QUANTA CoSTA SmerAldA?
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QUANTA CoSTA SmerAldA?
p o rt o c ervo Quanta Costa smeralda? Vor 50 Jahren machte der Aga Khan aus einer Felsenlandschaft ein Urlaubsparadies für den Jetset. Nun muss seine Tochter, Prinzessin Zahra, mit ansehen, wie die Smaragdküste zur Goldkettchenküste wird Fotos: Gerald klepka Text Felix Hutt 46 Linke Seite: Für Prinzessin Zahra Aga Khan ist Porto Cervo ein Stück Kindheit. Rechte Seite: Für Thomas J. Barrack, Jr., den neuen Mann der Insel, ist sie eine „kostbare Halskette“, die er irgendwann weiterverkauft 47 p o rt o c ervo A uch Märchen haben ein Verfallsdatum. Die Prinzessin, die das nicht wahrhaben will, blickt von der Terrasse des Yacht Club Costa Smeralda auf die Bucht, die ihr Vater einst zum Leben erweckte. „Ich bin schon viel gereist in meinem Leben“, sagt Prinzessin Zahra Aga Khan, 37, „aber ich habe nirgendwo ein schöneres Meer gesehen als hier an der Costa Smeralda.“ Das Wasser und der Himmel glänzen tiefblau an diesem Samstagabend, sie vereinen sich am Horizont, wo sie den roten Sonnenball langsam verschlucken. Die Prinzessin stammt aus der ersten Ehe des Aga Khan mit der Britin Sarah Croker-Poole, sie hat in Harvard studiert und in den Sommern in Porto Cervo als Tauchlehrerin gearbeitet. Heute ist sie die Vorstandsvorsitzende des Clubs, kümmert sich unter anderem um den Ablauf der sagenhaften Regatten. Der Wind bläst ihr die Haare vor ihre braunen Augen, und unter ihr, im Hafen von Porto Cervo, laufen die letzten Schiffe ein, alte Holzsegler, Regattaboote und zwei WallyJachten. Von den Decks steigen zufriedene Seefahrer, die nach ihrem Sundowner noch zufriedener sein werden. „Wir haben die Romantik, die Porto Cervo ausmacht, noch nicht verloren, aber wir müssen gut auf sie aufpassen“, sagt die Prinzessin, die selten Interviews gibt und diesem zugestimmt hat, weil Porto Cervo und die Costa Smeralda ihrer Familie viel bedeuten, ein Teil ihrer Geschichte sind. Vom Parkplatz auf der anderen Seite des Hafens brummen die Beats der DeLuxe-Party für Superreiche. Die Prinzessin sagt, sie gehe da nicht hin. Wenn heute über Porto Cervo geredet wird, wird zwangs läufig auch über den Flavio geredet und seine jüngst zur Ehefrau gekürte Elisabetta, und wie sich beide auf seiner Jacht ölen und grillen wie die Fische, die sie mittags auf der Veranda des Cala di Volpe essen. Es wird über den Giorgio geredet, die Pamela und die Naomi, den Diddy und den Olli, der jetzt nicht mehr den Ball 48 Sein Hafen, sein Yacht Club, seine Hoheit: der Aga Khan Fotos: Danapress, guido alberto rossi/Tipps/picturepress „Wir müssen auf die Romantik von Porto Cervo gut aufpassen“, sagt die Tochter des Aga Khan 49 p o rt o c ervo Tag und Nacht feiern die Gäste der DeLuxe-Party sich und ihre Kaufkraft. Victoria Beckham (u.) sieht auch ohne Spiegelglasbrille die Welt mit anderen Augen dass das Ursprüngliche der Küste erhalten bleibt“ Fotos: Gerald Klepka (2), Fabrice Dall’Anese, Roba Press „Meinem Vater war es immer sehr wichtig, 50 51 p o rt o c ervo Paparazzi Salvo und Riccardo auf der Lauer, Playmate Victoria Silvstedt auf der Terrasse des Cala di Volpe „Als ich Kind war und wir hier Urlaub machten, 52 ardär aus Los Angeles und seine Firma Colony Capital kaufen alles, was schnellen Gewinn bringt. Barrack gehört der Fußballverein Paris St. Germain, Michael Jacksons „Neverland“-Ranch und eben die Costa Smeralda. „Sie ist für mich wie eine kostbare Halskette: Ich werde sie irgendwann zurückgeben, aber bis dahin will ich ihren Wert steigern“, sagt Barrack. Als die Geschichte der Costa Smeralda begann, waren Heuschrecken noch Grashüpfer. Ende der 50er-Jahre kommt der 22-jährige Prinz Karim Aga Khan IV. zum ersten Mal nach Sardinien. Das Oberhaupt von 20 Millionen Ismailiten ist leidenschaftlicher Segler und verliebt sich in die raue, windige, 55 Kilometer lange, fast unbewohnte Küste im Nordosten der Insel. Er nennt sie ihres türkisfarbenen Wassers wegen Costa Smeralda, Smaragdküste. Der Aga Khan und fünf Freunde – darunter der Biermillionär Patrick Guinness – kaufen die Küste und gründen 1962 ein Consorzio, das streng darüber wacht, dass Beton und Natur in Einklang leben. „Meinem Vater war es immer sehr wichtig, dass das Ursprüngliche, was er hier so schätzte, erhalten bleibt. Als ich ein Mädchen war und wir hier Urlaub machten, da gab es manchmal kein fließendes Wasser, und nicht immer hat die Stromversorgung funktioniert, dafür gab es am Strand nur uns und ein paar Kühe“, erinnert sich Prinzessin Zahra, „für meinen Vater war die Costa Smeralda eine Investition des Herzens.“ Mit dem Aga Khan kommt die Gesellschaft nach Porto Cervo, und weil Sardinien in den Sechzigern und Siebzigern noch nicht so leicht zu erreichen ist, gründet er Meridiana, eine Fluggesellschaft, die heute mit ihrem miserablen Service symbolisch für den Niedergang seines Märchens steht. Der Hochadel und die Mit dem Aga Khan kam die Gesellschaft: Grace Kelly (r.), Prinzessin Margaret von England und ihr Mann Lord Snowdon (links neben ihr) Fotos: Fabrice Dall’Anese, Salvo la Fata, Paolo Costanzi (2) halten muss, sondern Kurs auf seinem Kahn. Es wird über Preise geredet, die „obszön“ sind beziehungsweise „unverschämt“, wie ein deutscher Manager bei seiner Junggesellenabschiedsfeier kürzlich erfahren durfte. Was ist also noch übrig von dem Märchen, von der Vision des Karim Aga Khan IV., 71, der Porto Cervo vor fast einem halben Jahrhundert als eleganten Ferienort erfand? In seinem Büro im Zentrum von Porto Cervo sitzt Ike Therry, 42, vor einem Problem: Auf dem Schreibtisch liegen blaue Mappen, darin stecken Fotos von Playmates mit auffälligen Brüsten und Tattoos an Stellen, die so delikat sind, dass man sie nur gegen Bezahlung sehen darf. Therry muss die Hostessen für DeLuxe auswählen. „Ich will Zwillinge, geile Zwillinge, aber keine, die humpeln“, grinst er seine Assistentin an. Gleich kämen wieder 16 Mädels zum Casting, er habe schon einen Mörderjob, und wenn er das sagt, glänzen seine Augen wie das Gel in seinem Haar. Therry hat sich vom Discjockey zum Partykönig hochgearbeitet, zum Michael Ammer der Costa Smeralda. Die Reichen seien oft arm dran, sagt Therry, die wüssten nicht, wohin mit ihrem Geld, deswegen habe er DeLuxe erfunden. Hier treffen sich die Topfirmen mit den Topkunden. Vergangenes Jahr, bei der Premiere, seien zwei Mangusta-Jachten, zwölf Lamborghini und ein Hubschrauber verkauft worden. Und er, der Junge aus Südafrika, zeige den Scheichs und den Russen, wie Feiern geht, Craig David und Alanis Morissette werden kommen, und neulich habe er hundert Superjachten im Mittelmeer vor einer kleinen Insel zusammengetrommelt, und dann habe er alle von der Insel aus mit einer Schneekanone bespritzt, really crazy! Therry ist die rechte Hand von Thomas J. Barrack, Jr., 60. Der glatzköpfige Milli- gab es nur uns und ein paar Kühe“ 53 p o rt o c ervo 54 Bord gewesen sei, da habe der Gasmann ihm gesagt, er könne in halb Europa das Licht ausknipsen. Dann habe er gelacht und Erdbeeren und Wodka bestellt, von beidem mehr als genug. Vor drei Jahren habe der Kapitän eines ankommenden Schiffes gefunkt, dass seine Passagierin, eine Prinzessin von Bahrain, Orangen wolle, nicht irgendwelche, sondern Orangen aus Sorrent, und auch nicht irgendwann, sondern zum Abendessen. Azzara habe daraufhin eine Piper gemietet und sei nach Neapel geflogen, in einem Kühlhaus sei er tatsächlich fündig geworden. Auch Gabriele Azzi, der im Hafen von Porto Cervo Sportboote verkauft, kennt solche Geschichten: „Ich war zum Fischen mit einem Kunden auf dem Meer, als ein schwerer Thunfisch anbiss. Da raste ein Sportboot mit einem Russen heran, der hat den Fisch inklusive Boot gekauft, auf der Stelle, für 1,6 Millionen Euro.“ Gabriele Azzi ist mit dem Aga Khan im Vorstand des Yacht Club Costa Smeralda, er sagt, die Sarden müssten seiner Hoheit dankbar dafür sein, dass er die Touristen nach Sardinien geholt habe, und nicht alles Neue sei schlecht und alles Alte sei gut. Aber warum Hoheit die Küste verkauft habe, das könne auch er nicht verstehen. Der Abend ist Nacht geworden, auf der Eichenholzbar des Yacht Club Costa Smeralda liegt das Jahrbuch, gebunden in blaues Leder. Mitglied Nummer eins ist der Aga Khan, der den Club am 12. Mai 1967 gründet hat. Mitglied Nummer 699 ist Thomas J. Barrack, Jr., der am 28. Juni 2003 beigetreten ist. Zwischen dem Mann, der die Costa Smeralda erfand, und dem Mann, der sie heute besitzt, liegen nicht bloß 698 illustre Namen, sondern Welten. Vor mehr als zehn Jahren verkaufte der Aga Khan seine Costa Smeralda an die Starwood-Hotelgruppe, die sie dann 2003 für 340 Millionen US-Dollar an Barrack weiterverkaufte. Warum hat ihr Vater zugelassen, dass seine Costa Smeralda zum Spekulationsobjekt wird? „Wir engagieren uns mit dem Aga Khan Development Network in Afrika und Asien, ich glaube, er hat einfach nicht mehr genug Zeit gehabt“, sagt Prinzessin Zahra Aga Khan. Der Yacht Club Costa Smeralda ist neben dem privaten Anwesen über dem Hafen die letzte Immobilie, die noch im Besitz der Familie ist. Der Aga Khan komme nicht mehr so häufig, sagt ein Angestellter, aber wenn, dann mache er immer zuerst einen Rundgang mit dem Hausmeister, um nach dem Rechten zu sehen. Prinzessin Zahra, offenbar vertieft in ihre Erinnerungen als Tauchlehrerin, sagt: „Ich liebe die Schönheit und die Stille unter Wasser.“ Dann will sie wissen, was denn heute Abend drüben passiere, bei DeLuxe. Das Ende eines Märchens, Hoheit. Aber das kann man einer Prinzessin doch nicht sagen.____ Die Zeiten, als der Aga Khan auf seiner Insel noch was entdecken konnte, sind vorbei. Heute tauchen überall reiche Russen oder Elisabetta und Flavio und die anderen auf Federico Barbarossa, Chefconcierge des Cala di Volpe Gabriele Azzi, Freund des Aga Khan und Geschäftsmann alter Schule Fotos: Fabrice Dall’Anese (2), Gerald Klepka (3), Salvo la Fata (2), Paolo Costanzi Politik mischen sich mit Hollywood und dem Großkapital: Greta Garbo, Grace Kelly, Henry Ford, Prinzessin Margaret Maurico, der Jachtparkplatzwächter von England, Audrey Hepburn, die Oli vettis und die Agnellis verbringen ihre Sommer in einem der vier Luxushotels, die der Aga Khan neben ein paar Privatvillen bauen lässt; man trifft sich zum Segeln und zum Wandern. „Es war eine in sich geschlossene, aber doch sehr offene und freigeistige Gesellschaft“, sagt Federico Barbarossa, 52. Er lehnt am Empfangs tresen des Hotels Cala di Volpe, dessen Name übersetzt „Bucht der Wölfe“ heißt. Heute, sagt der Chefconcierge, der seit über 30 Jahren im ersten Haus am Platze arbeitet, gebe es keine Wölfe mehr, dafür viele Finanzhaie, die 10 000 Euro am Tag zahlen, um ihre Jachten in der kleinen Bucht zu parken. Barbarossa hat Fürst Rainier bedient und später das Rundumsorglos-Paket für dessen Sohn Prinz Albert geschnürt. Barbarossa weiß, welche Früchte Lionel Richie zum Frühstück mag, welche Zeitungen Jürgen Schrempp lesen will und wann er die Limou sine rufen muss, die Bruce Willis zum Abfeiern ins Pepero oder in den Billionaire-Club bringt. Es habe sich einiges geändert über die Jahre, es komme jetzt Geld ohne Niveau, sagt Barbarossa. So ein Amerikaner habe vor Kurzem doch tatsächlich die Präsidentensuite gemietet, die 30 000 Euro die Nacht kostet, nur um darin seine Geschäftskunden zu empfangen. Draußen vor dem Cala di Volpe stehen Salvo und Riccardo im Gebüsch und in der Hoffnung, es möge sich jemand zeigen, für den Magazine viel Geld bezahlen. Die beiden Paparazzi ver bringen seit 22 Jahren die Sommermonate in Porto Cervo, was sich lohnt: „Im Juli und August können wir so viele Prominente fotografieren, dass wir den Rest des Jahres eigentlich nicht mehr arbeiten müssten“, sagt Salvo. „Typen wie Flavio brauchen uns, denn unsere Fotos konservieren ihren Glamour, und den des Ortes auch.“ Nur ein einziges Mal, sagt sein Partner Riccardo, habe er ein Foto nicht verkauft. „Ich war am Vormittag des 31. August 1997 vor dem Cala di Volpe, als Prinzessin Diana und Dodi Al-Fayed auftauchten. Sie trug einen Badeanzug, beide wirkten sehr verliebt. Ich habe Fotos gemacht, die ich am nächsten Tag verkaufen wollte, aber in der folgenden Nacht sind sie ja in Paris verunglückt. Ich habe wahrscheinlich den letzten glücklichen Moment ihres Lebens fotografiert und ihn für mich behalten.“ Paparazzi mit Charakter! Was es nicht alles gibt auf der Insel. Dann packen Riccardo und Salvo ihre Kameras und fahren auf den Parkplatz des Porto Vecchio zur DeLuxe-Party. Die Wassertropfen an den Jachten glitzern wie Brillanten. Ike Therrys Hostessen stehen in schwarzen Minikleidern Spalier, und Thomas J. Barrack, Jr., der neue Mann der Küste, lässt sich mit italienischen Showgirls fotografieren. Er bewundere den italienischen Lifestyle, man solle ihn nicht bloß als reinen Investor verstehen, sagt Barrack. Aber es sind die Geschichten des neuen Geldes, die jetzt Porto Cervo beherrschen. Renato Azzara betreut mit seiner Firma die Jachten – von A wie Arzt bis Z wie Zauberer: Azzara hat alles im Angebot. Gerade liege die „Dilbar“ im Hafen, erzählt er, die Megajacht eines Gasprom-Milliardärs. Als Azzara gestern an Galionsfigur Pamela Anderson, DeLuxe-Anheizerin Alanis Morissette 55