Die Erfindung des Teleskops und der - AAW
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Die Erfindung des Teleskops und der - AAW
Die Erfindung des Teleskops und der Zusammenbruch des antiken Weltbildes Vortrag von Michael Zimmermann, Darmstadt anlässlich der öffentlichen Multimedia-Veranstaltung der Arbeitsgemeinschaft Astronomie und Weltraumtechnik Darmstadt e.V. zur 400jährigen Erfindung des Fernrohrs im Jahre 2008 alle selbsterstellten Bilder und Texte, wenn nicht anders vermerkt copyright © 2001 - 2009 by AAW-Darmstadt e.V. und den genannten Personen Bildquellen: IMSS, Florenz Rice University Houston, Galileo Project In diesem Jahr 2008 erleben wir den 400. Jahrestag seit der Erfindung des Teleskops. Meine Ausführungen stehen in Zusammenhang mit diesem Jubiläum und sollen zeigen, wie diese Erfindung dazu beigetragen hat, das Bild des Menschen vom Kosmos seit jener Zeit grundlegend zu ändern. Hierbei wird das traditionelle antike Weltbild, das damals auch von der Kirche übernommen wurde, gegen eine Vielzahl von Widerständen auf den Scherbenhaufen der Geschichte geworfen. Ich möchte Sie deswegen zu einer Reise in diese Zeit einladen und Ihnen die Entwicklung auch an einer Vielzahl von Schriften und Darstellungen aus dieser Epoche nahe bringen. Das Teleskop ist nicht das erste Gerät, dass optische Eigenschaften von Materialien dem Mensche nützlich macht. Um das Jahr 1000 wird im arabischen Raum, basierend auf antiken Ideen, der Lesestein entwickelt. Material ist Bergkristall, der teilweise sogar zur Vergrößerung des nutzbaren Gesichtsfeldes asphärisch geschliffen ist. Weiterentwicklungen dieser Lesehilfen waren zuerst die Lupe und später die Brille. Hier die frühesten Darstellungen um 1350 aus einem Kloster in der Nähe von Venedig. In der Nähe von Venedig war auch eines der frühen Zentren der Glastechnologie, hier gelang es um 1450 auch erstmals gezielt transparentes Glas zu entwickelt. Dabei wachte man auch eifersüchtig darüber, dieses Wissen nicht an Fremde weiterzugeben. Es war bei Todesstrafe verboten. Trotzdem verbreitete sich dieses Wissen auch über ganz Europa und fiel in den Niederlanden auf einen besonders fruchtbaren Boden, der dort in der Erfindung des Teleskops mündete. In einem langwierigen Freiheitskampf hatten sich die Niederlande wenige Jahre vorher von dem katholischhabsburgischen Joch befreit, dies führte auch zu einem Aufblühen von Handel, Wissenschaft und Künsten, als Beispiel sei hier Rembrandt genannt. Auch in der Glastechnologie gewann insbesondere der Süden der Niederlande durch das Kopieren venezianischer Techniken mehr und mehr an Bedeutung. In diesem Umfeld erscheint deswegen auch die Erfindung des Fernrohres in diesem Land nicht verwunderlich, die Bedeutung eines derartigen Instrumentes, insbesondere in der Schifffahrt, bedarf keiner weiteren Diskussion. Als Erfinder wird heute allgemein Hans Lipperhey aus Middelburg, geboren in Wesel, angesehen: - 25. September 1608: Gesuch um Patent an die Regierung der Niederlande - 2. Oktober 1608: Ablehnung des Patentes, entweder um dies geheim zu halten, die Regierung kauft mehrere Teleskope und zahlt sehr gut, oder weil das Teleskop bereits bekannt war. Als weitere Erfinder werden Zacharias Janssen ebenfalls aus Middelburg und Jakob Metius aus Alkmaar genannt. Dabei ist es durchaus möglich, dass diese drei Brillenmacher und Linsenschleifer unabhängig voneinander und zeitgleich das Teleskop erfunden haben. Es dürfte sich dabei mehr um eine „Findung“, weniger um eine „Erfindung“ gehandelt haben, sicher wurde dieses Instrument nicht durch Ableitungen aus naturwissenschaftlichen Gesetzen sondern mehr durch Zufall entdeckt. So soll es, der Erzählung nach, der Sohn von Lipperhey gewesen sein, der beim Spiel mit Linsen in der Werkstatt seines Vaters die vergrößernde Wirkung auf entfernte Objekte durch bestimmte Linsenkombinationen bemerkte. Ob diese Erfinder die Grundprinzipien verstanden haben darf bezweifelt werden, die Lichtbrechung wurde lediglich als ein Phänomen angesehen aber nicht verstanden, ihre Gesetzmäßigkeiten wurde erst 10 Jahre später, 1618, von dem niederländischer Astronom und Mathematiker Willebrord van Roijen Snell, auch Snellius genannt, entdeckt und fast zur gleichen Zeit von René Descartes beschrieben. Auch wenn die Entwicklung des Telekops möglicherweise geheim gehalten werden sollte, dies gelang nur sehr unvollkommen. Im Gegenteil, es wurde eine wahre Erfolgsgeschichte, die rasche Verbreitung über die maßgeblichen Staaten Europas, bereits 1 Jahr nach der Patentanmeldung, ist hierfür ein sicherer Indikator: September 1608: Frankfurt November 1608: Venedig (nur Bericht) April 1609: Paris, London Mai 1609: Brüssel Mai 1609: Mailand Juni 1609: Rom, Neapel, Padua, Venedig Wie sahen nun diese ersten Teleskope aus, die sich mit großer Geschwindigkeit über ganz Europa verbreiteten? Dieser Nachbau gibt einen guten Einblick. Es handelte sich um Papprollen, vielfach außen mit Leder beklebt, ca. 30 cm lang und mit einem Durchmesser von ca. 25 mm. Und was verbarg sich im Inneren? Als Objektiv wurde eine plan-konvexe oder bikonvexe Sammellinse verwendet, 15-20 mm im Durchmesser, vielfach im effektiven Durchmesser noch durch eine Frontblende eingeschränkt. Das Okular war eine plan-konkave oder bikonkave Zerstreuungslinse mit ähnlichem Durchmesser, die für die Fokussierung verschoben werden konnte. Die Vergrößerung lag bei 3-6x. Diese Anordnung haben wir im Prinzip heute noch bei Operngläsern. Vorteil dabei ist ein aufrecht stehendes, seitenrichtiges Bild und die kurze Bauweise. Nachteil, insbesondere bei höheren Vergrößerungen, ist das sehr kleine Gesichtsfeld. Dieser Aufbau wird gemeinhin nach dem Ursprung seiner Entwicklung „Holländisches Fernrohr“ genannt. Eine ähnliche Aufbruchsstimmung wie die Niederlande war in Europa in jener Zeit nur noch in Oberitalien zu finden, kein Wunder also, dass das Teleskop auch hier auf einen fruchtbaren Boden fiel. Und da der Seehandel für die Republik Venedig eine ähnliche Bedeutung hatte wie für die Niederlande, darüber hinaus in dieser Stadt auch noch das Zentrum der Glastechnologie (Murano) angesiedelt war, kann hier Großes erwartet werden. Hier sehen wir z.B. der Stadtrat von Venedig, wie er sich die Schiffe der belagernden türkischen Flotte vom Glockenturm der Markuskirche aus anschaut. Und der Mann, der dies Instrument nach Venedig brachte war … Galileo Galilei! Sein Verdienst liegt nicht so sehr auf dem Gebiet der Erfindung das Teleskops - obwohl er selber immer so getan hat, als ob er der wichtigste Mann dabei gewesen sei - als vielmehr darin, dass er das Teleskop als Instrument für die astronomische Beobachtung eingeführt hat. Dies brachte ihm immerhin eine beträchtliche Verbesserung seines Gehaltes und eine lebenslange Professur an der Universität Padua ein. Wie sahen nun Galileo‘s Teleskope aus? Bis zum heutigen Tag haben sich 2 Exemplare erhalten - oberes Teleskop: Objektiv: bi-konvexe Linse mit unterschiedlichen Radien Brennweite 1330 mm Durchmesser 51 mm abgeblendet auf 37 mm Dicke 2,5 mm Okular: plan-konkave Linse Brennweite -94 mm Durchmesser 26 mm Dicke 3 mm Leistung: Vergrößerung 14x, Sichtfeld 15 Bogenminuten (halber Monddurchhmesser) Aufbau: 2 hölzerne Halbrohre, mit Kupferdraht zusammen gehalten und mit Leder bezogen. unteres Teleskop: Objektiv: plan-konvexe Linse Brennweite 980 mm Durchmesser 37 mm abgeblendet auf 15 mm Dicke 2 mm Okular: später ersetzt durch bikonkave Linse Brennweite -47,5 mm Durchmesser 22 mm Dicke 1,8 mm Leistung: Vergrößerung 21x, Sichtfeld 15 Bogenminuten (halber Monddurchhmesser) Aufbau: Holzstreifen, verleimt, mit Leder bezogen Darüber hinaus wird von ersten Modellen mit nur 4- und 8-facher Vergrößerung berichtet, weitere Daten hierzu sind nicht bekannt. Neben diesen mehr theoretischen Daten ist auch die Qualität der Linsen nicht unwichtig für die Ergebnisse der Beobachtungen. Bei den vorliegenden Beispielen ist der Glaskörper nicht frei von Schlieren, Gasblasen und anderen Einschlüssen. Ebenso ist das Glas nicht ganz klar, aber der damalige Stand der Glastechnologie ermöglichte keine bessere Qualität. Ebenfalls unzureichend ist der Schliff der Linsen, diese weichen von der idealen sphärischen Form ab. Das wurde durch ein sehr großzügiges Abblenden korrigiert. Wie leistungsfähig ist nun ein derartiges Teleskop einzuschätzen? Eine Antwort darauf geben die mit seinem Teleskop im Jahr 1609 getätigten Beobachtungen. Galilei veröffentlichte seine Ergebnisse bereits Anfang des Folgejahres im „Sternenboten“, der Sitte der damaligen Zeit folgend natürlich auf Latein. Dabei war er sehr darauf bedacht, seine Beobachtungen möglichst schnell zu publizieren damit er sicher sein konnte als Entdecker zu gelten. In dieser Schrift hat Galilei seine Beobachtungen dokumentiert. Dies ermöglicht es uns heute, bei aller Kritik an der Qualität und Exaktheit seiner zeichnerischen Fähigkeiten, seine Beobachtungen nachzuvollziehen. Ein Hinweis auf die Leistungsfähigkeit seiner Fernrohre geben seine Darstellungen von Sternfeldern, hier z.B. den Plejaden. Es werden Objekte bis zur Größe von 8m5 gezeigt, die Auflösung beträgt 10 Bogensekunden. Eine Leistung, die von der Vergrößerung einmal abgesehen, ein heutiges Opernglas liefert. Von wissenschaftlicher Bedeutung sind seine Beobachtungen der Milchstraße sowie einer Reihe von Sternhaufen, die er jeweils in Einzelsterne auflösen konnte und damit den Beweis erbrachte für schon vorher geäußerte Theorien in dieser Richtung. Es ist also nur einen nun sichtbarer Beweis von schon früher geäußerten Vermutungen und stellt so noch keine revolutionäre Neuentdeckung dar. Aber schon weitere Beobachtungen, hier des Mondes und die, aus dem Gesehenen abgeleiteten Interpretation, waren revolutionär und rief heftige Kontroversen hervor. Nach den antiken Anschauungen, der Kosmologie des Aristoteles und der Himmelsmechanik des Ptolemäus, die von der Kirche übernommen wurden, sind alle Himmelskörper, so auch der Mond, perfekt und damit ideale Kreise und Kugeln. Galilei sah in seinem Teleskop nun Krater, Berge und Täler und war sogar in der Lage, die Höhe der Berge gegenüber ihrer Umgebung zu ermitteln. Dies rief natürlich sofort heftigen Widerspruch der Kirche hervor. Neben Galilei beobachtete auch der Engländer Thomas Harriot den Mond. U.a. als Kartograph tätig, war er dabei auch in der Lage, genauere Karten des Mondes anzufertigen als der Physiker Galilei. Leider wurden seine Gedanken und Zeichnungen aber nie publiziert, sie wurden erst lange nach Harriots Tod entdeckt. Ebenfalls von Thomas Harriot und noch vor vergleichbaren Beobachtungen Galilei´s existieren eine Reihe von Zeichnungen von Sonnenflecken. Aber auch sie blieben unpubliziert und lange Zeit unentdeckt. Andere Sonnenbeobachter waren David Fabricius, Pastor in Osteel, Ostfriesland, und sein Sohn Johann, Student in Leiden und Wittenberg. Johann hatte von seinem Studium in Leiden ein Teleskop mitgebracht und wohl mit seinem Vater zusammen das Buch „Über beobachtete Flecken auf der Sonne“ herausgegeben, dies ist die frühste Publikation über Sonnenflecken aus dem Jahre 1611. Dieses Buch blieb aber unbemerkt und damit ohne Wirkung auf andere Beobachter. Leider handelt es sich um eine reine Textausgabe ohne Illustrationen, so dass nicht nachvollzogen werden kann, was sie genau beobachtet haben. Aus ihren Beschreibungen ist aber zu entnehmen, dass sie die tief stehende Sonne bei Auf- oder Untergang direkt im Teleskop beobachtet haben, tagsüber warteten sie auf Wolkenbänke, die die Helligkeit dämpften insgesamt kein ungefährliches Vorgehen. Später gingen sie dann, wie andere Beobachter auch, zur Projektion über. Ein weiterer aufmerksamer Beobachter der Sonnenflecken damals war der Jesuit und Astronom Christoph Scheiner an der Universität Ingolstadt. Seine Beobachtungen teilte er brieflich Marc Welser aus der bekannten Augsburger Bankiersfamilie mit, sie wurden 1612 veröffentlicht. Schreiner bat Galilei sogar um eine Stellungnahme zu seinen Aufzeichnungen. Wie nicht anders zu erwarten, richtete auch Galilei seinen Blick auf die Sonne. Selbstverständlich konnte er die Beobachtungen Scheiners bestätigen. Aber bei der Interpretation des Gesehenen gab es große Kontroversen. Während sich weder Harriot noch Fabricius tiefere Gedanken über die Natur des Beobachteten machten, bestand Scheiner als guter Anhänger der Kirche darauf, dass die Sonne im Sinne der antiken Anschauung eine makellose Kugel sei. Flecken auf ihrer Oberflächen würden dabei nur stören, deshalb müsse es sich um noch unentdeckte Himmelkörper handeln, die um die Sonne kreisen. Das rief umgehend den Widerspruch Galileis hervor, der auf Grund der Bewegung der Sonnenflecken beweisen konnte, dass diese auf der Oberfläche der Sonnen sein mussten und nicht über ihr schwebten. Es sollte zu einer lebenslangen Kontroverse zwischen Galilei und Scheiner führen, die noch durch beidseitige persönliche Empfindlichkeiten und verletzten Entdeckerstolz angefacht wurde. Obwohl zu jener Zeit selbstverständlich keine Aussagen über die Natur dieser Flecken möglich waren, stellten diese Entdeckungen, wohl noch mehr als die von Bergen auf dem Mond, einen gewaltigen Einbruch in das hergebrachte antike Bild des Universums und der Vorstellung der Himmelskörper als perfekte Kugeln dar. Weitere Einbrüche in das antike kosmologische System stellte die Entdeckung der 4 Monde des Jupiter dar. Hiermit wurde die Erde mit ihrem Mond vom Thron der Einzigartigkeit heruntergestoßen und zu einem Objekt degradiert, das nichts besonderes mehr war. Galilei widmete diese Monde seinen neuen Gönnern, den Medicis, von denen er sich mehr versprach als von der Republik Venedig. Bis heute aber werden sie als „Galileische Monde“ bezeichnet. Die datierten Stellungen der Monde wurden wiederholt mit heutigen Mitteln zurückgerechnet und für exakt befunden. Ein weiterer Beobachter der Jupitermonde war Simon Marius, der für sich in Anspruch nahm, diese noch vor Galilei entdeckt zu haben. In seiner Schrift, die erst nach Galileis „Sternenbote“ erschien, liefert er uns im Gegensatz zu Galilei, der datierte Stellungen der Monde festgehalten hatte, keine nachprüfbaren Beweise mit denen er seinen Anspruch untermauern könnte. Weiterhin war sein Ruf schon durch frühere Plagiatsvorwürfe erschüttert. Auch Marius wurde Zeit seines Lebens, ebenso wie Scheiner, von Galilei aus verletztem Entdeckerstolz mit Häme überschüttet und herabgewürdigt. Womit sich Marius freilich gegen Galilei bis heute durchsetzen konnte war die Namensgebung für die Monde, auf ihn gehen die Bezeichnungen Jo, Europa, Ganymed und Kalisto zurück, in der antiken Sage alles Geliebte des Jupiter. Was der Erde aber noch mehr ihre unterstellte Einzigartigkeit nahm, nämlich die in der Antike und auch von den Kirchen angenommenen Position im Zentrum des Weltalls, war Galileis Entdeckung der Phasen der Venus. Während die anderen vorher beschriebenen Entdeckungen einem erdzentrierten Weltbild nicht unbedingt entgegenstanden, konnte die Ausbildung von Phasen bei der Venus nur erklärt werden, wenn man das kopernikanische Weltbild voraussetzte. Damit war endgültig der Beweis für die Vermutungen erbracht, die nur sehr vorsichtig von Kopernikus im Jahre 1543 über ein sonnenzentriertes Universum publiziert worden waren. Interessanterweise rückten die Schriften von Kopernikus erst mit denen von Galilei in das Bewusstsein einer breiteren Öffentlichkeit und stellten erst dann eine Gefährdung der kirchlichen Lehre dar. Sie wurden erst jetzt, mehr als 60 Jahre nach ihrer Veröffentlichung, zusammen mit denen Galileis, auf den Index gesetzt. Woran freilich auch Galilei durch die Unvollkommenheiten seiner Teleskope scheiterte, war der Anblick des Saturn. Hier konnte er keine schlüssige Erklärung finden und es brauchte noch rund weitere 50 Jahre und leistungsfähigere Teleskope, bis Huygens hier eine befriedigende Erklärung fand. Wer aber brachte in dieser ersten Zeit die Entwicklung des Teleskops entscheidend weiter? Alle die hier genannten Personen standen in einem mehr oder weniger intensiven Briefkontakt mit Johannes Kepler. Er hatte wenige Jahre vorher seine ersten beiden Gesetze formuliert. Hierbei hat er sich als derjenige bewährt, der aus der Unzahl von Messungen Tycho Brahes die zugrunde liegenden Gesetzmäßigkeiten herausfand. Vergleichbares gelang ihm auch in der Optik, seine Überlegungen hat er 1611 in dem Werk „Dioptrice“ dargelegt. Ausgangspunkt war für ihn, anknüpfend an arabische Wissenschafter, das menschliche Auge und die Brechung des Lichtes. Auch er betrachtete sie, was hier vollständig ausreichte, nur als ein Phänomen. Ausgehend von den Erkenntnissen zur Lichtbrechung betrachtete er sowohl Sammel- als auch Zerstreuungslinsen und ihre Eigenschaften. Damit gelang ihm auch das, womit sich seine Vorläufer schwer taten: Über die reine Kombination von bestimmten Linsen hinaus konnte er erklären wie ein Teleskop funktioniert und warum es ein vergrößertes Bild ergibt. Bahnbrechender ist aber die Entwicklung und Beschreibung des zu Recht als Keplersches Teleskop bezeichneten Instrumentes. Dabei wurde es von Kepler allein durch Anwendung der von ihm gefundenen Gesetzmäßigkeiten, rein aus der Theorie heraus entwickelt und dann in die Praxis umgesetzt. Es besteht aus der Kombination von 2 Sammellinsen und liefert ein auf dem Kopf stehendes seitenverkehrtes Bild. Das Gesichtsfeld ist hierbei, bei gleicher Vergrößerung und Öffnung, deutlich größer als im holländischen Teleskop. Dieses Prinzip hat sich bis heute in der Astronomie erhalten. Refraktoren sind bis heute noch nach dem von Kepler entwickelten Prinzip aufgebaut. Was insgesamt in diesen wenigen Jahren, von 1608 bis 1611, geschah, wird recht gut in diesem Holzschnitt zu einem Buch von Flammarion (1888) dargestellt. Auch wenn hier kein Teleskop gezeigt wird, zeigt es doch wie der Mensch mit Hilfe teleskopischer Beobachtungen die Grenzen des antiken Weltbildes durchbricht und sich ihm durch diese neuen Möglichkeiten auch vollkommen neue Einsichten eröffnen.