehmend setzt man Office-Produkte im Wahlpflichtbereich ein und in der Jahrgangsstufe 11 erfolgt ein inhaltlicher Wechsel von den Anwendersystemen hin zum Thema Internet und HTML-Programmierung. In den Jahrgangsstufen 12 und 13 halten die Themen Datenbanken und Informationssysteme sowie theoretische Informatik Einzug. Fachdidaktisch findet somit ein Wechsel zum systemorientierten Ansatz statt. Am 2.9.1997 genehmigt das Schulamt die Einführung des Leistungsfachs Informatik. Seit dem Schuljahr 1998/99 finden nunmehr Leistungskurse Informatik statt, mit steigender Beliebtheit. Mit der Vernetzung des zweiten Computerraums und der Anbindung an den Kommunikationsserver stehen bald zwei internetfähige PC-Räume zur Verfügung. Insbesondere die Gemeinschaftskunde-Kurse von Frau Dr. Traute Endemann und Herrn Meinhard Hiemenz nehmen dieses zusätzliche Angebot gerne wahr. Schließlich ergibt sich durch die erfolgreiche Bewerbung bei Schulen ans Netz ein fächerübergreifendes Comenius-Projekt, bei dem im Gemeinschaftskunde-Unterricht von Herrn Meinhard Hiemenz die Situation von Jugendlichen in Europa untersucht und im Informatik-Unterricht von Herrn Dr. Michael Montag die Ergebnisse für die Schul-Homepage und den Aus- tausch mit den europäischen Kooperationspartnern dargestellt werden. Als sehr wirksam auf dem Weg zur Medienschule erweist sich das Angebot eines PC-Arbeitsplatzes im Lehrerzimmer. Hier können sich Kolleginnen und Kollegen gegenseitig bei der Arbeit mit den neuen Medien unterstützen. Insbesondere die Internetanbindung Unser „Schulserver“ [ 90 · 91 ] 6 Die Gegenwart – Profil der Schule des Lehrerzimmer-PCs führt zu reger Nutzung. Ergänzt wird dies durch Angebote zur schulinternen Lehrerfortbildung, unter anderem mit den Themen Textverarbeitung, E-Mail, Arbeitsblätter mit und aus dem Internet. Die ursprüngliche angedachte Nutzung eines PC-Raums als Sprachwerkstatt setzt sich nicht durch, da die Geräte nur bedingt multimediatauglich sind. Auch sind die bisherigen PCRäume mit acht bis neun Computern nur für kleine Oberstufenkurse einsetzbar. Es werden daher die ersten Planungen für einen großen PC-Raum im Neubau gemacht. Klar ist, dass dort Ein halbes Jahr später, am 26.11.1999, wird offiziell das innerschulische Wissenszentrum eingeweiht. Es bietet allen Schülerinnen und Schülern der Lichtenbergschule einen individuellen Zugang zur modernen Informationstechnik. Über die Computer des innerschulischen Wissenszentrums können sie auf Multimedia-Enzyklopädien und fachspezifische CD-ROMs zugreifen, die auf dem zentralen Server des Schulintranets vorgehalten werden. Es existiert ein permanenter Zugang zum Internet, die pädagogische Verantwortung wird durch technische Filter unterstützt. Neben individueller Arbeit kann das Wissenszentrum auch gut für reiche Medienprojekte möglich werden. Das Video-Projekt im Deutsch-Unterricht „Da schau her“ von Herrn Christoph Ganß löst „Im Netz der Netze“ ab, Herr Helmut Haas-Meier beteiligt sich am Siemens-Wettbewerb Join-Multimedia. Die Aktivitäten führen schließlich zur Gründung einer digitalen VideoWerkstatt. Zur Zeit läuft das Projekt „Mathe mit der Maus“ unter Leitung von Herrn Thomas Schmidt. Im Jahr 2000 wird der Ausbau des SchulIntranets vorangetrieben. Die Schülervertretung erhält einen Netzzugang sowie alle naturwissenschaftlichen Räume. Das kommt insbesondere dem www.lichtenbergschule-darmstadt.de von Beginn an das Internet zur Verfügung stehen muss. Anfang 1999 wird deshalb mit einem LichtwellenleiterKabel eine Verbindung zwischen dem Alt- und dem Neubau hergestellt. Im Mai 1999 kann dann ein neuer Multimediaraum mit 15 Computern (Pentium 350, 64 MB, 6 GB) in Betrieb genommen werden. Endlich können auch ganz Klassen das IT-Angebot der Schule nutzen. Gruppenarbeiten genutzt werden, wobei gleichermaßen konventionelle und neue Medien für die Informationsrecherche und -aufarbeitung bereit stehen. Ab dem Schuljahr 1999/00 nimmt die Lichtenbergschule am Hessischen Modellversuch „Neue Lernwelten in Schule und zweiter Phase der Lehrerbildung“ teil. Herr Reinhard Kärcher führt das Projekt „The tree of knowledge“, Herr Dr. Michael Montag und Herr Andreas Müller das Projekt „Im Netz der Netze“ durch. Insgesamt kann die IT-Ausstattung dadurch so verbessert werden, z.B. durch Videokarten, CD-Brenner, Digitalkamera und Multimedia-Produktionssoftware, dass zahl- Chemie-Leistungskurs von Herrn Heinrich Ritter zu Gute, der erfolgreich am finanziell gut ausgestatteten Info-SchulProjekt teilnimmt. In diesem Schuljahr wird dieses Medienprojekt von Frau Tanja Buchmann-Keller fortgesetzt. Die von Herrn Dr. Michael Montag betreute Schul-Homepage erhält am 1.4.2000 die offizielle Internetadresse www.lichtenbergschule-darmstadt.de. Erste Versuche mit Web-Design-Kursen in Zusammenarbeit von Kunst und Informatik werden unternommen. Nach einjähriger intensiver Nutzung des Multimediaraums zeigen sich Probleme, was den Einsatz im Sprachunterricht betrifft. Die Computer sind nur bedingt einsatzfähig, es mangelt an Verlässlichkeit. Die Probleme resultieren daraus, dass Windows 98 kein schulgeeignetes Betriebssystem ist. Es fehlt ein adäquates Rechtekonzept, das die Systeme schützt. Schnell werden mal Moorhuhn oder andere Spiele per ADSL heruntergeladen und auf dem Rechner installiert bzw. mit MP3-Dateien die Festplatten verstopft. Ist der Platz zu eng geworden, löscht man bedenkenlos irgendwelche Dateien oder Ordner, mit fatalen Folgen für die nachfolgenden Nutzer. Daher hat im Jahr 2001 die Umstellung auf Windows 2000 Priorität. Am 11.6.2001 wird der Windows-2000-Server „Regulus“ in Betrieb genommen, kurz vor den Sommerferien sind im Multimediaraum die Client-Computer auf Windows-2000Professional umgestellt. Ab diesem Schuljahr können von Klasse 5 bis 8 die English-Coach-2000 Programme eingesetzt werden, welche in der Fachschaft Englisch sich immer größerer Beliebtheit erfreuen. Das Schulnetz wird weiter ausgebaut: Die Schülerzeitungs-AG, der Mathematik-Fachraum, die beiden ErdkundeRäume, die digitale Video-Werkstatt, die LMF-Bibliothek und das Lehrerzimmer im Neubau werden zu Beginn dieses Schuljahres mit dem Intranet ver- bunden. Die ganze Vernetzungsstruktur basiert auf strukturierter Verkabelung unter Einsatz von Hubs, Switches und Routern. Regulus geht als Terminalserver in Betrieb. Damit kann der PCRaum 311 mit seiner bunten Sammlung von PCs, teilweise noch 486er, endlich wieder sinnvoll genutzt werden. Die PCs werden praktisch nur als Terminals genutzt, die eigentliche Programmausführung erfolgt auf dem Terminalserver. Die Anbindung weiterer Fach- und Unterrichtsräume ist für die Zukunft geplant, erste Experimente mit Funkvernetzung sind für dieses Schuljahr vorgesehen. Mobile Einheiten sollen die Nutzungsmöglichkeiten erweitern. Ein weiterer großer Multimediaraum zur Nutzung mit Mittelstufenklassen ist für die Weiterentwicklung des Sprachenlernens und der Durchführung von Medienprojekten unbedingt erforderlich. Als weitere Alternative mit mittelfristiger Zeitperspektive sehe ich die Einrichtung von Laptop-Klassen. Die technische Entwicklung geht einher mit der Entwicklung von Medienkompetenz im Kollegium. Die Referendarinnen und Referendare der Schule erhalten im Studienseminar im Pflichtseminar „Computer und Unterricht“ sowie in Medientagen, Fachtagen und den Fachseminaren eine fundierte Ausbildung im Bereich der neuen Medien. Für das Kollegium finden zwei schulinterne Intel-Medienkompetenz-Kurse im Umfang von je 40 Stunden mit jeweils 16 Lehrerinnen bzw. Lehrern statt. Die finanziellen, technischen, personellen und zeitlichen Anforderungen zur Entwicklung der Lichtenbergschule als Medienschule sind groß, die Unterstützung durch das Kultusministerium und den Schulträger eher gering (siehe www.schule-ohne-zukunft.de). Dank geht daher an den Förderverein der Lichtenbergschule, der immer wieder finanzielle Mittel zur Weiterentwicklung der IT-Ausstattung bereit gestellt hat. Kritik geht an die Adresse des Kultusministeriums und der Stadt Darmstadt, welche die Schule in ihrem Bestreben die Schülerinnen und Schüler auf die Anforderungen einer modernen Informationsgesellschaft adäquat vorzubereiten, unzureichend unterstützt. Der Einsatz der neuen Medien beim Lehren und Lernen bringt die Schule deutlich voran. Schülerinnen und Schüler nutzen gerne die Chancen und Möglichkeiten, die durch die erweiterten Lernangebote gegeben sind. Kolleginnen und Kollegen erleben zunehmend die neuen Medien als Bereicherung ihrer beruflichen Praxis und ihres Unterrichts. Die von neuen Medien ausgehenden Impulse helfen alte Gewohnheiten aufzubrechen und führen somit zu einer produktiven Entwicklung der Lichtenbergschule als Schule der Zukunft. Gerhard Röhner [ 92 · 93 ] 6 Die Gegenwart – Profil der Schule 6.5 theater an der luo Theater-AG Der schiefe Turm von Pisa (ein Stück von W. Hildesheimer) stürzte 1974 ein und damit begann eine neue Ära der Theater-AG an der LuO, nachdem es „nach einer Reihe von gelungenen TheaterAufführungen in den 50er und 60er Jahren“ ... „still um das Theaterspiel an diesem Gymnasium geworden...“ war. (Darmstädter Tagblatt vom 23.12.74). Jetzt übernahm Fritz Pratz Regie und Leitung in der neuen Spieltruppe, die bis 1992 mit großem Erfolg vornehmlich Komödien aufführte. „Prinzessin Turandot erobert die Luo“ – so hieß es z.B. 1978 in der „Freien Presse“, sodann folgte auf „Rauchende Colts und federleichte Damen“ (1980:„PrärieSaloon“ von Wunderlich/Olias) ein „Herkules als verhinderter Saubermann “ (1982:„Herkules und der Stall des Augias“ von F. Dürrenmatt) sowie eine besondere Mirandolina:„Mirandolina zähmte den Frauenverächter“ (1983:„Mirandolina“ v. Goldoni). 1984 wurde der „Pratzschen Theatertruppe“ attestiert, dass pädagogisches Sendungsbewusstsein sowie Wille und Ehrgeiz in den Hintergrund träten: „Hauptsache, es macht Spaß!“ betonten die Darsteller des „Jubiläumsschauspiels“ nach 10 Jahren Theater-AG ( „Romulus der Große“ von F. Dürrenmatt). Verbindendes Moment der Produktionen (1983:„Häuptling Abendwind“ von Nestroy; 1986:„Der Bürger als Edelmann“ von Molière; 1987:„Die beiden Nachtwanderer“ von Nestroy; 1988:„Die deutschen Kleinstädter“ von Kotzebue; 1989:„Die Kleinbürgerhochzeit“ von Brecht; 1990: „Ein Engel kommt nach Babylon“ von Dürrenmatt; 1991:„Hin & Her“ von Horvath und 1992:„Frank V “ von Dürren- matt) war dann auch der ausgeprägte Humor der Aufführungen, hinter dem jedoch stets „der Ernst hervorblitzte“. 1) „Die Sonne schien grün in den Bäumen“ – mit dieser „Komödien-Tradition“ wurde gebrochen, als Fritz Pratz (der in den Ruhestand ging) abgelöst wurde durch zwei neue Kollegen an der LuO (Reinhard Kärcher und Ina John). Die Aufführungen von „Andorra“ von Max Frisch (1993),„Doppelkopf“ von Gerlind Reinshagen (1994),„Aschenglut“ von Samuel Beckett (1995),„Der gute Gott von Manhattan“ von Ingeborg Bachmann (ein für die Bühne von der Theater-AG selbst bearbeitetes Hörspiel, 1996, siehe Abb. links),„Wir sind noch einmal davongekommen“ von Thornton Wilder (1997),„Das Leben ist von einer ungeahnten Grausamkeit“ (nach „Frühlings Erwachen“ von Frank Wedekind, 1999, siehe Abb. unten mitte) und „In diesem Land vor unserer Zeit“ (nach 1) Zitate aus den Besprechungen im „Darmstädter Echo“1984 – 1992 dem Drehbuch „Bambule“ von Ulrike Meinhof, 2000) waren Beweise für den Anspruch, dem Publikum auch „schwierigere“ Stücke zuzumuten – was die Zuschauer zuweilen auch mit Grimm bzw. weniger häufigem Erscheinen quittierten. Eine Ausnahme war 2001 eine Komödie von Woody Allen („Schluss-Aus-Ende“ nach dem Einakter „Gott“) – ein voll besetzter Saal spiegelte wohl auch das Bedürfnis nach einem lustigen „Event“ wider (siehe Abb. rechts). „Schluss-Aus- Ende“ – Theaterspielen macht Spaß, das zeigt sich über die Jahre hinweg immer wieder, auch wenn die Hauptakteure kurz vor dem mündlichen oder schriftlichen Abitur stehen oder häufig auch in anderen AGs mitwirken (SV, Chor, Orchester – es sind stets die gleichen Schüler, die sich mannigfaltig engagieren) und Jahr für Jahr durch den Weggang der Abiturienten eine neue Gruppe konstituiert werden muss. Aber die Freude am Spielen ist bestimmend geblieben, das Engagement der Schauspieler und ihre Selbstständigkeit [ 94 · 95 ] sind enorm gewachsen (u.a. abzulesen daran, dass mit „Infarkt der kommunikativen Geister“ 1998 ein Stück aufgeführt wurde, das sowohl von den Schülern selbst geschrieben als auch von ihnen inszeniert und gespielt wurde). Jedoch haben sich die räumlichen und sachlichen Bedingungen für die Arbeit in der Theater-AG zunehmend verschlechtert, Terminkollisionen mit anderen AGs oder Unterrichtsveranstaltungen und Schulveranstaltungen sind kaum vermeidbar und ein Bühnenbild bzw. eine Ausstattung wie zu Pratzschen Zeiten scheint heute kaum finanzierbar. Ina John T heater 6 Die Gegenwart – Profil der Schule ter an der Lichtenbergschule zustande. Entstanden ist die Arbeitsgemeinschaft aus einem Klassenprojekt einer achten Klasse, das mit der Aufführung des Märchens „Der gestiefelte Kater“ seinen Höhepunkt fand. „Da geht's lang!” Helmut Ruder beim letzten Schliff Kindertheater Kindertheater bedeutet Theater mit Kindern und Theater für Kinder. Das schließt die großen Klassiker vom Spielplan aus. Es hat sich im Laufe der Jahre eine Theater-AG entwickelt, die nur mit Älteren sich der Erwachsenen-Stücke annimmt. Daneben kann das Kindertheater an der LuO ebenfalls auf eine lange Tradition zurückblicken. In den Sechzigern gab es zwei Schultheatergruppen, die eine unter der Leitung von Helmut Ruder, die andere unter der Leitung von Fredi Seip. Gespielt wurde beispielsweise „Der Nürnberger Trichter“,„Emil und die Detektive“ und „Der Räuber Hotzenplotz“. Nachdem durch die Einführung der Förderstufe etwa zehn Jahre lang keine 5. und 6. Klassen mehr in der Schule waren, kam 1990 wieder ein Kinderthea- Kd in e In den folgenden Jahren ist es durch die Zusammenarbeit vieler Schüler, Eltern und Kolleginnen und Kollegen gelungen, jährlich eine Inszenierung auf der Bühne zu realisieren. Mit Stücken wie „Ronja Räubertochter“,„Die Reise durch das Schweigen“,„Eine Woche voller Samstage“,„Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch“ oder „Abu Hassan, das Schlitzohr“ und anderen konnte die Kindertheater AG große Erfolge verbuchen. Die letzte Produktion war im Frühjahr 2001 „Ich mach’ dich gesund, sagte der Bär“, derzeit ist eine Neueinstudierung von James Krüss’ Kinderstück „Das Hemd des Glücklichen“ in Verbindung mit einer Schülerbearbeitung einer Kalendergeschichte von Johann Peter Hebel in Vorbereitung, die im Februar 2002 Premiere haben soll. Eine Besonderheit des LuO Kindertheaters war und ist es, dass bei fast allen Aufführungen Schülerinnen und Schüler aller Jahrgangsstufen zusammen spielten. „Ronja Räubertochter“ wurde sogar schulformübergreifend auch mit Schülerinnen und Schülern einer Grundschule inszeniert. Die Aufführungen der bekannten Kinderstücke wurden jeweils von bis zu tausend Zuschauern besucht. Ganz nebenbei wurde durch die Einnahmen die Ausstattung der Lichtenbergschule mit Scheinwerfern und weiterem Bühnenequipment erheblich erweitert. Ein Beleuchtungskonzept für die Kleine Aula wurde entwickelt und technisch realisiert. Einige Schülerinnen und Schüler haben an der Theaterarbeit so viel Spaß gefunden, dass sie in der Oberstufen TheaterAG weiter spielten und in Einzelfällen auch ihre berufliche Ausrichtung in den darstellenden Berufen fanden. Bühnenbild arbeitete Jörg Aucktor mit seiner Bühnenbild-AG, die es leider nicht mehr gibt. Die Technik betreute Christof Ganß. [ 96 · 97 ] Abtransport des kranken Tigers in der Schubkarre Viele Eltern engagierten sich bei der Beschaffung von Kostümen, und natürlich wäre es ohne den Einsatz der Schülerinnen und Schüler, die über den üblichen Unterricht in der Schule waren, nicht gegangen. Für die Regie seit dem Wiederentstehen des Kindertheaters zuständig waren Peter Merz, Christof Ganß, Ina John, Gundula Lott und Harald Mehring. Christof Ganß, Harald Mehring Viele Menschen haben in der Vergangenheit daran mitgewirkt, dass Stücke des Unterstufentheaters auf die Bühne kommen konnten: Harald Frey half bei der Musik mit, Johanna Reisky bei der Anfertigung von Kostümen, für Maske und Kostüme war Gundula Lott zuständig, für das „Wohltuende Spritze“ r- T h e a t e r 6 Die Gegenwart – Profil der Schule 6.6 musikalische aktivitäten an der lichtenbergschule in der zeit von 1966 – 2001 Obwohl die Schwerpunkte der Lichtenbegschule eher im mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich liegen, aber auch der sprachliche Sektor mit seinem großen Angebot von Englisch-, Französisch-, Russisch-, Latein- und Spanischkursen einen beachtlichen Raum an der Schule einnimmt, muss der Musikfachschaft mit ihren vielen Aktivitäten in den vergangenen 35 Jahren ein hohes Maß an Anerkennung zugedacht werden. Was hier eine kleine Gruppe von Musiklehrern alljährlich immer wieder an regelmäßig stattfindenden Konzertveranstaltungen in der Orangerie in Bessungen, im eigenen Schulgebäude oder bei unterschiedlichsten Auftritten in Altenheimen, auf dem Weihnachtsmarkt in Darmstadt, bei Ehemaligentreffen, an Schulfesten und bei Kammer- sowie Hausmusikabenden oder durch musikalische Umrahmungen von Schulgottesdiensten und vielen anderen Veranstaltungen bereits leisteten und immer wieder zu Wege bringen, ist schon enorm. Da ich 1966 noch selbst drei Jahre Schüler der Lichtenbergschule war und zehn Jahre später nach Bundeswehr/Musikcorpszeit und Studium 1976 bereits wieder mit einem Lehrauftrag an meine ehemalige Schule zurückkehrte und einen immer guten Kontakt zu meinen damaligen Musiklehrern Herrn W. Poth und Herrn Dr. Trapp pflegte, konnte es mir nur Recht sein, auch als ausgebildeter Musik- und Deutschlehrer nach der Referendarzeit 1978 mit einer vollen Stelle wieder in meine „alte Schule“ einzusteigen. Die Bedingungen an der LuO, wie man sie auch heute noch gelegentlich nennt, waren damals für Musiker schon recht gut, zumal Dr. Trapp als Fachleiter für Musik, zuständig für die Gymnasien des Regierungsbezirks Darmstadt, in der Lichtenbergschule seinen Dienst versah und ja auch als Musikpädagoge dort unterrichtete und in beiden Eigenschaften eine bereits beachtliche „Musikmaterialsammlung“ eingerichtet hatte, von der die anderen Musikerkollegen und die Schüler natürlich ebenfalls profitierten. Wenn auch die eigentliche Arbeit der Musikerziehung im Klassenunterricht erfolgt, so kommt doch der praktischen Unterweisung in den Musik-AGs, wie Orff-Instrumental-Kreis, Chor, Orchester, Flötenkreis, Jazz-Combo und den Kammermusikgruppen eine besondere, nicht zu unterschätzende Bedeutung zu! Die Lichtenbergschule konnte ein solches Angebot an freiwilligen Arbeitsgemeinschaften bereits seit Ende der 70er Jahre leisten, nachdem sich mit steigenden Schülerzahlen auch die Lehrerversorgung verbesserte. Mit den damaligen Musiklehrerinnen Frau Vollberg-Bernbeck und Frau Grau, Herrn Poth, Herrn Dr. Trapp und dann später mit mir als Neuzugang konnten der Musikpflichtunterricht sowie die hinzukommenden Musik-AGs ganz gut abgedeckt werden, nachdem wir teilweise auf unser 2. Fach verzichten mussten. Obwohl es zu Beginn der 80er Jahre dann nochmals zu einem personellen Einbruch im Bereich der Musik kam, war man dennoch so weit, dass an der Schule Leistungskurse für das Fach Musik eingerichtet werden konnten, nachdem auch durch den Neubau mit seinem Fachraumtrakt die Räumlichkeiten und damit die entsprechend geforderten Musiksäle ebenfalls hierfür geschaffen und vorhanden waren, die für die Bewilligung zur Einführung von Musikleistungskursen durch das Staatliche Schulamt gewährleistet sein mussten. Durch diese Möglichkeit, Musik als sogenanntes Hauptfach (Leistungsfach!) mit 5 Wochenstunden zu unterrichten, gab es für die SchülerInnen, aber auch für die Lehrer völlig neue Möglichkeiten, im Unterricht und in den AGs musikalische Fähigkeiten Einzelner, aber auch in der Gruppe zu wecken, zu beleben, auszubauen, entsprechend zu fördern und dabei neue Gestaltungsmöglichkeiten zu erproben! Außerdem wurden und werden die Leistungskurse in der Regel von Musikkennern und Liebhabern sowie von InstrumentalSpezialisten gewählt, was normalerweise von vornherein eine gute Arbeitsmoral und -atmosphäre verspricht. Hier wird auch der Lehrer gefordert und man freut sich auf diese Herausforderung. Die Schülerinnen und Schüler der Musikleistungskurse bilden auch gleichzeitig verlässliche Verstärkung in den MusikAGs wie Chor, Orchester, Jazz-Combo, in denen sie je nach Fähigkeit und Ausbildung eine Stunde pro Woche praktischen Dienst absolvieren müssen und dies auch früher schon machen mussten. Diese angeordneten oder verordneten Musizierstunden haben sich in der Praxis als sehr positiv erwiesen. Man erlebt es immer wieder, wie sich Instrumentalisten, die erstmals in einer Musiziergruppe spielen, langsam in diese neue Gegebenheit eingewöhnen müssen. Dabei gilt es, Pausen genau einzuhalten, Notenwerte auszuzählen oder durch Einordnung in dynamischer Hinsicht dem Werk und der musizierenden Gemeinschaft zu dienen. Schüler mit solistischen Ambitionen müssen sich bescheiden einreihen; ängstliche, zurückhaltende Schüler gewinnen Selbstvertrauen und mancher wird zu eifrigem häuslichen Üben angeregt, weil das Zusammenspiel mit anderen die eigene Musizierfreude steigert. Dass sich die Besetzung in den großen Musiziergruppen immer wieder ändert durch Neuzugänge, Austritte, Schulabgänge, Abitur usw., ist für uns Schulmusiker ein Los, mit dem wir leben und zurechtkommen müssen. Auch im Kollegenkreis geschehen solche Einbrüche, Wechsel und Abgänge. Nachdem z.B. Dr. Trapp um das Jahr 1980 herum als ordentlicher Professor an die Musikhochschule in Frankfurt am Main berufen wurde, hatten wir zunächst erst einmal diesen Verlust zu verdauen, hatten allerdings dann wiederum großes Glück, dass seine Frau etwa 2 – 3 Jahre später zu unserem Musikerteam als Kollegin stieß, zumal damals Frau Grau ebenfalls die Schule verließ. Chor und Orchester sowie die anderen Musiziergruppen sind immer im Aufoder Umbau begriffen. Ist gerade eine Gruppe von Sängern oder Instrumentalisten gut aufeinander eingesungen oder eingespielt, dann passiert es immer wieder, dass durch Stimmbruch und Mutation einige Mitglieder wegbleiben und die fortgeschrittenen Spieler mit dem Abitur die Schule verlassen. Besetzungsschwankungen sind also ständig zu verkraften. Dies musste die Lichtenbergschule auch im Musikkollegium am Anfang und Ende der 80er Jahre sowie Anfang der 90er Jahre durchleiden. Eine ständig wechselnde Musiklehrerformation musste verkraftet werden und brachte für Schüler und Schule eher Unruhe statt Verstärkung. In diesen Jahren gingen oder kamen Frau Huber-Lob, Frau Kretschmann, Herr Müller, Frau Hahn und Herr Kratzenberg. Keine dieser Personen ist heute noch bei uns an der Schule als Lehrer tätig. Bei den Musikgruppen entsteht oft folgende Situation, dass alteingesessene Spielerinnen und Spieler auch immer wieder Rücksicht auf die neu hinzugekommenen Anfänger nehmen müssen und dabei sich geduldig bei der Einstudierung neuer Stücke zeigen, sie dürfen oft ihre eigenen Fähigkeiten mit Rücksicht auf die Schwächeren nicht voll entfalten und sollen möglichst noch Hilfestellungen an den jüngeren Kameraden vornehmen, z.B bei Streichinstrumenten Stricharten in die Notenblätter einzeichnen oder beim Einstimmen der Geigen behilflich sein. Zu diesen erzieherischen Aspekten kommen aber für die Mitwirkenden auch noch Gewinne rein musikalischer Art. So haben sich z.B. einige unserer Schülerinnen und Schüler in der Jazz-Combo, im Chor oder Orchester durch hervorragende Leistungen beim Bewältigen schwieriger Solopartien oder durch außergewöhnliche Improvisation hervor getan und damit ihr Können bestätigt. Besonders musikbegeisterte, stark engagierte und hoch begabte Schülerinnen und Schüler haben auch schon oft auf ihren Instrumenten gute bis sehr gute Ergebnisse bei den bundesweit ausgeschriebenen InstrumentalWettbewerben „Jugend musiziert“ auf Stadt-, Landes- und sogar mehrmals auf Bundesebene Preise gewonnen und Siege errungen oder eingespielt. [ 98 · 99 ] 6 Die Gegenwart – Profil der Schule Zur Zeit kann sich aus der Klasse 10 Kira Sütterlin auf ihrer Gitarre mit einem solchen Titel schmücken. Schon im vergangenen Jahr wurde sie Bundessiegerin in ihrer Jahrgangsstufe im Gitarrenspiel. Weitere frühere Schüler der Lichtenbergschule, die sich in eine solche Preisträgerliste auf Stadt-, Landes- oder Bundesebene einreihen können, sind und waren z.B. : Gerhard Schorlemmer, Ingo und Carsten de Haas, Wolfram Laux, Sigrun und Uta Wetterich, Franck Schuhardt, Susanne Stetter, Kai Flade, Johanna Hänsel, Brigitte und Peter Rost, Clemens Kraft, Barbara und Eckehard Schneider, Tilmann und Susanne Rentel, Christiane Erzgräber, Martin Uellner, Ellen Brommer, Stefanie Buchwald, Martin Pickel, Barbara Malkmus, Joachim Steinhilber und Lutz Glenewinkel und evtl. andere, die bei dieser Aufstellung möglicherweise vergessen wurden… man möge mir dies verzeihen. Nicht unerwähnt bleiben sollte, dass viele unserer Schüler, die Musikleistungskurse besucht haben, auch in ihrer Berufswahl ihren früheren schulischen Neigungen treu geblieben sind und als z.T. sehr erfolgreiche Musiker heute in verschiedenen Städten Deutschlands ihren Dienst versehen; z.B. als Instrumentalkünstler in Theater- bzw. Opernorchestern sitzen und musizieren bzw. als Pädagogen und Leiter an Musikschulen arbeiten, als Kirchenmusiker bzw. Kantoren in guten Positionen agieren, als Musiklehrer aller Schulformen tätig sind und als Musiktherapeu- ten gute Stellen besetzen, als Sänger, Dirigenten und als Tanzpädagogen arbeiten und sogar als Konzertmeister in großen deutschen Orchestern zu finden sind. Herausragende Ergebnisse im musikalischen Bereich unserer Schule werden auch bei besonderen Projekten erzielt, die wir als Musiklehrer unseren Schülern in den zurückliegenden Jahren anbieten konnten. So hat z.B. Frau Vollberg-Bernbeck von Anfang bis Ende der 80er Jahre mit hochbegabten Schülern unserer Schule ein Streichquartett zusammengestellt, bestehend aus den Geschwistern de Haas (Dagmar, Carsten und Ingo) sowie Alexander Rettig, der die Besetzung komplettierte. Sie haben gemeinsam Streichquartettliteratur erarbeitet und von Jahr zu Jahr leistungssteigernde hervorragende Ergebnisse erzielt, die sich auch im Wettbewerbsvergleich mit anderen, ähnlich zusammengesetzten Gruppen sehen und hören lassen konnten. Rundfunkbesuche und dortige Vorspiele waren immerhin die Folge. Dieses Ensemble war natürlich bei allen Schulkonzerten eine „Zugnummer“ und lockte Publikum an. So nahm z.B. dieses Ensemble am 19.11.1985 am Musikwettbewerb Landesbegegnung „Schulen musizieren“ im großen Sendesaal des Hessischen Rundfunks teil mit Haydns Streichquartett, op 76 Nr. 5 und 2 Jahre später nochmals am 17.11.1987 in der Stadthalle Frankfurt Bergen-Enkheim mit H. Kaminskis Canon-Tanz-Fuge aus der Musik für 2 Violinen und Klavier in der Besetzung Ingo de Haas und Alexander Rettig, Geige, und Susanne Stetter am Klavier. Ebenso hatten einige unserer Möglichkeit, durch Vorspiele auf Eine Auswahl einiger markanter vorgeführter Werke aus diesen Veranstaltungen möchte ich an dieser Stelle einmal auflisten: ihren Instrumenten nach ihren • Sonata in g-moll, op 1 Nr. 3 für Querflöte Bundespreisträger auch die Siegen eigene Sendezeiten zu bekommen, und erhielten die Chance, dass ihre Musikstücke auf Schallplatten und Musikkassetten und neuerdings auf CDs erschienen sind. von G. F. Händel • Divertimento Nr. 14, B-Dur KV 270 für Bläserquintett von W. A. Mozart • Pastorale Andante für 2 Querflöten, Fagott und Klavier von J. Haydn • Fantasie-Impromptu, cis-moll, op 66 für Klavier von F. Chopin • Bläserquintett – Beethovens Fifth Bossa Nova • „Eine kleine Nachtmusik“ Serenade Als einen weiteren besonderen und erwähnenswerten musikalischen Leckerbissen unserer Schule mit dem Chor und dem Orchester sowie Solisten ist auch eine Aufführung im Jahre 1983 zu nennen, bei der wir Telemanns „Schulmeisterkantate“ aufführten. Von 1982 – 1988 hatten wir an unserer Schule viele engagierte und musikbegeisterte sowie hochbegabte Schülerinnen und Schüler, so dass wir immer wieder zusätzlich zu den beiden großen Konzerten zum Schuljahresabschluss und im Advent ein bis zwei Kammerkonzerte in der Orangerie als interessante musikalische Glanzpunkte dem kulturellen Geschehen unserer Schule hinzufügen konnten. von W. A. Mozart • Concerto für Mandoline und Klavier von J. N. Hummel • Sonata in C-Dur für kleines Orchester von D. Purcell • Sonate in F-Dur für Trompete und Klavier von G. F. Händel • Konzert d-moll für Oboe und Klavier von A. Marcello • Jugoslawische Tanzsuite von E. Werdin • Sonate g-moll für 2 Geigen und Basso continuo von G. F. Händel • Konzert für Violine und Orchester von J. S. Bach • Partita a-moll für Violine von J. S. Bach • Jeux d’eau für Klavier von M. Ravel • Papillons, op 2 von R. Schumann • Walzer cis-moll op 64 Nr. 2 für Klavier von F. Chopin • Sonata für Klavier und Violoncello e-moll op 38 von J. Brahms • Sonate für Violoncello und Klavier op 40 von D. Schostakowitsch • Prelude Nr. 8, Vivace von Frank Martin Die 1986 neu gegründete Jazz-Band, die sich aus Leistungskursschülern rekrutierte und von dem damals besonders engagierten und hochbegabten Schüler Andreas Lehmann (Abi Note 1,0 mit anschließendem Förderpreis und Stipendium der Studienstiftung des Deutschen Volkes) ins Leben gerufen und von Herrn Vollberg am Schlagzeug verstärkt und betreut wurde, erzielte bald beachtliche Erfolge. Heute wird die Truppe von Herrn Frey geleitet und ist aus dem schulischen Veranstaltungskalender nicht mehr wegzudenken. Die Jazz-Combo hat auch schon so manch eigenes Konzert veranstaltet und hat sich in der Zeit ihres Bestehens ein beachtliches Repertoire an Stücken angeeignet, wie aus dem nachfolgenden Verzeichnis hervorgeht. Häufig gespielte Jazz-Stücke der Combo: • Night in Tunesia von Dizzy Gillespie • Summertime von George Gershwin • Round Midnight von Miles Davis • Sir Duke von Miles Davis • Equino X von J. Coltrane • Blue train von J. Coltrane • Naima von J. Coltrane, arr. F. Mantooth • Watermelon man von Herbie Hancock • Don’t look back von Jeff Taylor • Essence of beauty von Bob Lowden • Skylark von Hoagy Carmichael • Mr. P. C. von John Coltrane • AGGA von Jürgen Wuchner • How’s the time von Charlie Parker • Cowboy song von Fred Lipsius • Autumn leaves von Joseph Kosma und John Mercer • It don’t mean a thing von Duke Ellington • Eigelstein 135 von G. Ruby • I let a song go out of my heart von Duke Ellington • In the mood and moonlight serenade von Glenn Miller • Milestones von Miles Davis • Eclipse von Jeff Taylor • Pink Panther von H. Mancini, arr. D. Lieb • Tough Talk von Crusaders • Strolling von A. Jungbluth • Oye Como Va von T. Puente, arr. D. Goodwin • Birdland von Freddie Hubbard • Miste clean von A. C. Jobin/F. Mantooth [ 100 · 101 ] 6 Die Gegenwart – Profil der Schule Sonderkonzert ehemaliger Schüler. Anfang der 90er Jahre (1991 und 1993) hat die Schule von der Stadt Darmstadt eine interessante Möglichkeit bekommen, sich von der künstlerischen und sportlichen Seite zu zeigen und dabei einen Nachmittag für Senioren im großen Kongresssaal des Luisencenters unter dem Motto „Musik, Spiel und Sport“ zu gestalten. In Zusammenarbeit mit einem Teil unserer Sportkollegen konnten wir hierfür ein abwechslungsreiches Programm zusammenstellen und mit dem Schulorchester und einigen versierten und talentierten Tänzern aus unseren Oberstufenkursen eine Schülergruppe zusammenstellen und mit einer beachtlichen Tanzformation aufwarten, mit gelungener Choreografie, begleitet durch das Schulorchester mit Beethoven- und Mozartkompositionen (Contratänzen) und konnten dabei die TänzerInnen in schöner Garderobe auftreten lassen, zumal ich damals guten Kontakt zum Staatstheater über die Hessische Spielgemeinschaft hatte, bei der ich viele Jahre mit einigen Kollegen und guten Instrumentalisten unserer Schule gemeinsam in mehreren Bühnenstücken mitwirkte. So z.B. in Nestroys Werk „Einen Jux will er sich machen“ oder in Zuckmayers Stück „Der Schinderhannes“ sowie im „Schneider Wibbel“ von Hans Müller-Schlosser und einigen anderen Werken. Ein weiterer sehr schöner und dankbarer Auftrag über die Stadt Darmstadt erfolgte im März 1997 an das Orchester unserer Schule zur Ausstellungseröffnung „Gourmet“ im Hessischen Landesmuseum in Zusammenarbeit mit den Darmstädter Museumspädagogen, wofür wir den entsprechenden feierlichen musikalischen Rahmen mit Corellis Sonata a quattro als Tafelmusik geben konnten. Solche Auftritte auch außerhalb der Schule sind natürlich für Schüler immer wieder Ansporn und Reiz zum Weitermachen und Mitarbeiten in den musischen AGs, zumal dabei meist auch noch eine Einladung zum kalten Buffet erfolgt. Einen großen Eindruck in der Schulgemeinde und bei Gästen haben auch die beiden Sonderkonzerte ehemaliger Schüler der Lichtenbergschule in der Orangerie hinterlassen, die zum 25jährigen Jubiläum der Schule im Juni 1991 und zum Wiedereinzug in den sanierten Neubau-Fachraumtrakt 1995/1996 beim ersten Mal von Frau VollbergBernbeck in mühevoller Kleinstarbeit zustande kam und organisiert wurde und beim zweiten Konzert auch ich in diese Organisation mit eingebunden war, natürlich ebenfalls als mitmusizierender „Ehemaliger“. Weitere besondere Musikaktionen, Darbietungen und Projekte werden und wurden nahezu in allen bisherigen Musikleistungkursen erprobt und vorgeführt und als zusätzliche Attraktionen in den Schulkonzerten vorgestellt, so z.B. eine vierstimmig gesprochene Fuge aus der Geografie, bei der sich wiederholende und überlappende Textpassagen, aber auch sich ständig unterschiedlich rhythmisch gestaltete Figuren begegnen und zu bewältigen sind und dabei hohe Anforderungen an die Vortragenden bei guter Konzentration gestellt werden. Etwas besonders Originelles hatte sich ein weiterer Musikleistungskurs bei einer Abschiedsvorstellung in einem Konzert ausgedacht, bei der im Stil der Comedian Harmonists die beiden Stücke „In der Bar zum Krokodil“ und der „Kleine grüne Kaktus“ vorgetragen wurden. Im Jahr 2000 stellte der LK Musik ein von den Mitgliedern selbst erarbeitetes Stück mit dem Titel „Jazz Gloria“ für gemischte Stimmen von Natalie Sleeth vor, wobei der Einsatz von Glockenspielen, Kongas, Schlagzeug, Saxophon, Streichinstrumenten und Chorstimmen eine eigenwillige, aber interessante Gesamtvorstellung des mit Improvisationen durchgezogenen Stückes ergaben. Ebenfalls ganz amüsant gestaltet und vorgetragen erschien im Sommerkonzert des vergangenen Jahres die Interpretation des Schubert’schen vierstimmigen Chorsatzes über die „Forelle“, die vom letzten LK Musik in abgewandelter Form durch verschiedene Epochen bzw. Stilrichtungen in der Art bekannter „alter Meister“ in Variationen be- und verarbeitet wurde. Dazu passend brachte eine einfallsreiche Kostümierung so manchen Applaus und Lacherfolg. Aktionen des Schulchors, bei denen z.B. für ein Afrika-Projekt Gelder »eingesungen« wurden, haben Mitte der 90er Jahre auch schon stattgefunden und fanden bei den Schülerinnen und Schülern ebenfalls Anklang, da sie dabei die Notwendigkeit und den Zweck ihrer Sonderleistung auch erkennen konnten und hierfür daher schnell zu begeistern waren. Überhaupt hat der Chor in den zurückliegenden 35 Jahren eine tolle Entwicklungsphase durchgemacht und beide Chorleiter, sowohl Frau Vollberg-Bernbeck wie auch Herr Frey, haben mit ihrer jeweiligen „Mannschaft“ sehr schöne und interessante Werke erarbeiten können: • „Zigeunerleben“ von R. Schumann op 29,3 • „Gloria“ für Chor und Orchester von A. Vivaldi • „Der Sturm“ von J. Haydn • „In dulci jubilo“ von D. Buxtehude • Chor der Gefangenen aus „Nabucco“ von G. Verdi • Sanctus aus der Messe D-Dur Schulchor von A. Dvorak • Cantate domino von H. L. Hassler • „Oh happy day“ von E. R. Hawkins • „Bohemian Rhapsody“ von Freddy Mercury (Queen) • Ride the chariot • Spiritual • Elia-Rock • „Summer in the City“ von J. Sebastian • „I got rhythm“, „The lion sleeps tonight“ von S. Linda • „Odi et amo“ aus C. Orffs Catulli Carmina • Hodie Christus natus est • „Weihnachtssmotette“ von G. Gabrielie • Jesus,„Lover of my soul“ von E. Hawkins Flötenkreis • „Gloria Patri“ von G. P. da Palestrina • „The Glory Train“ von L. Spevacek • „Rhythm in my soul“ von P. F. Simms • „Suncatcher“ von R. Emerson • „Yes Sir, that’s my baby“ von W. Donaldson... und viele andere Werke mehr Durchgeführte Chorfreizeiten, die Herr Frey mit seinen Sängern auf der Starkenburg und andernorts mehrmals praktiziert hat, kamen immer gut an und dienten gleichzeitig kommunikativen Zwecken und bedeuteten für die Chorarbeit eine intensive und absolut nützliche Begegnung auch für die zwischenmenschlichen Beziehungen der Chormitglieder untereinander. Die von der Jazz-Combo mehrmals durchgeführten Darbietungen der zurückliegenden 10 Jahre bei Schulfesten und anderen Veranstaltungen kamen und kommen noch heute bei Jung und Alt immer gut an. Auch die Unternehmungen, die bisher vom Unterstufenchor mit Frau Hahn oder Herrn John sowie dem Orff-Instrumentalkreis bei Schulkonzerten von Frau Witt vorbereitet und durchgeführt wurden und werden, sind vom Publikum bei allen Konzerten dankbar und mit großem Beifall aufgenommen worden. [ 102 · 103 ] 6 Die Gegenwart – Profil der Schule Schulorchester Queen“ von Henry Purcell oder einer Fuge zu 3 Stimmen von G. F. Händel, die von Frau Witt eingeübt und von ihrer Orff-Gruppe vorgetragen wurde. Über zu geringe Auftrittsmöglichkeiten im Schulalltag können wir uns nicht beschweren. Es gibt viele Termine das Jahr über, die von uns wahrgenommen werden, wie sich aus nachfolgender Aufstellung und Übersicht erkennen lässt. Zu den regelmäßig stattfindenden Auftritten im jeweils laufenden Schuljahr mit Musikgruppen der Schule sind folgende Veranstaltungen in ihrer etwaigen Reihenfolge zu nennen: 1. Musikalische Umrahmung des Gottesdienstes zum Schuljahresanfang 2. Ebenfalls zu Beginn des SchulMan denke nur an die Aufführung von „Max und Moritz“, Kantate nach Wilhelm Busch, von Günther Kretschmar oder „Die singende Hyäne“ von Felix Janosa sowie Drei alte deutsche Schlager – Maskenball bei Scotland YardZuckerpuppe – Ohne Krimi geht die Mimi... von Heinz Gietz, die G. Eisenmann bearbeitet hat; oder die PopKantate „Swingin Samson“ von Michael Hurd sowie die Seefahrt nach Rio – eine Kantate für 2-stimmigen Kinderchor von Heinz Geese nach Versen von James Krüss. Ebenso erfreute man sich aber auch an den Sätzen „Dona nobis pacem“ oder dem Marsch der drei Könige von E. Hörler und R. Schoch, der Suite „The Fairy jahres Musikdarbietungen bei der Aufnahme der neuen Klassen 5 mit dem Orff-Instrumentalkreis oder dem Unterstufenchor 3. Weihnachtskonzert in der Orangerie jeweils Mitte Dezember mit allen Musiziergruppen 4. Musikvorführungen zum 9. Je nach Möglichkeiten und „Tag der offenen Tür“ bzw. vorhandenen Schülertalenten dem sog. Informationstag, Entwicklung musikalischer meist Februar, durch wechseln- Sonderaktivitäten durch gele- de Darbietungen von Chor, gentlich stattfindende Haus- Jazz-Combo, Orchester oder musik- und Kammermusikver- Orff-Kreis, hinzu kommen anstaltungen in und außer- gelegentliche Instrumenten- halb der Schule ausstellungen zum „Anfassen und Ausprobieren“ 5. Frühlings- bzw. Sommerkonzert mit allen Musik-Gruppen 6. Mitwirkung beim gemeinsamen Jazz-Konzert der Darmstädter Gymnasien seit Beginn der 90er Jahre jeweils im Juni 7. Verabschiedungsfeier der Abiturienten, begleitet und umrahmt durch das Schulorchester 8. Mitwirkung verschiedener musikalischer Arbeitsgruppen bei Projektwochen 10. Je nach Bedarf – Mitwirkungen und Gründungen unterschiedlicher Musikensembles zur Gestaltung von Bühnenmusik bei Schultheaterveranstaltungen • Suite für kleines Orchester (Tuttifäntchen) von P. Hindemith • Concerto pastorale von J. Chr. Pez • Triumphmarsch aus Aida v. G. Verdi • Tritsch-Tratsch Polka von J. Strauß • 1. Orchester Sinfonie von Carl Ph. E. Bach • Marcia KV 335 Nr. 1 von W. A. Mozart • Konzert für Flöte und Orchester von G. B. Pergolesi • Konzert in B-Dur für 2 Flöten und Orchester von G. Ph. Telemann • Ouvertüre zur Oper „Die Welt auf dem Mond“ von J. Haydn • Sinfonie D-Dur KV 202 von W. A. Mozart • Concerto per tromba und Orchester von L. Mozart • Konzert für 2 Geigen in G-Dur von A. Stamitz • Doppelkonzert d-moll für 2 Violinen und Klavier von J. S. Bach ... Darüber hinaus kommen gelegentlich Möglichkeiten oder Einsätze für den Chor, die Jazz-Combo oder für das Schulorchester bei unterschiedlichsten Anlässen zum Zuge, wie z.B. bei Einführung eines Schulleiters in sein neues Amt oder dessen Verabschiedung, Ausstellungseröffnungen, Jubiläumsfeiern, Schulfeste und zu anderen Gelegenheiten. Für solche Zwecke und reine Konzertveranstaltungen habe ich mit dem Orchester schon folgende Werke spielen können: • „Die Geschöpfe des Prometheus“ von L. V. Beethoven • Concerto grosso C-Dur für 2 Violinen, Violoncello und Streichorchester von F. Manfredini • Suiten: Feuerwerks- und Wassermusik für großes Orchester von G. F. Händel • Concerto G-Dur für Flöte, Oboe und Streichinstrumente von J. F. Fasch Gerhard Schorlemmer [ 104 · 105 ] 6 Die Gegenwart – Profil der Schule 6.7 künstlerische gestaltungen Die Kunsterziehung der Lichtenbergschule orientiert sich einmal am natürlichen Interesse der Schülerschaft für praktisches Arbeiten und freies Gestalten, um einen Ausgleich für die eher theoretischen und reproduktiven Anforderungen der anderen Fächer zu bieten. Zum anderen verpflichten die Rahmenpläne. Hier haben sich die Fachkollegen in den letzten Jahren ein verbindliches Curriculum erarbeitet, in dem die konkreten Inhalte für die einzelnen Jahrgangsstufen so verteilt sind, dass noch genügend Spielraum bleibt, um den wechselnden Interessen von Schülern und Lehrern spontan zu folgen. Es soll nicht verschwiegen werden, dass den Bemühungen um einen guten Kunstunterricht enge Grenzen gesetzt wurden. Dass Klassen von 30 Schülern eher Standard als Ausnahme sind, dass die Grundkurse in der Oberstufe um Bild links: Großfiguren der Klassen 7d und 9d zum Thema Sport und Kunst an den Fensterscheiben der „Galerie in der Schule“, von innen und außen zu sehen, Maße: ca. 100 cm hoch ein Drittel gekürzt wurden, wirkt sich im Fach Kunst mit seinen Schwerpunkten gestalterische Kreativität, spielerische Experimente und Entwicklung individueller Lösungen besonders nachteilig aus, da dies intensive Beschäftigung mit den einzelnen Schülern verlangt. Dass neuerdings statt 4 nur noch 3 Fachsäle zur Verfügung stehen, hat die Lage weiter verschärft. Europawettbewerb, LK 13, Skizze Zeichnung Dennoch initiierten und organisierten wir innerhalb des Unterrichts und darüber hinaus viele Dinge, um die Schülerinnen und Schüler künstlerisch zu aktivieren. • Zeichnen nach der Natur auf dem Schulgelände, im angrenzenden Wald, im Museum • Ausstellungsbesuche und Museumsbesuche • Regelmäßige Ausstellungen von Schülerarbeiten in den Fluren der Schule • Beteiligung an Wettbewerben, so z.B. mit Architekturmodellen an einem Europawettbewerb, bei dem es Darmstadt- und Hessensieger/innen gab mit einem Preis in Form eines viertägigen Berlinaufenthalts. Oder mit einer Wandgestaltung im Neubau, die den 1. Preis der Stadt Darmstadt einbrachte. Modell [ 106 · 107 ] 6 Die Gegenwart – Profil der Schule LK Kunst 12: Kunstgeschichtlicher Überblick von der Antike bis zum Barock, Herstellung eines Buches für Jugendliche Galeriekonzept, LK 13 • Es konnten auch Arbeitsgemeinschaften angeboten werden für freies künstlerisches Gestalten, auch im Sinne einer Qualifizierung auf ein entsprechendes Studium, AGs für Fotografie, Druckgrafik, Ölmalerei, Bühnenbild u.a.m. Solche Arbeitsgemeinschaften sind sehr wertvoll, von Schülern stark nachgefragt, konnten aber wegen Lehrermangels nur selten ermöglicht werden. Zur Zeit gibt es keine einzige Kunst-AG als Förderangebot. Seit 2001 wurde es im Rahmen der Europaschule möglich, eine „Galerie in der Schule“ zu verwirklichen, einen Raum auszustatten, Ausstellungen zu Themen aller Fächer und Europaprojekte durchzuführen. Auch die Zusammenarbeit mit anderen Schulen ist geplant. Ab Oktober 2001 finden folgende Ausstellungen statt : • Sport und Kunst: > zum Sportfest an der Schule > zum Olympischen Gedanken • Danach: Fahrradzeichnungen zu Biologie/Gentechnik, sowie Mathematik/Computer und Chemie und Kunst. • Die Epoche der Romantik, am > der Geschichte der Spiele Beispiel des Faches Deutsch und > zur griechischen Antike/GK12 Kunst. (siehe „Pjotr“) > kritische Stellungnahmen der Klasse 9c > Großfiguren der Klassen • Präsentation der Projekttage „Über den Tellerrand schauen“ – Europa und andere Kontinente, Juni 2002. 7d und 9d > Darstellungen von Sportarten der Klasse 9f > Fahrradzeichnungen der Klasse 5f > Präsentation der Einrichtung eines Sportmuseums „am Woog“ von J.Harbrecht mit Schülerarbeiten der Mornewegschule. Die Fachschaft Kunst: Philippe Böhm, Thomas John, Peter Reiske, Georg Schrabeck, Ulrike Springer Großfiguren [ 108 · 109 ] 6 Die Gegenwart – Profil der Schule Pokal für die Arbeit einer Mutter, sie braucht manchmal mehr als 2 Arme: für Kinder, Haushalt, Kochen, Putzen und vieles mehr (Abb. links) Preis für die allerbeste Marmelade, die „Goldene Berta“ (Abb. rechts) LK Kunst 12, Siebdruck/Werbung Schulhofbild LK Kunst 12, Buchgestaltung Spinnennetz Klasse 6a, Klecksbilder [ 110 · 111 ] 6 Die Gegenwart – Profil der Schule Erde zählt, eine Briefpartnerschaft zwischen den Schülern eingeleitet. Diese Kibo-Secondary-School in Moshi am Fuße des Kilimandjaro und in unmittelbarer Nähe der Serengeti plant, aus ihren zerfallenen Räumen in einen Neubau umzuziehen. SchülerInnen der Partnerschule in Moshi, Tansania, 1998 Die Afrika-AG der LuO baute ein Zebra zur Schulhofdekoration 6.8 die arbeitsgemeinschaften der luo Afrika-AG Die Lichtenbergschule als neue Europaschule hat seit 1995/96 zu einer Schule in der nordöstlichen Region von Tansania, das zu den ärmsten Ländern der Die Kibo Secondary School ist eine nichtstaatliche Selbsthilfeschule, die als koedukative Tagesschule für 470 Schülerinnen und 370 Schüler von den Klassen 8 bis 11 betrieben wird. Sekundarstufenschulen in Tansania sind überwiegend nichtstaatliche Selbsthilfeeinrichtungen, die aus dem Schulgeld der Eltern, der Selbsthilfe von Eltern, Schülern und Lehrern und aus Spenden finanziert werden. Träger der Schule ist ein im wesentlichen aus Eltern und Kommunalvertretern zusammengesetzter »School Board«, der zusammen mit der Schulleitung die Schule verwaltet. Die personelle und materielle Ausstattung der Kibo Schule ist in einem schlechten Zustand. Die Schulräume sind auf drei Gebäude in der Stadt verteilt (5 bis 10 Min. Weg), die Klassenräume sind nur mit einer Tafel, Holzstühlen und Tischen ausgestattet. Pro Klasse gibt es zwischen 50 und 70 Schüler und Schülerinnen, die sich z.T. Tische und Sitzgelegenheiten teilen. Es existiert keinerlei Unterrichtsmaterial, weder Bücher, Karten, Anschauungsmaterial jedweder Art. Die Räume für die Naturwissenschaften enthalten nicht funktionierende Wasser- und Gasleitungen, es fehlt an grundlegenden Voraussetzungen für naturwissenschaftlichen Unterricht, Sportgeräte existieren nicht. Wie viele Schulen in Tansania bearbeiten die Schüler und Lehrer zur Zeit schon einige Felder, um durch den Verkauf der Agrarprodukte laufende Kosten der Schule zu decken bzw. die Ernährung der Schüler zu gewährleisten. Der Schule steht seit zwei Jahren ein Gelände von 23 Morgen Land zur Verfügung, das am Rande der Stadt liegt. Auf diesem Gelände sollen die Gebäude der neuen Kibo Secondary School entstehen; ein Trakt mit vier Klassenräumen ist im Rohbau vorhanden. Die Afrika-Arbeitsgemeinschaft der Lichtenbergschule hat es sich zum Ziel gesetzt, diese Zustände zu ändern. Da es den Lichtenbergschülern und einer Schule in Gießen gelang, jeweils 2.300 DM zu sammeln, konnte zusammen mit einem Zuschuss des hessischen Ministeriums für Technik, Verkehr und Landwirtschaft zumindest die Wasserversorgung der Schule finanziert werden. Bei einer ersten Sammelaktion sind 1.460 Mark gespendet worden. In einem Begleitprogramm werden die Schülerinnen und Schüler durch eine Ausstellung, Filme und Videos über die Probleme Afrikas informiert. Lehrerinnen und Lehrer sollen sich im Fachunterrricht des Themas annehmen. „Die Frühzeit des Menschen“ – Bausteine für ein fächerverbindendes Unterrichtsprojekt Auf dem Hintergrund der gewachsenen Beziehungen der Schulpartnerschaft der Lichtenbergschule Darmstadt mit der Kibo-Secondary-School in Moshi/Tansania wird z.Z. versucht, das Thema „Afrika“ auch schrittweise im Schulcurriculum zu verankern. Dabei bietet es sich an, das Thema als fächerverbindendes Europaschulprojekt unter den Aspekten von interkulturellem Lernen und Methodenlernen mit Geschichte oder Biologie als Leitfach im Unterricht der Jahrgangsstufe 6/7 zu verankern. Dabei können grundsätzlich nahezu alle Schulfächer in das Projekt integriert werden. Aus Gründen der Praktikabilität empfiehlt es sich aber, die Kooperation auf wenige Fächer zu beschränken. Daher wird das Projekt im Schuljahr 2001/2002 in Kooperation der Fächer Geschichte, Biologie und Religion in einer Klasse 7 erprobt. Die Afrika-AG trifft sich derzeit jeweils in der 7. Stunde dienstags und erarbeitet z. Z. ein Quiz über Afrika für die ganze Schulgemeinde. Damit sollen alle Schüler für Afrika interessiert werden und Freunde für alle Themen, von der Urmenschenforschung bis zum heutigen Leben in der Partnerschule, entwickeln. Hans-Rüdiger Grundmann und Hans-Jakob Schmitz Foto-AG – Arbeit im Labor Mit dem Einzug 1966 ins eigene Haus verfügte die LuO nun auch über ein für den damaligen Standard sehr gut ausgestattetes Fotolabor. Dadurch wurden an ihr Fotoarbeitsgemeinschaften für Schüler möglich. In all den Jahren seitdem ist unter Anleitung der Lehrkräfte Reiske, Schrabeck und Weißert eine ganze Reihe solcher Foto-AGs zustande gekommen. Deren Arbeitsschwerpunkt war naturgemäß neben einer Einführung in die Aufnahmetechnik mit der Fotokamera (oder auch dem Erstellen kurzer Super 8-Filmspots) die Dunkelkammerarbeit: Viele Jahrgänge von Schülerinnen und Schülern erlernten so im Fotolabor der LuO das Entwickeln von Filmen, das Umsetzen von SW-Negativen in vergrößerte Papierabzüge und deren gestalterische Bearbeitung im Labor. Aus der Anfangszeit der AG-Arbeit an der Schule stammt das oben gezeigte, am 23. 2. 1970 im Darmstädter Tagblatt erschienene Bild. „Studienrat Volkmar Weißert leitet die Fotolaboranten in spe an. Seine Tips sind noch sehr vonnöten; denn erst kürzlich entwickelten die Schüler ihren ersten Film überhaupt. Zuerst wird ein »Probestreifen« belichtet, um die richtige Zeit für die Vergrößerung herauszubekommen. Fachmännisch wird der Streifen begutachtet, und die beiden an dem Projektor entscheiden: »Zehn Sekunden sollen es sein!«“ (Darmstädter Tagblatt, 19.2.1970) Soweit der „historische“ Exkurs. [ 112 · 113 ] 6 Die Gegenwart – Profil der Schule Projektwoche 1997 (An Leute, die im Keramik-Keller irgendwann mal aufräumen oder ihn neu weißen werden: Bitte lassen Sie dieses „Kunstwerk“ stehen!) Ein anderes, in vielen der Keramik-AGs praktiziertes Ritual war das des Brennofenfestes. War der Ofen nach einem Brand, meistens nach einem Glasurbrand, wieder abgekühlt, traf man sich zum Aufräumen. Anschließend feierte die AG, wie das früher in den Töpferkreisen auch üblich war, das Gelingen der Arbeit: Man saß in der Werkstatt bei Kerzenschein noch zusammen, es wurde gesungen, vorgelesen, es gab Tee und Gebäck. Heute, mehr als 30 Jahre nach diesen hoffnungsvollen Anfängen der Foto-AG an der LuO, hat sich die Situation doch geändert. Vor allem natürlich die äußeren Rahmenbedingungen: Bei dem akuten Lehrermangel und der ständigen Erweiterung des Unterrichtsangebots durch neue Fächer und Projekte ist es nicht verwunderlich, dass einerseits von Seiten der Schulleitung nur noch selten die Möglichkeit gesehen wird, eine Foto-AG einzurichten, dass andererseits aber auch das Interesse und die zeitlichen Möglichkeiten der Schüler deutlich eingeschränkt sind. Wichtiger noch als diese Rahmenbedingungen scheinen uns aber die radikalen Veränderungen, die das Medium Fotografie selbst erfahren hat durch die technologische Entwicklung und die Digitalisierung der Bildmedien. Die „Handarbeit“ im Fotolabor erscheint den heutigen Schülern im Vergleich mit der digitalen Bildbearbeitung oft uninteressant, ja „steinzeitlich“. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass damit jede Beschäftigung mit diesem „antiquierten“ Medium überflüssig wäre, im Gegenteil: Es gilt hier, den Schülern auch eine kritische Haltung zu vermitteln gegenüber den – zugegeben technisch perfekten – aber eben doch vorgefertigten und damit in ihrem Kreativitätspotential eingeschränkten Bildbearbeitungsprogrammen. Individuelle kreative Handarbeit gegenüber typisierter, reproduzierender oder bestenfalls reorganisierender Technik – darin liegt auch heute noch die Chance des Fotolabors. P. Reiske, V. Weißert, G. Schrabeck Keramik-AG Begonnen wurde das Werken mit Ton an der LuO in einer Arbeitsgemeinschaft von Frau König, einer ausgebildeten Keramikerin. Schließlich war in dem neuen Schulgebäude auch ein dafür bestimmter Raum mit entsprechender Ausstattung, einem langen speziellen Arbeitstisch und dazu auch einem recht großen Brennofen zu finden. Die dort heute ebenfalls vorhandene Töpferscheibe wurde erst später angeschafft. Nach dem Weggang von Frau König von der LuO gab es zunächst keine KeramikAG mehr, der Keramikraum im Kellergeschoss war verwaist. Im Einvernehmen mit der damaligen Schulleitung und der Fachschaft Kunst übernahm ich, ein fachfremder „Hobby-Töpfer“, dann beides verantwortlich. Seit diesem November 1969 hat sich in all den Jahren eine Vielzahl von Keramik-AGs dort in diesem Kellerraum zusammengefunden, bis auf einige noch von Herrn Kiesche betreute, von mir angeleitet. Mit dem Ende der achtziger Jahre wurden diese AGs seltener, es gab aber recht große Keramik-Arbeitsgruppen bei den verschiedenen Projektwochen, auch wurde in einem Jahr im Kunstunterricht mit Ton gearbeitet. Mehrere Brände wurden deswegen in kurzer Zeit notwendig. Ein von Beginn an geführtes „Werkstattbuch“ verrät noch heute, wie groß doch an der Schule das Interesse an dieser Form des Werkens in einer Schülerarbeitsgemeinschaft war. Gearbeitet wurde überwiegend in Aufbautechnik. Der eine oder andere Töpferlehrling setzte sich auch mal an die Töpferscheibe und erfuhr dann am eigenen Leibe, warum eine Töpferlehre im Vergleich zu der in anderen Handwerksberufen einst so lange dauerte. Ein Abdruck der noch im feuchtem Tonschlicker überzogenen Hand an der Kellerwand neben der Scheibe nach dem ersten, meist kläglich endenden Drehen war dann der Lohn eines solchen Versuchs. Nun ist der Keramikraum nach meinem Weggang von der LuO allem Anschein nach erneut verwaist. Ob sich wieder jemand findet,und das für einen längeren Zeitraum, der LuO-Schüler in AGs durch das Verformen von Ton mit der Hand ein Stück Menschheitsgeschichte erleben lässt? V. Weißert [ 114 · 115 ] 6 Die Gegenwart – Profil der Schule Einweisung der Schülerlotsen nen Unikum im Straßenverkehr konfrontiert – dem Schülerlotsendienst der Lichtenbergschule. Seit 1953 gibt es in Deutschland den Schülerlotsendienst, eine ursprünglich aus den USA kommende Idee. Mit dem Umzug der Lichtenbergschule im Jahre 1966 sichern auch an unserer Schule Schülerlotsen den Übergang Ludwigshöhstraße – und das sehr erfolgreich: Es gab hier noch keinen Unfall, bei dem ein Kind zu Schaden gekommen wäre. Schülerlotsen bei der Arbeit 6.9 schülerlotsendienst Wer sich morgens vor Schulbeginn über die Ludwigshöhstraße dem Haupteingang der Lichtenbergschule nähert, der wird mit einem in Darmstadt inzwischen einmalig geworde- Ab der achten Klasse können Schülerinnen und Schüler Lotsen werden. Im Schuljahr 2001/2002 umfasst die Arbeitsgemeinschaft 22 Schülerlotsen von der achten bis zur elften Klasse. Mit Unterstützung der Verkehrswacht Darmstadt, die im Übrigen in diesem Jahr ihr 50-jähriges Bestehen feiert, werden die jungen Lotsen geschult. Dabei steht die Sicherheit der Schülerinnen und Schüler im Vordergrund. In den ersten Schulwochen unterstützen dann die älteren die jüngeren Lotsen und helfen ihnen, mitunter schwierige Situationen zu meistern. So müssen sie sich vor Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmern schützen, die die inzwischen eingeführte Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 Stundenkilometern missachten, oder sich mit undisziplinierten Mitschülern auseinandersetzen, die die Sicherheitsanweisungen nicht ernst nehmen. Leider gibt es auch immer wieder Konfliktsituationen mit Eltern, die beim Hinbringen oder Abholen ihrer Kinder das Halteverbot im inzwischen mit Pfosten gekennzeichneten Bereich missachten. Aber dennoch lassen sich die Mädchen und Jungen den Mut und ihren Spaß bei der Arbeit nicht nehmen. Ob dies, bei der Einführung als äußerst fortschrittlich angesehen, nicht zu einer Benachteiligung besonders der Mädchen führte, muss diskutiert werden. Neben der regelmäßigen Arbeit vor und nach der Schule gehört zum Schuljahresbeginn die Verkehrserziehung in den fünften Klassen zusammen mit dem AG-Leiter zur Aufgabe insbesondere der älteren Lotsen. Hierbei erfahren die Sextaner aus erster Hand viele nützliche Hinweise, die zur Verkehrssicherheit auf dem Schulweg zu ihrer neuen Schule beitragen. Noch in den Kinderschuhen steckt das Projekt Fahrradwerkstatt, in deren Konzeption die Schülerlotsen mit einbezogen werden. Des weiteren lädt die Verkehrswacht alljährlich alle hessischen Schülerlotsen zu einem Wettbewerb ein. Hierbei schnitten die Lotsen der Lichtenbergschule in den letzen Jahren mit überdurchschnittlich gutem Erfolg ab. So erreichten sie hessenweit in den letzten 13 Jahren allein drei erste und vier zweite Plätze. Dies ist nicht zuletzt auf den großen Einsatz des ehemaligen AG-Leiters und Verkehrsbeauftragten Herrn OstR Loos zurückzuführen. Es unterrichten zur Zeit 14 Sportlehrer/ innen an unserer Schule. Nicht alle sind im Sport eingesetzt. Ein bis zwei Referendare unterstützen uns. In den nächsten Jahren wird es zu einem Wechsel des Sportkollegiums kommen, da einige Kollegen aus Altersgründen die Schule verlassen. Mit ihrem ehrenamtlichen Engagement für ihre Mitschülerinnen und Mitschüler leisten die Schülerlotsen einerseits einen wichtigen Beitrag zur Verkehrssicherheit, andererseits einen nicht hoch genug einzuschätzenden Beitrag für das Profil der Lichtenbergschule. So werden neben dem Spaß an der Sport ist bei uns in der Oberstufe 4. Prüfungsfach, d.h. es wird in der 12 und 13 auch Sporttheorie unterrichtet. Das Sportkursangebot ist sehr vielseitig. Wir bieten zur Zeit an: Schülerlotsen (v. l. Katharina Seith (11), Lisa Jäger, Ida Weber, Lisa Graf, Celina Stroh (alle 8e)) gemeinsamen Arbeit automatisch wichtige Schlüsselqualifikationen wie Verantwortungs- und Pflichtbewusstsein vermittelt. Es bleibt zu hoffen, dass sich auch in Zukunft immer wieder genügend Schülerinnen und Schüler bereit erklären, diese wichtige Aufgabe für die Lichtenbergschule zu erfüllen. Stefan Niemeyer 6.10 der sport an der luo Die räumlichen Bedingungen für den Sport sind an der Lichtenbergschule gut, da wir sowohl in der alten Turnhalle als auch in der Drei-Felder-Halle unterrichten können. Da die große Halle jedoch eine reine Ballspielhalle ist und daher die Ausstattung mit Turngeräten fehlt, ist diese nur einseitig zu nutzen. Für das Sporttreiben im Freien nutzen wir die Radrennbahn und den Wald rund um die Ludwigshöhe, d.h. es fehlen Anlagen für Weit- und Hochsprung, Wurf und Stoß. Auch Kurz- und Mittelstreckenlauf ist auf der asphaltierten Bahn nur eingeschränkt möglich. Für die Zukunft erwarten wir nach den Verbesserungen im Hallenbereich einen Ausbau der Außenanlagen, um vor Ort die nötigen Bewegungsmöglichkeiten zu schaffen. Die Fachkonferenz wird in naher Zukunft ein entsprechendes Konzept vorlegen. Der Sportunterricht findet seit mindestens 20 Jahren koedukativ statt, d.h. Mädchen und Jungen werden im Klassenverband gemeinsam unterrichtet. 4 1 1 1 2 1 3 1 2 Badmintonkurse Fußballkurs Gerätturnenkurs Handballkurs Orientierungslaufkurse Schwimmkurs Tanz- bzw. Gymnastikkurse Tischtenniskurs Volleyballkurse Das Kultusministerium arbeitet zur Zeit an neuen Oberstufenplänen, sodass für die nächsten Schuljahre mit Umstrukturierungen zu rechnen ist. Es gibt wieder vier Arbeitsgemeinschaften in diesem Schuljahr: Leichtathletik, Trampolin, Fußball, Volleyball. [ 116 · 117 ] 6 Die Gegenwart – Profil der Schule Jonglieren mit Bällen, Diabolos und Drehtellern, Pedalofahren, Einradfahren, Stelzenlauf usw., unterrichtet. In einigen Klassen der Jahrgangsstufen 8 bis 10 wird Hockey unterrichtet, mit dem Ziel, beim Schüleraustausch mit Schottland Vergleichsturniere spielen zu können. Dies ist ein sehr erfolgreicher Weg, interkulturelles Lernen durch Sport zu ermöglichen. Wir hoffen, dass zusammen mit der Schulleitung neue Wege gefunden werden können, das Angebot zu erweitern. Auch bei Jugend trainiert für Olympia nehmen wir wieder teil. Die Disziplinen sind: Basketball, Fußball, Turnen, Volleyball. Seit einiger Zeit bestehen Kooperationen zwischen Vereinen und unserer Schule im Bereich Handball, Trampolin, Tischtennis, Tennis und in Ansätzen Hockey. Diese sollen künftig noch intensiviert werden. Ende des letzten Schuljahres fand zu aller Zufriedenheit das jährliche Schulsportfest statt. Neben Klassenwettkämpfen in Fußball, Handball, Basketball und Volleyball konnten die Klassen 5 – 7 einen Geschicklichkeitsparcours auf dem Pausengelände und die Klassen 8 – 11 einen Orientierungslauf bestreiten. Der komplette Jahrgang 12 war zusammen mit den Kollegen als Helfer bei den einzelnen Veranstaltungen eingeteilt. Der Fachbereich Kunst hat eine Ausstellung zum Thema Sport und Kunst organisiert, bei der auch dieses Fest dokumentiert wird. Im Anschluss an diese Ausstellung werden wir diese Präsentationen nutzen, unsere Räumlichkeiten im Sportbereich zu verschönern. Neu ist, dass im Rahmen der Leichtathletik AG für alle Schüler der Schule die Möglichkeit besteht, an Schulleichtathletikmeisterschaften teilzunehmen. Die große Resonanz lässt erwarten, dass wir diese Meisterschaften als ständiges Angebot etablieren können. Seit 1969 ist die Skifreizeit der 10. Klassen bei Schülern und Lehrern äußerst beliebt. Neben der reinen Körperertüchtigung, d.h. Skilaufenlernen, nutzt sie besonders auch dem sozialen Miteinander. Im kommenden Jahr werden wir wieder einmal ein neues Ziel ansteuern, Mayrhofen im Zillertal. Im Rahmen des Europaschulprogramms wird in einigen Klassen des Jahrgangs 5 – 7 der Bereich Bewegungkünste, d.h. Neben traditionellen Sportarten, wie sie auch im Kursangebot der Oberstufe ausgewiesen sind, werden auch Randoder Lifetimesportarten wie Inlineskaten, Baseball, Judo, Trampolin, Tennis und Hockey unterrichtet. Viele dieser Angebote können nur durch die Hilfe von Sponsoren oder die Unterstützung des Fördervereins verwirklicht werden. Dem Förderverein verdanken wir auch die gute Ausstattung mit Sport- und Spielgeräten. Der immer wichtiger werdende Auftrag an die Schulen und damit auch den Sportunterricht, zur Gesundheitserziehung beizutragen, wird bei der Auswahl der Unterrichtsinhalte in Zukunft noch mehr Berücksichtigung finden. Darin spiegelt sich auch die aktuelle Beschlusslage der Fachkonferenz, allen Schülerinnen und Schülern im Rahmen des Pflichtunterrichts vielfältige Bewegungsmöglichkeiten zu bieten. I. Schmidtberg 6.11 schüler als zeitungsmacher Man schrieb das Schuljahr 1960/61, als Schüler unter der Regie des damaligen Schulsprechers Günther Zawada und mit Unterstützung ihres Vertrauenslehrers Dr. Horst Rumpf die Schülerzeitung Die Boje herausbrachten. Diese sollte der Ausgangspunkt sein für eine ganze Dekade erfolgreicher Zeitungsarbeit durch Schüler und Schülerinnen – und für spannende Einblicke ins Zeitgeschehen und Lebensgefühl der 60er Jahre für denjenigen, der heute im Schularchiv stöbert. Zunächst kämpfte man jedoch mit Schwierigkeiten. Bald nach ihren ersten journalistischen Gehversuchen beklagten die jungen Redakteure der Lichtenbergschule eine nachlassende Resonanz innerhalb der Schülerschaft, wollten aber ihr Projekt nicht aufgeben. Durch Anregung des Schulsprechers wurde die Arbeitsgemeinschaft Presse-Film gegründet, die nun als Herausgeber der Schulzeitung Das Podium fungierte. Nachdem die erste Ausgabe im Mai 1961 mit bescheidenen 16 Seiten und zwei Fotos in einer Auflage von 500 Exemplaren erschien, sollte das neue Forum für die am Schulleben Beteiligten jedoch in kurzer Zeit so erfolgreich werden, dass man die Auflage des Heftes auf das Dreifache steigern konnte. Das Podium wurde zu einer „Institution“. Es konnte mit einem durchschnittlichen Umfang von 40 Seiten und zahllosen Bildern regelmäßig bis in die 70-er Jahre hinein erscheinen und brachte es schließlich zu über 40 Ausgaben. Auch außerhalb der Schulmauern konnten die DIN-A 5 Hefte auf sich aufmerksam machen. In einem vom Hessischen Kultusminister 1964 ausgeschriebenen Wettbewerb für, wie es damals hieß,„hessische Schüler- und jugendgeeignete Zeitungen“ wurde das Podium mit dem 3. Preis ausgezeichnet. Was die damaligen Gemüter bewegte, spiegelt sich in Titelthemen wie den folgenden wider: „Schulfernsehen“ (1961) „Europa formiert sich“ (1962/63) „Die Stellung des Negers in den USA“ (1963) „Gemeinsamer Religionsunterricht“ (1964) „Mehr Abiturienten – aber wie?“ (1965) „Das Farbfernsehen“ (1965) „Koedukation“ (1965) „Wettrennen zum Mond“ (1969) Schule in anderen Ländern wurde zu einem durchgängigen Thema, eine entsprechende Artikelserie wurde 1965 mit „Russland“ eingeleitet. Man sieht diesen Formulierungen an, dass man über den Tellerrand der eigenen Schule hinaus sehen wollte und durchaus auch bereit war, politisch heiße Eisen anzufassen. [ 118 · 119 ] 6 Die Gegenwart – Profil der Schule In der Podiums-Festschrift zur Einweihung des Neubaus 1966 betonte man, dass man für eine solche Zeitung das Vertrauen der Schulleitung benötigte und auch erfuhr, denn die Direktion las die Veröffentlichungen erst zusammen mit der übrigen Schulgemeinde – nach ihrem Erscheinen – und vermied Gängelung oder gar Zensur. Eine stärkere Einmischung hätte nicht zuletzt wegen einer Änderung der Rahmenbedingungen befürchtet werden können, denn 1964 wurde durch einen Erlass des Hessischen Kultusministers eine klare Trennung zwischen Schülerzeitungen, die ausschließlich durch Schülerinitiative entstehen, und von der Schule offiziell herausgegebenen Schulzeitungen vollzogen. Man hatte sich in der Redaktion aber entschieden, dem bisherigen Konzept einer engen Kooperation zwi- schen den Schülern und einem beratenden, für die Zeitung offiziell verantwortlichen Lehrer die Treue zu halten. Das Ende des Podiums bedeutete das vorläufige Ende einer Schulzeitung an der LuO. In der Folgezeit versuchte man andere Wege zu gehen: Von Schülerseite gab es einige Ansätze Schülerzeitungen ohne Betreuung durch einen Lehrer oder eine Lehrerin zu veröffentlichen und die Schwerpunkte neben der Lehrer- und Schulkritik auf Karikierendes (O-Ton Contra) und allgemein Unterhaltendes zu verschieben. So entstanden beispielsweise das „Atrium“ in den 80-er Jahren und in den 90-ern „Contra“,„Hero“ und schließlich „Anonym“. Da seit der Veröffentlichung der letzten Schülerzeitungsausgabe inzwischen einige Jahre vergangen sind, mag es überraschen, dass vielen Schülern „Ano- nym“ noch ein Begriff ist, doch das Erscheinungsbild der letzten Ausgaben dieser Schülerzeitung prägte sich ein: Eine Zeitenwende hatte stattgefunden, die die technischen Möglichkeiten der jungen Journalisten enorm erweiterte. Mit Computerunterstützung konnten nun aufwendige und mit großer Perfektion gelayoutete Hefte erstellt werden, die in Großformat auf Hochglanzpapier gedruckt wurden. Bei allem technischen Fortschritt, der die Herstellung einer professionell aussehenden Zeitung erleichtert, ist aber der zentrale Punkt der gleiche geblieben. Man kann ihn auch heute nicht besser formulieren, als dies die Redakteure des Podiums 1966 taten: [ 120 · 121 ] 6 Die Gegenwart – Profil der Schule „Es kommt entscheidend darauf an, leistungsfähige Schüler, die ihren Mitschülern auch Wesentliches zu sagen haben, für die verantwortlichen Positionen zu gewinnen. Sie müssen in der Lage sein, die redaktionelle und technische Arbeit bei der Herstellung einer Zeitschrift zusätzlich zu ihren schulischen Aufgaben verkraften zu können.“ In diesem Schuljahr wird wieder ein Versuch gestartet, ausgehend von einer AG, in der sich die Schülerinnen und Schüler koordinieren und Hilfestellungen finden können, eine neue Schulzeitung aus der Taufe zu heben. Die AG entstand, weil eine Zeitung für die Lichtenbergschule seit Mitte der 90er Jahre von Schüler- wie von Lehrerseite als ein wichtiger Bestandteil des Schullebens vermisst wurde. Ein Medium, an dem man sich einerseits reiben und mit dem man sich andererseits identifizieren kann, ist eine große Herausforderung an die Macher: Eine kleine Gruppe junger Redakteurinnen und Redakteure und regelmäßiger freier Mitarbeiter hat sich zusammengefunden, um das Experiment zu wagen. Ein neues Konzept ist entstanden, das allen am Schulleben Beteiligten möglichst viel Raum zur Kommunikation lassen möchte, Artikel und Bilder, die unterschiedliche Aspekte des Schullebens beleuchten, werden wieder gesammelt, ein Internetauftritt ist in Vorbereitung, ein Name gefunden: Die Schüler entschieden sich für Lux. Das lateinische Wort soll das (erhellende) Licht im Namen der Lichtenbergschule betonen, und sein Klang auf das Zeitungsmaskottchen anspielen: Auf das schlaue Wesen mit den scharfen Augen und Ohren, das den neuen Zeitungsmachern Wegweiser und Glücksbringer sein soll. Sie stehen wieder am Anfang und hoffen auf Unterstützung – und Resonanz. A. Bender 6.12 ein raum zur meditation (raum 714) Emotionale Bedürfnisse nach einem alternativen Raum • zur Ruhe • zum Alleinsein • zum kleinen Gespräch • zum Loslassen • zum Entfliehen von der Pausenhektik • zur Aussprache über Probleme • zum Hören auf Musik • einen guten Gedanken • einen heiligen Spruch • zum Lachen und Phantasieren • zu einer Traumreise • zur Entspannungsgymnastik • zum Betrachten eines Bildes • zum Hören auf die anderen in einer kleinen Gruppe • zum Gewinnen von Konzentration und neuer Kraft • zum Abschütteln von Streß und Angst, kurz: Die Erfahrung von Stille und Fülle Am Anfang stand die Erkenntnis, dass es an Raum und Zeit für persönliche, menschliche Kontakte zwischen Schü- lern und Lehrern mangelte. Diese emotionalen Bedürfnisse brachten den Wunsch hervor, einen Raum mit einer eigenen wohltuenden Atmosphäre einzurichten. Die Religionslehrer richteten den Raum für Pausenmeditationen und für alternative Unterrichtsaspekte mit kleineren Gruppen ein. Allen Kollegen steht der Raum zur Verfügung, mit kleineren Gruppen beliebige Aktivitäten, die in den Raum passen, zu entfalten. Zur Zeit finden Pausenmeditationen/ Pausengespräche zu folgenden festen Zeiten statt: Montag, 2. Pause . . . . . . . . . . .Unterstufe Donnerstag, 2. Pause . . . . . . . .Oberstufe Freitag, 1. Pause . . . . . . . . . . . .Unterstufe Rüdiger Grundmann [ 122 · 123 ] 7 Die engagierte Schulgemeinde 7 Die engagierte Schulgemeinde [ 124 · 125 ] 7 Die engagierte Schulgemeinde 7.1 die elternschaft Elternbeirat LuO zwischen Gestern und Morgen – das heißt für die Zeit ab 1966 auch bedeutende Entwicklungen in der Selbstverwaltung der schulischen Gremien und der Elternmitarbeit. Wurde vom damaligen Vorsitzenden des Elternbeirats der Lichtenbergschule, Herrn Theo Bauer, in der Festschrift anlässlich der Einweihung des Neubaus der Lichtenbergschule noch die Frage aufgeworfen „Was ist der Elternbeirat und was bedeutet er für uns?“, so können wir heute auf langjährige Erfahrung und Mitarbeit im Elternbeirat unserer Schule zurückblicken. Per Gesetz wurde im November 1958 die Mitbestimmung der Erziehungsberechtigten verabschiedet und damit der Elternbeirat gesetzlich anerkannt. Für uns heute eine Selbstverständlichkeit, dass Eltern als Teil der Schulgemeinde an der Entwicklung der Schule mitwirken. In diesem Sinne hat der Elternbeirat der Lichtenbergschule seine Arbeit in den Jahren ab 1966 fortgeführt und sich in zahlreichen bildungspolitischen und schulinternen Themen engagiert. Als Meilensteine aus länger vergangener Zeit mag noch die Auseinander- setzung mit den politisch Verantwortlichen zum Thema obligatorische Einführung der Förderstufe in Darmstadt Ende 1970/Anfang 1980 sowie Planungen der Stadt im Rahmen des Schulentwicklungsplanes IV über die Bildung sog. Mittelstufenzentren schulformübergreifend für die Jahrgangsstufen 7 –10 in Erinnerung sein. Der Schulelternbeirat der LuO hat sich seinerzeit intensiv für den Fortbestand der Schule als grundständiges Gymnasium ab Klasse 5 eingesetzt. (s. Artikel DA-Tagblatt vom 26.02.1979) Die 90er Jahre waren geprägt durch die Themen PCB-Sanierung und Sanierung des zwischenzeitlich schon wieder erhebliche bauliche Mängel aufweisenden Neubaus. In enger Zusammenarbeit und Abstimmung innerhalb der Schulgemeinde konnten hier wesentliche Schritte gegenüber der Stadt erreicht werden. Schulintern haben in jüngerer Zeit die Eltern maßgeblich an der Einrichtung, Ausrichtung und Organisation verschiedenster Angebote mitgewirkt. Die Themenwoche in ihrer heutigen Ausgestaltung geht zurück auf anhaltende Initiative der Eltern und findet in dieser Form nunmehr seit 4 Jahren statt. Unter Mitwirkung engagierter Eltern hat das Schulfest der LuO ein neues Gesicht bekommen und gehört heute zu den jährlichen Höhepunkten der schulischen Aktivitäten. Auf Initiative und durch intensiven Einsatz von Eltern konnte als jüngstes Projekt im August 2001 das Angebot einer Hausaufgabenbetreuung für Schüler und Schülerinnen der Jahrgangsstufen 5 und 6 in Zusammenarbeit mit dem Förderverein realisiert werden. Über den Schulelternbeirat wirken die Eltern an der Erstellung einer zeitgemäßen Schulordnung, der Erarbeitung des Schulprogramms und der Umsetzung des Europaschulprogramms mit. Die Beteiligung von Klassen- und Jahrgangselternbeiräten an Fachkonferenzen, in Gesamtkonferenzen und verschiedensten Ausschüssen gehört mittlerweile zum alltäglichen Bild schulischen Lebens. Herr Bauer schließt seinen Artikel in der Festschrift von 1966 mit den Worten:„Die Jahre des Kampfes um die neue Schule haben Lehrer- und Elternschaft zu einer vorbildlichen Gemeinschaft zusammengeführt. Diese Gemeinschaft zu erhalten und zu fördern zum Wohle unserer Kinder soll auch weiterhin die vornehmste Aufgabe des Elternbeirates sein.“ Die Themen seit 1966 haben sich dabei ebenso wie die Ausgestaltung des schulischen Alltags gewandelt, das Motiv des gemeinsamen Handelns der Schulgemeinschaft jedoch ist geblieben. Im Sinne eines gemeinsamen Wirkens von Elternhaus und Schule an der Erziehung und Bildung der Kinder und Jugendlichen heißt das Motto aktiver Elternarbeit: MitDENKEN – MitTRAGEN – MitGESTALTEN – MitENTSCHEIDEN! Dr. Astrid Wiemann Birgit Pörtner Förderverein Der Förderverein der LichtenbergschuleGymnasium e.V. wurde 1986 von Eltern gegründet, um die Lernangebote und Aktivitäten der Schule dort zu unterstützen, wo öffentliche Mittel nicht oder nur unzureichend zur Verfügung stehen. Ziele des Vereins waren, die sachliche Ausstattung der Schule zu verbessern und die Aktivitäten der Schulgemeinschaft zu fördern. So hat der Förderverein neben traditionsgemäßen Aufgaben eine Schwerpunktförderung wechselnder schulischer Bereiche verfolgt. Über die Jahre wurden u.a. Musikinstrumente, Sportgeräte, Kunstausstattung, moderne Rechner, Lernsoftware und Lexika angeschafft und die Medienausstattung verbessert. Langfristige Projekte wie Schüleraustauschprogramme erhielten Anschubfinanzierungen. Der Ausbau der Schulbibliothek zum Wissenszentrum mit Internetanschluss, die Neueinrichtung von Schüleraufenthaltsräumen sowie besondere Aktivitäten der Schulgemeinschaft wurden bezuschusst. Dank dieser finanziellen Unterstützung ist das Lernangebot an der Lichtenbergschule vielfältiger und zeitgemäßer als es ohne das Engagement der Eltern wäre. Heute ist die Unterstützung der LuO durch Eltern und Freunde wichtiger denn je. Denn die Anforderungen an ein modernes und traditionsbewusstes Gymnasium sind gestiegen. Eine angemessene Ausstattung in sachlicher sowie personeller Hinsicht ist wichtig, um die intellektuellen und sozialen Fähigkeiten der Schüler und Schülerinnen optimal zu fördern. In Zeiten begrenzter öffentlicher Mittel sind die gestellten Anforderungen an die Ausbildung zugleich eine Herausforderung. Um dieser Herausforderung gewachsen zu sein, hat der Förderverein im vergangenen Jahr eine neue Satzung erarbeitet und verabschiedet. Die neue Satzung sieht eine engere Zusammenarbeit zwischen Verein und Schule vor und bietet allen Freunden der LuO die Möglichkeit, die Schule durch eine Mitgliedschaft zu unterstützen. Bei der Gründung des Vereins stand die finanzielle Unterstützung der Schule im Mittelpunkt, jetzt kann die Vereinsarbeit auf eine breitere Basis gestellt werden, die es erlaubt, die Aktivitäten der Schule und der Schulgemeinschaft gezielt und kontinuierlich zu fördern. Um die bestmögliche Ausbildung für die Schüler und Schülerinnen der LuO zu erzielen, bedarf es der Anstrengung aller Eltern und Freunde der LuO. Der Förderverein ist diesem Ziel verpflichtet und lädt Sie ein, sich auch für die LuO zu engagieren. Dr. Louise Röska-Hardy [ 126 · 127 ] 7 Die engagierte Schulgemeinde Demonstration 1963 7.1 die schülerinnen und schüler und ihre vertretung Die SV der Lichtenbergschule Wenn an der Lichtenbergschule wichtige Entscheidungen getroffen werden, dann ist hieran nicht selten die SchülerInnenvertretung (SV) beteiligt. Ihre VertreterInnen sitzen im höchsten Beschlussorgan der Schule, der Schulkonferenz, wo unter anderem auch der Haushalt der Schule verabschiedet wird. Und hätte es nicht die entschlossenen Reden der damaligen Schulsprecherin Bettina Grab in den SchülerInnen-Vollversammlungen und der Gesamtkonferenz der Lehrerschaft gegeben, wer weiß, ob die Lichtenbergschule den Antrag auf Aufnahme in das Europaschulprogramm gestellt hätte. SV-Arbeit bedeutet jedoch nicht nur Gremienarbeit. Sind es doch am Ende die politischen Rahmenbedingungen, die das Lernen an unserer Schule bestimmen. Die SV der Lichtenbergschule hat hier immer Stellung bezogen. Dies musste der damalige Kultusminister Holzapfel feststellen, als er sich nach der Einweihung des Russisch-Zuges der Schule vom Schulgelände schleichen wollte. Die Proteste der LichtenbergschülerInnen gegen seine Sparpolitik schlugen Wellen bis in die überregionale Presse. Seine Nachfogerin, Kultusmisisterin Wolff, ging mit der Kritik der SV offensiver um und stellte sich an ihrer früheren Schule der Kritik der SchülerInnen in einer Podiumsdiskussion. Was hier im Sinne von zu erlernender Demokratiefähigkeit als selbstverständlich erscheint, musste von vielen SchülerInnengenerationen mühsam erkämpft werden. Hieß doch die SchülerInnenvertretung der 60er Jahre bezeichnender Weise noch Schülermitverwaltung (SMV). Kritik sollte sich auf engen Bahnen bewegen. Die SchülerInnen der 70er Jahre versuchten hier auszubrechen. Oftmals in historischem Materialismus geschult, kämpften sie für heute so selbstverständliche Einrichtungen wie eine SV-Stunde in wechselnden Unterrichtsstunden oder das SchülerInnencafé. Erstaunlich ihre Souveränität, mit der sie die Struktur und Bedürfnisse der SchülerInnen in Umfragen analysierten oder Verzögerungsstrategien der Schulleitung entlarvten. Die Schulleitung unter Herrn OstD Lauterbach sah sich bald so in die Enge getrieben, dass sie sich nur noch mit Verstößen gegen die Konferenzordnung und Einzelverhören von Schülern zu helfen wusste. Die SV reagierte prompt – mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde. Das Kultusministerium gab ihr in wesentlichen Punkten statt. Unter dem neuen Schulleiter OstD Schneider begann eine Entwicklung zu stärkerer Kooperation. Am 10.03.1984 konnte das Darmstädter Echo vermelden, dass es an der Lichtenbergschule ein Schülercafé gebe. Wie politisch engagiert viele der SchülerInnen waren, darüber geben die Artikel der Schülerzeitungen Auskunft. Ob der Sternenkrieg Ronald Reagans oder der NatoDoppelbeschluss, SchülerInnen der Lichtenbergschule traten immer für den Frieden ein. Die amerikanischen Versorgungsflieger, die während des Golf-Krieges über die Lichtenbergschule zogen, erblickten als Zeichen des Protests die weiße Friedenstaube auf blauem Grund, die sich riesig über den C-Hof zog. Neben der Protest- hatte sich aber auch eine Fest-Kultur entwickelt. Unterstützt von Eltern und LehrerInnen ist das Schulfest der Lichtenbergschule nicht mehr aus dem Jahresplan unseres Gymnasiums wegzudenken. Wie nützlich eine enge Zusammenarbeit mit den Eltern ist, erwies sich jedoch nicht nur beim Schulfest. Sie verhalf auch dem Protest der SchülerInnen gegen die PCB-Verseuchung des Neubaus zu Beginn der 90er Jahre zum Erfolg. Der Neubau wurde saniert. Und auch die Themenwoche wurde nur deshalb unter Herrn Schneiders Nachfolger OstD Schupp zum festen Bestandteil des Schulprogramms, weil die Eltern die Organisation wesentlich unterstützten und vorantrieben. Ihre materielle Unterstützung führte auch das Projekt eines selbstverwalteten Unter- und Mittelstufenraumes zum Erfolg. Nach jahrelangen Auseinandersetzungen in den Gremien wurde er im Jahr 2001 eingeweiht. Geht man heute durch die Lichtenbergschule, so hat sie sich durch die Arbeit der SV verändert. Sie organisiert von ihrem modern mit Computer und Internet-Anschluss versehenen Büro aus den Café- und Kiosk-Betrieb, beaufsichtigt mit Hilfe der 10. Klassen den Unterund Mittelstufenaufenthaltsraum, betreut die 5. und 6. Klassen durch ein Patensystem und ist Anlaufstelle für die Themenwoche oder die Schulfestorganisation. Natürlich berät sie die SchülerInnen auch über Rechtsfragen oder versucht bei Konflikten zu vermitteln. Hierzu hat sie auch eine eigene Homepage eingerichtet. In den Arbeitsgemeinschaften „Antirassismus“ und [ 128 · 129 ] „Lebensraum Schule“ versucht die SV Schwachstellen in den sozialen Beziehungen der Schule aufzudecken und diese zu beseitigen. Ziele und Strategien für die Arbeit der SV – auch diese Tradition geht bis in die 70er Jahre zurück – werden auf einem SV-Seminar jährlich neu formuliert. Die Teilnahme wird von der Schulleitung allerdings nicht mehr als marxistische Kaderarbeit ängstlich beäugt, sondern durch Unterrichtsfreistellungen unterstützt. Dies bedeutet keinesfalls, dass es keine Konflikte mehr gäbe. Diese gehören zu einer modernen Demokratie. Initiativen zur Neugestaltung eines Raucherhofes, Diskussionen über Termin und Gestaltung der Abschlussfahrten der Jahrgangsstufe 13 oder die Einrichtung bestimmter Schulprofile: Immer wieder neu werden hier Vereinbarungen ausgehandelt werden müssen. Die Lichtenbergschule braucht hierfür eine starke SV. Sitzblockade gegen Bildungsabbau 1997 Alice Krozer, Jörn Borges Timo Wulfmeyer (Oberstufensprecher 2001/02), Romina Peccia und Steffen Rose (Schulsprecher 2001/02) 7 Die engagierte Schulgemeinde 7.3 das kollegium und seine schulleiter [ 130 · 131 ] 1966 2001 Kollegium 2001, sitzend von links nach rechts: 1. Reihe: Hr. Purkert, Fr. Bley, Fr. Lahr, Hr. Dr. Montag, Hr. Herrmann, Hr. Bley, Fr. Hildebrandt, Fr. Buchmann-Keller, Fr. Brietzke-Bott, Fr. Bender, Fr. John, Fr. Altenburger, Hr. Boos, Hr. Berndt 2. Reihe: Fr. Schmidtberg, Fr. Dahlinger, Fr. Dr. Groß, Fr. Ottmann, Hr. Hohmann, Fr. Podack, Fr. Witt, Fr. Dömel, Fr. Dragu, Hr. Strüber, Fr. Würges, Hr. Kärcher, Hr. Gerganow, Hr. Dalicho, Fr. Stichel 3. Reihe: Hr. Schmitt, Fr. Blechschmitt, Fr. Ohmsen, Fr. O‘Neill, Fr. Eirich, Fr. Springer, Fr. Güldenpenning, Fr. Hiß, Fr. Ridder, Hr. Schüßler, Fr. Nungeßer, Fr. Dr. Mitschke, Fr. Becker, Fr. Hallstein, Fr. Loring Stehend von links nach rechts: 4. Reihe: Hr. Mayer, Hr. Borges, Hr. Grundmann, Hr. Kiskämper, Fr. Matusca, Fr. Hörr, Hr. Reiske, Fr. Dr. Graßmann-Fry, Fr. Reisky, Fr. Korber-Kraneis, Fr. Schatz, Hr. Kratzert, Hr. Niemeyer, Hr. Haas-Meyer, Hr. Schmidt, Hr. Volz, Hr. Mehring 5. Reihe: Hr. Ritter, Hr. Frey, Hr. Schorlemmer, Hr. Möller, Hr. Fassmann, Hr. Hofmann, Hr. Conrad, Hr. Riemann, Hr. Deiß 1917 1984 Hr. Dr. Wiegand 1955 – ‘70 1950 1992/1993 Hr. Schnupp 1989 – ‘98 Hr. Lauterbach 1970 – ‘74 Hr. Schäfer 1998 – 2000 Hr. v.d. Au mit Hr. Poth 1974 – ‘75 Hr. Schneider 1975 – ‘89 Hr. Herrmann ab 2000 (mit Herrn Schupp) 8 Der Blick nach vorn 8 Der Blick nach vorn [ 132 · 133 ] 8 Der Blick nach vorn die künftige verwirklichung der europaschule als gymnasium – sprachenzentrum, internationale begegnungsschule und begabungsförderung „Die Lichtenbergschule versteht sich als Gymnasium in Europa“. Unter dieser Zielsetzung haben die Gremien der Lichtenbergschule im Frühjahr 2000 die Teilnahme am neuen Europaschulprogramm des Landes Hessen beschlossen. Das Europaschulprogramm fördert die interne Schulentwicklung durch Zuwendungen in Höhe von jährlich 60.000 DM. Der Beitrag von J. Borges und B. Volk-Heiser macht deutlich, dass die Schule den Weg nach Europa auf wichtigen pädagogischen Feldern energisch beschritten hat. Die Erfahrungen der letzten Monate zeigen, dass mit dem Titel „Europaschule des Landes Hessen“ besondere Erwartungen an die Lichtenbergschule verbunden sind: Die Erwartungen von Eltern an die Europaschule sind vielfältig und (scheinbar) heterogen: • Was unterscheidet die Europaschule von anderen Gymnasien? (Häufige Anfrage unserer Eltern) • Gibt es besondere Klassen für englischsprachige Schüler (Anfrage von bilingualen Eltern) • Kann mein Sohn einen internationalen Abschluss machen? (Deutscher Mitarbeiter eines internationalen Unternehmens) • Wir kommen aus den USA. Wir suchen eine Schule für unsere drei Kinder, eins ist in der Grundschule. Die internationale Schule ist zu teuer! (Gastprofessor an der TU Darmstadt) • Ich würde mein Kind gerne an eine deutsche Schule geben (Amerikanische Familie in Darmstadt) Unbefriedigend für uns war, dass auf solche drängenden Fragen das Europaschulprogramm des Landes Hessen derzeit keine klaren Antworten gibt. Daher sehen wir es als unsere Aufgabe an, selbst ein Konzept zu entwickeln, das den Erwartungen an eine Europaschule als Gymnasium Rechnung trägt. Ein Einladungsvortrag zum Thema „Zukunftsfaktor einer Wirtschaftsregion – Internationale Schule/Internationaler Kindergarten“ vor der Industrie- und Handelskammer im Frühjahr 2001 gab mir Gelegenheit, erste Überlegungen für eine „Internationale Schule im Rahmen des öffentlichen Schulwesens in Darmstadt“ vorzustellen. In Anlehnung an die Begegnungsschule im deutschen Auslandsschulwesen entwickelte ich das Konzept einer „Internationalen Begegnungsschule“ als besonderes Bildungsangebot der Europaschule als Gymnasium und als Alternative zu den privaten International Schools. Das Konzept fand großes Interesse bei internationalen Unternehmen und Institutionen und wurde anschließend in enger Zusammenarbeit mit der Firma Wella und Merck ständig weiter entwickelt. Im Oktober 2001 kamen die Mitglieder der Arbeitsgruppe „Internationale Begegnungsschule in Darmstadt“ unter Beteiligung des Staatlichen Schulamtes zu dem Ergebnis, dass das Konzept der Internationalen Begegnungsschule tragfähig ist und alsbald verwirklicht werden sollte. Das nachfolgende Interview mit Frau Bredow-Cordier für die städtische Internetzeitung „dafacto“vom Presseund Informationsamt der Stadt Darmstadt beleuchtet die vielfältigen Aspekte des Konzepts einer Internationalen Begegnungsschule an der Lichtenbergschule: Warum braucht Darmstadt Ihrer Meinung nach eine internationale Begegnungsschule? Dass Darmstadt eine internationale Schule braucht, darüber besteht Konsens bei Wirtschaft, Wissenschaft, For- schungseinrichtungen und europäischen Institutionen wie Eumetsat und ESOC. Sie fordern seit langem eine internationale Schule und einen internationalen Kindergarten. Ohne ein derartiges Angebot gestaltet sich die Anwerbung geeigneter Mitarbeiter zunehmend schwieriger angesichts der weltweiten Konkurrenz um hochqualifizierte Mitarbeiter. Aber auch für die einheimische Bevölkerung besteht ein solcher Bedarf: Wir können heute nicht mehr davon ausgehen, dass Menschen ihr Leben lang an einem Standort, in einem Land bleiben. Die öffentlichen Schulen bereiten sie auf die Mobilität, die künftig im Berufsleben gefragt ist, bisher noch unzureichend vor. Schon jetzt gibt es viele Kinder, die mit ihren Eltern für ein paar Jahre im Ausland leben und die Kontinuität in ihrer Schullaufbahn benötigen. Es ist eine wichtige Aufgabe einer internationalen Schule, flexibel auf die Bedürfnisse ausländischer Kinder bei der Integration bzw. deutscher Kinder bei der ReIntegration ins deutsche Schulsystem zu reagieren. Diese doppelte Aufgabe kann meines Erachtens nur eine Begegnungsschule leisten. Was verbirgt sich hinter dem Begriff? Was wird dort gelehrt? Das Modell Begegnungsschule hat sein Vorbild im deutschen Auslandsschuldienst. Übertragen auf das Inland bezeichnet es einen Schultyp, der das deutsche Gymnasium mit einem internationalen Angebot kombiniert. Der Unterricht wird etwa zur Hälfte in Deutsch und Englisch gegeben und hat eine ausbalancierte Zweisprachigkeit zum Ziel. Zweisprachigkeit bedeutet, eine zweite Sprache (fast) wie die Muttersprache zu sprechen. Zwei Sprachen zu sprechen bedeutet, zwei Denkweisen zu erlernen. Zwei Sprachen zu sprechen und in zwei Sprachen zu denken, bedeutet zu erleben und zu wissen, dass es verschiedene Weltbilder, verschiedene Zivilisationen und verschiedene Kulturen gibt. Daher ist die Zweisprachigkeit der Ausgangspunkt für eine Erziehung, die den Vorrang einer Kultur verneint. Oder umgekehrt: In der Vielfalt der Sprachen und Kulturen eine Bereicherung sieht. [ 134 · 135 ] 8 Der Blick nach vorn Die Anwesenheit ausländischer Schüler und ausländischer Lehrer ist sowohl methodisch als auch inhaltlich ein notwendiger Bestandteil des Begegnungskonzepts. Es wird ersichtlich, dass die Zweisprachigkeit auch eine wichtige Grundlage zum Erwerb weiterer Fremdsprachen ist. Grundlage des Unterrichts an einer Internationalen Begegnungsschule wären die geltenden Lehrpläne des Landes Hessen, erweitert um die Europäische Dimension der Fächer. Neben dem deutschen Abitur könnten die Schüler einen internationalen Abschluss erwerben. Allgemein wird ein Trend weg von den Sprachen festgestellt. Sind Sprachen denn überhaupt wichtig? Warum dem Trend etwas entgegensetzen? In der Tat scheint das Bewusstsein in der deutschen Bevölkerung für Sprachen im Vergleich zu anderen Ländern eher gering ausgebildet zu sein. Da machen wir denselben Fehler wie die Amerikaner, Briten und Franzosen – allerdings in einer ungünstigeren Situation, weil Deutsch keine Weltsprache ist, keine lingua franca wie das Englische und Französische. Aber die Kommunikation in Englisch allein genügt auch nicht, wenn es um den emotionalen Zugang zu den Menschen anderer Kulturen geht. In einer besseren Situation ist derjenige, der neben Englisch auch die Landessprache beherrscht, auch lesen und schreiben kann und die Menschen auch kulturell versteht. Das ist das entscheidende Argument für eine Mehrsprachigkeit, die auch nichteuropäische Sprachen wie das Russische, Japanische und Chinesische einbeziehen sollte. Da Deutschland vom Export im hohen Maße abhängig ist, liegt die Begründung für die Mehrsprachigkeit auf der Hand. Die Frage lautet daher nicht, „warum“, sondern „wie“ dem Trend etwas entgegensetzen. Ein Ansatz, den ich unterstütze, ist das frühzeitige gezielte Lernen einer Fremdsprache schon in der Grundschule. Im Gymnasium könnte darauf aufgebaut werden, anstatt von vorne anzufangen. Die zweite Fremdsprache könnte ebenfalls früher einsetzen. Sprachen müssen generell in der Schule stärker in ihrem Gebrauchswert gefördert werden, wie dies z.B. im fremdsprachigen Fachunterricht an Schulen mit bilingualen Zügen oder in multinationalen Unterrichtsprojekten der Europaschulen bereits geschieht. Das Modell der Internationalen Begegnungsschule ist in der Lage, diese Doppelaufgabe zu erfüllen. Es kann dabei auf die langjährigen Erfahrungen im deutschen Auslandsschuldienst zurückgreifen. Dies möchte ich an einigen Punkten verdeutlichen: franca Englisch, sondern misst Welche Vorteile hätte eine „Internationale Begegnungsschule“ gegenüber den herkömmlichen schulischen Angeboten? • Eine internationale Begegnungs- Schüler von großer Bedeutung. Dass deutsche Schulen noch nicht auf die zunehmende berufliche Mobilität deutscher und ausländischer Familien eingestellt sind, hat erhebliche Anpassungs- und Integrationsprobleme dieser Kinder und Stress in den Familien zur Folge. Wer es sich leisten kann, schickt sein Kind auf eine International School. Doch viele Eltern können sich das nicht leisten oder wollen für ihre Kinder beides: Integration in die deutsche Gesellschaft und Internationalität bis hin zur Option eines internationalen Schulabschlusses anstelle des Abiturs. schule hat für die Eingliederung ins deutsche Schulsystem, aber auch für die Rückkehr in ein ausländisches Schulsystem ein geeignetes Konzept. • Durch den zweisprachigen Bildungsgang in Deutsch und Englisch wird der Wechsel zwischen dem deutschen Gymnasium und einer internationalen Schule im Ausland erleichtert. • Die Internationale Begegnungsschule definiert Internationalität nicht alleine über die lingua der kulturellen Identität über die Leitsprache Deutsch ebenfalls einen hohen Stellenwert zu. Dies ist für einheimische • Mehrsprachigkeit, Englischkenntnisse auf dem Niveau einer Zweitsprache und interkulturelle Kompetenz kennzeichnen das internationale Profil eines Absolventen der Internationalen Begegnungsschule. Warum würde sich die Lichtenbergschule als Ort einer Internationalen Begegnungsschule eignen und weche baulichen und personellen Voraussetzungen müssten dafür geschaffen werden? Die Lichtenbergschule ist schon vom Standort ideal. Die Schule ist leicht mit der Straßenbahn zu erreichen und bietet auch Platz für etwaige Zubauten. Inwieweit Zubauten erforderlich sein werden, hängt auch davon ab, wie sich der aktuelle Schulentwicklungsplan des Landkreises Darmstadt-Dieburg auf den Schülerzufluss nach Darmstadt auswirken wird. Auf jeden Fall wäre ein Zubau für das schulübergreifende Sprachenzentrum erforderlich, aber auch Umbauten für eine Cafeteria und für den Ganztagsbetrieb. Die bereits vorgesehenen Sanierungsmaßnahmen müssten vorgezogen, der Raumplan der Schule den Erfordernissen einer sehr differenzierten Schule angepasst werden. Die Ausstattung der Schule müsste den Ansprüchen an eine Internationale Schule insgesamt angepasst werden. Die Lichtenbergschule verfügt über eine motivierte und engagierte Lehrerschaft, die Neuerungen offen steht: Im Rahmen des Europaschulprogramms wurden bereits wichtige Entwicklungen eingeleitet, die Einarbeitung der Europäischen Dimension in die neuen Lehrpläne wird aktuell in den Fachschaften vorgenommen. Mehrere Lehrkräfte der Lichtenbergschule verfügen über Auslandserfahrungen, viele sind an der Mitarbeit in der Internationalen Begegnungsschule [ 136 · 137 ] 8 Der Blick nach vorn interessiert. Bei Neueinstellungen oder Einversetzungen müssten künftig auch die besonderen Belange der Begegnungsschule beachtet werden. Dazu gehörte auch die Einstellung englischmuttersprachlicher Lehrer. Wegen ihrer vielfältigen zusätzlichen Aufgaben wird die Begegnungsschule einen Zuschlag bei der Lehrerversorgung benötigen. Was unterscheidet Ihr Konzept von anderen bereits realisierten internationalen Schulen? Zunächst möchte ich betonen, dass es viele Gemeinsamkeiten mit den englischsprachigen International Schools gibt: Vom pädagogischen Prinzip des interkulturellen Lernens über den Ganztagsbetrieb bis hin zu einem gepflegten Erscheinungsbild der Schule. Der grundsätzliche Unterschied liegt in der Struktur: Bei der Internationalen Begegnungsschule handelt es sich um einen zweisprachigen deutsch-englischen Bildungsgang für deutsche und ausländische Kinder vom Kindergarten bis zum Abitur oder zum internationalen Abschluss IB. Zusätzlicher Unterricht in den Muttersprachen Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch oder Spanisch und nach Bedarf auch in anderen Sprachen ist wesentlicher Bestandteil des Programms vom Kindergarten bis zum Ende der Grundschule. Ab Klasse 5 würde das schulübergreifende Sprachenzentrum zusätzlichen Sprachunterricht für die Schüler aus dem Ausland anbieten, die in ihrer Muttersprache nicht ins Hintertreffen geraten sollen, damit eine reibungslose Rückkehr in das Schulsystem ihres Heimatlandes möglich ist. Diese Kurse sollen auch sprachbegabten deutschen Schülern offen stehen und ihnen zu einer erweiterten Fremdsprachenkompetenz auf hohem Niveau verhelfen. Bis zur Klasse 8 würde eine Ganztagsbetreuung bis 16 Uhr angeboten werden. Eine weitere Besonderheit meines Konzepts ist das schon angesprochene schulübergreifende Sprachenzentrum: Das vorhandene Sprachenzentrum an der Lichtenbergschule soll zu einem umfassenden Beratungs- und Servicezentrum ausgebaut werden, das von einem privaten Träger getragen wird. Die Leistungen wären zum Teil kostenpflichtig. Zu den kostenpflichtigen Leistungen gehörten die genannten Sprachkurse für ausländische Schüler in ihrer Muttersprache, aber auch Internationale Zertifikate und das Sprachportfolio, Vorbereitungskurse auf Eingangstests für englische und amerikanische Universitäten. Auch Sprachkurse in nichteuropäischen Herkunftssprachen (z.B. Japanisch, Chinesisch) sind denkbar. Das Sprachenzentrum könnte sich zu einer internationalen Volkshochschule für Jugendliche entwickeln. Eltern, die sich für eine zweisprachige Ausbildung interessieren, wird eine Beratung und psychologische Betreuung vom Kindergarten bis zum Abschluss angeboten. Einen Aspekt meines Konzepts möchte ich wegen seiner schulpolitischen Bedeutung für die Stadt Darmstadt besonders hervorheben: Die Angebote des schulübergreifenden Sprachenzentrums richten sich selbstverständlich auch an die Schüler anderer Gymnasien. Die Option auf einen internationalen Abschluss durch englischsprachige Zusatzangebote am Sprachenzentrum könnte daher von allen interessierten Darmstädter Gymnasien genutzt werden. Qualifizierte und interessierte Lehrkräfte aller Gymnasien könnten sich teilweise an das „IB-Zentrum“ abordnen lassen. Internationalen Schulen haftet immer der Vorwurf der Elitebildung an. Wer könnte sich für seine Kinder einen Besuch in Ihrer Internationalen Begegnungsschule leisten? Was würde das kosten? Ich bin nicht grundsätzlich gegen Elitebildung, sofern sie auf eigener Leistung beruht. Ganz im Gegenteil, ich wende mich entschieden gegen ein Tabu der Begabungsförderung. Kinder haben ein Recht, in ihren Begabungen individueller gefördert zu werden. Aber mit einem Schulgeld von über 20.000 DM sind die privaten International Schools nur einer finanziellen Elite zugänglich. Die Internationale Begegnungsschule hingegen ist ein zusätzliches Bildungsangebot (enrichment) an einem öffentlichen Gymnasium. Sie sollte nicht mehr als 500 bis 600 DM im Monat kosten, Mittagsbetreuung inklusive. Für Eltern, die auf zusätzliche Leistungen im Sprachenzentrum verzichten, wäre die Internationale Begegnungsschule ab Klasse 5 prinzipiell kostenfrei. Neben ihrem zweisprachigen Bildungsgang würde die Lichtenbergschule weitere Schwerpunkte zur Begabungsförderung bilden. Es bieten sich naturwissenschaftliche, musische und sprachliche Schwerpunkte an. Im Sinne einer frühzeitigen Förderung der Begabung schon in der Grundschule würden einige Grundschulen und das Gymnasium eine Partnerschaft im Sinne eines gemeinsamen und verbindlichen Europaschulprogramms eingehen. Darmstadt, im Oktober 2001 Peter Herrmann [ 138 · 139 ] 9 Nachwort der Redaktion Danke 9 Nachwort der Redaktion [ 140 · 141 ] 9 Nachwort der Redaktion nachwort In Anbetracht der kurzen Zeit, die der Redaktion nach Beauftragung und Konstituierung für die Erstellung einer Festschrift zur Verfügung stand, musste das Motto lauten: Beschränkung. Eine vollständige Bestandsaufnahme der letzten 35 Jahre LuO war nicht zu leisten. Die Redaktion hat sich deshalb zum Ziel gesetzt, Historisches, Dokumentarisches, Illustratives und Berichtendes in einem Band nach dem Prinzip „produktiver Willkür“ zu vereinen und damit vielfältige Aspekte der LuO in Form eines Kaleidoskops zu präsentieren. Folglich strebte die Redaktion eine breite Beteiligung von Kolleginnen und Kollegen, Eltern, Schülerinnen und Schülern an der Festschrift an, sodass mannigfaltige Interessen, Stile und unterschiedliche Akzente zum Ausdruck kommen konnten. Für die Autoren gilt das Prinzip der Eigenverantwortlichkeit für Inhalt und Länge der Beiträge, sowie für die Vorwegauswahl und Urheberrechte der Bilder. Die Tätigkeit der Redaktion beschränkte sich vorwiegend auf Erstellung einer Konzeption für die Festschrift, auf Maßnahmen zur Sicherung der Finanzierung, des Layouts und des Druckes (Spendenaufrufe, Kostenvoranschläge), auf Anregungen für die Autoren, auf Koordination und Korrektur der Beiträge und auf Anpassung an die neue Rechtschreibung. Zum Abschluss seiner Tätigkeit möchte die Redaktion ganz besonderen Dank sagen: • den zahlreichen und z.T. großzügigen Spendern aus der Elternschaft, aus dem Kollegium, aus dem Kreis der Pensionäre, Ehemaligen und Freunde der LuO, ohne deren finanzielles Engagement die Festschrift gar nicht hätte erscheinen können, • den Firmen Goldwell AG, Wella AG, Gutenberg Buchhandlung/Buchhandlung H.L. Schlapp, Schuh Lotz und Südhessische AG für ihren Finanzierungsbeitrag und insbesondere der Firma Merck AG, die mit einer maßgeblichen Spende den Grundstein für eine zukünftige Partnerschaft legte, • allen Autoren und Helfern, vor allem unseren ehemaligen Schulleitern Hans Werner Schneider und Wilfried Schupp und den Pensonären Dr. Traute Endemann, Erhard Vollberg und Volkmar Weißert, • unserem seit seiner Pensionierung ehrenamtlich tätigen Archivar, Harald Nickmann, dem das große Verdienst gebührt, den Grundstein für ein historisches Schulbewusstsein gelegt zu haben, • der Vertreterin der Elternschaft in der Redaktion, Frau Pörtner, der scheidenden Elternbeiratsvorsitzenden, Frau Dr. Wiemann, und der Kassenwartin des Födervereins, Frau RoebFroitzheim, für die tatkräftige Unterstützung, • OStD i.R. H. Eitel für die freundliche Genehmigung zum Abdruck diverser Textausschnitte u. graphischer Darstellungen aus dem »Podium« , • der Fa. Foto-Friedrich für die Freigabe der Schüler- und Kollegiumsbilder und nicht zuletzt • dem Sekretariat für die mühevolle Spendenabwicklung und Unterstützung bei der Texterstellung. Im Namen der Redaktion: Bernhard Möller die autoren und mitarbeiter Andrea Bender Marion Blechschmitt Philippe Böhm Jörn Borges Barbara Breyer Giselbert Breyer Willfried Conrad Erika Dömel Dr. Traute Endemann Christof Ganß Dr. Brigitte Graßmann-Fry Rüdiger Grundmann Peter Herrmann Meinhard Hiemenz Yvonne Hildebrand Ina John Thomas John Jürgen Kratzert Alice Krozer Judith Lochhaas Harald Mehring Bernhard Möller Harald Nickmann Stefan Niemeyer Marga Pfleger Rigmor Podack Birgit Pörtner Hans-Peter Reiske Johanna Reisky Gerhard Röhner Dr. Louise Röska-Hardy Ute Ruchay-Ottmann Thomas Schmidt Irene Schmidtberg Manfred Schmitt Hans Jakob Schmitz Hans Werner Schneider Gerhard Schorlemmer Georg Schrabeck Wilfried Schupp Burkhard Schüßler Ulrike Springer Brigitte Volk-Heiser Erhard Vollberg Volkmar Weißert Dr. Astrid Wiemann Prof. Dr. Volker Wiskamp Brigitte Würges [ 142 · 143 ] impressum © 2001 Lichtenbergschule Darmstadt Herausgeber: Förderverein Lichtenbergschule e.V. Redaktionsteam: Dr. Traute Endemann, Harald Mehring, Bernhard Möller (Koordinator), Harald Nickmann, Birgit Pörtner, Thomas Schmidt, Manfred Schmitt, Hans Werner Schneider, Wilfried Schupp, Erhard Vollberg Text- und Bildnachweis: Archiv der Lichtenbergschule Umschlagfoto: Ulrike Springer Konzept und Gestaltung: Suse Schmitt, susch@freenet.de Druck und Verarbeitung: Druckerei Drach, Alsbach Für jeden Fuß der passende Schuh Ihr Spezialist für bequeme Schuhe Luisenplatz 4 Darmstadt Tel. 2 02 02 Bücher – Lernhilfen – Software – Hörbücher – CD-ROMs – Fortsetzungen – Zeitschriften – Gutscheine – Geschenke – Literaturlisten Täglicher Bestell- und Lieferservice rund um Darmstadt – Servicetelefon 0800-0-283437 Ludwigsplatz 3 Darmstadt Tel. 17 90 0 Beautiful hair needs an expert. www.wella.de