Technische und energetische Betrachtungen von

Transcription

Technische und energetische Betrachtungen von
Technische und energetische Betrachtungen von AmmoniakKälteanlagen für die industrielle Anwendung
0. Allgemeines
Das Kältemittel Ammoniak (NH3) ist in Großkälteanlagen für die industrielle Anwendung das
bestimmende Betriebsmittel. NH3 hat sich in der Zeit seiner Verwendung als Kältemittel
bestens bewährt. Große Kälteanlagen, z. B. für die Nahrungsgüter-, Getränke- und
chemische Industrie, wurden und werden erfolgreich mit NH3 betrieben.
Brauereien
Lebensmittel
Chemie
Klima
Schiffsanwendungen
Bild 1: Kälteanwendungen mit NH3
Diese meist in Molkereien, Brauereien, Schlachthöfen und großen Gefrieranlagen
befindlichen Anlagen mit oftmals mehreren Tonnen Kältemittelfüllung wurden bei einer
Vielzahl von Betreibern gebaut, über Jahrzehnte betrieben und nach Ablauf ihrer
Lebensdauer auch wieder entsorgt. Damit besitzt NH3 den nicht zu übersehenden Vorteil,
dass im Umgang mit diesem natürlichen Kältemittel jahrelange umfangreiche Erfahrungen
und Erkenntnisse vorliegen, die stets in den o. g. Bereichen, aber auch in Einsatzgebieten,
eurammon-Information Nr. 7 / November 2007
die bisher als sensibel gegenüber NH3 (z. B. die Humanklimatisierung) galten, genutzt
werden.
Ein weiterer wichtiger Grund dafür, dass der Einsatz von NH3 in vielen Bereichen der
Industriekälte seit Jahrzehnten unbestritten ist, ist seine aus den hervorragenden
thermodynamischen Eigenschaften resultierende Wirtschaftlichkeit. Die Effizienz,
ausgedrückt in den Gesamtkosten, ist eines der wichtigsten Kriterien bei der Entscheidung
„für“ oder „gegen“ eine NH3-Anlage. Höheren Anschaffungskosten auf Grund der
aufwändigeren technischen Leistungen bei der Herstellung stehen ein geringer
Kältemittelpreis und niedrige Energiekosten zum Betreiben der Kälteanlage gegenüber, so
dass sich die Gesamtkosten für eine NH3-Kälteanlage äußerst günstig darstellen. Das
Verhältnis von Kälteleistung zu Antriebsleistung (COP-Wert, Coefficient of Performance)
einer NH3-Anlage ist oft viel vorteilhafter als das bei Anlagen mit H-FKW- beziehungsweise
FKW-Kältemitteln. Die Energiekosten lassen sich auf diese Weise deutlich verringern,
wodurch sich die zusätzlichen Investitionen in relativ kurzer Zeit – in ein bis drei Jahren –
amortisiert haben.
Die Anzahl der jährlichen Betriebsstunden von Großkälteanlagen in den o. g. Bereichen,
aber insbesondere in der Nahrungsgüterindustrie, ist sehr hoch. Dadurch ist dem sparsamen
Umgang mit Energie zur Erfüllung der kältetechnischen Anforderungen unbedingt Vorrang
einzuräumen. Hierbei sollte ein besonderes Augenmerk auf die Schwankungen der
Außenlufttemperaturen (tA ≈ -15 bis +35 °C) und auf die Möglichkeit, diese zur
Energieeinsparung beim Betrieb der Kälteanlage zu nutzen, gelegt werden. Folgender, in
Bild 2 schematisch dargestellter Kreisprozess einer Kälteanlage soll diese Tatsache
verdeutlichen:
Druck p
Verflüssigung
Wärmeabgabe
Expansionsventil
Verdampfung
Wärmeaufnahme
Verdichter
Enthalpie h
Bild 2: Kreisprozess einer Kälteanlage im lg p, h-Diagramm
eurammon-Information Nr. 7 / November 2007
Erläuterungen:
Die Kälteanlage transportiert Wärme von einer niedrigen Temperatur auf eine höhere
Temperatur. Die dafür erforderliche Verdichterleistung hängt von der Wärmemenge pro
Zeiteinheit und der Temperaturdifferenz ab. Daraus ergeben sich folgende Ansatzpunkte für
die rationelle Anwendung von Energie:
•
Der zu kühlende Raum soll ein Minimum an Wärmelast (Kältebedarf durch
Fremdwärme, Transmission, Verpackung, Ventilatorwärme u. Ä.) aufbringen.
•
Die Temperatur im zu kühlenden Raum soll nur so tief wie nötig sein (regelmäßige
Kontrollen, Servicezyklen).
•
Die Abführung der Verflüssigungswärme muss mit den zur Verfügung stehenden
Medien (Luft/Wasser) auf ein niedriges Niveau gebracht werden. Hierbei sollten
jahreszeitlich bedingte Temperaturschwankungen berücksichtigt werden.
Beachte:
Je tiefer die Temperatur für die Wärmeaufnahme und je höher die Temperatur für die
Wärmeabgabe sind, desto mehr Leistung ist erforderlich.
1. Anlagenkonzeption
Auf Grund des umfangreichen Anwendungsbereichs von NH3-Kälteanlagen in der
industriellen Kühlung erstreckt sich der Verdampfungstemperaturbereich von ca. -50 °C bis
+5 °C (Gefriertrocknung von Kaffee über Verarbeitun gsraumkühlung in der Fleisch- und
Wurstherstellung bis zur Gebäudeklimatisierung). NH3-Kälteanlagen werden ein- und
zweistufig ausgeführt. Der Schraubenverdichter hat sich mit all seinen Vorteilen im
genannten Anwendungsbereich gegenüber dem einstufigen Hubkolbenverdichter
durchgesetzt. Nicht zuletzt deshalb, weil der einstufige Hubkolbenverdichter ein
Druckverhältnis entsprechend -10 °C/+40 °C (+45 °C bei wassergekühlten Zylindern) wegen
der dort auftretenden hohen Verdichtungsendtemperaturen nicht überschreiten darf –
besonders bei Verwendung von NH3. Die sich daraus ergebenden Anlagenkonzeptionen
sind in Tabelle 1 aufgeführt:
Kälteanlage
Direktes Kühlsystem
1
Indirektes Kühlsystem
2
DX )
überflutet )
DX
überflutet
1-stufig
X
X
X
X
2-stufig
X
X
X
X
eurammon-Information Nr. 7 / November 2007
HD-Stufe in Kaskade
X
X
–
–
NH3/CO2
1
) Direktexpansion
) Pumpenzwangsumlauf/Schwerkraftumlauf
2
Tabelle 1: Anlagenkonzeptionen für NH3-Kälteanlagen
Die in der Planungsphase festgelegte Anlagenkonzeption mit den dazugehörigen
Betriebsparametern bestimmt im Wesentlichen die Wirtschaftlichkeit des zukünftigen
Kälteanlagenbetriebs (COP-Wert, s. Abs. 0). Neben der effizienten Auslegung der
Verdichter sind auch die eingesetzten Wärmeaustauscher sowohl auf der Seite der
Wärmeaufnahme (Verdampfer) als auch auf der Seite der Wärmeabgabe (Verflüssiger)
maßgebend für die Wirtschaftlichkeit der Kälteanlage. In den folgenden Bildern 3 bis 6
werden die verschiedenen Anlagenkonzeptionen schematisch dargestellt.
Verdichter
1
2
Q& C
3
4
Pe
5
Verflüssiger; Axial oder Verdunstungsverflüssiger
0h
HD-Seite
ND-Seite
0
6
Verdampfer
Drosselorgan
(Expansionsventil)
Bild 3: Einstufiger Kältemittelkreislauf; DX-Betrieb; Prinzipschaltbild
Q& 0
Legende:
1
Verdichtereintritt
2
Verdichteraustritt / Verflüssigereintritt
3
Verflüssigungsbeginn
4
Verflüssigungszustand
5
Verflüssigeraustritt (unterkühltes Kältemittel)
6
Verdampfereintritt (entspanntes Kältemittel)
0
Sättigungszustand (vollständig verdampftes Kältemittel)
0h
Verdampferaustritt (verdampftes überhitztes Kältemittel)
eurammon-Information Nr. 7 / November 2007
Eine einstufig arbeitende Kälteanlage mit Schraubenverdichtern kann durch den Einsatz
eines Economizers (Betrieb mit Aufladung, Bild 4) in ihrer Leistung Q0 gesteigert werden,
wobei die Antriebsleistung des Verdichtermotors Pe in geringerem Maße zunimmt, z. B.
∆ Q0 = +13 % bei ∆ Pe = +8 %.
Verflüssiger; Axial oder Verdunstungsverflüssiger
Verdichter
3
Q& C
1
2
1''
Pe
4
5
1'
Eco
7
6
Verdampfer
Drosselorgan
(Expansionsventil)
Q& 0
Bild 4: Einstufiger Kältemittelkreislauf mit Economizer-Betrieb; Prinzipschaltbild
Legende:
1
Verdichtereintritt – Verdampferseite
1'
Verdichtereintritt – Economizerseite
1"
Zustand des verdichteten Kältemitteldampfes im Verdichter
2
Verdichteraustritt
3
Verflüssigereintritt
4
Verflüssigeraustritt
5
Economizereintritt – Aufladeteilstrom
6
Economizeraustritt – Verdampferseite
7
Verdampfereintritt (entspanntes Kältemittel)
eurammon-Information Nr. 7 / November 2007
Verdichter
2
Q& C
1
Flüssigkeitsabscheider
3
Verflüssiger; Axial oder Verdunstungsverflüssiger
4
5
8
Expansionsventil
8a
6
7a
Verdampfer 2
Kältemittelpumpe
7
Drosselventil 2
7a
Verdampfer 1
Drosselventil 1
Bild 5: Pumpenkreislauf; Prinzipschaltbild
Legende:
1–2
Verdichtung
2–3
Verflüssigung
3–4
Drosselung auf Abscheiderdruck
5
Zustand im Abscheider
5–6
Statische Druckhöhe des flüssigen Kältemittels
6–7
Förderhöhe der Pumpe
7 – 7a Drosselung im Regulierventil der Verdampfer
7a – 8a Verdampfung auf x = 1/n
8a – 8 Druckabfall in der Rückleitung
eurammon-Information Nr. 7 / November 2007
Q& C
2
1
5
Verdampfer
(Flüssigkeitskühler)
Luftkühler 2
(Verbraucher 2)
3
Kälteträgerpumpe
5a
4
4a
Luftkühler 1
Verdampfer
1
(Verbraucher 1)
Bild 6: Indirektes Kühlsystem; Prinzipschaltbild
Legende:
1
Verdampfereintritt
2
Verdampferaustritt
3
Flüssigkeitskühleraustritt, Kälteträgerpumpeneintritt
4
Kälteträgerpumpenaustritt
4a
Verbraucher-(Luftkühler-)eintritt
5a
Verbraucher-(Luftkühler-)austritt
5
Flüssigkeitskühlereintritt
2. Kälteanlage / Hochdruckseite (Wärmeabgabeseite)
Der Energiebedarf und damit die Wirtschaftlichkeit einer Kälteanlage hängt im Wesentlichen
von der wirksamen Abführung der Verflüssigungswärme ab. Die Wärmeabfuhr erfolgt
sowohl mit Luft (Verflüssiger; Axial), mit Luft/Wasser (Verdunstungsverflüssiger) oder mit
Wasser (Bündelrohr- oder Plattenwärmeaustauscher). Die Wärmeableitung mit Wasser
(Oberflächenwasser, Fluss- oder Seewasser) erfolgt im europäischen Raum für
eurammon-Information Nr. 7 / November 2007
Landkälteanlagen insbesondere in der Lebensmittelkühlung und -lagerung nur in
Einzelfällen. In der chemischen Industrie wird in der Regel mit Wasser gekühlt, das auch aus
Flüssen und Brunnen kommt. Bei Schiffskälteanlagen ist die Nutzung von Seewasser zur
Wärmeabführung generell üblich. Für Landkälteanlagen werden gleichermaßen
Ausführungen im Trocken- (Verflüssiger; Axial) oder im Nassbetrieb
(Verdunstungsverflüssiger) angewendet. Für die Auswahl der jeweiligen Betriebsart sind
unterschiedliche Faktoren (z. B. Nutzung des Nachtbetriebs, Aufstellanforderungen,
Aufstellgewicht, Anlagengröße, Möglichkeit der Kaltwasserspeicherung, Wasserkosten)
ausschlaggebend. Aber auch die Variante, Trocken- und Nassbetrieb miteinander zu
kombinieren, wird in der Praxis angewandt.
Bei der Wahl der Verflüssigerausführung sollten auf jeden Fall die schwankenden
Außenlufttemperaturen tA und damit die Möglichkeit, stets möglichst nahe der minimal
zulässigen Verflüssigungstemperatur tCmin zu verflüssigen, berücksichtigt werden. Wird
danach die Verflüssigerausführung gewählt, so werden minimale Betriebskosten für Energie
und Wasser erreicht. An dem nachfolgenden Diagramm (Bild 7) lässt sich unschwer
erkennen, wie Energie- und Wasserverbrauch von Kälteanlagen durch die Annäherung an
die minimal zulässige Verflüssigungstemperatur tCmin beeinflusst werden können.
Verflüssigungstemperatur tC in °C
Kennlinie für
Verflüssiger; Axial
Kennlinie für
Verdunstungsverflüssiger
tCmin
Außenluft- / Feuchtkugeltemperatur tA in °C
Bild 7: Verflüssigungstemperatur tC (Bereich +20 bis +50 °C) in Abhängigkeit von der
Außenlufttemperatur tA (-15 bis +35 °C) und der Feuchtkugeltemperatur t F (0 bis +23 °C)
eurammon-Information Nr. 7 / November 2007
Der Einsatz von Schraubenverdichtern mit den dort integrierten Ölkreisläufen lässt
Verdichtungsenddrücke bis entsprechend +50 °C zu (g egenüber Hubkolbenverdichtern mit
max. +40 °C). Die beim Verdichtungsvorgang entstehe nde Wärme wird zu einem Teil im
Ölkreislauf durch den Ölkühler abgeführt und entlastet somit den Verflüssiger. Die
abgeleitete Ölkühlerwärme kann zur Wärmerückgewinnung ohne besonderen apparativen
Aufwand genutzt werden. Durch das hohe Temperaturniveau dieses Vorganges (bis ca. +90
°C/ +65 °C Öltemperatur) ergibt sich ein großer Anw endungsbereich für diese Abwärme.
3. Kälteanlage / Niederdruckseite (Wärmeaufnahmeseite)
Auf der Niederdruckseite der Kälteanlage erfolgt die Wärmeaufnahme aus dem zu
kühlenden Raum bzw. dem dort befindlichen Produkt über den Verdampfer. Der Verdampfer
kann Bestandteil folgender Kühlsysteme sein:
Kühlsystem
Direktes Kühlsystem
Indirektes Kühlsystem
Funktion:
Funktion:
Das Kältemittel in einem geschlossenen
Das Kältemittel in einem geschlossenen
Kreislauf steht in direktem Wärmeaustausch
Kreislauf steht in direktem Wärmeaustausch
mit der zu kühlenden Luft (einfache
mit einem Kälteträger in einem
Trennung).
geschlossenen Kreislauf, der sich wiederum
mit der zu kühlenden Luft im direkten
Wärmeaustausch befindet (zweifache
Trennung).
Betriebsarten:
•
Trockene Verdampfung (DX-Betrieb)
•
Überfluteter Betrieb
o
Pumpenzwangsumlauf
o
Schwerkraftumlauf
Tabelle 2: Kühlsysteme
Bei der Auswahl der Betriebsart der Kälteanlage ist zu berücksichtigen, dass jeder
Wärmeaustauscher in der Kälteanlage, also auch der Verdampfer, in gewissem Maße den
COP-Wert und damit die Wirtschaftlichkeit der Kälteanlage beeinflusst. Unter dem Aspekt
der Energieeinsparung sind möglichst kleine Temperaturdifferenzen zwischen dem
verdampfenden Kältemittel und der zu kühlenden Luft zu wählen.
eurammon-Information Nr. 7 / November 2007
Die trockene Verdampfung (DX-Betrieb) mit thermostatischer Expansion verlangt immer eine
Überhitzungsstrecke im Verdampfer, damit das thermostatische Expansionsventil
ordnungsgemäß arbeiten kann. Durch die geringe Massenstromdichte des Kältemittels NH3
(die Dichte von NH3 beträgt nur ca. die Hälfte der gängigen H-FKW-Kältemittel) ist die
Auslegung der Verdampfer nicht unproblematisch und verlangt sehr viel Erfahrung. Bei
Berücksichtigung der Besonderheiten des Kältemittels NH3 im Vergleich zu den H-FKW
•
hohe Verdampfungswärme, z. B. gegenüber R404A 1.328/181,5 kJ/kg bei -20 °C
•
geringerer Entspannungsdampfanteil
•
geringerer Kältemittelmassenstrom , z. B. gegenüber R404A ≈ 1/4
und der konstruktiven Gestaltung des Verdampfers einschließlich des ausgewählten
Entspannungsorgans lassen sich derart niedrige Temperaturdifferenzen zwischen dem
verdampfenden Kältemittel und der zu kühlenden Luft erreichen, wie sie nahezu bei
Verdampfern mit überflutetem Betrieb erzielt werden können. Der Vorteil des DX-Betriebs
liegt in der geringeren Kältemittelfüllung der Kälteanlage und damit in der Einsparung von
Kältemittel (Umwelt- und Sicherheitstechnik).
In der industriellen Anwendung, dem Haupteinsatzgebiet von NH3-Kälteanlagen, kommt für
mittlere und große Leistungen üblicherweise der überflutete Betrieb zur Anwendung. Bei
Kälteanlagen, bei denen die Verdampfer mit überfluteter Verdampfung arbeiten (s. Abs. 1,
Bild 5), muss in der Kälteanlage ein Flüssigkeitsabscheider vorgesehen werden. Aus dem
Flüssigkeitsabscheider gelangt flüssiges Kältemittel in die Verdampfer, die in diesem Fall
überflutet arbeiten. Die Größe des Flüssigkeitsabscheiders ist so auszulegen, dass es zum
einen nicht zu einem Ansaugen von flüssigem Kältemittel in den Verdichter kommt und zum
anderen die Versorgung des Verdampfers mit flüssigem Kältemittel gesichert ist.
Industriekälteanlagen arbeiten überwiegend mit Pumpenzwangsumlauf, um eine weit
voneinander entfernt liegende Vielzahl von Verbrauchern, wie zum Beispiel in der
Lebensmittelindustrie, mit Kältemittel zu versorgen. In kompakten Kälteanlagen für
Prozesskühlung und Klimatisierung kommt üblicherweise der Schwerkraftumlauf zum
Einsatz. Kälteanlagen mit Schwerkraftumlauf finden sich darüber hinaus auch in Kühl- und
Schockgefrierräumen der Lebensmittelindustrie.
Das Funktionsprinzip für Verdampfer mit Pumpenzwangsumlauf ist insbesondere dann
notwendig, wenn
•
eine evtl. weit voneinander entfernt liegende Vielzahl von Verbrauchern mit
Kältemittel versorgt werden muss,
eurammon-Information Nr. 7 / November 2007
•
die Strömungswiderstände durch die Verdampfer einschließlich der Zu- und
Ableitungen groß sind und
•
eine besonders gleichmäßige Verdampfung gefordert wird (gleiche Strömungsform
und damit gleiche Wärmeübergangskoeffizienten bei der während der Verdampfung
im durchströmten Rohr auftretenden Zweiphasenströmung), insbesondere im
Teillastbetrieb bzw. bei mehreren Rohrreihen in der Tiefe.
Damit wird eine sehr sichere Kältemittelversorgung der Verdampfer gewährleistet und es
kann auch mit geringen Temperaturdifferenzen zwischen verdampfendem Kältemittel und zu
kühlender Luft (ca. 3 K) gerechnet werden. Dadurch ist es möglich, die
Verdampfungstemperatur des Verdichters anzuheben und somit den COP-Wert und die
Energieeffizienz der Kälteanlage zu verbessern (s. Abs. 0, Bild 2).
Beim Schwerkraftumlauf wird das Kältemittel durch Dichteunterschiede in
Flüssigkeitsabscheider und Verdampfer sowie durch die Zulaufhöhe vom
Flüssigkeitsabscheider zum Verdampfer gefördert. Das erfordert eine genaue Zuordnung
von Flüssigkeitsabscheider und Verdampfer. Dabei ist die Höhe des Flüssigkeitsabscheiders
so festzulegen, dass die Druckwiderstände in der Rohrleitung zum Verdampfer und im
Verdampfer selbst überwunden werden. Wird der Flüssigkeitsabscheider jedoch zu hoch
angebracht, so treten auf Grund der Flüssigkeitssäule in der Zulaufleitung unzulässige
Druckerhöhungen auf, die zu einem Siedeverzug im Verdampfer führen.
Neben der Energieeinsparung durch Anhebung der Verdampfungstemperatur ist bei der
Auswahl des Verdampfers auch auf seine Funktionen im Kühlsystem zu achten. Dazu
gehören:
•
angepasstes Luftvolumen von energetisch optimierten Ventilatoren (Wirkungsgrad
Ventilator/Motor, Größe des dynamischen Druckanteils)
•
Einhaltung geringer Temperaturdifferenzen zwischen verdampfendem Kältemittel
und zu kühlender Luft mit folgenden Vorteilen:
•
o
geringe Bereifung
o
Verlängerung der Zeiten zwischen den Abtauvorgängen
o
Energieeinsparung beim Abtauen
angepasste relative Luftfeuchte der zu kühlenden Luft zur Erhaltung der Qualität der
zu kühlenden Produkte
•
optimale Luftführung in Tiefkühllagern, Nutzung der natürlichen Thermik nach dem
Kaltluftsee-Prinzip
eurammon-Information Nr. 7 / November 2007
4. Kälteanlage mit indirektem Kühlsystem
Kälteanlagen mit indirektem Kühlsystem (s. Abs. 1, Bild 6) kommen dort zum Einsatz, wo
aus sicherheitstechnischen Gründen, auf Grund von Forderungen nach Einsparung von
Kältemittel oder durch verschiedene Betreiberwünsche ein direktes Kühlsystem nicht in
Frage kommt. Das heißt in nicht traditionellen NH3-Anwendungsgebieten, dort, wo
kältemittelführende Teile mit dem zu kühlenden Gut nicht in Berührung kommen dürfen,
werden durch das indirekte Kühlsystem, das eine zweifache Trennung zwischen Kältemittel
und zu kühlender Luft realisiert, Möglichkeiten geschaffen, NH3 anzuwenden. Indirekte
Kühlsysteme mit NH3 als Kältemittel werden sowohl im Industrie- als auch im Klimamarkt
eingesetzt. Hauptanwendungsgebiete hier sind:
•
Industrie- und Humanklima
•
Lebensmittelindustrie
•
Chemische Industrie
•
Autoindustrie
Insbesondere bei NH3-Klimaanlagen sind Kältemittelfüllungen von weniger als 0,01 kg/kW
für die Herstellung von Kaltwasser gefordert (s. eurammon-Information Nr. 9). Auch bei der
industriellen Anwendung ergeben sich neben der Erfüllung sicherheitstechnischer
Anforderungen bedeutende Kältemitteleinsparungen gegenüber Kälteanlagen mit direktem
Kühlsystem, da die NH3-Kälteanlage üblicherweise zentral in einem speziellen
Maschinenraum untergebracht ist. Besonders in Verarbeitungsräumen werden überwiegend
Luftkühler mit Kälteträger eingesetzt (entsprechend Bild 6).
Als Kälteträger werden vorwiegend Gemische aus Ethylenglykol bzw. Propylenglykol (im
Lebensmittelbereich) mit Wasser in verschiedenen Mischungsverhältnissen und mit den
unterschiedlichsten Firmenbezeichnungen verwendet. Ein weiterer häufig eingesetzter
Kälteträger ist Pekasol 2000, eine Kombination organischer Salze, der Abkühlungen bis zu
-70 °C bei noch vertretbaren Viskositäten ermöglich t. Die traditionellen Kälteträger früherer
Zeiten, Solen, kommen heutzutage nur noch in geringem Maße zum Einsatz (Materialeinsatz
beachten!). Solen sind Salz-Wasser-Lösungen mit Natriumchlorid (NaCl), Magnesiumchlorid
(MgCl) oder Kalziumchlorid (CaCl).
Im Temperaturbereich unter +15 °C kann mit Kohlendi oxid (CO2, Gefrierpunkt -56,7 °C) ein
sehr günstiger Kälteträger verwendet werden. Besonders die Möglichkeit, bei CO2 mit
Phasenumwandlung zu arbeiten, führt in Kälteanlagen mit indirektem Kühlsystem zu
eurammon-Information Nr. 7 / November 2007
bedeutenden Verbesserungen der Auslegungsparameter gegenüber herkömmlichen
Kälteträgern (s. Tabelle 3).
Kälteträger
Ethylenglykol 40 %
Pekasol 2000
CO2
Phasenumwandlung
nein
nein
ja
Kälteleistung in kW
50
50
50
Kälteträgertemperatur in °C
–
Eintritt
-25
-25
Austritt
-20
-20
Verdampfungstemperatur in °C
–
–
-22
Pumprate
–
–
2,5 (2–3)
10.537
12.732
1.573
1.083
1.228
1.040
–
–
48,4
9,73
10,37
1,51 (Flüssigkeit)
Massenstrom in kg/h
Dichte in kg/m³
Flüssigkeit
Dampf
Volumenstrom in m³/h
Eintritt
12,95 (Dampf)
Austritt
Anschlüsse in mm / Kälteträgergeschwindigkeit in m/s
Eintritt
DN 50 / 1,3
DN 50 / 1,47
Austritt
DN 20 / 1,33
DN 32 / 4,5
Zähigkeit; flüssig in Pa s
2,45*10-2
1,06*10-2
1,4*10-4
Tabelle 3: Vergleich Kälteträger mit und ohne Phasenwechsel
Daraus lassen sich Einsparungen bei Verwendung des Kälteträgers CO2 mit
Phasenumwandlung in folgenden Bereichen ableiten:
•
Rohrdimensionierung; Reduzierung um ca. zwei bis drei Nennweiten
•
Pumpenleistung; Verringerung des Volumenstromes um das ca. 5,5-Fache;
günstigere Zähigkeitswerte um ca. zwei Zehnerpotenzen
•
Anhebung der Verdampfungstemperatur in der Kälteanlage um ca. 3 K (entspricht
-25 °C zu -22 °C) möglich
Referenzobjekt hierfür ist das modernste Fischverarbeitungszentrum Europas in Sassnitz
auf der Insel Rügen. Der Kälteträger CO2 befindet sich hierbei in einem Sekundärkreislauf
einer Kaskadenkälteanlage mit einer zweistufigen NH3-Kälteanlage als Primärkreislauf
eurammon-Information Nr. 7 / November 2007
(Bild 8). Die Kälteanlage ist zentral in einem Kältemaschinenraum installiert. Entgegen
herkömmlichen Kälteträgerkreisläufen erfährt das CO2 bei der Wärmeaufnahme im
Luftkühler eine Phasenänderung – es wird dampfförmig. Der CO2-Dampf gelangt dann in
den NH3/CO2-Kaskadenwärmeaustauscher und wird hier verflüssigt. Die einzelnen
Arbeitsbereiche der Gesamtanlage werden mit unterschiedlichen Kälteträgerkreisläufen
beaufschlagt, wie in Bild 8 ersichtlich ist.
Die Verwendung von Propylenglykol-Wasser-Gemisch als Kälteträger im Kreislauf für die
Verarbeitungsräume ergibt sich aus dem hohen Druckniveau (insbesondere für die
Auslegung von Rohrleitungen und Armaturen), das bei der Verwendung von CO2 bei diesen
Bedingungen auftreten würde.
Zweistufige NH3-Kompressionskälteanlage
3
1
4
+6
1
2
CO2; -8°C
-1
CO 2; -42°C
4
-8
-8
2
4
-42
-42
Kälteträgerkreislauf
Kälteträgerkreislauf
Kälteträgerkreislauf
Propylenglykol-Wasser
CO2
CO2
Kälteträgertemperatur
Kälteträgertemperatur
Kälteträgertemperatur
-1 / +6 °C
-8 °C
-42 °C
Kälteleistung
Kälteleistung
Kälteleistung
2.000 kW
1.300 kW
1.500 kW
Bild 8: Prinzipschema des Kälteträgerkreislaufs Fischverarbeitung Sassnitz
eurammon-Information Nr. 7 / November 2007
Legende:
1
Kaskadenwärmeaustauscher NH3/CO2
2
CO2-Flüssigkeitsabscheider
3
Flüssigkeitskühler für Kälteträger Propylenglykol
4
Flüssigkeitspumpe für Kälteträger (Propylenglykol bzw. CO2)
Neben den genannten Vorteilen (Sicherheits- und Umwelttechnik, Einsparung von
Kältemittel) hat die Kälteanlage mit indirektem Kühlsystem Nachteile durch die
Notwendigkeit, zusätzlich einen Wärmeaustauscher zu installieren. Dieser
Wärmeaustauscher benötigt eine treibende Temperaturdifferenz, die sich wiederum negativ
auf die Verdampfungstemperatur auswirkt (muss abgesenkt werden).
Plattenwärmeaustauscher mit ihren realisierbaren hohen Wärmestromdichten (22 bis
28 kW/m²) ermöglichen den Einsatz von kompakten Geräten, mit denen sich
Temperaturdifferenzen in sehr engen Grenzen zwischen verdampfendem Kältemittel NH3
und dem Kälteträger bis zu 4 K realisieren lassen. Bei dem genannten Referenzobjekt
Fischverarbeitung Sassnitz konnte diese Temperaturdifferenz auf Grund der
Phasenumwandlung (Verdampfung) des Kälteträgers auf 2 bis 3 K verringert werden.
5. Schlussbetrachtungen
Die vorangegangenen technischen und energetischen Ausführungen zeigen, dass mit den
vielen Vorzügen des natürlichen Kältemittels NH3 sämtliche Anlagenkonzeptionen sowohl mit
direktem als auch mit indirektem Kühlsystem mit hoher Energieeffizienz zu realisieren sind.
Entscheidend ist, dass die Anforderungen an NH3-Kälteanlagen bereits in der
Planungsphase sorgfältig bewertet werden, damit Komponentenlieferanten und
Anlagenbauern klare technische Vorgaben für die Realisierung gegeben werden können.
Die Auslegung der Hochdruckseite der Kälteanlage (Wärmeabfuhr, Verflüssigung) ist
weitestgehend von den meteorologischen Verhältnissen (Temperatur und relative Feuchte
der Außenluft, Häufigkeitsverteilung der Außenlufttemperatur, Aufstellhöhe über NN u. Ä.)
abhängig. Die Merkmale des Betriebs der Kälteanlage (Nutzung des Nachtbetriebs,
kombinierte Betriebsweise, Gleichzeitigkeitsfaktor etc.) und die Berücksichtigung der
minimal zulässigen Verflüssigungstemperatur beeinflussen darüber hinaus die Auswahl des
Verflüssigers. Die Auslegung der Niederdruckseite (Wärmeaufnahme, Verdampfung) wird
fast ausschließlich durch die Forderung der Anwender nach der Betriebstemperatur (Kühlen,
Gefrieren, Lagern, Auftauen) und den luftseitigen Parametern Luftvolumina und
eurammon-Information Nr. 7 / November 2007
Luftführungen bestimmt. Bei Anwendung des indirekten Kühlsystems hat der Betrieb mit
CO2 als Kälteträger mit Phasenumwandlung erhebliche Vorteile (Einsparung an Kältemittel,
Reduzierung der Rohrleitungsdurchmesser, Anhebung der Verdampfungstemperatur).
_________________________________________________________________________________
Herausgegeben von eurammon
Postfach 71 08 64 D-60498 Frankfurt
Telefon +49 69 6603 1277 Fax +49 69 6603 2276
e-mail: karin.jahn@eurammon.com
http://www.eurammon.com
eurammon-Information Nr. 7 / November 2007