Blut, ABstAmmung und fAmilie in jK rowlings HARRY POTTER
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Blut, ABstAmmung und fAmilie in jK rowlings HARRY POTTER
interjuli 02 i 2012 Blut, ABstAmmung und fAmilie in j.K. rowlings Harry Potter-reihe Melanie Babenhauserheide Einer der Kunstgriffe J.K. Rowlings ist, dass sie in der Harry Potter-Reihe Ressentiments und Diskriminierungen nicht an den aus der realen Welt bekannten Gruppierungen verhandelt, sondern diese anhand verschiedener magischer Wesen und der Frage nach der Abstammung von nicht-magischen Menschen auf einer fiktionalen Ebene – also verfremdet – thematisiert. In der wissenschaftlichen Literatur wurden häufig insbesondere die Nachteile dieser Herangehensweise herausgestellt (vgl. etwa Gupta 108) oder die Differenz zur Realität weitgehend ignoriert (wie beispielsweise von Anatol 114ff.). Ich möchte diesem Artikel daher eine kurze Darstellung der grundsätzlichen Vorteile dieser verfremdenden Thematisierung voranstellen, um deutlich zu machen, dass die Stoßrichtung meiner Analyse weder in der prinzipiellen Problematisierung von Verfremdung noch in der umstandslosen Gleichsetzung gesellschaftlicher und fiktiver Konflikte besteht. Durch die Verhandlung der Problematik auf einer fiktionalen Ebene lässt sich die relative Kontingenz und historische Bedingtheit von Diskriminierung und Verfolgung hervorheben. Gerade die Differenz zur Realität kann die Wirklichkeit transzendieren und Kritik und Erkenntnisse induzieren, weil sie den Leser aus dem Gewohnten heraustreten lässt. Eine blanke Abbildung und möglichst wirklichkeitsgetreue Beschreibung hingegen reproduziert die Realität lediglich und lässt diese im Medium der Unterhaltungsliteratur angenehmer erscheinen. Bei der Untersuchung der literarischen Verfremdung ist jedoch zu reflektieren, wie die Harry Potter-Reihe mit ihren Metaphorisierungen und Allegorien ein kritisches Verhältnis zu Diskriminierung eröffnet und wie sie Ressentiments und faschistoides Denken verharmlost, prolongiert oder hofiert. Affirmation und Kritik schließen sich dabei nicht gegenseitig aus, weil die Harry Potter-Reihe diesbezüglich in 76 BABenhAuserheide Blut, ABstAMMung und FAMilie Bei Harry Potter sich widersprüchlich ist. Im Folgenden werde ich diese Widersprüchlichkeit an verschiedenen Aspekten der Themenkonstellation „Familie und Abstammung“ aus einer an die Kritische Theorie angelehnten, ideologiekritischen Perspektive ausführlicher analysieren. Meine Argumentation versucht dabei, das widersprüchliche Verhältnis, das die Harry Potter-Reihe inhaltlich zu Familie und der Logik des Abstammungsprinzips einnimmt, nachzuvollziehen und in Bezug zu setzen zur politischen Ideologie der Blutsreinheit, die auf den ersten Blick in den Romanen kritisiert wird. Der Zusammenhang von Ressentiments und Diskriminierung auf der einen und Stolz auf die eigene Ahnenreihe auf der anderen Seite wird in den Romanen wiederholt thematisiert. Schon als Harry durch Draco zum ersten Mal damit konfrontiert wird, dass auch in der Zauberwelt nicht alle Menschen gleich angesehen sind, argumentiert dieser, dass die Zauberbildung für „the old wizarding families“ (Rowling 1997, 61) reserviert bleiben sollte, da alle anderen ja anders aufgewachsen seien. Die Erzählung reflektiert damit eine reale Problematik: Die Berufung auf Familie und Abstammung ist bis heute Bestandteil rassistischer und sozialdarwinistischer Ansichten (vgl. Malik 258f.). Die Darstellung von Rasse als erweiterter Familie steht in engem Zusammenhang mit dem Trend, Ethnie oder Rasse als Grundlage für Identität aufzufassen und positiv umzuwerten (vgl. Malik 273), damit aber die Einzelnen dem Kollektiv einer als authentisch und homogen imaginierten Kultur unterzuordnen. Daher eignet sich der Fokus auf Familie aus werkimmanenten Gründen wie auch im Bezug zu gesellschaftlichen Ideologien besonders, um die Ideologie der Harry Potter-Reihe im Hinblick auf Diskriminierung, Verfolgung und Abstammungslehren zu beleuchten. Im Folgenden zeige ich auf, dass die Widersprüchlichkeit der Harry PotterReihe zu diesem Themenkomplex nicht auflösbar ist,1 dass aber schließlich über eine Aufspaltung in gute und schlechte Familien sowohl die in der Erzählung entfaltete Kritik an Familien und Abstammungslehren als auch das Hinterfragen von Diskriminierung und Ressentiments unterlaufen wird. e ine frage der herkunft: familienähnlichkeiten und Vererbung Auf den ersten Blick sind es die als böse markierten Figuren in der Harry Potter-Reihe, die andere Menschen und Wesen über eine faschistoide Blutund Abstammungslehre beurteilen. Das gilt nicht nur für die Welt der 77 interjuli 02 i 2012 Zauberer, in der die Malfoys, die Todesser und Voldemort für die Erhaltung von Reinblütigkeit unter magischen Menschen eintreten, sondern auch in der Muggelwelt: Onkel Vernons Schwester Marge äußert die Ansicht, die Dursleys könnten nichts dafür, dass Harry „mentally subnormal“ (Rowling 1999, 25) sei. Vielmehr sei dies, wie bei ihren Hunden, eine Frage der Abstammung: nicht gerade eine angenehme verwandtschaftliche Beziehung hat. Schließlich gehört es zu den Problematiken der Blutsverwandtschaft, dass man sich die Menschen, mit denen man darüber verbunden ist, nicht aussuchen kann; und diese Problematik scheint ja auch darüber, dass Harry bei seinen ihn verachtenden Verwandten leben muss, thematisiert. Indem aber die überaus große körperliche und psychische Ähnlichkeit zwischen Vernon, Dudley und Marge betont wird – „It’s one of the basic rules of breeding,” she said. „You see it all the time with dogs. If there’s something wrong with the bitch, there’ll be something wrong with the pup”. (Rowling 1999, 24) she was very like Uncle Vernon: large, beefy and purple-faced, she even had a moustache, though not as bushy as his3 (Rowling 1999, 22) Die Berufung auf genetisch bedingte Charaktermerkmale beschränkt sich jedoch nicht auf die in der Romanhandlung als schlecht dargestellten Charaktere. Nicht nur Sympathie evozierende Charaktere wie Hagrid beziehen sich ebenfalls auf die Lehre des unterschiedlichen Blutes, auch der Erzähler2 selbst greift positiv darauf zurück: So wird sich darüber mokiert, dass Harry angehalten wird, die unausstehliche Schwester des Onkels Tante zu nennen, obwohl sie keine Blutsverwandte ist (vgl. Rowling 1999, 19). Nun ist diese Äußerung einigermaßen verwunderlich vor dem Hintergrund, dass Harry auch zu seiner engsten Verwandten, Tante Petunia, – wird die Meinung von Marge, dass Abstammung alles bestimme, bestätigt. Ihr Fehler scheint weniger darin zu bestehen, dass sie die Abstammung für Harrys „Zustand“ verantwortlich macht, sondern vor allem darin, dass sie Harry und seine Eltern verkennt. Denn Harrys Ähnlichkeit mit seinen Eltern wird von anderen Charakteren immer wieder positiv unterstrichen und von Harry freudig aufgenommen. Seine abwesenden Eltern werden als bessere Familie imaginiert. Während die Ähnlichkeit zwischen Marge und Vernon für eine „schlechte“ Abstammung steht, 78 BABenhAuserheide Blut, ABstAMMung und FAMilie Bei Harry Potter Muggle-borns will have a witch or wizard somewhere on their family tree, in some cases many, many generations back. The gene re-surfaces in some unexpected places. (vgl. www.accioquote.org) deutet sich in Harrys Ähnlichkeit mit seinen Eltern eine Vorstellung von guter Herkunft an. Auch die Charakterisierung vieler Figuren mit Hilfe ihrer Namen drückt aus, dass die Herkunft, repräsentiert in den Familienamen, und das Erbe der Eltern, in Form der von ihnen vergebenen Eigennamen, als von immenser Bedeutung für die Entwicklung der Individuen betrachtet werden.4 Die einzigen wirklich tragenden Beispiele dafür, dass Abstammung keinen determinierendem Einfluss auf die Entwicklung der Person hat, sind in der Harry PotterReihe Harrys Pate, Sirius Black, sowie dessen Cousine und Großcousine und Tante Petunia, die unausstehliche Schwester von Harrys Mutter. Davon abgesehen lässt sich im Großen und Ganzen aufgrund der Familienzugehörigkeit ermitteln, welche Figur auf welcher Seite steht. Nicht einmal das, was einer Abstammungslehre am meisten zu widersprechen scheint, die Begabung der Einzelnen, steht dieser wirklich entgegen, denn die Fähigkeit zur Magie ist explizit angeboren, vermutlich – wie die Existenz von Squibs, nicht magisch begabten Kindern von Zauberern und Hexen, nahe legt – rezessiv vererbt. So erklärt es Rowling auch ihren Fans in einem Interview: Damit hat die Autorin inner- und außerhalb der Erzählung die restriktivste Form der Erklärung gewählt: Magie ist eine Frage der genetischen Festlegung durch Abstammung. Wie zentral die Herkunft für die persönliche Entwicklung ist, deutet sich zudem dadurch an, dass die Einsortierung in die Schulhäuser in der Regel den familiären Traditionen entspricht: So waren alle Weasleys in Gryffindor und alle Malfoys in Slytherin. Die Ausnahmen (so war Sirius ein Gryffindor, obgleich seine Familie traditionell zum Hause Slytherin gehörte, und die Zwillingsschwestern Padma und Pavarti sind in verschiedenen Schulhäusern) bestätigen letztlich nur die Regel. Wie Just expliziert, ist die Zuordnung zu verschiedenen Häusern zwar auch eine Anlehnung „an das in Großbritannien verbreitete ‚Old Boys Network‘“ (32), da jedoch die Häuser für bestimmte Eigenschaften stehen, wird damit subtil der Eindruck erweckt, Charakterzüge seien durch Herkunft determiniert: Beispielsweise sagt Dumbledore in seiner Trauerrede über den ermordeten Cedric Diggory: 79 interjuli 02 i 2012 Cedric was a person who exemplified many of the qualities which distinguish Hufflepuff house […]. He was a good and loyal friend, a hard worker, he valued fair play. (Rowling 2007, 626) place, klingt also schon bei der ersten Nennung nach dem düsteren, trostlosen Ort, als der es dann auch beschrieben wird. Von diesem vergifteten Ort voller schwarzer Artefakte und ekelerregender Ziergegenstände versucht die keifende Mutter ihr Regiment über den Tod hinaus fortzuführen. Die Ahnengeschichte mit dem Familienmotto „Toujours pur“, die außer Sirius alle Mitglieder des „Noble And Most Ancient House of Black“ mit Stolz erfüllt hat, stellt sich in gefährlichen Erbstücken, Staub, Spinnweben und „a sweet rotten smell“ (Rowling 2003, 58) als unheimliche Last der Vergangenheit dar. Die toten Geschlechter sind so präsent, dass Harry beim Eintritt den Eindruck hat „as though they had just entered the house of a dying person“ (Rowling 2003, 59). Den Lebenden scheint diese Präsenz der Ahnen kaum Raum zum Atmen zu lassen: Einer der Gründe, warum Sirius schließlich im Kampf von seiner eigenen Cousine getötet wird, ist, dass er es nicht ertragen kann, sich länger in seinem Elternhaus aufzuhalten, und sich deshalb dem Kampf anschließt. Das Erdrückende des Familienstolzes und die unheimliche Last der Ahnengeschichte werden hier eindrucksvoll metaphorisch verdichtet. d ursleys und Blacks: die schlechte familie Der unterschwellige positive Bezug auf Abstammung und familiäre Tradition erscheint erstaunlich, wird doch anfänglich ein düsteres Bild von Familie gezeichnet, inklusive der Sehnsucht, ihrem einschränkenden und herrschaftsförmigem Zugriff zu entkommen. Dies zeigt sich nicht nur in Bezug auf die Dursleys, auch Sirius‘ als Portrait konservierte Mutter ist Sinnbild für eine schlechte, böse Familienstruktur: Mrs Black’s policing of her own bloodline is typical of the strongwilled woman who – being limited by society to the household and family affairs – becomes the overbearing mother who manifests power, and expresses that power, through control over the one thing that is truly hers: her offspring. Accordingly, Mrs Black (or what is left of her) is represented as trapped in the house, locked inside her picture frame. (Gallardo C./Smith 96) Das Haus der Blacks hat die Adresse Number Twelve, Grimmauld Place, ein Homophon von grim old 80 BABenhAuserheide Blut, ABstAMMung und FAMilie Bei Harry Potter w ahlverwandtschaften und die gründung der ‚richtigen‘ familie Auch in der Familie Dursley fallen die nicht erwünschten Anteile der Familiengeschichte aus den familiären Erzählungen. So wie Mrs. Black Sirius und Tonks aus dem Familienstammbaum herausgebrannt hat, werden Harrys Eltern durch die Dursleys verschwiegen. Überhaupt wird bei dern Dursleys kein Wert auf die Familiengeschichte gelegt. Harrys Großeltern werden nur in einer Ausnahmesituation erwähnt, in der das übliche Schweigen gebrochen wird. Die Dursleys leben in einem oberflächlichen, spießbürgerlichen Jetzt. Während Mrs. Blacks Portrait die ganze Zeit über die Abtrünnigen keift, sind die Dursleys vor allem damit beschäftigt, ihren Rasen zu pflegen und ihre Küche blank zu putzen, um mögliche Brüche in der reinen Normalität zu überdecken. Die Dursleys streben an, möglichst normal zu sein, während die Blacks sich abheben und etwas Besseres sein wollen. So unterschiedlich diese beiden schlechten Familien auch dargestellt sind, sie beide bieten ihren Sprösslingen keinerlei Raum für Entfaltung, weil jede unangepasste Äußerung als Verrat an der Familie bestraft wird, so dass sowohl Harry als auch Sirius auf ihre Art das Weite suchen. Nach einer solchen Darstellung der repressiven Seiten des Familienlebens wäre zu erwarten, dass die Erzählung bei der Kritik stehen bleibt oder für die Figuren eine Alternative eröffnet, wie es aus anderen Kulturindustrieprodukten bekannt ist. In der Folge „Family“ der Fernsehserie Buffy the Vampire Slayer, die auf den ersten Blick viele inhaltliche und narrative Ähnlichkeiten zur Harry Potter-Reihe aufweist (vgl. Willcox 66ff.), wird, als die konservative Familie der lesbischen Hexe Tara diese gegen ihren Willen zurück in ihren Heimatort mitnehmen will, gegen den Vorrang der Abstammung eine Lanze für ‚Wahlverwandtschaften‘ gebrochen. Buffy und ihre Crew stellen sich der Herkunftsfamilie in den Weg. This is insane. You people have no right to interfere with Tara’s affairs. We are her blood kin! Who the hell are you? schleudert der misogyne Vater Taras FreundInnen entgegen, worauf Buffy antwortet: „We are family“ (Buffy 36:16–36:29). Ein nicht so radikal ausformulierter oder feministisch inspirierter, aber doch vergleichbarer Ansatz findet sich in der Harry PotterReihe darin, dass Harry die Schule als 81 interjuli 02 i 2012 wahres Zuhause empfindet und dass er in den Schulferien vor allem damit beschäftigt ist, seine FreundInnen zu vermissen: Ron und Hermione, ferner auch Dumbledore und der nicht verwandte Pate Sirius (ab Ende des dritten Bands) sowie Rons Eltern erscheinen als Harrys zentralste Beziehungen. Allerdings wird dieser Ansatz, freundschaftliche Bindungen über Blutsbande zu stellen, tendenziell dadurch unterlaufen, dass die engsten Freundschaften in eine wirkliche Familie überführt und durch verwandtschaftliche Beziehungen besiegelt werden: Während Harrys nicht verwandte Vaterfiguren, Dumbledore, Sirius und Lupin, am Ende tot sind, haben im Epilog nicht nur Hermione und Ron eine kleine Familie, auch Harry wird durch die gemeinsame Elternschaft mit Ginny Mitglied von Rons Familie. Interessant ist auch die Rezeption des Epilogs: Von einer Hochzeit zwischen Ginny und Harry bzw. Hermione und Ron ist keine Rede, es wird lediglich deutlich, dass beide Pärchen offenbar fest zusammen sind und Kinder haben. Rons Scherz gegenüber seiner Tochter – „If you’re not in Gryffindor, we’ll disinherit you“ (Rowling 2007, 604) – lässt höchstens vage eine eheliche Verbindung vermuten. Dennoch wird offenbar die Vorstellung einer Ehe in dieser Kleinfamilienidylle heraufbeschworen, was sich unter anderem darin äußert, dass unter Rezipienten weitgehend unhinterfragt davon ausgegangen wird, dass es sich um eheliche Verbindungen handelt: Das deutsche Harry Potter Wiki-Lexikon gibt ebenso wie der deutsche und der englische Wikipedia-Eintrag an, dass die Paare verheiratet seien.5 Die Tatsache, dass ohne expliziten Hinweis im Text von einer ehelichen Verbindung der Paare ausgegangen wird, lässt durchaus interessante Rückschlüsse auf die gesellschaftlich hegemoniale Stellung von Ehe zu. Zugleich sagt es aber auch einiges über die Harry PotterReihe, die mit der Hochzeit der unkonventionellen Tonks mit Remus Lupin sowie der Hochzeit von Bill und Fleur, who is transformed from Triwizard Tournament competitor and dangerously captivating beauty to Bill Weasley’s doting wife and housemaker (Gallardo C./Smith 92), sicherlich die Vorlage für diese Interpretation geliefert hat. Mit diesen Familiengründungen rückt die wirkliche Familie als wahre Familie ins Zentrum des Glücks. Es wirkt, als könnten die engsten Freundschaften nur für Sicherheit bürgen, wenn sie in familiale Strukturen überführt werden: Harrys Tochter Lily beispielweise wünscht sich, dass der verwaiste Teddy Lupin, der sich 82 BABenhAuserheide Blut, ABstAMMung und FAMilie Bei Harry Potter Spleen dargestellt und Ron und Ginny haben ihm auch nicht den Gefallen getan, einen Muggel in der Familie begrüßen zu dürfen, sondern eine Hexe beziehungsweise einen Zauberer als Lebenspartner auserkoren. etwa viermal die Woche bei ihrer Familie aufhält, ihre Cousine heiraten möge: „‚Teddy would really be part of the family then!‘“ (Rowling 2007, 605, Hervorhebung im Original). Da am Ende der Romane außer einer losen Verbindung zu Neville keine weiteren Beziehungen der Hauptfiguren offenbleiben, wird die familiäre Beziehung zu dem, was zählt. Andere Freundschaften scheinen kaum denkbar: Als Ron und Hermione darüber diskutieren, ob ihre Tochter Rose sich eventuell mit Dracos Sohn Scorpius anfreunden könne, warnt Ron: d ie liebe und das fremde Der Scherz Rons, Rosie solle ihrem Großvater zuliebe einen Muggel heiraten, lässt nach zwei Seiten keinen Ausweg aus der Sippenlogik: Einen fremden Muggel zu heiraten, wäre das, was der Vererbungslehre der Familie (namentlich des Großvaters Arthur) entspräche, also bereits eingemeindet in die familiäre Tradition, während eine Liaison von Rosie und Scorpius eher Romeo-und-Julia-Qualität und damit Protest gegenüber den herkömmlichen Familiengeschichten innehätte. Zugleich hieße eine solche Verbindung, sowohl innerhalb der Bluts-Logik der Familie Malfoy als auch innerhalb der ‚Ich-heirate-meine-Schulfreunde-dieich-seit-der-Kindheit-kenne‘-Logik der Buch-Reihe zu verweilen. Dass aber die Blutsideologie und die Frage, wer wen heiratet, durch die scherzhafte Andeutung, dass nur eine Heirat mit jemand Fremdem der Idee der Blutsreinheit entgegensteht, miteinander verbunden werden, ergibt tatsächlich Sinn: Das Hinausgehen über Blut und Don’t get too friendly with him though, Rosie. Granddad Weasley would never forgive you if you married a pure-blood. (Rowling 2007, 605, Hervorhebung im Original) Wenn auch scherzhaft gemeint, wird hierin einmal mehr das Bild, dass freundschaftliche Absichten, wenn sie allzu ernsthaft sind, in die Gründung einer Familie münden, unterstrichen und noch dazu in Verbindung gebracht mit den Abstammungsvorlieben der Familie, wenn auch hier in auf den Kopf gestellter Form zu der faschistischen Vorstellung der Blutsreinheit. Diese Umdrehung ist nicht ganz ernst zu nehmen, denn Rosies Großvaters Begeisterung für Muggel wird im Großen und Ganzen als infantiler 83 interjuli 02 i 2012 Boden ist historisch unweigerlich daran geknüpft, dass die Liebe zu einer Liebe zum Fremden werden konnte, wie Pohrt in seinem Aufsatz über Liebe und Geld bei Balzac ausgeführt hat: Hierarchien und Rivalitäten weiter bestehen. Das alles Gutmachende scheint zu sein, dass der Held das Kämpfen aufgegeben und sich ins Private zurückgezogen hat. Das Entkommen aus dem Leid, das die Familie Dursley für Harry bereitgehalten hat, führt – derweil ja die 19 Jahre zwischen dem letzten Kapitel und dem Epilog übersprungen werden – direkt in die richtige Familie. Und diese lebt nicht einmal von der Liebe zum Fremden, die aus dem Gewohnten heraustritt. Stattdessen wird eine Liebe idealisiert, die sich auf die Vertrautesten richtet. Wo vorher in Gestalt von Nachbarskindern sich ein Acker mit dem angrenzenden zusammentat, um seine zukünftigen Bebauer zu zeugen, da herrscht im Verhältnis der Geschlechter nun nicht mehr der natürliche, überkommene Gang der Dinge, sondern die subjektive Willkür des anmaßenden Einzelnen: sein Wille, nicht mit der Nächstbesten vorliebzunehmen, sondern die auserwählte schöne Fremde zu besitzen. [...] Die Lust im Stande der Sehnsucht und des Verlangens – oder die Liebe – ist daher von Anbeginn über Romeo und Julia bis hin zur Dirne ein Protest gegen Sippe, Blut, Boden und Familie als Repräsentanten jenes auf „Bluturenge, Natur- und Herrschafts- und Knechtschaftsverhältnissen gegründeten nur lokalen Zusammenhangs“, von dem Marx spricht. (10) d ichotomisierung von familie Gegen den bedrückenden Charakter der Familien Dursley und Black wird also ein Bild der idealisierten Familie gehalten. An Dumbledore wird die Flucht aus der Enge der Familie sogar als etwas Schreckliches gezeichnet, denn die Ambitionen des jungen, begabten Zauberers, und sein Wunsch, im Leben etwas Anderes zu tun, als sich um die Angehörigen zu kümmern, tragen direkt zum tragischen Tod seiner kleinen Schwester bei. Der Weg aus bedrückenden Familienverhältnissen scheint nur zum Glück zu führen, wenn er am Ende in die Gründung einer neuen Familie mündet. Dabei wird die Dialektik von Familie In der Harry Potter-Reihe hingegen wird von den ProtagonistInnen das Fremde (etwa in Gestalt Victor Krums) links liegen gelassen, mit den Nächstbesten vorlieb genommen, die Beziehungen zur Familie institutionalisiert und all dies schließlich als Happy End verkauft. „All was well“ lautet der letzte Satz und das, obwohl die alten 84 BABenhAuserheide Blut, ABstAMMung und FAMilie Bei Harry Potter n achkommen als lösung für die Angst vor der eigenen sterblichkeit in der bürgerlichen Gesellschaft in gute und schlechte Aspekte auseinander gerissen. Die Widersprüchlichkeit der Familie besteht darin, dass es sich um eine „vom Naturalverband sich herleitende und in ihrer Binnenstruktur nicht durch den Äquivalententausch regulierte Institution“ handelt (Adorno 1998a, 14), die doch von gesellschaftlichen Prinzipien wie Tausch und Konkurrenz eingeholt wird, was sich, wie Adorno zeigt, in der Form der „muffigen Interessensgemeinschaft“ (Adorno 1997, 40) und spätestens in Scheidungskriegen (vgl. Adorno 1997, 29ff.) offenbart. Familie ist in ihrer anachronistisch wirkenden und an Naturverhältnisse angelehnten Irrationalität gleichzeitig funktional und dysfunktional (vgl. Adorno 1998b, 305). Zugleich findet sich ein Widerspruch im Spannungsverhältnis von konkreten Macht- und Herrschaftsverhältnissen, denen die Einzelnen im Schutzraum des Privaten ausgeliefert sind, und der Gewährung von „Nachsicht, Duldung, Zuflucht für Eigenheiten“ (Adorno 1997, 30). Diese Widersprüchlichkeit wird in der Harry PotterReihe dichotom aufgespalten und auf die idealisierten und dämonisierten Familien verteilt. Dabei kommt der Nachkommenschaft auch die Funktion zu, die Lösung für die Problematik zu bieten, die der faschistischen Herrschaft Voldemorts zugrunde liegt: die Angst vor dem Tod und der Wunsch nach Verewigung. Während Horkruxe, Einhornblut und die Heiligtümer des Todes allesamt kein gutes Mittel zum Erlangen von Unsterblichkeit darstellen, haben die Nachkommen der ProtagonistInnen nicht nur die Namen der Verstorbenen vererbt bekommen. Vererbung ist vielmehr die heimliche Protagonistin des Epilogs: Es wird betont, dass Harrys Sohn Albus die Augen von Harrys Mutter hat, Ron bestätigt Rose, sie habe die Klugheit ihrer Mutter Hermione geerbt, Ginny attestiert dem kleinen James, er sei genau wie Ron, und Dracos Sohn Scorpius „resembled Draco as much as Albus resembled Harry“ (Rowling 2007, 605). Die Kinder sind eine Art Verlängerung des elterlichen oder familiären Körpers und der geistigen Fähigkeiten und Marotten ihrer Erzeuger, Verwandten und Vorfahren. Sie garantieren, dass ein Teil ihrer Eltern über den Tod hinaus lebt. Diese Auflösung der Frage nach dem Umgang mit der eigenen Sterblichkeit hat, wie im Falle von 85 interjuli 02 i 2012 Hermione und Rose, insofern etwas für sich, als sich in den Kindern über Erziehung, Identifikationsmechanismen und Erinnerungen tatsächlich Elemente der Eltern erhalten können. Diese Erhaltung jedoch rein als eine Frage der Vererbung darzustellen, negiert literarisch individuelle Entwicklung in der Festschreibung auf ein biologisches Prinzip. Die Bedeutung von Roses Intelligenz liegt in der Übernahme und Wiederholung der Klugheit ihrer Mutter und scheint keine eigene Geschichte zu haben: Rose ist durch die mütterlichen Gene determiniert. Unter den ökonomischen Bedingungen und Herrschaftsformen der bürgerlichen Gesellschaft sind die Entwicklungsmöglichkeiten für die Individuen tatsächlich gesellschaftlich beschränkt: hier nicht – wie noch wenigstens ansatzweise in Harrys Auseinandersetzung mit Marge – als fragwürdig dargestellt, sondern affirmiert. Für die Freien, Gleichen, Einzelnen heißt Subjektsein unter den Bedingungen der eigenen objektiven Austauschbarkeit zur Individuation gezwungen zu sein, während Individualität verwehrt bleibt. (Kirchhoff 112) „Listen to me, reliving my family history ...” he said quietly. „Why, I am growing quite sentimental .... But look, Harry! My true family returns ...“ (Rowling 2000, 561, Hervorhebung im Original) f amily Values und gemeinschaft gegen den Zerstörer der familien Was in der oben zitierten Szene aus Buffy the Vampire Slayer die Guten auszeichnet, nämlich ihre Bereitschaft, Freundschaften über die Herkunftsfamilie zu stellen, markiert in der Harry Potter-Reihe den Bösewicht: Nachdem Voldemort sich magisch einen neuen Körper zugelegt hat, erzählt er Harry davon, wie sein leiblicher Vater ihn und seine Mutter im Stich gelassen und er selbst sich schließlich über den Vater erhoben und ihn aus Rache ermordet hat, und schließt mit den Worten: Die Todesser als wahre Familie sind für die LeserInnen ziemlich fraglos eine Horrorvorstellung von Familie, denn Voldemort foltert und straft seine AnhängerInnen wahllos, die Beziehungen scheinen eher von Angst und Machtgier gekennzeichnet als von Zuneigung. Voldemorts Abwendung von Gesellschaft selbst nimmt dabei die Züge eines Naturverhältnisses an (vgl. Horkheimer/Adorno 36ff.). Naturalisierungen wie die Vererbungsidee im Epilog spiegeln diese Problematik wider und hypostasieren sie zugleich. Die Entindividualisierung Roses wird 86 BABenhAuserheide Blut, ABstAMMung und FAMilie Bei Harry Potter der eigenen Familie scheint auch eine zentrale Ursache dessen zu sein, was in der Harry Potter-Reihe immer wieder als hervorstechende Eigenschaft seiner Gewaltherrschaft dargestellt wird: Dass er Familien auseinanderreißt. An einer Stelle, an der diese Vorstellung thematisiert wird, dient sie als Kitt zwischen gegensätzlichen Impulsen des Protagonisten (und sicherlich auch vieler LeserInnen): Nachdem Harry in Dumbledores Erinnerungen an eine Gerichtsverhandlung eingetaucht ist, schwankt er zwischen zwei Impulsen: erstens die schlimmste Strafe für die Todesser zu wünschen, die die Eltern seines Freundes Neville so lange gefoltert haben, bis diese den Verstand verloren. Zugleich hat er zweitens Mitgefühl mit zumindest einem der Verurteilten, dem seinen Vater anflehenden neunzehnjährigen Crouch Junior, der angeblich ein Jahr nach seiner Inhaftierung gestorben ist. Die Lösung dieses Konfliktes sieht schließlich so aus: It was Voldemort […], it all came back to Voldemort ... He was the one who had torn these families apart, who had ruined these lives. (Rowling 2000, 528) Voldemort zu dem familienzerstörenden Prinzip. Das destruktive Element findet sich nicht mehr innerhalb der Familie, etwa im lieblosen Vater, sondern außerhalb der Familie. Immer wieder wird der Schluss nahegelegt, das Zerstören von (familiären) Bindungen sei das Wesen von Voldemorts Herrschaft, weshalb auch Dumbledore Zusammenhalt fordert: I say to you all, once again – in the light of Voldemort’s return, we are only as strong as we are united, as weak as we are divided. Lord Voldemort’s gift for spreading discord and enmity is very great. We can fight it only by showing an equally strong bond of friendship and trust. […] Some of you, in this hall, have already suffered directly at the hands of Lord Voldemort. Many of your families have been torn asunder. (Rowling 2000, 627) Genau die Vorstellung jedoch, dass Einheit und Gemeinschaft die besten Mittel gegen den zersetzenden Faschismus seien, ist mit Vorsicht zu genießen – besonders vor dem Hintergrund, dass Voldemort oft nicht zu Unrecht als eine Art magischer Hitler gelesen wird (vgl. etwa Blake 79, Goldstein 73, Jung 102 ff.). Die Vorstellung, dass eine faschistische Herrschaft trennt, statt Verbindungen herzustellen, während Gemeinschaft das ist, was dagegenhalten kann, ist eine postnazistische Ideologie, Während vorher noch suggeriert wird, dass sich Crouch Junior möglicherweise den Todessern angeschlossen hat, weil sein eigener Vater nicht genug für ihn da war, wird hier nun 87 interjuli 02 i 2012 die gerade im Entstehungszeitraum der Harry Potter-Reihe an internationaler Bedeutung gewonnen hat und sich nicht zuletzt im Erfolg deutscher Filme über den Nationalsozialismus manifestiert, in denen dem gemeinschaftszerstörenden Werk der Nazis die gute, über die Familie oder Kameradschaft vermittelte Volksgemeinschaft entgegengehalten wird.6 Dass der Nationalsozialismus Familien auseinandergerissen hat, trifft zwar auf seine Opfer zu, jedoch nur bedingt auf seine AnhängerInnen. Zwar gab es diese Tendenz insofern, als nicht wenige Eltern ihre Kinder begeistert in den Krieg schickten bzw. ziehen ließen, zum Teil eigene Familienangehörige denunziert wurden und Euthanasie-Morde sowie Projekte wie Lebensborn und Napola die Bevölkerungspolitik und Volkserziehung zugunsten einer genetischen Volksgesundheit aus dem Rahmen der Familie lösten, jedoch war gleichzeitig der Nationalsozialismus vornehmlich dadurch bestimmt, Einheit zu stiften, besonders natürlich die der Volksgemeinschaft. Als Keimzelle hierfür waren durchaus die deutschen Familien gedacht, wie etwa die von Hitler eingeführte Verleihung des Ehrenkreuzes der Deutschen Mutter anzeigt. Hier verkennt die in der Harry Potter-Reihe immer wieder auftauchende Vorstellung, Faschismus sei nur trennend und zersetzend, Gemeinschaft und familiäre Werte hingegen das, was dagegen wirkt, nicht nur einige grundsätzliche Prinzipien des Nationalsozialismus, an den Voldemorts Herrschaft angelehnt ist, sondern bietet ein Gegenrezept, das selbst Elemente faschistischen Denkens innehat: Gleichzeitig erscheint nämlich Voldemort als Stammhalter einer verdorbenen Familie. Voldemorts Vorfahren, allen voran sein Namensgeber und Großvater Marvolo und sein Onkel Morfin, sind zerrüttete Gestalten. Ihre Charaktereigenschaften sind im Wesentlichen Jähzorn, Gewalttätigkeit und Borniertheit. Körperlich werden sie als tierähnlich und degeneriert dargestellt; Morfin beispielsweise schielt. Sie tragen zerlumpte Kleidung und gebaren sich als unfähig zu höflicher oder auch nur verständlicher Kommunikation. Dies alles wird als Folge von Inzucht dargestellt. Damit werden die beiden Motive verbunden: Die unter der Hand stattfindende Bestätigung für Vererbungslogik und Sippen-Emphase, in der das Fremde als Anziehendes keinen Platz mehr hat, und die Vorstellung, faschistische Herrschaft sei das antagonistische Prinzip zu Gemeinschaft, Bindung und Familie, werden verschweißt, indem der faschistische Familienzerstörer selber aus einer gestörten Familie mit schlechtem Erbgut kommt. 88 BABenhAuserheide Blut, ABstAMMung und FAMilie Bei Harry Potter „B ad blood“: die Bedeutung der Blutsverwandtschaft Potter-Reihe an vielen verschiedenen Stellen unterstrichen. Als beispielsweise Voldemort sich etwas von Harrys Blut einverleibt, wird ihm auch der magische Schutz übertragen, den dieses Blut durch die Liebe und das Opfer von Harrys Mutter erhalten hat. Da aber gerade Diskriminierung und Ressentiments in der Harry Potter-Reihe an der Frage der Blutes, an den Kategorien „Pureblood“, „Mudblood“ und „Halfblood“, und an der Frage der Familienzugehörigkeit verhandelt werden, entsteht hier ein anderer Eindruck von deren Bedeutung, als es der manifeste Impetus der Kritik an diesen Kategorien will, denn Blutszugehörigkeit und Abstammung werden als Bezugsgröße über die Familie affirmiert. Damit wird der Impetus der Reihe, sich gegen die Rassen- und Vererbungslogik Voldemorts und der Todesser zu wenden, gleichsam untergraben. In die gleiche Kerbe schlägt Hagrid schon früher, indem er über die Malfoy-Familie urteilt: Rotten ter the core, the whole family, everyone knows that. No Malfoy’s worth listening ter. Bad blood, that’s what it is ... (Rowling 1998, 51) Dem schlechten Blut wird in der Harry Potter-Reihe unter der Hand die gute Blutslinie der idyllischen Familie, die alles Fremde ausschließt (wie im Falle von Ron, Hermione, Harry und Ginny) oder domestiziert (wie im Falle von Fleur), entgegenhalten. Gestützt wird die mehr oder weniger unterschwellige Ideologie, dass Blut dicker sei als Wasser, auch von einigen Interviews Rowlings. Beispielsweise antwortet sie auf die Frage, warum Zauberstäbe vererbt werden können, obgleich sie die passenden Magier wählen, wie folgt: Melanie Babenhauserheide (*1976) ist Diplom-Sozialpädagogin und arbeitet als Lehrkraft für besondere Aufgaben an der Fakultät für Erziehungswissenschaft der Universität Bielefeld. Sie promoviert an der Universität Frankfurt zur Ideologie der Harry Potter-Reihe aus der Perspektive der Kritischen Theorie Adornos. As established by Ollivander, a wizard can use almost any wand, it is simply that a wand that chooses him/her will work best. Where there is a family connection, a wand will work a little better than a wand chosen at random, I think. (www.accioquote.org) Die Bedeutung der Blutsverwandtschaft wird auch innerhalb der Harry 89 interjuli 02 i 2012 Anmerkungen 1 Nicht wenige wissenschaftliche Auseinandersetzungen lesen die Harry Potter-Reihe ent- weder als kritisch-emanzipatorisch oder als konservativ, reaktionär und rassistisch und übergehen dabei die jeweiligen Widersprüche: Howard z.B. betrachtet die Harry PotterReihe in ihrem Aufsatz „‚Slaves no more’: The Harry Potter Series as Postcolonial Slave Narrative“ als relativ gelungene moralische Erzählung gegen Sklaverei, während Anatol sie aus postkolonialer Perspektive ausschließlich problematisiert. 2 In der Harry Potter-Reihe findet sich eine Mischung aus auktorialer und personaler Er- zählperspektive. 3 Beachtlich ist dabei auch der Seitenhieb auf eine Maskulisierung von Frauen. 4 Sogar in Fällen, in denen diese Art der Charakterisierung von der Erzählung selbst unter- miniert wird: Remus Lupins Name spielt darauf an, dass er ein Werwolf ist, dabei hat er diesen Namen natürlich schon getragen, ehe er von einem Werwolf gebissen und angesteckt wurde. 5 (vgl. http://www.harrypotterwiki.de/wiki/Epilog:_Neunzehn_Jahre_später, http://en. wi- kipedia.org/wiki/Harry_Potter_and_the_Deathly_Hallows#Epilogue und http://de.wikipedia.org/wiki/Harry_Potter_und_die_Heiligt%C3%BCmer_des_Todes#Epilog 30.05.2012) 6 Ebbrecht beispielsweise analysiert, wie in Der Untergang die Nazis, allen voran Magda Goebbels, als böse Eltern dargestellt werden, während Traudl Jung das Gegenbild dazu darstellt und zugleich das neue Deutschland repräsentiert (vgl. 184ff.). Wie Sonja Witte zeigt, trachtet die in Das Wunder von Bern zentrale Vorstellung der guten, nationalen Gemeinschaft danach, „den Gegensatz von einzelnem und Kollektiv in einer Ganzheit aufzuheben, in der jedeR am anderen Teil hat und trotzdem ganz ‚er selbst‘ sein kann“ (2007, 229), was die Deutschen aus konfliktuösem Chaos und mangelndem Gemeinschaftssinn, die dem Naziregime wie der Niederlage zugeschrieben werden, erlöst (vgl. Witte 2010, 83). Denn die alte Garde der unter den Nazis Aktiven „repräsentiert eine patriarchale Autorität, die spaltet und nicht verbindet“ (Witte 2010, 86) und die geneigt ist, Familien zu zerstören. Das Auseinandergerissene wird schließlich durch die „Großfamilie Deutschland-einig-Siegerland“ (Witte 2010, 96) und einen neuen, postnazistischen Nationalismus geheilt. Auch in Sophie Scholl von 2004 hält die Protagonistin den bösen Nazis die gute Gemeinschaft vor, die eigentlich Frieden wolle (vgl. Winter 62) und in Napola: Elite für den Führer steht die gute Kameradschaft den perversen Nazis gegenüber (vgl. Winter 64). Dabei werden im Wesentlichen Feindbilder der Nazis übernommen, nur mit dem Unterschied, dass in diesen Filmen die Nazis selber diejenigen sind, die sie repräsentieren, denn sie sind feige und unkameradschaftlich, dekadent, maßlos und zersetzend. Die Nazis gelten als die Falschen, um Gemeinschaft zu stiften. „Und während diese 90 BABenhAuserheide Blut, ABstAMMung und FAMilie Bei Harry Potter ‚Nazis‘ sublim mit den [...] JüdInnen assoziert werden, überlebte die ambivalenzfreie und stereotype ‚deutsche Weiblichkeit und Männlichkeit‘ mit ihrer kameradschaftlich-mütterlichen Selbstlosigkeit im Dienste der Gemeinschaft, abgetrennt von der völkischen Gedankenwelt, der sie enstammte, nicht nur den Untergang des NS, sondern wird in den besprochenen Filmen als einzig angemessen-aufrichtiges Verhalten zum Hort des Widerstands verklärt“ (Winter 66). 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