Frühe und präventive Bindungsförderung

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Frühe und präventive Bindungsförderung
Frühe und präventive Bindungsförderung: Verlauf
Entwicklungspsychologischer Beratung im Rahmen einer
Kontrollgruppenstudie
Ute Ziegenhain
Risikokarrieren im Kindes- und Jugendalter
Wissenschaftliche DJI-Jahrestagung
Berlin, 12. November 2014
Gliederung
Kinderschutz und Frühe Hilfen in Deutschland nach der
Jahrtausendwende
Förderung elterliche Beziehungs- und Erziehungskompetenzen
als wichtiger Ansatzpunkt
Verlauf Entwicklungspsychologischer Beratung im Rahmen des
Bundesmodellprojekts „Guter Start ins Kinderleben“
Nach dem „Guten Start“ - Nachuntersuchung eines Teils der
Kinder im Projekt „Nachhaltige Wirkung Früher Hilfen“ Fazit
Kevin und andere Kinder
Bei Kevins Geburt am 23. Januar 2004 hatte das
Jugendamt eine engmaschige Betreuung und
Begleitung der Problemfamilie festgelegt. Doch
dieses Vorhaben sei nie umgesetzt worden: "Als
das Kind ganz klein war, ist nichts passiert. Es gab
keine Hausbesuche und auch keine Hilfe", heißt
es im Bericht des Justizstadtrats Ulrich Mäurer ….
(Süddeutsche Zeitung, 31.10.2006)
Lange bevor familiäre Situationen entgleisen und Kinder massiv
gefährdet sind, haben viele Familien Kontakte mit Helfern aus
unterschiedlichen institutionellen Zusammenhängen.
Viele der tragischen Fälle, über die als Spitze des Eisberges in der
Presse berichtet wird, beginnen mit früher Vernachlässigung
 Notwendigkeit früher und rechtzeitiger Hilfen und
Angebote
Kinderschutz in Deutschland nach der Jahrtausendwende
- in den letzten Jahren vermehrte Aufmerksamkeit auf das Thema
Vernachlässigung und Misshandlung von Kindern
- Ziel zahlreicher Initiativen auf kommunaler, Landes- und
Bundesebene ist die Verbesserung des Kinderschutzsystems in
Deutschland
- 2005 Novellierung des SGB VIII mit der Einführung des §8a:
Konkretisierung des Schutzauftrages in der Kinder- und
Jugendhilfe
- Auf- und Ausbau präventiver Ansätze : Frühe Hilfen
Aktionsprogramm „Frühe Hilfen für Eltern und Kinder und
soziale Frühwarnsysteme“
- Modellprojekt „Guter Start ins Kinderleben“
Nationales Zentrum Frühe Hilfen (NZFH)
- Runder Tisch sexueller Kindesmissbrauch
- Bundeskinderschutzgesetz (1.1.2012) Bundesinitiative FH
Aktionsprogramm „Frühe Hilfen für Eltern und Kinder
und soziale Frühwarnsysteme“
Was sollte „drin“ sein in den Frühen Hilfen?
lokale und regionale Unterstützungssysteme mit
koordinierten Hilfsangeboten (0- bis 3)
Förderung der Beziehungs- und
Erziehungskompetenz von (werdenden) Müttern
und Vätern
enge interdisziplinäre Kooperation und
Vernetzung von Institutionen und Angeboten
(Schwangerschaftsberatung, Gesundheitswesen,
interdisziplinäre Frühförderung, Kinder- und
Jugendhilfe sowie weitere soziale Dienste)
Angebote, die sich an alle (werdenden) Eltern mit
ihren Kindern richten
- im Sinne der Gesundheitsförderung
(universelle Prävention)
- sowie an Familien in Problemlagen
(selektive Prävention)
nach der Definition des wissenschaftlichen Beirats des NZFH:
Walper, Franzkowiak, Meysen & Papoušek , 2009
Frühe Hilfen im System der Regelversorgung in Deutschland
Ausgangssituation in Deutschland:
gute Versorgungssysteme für junge Familien
aber:
unzureichende Koordinierung von Hilfen und Angeboten aus
unterschiedlichen Systemen
Kinder- und Jugendhilfe, Gesundheitssystem,
Frühförderung, Schwangerenberatung ……….
Versäulung und fehlenden Durchlässigkeit
Lücke in der Regelversorgung: manualisierte, selektiv präventive
Ansätze und Programme zur spezifischen Förderung
elterlicher Beziehungs- und Erziehungskompetenzen
- Fokus : spezifische Förderung elterlicher Feinfühligkeit /
bzw. Entwicklung sicheren Bindung beim Kind
(Ziegenhain, 2004; Berlin, Zeanah & Lieberman, 2008)
- theoriegeleitet – ressourcenorientiert – evaluiert (vgl. Leitlinien
präventiver Intervention, Cicchetti & Hinshaw, 2002; Luthar & Cicchetti,
2000; Berlin, 2005).
Förderung elterlicher Beziehungs- und
Erziehungskompetenzen als wichtiger
Ansatzpunkt
Besonderheiten in der Entwicklungspsychologie
der frühen Kindheit
In der frühen Kindheit werden nahezu alle Erfahrungen durch
die Eltern vermittelt und gesteuert/gestaltet
Säuglinge und Kleinkinder sind gleichermaßen physisch wie
psychologisch auf elterliche Fürsorge angewiesen
„Entwicklungsaufgabe“ von Eltern: intuitive und
kontinuierliche Regulation der wechselnden
Erregungsniveaus und der emotionalen Befindlichkeit
des Säuglings
„ There is no such a thing
as a baby“
(Winnicott,1949)
 frühe Beziehungserfahrungen Vorläufer
von psychopathologischer Entwicklung
(Sroufe et al., 2000)
Nationales Zentrum Frühe Hilfen: Evaluation der
Modellprojekte in den Bundesländern
Wie Elternschaft gelingt – WIEGE (Hamburg & Brandenburg)
Guter Start ins Kinderleben (Bayern, BadenWürttemberg, Rheinland Pfalz, Thüringen)
Frühe Hilfen für Eltern u. Kinder und soziale
Frühwarnsysteme (NRW, Schleswig Holstein)
Frühe Intervention für Familien – Pfiff
(Hessen, Saarland)
Früh Start (Sachsen-Anhalt)
Chancen für Kinder psychisch kranker
und/oder suchtbelasteter Familien
(Mecklenburg-Vorpommern)
Evaluation und Coaching zum Sozialen
Frühwarnsystem (Berlin)
Familienhebammen: Frühe Unterstützung –
frühe Stärkung? (Niedersachsen)
Pro Kind (Niedersachsen, Bremen, Sachsen)
1) Pro Kind
2) Familienhebammen: Frühe
Unterstützung – frühe Stärkung?
aus: BZgA/DJI 2008)
Aktionsprogramm „Frühe Hilfen für Eltern und Kinder und
soziale Frühwarnsysteme“ – Modellprojekte zur Förderung
elterlicher Beziehungs- und Erziehungskompetenzen
hoch belastete Familien mit Säuglingen und Kleinkindern
+ aufsuchende Interventionsprogramme (reduzieren
Misshandlung/Vernachlässigung; Guterman, 1997)
- Pro Kind (Nurse Family Partnership, Olds et al., 1999; Pfeiffer, Hosser,
Maier-Pfeiffer & Jungmann, 2005)
- Keiner fällt durchs Netz (Sidor, Kunz, Schweyer, Eickhorst & Cierpka,
2011)
+ gezielte Förderung elterlicher Feinfühligkeit und
aufsuchend (Bakermans-Kranenburg et al., 2003; Juffer et al., 2008)
- STEEP („Wiege“; Erickson & Egeland, 2006; Suess, 2010)
- Entwicklungspsychologische Beratung („Guter Start ins
Kinderleben“; Ziegenhain et al., 2004)
zu Beginn des Aktionsprogramms bereits erfolgreiche
„Feasibility-Studien“ und erste Evaluationsergebnisse
(Ziegenhain, Derksen & Dreisörner, 2004)
Entwicklungspsychologische Beratung (EPB;
Ziegenhain, Fries, Bütow & Derksen, 2004)
basierend auf Bindungstheorie, Entwicklungsmodell nach
Als und Brazelton
Förderung elterlichen feinfühligen Verhaltens (Empathie,
Perspektivenübernahme)
Vermittlung von Ausdrucks-, Belastungs- und
Bewältigungsverhaltensweisen von Säuglingen und
Kleinkindern
- Kurzzeit-Intervention (aufsuchend, Video-Feedback
(„Sehen-Verstehen-Handeln“), ca. 6 -7 Termine)
- flexibel integrierbar in bestehende Hilfesysteme
Evaluation
- Verbesserung feinfühligen Verhaltens bei jugendlichen
Müttern (verglichen mit jugendlichen Müttern in
regulärer Jugendhilfe-Betreuung (TAU; Ziegenhain et al.,
2004; Ziegenhain, 2008) sowie bei Müttern mit psychischer
Erkrankung, Mütter mit Migrationshintergrund, Mütter
mit Frühgeborenen (Pillhofer et al., 2011; 2014 in press)
In press
Verlauf Entwicklungspsychologischer
Beratung
im Rahmen des Bundesmodellprojektes
„Guter Start ins Kinderleben“
Modellprojekt „Guter Start ins Kinderleben“ 2007-2011
Entwicklung lokaler
und interdisziplinär angelegter
Kooperations- und
Vernetzungsstrukturen
auf der Basis bestehender
Rechtsgrundlagen und
vorhandener Zuständigkeiten)
Vernetzung in Modellregionen
(Runde Tische, Arbeitsgruppen,…)
interdisziplinäre Weiterbildung
für Fachkräfte aus unterschiedlichen
vernetzungsrelevanten Berufen:
Entwicklungspsychologische Beratung
Workshop Kinderschutz
Was passiert nach einem Guten Start?
2007
Studie 1
Studie 2
Guter Start ins
Kinderleben
Nachhaltigkeit Früher
Hilfen
2008
2009
2010
2013
Entwicklungsstand Kind
• gut beschriebene Hochrisikostichprobe
• retrospektive Aktenanalyse, Elternbefragung
• hohe Heterogenität von Hilfen und Fallverläufen
• Interventions- und Kontrollgruppe
• Erfassung der angefangen und beendeten Hilfen
bis zum aktuellen Zeitpunkt
• Erfassung der erfolgten Hilfen jeweils über die
Periode eines Jahres
• Erfassung des langfristigen Entwicklungsoutcomes
des Kindes
Forschungsfragen – „Guter Start ins Kinderleben“
elterlicher Stress
mütterliche
Feinfühligkeit
kindliche
Entwicklung
Interventionseffekt
Messzeitpunkte Überblick
t1
t2
t3
t4
t5
t6
Geburt des
Kindes bis zum
Alter von 3
Monaten
ein Monat
später
noch ein
Monat später
Alter des
Kindes 6
Monate
Alter des
Kindes 12
Monate
Nachuntersuchung
der Familie
Follow-Up
2
Follow-Up
3
Kontrollgruppe: Regelversorgung
Interventionsgruppe: Regelversorgung plus
Entwicklungspsychologische Beratung
Beginn (Prä)
Verlauf
Ende der
Follow-Up
Beratung in
1
Studie 1 (Post)
Studie 1 – Guter Start ins Kinderleben
Studie 2 –
Nachhaltige
Wirkung Früher
Hilfen
Entwicklungspsychologische Beratung im Rahmen des
Modellprojektes „Guter Start ins Kinderleben“
Fortbildung Entwicklungspsychologischer Beratung an acht
Modellstandorten (jeweils 4x4 Tage)
Durchführung der Beratung und Datenerhebung durch
Berater/innen vor Ort (vs. University Standard;
(Beelmann, Pfost & Schmitt, 2014)
Einschlusskriterien
A) :
- jugendliche Mutter oder
- Mutter mit psychischer Erkrankung
oder
- Mutter mit Migrationshintergrund
oder
B) :
- Kind zu Beginn der Datenerhebung max. 3 Monate alt
Instrumente
GSIK
NWFH
Verhaltensbeobachtung: Eltern-Kind-Interaktion in
stressfreier Situation.
Mutter: feinfühlig, kontrollierend, unresponsiv
Kind: kooperativ, überangepasst, schwierig, passiv
x
x
Selbstbeurteilung: Deutsche Form des Child Abuse
Potential Inventory (CAPI, Milner, 1986)
kritischer Belastungswert: B krit
x
x
Entwicklungstest
sechs Monate bis
sechs Jahre
ET6-6
(Petermann et al.,
2006)
Entwicklungsdiagnostik
z-transformierter Gesamtwert
x
Bayley Scales II
(Reuner et al.,
2007)
Entwicklungsdiagnostik
Allgemeine
Depressionsskala
ADS-L
(Hautzinger &
Bailer, 1993)
Selbstbeurteilung: Beurteilung depressiver
Symptome (bei der Mutter): depressive Affekte,
körperliche Beschwerden, motorische Hemmungen,
motivationale Defizite und negative Denkmuster
20 Items: Gesamtscore
CARE-Index
(Crittenden 2007)
Eltern-BelastungsScreening zur
Kindeswohlgefährdung – EBSK
(Deegener et al.,
2009)
x
x
x
Instrumente
GSIK
NWFH
Anhaltsbogen
(Kindler & KJPP
Ulm, 2007)
Fremdbeurteilung: Risikoscreening für mögliche
Kindeswohlgefährdung rund um die Geburt
Brief Symptom
Inventory, BSI
(Franke, 2000)
Selbstbeurteilung: individuelle psychische Belastung
in den letzten 7 Tagen (Kurzversion der SCL-90-R)
x
CBCL
Psychosoziale Belastung Kind (Fremdbeurteilung)
x
Aktenanalyse
retrospektive Erfassung der seit Studie 1 erhaltenen
Hilfen
x
Interview:
Erhaltene Hilfen
retrospektive Erfassung der seit Studie 1 erhaltenen
Hilfen
x
x
Stichprobenbeschreibung (N=96)
Interventionsgruppe
(n=63)
Kontrollgruppe
(n=33)
Alter der Mütter
22,3 (5,8)
15-39 Jahre
23,6 (6,3)
15-35 Jahre
Nationalität der
Mütter
85,5% Deutsch
4,8% Türkisch
84,8% Deutsch
6,1% Türkisch
Familienstatus
75,8% ledig
19,4% verheiratet
4,8% geschieden
66,7% ledig
24,1% verheiratet
9,1% geschieden
Wohnsituation **
30,2% allein
27,0% mit Partner
48,5% mit Partner
30,3% betr. Wohnen
Schulabschluss
71,4% ≤ Quali
72,7% ≤ Quali
Geschlecht des
Kindes
26 Jungen
37 Mädchen
16 Jungen
17 Mädchen
Anzahl der
Geschwister
0,65 (1,1)
0-5 Geschwister
0,72 (1,1)
0-3 Geschwister
zusätzliche Risikofaktoren
Risikoindex
Sozio-FB und Mutterpass (MP):
Anhaltsbogen (Kindler, 2007):
6. jugendliche Mutter (< 21
Jahre)
1. soziale Belastung
7. aktueller Heimaufenthalt
2. fehlende U-Untersuchung
8. geringe Schulbildung
3. hohe Fürsorgeanforderungen
9. mehr Geschwister (≥ 2)
4. Schwierigkeiten bei der
Annahme und Versorgung
des Kindes
11. psychische Belastung MP
5. Zukunftsangst
Median = 5 Risiken
Interventions- und
Kontrollgruppe
unterscheiden sich nicht
signifikant
10. kein Wunschkind
12. Nikotin in der SS
13. Drogen in der SS
14. Frühgeburt (< 37. SSW)
15. Mangelgeburt (< 2.500 g)
16. geringe soziale
geringes Risiko:Unterstützung T1
N=58
moderates Risiko:
N=38
Mütterliche Feinfühligkeit und Risiken (CARE-Index; N=28 von 83;
Crittenden, 2007)
Intervention
Feinfühligkeit
hohes Risiko
Interaktionseffekt Gruppe
x Zeit x Risiko
F(3,237)=2.2;
p≤.05
7
6,5
6
5,5
Hochrisiko
5
4,5
*
4
3,5
Interaktionseffekt Gruppe
x Zeit
F(3,78)=2.7;
p≤.05
intervention
control
-
Hochrisikogruppe: signifikante Verbesserung feinfühligen Verhaltens
-
Post: Feinfühligkeit bei Müttern der Kontrollgruppe im Risikobereich
-
Effekte verschwanden im Follow-Up
Mütterliche Feinfühligkeit und Risiken (CARE-Index; N=55 von 83;
Crittenden, 2007)
moderates Risiko
Hochrisiko
Intervention
Feinfühligkeit
Moderat belastete Gruppe: Kein Interaktionseffekt
Interaktionseffekt Gruppe
x Zeit x Risiko
F(3,159)=1.2;
n.s.
Berichtete Stressbelastung der Mütter (EBSK; N=57;
(Deegener, Spangler, Körner & Becker, 2009)
B krit 180
178
176
174
172
170
168
166
164
162
160
CG
IG
prä
Bkrit≤161
post
6 Mo.
12 Mo.
161 < Bkrit≤185 185<Bkrit≤207
Interaktionseffekt
Gruppe x Zeit
F(1,55)=4.5
p<0.05
207<Bkrit
Mütter mit Intervention berichteten signifikante Reduktion ihrer
Stressbelastung (beide Follow-Up-Messungen)
Intervention und kindliche Entwicklung (ET6-6; N=79,
(Petermann, Stein & Macha, 2006)
moderate Risiken
(n=54)
60
58
56
54
52
50
48
46
44
IG
CG
tendenzieller
Interaktionseffekt
Risikostatus x
Gruppe
F(3,72)=2.1; p≤.10
60
58
56
54
52
50
48
46
44
hohe Risiken
(n=25)
*
IG
CG
signifikanter
Interaktionseffekt
emotionale Entwicklung
Risikostatus x Gruppe
F(1,75)=3.1; p≤.05
Nach dem „Guten Start“ – Nachuntersuchung
eines Teils der Kinder
im Rahmen des Projektes „Nachhaltige
Wirkung Früher Hilfen
Ergebnisse „Nachhaltige Wirkung Frühe Hilfen“
1. Nachhaltige Implementierung von Hilfen:
+ alle Familien erhalten auch nach Beendigung des Modellprojektes nach
wie vor zahlreiche Hilfen
2. Passgenauigkeit der Hilfen: ja und nein
+ stärker belastete Familien erhalten mehr Hilfen als weniger stark
belastete Familien
- Hinweise darauf, dass viele Familien Hilfen aus dem Kinder- und
Jugendhilfesystem bekommen, kaum Abstimmung hinsichtlich
spezifischer Problemkonstellationen, wenig spezifische Hilfen aus dem
Gesundheitsbereich
3. Wirksamkeit Früher Hilfen: ja und nein (erste Hinweise)
+ Kinder kognitiv durchschnittlich entwickelt, CBCL unauffällig
- Mütter nach wie vor auffällig im Eltern-Belastungs-Screening
gefördert durch :
Mütterliche Feinfühligkeit (CARE-Index) und kognitive
Entwicklung des Kindes
Abweichung der kognitiven Entwicklung (z-transformiert) vom Durchschnitt
aller Kinder in Abhängigkeit von der mütterlichen Feinfühligkeit
z-Werte kognitiver Entwicklung
0,8
feinfühlig (11-14)
0,6
0,4
0,2
adäquat (7-10)
0
-0,2
-0,4
unangemessen (5-6)
hohes Risiko (0-4)
-0,6
Kategorien mütterlicher Feinfühligkeit
mütterliche Feinfühligkeit hing statistisch signifikant mit der kognitiven
Entwicklung des Kindes zusammen
Mütterliche Belastung und kognitive Entwicklung des Kindes
(N = 59; Eltern-Belastungs-Screening zur Kindeswohlgefährdung, EBSK;
Milner, 1986; Deegener et al., 2009)
Abweichung der kognitiven Entwicklung (z-transformiert) vom
Durchschnitt der Kinder
0,3
z-Werte kognitiver Entwicklungsstand
0,2
0,1
0
-0,1
unbelastet
starke Belastung
-0,2
-0,3
geringe Belastung
-0,4
-0,5
sehr hohe
Belastung
-0,6
Kategorien der mütterlichen Belastung
Alter der Kinder zwischen 1,5 und 4,8 Jahren,
MW=2,9 Jahre
Berichtete mütterliche Belastung hing eng mit der kognitiven Entwicklung
des Kindes zusammen
Fazit
Fazit
mütterliche Feinfühligkeit verbesserte sich statistisch bedeutsam nach
Intervention (Entwicklungspsychologische Beratung) in der
Hochrisikogruppe
dagegen: Feinfühligkeit bei Müttern der Kontrollgruppe im
Risikobereich
 frühe Förderung elterlicher Beziehungs- und
Erziehungskompetenzen macht einen Unterschied
aber: Effekte verschwanden im Follow-Up
Follow-Up: emotionaler Entwicklungsstand statistisch bedeutsam
besser bei Kindern der Interventionsgruppe (Hochrisiko)
berichteter mütterlicher Stress signifikant bedeutsam
reduziert (Interventions- und Kontrollgruppe)
dabei: Anzahl der Risikofaktoren wichtiger Moderator für Effekt
der Intervention (mütterliche Feinfühligkeit / kindliche
emotionale Entwicklung
Fazit
zentrale Kriterien für Erfolg bzw. Wirksamkeit Früher Hilfen
 Entwicklung des Kindes bzw. Fehlen von kritischen Erfahrungen
(„Prevention of Harm“)
Nachuntersuchung (1 ½ - 5 Jahre)
- 2/3 der Kinder : Entwicklungsquotient im Normalbereich
- überwiegend sozial-emotional bezogene Interaktion mit der Mutter
- Mütter zeigten jetzt überwiegend adäquates bis feinfühliges
Verhalten
versus Säuglingsalter
hochkritisches mütterliches Verhalten
(insbesondere in der Kontrollgruppe!)
aber:
- kleinerer Teil der Kinder stark belastet (ein oder mehr Aspekte)
- niedriger kognitiver Entwicklungsstand
- reduzierte sozial-emotionale Bezogenheit
- erhöhtes Misshandlungsrisiko
Fazit
zentrale Kriterien für Erfolg bzw. Wirksamkeit Früher Hilfen
 Entwicklung des Kindes bzw. Fehlen von kritischen Erfahrungen
(„Prevention of Harm“)
Nachuntersuchung (1 ½ - 5 Jahre)
- 2/3 der Kinder : Entwicklungsquotient im Normalbereich
- überwiegend sozial-emotional bezogene Interaktion mit der Mutter
- Mütter zeigten jetzt überwiegend adäquates bis feinfühliges
Verhalten
versus Säuglingsalter
hochkritisches mütterliches Verhalten
(insbesondere in der Kontrollgruppe!)
aber:
- kleinerer Teil der Kinder stark belastet (ein oder mehr Aspekte)
- niedriger kognitiver Entwicklungsstand
- reduzierte sozial-emotionale Bezogenheit
- erhöhtes Misshandlungsrisiko
Fazit
Frühe Hilfen sind mittlerweile fest in der Kinder- und
Jugendhilfelandschaft implementiert
- Kinder und ihre Familien erhielten Unterstützung und
Versorgungsleistungen im Rahmen der Frühe Hilfen
- auch über die frühe Säuglingszeit hinaus
- Hilfen wurden nachhaltig vorgehalten
- Familien mit hohem Risiko erhielten mehr und höherschwellige
Hilfen / häufiger beim Jugendamt angebunden (versus Familien
mit niedrigem bzw. ohne Risiko; Zusammenhang mit Misshandlungsrisiko)
allerdings
- kaum interdisziplinär zusammengestellte „Hilfegebinde“
- kein systematischer Zusammenhang zwischen Art und/oder Umfang
der Hilfen aus unterschiedlichsten Leistungssystemen und den
jeweiligen spezifischen Belastungen der Familien (Passgenauigkeit)
- kein Zusammenhang mit den jeweiligen Hilfen und positiver
Entwicklung beim Kind bzw. reduziertem Misshandlungsrisiko
„Es gibt keine großen Entdeckungen
und Fortschritte, solange es noch
ein unglückliches Kind auf Erden gibt.“
Albert Einstein
* 1889 Ulm
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie /
Psychotherapie des Universitätsklinikums Ulm
Steinhövelstraße 5
89075 Ulm
www.uniklinik-ulm.de/kjpp
melanie.pillhofer@uniklinik-ulm.de
Ärztlicher Direktor: Prof. Dr. Jörg M. Fegert