Himmelsbeobachtungen mit der Webcam

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Himmelsbeobachtungen mit der Webcam
Gerald PFISTER
Himmelsbeobachtungen
mit der Webcam
Ein unterrichtspraktisches Beispiel
für den Computereinsatz in der Astronomie
Diplomarbeit
zur Erlangung des akademischen Grades eines
Magisters
an der Naturwissenschaftlichen Fakultät der
Karl-Franzens-Universität Graz
Begutachter:
Ao.Univ.-Prof. Dr. Arnold Hanslmeier
Mag. Dr. Gerhard Rath
Institut für Physik
April 2004
Kapitel 1
Einleitung
Ziel dieser Diplomarbeit ist es, eine kleine Einführung in eine Beobachtungstechnik der
Astronomie zu geben, die vor allem in der Amateurszene zurzeit sehr beliebt ist. Die Rede ist
von der Beobachtung mit der Webcam. Dabei sollte diese Arbeit neben den
Astronomieinteressierten vor allem Lehrern helfen, einen Einblick in diese neue Technik zu
erlangen. Ihnen sollte mit dieser Arbeit ein möglicher „praktischer Zugang“ zur Astronomie
gezeigt werden und jenen, die beabsichtigen Astronomie in ihren Unterricht mit
einzubeziehen, gleichzeitig als Hilfestellung dienen.
Die Arbeit besteht aus vier Teilen.
Der erste Teil gibt einen kleinen Einblick in die geschichtliche Entwicklung von
astronomischen Instrumenten – angefangen von der Sonnenuhr bis hin zur Entwicklung der
CCD-Technik.
Im zweiten Teil werden am Anfang typische Schulteleskope und deren physikalische
Kenngrößen beschrieben. Anschließend stehen die in der Webcam vorkommende CCDTechnik, die Handhabung der Webcam und die Nachbearbeitung der Kurzvideos unter
näherer Betrachtung.
4
Kapitel 1
Einleitung
Der dritte Teil dieser Arbeit beinhaltet ein mit Schülern durchgeführtes Beobachtungsprojekt
und dessen Ergebnisse. Dabei werden die einzelnen Unterrichtseinheiten und deren
Auswertungen etwas ausführlicher dargestellt.
Der vierte und letzte Teil sollte die Situation des gegenwärtigen Physikunterrichtes erläutern.
Es wird darauf hingewiesen, dass durch ein verstärktes Einbinden von Astronomie in den
Physikunterricht es sehr wohl einen Ausweg aus dieser Misere geben könnte. Am Ende
werden noch denkbare Zugänge zur Astronomie, sowie zwei Möglichkeiten wie ein
Astronomieunterricht aussehen könnte, angeboten.
5
Kapitel 2
Geschichtliche Entwicklung der
astronomischen Instrumente
In diesem Kapitel soll ein kleiner Einblick in die geschichtliche Entwicklung der Astronomie
gegeben werden. Im Vordergrund steht die Entwicklung der für die Astronomie so wichtigen
Beobachtungsinstrumente. Dabei wird nur auf die wichtigsten und in fast allen Lehrbüchern
erwähnten Entdeckungen und Entwicklungen genauer eingegangen. Der Hauptteil dieses
Kapitels soll besonders die zeitliche Epoche von der Entwicklung der Fernrohre bis zur
Gegenwart hervorheben. Es soll aber nicht verabsäumt werden, am Anfang sehr interessante
Instrumente vorzustellen, die den Astronomen als wichtige Wegbegleiter von der Antike bis
ins 18. Jahrhundert dienten.
2.1 Instrumente zur Gestirns- und Zeitmessung
Um dem hohen Rang des Sonnenjahres in der Antike gerecht zu werden, mussten Hilfsmittel
zu dessen genauer Bestimmung erschaffen werden. Eines der ersten Hilfsmittel war der
Gnomon1, ein Schatten werfender Stab, der ab dem 7. Jh. v. Chr. in babylonischen und
chinesischen Quellen erwähnt wird.
1
vgl. [1]
6
Kapitel 2
Geschichtliche Entwicklung der astronomischen Instrumente
Er diente vor allem zur Feststellung der Mittagszeit. Schon die Babylonier stellten anhand
der unterschiedlichen Schattenlängen der Sonne zur Mittagszeit fest, dass sich die Sonne nicht
am Himmelsäquator entlang bewegen konnte. Ein gewisser Anaximander (um 611 bis 546 v.
Chr.) ermittelte mit Hilfe des Gnomons die Lage der Ekliptik2. Er stellte diesen Wert bereits
mit 24° fest, während man mit heutigen Methoden auf den Wert 23°40,5’ kommt.
Als man die Bewegungen der Sonne und des Mondes ausreichend erforscht hatte, kam der
Drang auch andere Himmelskörper genauer zu studieren. Dafür war es unbedingt von Nöten,
neue Beobachtungsinstrumente zu erfinden. Der Schattenstab war durch die geringe
Leuchtkraft der Beobachtungsobjekte nicht zu gebrauchen. Man wollte auch den
Winkelabstand von Sternen zueinander bestimmen und dazu war es unerlässlich, neue Geräte
zu erfinden.
Drei Geräte der antiken Astronomen sind uns durch genaue Beschreibung im Almagest
(bedeutendes Werk über Astronomie und Sternbilder - von Ptolemäus (um 100 bis ca. 160 n.
Chr.))3, bekannt. Es handelt sich um Instrumente, die zum bevorzugten Gerätebestand der
Astronomen bis zur Erfindung des Fernrohrs gezählt werden können. Aus diesem Grund will
ich sie kurz vorstellen und die prinzipielle Funktionsweise etwas erläutern.
Den Dreistab oder auch Triquetum (siehe Abb.4 2.1) verwendete schon Ptolemäus zur
Bestimmung der Mondparallaxe, daher auch die Bezeichnung „parallaktisches Instrument“.
Später benutzte ihn auch Kopernikus (1473 bis 1543) als er ein neues Weltsystem5 entwarf.
Das Gerät bestand aus einem senkrechten Stab an dessen oberer Seite ein zweiter Stab
(Diopter) drehbar angebracht war. Am unteren Ende war ebenfalls ein drehbarer Stab mit
einer Längsteilung befestigt. Nachdem man das Gerät aufgestellt hatte, peilte man das Objekt
an und las die Richtung des beweglichen Stabes auf der Skala des zweiten Stabes ab. Den
abgelesenen Wert verglich man dann mit einer Sehnentafel (Vorgänger der Sinustafel) und las
daraus den dazugehörigen Winkel ab. Mit dem Dreistab konnten die Höhen der Gestirne,
besonders auch die des Mondes bestimmt werden.
2
Neigung der scheinbaren Sonnenbahn
vgl. [1]
4
vgl. [1, S. 127]
5
Kopernikanisches Weltsystem – heliozentrisches System (Sonne steht im Mittelpunkt)
3
7
Kapitel 2
Geschichtliche Entwicklung der astronomischen Instrumente
Abbildung 2.1: Dreistab des Kopernikus (N.
Copernicus, Amsterdam 1617)
Abbildung 2.2: Ptolemäische Armille
(Johannes Regiomontan.
Scripta. Nürnberg 1544)
Die Armille (siehe Abb.6 2.2) war ein antikes Instrument, das die Hauptabschnitte des
Himmels und die Bewegung der Himmelskörper anzeigt. Es bestand aus einer Reihe von
Metallringen, die mit Gradzahlen versehen waren. Diese stellten die Haupthimmelskreise dar,
so z. B. den Himmelsmeridian, den Himmelsäquator, die Ekliptik, den Horizont, die
Wendekreise und die Koluren (Kreise, die sich an den Polen im rechten Winkel schneiden).
Ein Gestirn konnte durch die auf dem Deklinations- und dem Breitenring verschiebbaren
Absehen anvisiert und sein Ort auf den Skalen der entsprechenden Ringe abgelesen werden.
Fehlen diese Absehen, dann sprechen wir von einer Armillarsphäre. Berichten zur Folge
wurde das Instrument etwa 255 v. Chr. von dem griechischen Astronomen Eratosthenes (276
bis 196 v. Chr.) erfunden. Armillarsphären fanden bis ins 17. Jahrhundert Verwendung.
Ein anderes Instrument war das Astrolabium (siehe Abb.7 2.3), das zur Positionsbestimmung
von Himmelskörpern verwendet wurde. Es bestand aus einem mit Gradzahlen markierten
Kreis oder Kreissegment mit einem beweglichen Schenkel.
Der Schenkel war drehbar am Kreismittelpunkt befestigt. Wurde der Nullpunkt des Kreises
auf den Horizont ausgerichtet, konnte die Höhe oder das Azimut jedes Himmelskörpers
gemessen werden, indem dieser mit dem Schenkel des Geräts anvisiert wurde.8
6
vgl. [1, S. 44]
vgl. Microsoft Encarta 2003
8
vgl. Microsoft Encarta 2003
7
8
Kapitel 2
Geschichtliche Entwicklung der astronomischen Instrumente
Das Astrolabium wurde vermutlich erstmalig von dem griechischen Astronomen Hipparchos
(um 190 bis 120 v. Chr.) verwendet. Im 16. Jahrhundert, kurz vor der Erfindung des
Teleskops, konstruierte der dänische Astronom Tycho Brahe (1546 bis 1601), dessen
erstaunlich genaue Beobachtungen die Formulierung der heutigen Theorien über das
Sonnensystem möglich machten, ein Astrolabium mit einem Durchmesser von drei Metern.
Kleinere Typen des Astrolabiums waren bis ins 18. Jahrhundert - dann wurden sie vom
Sextanten abgelöst - die Hauptinstrumente der Navigatoren.
Abbildung 2.3: Astrolabium
Der Quadrant diente besonders zur Bestimmung der Zenitdistanz und Position von Gestirnen.
Dieses Instrument regte viele Astronomen und Instrumentenbauer zum Bau vielfältiger
Variationen an. Bei Ptolemäus war der Quadrant eine in der Mittagslinie aufgestellte Platte,
die eine Viertelkreisteilung hatte. An der oberen Ecke, die Richtung Süden zeigte, war ein
Stab angebracht, der zur Mittagszeit den Sonnenschatten auf die Skala warf.9
Es waren vor allem zwei Bauweisen, die bei späteren Astronomen Anwendung fanden: Der
Azimutalquadrant (siehe Abb.10 2.4), der beweglich war oder der ortsfeste Mauerquadrant.
Der Mauerquadrant ist das wohl berühmteste von Tycho Brahe verwendete Instrument und
erreichte eine Messgenauigkeit von zehn Bogensekunden11.
9
vgl. [1]
vgl. [1, S. 163]
11
Eine Bogensekunde ist der 3600ste Teil eines Grades (1° entsprechen 3600 Bogensekunden)
10
9
Kapitel 2
Geschichtliche Entwicklung der astronomischen Instrumente
Abbildung 2.4: Azimutalquadrant der Kasseler
Sternwarte um 1560
Die eben vorgestellten Instrumente waren Instrumente zur Zeitbestimmung oder
Positionsbestimmung. Eine Entdeckung sollte den Astronomen aber die Möglichkeit
gewähren, die Himmelsgeschehnisse noch besser beobachten und verstehen zu lernen. Diese
Entdeckung war sicherlich auch an der Wende vom alten Weltsystem des Ptolemäus zum
neuen heliozentrischen – oder auch kopernikanischem Weltsystem genannt – beteiligt. Die
Rede ist von der Entdeckung des Fernrohrs.
10
Kapitel 2
Geschichtliche Entwicklung der astronomischen Instrumente
2.2 Anfang 16. Jahrhundert – Entdeckung des Fernrohrs
Zuerst drehen wir aber das Rad der Zeit nochmals ein wenig zurück. Genauer gesagt auf das
Jahr 1215. In diesem Jahr wurde Roger Bacon (1215 bis 1294) geboren. Der große
mittelalterliche englische Gelehrte war Franziskanermönch in Oxford und verfasste zahlreiche
naturwissenschaftliche Werke. Darunter war auch ein Lehrbuch der Optik, indem er Gesetze
der Reflexion und der Brechung darstellte. In diesem Buch lassen sich Eigenschaften von
Linsen finden, die die Entdeckung des Fernrohrs, wenn auch etwas unklar, vorwegnehmen. In
seinem Werk schrieb er: „Wir können durchsichtigen Körpern eine solche Gestalt geben und
sie in solcher Weise in Bezug auf unser Gesicht und die gesehenen Objekte anordnen, daß die
Strahlen in jeder Richtung die wir wünschen, gebrochen werden; und unter jedem Winkel,
den wir wünschen, werden wir das Objekt nahe oder entfernt sehen. So können wir aus
unglaublicher Entfernung die kleinsten Buchstaben lesen und die Körner des Staubes oder
Sandes zählen. Also könnten wir auch die Sonne, den Mond und die Sterne in Erscheinungen
zu uns herabsteigen lassen.“12 In der Praxis setzte Bacon diese Idee aber nicht um.
So dauerte es bis zum Jahre 1608, als der Brillenmacher Hans Lippershey (1507 bis 1619)
besonders in Erscheinung trat. Der in Wesel am Rhein geborene und später im
niederländischen Middelburg lebende Lippershey suchte am 2. Oktober 1608 bei den
Generalstaaten in Den Haag um ein Patent für ein Linsenfernrohr an.13 Dieses wurde ihm aber
mit der Begründung nicht gewährt, es gäbe bereits mehrere Hinweise auf bereits existierende
Linsenfernrohre. Bereits im Jahre 1589, gab es eine Schilderung von Giambattista della Porta
(1538 bis 1615) aus Neapel, in dem er eine Kombination von Linsen beschreibt, mit der man
in die Ferne sehen konnte.14 Lippershey bekam zwar nicht das Patent, aber er stellte trotzdem
als einer der ersten Linsenfernrohre her. Somit wird er von den meisten Büchern als Erfinder
des Linsenfernrohres gefeiert. Während Lippershey nur die Absicht verfolgte, terrestrische
Ziele ins Visier zu nehmen, hatte Galileo Galilei (1564 bis 1642) ganz andere Pläne.
Galileo Galilei war wohl einer der bedeutendsten Physiker seiner Zeit. Er entdeckte unter
anderem die Gesetze des Pendels, die Fallgesetze und auch die Wasserwaage.
12
vgl. [2, S. 37]
vgl. [2]
14
vgl. [3]
13
11
Kapitel 2
Geschichtliche Entwicklung der astronomischen Instrumente
Als Anhänger des kopernikanischen Systems bekam er aber immer wieder Schwierigkeiten
mit der Kirche, die ihn 1616 das erste Mal vor das Inquisitionsgericht stellte. Er durfte nicht
mehr öffentlich für das kopernikanische System eintreten. Erst als mit Urban VIII. ein Freund
Galileis zum Papst gewählt wurde, glaubte Galilei seine Ideen öffentlich kundgeben zu
können. Er veröffentlichte 1632 eines seiner Meisterwerke, das Buch „Dialogo“. In diesem
Buch, ein Dialog über die zwei großen Weltsysteme (ptolemäische und kopernikanische
Weltsystem), ließ er drei Charaktere über die Natur des Universums diskutieren. Über einen,
den er Simplicio nannte und der das ptolemäische Weltsystem vertrat, machte sich Galileo
Galilei nach Ansicht des Papstes lustig. Dieser lieferte ihn daraufhin wieder der Inquisition
aus. Galileo Galilei wurde zwar nicht verhaftet, aber er wurde bis zu seinem Tode mit
Hausarrest bestraft.
Eigentlich war es seltsam, dass Galileo Galilei zuerst vom holländischen Fernrohr erfuhr und
nicht von den früheren italienischen Instrumenten. In Venedig führte er 1609 ein Fernrohr vor
und 1610 baute er sich sogar ein eigenes Fernrohr, das dem holländischen System sehr
ähnlich war. Zu Hilfe kamen ihm seine wissenschaftlichen Kenntnisse über die
Lichtbrechung, die er aber nie vollständig verstand, wie seine Notizen verraten.
Bei einem „galileischen-“ oder auch „holländischen Fernrohr“ (siehe Abb.15 2.5) besteht das
Objektiv aus einer konvexen Linse (auch Sammellinse genannt) und das Okular aus einer
konkaven Linse (auch Zerstreuungslinse genannt).
Abbildung 2.5: Prinzipieller Aufbau des galileischen Fernrohrs
Abbildung 2.6: Galileis
erstes Fernrohr
Mit diesem Teleskop entdeckte er im Laufe weniger Jahre Krater auf dem Mond, die Phasen
der Venus, die vier hellsten Monde des Jupiters, einzelne Sterne im himmlischen Band der
Milchstraße und die dunklen Sonnenflecken.16
15
16
vgl. [4, S. 30]
vgl. [13]
12
Kapitel 2
Geschichtliche Entwicklung der astronomischen Instrumente
Seine ersten astronomischen Entdeckungen, die ihm bereits im August 1609 gelungen waren,
veröffentlichte er im März 1610 im Sidereus Nuncius (Sternenbote).17
Dieses Werk gelangte auch in die Hände eines weiteren zu dieser Zeit sehr bekannten und
großen Naturwissenschaftlers. Die Rede ist von Johannes Kepler (1571 bis 1630), der zu
dieser Zeit gerade als Nachfolger von Tycho Brahe am Prager Hof unter Rudolph II. als
kaiserlicher Mathematiker wirkte. Kepler hatte schon mit seinem Werk Mysterium
Cosmographicum (1596) seine Begeisterung über das kopernikanische System kundgetan.
Mit hervorragendem Beobachtungsmaterial von Tycho Brahe ging er daran, die Bahn des
Planeten Mars zu berechnen. Im Jahre 1609 konnte er mit seiner Astronomia Nova die
Ergebnisse veröffentlichen und formulierte bereits zwei wichtige Gesetze, das erste
Keplergesetz18 und das zweite Keplergesetz19.
Nun fand er im Sidereus Nuncius die Anregung mit einem Hilfsmittel noch genauer zu
beobachten. Durch seine Studien war Kepler bereits darauf vorbereitet, die Wirkungsweise
eines Fernrohrs zu verstehen. Bereits im Herbst 1610 hatte er die Gelegenheit, durch ein
geliehenes Instrument die Jupitermonde zu betrachten. Begeistert und angeregt von dieser
Beobachtung fertigte Kepler eine Schrift mit dem Namen Dioptrice (1611) in Augsburg an.
Dioptrice gilt als erstes modernes Optikerlehrbuch. Es beschreibt die Wirkungsweise von
Linsen und Linsenkombinationen sowie ihr Zusammenwirken mit dem menschlichen Auge.
Diese Studien führten ihn auch zum Entschluss, ein anderes und vielleicht noch effektiveres
Fernrohr zu bauen. Es wurde auch durch den Namen „keplersches- bzw. astronomisches
Fernrohr“ bekannt (siehe Abb.20 2.7). Der Unterschied zum galileischen Fernrohr bestand
darin, dass das keplersche Fernrohr nun aus zwei Konvexlinsen (Objektiv und Okular)
bestand. Es hatte auch ein größeres Gesichtsfeld.
Abbildung 2.7: Prinzipieller Aufbau des keplerschen Fernrohrs
17
vgl. [1]
vgl. [13, S. 9] (1. Keplergesetz: Die Planeten bewegen sich auf Ellipsen, in deren gemeinsamen Brennpunkt
die Sonne steht)
19
vgl. [13, S. 9] (2. Keplergesetz: Der von der Sonne zum Planeten gezogene Radiusvektor überstreicht in
gleichen Zeiten gleiche Flächen)
20
vgl. [4, S. 30]
18
13
Kapitel 2
Geschichtliche Entwicklung der astronomischen Instrumente
2.3 Fernrohrbeobachtungen im 17. Jahrhundert und die
dabei auftretenden Probleme
Unabhängig von Galilei machten auch andere Beobachter bedeutende Entdeckungen.
Beispielsweise beobachtete Thomas Harriot (1560 bis 1621) bereits im Jahr 1609 den Mond
und auch die Sonnenflecken. Bedauerlicherweise notierte dieser alles nur in seinem
Notizbuch und veröffentlichte dies nicht. Im Jahre 1610, nur einen Tag später als Galilei
entdeckte Simon Marius (1573 bis 1624), ein Schüler von Tycho Brahe und Johannes Kepler,
die vier Jupitermonde. Er konnte durch weitere sorgfältige Beobachtungen sogar deren
Umlaufzeiten um Jupiter und ihre veränderliche Helligkeit entdecken.
Ein weiterer sehr bekannter Astronom war der Jesuitenpater Christoph Scheiner (1573 bis
1650). Er war der Erste, der durch jahrelange Beobachtungen der Sonnenflecken die Rotation
der Sonne feststellte und dies in seinem Werk Rosa Ursina (1630) verewigte.21
Als Galilei 1610 Saturn mit dem Fernrohr ins Visier nahm, war für ihn Saturn ein Gestirn, der
von zwei kleinen Gestirnen umgeben war. Sein Fernrohr mit einem Objektivdurchmesser von
ca. drei Zentimetern und einer Vergrößerung von 30-fach erlaubte nicht mehr zu erkennen. Es
sollte bis zum März 1656 dauern, bis Christian Huygens (1629 bis 1695) mit einem 3,5 Meter
langen Fernrohr bei etwa 50-facher Vergrößerung die Ringnatur des Saturns besser erkannte.
Eine weitere großartige Leistung in dieser Zeit war die Entdeckung des Großen Roten Flecks
(abgekürzt GRF) auf Jupiter von Robert Hooke (1635 bis 1703). Das selbst in kleinen
Fernrohren auch heute noch sehr gut sichtbare Wirbelgebiet der Jupiteratmosphäre hat ein
Ausmaß von 40.000 Kilometer Länge – also ca. dreimal so groß wie die Erde – und 13.000
Kilometer Breite.
Bei der Weiterentwicklung der Fernrohre stieß man aber bald auf große Schwierigkeiten,
welche auf Gesetzmäßigkeiten der Lichtausbreitung in Linsenkörpern in Form von
Abbildungsfehlern beruhten. Objektive der damaligen Zeit bestanden aus einer einzelnen von
einer Kugelfläche begrenzten Linse. Solch eine Linse war nicht in der Lage, alle von einem
unendlichen Punkt kommenden Strahlen in einem Punkt zu vereinigen. Randnahe Strahlen
wurden stärker gebrochen als mittelpunktnahe Strahlen.
21
vgl. [1, 3]
14
Kapitel 2
Geschichtliche Entwicklung der astronomischen Instrumente
Diesen Abbildungsfehler nennt man auch sphärische Aberration (siehe Abb.22 2.8)
Abbildung 2.8: Sphärische Aberration; die Randstrahlen
werden stärker gebrochen
.
Die sphärische Aberration führt dazu, dass sich einzelne Linsenzonen zu einem
Streuungsscheibchen überlagern. Schon Kepler wies bei Verwendung von Linsen auf so einen
existierenden Fehler hin.
Ein weiterer und vielleicht noch schlimmerer Abbildungsfehler damaliger Linsen – und
teilweise auch jetziger Linsen schlechter Qualität – war die chromatische Aberration (siehe
Abb.23 2.9).
Sie entsteht dadurch, dass die verschiedenen Farbanteile des Lichtes unterschiedlich
gebrochen werden und keinen gemeinsamen Brennpunkt haben. Bei einem Himmelsobjekt
entstehen somit ein farbiger Saum und ein heller über dem ganzen Bild liegender Schleier.
Dies führt dann zu einer allgemeinen Kontrastminderung und Unschärfe des Bildes, wodurch
wiederum wichtige Details verloren gehen.
Abbildung 2.9: Chromatische Aberration
22
23
vgl. [15, S. 58]
vgl. [15, S. 59]
15
Kapitel 2
Geschichtliche Entwicklung der astronomischen Instrumente
Es sollte noch einige Zeit dauern, bis man auch diese Fehler vermindern konnte. Somit gab es
nur einen Weg, diese Fehler zu minimieren. Man musste das Öffnungsverhältnis24 – das
Verhältnis Objektivdurchmesser zu Brennweite – verkleinern. Nun konnte man um dies zu
erreichen, den Durchmesser des Objektivs bei gleich bleibender Brennweite verkleinern. Dies
war aber eine schlechte Lösung, da die Leistungsfähigkeit eines Fernrohrs von einem
möglichst großen Objektivdurchmesser abhing. Also war man bestrebt, die Brennweite zu
verlängern. Das Zeitalter der Riesenfernrohre war geboren. Weil ein Tubus von mehreren
Metern ein zu großes Gewicht gehabt hätte, entstand die Idee von so genannten
„Luftfernrohren“
25
, bei denen die Verbindung zwischen Objektiv und Okular durch einen
Seilzugmechanismus hergestellt wurde.
Der Danziger Ratsherr und Astronom Johannes Hevelius (1611 bis 1687) konstruierte um ca.
1641 ein solches Luftfernrohr (siehe Abb.26 2.10). Es hatte eine Länge von 45 Metern und
wurde in seinem Werk Machina coelestis (1673) genauer beschrieben. Mit diesem Fernrohr
machte er schon genaue Mond- und Kometenbeobachtungen und veröffentlichte dazu die
zwei Werke Selenographia (1647) und Cometographia (1668).
Abbildung 2.10: Das „Luftfernrohr“ von J. Hevelius
in Danzig. Stich aus dem Jahr 1908
Abbildung 2.11: Mondzeichnung von J.
Hevelius; 17. Februar 1644
24
siehe Kapitel 3 – Abschnitt 3.1.1
vgl. [1, 3]
26
vgl. [3, S. 18]
25
16
Kapitel 2
Geschichtliche Entwicklung der astronomischen Instrumente
Da beim Herstellen so riesiger Linsenfernrohre ein großer technischer und finanzieller
Aufwand von Nöten war, strebte man eine andere Lösung an. Es wurde ein anderes System
entwickelt. Es war die Idee geboren, anstelle der Linsen einfach Spiegel in Form eines
Hohlspiegels zu verwenden. Während bei einem Linsenfernrohr – auch Refraktor genannt –
eine Sammellinse als Objektiv dient und das Licht bündelt, erfüllt dies bei einem
Spiegelteleskop – auch Reflektor genannt – ein sphärischer Spiegel. Ein anfängliches Problem
war, dass nur parabolische Spiegel einen scharfen Brennpunkt aufwiesen, diese aber erst
später hergestellt werden konnten. Somit diente als Reflektor ein leicht fehlerhafter
kugelförmiger- bzw. sphärischer Spiegel, dessen Querschnitt ein Kreisbogen war.
James Gregory (1638 bis 1675) beschrieb im Jahr 1663 die Konstruktion eines
Spiegelteleskops, das dann auch große Verbreitung an allen Sternwarten fand.
Ein Parabolspiegel reflektierte die Strahlen und warf sie auf einen kleinen konkaven
Sekundärspiegel außerhalb des Brennpunktes, von wo sie dann durch ein Loch im
Hauptspiegel auf die plankonvexe Augenlinse gelangen.
Im Jahre 1672 konstruierte Guillaume Cassegrain (1625 bis 1712) ein Spiegelteleskop, dessen
Bauprinzip (siehe Abb.27 2.12) erst im zwanzigsten Jahrhundert große Wirkung entfaltete. Im
Gegensatz zum Gregory Spiegelteleskop sitzt hier im Brennpunkt des Hauptspiegels ein
konvexer (hyperbolischer) Sekundärspiegel.
Abbildung 2.12: Schematische Skizze eines Cassegrain-Teleskops
27
vgl. [6, S. 21]
17
Kapitel 2
Geschichtliche Entwicklung der astronomischen Instrumente
Ein weiterer Gelehrter, der Vorteile bei der Verwendung von Spiegeln sah, war der englische
Naturforscher Isaac Newton (1643 bis 1727). Im Jahr 1668 diskutierte er in Folge seiner
spektroskopischen Experimente die farbigen Ränder um die Sterne, die bei der Beobachtung
durch Linsenfernrohre auftraten. Er kam zum Schluss, dass eine einfache aus einem Stück
Glas zusammengesetzte Linse für jede Farbe im Spektrum eine andere Brennweite besitzt.28
Durch die farbigen Ränder konnte somit kein scharfes Bild entstehen. Den Effekt der
chromatischen Aberration hielt er sogar für störender als die sphärische Aberration, welche
etwa ein Kugelspiegel – im Gegensatz zum Parabolspiegel – hervor rief. Wie sich später
herausstellen sollte, kam er sogar zum falschen Schluss, es könnten keine achromatischen29
Linsenteleskope existieren oder auch hergestellt werden. Dadurch stellte er im Jahre 1672 der
Royal Society, dessen Vorsitz er auch innehatte, sein etwa 30 Zentimeter langes
Spiegelteleskop vor (siehe Abb.30 2.14). In den Brennpunkt des Hauptspiegels setzte er einen
geneigten Planspiegel, der die Strahlen seitlich aus dem Rohr zum Okular leitete.31
Abbildung 2.13: Isaac Newton
Abbildung 2.14: Spiegelteleskop
von Isaac Newton 1671
Alle drei Systeme, Gregory, Cassegrain und auch das Newton-Teleskop setzten sich aber im
17. Jahrhundert nicht durch. Gründe dafür waren, dass die Metallspiegel sehr schnell trüb und
„blind“ wurden. Zudem ließ sich das weiche Metall nicht so präzise polieren wie Glaslinsen.
In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts kam es auch zur Institutionalisierung der
Himmelsforschung, indem immer mehr Sternwarten entstanden. In vielen Städten wie Paris
28
vgl. [1, 3]
Linsen, die den Farbfehler für zwei oder drei Farben korrigieren
30
vgl. [1, S. 218]
31
siehe Kapitel 3 – Abschnitt 3.1
29
18
Kapitel 2
Geschichtliche Entwicklung der astronomischen Instrumente
Kopenhagen, Greenwich und Berlin wurde der Bau von großen Observatorien vorangetrieben.
In Frankreich war es Ludwig XIV. – bekannt unter dem Namen der „Sonnenkönig“– der die
Academie Royale des Sciences im Jahr 1666 gründete und ein Jahr später ein angemessenes
Observatorium bauen ließ. Anfangs diente es aber mehr als Repräsentationsort und nicht
unbedingt der Wissenschaft. Bedeutende Wissenschaftler wie Christian Huygens und
Giovanni Domenico Cassini32 (1625 bis 1712) wurden vom „Sonnenkönig“ an den Hof
geholt.
Im Jahr 1675 erfolgte die Gründung des Observatoriums Greenwich. Wobei aber nicht der
Himmel, sondern die Seefahrt den Anlass dazu gegeben hatte. Die Kolonial- und
Handelsmacht England wollte ihren Schiffen eine sichere Fahrt auf Übersee ermöglichen und
für die astronomische Navigation benötigte man eben genaue Sternörter. Mit dem Bau der
Sternwarte Greenwich änderte sich auch die Begründung für Forschungsförderung. Am
Anfang diente rein die Astrologie als Antriebsfeder, wenn es um Herrschaftskraft und
Weltanschauung ging. Doch nun traten die Interessen des Handels, des Verkehrs sowie die
der materiellen Produktion, immer mehr in den Vordergrund. Auch die Zentren der Forschung
verlagerten sich immer mehr westwärts.
Abbildung 2.15: „Flamsteed-Trakt“ der Sternwarte
Greenwich mit dem Zeitball als
12 Uhr-Signal für die Schiffe im
Londoner Hafen
32
Entdeckte unter anderem auch eine Teilung des Saturnringes (Cassini-Teilung)
19
Kapitel 2
Geschichtliche Entwicklung der astronomischen Instrumente
2.4 18. bis 19. Jahrhundert - die ersten Erfolge großer
Metallspiegel und die Verbesserung der Linsensysteme
Im 18. Jahrhundert kam es zu einem großen Aufschwung in der Teleskopbaukunst. Immer
größere Spiegelteleskope entstanden und wuchsen als tatsächliche Konkurrenz zu den
Linsenteleskopen heran.
Ein Großer zu dieser Zeit war Friedrich William Herschel (1738 bis 1822). Eigentlich hatte er
keine richtige astronomische Ausbildung erfahren, stattdessen wurde er Musiker beim Militär.
Autodidaktisch
bildete
er
sich
in
der
Astronomie
und
begann
mit
den
Himmelsbeobachtungen. Heutzutage würde man Herschel als „Amateur“ bezeichnen, was
seine Leistungen auf keinen Fall schmälern sollte. Im Jahr 1773 begann er mit der Herstellung
von Spiegelteleskopen und sein Größtes stammt aus dem Jahre 1787 und hatte eine
Brennweite von 40 Fuß33 sowie eine Öffnung von 1,2 Metern.34 Berühmt wurde er durch
seine Entdeckung des Planeten Uranus im Jahre 1781. Er verfasste auch einen Nebelkatalog,
der die Positionen von über 2000 Nebeln35 und an die 200 Sternhaufen enthielt. Sein Sohn,
John F.W. Herschel (1792 bis 1871) setzte die Arbeiten seines Vaters fort und ging sogar
noch weiter, indem er in Südafrika die Kapstadtsternwarte errichtete (siehe Abb.36 2.17). Mit
dieser beobachtete er den Südhimmel und veröffentlichte als Ergebnis 1864 den General
Catalogue
of
Nebula
and
Clusters
Abbildung 2.16: 40 füßiges Spiegelteleskop von
W. Herschel in Slough
of
Stars
(oder
als
Kürzel
GC).
Abbildung 2.17: John Herschels Sternwarte am
Kap der Guten Hoffnung, 1834-38
33
1 Fuß = 0,30479 Meter (40 Fuß = 12,1916 Meter)
vgl. [1, 3]
35
Verdichtung von interstellaren Gasen und Staubpartikeln
36
vgl. [1, S. 250]
34
20
Kapitel 2
Geschichtliche Entwicklung der astronomischen Instrumente
Chester Moore Hall (1703 bis 1771) gelang es im Jahr 1730 den Farbfehler, also die
chromatische Aberration, von Linsenfernrohren zu verringern. Er verwendete dazu eine
Kombination aus zwei Linsen, eine aus Kronglas und die andere aus Flintglas. Wie schon so
oft in der Geschichte, veröffentlichte auch er seine Entdeckung nicht. Somit oblag es John
Dolland (1706 bis 1761), ein nach England geflüchteter französischer Protestant, diese
Entdeckung bekannt zu machen. Er meldete 1756 in England das erste Patent auf
achromatische Linsen an und verbesserte die bisher schlechte Situation für Linsenteleskope
schlagartig. Anstelle der langen unhandlichen Fernrohre wurden nun wesentlich kleinere und
leistungsfähigere Instrumente hergestellt.
Anfangs war es aber nur die „Probiermethode“ – unterschiedliche Glassorten wurden dazu
ausprobiert – welche bei der Herstellung eine Rolle spielten. Dies änderte sich, als Joseph
Fraunhofer (1787 bis 1826) und der Glasmacher Pierre Louis Guinand (1748 bis 1824) sich
genauer damit beschäftigten. Von beiden erlangte ersterer sicherlich mehr Ansehen und
Berühmtheit. Auch heute noch ist in der Astronomie die FH- (Fraunhofer) Optik ein Begriff.
Fraunhofer beschäftigte sich mit dem Einfluss der chemischen Zusammensetzung auf die
Eigenschaften von Gläsern. Als er die Brechungseigenschaften für die einzelnen Farben
gesondert ermitteln wollte, entdeckte er im Farbspektrum der Sonne über 500 dunkle Linien,
die auch heute noch „Fraunhofer-Linien“ genannt werden. Sie treten bei der Spektralanalyse
auf, bei der chemische und physikalische Eigenschaften des Universums untersucht werden
können. Unter Fraunhofer entstanden die ersten Teleskope in Serienproduktion.
Leider war man mit der Größe der Linsen sehr eingeschränkt. Fraunhofer erzeugte damals
eine der größten achromatischen Linsen mit 38 Zentimetern Durchmesser für das
Observatorium in Petersburg. Deshalb war man nun bestrebt, die Entwicklung der
Reflektoren besser voranzutreiben. Der Chemiker Justus von Liebig (1803 bis 1873) erfand
im Jahr 1835 das chemische Versilberungsverfahren. Die bis dahin entstandenen
Teleskopspiegel waren alle aus poliertem Metall. In den Jahren 1856 und 1857 wurden nun
die ersten Teleskopspiegel aus Glas mit einer versilberten Oberfläche von Leon Foucault
(1818 bis 1868) hergestellt. Sie erbrachten anfangs aber nicht die erwarteten Leistungen und
es dauerte fast zwei Jahrzehnte, bis Isaac Roberts (1829 bis 1904) mit seinem 51 Zentimeter
Glasspiegelteleskop und fotografischen Aufnahmen der Andromeda-Galaxie37 weltweit
bekannt wurde. Von da an waren alle großen Himmelsforscher vom Leistungsvermögen des
Glasspiegels überzeugt. Die Glasspiegelteleskope setzten sich um die Jahrhundertwende nach
und nach zunächst in England, den USA und dann auch in Deutschland durch.
37
Spiralgalaxie - unserer Milchstraße sehr ähnlich
21
Kapitel 2
Geschichtliche Entwicklung der astronomischen Instrumente
So kam es auch, dass im Jahre 1897 das letzte große Linsenteleskop der Welt aufgestellt
wurde und auch jetzt noch zu den größten Linsenteleskopen zählt. Es wurde im Yerkes
Observatory in Wisconsin aufgestellt. Mit einem Linsendurchmesser von 102 Zentimetern ist
es auch heute noch das größte Linsenteleskop der Welt (siehe Abb.38 2.18). Das Ende der Ära
der großen Linsenteleskope war somit eingeläutet worden. In den großen Observatorien
hielten immer mehr die großen Spiegelteleskope Einzug.
Abbildung 2.18: Refraktor mit 102 Zentimetern
Durchmesser, Yerkes
Observatory 1897
38
vgl. [3, S. 22]
22
Kapitel 2
Geschichtliche Entwicklung der astronomischen Instrumente
2.5 20. bis 21. Jahrhundert – Zeitalter der modernen
Teleskope
Von 1910 bis 1960 waren die Amerikaner federführend, was die Erforschung des Himmels
betraf. Es entstanden damals die großen Observatorien an der amerikanischen Westküste. Die
bereits bestehenden Observatorien wurden mit noch größeren leistungsfähigeren Geräten
ausgestattet.
Im Jahr 1917 wurde am Mount Wilson in Kalifornien ein 2,5 Meter Teleskop in Betrieb
genommen. Im Jahre 1948 wurde auf dem Mount Palomar in Kalifornien der Bau eines 5
Meter Spiegels vollendet. Die Entwicklungen in der Physik und in der Technik brachten also
immer größere und leistungsstärkere Instrumente zu Tage. Erst der wirtschaftliche
Aufschwung in den sechziger Jahren kam der astronomischen Forschung Europas zugute und
im Jahr 1962 wurde die „Europäische Organisation für Astronomie“, auch ESO (European
Southern Observatory) genannt, gegründet. Heute sind schon an die zehn Länder daran
beteiligt. Sie zählt zu den weltweit bedeutendsten und größten astronomischen
Forschungszentren und ist im Norden Chiles stationiert. Die ESO gehört außerdem zu den
wichtigsten Einrichtungen in der Beobachtung des südlichen Sternenhimmels. Das ESOHauptquartier befindet sich heute in München-Garching.
Aber auch bei der Entwicklung immer größerer Spiegelteleskope stieß man sehr bald – wie
schon damals bei den Linsen – an die Grenzen des Machbaren. Bei der Errichtung eines sechs
Meter Spiegelteleskops im Kaukasus war man nun an eine Grenze gestoßen.39 Um
Verbiegungen vorzubeugen, hatte der Spiegel eine sehr große Masse und diese verhinderte in
der Nacht die schnellere Anpassung an die Umgebungstemperatur. Verformung der
Spiegelfläche war die Folge. Zudem brachte die große Masse des Spiegels eine aufwändige
Montierung mit sich, um die Stabilität des Teleskops zu gewährleisten.
Es dauerte bis in die 1980er Jahre, bis man mit Hilfe der fortschreitenden Computertechnik
auf neue Technologien setzen konnte. Es galt vor allem der Verformung aufgrund der großen
Spiegelmasse entgegenzuwirken. Es wurde das Prinzip der aktiven Optik40 verwendet. Heute
werden extrem dünne Spiegel hergestellt, die sich leicht verformen. Um dem
entgegenzuwirken ruht der Spiegel nicht mehr auf eine Trägerkonstruktion, sondern er ist
vielmehr mit einem Unterstützungssystem (siehe Abb.41 2.19) verbunden. Die einzelnen
Elemente, die mit einem Computer verbunden sind, registrieren jede kleine Verformung.
39
vgl. [3]
vgl. [7]
41
vgl. [7, S. 34]
40
23
Kapitel 2
Geschichtliche Entwicklung der astronomischen Instrumente
Durch schnelle Steuerbefehle an das Unterstützungssytem wirken sie den Verformungen
sofort entgegen. Beim Galileo-Teleskop auf den „kanarischen Inseln“ werden an die 78
solcher Korrekturelemente angewandt.42
Abbildung 2.19: Schematische Darstellung
der aktiven Optik
Das in den Jahren 1998 bis 2000 von der ESO im chilenischen Küstengebirge Paranal fertig
gestellte VLT (Very Large Telescope), verfügt sogar über 150 solcher Elemente.
Das VLT (siehe Abb.43 2.20) ist das zurzeit größte Spiegelteleskop und verfügt über vier
Spiegel, die je einen Durchmesser von 8,2 Metern haben. Die vier Spiegel können auch
unabhängig voneinander betrieben werden.
Mit den vier Großteleskopen könnte man zusammengeschaltet, also im Interferometriebetrieb,
ein rein rechnerisches Auflösungsvermögen eines 130-Meter-Teleskops erreichen44.
Abbildung 2.20: Das VLT (Very Large Telescope) der
ESO auf dem Cerro Paranal in Chile
42
vgl. [7]
vgl. [3, S. 30]
44
vgl. Microsoft Encarta 2003
43
24
Kapitel 2
Geschichtliche Entwicklung der astronomischen Instrumente
Bei der astronomischen Interferometrie beobachtet man einen Himmelskörper mit mehreren
Teleskopen und das Licht wird in einem gemeinsamen Fokus bzw. Brennpunkt
zusammengeführt. Werden die unterschiedlichen Lichtwege bis auf wenige Wellenlängen
ausgeglichen, treten im Fokus Interferenzstreifen auf. Diese enthalten die Information über
die Form des Körpers.45
Zwei weitere Riesenteleskope sind das von den Amerikanern betriebene Keck-Teleskop auf
Hawaii (siehe Abb.46 2.21) und das noch im Bau befindliche LBT (Large Binocular Telescope
– siehe Abb.47 2.22). Das Keck-Teleskop hat zwei Spiegel mit einem Durchmesser von zehn
Metern. Das LBT auf dem Mount Graham, welches ebenfalls von den Amerikanern, in
Kooperation mit deutschen Astronomen gebaut wird, ist gerade in Fertigstellung. Der erste
Spiegel wird im Jahre 2004 und der zweite im Jahre 2005 den Betrieb aufnehmen. Diese
Spiegel werden jeweils einen Durchmesser von 8,4 Metern haben.
Abbildung 2.21: Kuppeln von Keck 1 und
Keck 2, zwei 10 m Teleskope
auf dem Gipfel des Vulkans
Mauna Kea auf Hawaii
Abbildung 2.22: LBT (Large Binocular
Telescope) auf Mt. Graham
in Arizona. USA
Eine andere Technik als sie beim VLT angewandt wurde, ist jene, in der man große
Spiegelteleskope
aus
mehreren
Einzelspiegeln
(Multi-Mirror-Telescope)
oder
aus
zusammengesetzten Segmentspiegeln (Segment-Mirror-Telescope) herstellt. Der sphärische
Spiegel des HET (Hobby-Eberly-Telescope) am texanischen McDonald-Observtorium ist ein
Beispiel für ein Teleskop mit zusammengesetzten Segmentspiegeln. Es besitzt einen 11Meter-Spiegel, der aus 91 sechseckigen Segmentspiegeln entstanden ist48.
45
vgl. [8]
vgl. [9, S. 25]
47
vgl. [3, S. 31]
48
vgl. [3]
46
25
Kapitel 2
Geschichtliche Entwicklung der astronomischen Instrumente
Neben der Zunahme der Spiegeldurchmesser, gab es noch weitere Entwicklungsschritte beim
Teleskopbau, welche die Leistungen der Teleskope steigerten. Ein weiterer Fortschritt war die
Entwicklung der adaptiven Optik.
Durch diese Technik werden die sphärischen Einflüsse verringert. Die durch die
Erdatmosphäre hervorgerufenen Störungen können in Echtzeit durch verformbare Spiegel
korrigiert werden. Die adaptive Optik enthält einen Wellenfrontsensor, der das gestörte
Sternenlicht misst und über Computer den Spiegel für die Korrektur ansteuert. Mit dieser
Optik können Teleskope bei günstigen Wetterverhältnissen nahezu ihr theoretisches
Auflösungsvermögen49 erreichen.
Mit der Entwicklung der Raumfahrt kamen die Forscher auf eine andere Idee, die störenden
Einflüsse der Erdatmosphäre zu umgehen. Sie entwickelten Teleskope, die oberhalb der
Erdatmosphäre agieren sollten. Hierzu sei vor allem das Weltraumteleskop Hubble genannt,
das in Kooperation der beiden größten Raumfahrtorganisationen NASA (National
Aeronautics and Space Administration) und der ESA (European Space Agency) entwickelt
und gebaut wurde. Das Hubble-Teleskop (siehe Abb.50 2.23), benannt nach dem Wegbereiter
der modernen Kosmologie, Edwin Hubble (1889-1953), hob nach einer fast 15 jährigen
Planungs- und Bauphase im Jahre 1990 zu seiner Weltraummission ab. Leider stellte man
bald einen Fehler in der Optik fest, der durch ein falsches Schleifen des 2,4 Meter Spiegels
verursacht wurde. Erst mit einer Reparaturmission im Jahre 1993 konnte der Fehler behoben
werden, und das Hubble-Teleskop konnte ab diesem Zeitpunkt mit seiner Mission so richtig
beginnen. Seitdem wurde bzw. wird es noch immer seiner Aufgabe mehr als gerecht und
liefert schon über Jahre aufschlussreiche Bilder aus dem All.
Abbildung 2.23: Hubble-Teleskop
49
50
siehe Kapitel 3
vgl. [14, S. 91]
26
Kapitel 2
Geschichtliche Entwicklung der astronomischen Instrumente
In nächster Zukunft sind noch weitere Großprojekte geplant. Die ESO ist gerade bei der
Planung des OWL (Overwhelmingly Large Telescope) in der chilenischen Wüste. Es soll
einen Spiegeldurchmesser von 100 Metern haben und dadurch eine enorme Lichtstärke
erreichen. Sein Auflösungsvermögen soll 0,5 Millibogensekunden betragen.
Zum Vergleich: das menschliche Auge hat, wenn man den mittleren Spektralbereich
hernimmt, ein Auflösungsvermögen von 23 Bogensekunden. Ein anderes Projekt ist das
JWST (James Webb Space Telescope), Nachfolgerteleskop von Hubble, dessen Start für 2010
geplant ist.51
Zusammengefasst kann gesagt werden, dass meine Ausführungen auf den Bereich der
visuellen Astronomie beschränkt waren. Natürlich gibt es noch weitere Forschungsgebiete in
der Astronomie, die wichtige Beiträge zur Erforschung unseres Universums liefern. Sei es die
Sonnenforschung, die Spektroskopie der Sterne oder die vor allem in diesem Jahrhundert
entdeckte Radioastronomie. Insgesamt sind sie zu sehr wichtigen Bestandteilen der heutigen
Astronomie geworden. Doch das genauere Eingehen auf diese Teilgebiete würde den Rahmen
dieser Arbeit sprengen. Eines ist aber klar, durch die raschen Entwicklungen in der
Astronomie wird sich in nächster Zeit noch einiges tun. Die Menschheit kann somit gespannt
in die Zukunft, oder wie es eigentlich beim Blick durch ein Teleskop heißt, in die
Vergangenheit blicken.
51
vgl. [11]
27
Kapitel 2
Geschichtliche Entwicklung der astronomischen Instrumente
2.6 Beginn der Astrofotografie und deren Entwicklung
Neben den Entwicklungen der astronomischen Instrumente gab es noch eine große
wissenschaftliche Entdeckung, die als eines der größten Hilfsmittel in der Astronomie
bezeichnet werden kann. Die Rede ist von einer Errungenschaft, die im 19. Jahrhundert
entdeckt wurde und später auch in der Astronomie Einzug gehalten hat: die Fotografie.
Die fotografische Methode setzte sich um die Jahrhundertwende mehr und mehr gegenüber
den visuellen Beobachtungen durch. Es wurde die Möglichkeit geschaffen, auf Glasscheiben
auf denen eine lichtempfindliche Emulsion aufgebracht wurde, viele Sterne gleichzeitig zu
erfassen und sie auch für spätere Vergleiche aufzubewahren. Ein großer Vorteil war die
immer größer werdende Empfindlichkeit der Fotoplatten – so werden diese Glasscheiben
genannt – gegenüber den Augen.
Bereits im Jahr 1887 fand der erste Astrofotografische Kongress in Paris statt, in dem man
sich einigte, eine gesamte fotografische Dokumentation des Himmels vorzunehmen. Es wurde
ein Standardlinsenfernrohr, der so genannte Astrograf mit 34 Zentimetern Öffnung und einer
Brennweite von 3,4 Metern für diese Zwecke konzipiert.52
Ein sehr wichtiges Kriterium bei der Fotografie war das Öffnungsverhältnis. Bei einem
kleinen Öffnungsverhältnis des Teleskops hatte man ein größeres Gesichtsfeld und eine
größere Lichtstärke. Es wurden spezielle Fotobjektive für astronomische Zwecke entwickelt.
Durch die Ablöse der großen Linsenteleskope durch immer größer werdende Spiegelteleskope
stieß man aber auf ein Problem. Anders als eine Sammellinse produziert ein Parabolspiegel
nur in einem begrenzten Teil des Gesichtsfeldes wirklich scharfe Sternbilder. Für parallel zur
optischen Achse einfallenden Lichtstrahlen war die Fokussierung zwar perfekt, doch je größer
der Winkel der vom Stern ausgehenden Lichtstrahlen zur optischen Achse wurde, desto
schwieriger wurde das Fokussieren.
Die Lösung hatte Bernhard Schmidt (1879 bis 1935), indem er einen sphärisch geschliffenen
Spiegel verwendete, um die Randunschärfe des Parabolspiegels zu vermeiden. Die dadurch
auftretende sphärische Aberration überwand er durch eine im Krümmungsmittelpunkt des
Kugelspiegels angebrachte Korrektionslinse53. Auch heute erinnern uns die vielen SchmidtCassegrain-Teleskope54 im Amateurbereich an diesen großartigen Forscher. Der größte
Schmidt-Spiegel der Welt mit einer Öffnung von 134 Zentimetern steht in der Sternwarte
Tautenburg bei Jena.
52
vgl. [3]
vgl. [10]
54
siehe Kapitel 3
53
28
Kapitel 2
Geschichtliche Entwicklung der astronomischen Instrumente
Über die Jahre verbesserten sich immer mehr die Technik des Fotografierens und die
dazugehörigen Materialien, sodass großartige Bilder entstehen konnten.
Auch die Entwicklung in der Computertechnik brachte in der Astronomie einen weiteren
Vorteil. Die Fotoplatten wurden seit den 1980er Jahren, zumindest für kleinere Bildfelder bei
Direktaufnahmen und für die Spektroskopie, weitgehend durch moderne Technik ersetzt. Das
Zeitalter der elektronischen Detektoren hatte zu dieser Zeit begonnen. Es kamen so genannte
IDS (Image Dissector Scanner) zum Einsatz, welche das Bildfeld abtasten und das Licht
einem Photomultiplier55 zuführen.
Die größten Erfolge verzeichneten die Astronomen aber mit dem Einsetzen von
zweidimensionalen Bildspeichergeräten, wie den IPC (Image Proportional Counter)- und den
CCD (Charge Coupled Device)-Kameras. Wobei letztere wohl die größten Erfolge erzielen
konnten. In den letzten 15 Jahren wurden die herkömmlichen Fotoplatten zunehmen durch
diese lichtempfindlichen Empfänger, so genannten Halbleiterdetektoren ersetzt.
Diese Kameras besitzen CCD-Chips, oder auch auf Deutsch „Ladungsgekoppelte
Bauelemente“, die vor ca. 25 Jahren von W.S. Boyle und G.E. Smith entwickelt wurden. Die
zwei Forscher aus den Bell-Laboratorien in den USA hatten eigentlich ganz andere Absichten
mit dieser Entdeckung. Ursprünglich waren diese CCD-Chips für die Realisierung von
Schieberegistern und als analoge Speicher gedacht. So dauerte es einige Zeit, bis auch sie in
der Astronomie als Bilderfassungssystem eine Anwendung fanden.
Abbildung 2.24: CCD-Kamera so wie sie auch in
der Astronomie verwendet wird
55
dient zur Verstärkung in photoelektrischen Schaltungen
29
Kapitel 2
Geschichtliche Entwicklung der astronomischen Instrumente
Der große Vorteil dieser CCD-Chips ist wie schon erwähnt ihr lichtempfindlicher
Halbleiterchip. Moderne CCD-Kameras sind so empfindlich, dass sie nahezu jedes
einfallende Photon registrieren. Bei den Fotoplatten sind dagegen mehrere Photonen
erforderlich, um überhaupt
ein Silberkörnchen
in der
fotochemischen
Emulsion
56
freizusetzen.
Auch in der Amateurastronomie haben sich in den letzten Jahren immer mehr die CCDKameras durchgesetzt. Es gibt dazu auch regelmäßig CCD-Treffen, bei denen man sich
gegenseitig seine Erfahrungen erzählt. Ein großer Nachteil dieser Technik ist der Preis. Gute
CCD-Kameras sind ab ungefähr tausend Euros zu haben und das sprengt allzu oft das Budget
vieler Amateure.
Seit den letzten paar Jahren gibt es dazu eine Alternative. Im Zeitalter des Internet und der
Internettelephonie haben sich so genannte Webcams, entwickelt. Das sind Kameras, mit denen
man kurze Videos aufnehmen oder sogar Videokonferenzen abhalten kann. In diesen
Webcams befinden sich ebenfalls solche CCD-Chips. Sie sind zwar kleiner als die CCDChips von speziellen „CCD-Astrokameras“, doch im Preisleistungsverhältnis liegen sie weit
voran. Kostet doch eine Webcam nur ein zehntel von dem, was eine „CCD-Astrokamera“
(siehe Abb.57 2.24) kostet. Natürlich ist aber auch der Einsatzbereich – er beschränkt sich eher
auf die Aufnahmen von Planeten und sehr hellen Himmelsobjekten – eingeengt, aber für eine
„kleinere Geldbörse“ das ideale Werkzeug in der Astrofotografie.
Diese neue Technik will ich in meiner Arbeit detailliert vorstellen. In den nächsten Kapiteln
sollen Handhabung und Funktionsweise der Webcam ausführlich beschrieben werden.
56
57
vgl. [3]
vgl. [7, S. 31]
30
Kapitel 3
Webcam-Astronomie
In der Amateurszene setzte sich die CCD-Technik in den letzten Jahren immer mehr gegen
die herkömmliche Fotografie durch. Aufgrund der größer werdenden Lichtempfindlichkeit
dieser kleinen Halbleiterchips können immer bessere Ergebnisse erzielt werden. Die daraus
resultierenden immer kürzer werdenden Belichtungszeiten erlauben, die störenden
Luftbewegungen (auch „Seeing“ genannt) fast ganz auszuschalten. Weitere Vorteile ergeben
sich durch die Möglichkeiten der digitalen Ansteuerung. Die rasche Entwicklung in der CCDund der Computertechnik lassen die Astrokameras immer leistungsfähiger werden und
eröffnen dadurch immer mehr Einsatzmöglichkeiten. Der große Nachteil solcher CCDAstrokameras ist ihr Preis. CCD-Kameras besserer Qualität sind erst ab 1000 € zu haben.
Durch die doch eher schlechte finanzielle Lage der Schulen wird es wohl selten sein, dass sie
sich solche Kameras leisten können.
In den letzten Jahren hat sich aber eine Technologie entwickelt, die es erlaubt, zu einem
vernünftigen Preis diese Technik trotzdem zu nützen. Die Rede ist von den Webcams, die mit
der Entwicklung des Internets entstanden sind. Manche Webcams sind nämlich schon mit so
genannten CCD-Chips ausgestattet. Webcams sind im Vergleich zu den CCD-Astrokameras
um einiges preiswerter und dadurch für Schulen eine interessante Alternative. Mit der
Webcam hat man in der Schule die Möglichkeit, den Schülern Astronomie auf eine andere
Art näher zu bringen.
Für den Einsatz der Webcam im Unterricht gibt es drei wesentliche Voraussetzungen, die
erfüllt sein müssen.
31
Kapitel 3
Webcam-Astronomie
Man braucht:
•
Teleskop und Zubehör
•
Webcam (+ IR-Sperrfilter58)
•
Computer und Nachbearbeitungssoftware
Stehen diese Dinge zur Verfügung, ist einem interessanten Physik- bzw. Astronomieunterricht
nichts mehr in den Weg gelegt.
In diesem Kapitel wird auf die benötigten Voraussetzungen genauer eingegangen. Es werden
die in Schulen wohl am ehesten anzutreffenden Teleskope, die Webcam, die enthaltene CCDTechnik und ihre Handhabung genauer vorgestellt.
Am Ende des Kapitels werden noch die Aufnahmeergebnisse gezeigt und die für den
Schulunterricht möglichen Beobachtungsobjekte vorgestellt.
3.1 In der Schule häufig verwendete Fernrohre und
Teleskope
Manche Schulen sind schon mit einer richtigen Sternwarte ausgerüstet und setzen diese auch
gezielt im Unterricht ein.59 Schulen, die nicht so gut ausgestattet sind, haben aber die
Möglichkeit sich in ihrer näheren Umgebung umzusehen. Oft gibt es öffentliche oder private
Sternwarten, die von astronomischen Vereinigungen betreut werden und ganz in ihrer Nähe
sind. Diese könnten sicherlich besucht werden, denn die Betreiber freuen sich immer wieder
über jegliches Interesse aus der Öffentlichkeit.
In diesem Punkt sollen nun die gängigsten Teleskoparten vorgestellt werden, die – wenn
vorhanden – am häufigsten in Schulen oder Sternwarten vorkommen. Es gibt zwei Hauptarten
von Teleskopen. Das wären zum einen die Refraktoren (Linsenteleskope) und zum anderen
die Reflektoren (Spiegelteleskope). Beide Typen kommen in den Schulen zum Einsatz.
Refraktor
Ein Refraktor enthält eine oder mehrere Linsen, welche das Licht sammeln und eine
Abbildung erzeugen.
58
59
Ein Infrarot (IR) –Sperrfilter blockt die Infrarotstrahlung ab – näheres unter Abschnitt 3.2.2
siehe Kapitel 4 – BRG Kepler Schulsternwarte
32
Kapitel 3
Webcam-Astronomie
Bei sehr billigen Geräten, wie man sie oft in Kaufhäusern erhält, besteht das Objektiv60 aus
einer Einzellinse. Diese Einlinsensysteme sind mit einigen Abbildungsfehlern, wie zum
Beispiel der chromatischen – oder auch der sphärischen Aberration61 behaftet.
Um den Farbfehler zu korrigieren sind die meisten etwas besseren Fernrohre bereits mit
einem Fraunhofer-Objektiv (FH-Objektiv) ausgestattet (siehe Abb.62 3.1). Diese nach dem
Erfinder Josef Fraunhofer63 benannten Objektive sind zweilinsig.
Solche Linsensysteme, welche die chromatische Aberration auf diese Weise verringern,
werden auch Achromaten genannt.
Abbildung 3.1: Fraunhofer-Refraktor
Werden „Drei“ –oder sogar „Vierlinser“ verwendet, spricht man von so genannten
Apochromaten (farbfehlerfrei). Der große Nachteil dieser mehrlinsigen Systeme ist die
komplizierte Herstellung und der dadurch sehr stattliche Preis. Deshalb nehmen die meisten
Amateurastronomen lieber kleinere Abbildungsfehler in Kauf, bevor sie doch einige tausend
Euro mehr investieren.
Newton-Reflektor
Dieses Spiegelteleskop, nach der Bauform von Newton, erzeugt die optische Abbildung
alleine durch Reflexion. Hauptbestandteil des Newton-Reflektors sind zwei Spiegel. Einer
davon ist der Hauptspiegel, der zur Vermeidung von Bildfehlern meist parabolisch
geschliffen wird. Die von ihm reflektierten Strahlen werden kurz vor dem Brennpunkt von
einem kleinen um 45° geneigten Fangspiegel seitlich aus dem Tubus64 gelenkt.
60
siehe Abschnitt 3.1.1
siehe Abschnitt 3.1.2
62
vgl. [14, S. 14]
63
siehe Kapitel 2
64
jene Röhre, die beim Teleskop das Objektiv und das Okular miteinander verbindet
61
33
Kapitel 3
Webcam-Astronomie
Der Beobachter muss nun seitlich in das Teleskop hineinblicken (siehe Abb.65 3.2). Der große
Vorteil gegenüber Linsenfernrohren ist das farbreine Bild des reflektierten Lichtstrahls.
Abbildung 3.2: Newton-Reflektor
Es gibt aber auch Nachteile bei der Verwendung von Newton-Reflektoren. Der vor dem
Hauptspiegel im einfallenden Licht sitzende kleine Fangspiegel sorgt für Lichtverlust infolge
von Abschattung (Obstruktion). Beim Vergleich der üblichen Fläche des Fangspiegels und die
des Hauptspiegels stellt man fest, dass der Lichtverlust aber nur minimal ist. Beim typischen
Newton-Teleskop für Einsteiger (Hauptspiegeldurchmesser 114 mm und Brennweite 900
mm) ist der Fangspiegel rund 25 mm groß. So bewirkt dessen Fläche durch Abschattung
einen unmerklichen Lichtverlust von nur 4,8%.66 Gravierender ist da schon die durch den
Fangspiegel und dessen Haltestreben hervorgerufene Lichtbeugung.
Diese sorgt für eine leichte Unschärfe und Kontrastminderung, was wiederum die
Leistungsfähigkeit des Teleskops herabsetzt. Es gilt dafür eine Faustformel, die folgendes
besagt: ein Newton Teleskop leistet höchstens soviel wie ein Linsenfernrohr folgender Größe
Hauptspiegeldurchmesser – Fangspiegeldurchmesser.
Cassegrain-Reflektor
Neben dem Newton-Teleskop mit seitlichem Einblick gibt es noch eine weitere
Grundbauform des Spiegelteleskops. Bei dieser Bauform ist der Hauptspiegel im Zentrum
durchbohrt und der Fangspiegel wirft das gebündelte Licht in die Richtung des Hauptspiegels
zurück. Die Einblickposition entspricht somit der eines Refraktors.
Beim klassischen Cassegrain-System besteht der Hauptspiegel aus einem parabolischen und
der Fangspiegel aus einem hyperbolischen Spiegel. Durch die kurze Brennweite des
Hauptspiegels erreicht man eine sehr kompakte Bauweise.
65
66
vgl. [14, S. 14]
vgl. [14, S. 17]
34
Kapitel 3
Webcam-Astronomie
Bei diesen erwähnten Bauarten (Newton– und Cassegrain-Teleskop) gibt es aber einen
wesentlichen Nachteil. Der Nachteil der beiden Systeme ist die Bauweise des offenen Tubus.
Durch den offenen Tubus kommt es bei der Tubusöffnung zu Luftturbulenzen, die durch
unterschiedliche Lufttemperaturen innerhalb und außerhalb des Tubus zustande kommen.
Diese flimmernde Luft führt dann zu einer Bildverschlechterung.
Um die soeben geschilderten Effekte des Luftaustausches und die vorher erwähnte
Lichtbeugung an den Streben der Fangspiegelhalterung zu verringern, stellt man Tubusse her,
die nach vorne hin mit einer Glasplatte abgeschlossen werden. Solche Systeme werden auch
katadioptrische Systeme genannt.
Ein katadiotrisches Spiegelteleskop ist kein reinrassiges Spiegelteleskop, denn es befindet
sich zusätzlich ein linsenähnlicher Glaskörper im Strahlengang.
Die Vorsilben „kata“ (herunterbrechen) und „di“ (zwei) weisen schon darauf hin, dass man es
hier mit zwei optischen Systemen (Linsen und Spiegel) zu tun hat. Ein typischer und vor
allem weit verbreiteter Vertreter dieses Typs ist das Schmidt-Cassegrain-Teleskop.
Schmidt-Cassegrain-Teleskop (siehe Abb.67 3.3)
Bei diesem Teleskoptyp wird das Problem der sphärischen Aberration durch eine
Korrektionsplatte (Schmidt-Platte) korrigiert. Diese Korrektur erlaubt die Benutzung eines
Hauptspiegels mit einem hohen Öffnungsverhältnis68. Vor allem amerikanische Hersteller
haben dieses für den Amateurbereich sehr zweckmäßige Teleskop in großen Mengen und
zahlreichen Variationen auf den Markt gebracht.
Abbildung 3.3: Schmidt-Cassegrain-Teleskop
67
68
vgl. [14, S. 14]
siehe Abschnitt 3.1.1
35
Kapitel 3
Webcam-Astronomie
3.1.1 Wichtige Kenngrößen bei Teleskopen
Es ist wichtig über die verschiedenen Arten und Bauweisen von Teleskopen bzw. Fernrohren
Bescheid zu wissen. Aber ebenso wichtig ist es, bestimmte physikalische Kenngrößen dieser
Instrumente zu kennen.
Das Objektiv ist die abbildende Optik und fast der wichtigste Teil des Fernrohrs bzw.
Teleskops. Für die Leistung ist der Objektivdurchmesser (Öffnung des Teleskops) der wohl
wichtigste physikalische Parameter. Je größer dieser ist, desto mehr Licht kann das Fernrohr
sammeln. Wie wir später noch sehen werden, ist auch das Auflösungsvermögen
(Detailschärfe) des Fernrohres von der Größe des Objektivdurchmessers abhängig.
Ein weiteres wichtiges Merkmal des Objektivs ist seine Brennweite. Sie gibt an, welche
grundsätzlichen
Vergrößerungsmöglichkeiten
bei
den
Spiegelteleskopen
bzw.
Linsenfernrohren bestehen. Für die Leistung ist sie aber weniger entscheidend.
Das Öffnungsverhältnis (bei Fotoobjektiven die „Blende“) ist wesentlich entscheidender. Es
drückt das Vielfache der Objektivbrennweite im Verhältnis zum Objektivdurchmesser aus.69
Ist Dobj der Objektivdurchmesser und ist fobj die Brennweite des Objektivs, dann lässt sich
das Öffnungsverhältnis O wie folgt berechnen: 70
O = f obj Dobj
(3.1)
Das Linsenfernrohr der Schulsternwarte des BRG Kepler71 (Dobj=150mm; fobj=1210mm) hat
das Öffnungsverhältnis f:8 und das Cassegrain Spiegelteleskop (Dobj=320mm;
fobj = 4760mm) ein Öffnungsverhältnis von f:15.72
Die Vergrößerung eines Teleskops bzw. Fernrohrs ist jener Faktor, um den das von seinem
optischen System erzeugte Bild gegenüber dem mit bloßem Auge betrachteten Bild
vergrößert worden ist. Die Vergrößerung V errechnet sich nach folgender Formel: 73
V = f obj f ok
(3.2)
Dabei sei mit fok die Brennweite des Okulars gemeint.
69
vgl. [14]
vgl. [5, S. 81]
71
siehe Kapitel 4 – Schulpraktischer Teil
72
siehe Internetadresse http://www.brgkepler.at/sternwarte/instrumentarium.asp
73
vgl. [5, S. 82]
70
36
Kapitel 3
Webcam-Astronomie
Für unterschiedliche Vergrößerungen werden nun Okulare mit verschiedenen Brennweiten
verwendet. Leider misst man der Vergrößerung oft allzuviel an Bedeutung bei. Höhere
Vergrößerungen können zwar mehr Details zeigen, jedoch ist eine zu hohe Vergrößerung
auch oft mit negativen Begleiterscheinungen behaftet. Folgende Punkte sollen dies zeigen. Je
höher die Vergrößerung um so:
•
lichtschwächer wird das Bild
•
kleiner wird der Bildausschnitt am Himmel
•
stärker wird die Luftunruhe mitvergrößert
•
stärker tritt das Zittern eines schlecht montierten Fernrohres in Erscheinung
Deshalb ist es besser, mit der Vergrößerung zwischen der minimalen- und der maximalen
Vergrößerung zu bleiben. Um diese gerade erwähnten Grenzen genauer definieren zu können,
ist es wichtig, noch eine Kenngröße einzuführen.
Als AP (AustrittsPupille) wird der Durchmesser der Austrittspupille bezeichnet. Dabei
handelt es sich um den Durchmesser des aus dem Okular austretenden Lichtbündels. Um eine
bestmögliche Bildhelligkeit zu erreichen, sollte deshalb bei allen astronomischen
Beobachtungen
die
Austrittspupille
etwas
kleiner
als
die
Augenpupille
AE
(AugenEintrittsöffnung) sein.
Ist nämlich AP größer als AE, geht ein Teil des einfallenden Lichtes an der Regenbogenhaut
des Auges verloren.74
Zu berücksichtigen ist, dass der Durchmesser der Augenpupille mit dem Lebensalter
abnimmt, wie folgende Tabelle (siehe Abb.75 3.4) zeigen soll.
Abbildung 3.4: Diese Tabelle zeigt, dass der Durchmessers der Augenpupille
über die Jahre hinweg abnimmt
74
75
vgl. [6, S. 32]
vgl. [6, S. 31]
37
Kapitel 3
Webcam-Astronomie
Die Austrittspupille AP lässt sich wie folgt berechnen: 76
AP = Dobj [ mm ] V
(3.3)
Um die noch sinnvolle Minimalvergrößerung Vmin zu berechnen, nimmt man diese Formel
und ersetzt die Austrittspupille AP durch die Augenpupille AE. Man erhält durch umformen
von (3.3): 77
Vmin = Dobj [mm] AE
(3.4)
Nimmt man jetzt als Rechenbeispiel das 6“ Linsenteleskop (Dobj=150mm) der
Schulsternwarte des BRG Kepler und eine Augenpupille AE von 7mm (entspricht dem
Augenpupillendurchmesser bei ca. 30 Jährigen), ergibt sich eine Minimalvergrößerung von
21,5. Das heißt, dass eine Vergrößerung unter diesen Wert nicht sinnvoll wäre.
Bei der Maximalvergrößerung Vmax wirkt das Auge als begrenzendes Element. Das
menschliche Auge kann gerade noch Details von rund 0,5mm Abstand unterscheiden.
Dadurch lässt sich eine sinnvolle Vergrößerung wie folgt angeben: 78
Vmax = 2 ⋅ Dobj [mm]
(3.5)
Wenn wir nun wieder als Rechenbeispiel das 6“ Linsenteleskop (Dobj=150mm) hernehmen,
kommt man auf einen Wert von 300-fach sinnvoller maximaler Vergrößerung. Dieser Wert ist
aber sehr von den Luftverhältnissen und von der Qualität der Verarbeitung der optischen
Teile abhängig. In den meisten Fällen bleibt er nur ein theoretischer Wert.
Eine weitere grundlegende Kenngröße ist das Auflösungsvermögen θ des Teleskops. Es ist
abhängig von der Öffnung des Teleskops. Das Auflösungsvermögen ist direkt proportional
zur Wellenlänge λ des beobachteten Lichtes und indirekt proportional zur Öffnung des
Teleskops.
76
vgl. [14, S. 80]
vgl. [14, S. 81]
78
vgl. [14, S. 81]
77
38
Kapitel 3
Webcam-Astronomie
Das Auflösungsvermögen θ eines Teleskops wird in Bogensekunden angegeben und errechnet
sich aus: 79
Θ = (1,22 ⋅ λ Dobj ) ⋅ 206265"
(3.6)
Der Wert 206265“ ergibt sich durch die Umrechnung aus dem Bogenmaß (Radiant) in
Bogensekunden. 80
1rad = 3600 ⋅ 180 π = 206265"
(3.7)
Der Wert 1,22 (Radiant) beschreibt den minimalen Abstand, bei dem zwei gleich helle
Beugungsscheibchen (Airy-Scheiben) noch getrennt erscheinen. Nach Rayleigh ist dies die
größtmögliche Annäherung zweier Sternscheibchen, die man noch getrennt erkennen kann,
bevor sie den Anschein erwecken, miteinander verschmolzen zu sein. Man bezeichnet die
obige Formel (3.6) daher oft als „ Rayleigh-Kriterium“.81 Um wieder eine Abschätzung für
die Größe des Auflösungsvermögens zu bekommen, errechnen wir es am Beispiel des 6“
Linsenteleskops. Für den Wert λ nehmen wir 550nm (grünes Licht), denn dort ist das
menschliche Auge am empfindlichsten. Dobj setzen wir noch in Meter ein (also: 0,15m) und
erhalten dann:
Θ = (1,22 ⋅ 550 ⋅ 10 −9 0,15) ⋅ 206265" = 0,92"
Würden also zwei Sterne einen Abstand von 0,92“ haben, könnte man sie mit diesem
Fernrohr (Dobj=150mm) noch als getrennt wahrnehmen.
3.1.2 Häufig auftretende Abbildungsfehler
Verschiedene optische Hilfsmittel, seien es nun Spiegel oder Linsen, neigen zu bestimmten
Bildfehlern, die man als optische Aberrationen bezeichnet. Es gibt verschiedene Arten solcher
Aberrationen, die im Folgenden kurz vorgestellt werden sollen.
79
vgl. [14, S. 114]
vgl. [5, S. 83]
81
vgl. [14, S. 111]
80
39
Kapitel 3
Webcam-Astronomie
Sphärische Aberration (siehe Abb. 2.8 – Kapitel 2)
Dieser Fehler, der auch Öffnungsfehler genannt wird, tritt bei Spiegelteleskopen und
Linsenfernrohren auf. Die äußeren Zonen einer Linse oder eines Spiegels haben eine kürzere
Brennweite als die mittleren Zonen, was zu einer unscharfen Abbildung führt.
Bei Linsenfernrohren kann der Fehler korrigiert werden, in dem man eine Linsenkombination
aus einer Sammel- und Zerstreuungslinse verwendet (viele optische Instrumente benützen
sogar mehrere Linsenkombinationen).
Bei Reflektoren kann man mit Hilfe eines Parabolspiegels diesen Fehler umgehen.82
Chromatische Aberration (siehe Abb. 2.9 – Kapitel 2)
Dieser Fehler ergibt sich aus der Tatsache, dass der Brechungsindex von Glas von der
Wellenlänge abhängt. Kurzwelliges Licht (blaues Licht) wird stärker gebrochen als
langwelliges Licht (rotes Licht).
Durch
Verwendung
von
Achromaten,
also
zwei
Linsen
mit
unterschiedlichem
Brechungsindex, kann dieser Abbildungsfehler minimiert werden.
Beide Abbildungsfehler beziehen sich auf achsenparallel einfallende Lichtbündel. Es gibt
auch Abbildungsfehler, die bei schräg einfallendem Licht auftreten können.
Koma
Bei diesem Abbildungsfehler erscheinen die Bilder punktförmiger Objekte (Sterne)
kometenförmig. 83
Astigmatismus
Dieser Bildfehler kommt daher, dass für schief einfallende Lichtstrahlen das Objektiv kein
Kreis, sondern eine Ellipse ist. Dadurch erfolgt die Abbildung nicht in einen Punkt, sondern
in zwei Brennebenen.
Bildfeldwölbung
Parallele Lichtbündel die gegen die Achse geneigt sind, werden nicht in einer Ebene
abgebildet.
82
83
vgl. [7, S. 32]
vgl. [5]
40
Kapitel 3
Webcam-Astronomie
3.1.3 Montierung
Alle Teleskope auf der Erdoberfläche brauchen eine Tragekonstruktion. Zwei zueinander
senkrechte Achsen müssen drehbar gelagert sein, um das Teleskop exakt auf bestimmte
Punkte am Himmel ausrichten zu können.
Um das Teleskop den Himmelsobjekten - die scheinbar über den Himmel wandern nachführen zu können, ist eine stabile Montierung unbedingt nötig.
Grundsätzlich gibt es zwei unterschiedliche Typen:
•
Azimutale Montierung (siehe Abb.84 3.5): Diesen Typ kennt man von Foto- oder
Videostativen. Die Bewegung um die Altitude (Höhenachse) erfolgt durch „nach
Oben“ oder „Unten schwenken“. Bewegungen parallel zum Horizont (nach links
oder rechts drehen) nennt man Drehung um den Azimut (Horizontalachse). Bei
dieser Montierung muss man beide Achsen nachführen, um das Objekt im
Gesichtsfeld behalten zu können. Ohne Nachführmotor ist mit dieser Montierung
das Aufnehmen mit der Webcam nicht zu empfehlen.
Abbildung 3.5: Azimutale Montierung
84
vgl. [17, S. 26]
41
Kapitel 3
•
Webcam-Astronomie
Parallaktische bzw. Äquatoriale Montierung (siehe Abb.85 3.6): Diese Montierung
erlaubt, dass Sterne nur mit einer Drehbewegung verfolgt werden können. Hier zeigt
eine Achse (Polachse) auf den nördlichen Himmelspol. Das ist jener Punkt, um den
die Sterne scheinbar rotieren. Die Achse um die man das Teleskop nachführt, wird
parallel zur Erdachse ausgerichtet (geographische Breite einstellen). Diese Art der
Montierung ist vor allem bei der Himmelsfotografie oder speziell beim Einsatz der
Webcam von großem Vorteil. Falls kein Nachführmotor vorhanden ist, braucht man
nur in einer Achse nachführen. Voraussetzung dafür ist die genaue Ausrichtung zum
Himmelspol.
Abbildung 3.6: Äquatoriale Montierung
85
vgl. [17, S. 26]
42
Kapitel 3
Webcam-Astronomie
3.1.4 Zubehör
Zu den wichtigsten Teilen gehören sicherlich die Okulare. Mit den Okularen wird das von der
Teleskoplinse oder dem Hohlspiegel gewonnene Bild vergrößert. Sinnvoll sind drei bis vier
Okulare. Zwei davon sollten für die Maximal– und Minimalvergrößerung und ein bis zwei für
den Zwischenbereich Verwendung finden. Okulare sind bei Benützung der Webcam
besonders für die vorher nötige Bildeinstellung sehr wichtig.
Ein weiteres wichtiges Zubehör ist die Barlowlinse. Sie soll die Fernrohrbrennweite und
damit die Vergrößerung, um einen gewünschten Faktor verlängern.
Der Zenitspiegel bzw. das Zenitprisma ist ein Zubehör, das vor allem bei der visuellen
Beobachtung nicht fehlen sollte. Da sich bei den Refraktoren und den Schmidt-CassegrainTeleskopen der Einblick hinter dem Teleskop befindet, ist besonders das Beobachten der
Objekte im Zenit sehr anstrengend. Da wird einem die Wichtigkeit eines solchen Teiles
schnell klar. Bei der Benützung der Webcam braucht man dies nicht unbedingt.
Filter gibt es für die verschiedenen Beobachtungsvorhaben (Sonne, Mond und Planeten).
Diese sind aber mit besonderer Vorsicht auszuwählen. Vor allem bei der Sonnenbeobachtung
ist die richtige Wahl des Filters sehr wichtig.
Der Sucher auf dem Teleskop ist ebenfalls von großer Bedeutung. Da das Teleskop auch bei
schwächster Vergrößerung nur einen kleinen Ausschnitt (auch Blickfeld genannt) des
Himmels zeigt, wird grundsätzlich die Suche nach den Beobachtungsobjekten erschwert. Ein
Sucherfernrohr, das eine geringere Vergrößerung und damit ein größeres Blickfeld aufweist,
kann dabei die Sache wesentlich erleichtern.
Auch Taukappen, die das Beschlagen bei Schmidt-Cassegrain-Teleskopen verhindern, sollten
bei langen Beobachtungen nicht fehlen.
In letzter Zeit kann auch die Webcam als wichtiges Zubehörteil dazugezählt werden. Hier
bieten sich die Philips ToUCam 740K oder vergleichbare Modelle an. Für meine Arbeit
verwendete ich die Philips ToUCam 740K.
43
Kapitel 3
Webcam-Astronomie
3.2 Alles rund um die Webcam
Mit Hilfe der Webcam wurde eine neue Ära der Planetenfotografie eingeleitet. Auch zur
Beobachtung der Sonne (Achtung, nur mit Sonnenfiltern!!) oder des Mondes, stellt sie eine
hervorragende Alternative zur sonst so teuren CCD-Astrokamera dar.
Aufgrund der begrenzt verstellbaren Belichtungszeit ist ihr Einsatzbereich aber auch etwas
eingeschränkt. Der Webcam stehen nur die helleren Objekte wie
• Sonne
• Mond
• Planeten
• hellere Doppelsterne
• Sternhaufen? (bei günstigen Beobachtungsabenden und
Beobachtungsplätzen)
zur Verfügung. Diese sind aber für den Schulalltag völlig ausreichend und bieten genügend
Stoff für den Unterricht.
Für lichtschwächere Objekte müsste die Kamera elektronisch umgebaut werden, um die
Belichtungszeiten zu verlängern (längere Belichtungszeiten sind für Deep-Sky-Objekte
notwendig). Zusätzlich müsste sie durch die längeren Belichtungszeiten gekühlt werden. Für
meine Arbeit benutzte ich die nicht modifizierte Webcam Philips ToUCam 740K. Es können
natürlich auch andere Webcams verwendet werden. Man sollte nur darauf achten, dass die
Webcam mit einem „richtigen“ CCD-Chip und nicht mit einem auf CMOS(Complementary
Metall-Oxid-Semiconducter)-Technik basierenden CCD-Chip ausgestattet ist. Ein mit
CMOS-Technik ausgestatteter CCD-Chip weist ein stärkeres Rauschen auf und hat auch eine
geringere Lichtempfindlichkeit als ein „richtiger“ CCD-Chip. 86 Die Philips ToUCam ist mit
einem „richtigen“ CCD-Chip ausgestattet und wird auch in der „Amateur-Astroszene“ am
häufigsten verwendet. Mittlerweile gibt es schon das Nachfolgemodell (Philips ToUCam
840K) der Philips ToUCam 740K, welches sich aber nur im Aussehen vom Vorgänger
unterscheidet. Berichten zur Folge sind Funktion und Bildqualität gleich geblieben.
86
näheres siehe Abschnitt 3.2.1.1
44
Kapitel 3
Webcam-Astronomie
Die Philips ToUCam (siehe Abb. 3.7) besteht aus einem Plastikgehäuse und einer
eingeschraubten Optik. Sie kann über einen USB-Port mit dem Computer verbunden werden.
Wenn man das Gehäuse aufschraubt, zeigt sich auf einer Platine der CCD-Chip (siehe Abb.
3.8) – das Herzstück der Webcam.
Abbildung 3.7: Philips ToUCam 740K
Abbildung 3.8: Platine mit darauf befindlichem
CCD-Chip
45
Kapitel 3
Webcam-Astronomie
3.2.1 CCD-Technik
Die Abkürzung CCD (Charge Coupled Device) stammt aus Amerika und heißt übersetzt
soviel wie „Ladungs-Kopplungs-Einheit“.
Das Grundprinzip eines CCD-Bildaufnahmesystems ist mit dem einer normalen Filmkamera
vergleichbar. Der Unterschied liegt in der Bildaufnahme und Bildausgabe. Bei der
Filmkamera wird der fotoempfindliche Film zum Objektiv bewegt, belichtet und
abtransportiert. Das Filmmaterial wird über mechanische Teile zu den Filmrollen
transportiert, wo die Information dann gelagert wird.
Bei der CCD-Technik wird nichts mechanisch bewegt. Auf dem CCD-Sensor wird das durch
das Objektiv einfallende Licht abgebildet. Die Lichtinformation wird durch den inneren
Fotoeffekt87 als elektrische Ladung gespeichert und nun rein elektronisch durch eine zentrale
Ablaufsteuerung abtransportiert.88
3.2.1.1 Aufbau und Funktion der Photodetektoren in CCD-Zellen
Ein
CCD-Chip
besteht
aus
einer
geometrischen
Anordnung
vieler
einzelner
lichtempfindlicher Halbleiterzellen89, den so genannten Pixel (picture elements). So ein
Einzelpixel hat eine definierte geometrische Abmessung und ist in der Größenordnung von
einigen Mikrometern Länge und Breite (1µm entspricht 10-6m – bei der Philips ToUCam hat
ein Pixel die Abmessungen: 5,6µm (Horizontal)*5,6µm (Vertikal)90).
Fällt nun Licht auf eine dieser Zellen, wird eine Ladung aufgebaut, die umso größer ist, je
länger die Zelle sich im Belichtungsmodus (auch Integrationsmodus genannt) befindet.
87
dieser Effekt wird vor allem bei Isolatoren und Halbleitern beobachtet; die durch Photonen angeregten
Elektronen verlassen das Material nicht (deshalb der Name „innerer Fotoeffekt“), sondern werden vom
Valenzband in das Leitungsband angehoben
88
siehe Abschnitt 3.2.1.2
89
als Halbleitermaterialen werden meist Silizium und Germanium verwendet
90
siehe Internetseite http://home.arcor.de/mariow1/webcam.htm – Link zu CCD-Chip der Firma Sony
46
Kapitel 3
Webcam-Astronomie
Photogeneration
Da in Halbleitern nur wenig freie Ladungsträger in den Bändern vorhanden sind, können
zusätzlich durch Absorption von Photonen Elektronen-Loch Paare erzeugt werden. Diesen
Vorgang nennt man auch Photogeneration 91 (siehe Abb.92 3.9).
Abbildung 3.9: Strahlengang durch einen Halbleiter
Die Energie der Photonen
E = h ⋅ν ,
wobei
h=6,626*10-34Js das Plancksche Wirkungsquant93 ist, muss dabei größer sein als der
Bandabstand ∆W, um ein solches Ladungsträgerpaar erzeugen zu können (siehe Abb.94 3.10).
Das ν ist dabei die Frequenz des eingestrahlten Lichtes.
Abbildung 3.10: Photogeneration
in einem Halbleiter
Abbildung 3.11: Photogeneration in
einem n-dotierten
Halbleiter
91
vgl. [23]
vgl. [23]
93
vgl. [16, S. 572]
94
vgl. [23]
92
47
Kapitel 3
Webcam-Astronomie
Um noch leichter freie Ladungsträger erzeugen zu können, werden viele Halbleiter bewusst
verunreinigt (dotiert). Es gibt die Möglichkeit einer n-Dotierung und einer p-Dotierung. Bei
der n-Dotierung wird zum Beispiel das vierwertige (vier Valenzelektronen) Siliziumkristall
mit fünfwertigen (fünf Valenzelektronen) Fremdatomen „verschmutzt“. An bestimmten
Stellen wird einfach ein Siliziumatom durch solch ein Fremdatom ersetzt und da dieses fünfte
Elektron dann jeweils überzählig ist (findet keinen Partner zur Bindung), wandert es auf einen
Zwischengitterplatz ab. Aus diesem Grund entsteht eine elektrische Leitfähigkeit durch die
negativen Elektronen und man spricht deshalb auch von einer n-Leitfähigkeit (siehe Abb.95
3.12).
Abbildung 3.12: n-Dotierung (hier wurde ein
Siliziumkristall mit Zinn (Sb)
verunreinigt)
Abbildung 3.13: p-Dotierung (hier wurde ein
Siliziumkristall mit Indium
(In) verunreinigt)
Bei der p-Dotierung wird der Siliziumkristall mit dreiwertigen (drei Valenzelektronen)
Fremdatomen dotiert. Es entstehen „Löcher“ (Defektelektronen), die nun Elektronen
aufnehmen können. Somit entsteht wieder eine elektrische Leitfähigkeit, da Elektronen von
Loch zu Loch wandern können. Diese Löcher verhalten sich wie positive Ladungen und man
spricht deshalb auch von einer p-Leitfähigkeit (siehe Abb.96 3.13).
Bei dotierten Halbleitern muss eine geringere Energiedifferenz zwischen Leiterbandkante WL
und dem Donatorniveau WD überwunden werden, um ein Ladungsträgerpaar zu erzeugen
(siehe Abb.97 3.11).
95
vgl. [15, S. 110]]
vgl. [15, S. 111]
97
vgl. [23]
96
48
Kapitel 3
Webcam-Astronomie
Abhängigkeit der Ladungsträgererzeugung von der Wellenlänge
Die Erzeugung von Ladungsträgern ist aber auch von der Wellenlänge abhängig. So wird
Licht mit kurzer Wellenlänge (UV-Bereich, Blau) bereits in der Nähe der Oberfläche
absorbiert. Licht mit längerer Wellenlänge (IR-Bereich) dringt dagegen tief in den Halbleiter
ein. Dadurch ist der Kontrast der Bilder, die mit rotem oder infrarotem Licht aufgenommen
werden, auch geringer als der Kontrast jener Bilder, die mit blauem oder grünem Licht
aufgenommen wurden. Als Abhilfe besitzen viele Bildsensoren einen optischen Filter, der den
infraroten Lichtanteil herausschneidet. In der Abb.98 3.14 kann man anhand eines Diagramms
die Abhängigkeit der Eindringtiefe des Lichts von der Wellenlänge sehr gut erkennen. Dabei
soll X die Eindringtiefe repräsentieren.99
Abbildung 3.14: Eindringverhalten von Licht (Photonendichte Φ)
und Absorptionskoeffizienten α verschiedener
Wellenlängen
Photoempfindliche CCD-Pixel können in zwei verschiedenen Bauformen auftreten:
•
CCDs mit Photodiode (n+p-Photodiode100 – wird bei der Philips
ToUCam verwendet)
•
CCDs mit Photogate (In MOS- (Metal Oxide Semiconducter) oder
CMOS-(Complementär Metal Oxide Semiconducter) Ausführung)
98
vgl. [23]
vgl. [23]
100
ein n- und ein p-dotierter Halbleiter werden zu einer Diode zusammengeführt
99
49
Kapitel 3
Webcam-Astronomie
CCD mit Photodiode
Abbildung 3.15: Schematischer Aufbau eines CCD mit Photodiode und
örtlicher Verlauf des Oberflächenpotentials φS in
verschiedenen Phasen der Bildaufnahme
In der Abb.101 3.15 ist der schematische Aufbau eines CCD mit Photodiode dargestellt. Es ist
zu sehen, dass ein Pixel aus einer n+p-Photodiode, einem Transfergate und einem
Transportgate besteht. Das Transfergate dient als Verbindungsglied zwischen der Photodiode
und dem Transportgate, wogegen das Transportgate die Ladungen zum Ausgang
transportieren soll. Das eigentliche CCD besteht sogar aus mehreren solcher Transportgates
pro Pixel.102
Unabhängig von der Zahl der Taktphasen des CCD geschieht der Betrieb des Pixels in zwei
Phasen:
•
Belichtungsphase
•
Austaktphase
Am Beginn der Belichtungsphase befindet sich die Photodiode in Sperrrichtung, wobei an der
n+-Seite keine Spannung liegt. Man sagt, die Photodiode arbeitet im integrierenden
Betriebsmodus. Die in der Belichtungsphase durch einfallende Lichtstrahlen erzeugten
Elektronen und Löcher werden durch das elektrische Feld in der Raumladungszone
voneinander getrennt gespeichert.
In der Abb. 3.15 ist zu sehen, dass während der Belichtung das Transfergate auf einem
niedrigen Potential φS liegt. Es existiert für die gespeicherten photogenerierten Elektronen
eine Potentialbarriere (Potential der n+-Seite liegt noch oberhalb von φS).
101
102
vgl. [23]
vgl. [23]
50
Kapitel 3
Webcam-Astronomie
In der Austaktphase wird diese Potentialbarriere verringert, indem am Transfergate die
Spannung erhöht wird. Die photogenerierten Elektronen können über das Transfergate zum
Transportgate, das nun auf einem höheren positiven Potential als das Transfergate liegt,
abfließen. Transfergate und Photodiode werden dann wieder auf ein positives Potential
gebracht, welches als Ausgangszustand für die Belichtungsphase wieder benötigt wird.
CCD mit Photogate
Abbildung 3.16: Schematischer Aufbau eines CCD mit
Photogate und örtlicher Verlauf des
Oberflächenpotentials φS für den statischen
Fall (konstante Gatespannung)
Zum Sammeln der photogenerierten Elektronen wird der gesamte Raum unterhalb der Gates
benützt. Es gibt keine Trennung zwischen photoempfindlichen und ladungsverschiebenden
Elementen. Neben dem Vorteil der besseren Ausnützung der Flächen (mehr lichtempfindliche
Flächen) bringt es auch einen wesentlichen Nachteil mit sich. Die Photonen müssen nämlich
zuerst durch die Gates durchdringen, bevor sie Elektronen-Loch-Paare erzeugen können. Das
verringert wiederum die Empfindlichkeit dieser Strukturen (CMOS-Chips sind deshalb auch
weniger empfindlich)
51
Kapitel 3
Webcam-Astronomie
3.2.1.2 Ladungstransport
Der nächste Schritt ist das Auslesen der Ladungen aus den Pixelelementen. Dies geschieht
über so genannte Schieberegister, wobei der Inhalt einer Zelle an eine benachbarte Zelle
übergeben wird. Dabei werden unterschiedliche Potentialbarrieren an den Zellen aufgebaut,
die einen gerichteten Transport der Elektronen gewährleisten. Man nennt dies auch das
„Eimerkettenprinzip“, da die Ladungen von einer Zelle in die nächste transportiert werden
(siehe Abb.103 3.17).
Abbildung 3.17: Schematische Darstellung des Ladungstransportes in CCD-Sensoren
und das Analogbild dazu („Eimerkettenprinzip“)
Das gerichtete Transportieren der Ladungen geschieht nach dem 2-,3- oder 4-PhasenSchieberegister-Verfahren. Im Folgenden soll kurz das 3-Phasen CCD vorgestellt werden
(siehe Abb.104 3.18).
Abbildung 3.18: Prinzip eines 3-Phasen-CCD
103
104
vgl. [23]
vgl. [23]
52
Kapitel 3
1. Takt:
Webcam-Astronomie
Anlegen einer Spannung an Steuerelektrode G1 → Potentiallevel 1 wird
erreicht (dient als Potentialmulde für erzeugte Ladungsträger)
2. Takt:
An der Steuerelektrode G2 wird eine höhere Spannung als an G1 angelegt →
die Folge ist ein tieferes Potentiallevel 2→ Ladungen fließen in Mulde unter
Steuerelektrode G2
3. Takt:
Die Spannung an Steuerelektrode G1 wird auf Grundzustand (Potentiallevel 0)
erniedrigt → Spannung an der Steuerelektrode G2 wird auf Potentiallevel 1
gebracht
Nach diesen drei Takten sind die Ladungen genau um ein Segment weitergewandert und das
CCD ist wieder für den nächsten Transportschritt bereit.
Wie schon erwähnt, geschieht das Auslesen über so genannte Schieberegister. Es gibt zwei
Arten von Schieberegistern. Vertikale Schieberegister, in diesen werden die von den Pixeln
angesammelten Ladungen hinein verschoben und Horizontale Schieberegister, welche die
Ladungen von den vertikalen Schieberegistern übernehmen (dies geschieht seriell) und weiter
zum Ausgang verschieben. CCDs dieser Art werden auch Interline-Transfer-CCD genannt.105
Die von mir benützte Philips ToUCam besitzt so einen Interline-Sensor von der Firma Sony.
Abbildung 3.19: Prinzip des Auslesens
105
vgl. [23]
53
Kapitel 3
Webcam-Astronomie
In der Abb.106 3.19 wird das Grundprinzip des Auslesens an einem vereinfacht dargestellten
Sensor mit vier mal vier lichtempfindlichen Pixeln, vier vertikalen Schieberegistern und
einem horizontalen Schieberegister gezeigt. So wie es hier an einem vereinfachten Sensor
dargestellt wird, funktioniert es auch bei großen Sensoren, die viel mehr lichtempfindliche
Zellen haben. Ein Auslesevorgang ist beendet, wenn der Sensor komplett ausgelesen wurde.
Hat man nun die analogen Bildsignale ausgelesen, müssen diese in eine computergerechte
(digitale) Sprache übersetzt werden. Diese Aufgabe erledigt ein Analog/Digital-Wandler
(A/D-Wandler), der der jeweiligen analogen Spannung eines Bildsignals einen digitalen Wert
zuordnet. Diesem digitalen Wert wird noch zusätzlich die geometrische Position des
Einzelpixels hinzugefügt.
In Abhängigkeit von der Signalstärke wird ein bestimmter vom Computermonitor
darstellbarer Grauwert zugeordnet. Die Anzahl der Graustufen ist über die Bittiefe des A/DWandlers spezifiziert. Dabei ergibt ein Bit107 zwei Graustufen (Schwarz und Weiß). Hat man
nun einen 8-Bit A/D-Wandler, ergeben sich 256 Graustufen (28 =256) und bei einem 12-Bit
A/D-Wandler ergeben sich sogar 4096 (212=4096) unterschiedliche Grauwerte.
Die Webcam läuft im 24-Bit Modus (für die Farben Rot, Grün und Blau werden jeweils 8-Bit
verwendet) und es können damit insgesamt 16 777 216 Farbwerte wiedergegeben werden.
Das sind erheblich mehr, als das menschliche Auge unterscheiden kann.
Der Frame-Transfer-Sensor ist ebenfalls ein Sensor, der in der CCD-Technik zur Anwendung
kommt. Der wesentliche Unterschied zum Interline-Sensor besteht darin, dass es keine
vertikalen Ausleseregister im herkömmlichen Sinne gibt. Hier werden die Pixel selbst als
vertikale Ausleseregister verwendet. Beim Frame-Transfer-Sensor gibt es deshalb zwei große
Bereiche:
•
Bildfeld (Image Array)
•
Speicherfeld (Storage Array)
Neben den vorgestellten Flächensensoren gibt es auch noch Zeilensensoren, die aber in der
Webcamtechnik nicht zur Anwendung kommen und deshalb hier auch nicht näher erwähnt
werden sollen.
106
107
vgl. [23]
kleinste Informationseinheit – Bit ist die gekürzte Zusammenziehung von Binary Digit
54
Kapitel 3
Webcam-Astronomie
3.2.1.3 Ausleseverfahren
Das Auslesen solcher CCD-Sensoren wird durch die Video-Norm festgelegt. Diese schreibt
das Timing und die Pegel zur Übertragung vor. Unterschieden wird zwischen zwei
Sensorkonzepten, wobei die einen Sensoren mit der Interlaced-Technik (Halbbildverfahren)
arbeiten und die anderen Sensoren die Progressive-Scan-Technik nutzen.108
Bei der Interlaced-Technik, die aus der Fernsehtechnik kommt, wird ein Videobild aus je
zwei Halbbilder zu einem Vollbild zusammengesetzt. In Europa geschieht das nach der
CCIR-Norm, wobei 25 Vollbilder pro Sekunde bestehend aus 50 Halbbildern erzeugt werden.
Fernseh- und Videogeräte arbeiten fast ausschließlich nach dieser Norm.
Bei der Progressive-Scan Technik besteht das Bild nicht mehr aus zwei Halbbildern sondern
aus einem kompletten Vollbild. Die VGA-Auflösung (640*480 Pixel) ist das typisch
auftretende Bildformat. Auch die Philips ToUCam arbeitet mit dieser Technik.
3.2.1.4 CCD-Farbaufnahmen
Um mit einem CCD-Element Farbaufnahmen zu machen, können so genannte Drei-ChipKameras eingesetzt werden. Wie schon der Name verrät, werden hier drei CCD-Chips
verwendet, von denen jeder davon für die Detektion einer der drei Grundfarben Rot, Blau
oder Grün zuständig ist. Dies ist aber sehr teuer und man stellt daher für die
Massenproduktion nur Ein-Chip-Kameras her. Hier wird ein optisches System angewandt, mit
dem das einfallende Licht in die drei Grundfarben zerlegt wird, bevor es auf das CCD fällt.
Als optisches System wird ein Mosaikfilter verwendet. Die Webcam besitzt so einen
Mosaikfilter, der direkt auf das CCD aufgebracht wurde.
Ein Farbbildpunkt besteht dabei aus je zwei grün-, einem rot- und einem blauempfindlichen
Pixel (siehe Abb.109 3.20).
108
109
vgl. [23]
vgl. [23]
55
Kapitel 3
Webcam-Astronomie
Abbildung 3.20: Mosaikfilter für eine Ein-Chip CCD-Kamera
Um die spektrale Empfindlichkeit der CCD-Kamera an das menschliche Auge anzupassen, ist
die Anzahl der grünempfindlichen Pixel doppelt so groß. Das menschliche Auge ist bei
550nm (grünes Licht) am empfindlichsten.
56
Kapitel 3
Webcam-Astronomie
3.2.2 Mit der Webcam Kurzvideos erstellen
Mit der Webcam kann nun eine ganze Reihe von kurz belichteten Einzelaufnahmen, die
zusammengefasst
eine
kurze
Filmsequenz
ergeben,
aufgenommen
werden.
Die
Belichtungszeiten110 schwanken dabei zwischen 1/25s bis 1/10000s (je nach Helligkeit des
gewünschten Beobachtungsobjektes).
Das Aufnehmen mit der Webcam bringt zwei wesentliche Vorteile:
•
sehr
kurze
Belichtungszeiten
unterwandern
größtenteils
die
Seeing-
Bewegungen und dadurch werden recht detailreiche Bilder erzeugt
•
durch die längeren Aufnahmeserien sind auch längere Phasen dabei, wo die
Luft ruhiger ist und das Bild somit unverzerrt dargestellt wird
Die kurzen Belichtungszeiten bringen aber auch ein gewisses „Bildrauschen“ mit sich, welche
durch die digitale Bilderzeugung hervorgerufen wird. Dabei werden direkt benachbarte CCDZellen nicht von gleicher Photonenzahl getroffen und es ergibt sich im Hintergrund des Bildes
eine statistische Verteilung etwas hellerer und dunkler CCD-Zellen. Am Monitor ist dies in
Form von dunklen und hellen Streifen, die sich über die ganze Bildfläche erstrecken, sichtbar.
Beim Arbeiten mit der Webcam gibt es ein paar wesentliche Punkte, über die man sich vor
dem Start der Aufnahmen Gedanken machen sollte.
•
Wetter bzw. Luftbeschaffenheit (Luftunruhe) – zahlt es sich überhaupt aus,
Aufnahmen zu machen?!
•
Welches Objekt will ich beobachten? Dabei spielt die Sichtbarkeit der
Planeten111 oder des Mondes eine wesentliche Rolle. Mondaufnahmen sind
eher bis zum ersten Viertel (vielleicht ein bis zwei Tage darüber) interessant.
Zum einen ist er noch nicht zu hell und die „Terminatorgrenze“112 bietet einen
interessanten Anblick und zum anderen sind die Beobachtungszeiten bei
zunehmendem Mond günstiger als bei abnehmendem Mond. Bei der
Sonnenbeobachtung ist vor allem auf die gefährliche Sonnenstrahlung zu
achten (Nie ohne Filter beobachten!!!).
110
die Belichtungszeiten sind über den Computer einstellbar
die Sichtbarkeit der Planeten kann man aus diversen Himmelsführern entnehmen
112
damit ist die Licht-Schatten-Grenze auf dem Mond gemeint
111
57
Kapitel 3
Webcam-Astronomie
•
Welches Teleskop steht mir für die Beobachtung zur Verfügung? Welche
Möglichkeiten habe ich mit dem Teleskop (Öffnungsverhältnis, Vergrößerung,
Zubehör,…)?
•
Ein wichtiger Faktor ist die Montierung und wenn vorhanden die Nachführung
des Teleskops, da das Himmelsobjekt minutenlang auf der kleinen rund drei
mal fünf Millimeter großen Chipfläche nachgeführt werden muss.
•
Ein Computer mit einem USB-Anschluss muss vorhanden sein. Es sollte auch
ein dementsprechend großer Festplattenspeicher zur Verfügung stehen. Eine
kleine einminütige avi-Videodatei113 mit rund 1000 Bildern ist bei voller
Chipauflösung114 bereits gut 300 Megabyte (8Bit=1Byte; 1024Bit=1KiloByte;
1024KiloByte=1MegaByte) groß. Wenn man nun mehrere Aufnahmeserien
machen will, ist sehr bald der Gigabytebereich (1GigaByte=1024MegaByte)
erreicht.
•
Es sollte ein 1 1/4 Zoll (31,7mm) Kameraadapter vorhanden sein, damit die
Webcam in den Okularauszug geschoben werden kann. Entweder wird ein
Originaladapter115 gekauft, oder man bastelt sich mit Hilfe einer Filmdose
(eine normale Filmdose passt genau in den Okularauszug) selbst einen.
•
Auch das Verwenden eines IR-Sperrfilters bringt einige Vorteile116. Da die
Webcam im IR-Bereich sehr empfindlich ist, sollte dieser Filter bei
Aufnahmen nicht fehlen. Originaladapter sind bereits mit einem Gewinde für
den IR-Sperrfilter ausgestattet und manche Astroshops bieten den Adapter mit
dem IR-Sperrfilter gleich als Setangebot an.
Beim Aufnehmen mit der Webcam gibt es gewisse Arbeitsschritte, die auch bei
unterschiedlichem Arbeitsstil in Gewisserweise doch sehr ähnlich sind. Im Folgenden sollen
die möglichen Schritte, die beim Aufnehmen mit einer Philips ToUCam auftreten, kurz
vorgestellt werden. Dabei soll die mögliche Vorgehensweise als Hilfestellung dienen.
113
ist jenes Format, mit welches die Kurzfilme erzeugt werden
im Falle der Webcam Philips ToUCam ist das die Auflösung 640*480 Pixeln
115
in fast allen Astroshops erhältlich
116
siehe Abschnitt 3.2.1.1
114
58
Kapitel 3
Webcam-Astronomie
Schritt 1
Wenn nun bekannt ist, welches Objekt aufgenommen werden soll, gilt es notwendige
Vorbereitungen zu treffen, bevor man wirklich mit den Aufnahmen starten kann. Dazu zählt
das Heraussuchen wichtiger astronomischer Daten (Aufgangszeit, Kulmination, Helligkeit,…)
aus diversen Himmelsatlanten117.
Wird nun das Objekt mit dem Teleskop anvisiert, ist es wichtig es in die Bildfeldmitte des
Teleskops zu bringen. Ebenfalls soll die Vergrößerung möglichst hoch gewählt werden, damit
das Bild später auch auf dem winzigen Chip der Webcam sichtbar wird. Somit ist beim
visuellen Einstellen des Objektes ein Okular mit einer kurzen Brennweite zu verwenden,
bevor dieses durch die Webcam ersetzt wird.
Nachdem der Computer hochgefahren und die Kamera angeschlossen wurde, wird das Okular
herausgenommen und an dessen Stelle die Webcam mit dem bereits aufgeschraubten Adapter
in den Okularauszug geschoben (siehe Abb.3.21 und Abb. 3.22). Dabei ist aber Vorsicht
geboten, um nicht das Teleskop zu verstellen und dieses dann nicht mehr auf das Objekt zeigt
(es ist nämlich sehr schwer mit angesteckter Webcam und dem dadurch kleinen Bildfeld ein
Objekt am Computermonitor wieder zu finden).
Abbildung 3.21: Webcam mit aufgeschraubtem
Adapter und IR-Sperrfilter
(schwarzes Teil)
117
Abbildung 3.22: Webcam in den 11/4 Zoll
Okularauszug geschoben
zum Beispiel den Himmelsführer von Hans-Ulrich Keller: „Kosmos Himmelsjahr JJJJ“
59
Kapitel 3
Webcam-Astronomie
Schritt 2
Mit Hilfe einer mit der Kamera mitgelieferten Aufnahmesoftware (bei der Philips ToUCam
ist es das Programm Philips VRecord) ist am Monitor ein Livebild zu sehen. Anhand dieses
Bildes werden am Teleskop noch ein paar Einstellungen gemacht (Objekt in der Chipmitte
positionieren und das Bild fokussieren).
Danach gilt es wichtige Kameraparameter (Helligkeit, Belichtungszeiten, Signalverstärkung
(Gain), Kontrast, Farbsättigung, Auflösung,…) am Programm direkt einzustellen, sodass
möglichst viele Oberflächendetails kontrastreich erkennbar werden.
Abbildung 3.23 Aufnahmeprogramm Philips VRecord mit dem Fenster für
die wichtigsten Kameraeinstellungen
Dabei geht man unter „Optionen“ und auf Option „Videoeigenschaften“. Es erscheint ein
Fenster das „Eigenschaften“ heißt (siehe Abb. 3.23). In diesem Fenster sind zwei Funktionen
besonders wichtig – die Funktionen „Bildregler“ und „Kameraregler“. Hier können
nämlich die Einstellungen, die oben erwähnt wurden, vorgenommen werden.
60
Kapitel 3
Webcam-Astronomie
Schritt 3
Sind die Einstellungen zufriedenstellend, werden als nächstes wichtige Einstellungen für das
Aufnehmen auf die Festplatte gemacht. Dazu muss zuerst entschieden werden, wie viele
Bilder pro Sekunde aufgenommen werden sollen (meine Erfahrungen haben gezeigt, dass es
reicht 5-15 Bps (Bilder pro Sekunde) auszuwählen – günstiger sind weniger (5 Bps), da dann
das Bild nicht bzw. nicht so stark komprimiert wird). Ebenso wichtig ist es, die Aufnahmezeit
(zwei bis drei Minuten dürften je nach Luftunruhe reichen) einzustellen. Beide Einstellungen
sind unter der Option „Aufnahme“ → „Bildrate auswählen“ und „Zeitlimit erfassen“ zu
finden. Bei beiden müssen aber auch die Kontrollkästchen „Zeitlimit verwenden“ und
„Bildrate verwenden“ angehakt werden (siehe Abb. 3.24).
Abbildung 3.24: Programm Philips VRecord – Einstellungen für die
Aufnahme auf die Festplatte
Eine weitere Einstellung ist die Wahl des Aufnahmeformates, wobei man zwischen den meist
üblichen Formaten 640*480 oder 358*288 Pixel auswählen kann. Das ganze geschieht unter
„Optionen“ und „Videoformat“. Bei meinen Aufnahmen des Planeten Saturn reichte das
Format 358*288 vollkommen aus, da sonst mit einem größeren Format zuviel dunkler und
verrauschter Hintergrund mitaufgenommen worden wäre. Bei der späteren Nachbearbeitung
wäre das Bild dadurch nur verschlechtert worden.
Zum Abschluss sollte man noch den Speicherplatz, auf welchen man die Aufnahmen
speichern möchte, festlegen. Dabei ist es hilfreich - für spätere Verwendung des Materials den Namen der Datei richtig auszuwählen. Datum und Uhrzeit sollten beim Namen
hinzugefügt werden.
61
Kapitel 3
Webcam-Astronomie
Schritt 4
Wurden auch diese Einstellungen vorgenommen, kann mit den Aufnahmen begonnen werden.
Während der Aufnahmen kann zwischendurch immer wieder die Schärfe nachgestellt werden.
Ebenfalls ist darauf zu achten, dass das Objekt immer in Bildmitte bleibt. Für spätere
Nachbearbeitung ist es vorteilhaft, mehrere Aufnahmeserien zu machen, um später genügend
Material zu haben.
Es dauert also relativ lange bis alles eingestellt ist und man zu seinen Aufnahmen kommt. Je
nach der Luftbeschaffenheit bleibt oft nur sehr wenig Zeit, um Aufnahmen brauchbarer
Qualität zu machen.
Günstig ist es deshalb im Team zu arbeiten und sich die Arbeit aufzuteilen. Eine Person ist für
die Einstellungen am Computer, der Andere für Einstellungen am Teleskop verantwortlich.
62
Kapitel 3
Webcam-Astronomie
3.3 Nachbearbeitung der Kurzvideos
Sind nun einige Kurzvideos auf der Festplatte abgespeichert, können diese mit speziellen
Freeware-Programmen, wie etwa „Giotto“ oder „Registax“, nachbearbeitet werden. Dabei
werden aus den Videosequenzen automatisch die besten Bilder herausgesucht, zentriert und
schließlich noch gemittelt.
In dieser Arbeit will ich das Programm „Registax“ vorstellen, da es meiner Meinung nach
sehr einfach zu bedienen ist, und rasch brauchbare Ergebnisse liefert. Es eignet sich dadurch
auch sehr gut für den Unterricht.
„Registax 2.1“ ist ein Freeware-Programm und ist für die Bearbeitung von Videosequenzen –
hauptsächlich Webcamvideos – geeignet. Die wesentlichen Funktionen des Programms sind
das Heraussuchen, Zentrieren, Mitteln (Aufaddieren) der besten Bilder einer Videosequenz zu
einem Mittelwertbild und die Nachbearbeitung (Schärfefilter, Kontrast,…) des entstandenen
Bildes. „Registax“ ist unter der Internetadresse http://aberrator.astronomy.net/registax
downloadbar.
Anhand einer Saturnaufnahme sollen die wichtigsten Funktionen und Arbeitsschritte kurz
erläutert werden. Natürlich sind diese Arbeitschritte ebenfalls auf andere Videos (Sonne,
Mond, Jupiter,…) leicht anwendbar.
Input (Auswählen des Videos – siehe Abb.3.25)
Zuerst wird also das gewünschte Video in das Programm geladen. Das hereingeladene
Kurzvideo wird dabei in Einzelbilder zerlegt.
Select Input
Hier lädt man das Planetenvideo als „*.avi.-Datei“ in das Programm. Es können aber
auch einzelne „BMP-Bilder“ geladen werden.
Color Processing
Ist bei Farbvideos (Webcamvideos mit der Philips ToUCam) anzuklicken.
63
Kapitel 3
Webcam-Astronomie
Abbildung 3.25: Startseite bei Registax
Processing Area (=512)
Dient für die späteren Filter (Wavelets) Berechnungen
Show frame list
Zeigt alle Einzelbilder (die in der Summe das Video ergeben) an. Die Bilder können
einzeln ausgewählt werden. Wenn sie für die Nachbearbeitung verwendet werden
sollen, klickt man sie an (grüner Haken) und wenn nicht, dann klickt man sie einfach
aus. Mit dem Schieber ganz unten kann zwischen den Bildern ausgewählt werden (es
ist wichtig, ein gutes Referenzbild118 herauszusuchen).
Alignment box
Die Alignment box (weißer Rahmen) um ein gut erkennbares Detail legen (in diesem
Fall die „Cassini-Teilung119“). Man sollte ein Detail wählen, welches auf allen Bildern
recht gut erkennbar ist (an diesem Detail werden dann alle Bilder ausgerichtet).
118
119
an diesem Bild werden die anderen Bilder angeglichen
gut erkennbare dunkle Teilung im Ringsystem
64
Kapitel 3
Webcam-Astronomie
Aligning (Ausrichten der Bilder – siehe Abb. 3.26)
Ist alles eingestellt, wechselt man auf die Programmfunktion „Aligning“, wo es wieder einige
Parameter zum Einstellen gibt.
Abbildung 3.26: Aligning-Prozess
FFT-Filter
Dieser ist für die Zentrierung der Bilder wichtig und reduziert das Rauschen des
Bildes. In der Grafik „Registration properties“ ist dies die rote Linie des
Powerspektrums. Weiter links sind die Bilder mit schlechter Auflösung und nach
rechts steigt die Qualität der Bilder. Die blaue FFT-Linie ist zwischen der Mitte und
dem letzten Drittel der roten Kurve zu setzen. Anschließend drückt man auf „Recalc
FFT“.
Quality filter band
Dieser Filter dient zur Abschätzung der Bildqualität. Wenn das „Seeing“ gut ist, reicht
das Powerspektrum (rote Linie) weiter nach rechts in den höher aufgelösten Bereich.
Dieser Filter ist so zu setzen, dass in der Grafik „Registration Properties“ der Wert
für „quality“ ungefähr bei 0,1 oder niedriger liegt.
65
Kapitel 3
Webcam-Astronomie
Tracking options
Wenn das Objekt viel im Bild umher wandert, sollte man diese Kästchen angehakt
lassen (sie sorgen für das Nachführen der Alignment box mit dem Objekt).
Optimizing options
Das „Optimize until“ bestimmt, wie viele Iterationen durchlaufen werden müssen, um
die Differenz zwischen der Bildqualität des aktuellen Bildes und des Referenzbildes zu
erreichen („optimize until=2“ ist ein guter Wert). Bei „Search area“ kommt man laut
meinen Erfahrungen mit der Einstellung „Search area=3“ zu guten Ergebnissen. Die
dritte Funktion „Lower quality“ gibt an, welche Bilder optimiert werden sollen. Bei
der Einstellung „Lower quality=0“ werden alle Bilder und bei der Einstellung „Lower
quality=100“ wird nur das beste Bild optimiert. Bei mir hat sich die Einstellung
„Lower quality=75“ bewährt. Um alles automatisch ablaufen zu lassen, sollte man die
Kästchen rechts unten „Auto Optimisation“ und „Fast optimize“ auch noch markieren.
Wird nun auf „Align“ gedrückt, erscheint wieder eine Grafik „Registration properties“, in der
wieder eine rote Linie und eine blaue Zick-Zack-Linie zu sehen ist. Die rote Linie zeigt dabei
die Bildqualität der einzelnen Bilder an und die blaue Linie zeigt die Differenz der
Einzelbilder zum Referenzbild an (siehe Abb. 3.27)
Abbildung 3.27: Während dem Alignment-Prozess – Bilder werden ausgerichtet und optimiert
66
Kapitel 3
Webcam-Astronomie
Stacken (Mitteln der Bilder – siehe Abb.3.28)
Nach dem Zentrieren der Bilder (Alignment), wechselt man auf die Programmfunktion
„Stacking120“.
Abbildung 3.28: „Stacking-Seite“
Durch das Mitteln (stacking) der Bilder wird das Rauschen des Mittelwertbildes verkleinert
(Mittelwertbild wird dadurch aber nicht schärfer). Bei „Stackgraph“ ist die Qualität der Bilder
zu sehen. Mit dem „Quality Cutoff-Regler“ kann die Anzahl der Bilder, die zum „Stacking“
verwendet werden sollen, variiert werden (in der unteren Leiste ändert sich dabei die
Prozentanzeige bei „quality“). Der „Difference Cutoff-Regler“ ist für das Ausschließen stark
verschobener Bilder (zum Beispiel durch schlechte Poljustage oder Windböen). Die Anzahl
der Bilder, die zum „Stacking“ verwendet werden, ist ebenfalls in der unteren Leiste zu
entnehmen (n=…). Die Anzahl sollte aber schon größer als 100 sein, um auch gute Ergebnisse
zu erhalten.
120
hier werden dann die ausgerichteten und optimierten Bilder zu einem Mittelwertbild zusammengeführt
67
Kapitel 3
Webcam-Astronomie
Wavelet Processing (siehe Abb. 3.29)
Ist das „Stacking“ beendet, wechselt man in die Filterfunktion „Wavelet Processing“ des
Programms. Mit dem „Wavelet-Filter“ können aus dem entstanden Mittelwertbild die Details
(Oberflächendetails) der Objekte noch besser herausgearbeitet werden. Diese Filter
unterliegen keinen festen Einstellregeln, jedoch gilt auch hier wie bei den meisten
Bildbearbeitungsschritten: „Um so weniger, um so besser“. Jeder hat ein anderes Empfinden,
wie ein perfektes Planetenbild auszusehen hat. Es gilt einfach die richtigen Einstellungen der
einzelnen Layer selbst herauszufinden. Des Weiteren können auch noch Kontrast und
Helligkeit mit Reglern eingestellt werden („Contrast“ und „Brightness“ – Regler ganz unten).
Abbildung 3.29: Filterfunktion „Wavelet Processing“
Final (siehe Abb. 3.30)
Mit der Funktion „Final“ können abschließend noch einige Einstellungen getätigt werden.
Dabei kann das Bild entweder gedreht, gespiegelt oder es können sogar die Farb- und
Hintergrundeinstellungen noch verändert werden.
68
Kapitel 3
Webcam-Astronomie
Abbildung 3.30: Final- Programmfunktion
Das zufriedenstellende Ergebnis kann dann als BMP-Datei abgespeichert werden. Wer will,
kann dieses Bild noch mit anderen Bildbearbeitungsprogrammen (z.B.: Photoshop)
weiterbearbeiten und die eine oder andere Feinheit noch aus dem Bild „herausholen“.
Das eben dargestellte sollte nur eine kleine Einführung in das Programm „Registax“ geben
und ist auf keinen Fall vollständig. Wer mehr über das Programm und die einzelnen
Funktionen wissen möchte, dem kann ich nur empfehlen, sich auf der Homepage von
„Registax“ schlau zu machen.
69
Kapitel 3
Webcam-Astronomie
3.4 Ergebnisse und Beobachtungsvorschläge
Auf den nächsten Seiten möchte ich meine gemachten Aufnahmen, beziehungsweise die
Ergebnisse präsentieren. Ich habe mich dabei eher auf Beobachtungsobjekte beschränkt, die
auch für Beobachtungsprojekte in der Schule geeignet wären. Dabei sollen sowohl die
Rohaufnahmen (ein Einzelbild vom Video der Webcam), wie auch die mit „Registax“
bearbeiteten Aufnahmen gezeigt werden. Es soll verdeutlicht werden, mit welch einfachen
und vor allem billigen Mitteln man heutzutage Aufnahmen machen kann, die vor zehn Jahren
nur mit den größten und best ausgerüsteten Sternwarten möglich waren.
Um zu erfahren, wann die günstigsten Beobachtungszeiten wären, ist es am Besten in so
genannten „Himmelsführern“ nachzusehen. Ich persönlich habe das Buch „Kosmos
Himmelsjahr 2003121“ von Hans Ulrich Keller verwendet. Natürlich geht auch jeder andere
„Himmelsführer“. Der von Hans Ulrich Keller hat jedoch zwei Besonderheiten, zum einen
wird jedes Monat mit den dazugehörigen Beobachtungsmöglichkeiten angeführt und zum
anderen gibt es zu jedem Monat ein sehr interessantes Monatsthema. Somit wird in jedem
Monat durch ein anderes astronomisches- oder oft auch physikalisches Thema, ein
interessanter Einblick in die Astronomie geboten.
Bei der Mondbeobachtung sollte zusätzlich ein Mondatlas122 verwendet werden, um seine
Beobachtungen besser auswerten und dokumentieren zu können. Mit Hilfe des Mondatlas
können die Details auf der eigenen Aufnahme besser zugeordnet werden. Es ist dann
schwieriger, dass Details einfach dazu erfunden werden. Außerdem stehen in den
Mondatlanten interessante Zusatzinformationen.
Die
Aufnahmen
wurden
in
der
Schulsternwarte
des
BRG-Kepler
und
in
der
„Vulkanlandsternwarte-Auersbach“ gemacht. Zur Ausrüstung dieser Sternwarte, die von
einem privaten Verein betreut wird, zählen zwei Kuppeln mit fünf und drei Metern
Durchmesser. In der fünf Meter Kuppel steht ein 16“ (40cm) Schmidt-Cassegrain-Teleskop
und in der drei Meter Kuppel ein 10“ (25cm) Schmidt-Cassegrain-Teleskop. Zusätzlich ist am
16“
Teleskop
noch
ein
4“
(10cm)
Refraktor
angebracht,
wodurch
sich
die
Einsatzmöglichkeiten der Sternwarte noch erweitern lassen.
121
122
erscheint für jedes Jahr neu
vgl. [21]
70
Kapitel 3
Webcam-Astronomie
3.4.1 Sonne
Bei der Sonnenbeobachtung ist besondere Vorsicht geboten. Durch ungeschütztes Beobachten
der Sonne können große Schäden an den Augen auftreten. Deshalb ist es besonders wichtig,
für ausreichenden Schutz zu sorgen und Sonnenfilter zu verwenden. Welche dafür besonders
geeignet sind, kann in einschlägiger Literatur nachgelesen werden.123
Die Sonnenflecken bieten den interessantesten Anblick bei der Sonnenbeobachtung.
Durch die günstige Beobachtungszeit am Tage kann die Sonnenbeobachtung auch sehr gut in
den Unterricht miteingebunden werden. Welche Beobachtungsmöglichkeiten sich nun genau
bei der Sonnenbeobachtung ergeben und was man dabei beachten sollte, ist in diversen
astronomischen Zeitschriften und Büchern über Sonnenforschung bzw. Sonnenbeobachtung
nachzulesen.124
Abbildung 3.31: Sonnenfleck vor der Bearbeitung
mit Registax
Abbildung 3.32: Sonnenfleck nach der Bearbeitung
mit Registax
Abbildung 3.33: Sonnenfleck vor der Bearbeitung
mit Registax
Abbildung 3.34: Sonnenfleck nach der Bearbeitung
mit Registax
123
124
vgl. [20, 27]
vgl. [20, 27]
71
Kapitel 3
Webcam-Astronomie
Abbildung 3.35: Sonnenfleck vor der Bearbeitung
mit Registax
Abbildung 3.36: Sonnenfleck nach der Bearbeitung
mit Registax
In den obigen Abbildungen (Abb.3.31 bis 3.36) sind verschiedene Sonnenflecken dargestellt.
Die Aufnahmen entstanden im Zeitraum vom 27.10.2003 bis zum 03.11.2003 und zeigen
riesige Sonnenfleckengruppen125, die während der zahlreichen Sonnenaktivitäten126 im
Oktober und November des Jahres 2003 aufgetreten waren. Alle Aufnahmen wurden mit dem
6“ Refraktor und der Philips ToUCam der Schulsternwarte des BRG Kepler gemacht. Als
Sonnenfilter wurde eine Sonnenfolie verwendet, die auf das Objektiv des Refraktors gesteckt
wurde (Objektivfilter sind sicherer als Okularfilter).
Die linken Aufnahmen zeigen Rohbilder ohne Nachbearbeitung und die rechten Bilder zeigen
die Ergebnisse der Nachbearbeitung mit Registax.
125
126
vgl. [20, 27]
während der Monate Oktober und November kam es zu Sonnenaktivitäten, die zu den größten gezählt
werden können, seit es Sonnenaufzeichnungen gibt
72
Kapitel 3
Webcam-Astronomie
3.4.2 Mond
Der Mond zählt wohl zu den interessantesten Beobachtungsobjekten am Himmel. Alleine
durch seine Nähe zur Erde und den vielen Oberflächendetails (Kratereinschläge, Täler,
Gebirgszüge,…) bietet er genügend Stoff für viele Physikstunden. Deshalb wurde er bei
dieser Arbeit für das Projekt mit den Schülern auch als Beobachtungsobjekt gewählt (siehe
Kapitel 4 – Schulpraktischer Teil). Einzelne Ergebnisse sind im Kapitel 4 (in diesem Kapitel
sind auch Aufnahmen von Schülern zu finden).
Im Folgenden ist noch eine Aufnahme zu sehen, die in der „VulkanlandsternwarteAuersbach“ im Juli 2003 entstanden ist. Wieder soll eine Rohaufnahme der nachbearbeiteten
Aufnahme gegenüber gestellt werden.
Abbildung 3.37: Mondregion rund um Tycho
Abbildung 3.38: Mondregion rund um Tycho nach
der Bearbeitung mit Registax
73
Kapitel 3
Webcam-Astronomie
3.4.3 Mars
Den Mars habe ich vor allem durch seine günstige Stellung zur Erde im Jahr 2003127 in meine
Beobachtungen miteinbezogen. Durch diese günstige Stellung zur Erde – sein scheinbarer
Durchmesser betrug bis zu 25 Bogensekunden - war er sehr gut beobachtbar. Besonders die
Südpolkappe und einige größere Marsregionen (Syrtis Major, Hellas Becken,…) waren an
guten Beobachtungsabenden recht gut zu erkennen. Durch die fast zwei Jahre dauernde
Umlaufzeit des Mars um die Sonne, ist er auch nur alle zwei Jahre in günstiger
Beobachtungsposition (Opposition) zur Erde. Durch die stark elliptische Marsbahn gibt es
aber immer unterschiedliche Entfernungswerte bei der Oppositionsstellung und somit
schwankt der scheinbare Durchmesser (ca. zwischen 14“ und 25“ bei Opposition) und die
Helligkeit des Mars. Am 28. August 2003 war eben die Entfernung so gering wie schon lange
nicht mehr und sie wird erst in ungefähr 280 Jahren wieder so gering sein.128
Abbildung 3.39: Mars am 01.08.2003
Abbildung 3.40: Mars am 01.08.2003 –
mit Registax bearbeitet
Die obigen Aufnahmen vom Planeten Mars sind in der Sternwarte in Auersbach gemacht
worden. Sie entstanden Anfang August rund einen Monat vor dessen Oppositionsstellung zur
Erde. Sehr gut ist die Südpolkappe zu erkennen.
In der Abb. 3.39 ist die Aufnahme vor der Bearbeitung mit Registax zu sehen und das
Ergebnis der Nachbearbeitung und die zusätzliche Schärfung im Photoshop sind in Abb. 3.40
dargestellt.
127
Der Mars war im August 2003 in Opposition zur Erde und so nah wie schon lange nicht mehr – 56 Millionen
Kilometer Entfernung
128
vgl. [17, S. 166ff]
74
Kapitel 3
Webcam-Astronomie
3.4.4 Jupiter
Dieser „äußere Planet“129 des Sonnensystems ist, neben dem Saturn, der für die
Beobachtungen mit der Webcam wohl interessanteste Planet. Neben den unterschiedlichen
Oberflächendetails (Bänder, Zonen, lokale Erscheinungen wie z.B.: der „Große Rote Fleck“)
sind auch die Wechselspiele zwischen Jupiter und dessen Monden (Mondbedeckungen,
Mondverfinsterungen, Schattenwürfe auf die Jupiteroberfläche) sehr gut zu beobachten.
Abbildung 3.41: Jupiter am 21.12.2003 um
0Uhr45 MEZ
Die
obigen
Aufnahmen
entstanden
Abbildung 3.42: Jupiter am 21.12.2003 um
0Uhr45 MEZ
nachbearbeitet mit Registax
am
21.12.2003
um
0Uhr45
MEZ
in
der
„Vulkanlandsternwarte-Auersbach“. Gut zu sehen ist der GRF (Große Rote Fleck) auf dem
mit Registax nachbearbeiteten Bild.
129
bezeichnet man jene Planeten, deren Bahnen um die Sonne sich außerhalb der Bahn der Erde befinden
75
Kapitel 3
Webcam-Astronomie
3.4.5 Saturn
Der Saturn ist vor allem durch sein Ringsystem ein sehr interessantes Beobachtungsobjekt.
Die Oberflächendetails (er hat auch Bänder und Zonen) sind bei Saturn zwar nicht so
ausgeprägt wie es bei Jupiter der Fall ist, dafür bietet aber das Ringsystem mit seinen
unterschiedlichen Ringen (A-,B- und C-Ring sind dabei die bekanntesten Ringe) und
Ringteilungen (Cassini-Teilung, Enke-Teilung,…) einen doch sehr imposanten Anblick. Auch
Saturn hat viele Monde, wodurch es wieder zu interessanten Wechselspielen zwischen Saturn
und seinen Monden kommen kann.
Abbildung 3.43: Saturn am 20.12.2003 um
01Uhr45 MEZ – Rohbild
einer Webcamaufnahme
(Philips ToUCam)
Abbildung 3.44: Saturn - Aufaddiertes
Mittelwertbild aus 1200
Einzelbilder
Abbildung 3.45: Saturn - Mittelwertbild mit
Wavelet-Filtern (Registax)
nachbearbeitet
76
Kapitel 3
Webcam-Astronomie
In den Abbildungen 3.43 bis 3.45 sind einzelne Zwischenergebnisse von einem bearbeiteten
Saturnvideo zu sehen. Die Aufnahmen entstanden in der „Vulkanlandsternwarte-Auersbach“.
Abbildung 3.43:
Aufgenommen am 20.12.2003 um 1 Uhr 45 mit dem 16“ Schmidt-CassegrainTeleskop und der Webcam Philips ToU 740K und IR-Sperrfilter – ein
unbearbeitetes Rohbild wurde aus der Videosequenz (1200 Bildern)
herausgenommen.
Abbildung 3.44:
Die Videosequenz wurde mit dem Programm „Registax“ bearbeitet. Dabei
wurden die 1200 Bilder gemittelt (aligning), optimiert und addiert (stacking).
Das Bild zeigt also das entstandene Mittelwertbild.
Abbildung 3.45:
Das Mittelwertbild wurde noch mit den Wavelet-Filtern nachbearbeitet. Der
Kontrast und die Helligkeit wurden in „Registax“ und in Photoshop noch etwas
verändert.
77
Kapitel 4
Schulpraktischer Teil
Dieser Teil der Arbeit beschäftigt sich mit den Unterrichtseinheiten in der Schule. Ich durfte
den praktischen Teil meiner Arbeit im Bundesrealgymnasium Kepler in Graz mit einer
sechsten Klasse und der Mithilfe von Herrn Dr. Gerhard Rath durchführen. Ziel dieser
Einheiten war es, den Schülern einen anderen Zugang zur Astronomie im Physikunterricht zu
schaffen. Den Schülern sollte ein Einblick in die Arbeitsweisen von Astronomen und
Amateurastronomen gegeben werden. Die Arbeit vieler Astronomen besteht aus dem
Aufnehmen von Bildern, die sie mit speziellen Programmen überarbeiten um zu brauchbaren
Ergebnissen zu kommen. Später vergleichen sie ihre Ergebnisse mit anderen Astronomen und
deren Aufnahmen und stoßen somit auf neue Erkenntnisse und Einsichten.
Genau das sollten auch die Schüler in diesen Einheiten machen. Sie sollten ein Video mit der
Webcam aufnehmen, dieses mit einem speziellen Programm – in unserem Fall war es das
Programm „Registax“130 – bearbeiten und ihre Ergebnisse untereinander oder auch mit bereits
vorhandenen Ergebnissen im Internet vergleichen.
Den Schülern standen zwar keine hochmodernen Teleskope oder die neueste CCD-Technik131
zur Verfügung, doch sollte ihnen klar gemacht werden, dass sie vom Prinzip her – zumindest
teilweise – die Arbeit von Astronomen oder auch Amateurastronomen machten. Ein weiteres
Ziel war es, dass die Schüler den Umgang mit dem Teleskop erlernen.
130
131
siehe Kapitel 3
siehe Kapitel 3
78
Kapitel 4
Schulpraktischer Teil
Als Beobachtungsobjekt wurde der Mond gewählt. Es gab dafür zwei wesentliche Gründe.
Zum einen war er zu diesem Zeitpunkt am Himmel sehr gut beobachtbar und zum anderen
bietet der Mond viele Möglichkeiten um unterschiedliche Aufnahmen und Details zu erhalten.
Die Schüler bekamen von mir also Aufträge132, die sie in diesen Stunden mit mir zu erledigen
hatten.
Für den praktischen Beobachtungsteil konnte die eigene Schulsternwarte des BRG Kepler
genützt werden. Das war ein großer Vorteil für die Arbeit.
Schulsternwarte BRG Kepler (siehe Abb. 4.4)
Die Schulsternwarte verfügt über eine 4 Meter und 10-15 Personen fassende Kuppel. Diese ist
doppelschalig aus Kunstharz gefertigt und ist außen mit Titanoxid beschichtet. Sie verfügt
über zwei Teleskope unterschiedlicher Bauart, wovon eines ein Spiegelteleskop (siehe Abb.
4.1) und das andere ein Linsenteleskop (siehe Abb. 4.1) ist. Das Spiegelteleskop ist vom Typ
Cassegrain133 mit einem 32cm Spiegel und einem Öffnungsverhältnis von f:15 bei einer
Brennweite von 4760mm. Das 6“(15cm Objektivdurchmesser) Linsenteleskop ist von der
Marke Celestron und hat ein Öffnungsverhältnis von f:8 bei einer Brennweite von 1210mm.
Für unsere Mondaufnahmen wurde das Linsenteleskop verwendet. Die Gründe waren der
große scheinbare Durchmesser des Mondes und die kurze Brennweite des Linsenteleskops.
Beide Teleskope sind gemeinsam mit einer parallaktischen Montierung134 auf einer
Betonsäule ausgestattet. Die Betonsäule ist schwingungsmäßig vom Kuppelboden entkoppelt
um Störungen beim Beobachten so gering wie möglich zu halten. Die Teleskope können auch
computergesteuert nachgeführt werden. Dies ermöglicht somit auch Objekte anzusteuern, die
nicht mit freiem Auge sichtbar sind. Für Veranstaltungen außerhalb der Schule steht noch ein
5“ Linsenteleskop (siehe Abb. 4.5) zur Verfügung.
132
siehe Seite 92, Abb. 4.11
siehe Kapitel 3 – Abschnitt 3.1
134
siehe Kapitel 3 – Abschnitt 3.1.3
133
79
Kapitel 4
Schulpraktischer Teil
Zur weiteren Ausstattung zählen noch:
•
Okulare verschiedener Brennweiten (von Baader)
•
Barlow-Linse 2x (von Baader)
•
div. Filter 2“ und 1,25“ Polarisation, Graufilter, Farbfilter, Nebelfilter(siehe
Abb. 4.3)
•
Herschelkeil (zur Sonnenbeobachtung)
•
Sonnenprojektionsschirm
•
Zenitprisma (Abb. 4.2.)
•
Filterfolienaufsatz für Sonnenbeobachtungen
•
Webcam, Computer mit Netzwerkanschluss
Abbildung 4.1: 6“ Linsenteleskop montiert auf dem 15,4“
Spiegelteleskop der Schulsternwarte BRG Kepler
Abbildung 4.2: v.L.n.R: Okular(17mm);
Zenitprisma; Okular(30mm)
Abbildung 4.3: diverse Filter (2“ und 1,25“)
80
Kapitel 4
Schulpraktischer Teil
Da Dr. Gerhard Rath in dieser Klasse im Physikunterricht auch gerade mit Astronomie
begann, ergänzte sich meine praktische Arbeit auch hervorragend zu seinem Unterricht. So
konnte den Schülern auch gleich die praktische Anwendung von etwas Gelerntem gezeigt
werden. In dieser Klasse befanden sich insgesamt 29 Schüler, davon waren 8 Mädchen und 21
Burschen.
Insgesamt waren es vier Unterrichtseinheiten, die mit den Schülern durchgeführt wurden,
wobei aber die zweite Einheit an zwei Abenden aufgeteilt in der Schulsternwarte und die
dritte Einheit – in Form von zwei Schulstunden – im Computerraum abgehalten wurden. Die
vier Unterrichtseinheiten waren:
1. Einführung - Vorstellung meiner Arbeit
2. Mondaufnahmen mit der Schulsternwarte und einer Webcam (Philips TuOCam)
3. Nachbearbeitung der Aufnahmen mit dem Programm „Registax“135
4. Auswertung der Schülerarbeiten und Nachbesprechung
In der ersten Einheit gab es für die Schüler und Schülerinnen eine kleine Einführung zum
Thema „Webcambeobachtung“. Dafür baute ich ein Teleskop auf und die Schüler konnten
somit gleich mitverfolgen, welche Möglichkeiten sich mit einem Teleskop, einer Webcam
und einem Computer boten.
Die zweite Einheit fand, aufgrund der großen Schülerzahl und des doch etwas
eingeschränktem Platzes auf der Schulsternwarte, an zwei Abenden statt. Zuvor waren die
Schüler aber in Gruppen zu je drei Schüler bzw. Schülerinnen eingeteilt worden. Jede Gruppe
hatte nun unter meiner Mithilfe die Aufgabe, ein Kurzvideo eines Mondgebietes mit der
Webcam und dem Teleskop aufzunehmen.
Die dritte Einheit wurde im Computerraum abgehalten und stand unter dem Motto
„Nachbearbeitung und Verfassen eines Protokolls“. Dazu wurden zwei Unterrichtsstunden
verwendet. Für die Nachbearbeitung der Kurzvideos wurde das Programm „Registax“
verwendet.
135
siehe Kapitel 3
81
Kapitel 4
Schulpraktischer Teil
In der letzten Einheit wurden die Ergebnisse der Protokolle, die jede Gruppe abzugeben hatte,
mit den Schülern und Schülerinnen gemeinsam besprochen und auf etwaige Fehler
hingewiesen. Anschließend ließ ich sie noch fünf Fragen, die sich auf den Unterricht bezogen,
beantworten.
Abbildung 4.4: Sternwarte des BRG Kepler in Graz
82
Kapitel 4
Schulpraktischer Teil
4.1 Erste Unterrichtseinheit
4.1.1 Stundenplanung
Lehrziele:
-
Allgemeine Einführung in das Beobachten mit einem Teleskop
-
Einführung in die Webcam-Astrofotografie
-
Schüler sollen die Arbeit der Astronomen und Amateurastronomen kennen
Lernziele:
lernen
-
Zeit
Schüler sollen mit einem Teleskop und einer Webcam umgehen können
Aktivitäten
Kommentar
5 min
-
Vorstellung meiner Person
meine Arbeit vorstellen
Arbeitsplan für die
kommenden Stunden
mitteilen
10 min
-
Besprechen der
Informationsblätter136
Zettelinhalt mit Schülern
besprechen
30 min
-
praktische Vorführung wie
der Aufbau Teleskop und
Webcam aussieht
mit dem Teleskop ein
Objekt(Kirchturm)erfassen
und mit der Webcam auf dem
Computerbildschirm
darstellen
Die wichtigsten Teile am
Teleskop direkt erklären
Webcam herzeigen(CCDChip zeigen)
-
5 min
136
-
Zusammenfassung der
Stunde
siehe Abb. 4.6 und Abb. 4.7
83
Kapitel 4
Schulpraktischer Teil
Tatsächlicher Ablauf
Ganz am Anfang der Stunde stellte ich mich und meine Arbeit vor. Des Weiteren erklärte ich
den Mädchen und Burschen den Ablauf und das Ziel der nächsten Unterrichtsstunden mit mir.
Nach Ausgabe der bereits erwähnten Informationsblätter wurden diese von mir genauer
erläutert und mit den Schülern gemeinsam besprochen. Anschließend wurde der zuvor
theoretisch besprochene Stoff gleich am transportablen 5“ Linsenteleskop – welches in der
Zwischenzeit von Dr. Gerhard Rath aufgebaut wurde – praktisch behandelt. Dabei wurden die
wichtigsten Teile und Merkmale eines Teleskops und einer Webcam direkt am Gerät
besprochen. Es wurden gleich der Aufbau und die Funktionsweise beim Aufnehmen mit der
Webcam am Teleskop vorgezeigt. Dazu wurde ein gut sichtbares Objekt in der Stadt mit dem
Teleskop anvisiert – gleichzeitig wurde erklärt, wie man das macht – und mit der Webcam
gefilmt.
4.1.2 Verwendete Geräte
Diese Einheit wurde im Physiksaal abgehalten und es wurden dabei folgende Geräte
verwendet:
•
transportables 5“ Linsenteleskop mit Montierung
•
Webcam + IR-Sperrfilter
•
Laptop
4.1.3 Auswertung
Diese Unterrichtseinheit wurde in Form eines Frontalunterrichtes abgehalten. Wie sich später
aus den Gesprächen mit den Schülern herausstellte, wurde diese Form des Unterrichts als
langweilig empfunden. Das Ziel dieser Stunde war aber den Schülern eine Einführung in das
Arbeiten mit der Webcam und dem Teleskop zu geben. Aus diesem Grunde war es
notwendig, den Mädchen und Burschen die Informationen in Form von Informationsblättern
und eines Frontalunterrichtes zu übermitteln.
Das praktische Zeigen am Teleskop haben die Schüler als sehr interessant empfunden. Hier
wurde wieder einmal bestätigt, wie wichtig es ist, im Physikunterricht den Stoff hin und
wieder auch anschaulich zu gestalten.
84
Kapitel 4
Schulpraktischer Teil
In diesem Fall war es der Aufbau des Teleskops, der dazu beitrug. Durch den Zeitmangel und
die Größe der Klasse war es nicht möglich, dass die Schüler selber am Teleskop und der
Webcam hantieren durften.
Abbildung 4.5: transportables 5“ Linsenfernrohr des BRG Kepler mit montierter
Webcam (Philips ToUCam 740K)
85
Kapitel 4
Schulpraktischer Teil
Abbildung 4.6: Informationszettel 1
86
Kapitel 4
Schulpraktischer Teil
Abbildung 4.7: Informationszettel 2
87
Kapitel 4
Schulpraktischer Teil
4.2 Zweite Unterrichtseinheit
4.2.1 Stundenplanung
Es gab zwei Beobachtungsabende. An jedem Abend fanden zwei Einheiten zu je 65 Minuten
statt. Es sei nun erwähnt, dass sich die Stundenplanung auf nur eine Einheit also 65 min
bezieht, da die Einheiten ähnlich abliefen.
Lehrziele:
-
Instrumente auf der Sternwarte zeigen
-
Funktionsweise und Bedienung der Teleskope erklären
-
Bedienung der Webcam am Teleskop
-
Schüler sollen den Umgang mit den Teleskopen auf der Sternwarte erlernen
-
Schüler sollen Objekte selber mit dem Teleskop einstellen können
-
Schüler sollen mit der Webcam selbst Aufnahmen erstellen können
Lernziele:
Zeit
Aktivitäten
Kommentar
5 min
-
Kurze Einweisung am
Teleskop (wichtige Merkmale
und Funktion)
20 min
-
eine 3er Gruppe nimmt ein
Video auf (ca. 30 sec)
die anderen zwei Gruppen
beobachten dabei ihre
Kollegen
-
20 min
-
20 min
-
Arbeiten am Teleskop
Webcam und Computer
verwenden
eine 3er Gruppe nimmt ein
Video auf(ca. 30 sec)
die anderen zwei Gruppen
beobachten dabei ihre
Kollegen
eine 3er Gruppe nimmt ein
Video auf(ca. 30 sec)
die anderen zwei Gruppen
beobachten dabei ihre
Kollegen
88
Kapitel 4
Schulpraktischer Teil
Tatsächlicher Ablauf
Zuerst gab es von mir eine kleine Einführung in der Sternwarte. Für viele Schüler war es das
erste Mal, dass sie auf dieser bzw. überhaupt auf einer Sternwarte waren. Ihnen wurden die
Teleskope und ihre Handhabung erklärt. Der wichtigste Punkt dabei war das selbständige
Ausrichten des Teleskops auf ein bestimmtes Objekt. Dann wurden, wie schon in der
Unterrichtseinheit zuvor, nochmals das Befestigen der Webcam am Teleskop und das
Aufnehmen137 mit der Kamera gezeigt.
Die Dreiergruppe, die ihre Aufnahme machte, teilte sich innerhalb ihrer Gruppe nochmals auf.
Zwei waren am Teleskop, wovon einer für das Steuern des Teleskops mit der Handbox138, der
andere für das Scharfstellen verantwortlich war. Beide mussten auch darauf achten, dass mit
dem Teleskop immer freie Sicht auf den Mond herrschte. Die freie Sicht konnte nämlich
durch zwei Umstände beeinträchtigt werden: zum einen waren Wolken am Himmel und zum
anderen wurde nur das Teleskop dem Objekt nachgeführt und nicht die Kuppel (so kann es
passieren, dass das Teleskop plötzlich in das Kuppeldach blickt - vor allem bei länger
dauernden Aufnahmen unbedingt auf freie Sicht achten, da es sonst zu plötzlichen
Überraschungen kommen könnte).
Der dritte in der Gruppe war am Computer tätig und war für die Einstellungen an der
Aufnahmesoftware139 verantwortlich. Die Gruppe musste eine Aufnahme von einem
Mondgebiet, das ihnen am besten gefiel, machen. Die Aufnahme sollte ungefähr 30 Sekunden
dauern, damit die Schüler später bei der Nachbearbeitung gute Ergebnisse erzielen konnten.
Abgespeichert wurde auf einen eigens für jede Gruppe angelegten Ordner. Zusätzlich war
noch ein Beobachtungsprotokoll140 zu verfassen. Wenn die Aufnahmen zufrieden stellend
waren und das Beobachtungsprotokoll passte, hatte die Gruppe ihre Aufgabe erfüllt.
Die restlichen zwei Dreiergruppen beobachteten währenddessen die Arbeit ihrer Kollegen und
hatten somit den Vorteil, als sie an der Reihe waren, den Vorgang schon einmal gesehen zu
haben.
Nach ungefähr einer Stunde waren die drei Dreiergruppen mit ihrer Arbeit fertig und die
anderen Gruppen konnten mit ihrer Aufgabe starten. Für diese galt derselbe Ablauf wie schon
oben beschrieben.
137
den genauen Ablauf findet man im Kapitel 3 – Mit der Webcam Kurzvideos erstellen
siehe Abb. 4.10
139
siehe Kapitel 3 – Abschnitt 3.2.2
140
siehe Abb. 4.11
138
89
Kapitel 4
Schulpraktischer Teil
4.2.2 Verwendete Geräte
Für die praktischen Einheiten diente die sehr gut ausgerüstete Sternwarte der Schule. Es
wurden für das Aufnehmen der Videos folgende Geräte verwendet:
•
15,4“ Spiegelteleskop (diente rein zur Beobachtung mit dem Auge)
•
Zenitprisma (zur bequemeren Beobachtung mit dem Auge)
•
Okulare
•
6“ Linsenteleskop (hier wurde die Webcam montiert)
•
Webcam, Computer und Aufnahmesoftware (ist bei der Webcam dabei)
4.2.3 Auswertung
Für diese Beobachtungsabende galt es bestimmte Voraussetzungen und Punkte zu beachten:
•
Wetter ( kann ein sehr problematischer Punkt bei Beobachtungsprojekten sein)
•
Sichtbarkeit des Mondes und das Mondalter (diese Informationen sind in fast
allen astronomischen Jahrbüchern sehr gut nachlesbar)
•
die große Schülerzahl und das Zeitproblem bei den Schülern machte es
notwendig, zwei Beobachtungsabende zu planen (die 29 Schüler wurden nun
in 10 Gruppen eingeteilt; davon waren sechs Dreier-, drei Zweier- und eine
Fünfergruppe – die ungünstige Aufteilung kam dadurch zustande, weil drei
Schüler beim Aufnehmen nicht dabei waren, bei der Nachbearbeitung aber
wieder dazu stießen)
•
weitere Gründe für die Aufteilung der Schüler waren der Platzmangel in der
Kuppel und der Umstand, dass es sinnvoller war mit einer kleineren Gruppe zu
arbeiten
Durch Beachtung dieser Punkte wurden von den Gruppen recht gute Aufnahmeergebnisse
erzielt.
Auffallend war, mit welcher Begeisterung die Schüler zu Werke gingen. Gründe dafür waren
sicher das selbstständige Arbeiten, der praktische Bezug – im Vergleich zur Theoriestunde
zuvor – und natürlich der „Glanz des Neuen“, da es für viele das erste Mal war den so „fernen
Mond“ auf so eine Art und Weise doch so nah zu sein. Viele waren einfach erstaunt, wie viele
Monddetails sie beobachten konnten.
90
Kapitel 4
Schulpraktischer Teil
Abbildung 4.8: 15,4“ Spiegelteleskop der
Schulsternwarte des BRG Kepler
Abbildung 4.9: parallaktische Montierung des
Teleskops auf einer Betonsäule
Abbildung 4.10: Handbox zum Steuern des Teleskops
91
Kapitel 4
Schulpraktischer Teil
Abbildung 4.11: Aufgabenstellung und Beobachtungsprotokoll(ist von den Schülern auszufüllen)
92
Kapitel 4
Schulpraktischer Teil
4.3 Dritte Unterrichtseinheit
4.3.1 Stundenplanung
Diese Unterrichtseinheit wurde in Form von zwei Unterrichtsstunden im Computerraum
abgehalten.
Lehrziele:
-
Eine Einführung in das Programm „Registax“ geben
-
Zeigen, wie man aus einer Menge von Daten wichtige Informationen gewinnen
kann
Lernziele:
-
Schüler sollen lernen, mit Hilfe des Computers und einem Softwareprogramm
(in unserem Fall „Registax“) aus einem Kurzvideo mäßiger Qualität ein Bild
guter Qualität zu erzeugen
-
Schüler sollen ihre Arbeitsschritte in Form von Protokollen richtig
dokumentieren lernen
Zeit
5 min
Aktivitäten
-
Kommentar
Begrüßung und Bekanntgabe
des Unterrichtszieles
Aufteilung der Schüler auf
vorhandene Arbeitsplätze
45 min
-
Einführung in „Registax“
(die Nachbearbeitung einer
Mondaufnahme mit
„Registax“ schematisch
vorzeigen
5 min
-
Pause
45 min
-
Jede Gruppe sollte ihr Video
mit „Registax“ bearbeiten
Verfassen eines Protokolls
-
Verwenden eines
Videobeamers; Schüler
sollen gleich selbst
mitarbeiten
93
Kapitel 4
Schulpraktischer Teil
Tatsächlicher Ablauf
Die Schüler nahmen vor dem Computer Platz. Leider hatte nicht jeder Schüler einen eigenen
Computer für sich zur Verfügung. Nachdem ich mich am Computer angemeldet hatte, ließ ich
die Schüler die Homepage von „Registax“141 öffnen, auf der auch das Programm als
Freewareprogramm zum Gratisdownload bereitsteht. Da aber weder ich noch die Schüler,
Administratorenrechte hatten, und wir somit die neue Version nicht runterladen konnten
(siehe 4.3.3 Auswertung), ließ ich die Schüler eine ältere Version auf ihre Festplatten
speichern. Zusätzlich spielte ich noch eine ältere Mondaufnahme von mir ins Netz, die sie
ebenfalls auf ihre Festplatten zu speichern hatten. Nach dem Öffnen des Programms
„Registax“ begann ich den Schülern über Videobeamer die wichtigsten Arbeitsschritte zu
erklären. Die Schüler durften gleich mitmachen (später stellte sich das als nicht sehr glücklich
heraus – siehe 4.3.3 Auswertung). Nach der Bearbeitung der Probeaufnahme und Betrachtung
des Ergebnisses wurde eine kleine Pause eingelegt, bevor jede Gruppe mit dem Bearbeiten
des eigenen Videos begann. Am Ende der Bearbeitung der Videos musste jede Gruppe ihre
Arbeit dokumentieren. Dazu verfassten die Schülerinnen und Schüler Protokolle (siehe Ende
des Kapitels). Zusätzlich mussten sie das dabei entstandene Bild eines Mondgebietes
beschriften. Dabei hatten sie die auffälligsten Gebiete zu benennen. Die Schüler durften dazu
das Internet (sie bekamen von mir zwei mögliche Adressen zum Nachschauen) oder auch
meine Unterlagen142 verwenden.
Wenn die Schüler diese Aufgabe erledigt hatten, mussten sie ihr Protokoll ausdrucken und
mir aushändigen. Zusätzlich sollten sie ihre Arbeit auf den Server legen, von wo ich sie mir
auf meine Festplatte geladen habe. Gruppen, die noch nicht fertig waren (aufgrund von
Problemen mit manchen Computern – siehe 4.3.3 Auswertung), mussten mir ihre Arbeiten in
der nächsten Einheit abgeben.
4.3.2 Verwendete Geräte
Da für das Nachbearbeiten der Videos die Computer notwendig waren, fand diese Einheit im
Computerraum statt, wo auch folgende Einrichtungsgegenstände verwendet wurden:
141
142
•
Computer
•
Videobeamer (zur Vorführung des Programms „Registax“)
•
Drucker
vgl. [28]
siehe Abb. 4.7
94
Kapitel 4
Schulpraktischer Teil
4.3.3 Auswertung
Diese zwei Unterrichtsstunden im Computerraum bestätigten mir zwei wichtige Regeln die
ein Lehrer beim Unterrichten beachten sollte:
1.
Sei stets gut vorbereitet
2. Rechne immer mit dem Schlimmsten
Ich muss im Nachhinein eingestehen, dass ich für die Unterrichtsstunden im Computerraum
nicht ausreichend vorbereitet war. Ich hatte nicht alle Faktoren bzw. Probleme, die beim
Unterrichten im Computerraum auftreten können, berücksichtigt. Bereits beim ersten
Problem, als wir nicht die neue Version von „Registax“ runterladen konnten, kam ich aus
meinem Konzept. Ich hatte anfangs nämlich vor, die auf der Homepage befindlichen Hilfen
für das Programm zu benützen. Da ich aber nun auf eine ältere Version zurückgreifen musste,
war auch meine Stundenvorbereitung zu ändern. Weiters war die Entscheidung, die Schüler
gleich mitmachen zu lassen, nicht gerade „glücklich“. Durch das gleichzeitige Mitmachen,
mussten mir viele Schülerinnen und Schüler immer wieder den Rücken kehren. Manche
waren eben schneller als andere und so passierte es immer wieder, dass manche nicht mehr
mitkamen und ich vieles doppelt erklären musste, was wiederum viel Zeit und Energie
kostete.
Ein weiteres Problem – mit dem im Computerraum aber immer zu rechnen ist – waren die
zum Teil langsameren Computer. Bei manchen kam es sogar zu Abstürzen und somit zu
zeitlichen Problemen und die Schüler konnten ihre Protokolle nicht fertig stellen.
95
Kapitel 4
Schulpraktischer Teil
4.4 Vierte Unterrichtseinheit
4.4.1 Stundenplanung
Lehrziele:
-
Protokoll besprechen
-
mögliche Nachschlagewerke für Astronomiethemen vorstellen
-
Die Schüler sollen Fehler in ihren Protokollen erkennen
-
Sie sollen anhand der gestellten Fragen die letzten Stunden reflektieren
Lernziele:
Zeit
Aktivitäten
Kommentar
5 min
-
Begrüßung und das Ziel
dieser Stunde nennen
15 min
-
Rückgabe der Protokolle
etwaige Fehler besprechen
15 min
-
5 Fragen143 zu den Einheiten
von den Schülern
beantworten lassen
10 min
-
Zwei astronomische
Zeitschriften („Star
Observer“ und „Sterne und
Weltraum“) sowie einen
Mondatlas(Rükl) vorstellen
5 min
-
Zusammenfassung
Verabschiedung von den
Schülern
143
Diktieren der fünf Fragen
und schriftlich beantworten
lassen
siehe 4.4.3 Auswertung
96
Kapitel 4
Schulpraktischer Teil
Tatsächlicher Ablauf
Am Anfang gab ich den Schülern die von mir bewerteten Protokolle zurück und wies – falls
vorhanden – auf etwaige Fehler hin.
Nach der Rückgabe der Protokolle verlas ich fünf Fragen, die ich von den Schülern
beantworten ließ (siehe 4.4.3 Auswertung).
Nach Beantwortung der Fragen stellte ich den Schülern zwei astronomische Zeitschriften
(„Star Observer“ und „Sterne und Weltraum“) und den Mondatlas von A. Rükl vor.
Am Ende der Stunde fasste ich alles nochmals zusammen. Ich erzählte den Schülern, wie ich
sie während der Stunden erlebt hatte, bedankte mich für ihre gute Mitarbeit und
verabschiedete mich von ihnen.
4.4.2 Verwendete Geräte
In dieser Stunde wurden außer meinen Zeitschriften und meines Buches keine besonderen
Geräte verwendet.
4.4.3 Auswertung
Diese Stunde setzte sich aus zwei wesentlichen Bestandteilen zusammen. Zum einen war es
die Rückgabe der Protokolle und zum anderen wollte ich mit Hilfe von fünf vorbereiteten
Fragen Rückmeldungen über den Unterricht erhalten. Mich interessierte unter anderem was
für die Schüler interessant war und was ihnen besonders gefallen hatte.
Zu den Protokollen muss ich sagen, dass sie im Großen und Ganzen sehr informativ und
interessant waren. Obwohl ich nicht vorgegeben hatte, wie sie genau auszusehen hatten, war
ich erstaunt über die Ideenvielfalt bei der Gestaltung der Arbeiten. Einige arbeiteten mehr mit
Worten, während andere eher Bilder verwendeten, die aber inhaltlich den anderen nichts
nachstanden. Auch bei der Beschaffung der nötigen Informationen über die Monddetails, die
jede Gruppe für ihre Aufnahmen benötigten, waren alle sehr erfolgreich. Sie recherchierten
selbstständig im Internet und fanden fast immer, wonach sie suchten. Durch das fleißige
Engagement der Schüler gab es auch bei der Bewertung der Arbeiten keine so großen
Unterschiede.
97
Kapitel 4
Schulpraktischer Teil
Bei der Benotung der Arbeit legte ich ein besonderes Augenmerk auf die Richtigkeit der
Bezeichnung der Mondgebiete. Da gab es nämlich den einen oder anderen Unterschied.
Manche hatten nur zwei oder drei auffällige Monddetails bezeichnet, während andere mehrere
Details aus diversen Mondkarten heraussuchten. Sehr wichtig war natürlich auch die Art der
Dokumentation. Sie sollte inhaltlich richtig sein und eine gewisse Form haben.
Zur Auswertung der fünf Fragen die ich stellte sei gesagt, dass die geringe Anzahl der
Mädchen keinen direkten Geschlechtervergleich zugelassen hat. Ich habe aber trotzdem
versucht, bei den Antworten zwischen Mädchen und Burschen zu unterscheiden.
Den Schülern wurden folgende fünf Fragen gestellt.
1. Bist du an Astronomie interessiert?
2. Wie haben dir die Stunden gefallen? (Begründe deine Antwort)
3. Was hat dir besonders gefallen?
4. Welche Erfahrungen werden dir in Erinnerung bleiben?
5. Bist du nun mehr an Astronomie interessiert als vor den Stunden? (Begründe deine
Antwort)
ad 1)
Da ich bei der Frage keine Beurteilungsskala hinzu gegeben hatte, war es nicht so leicht, eine
Auswertung zu machen. Ich machte es aber so, dass ich die Antworten in vier Kategorien
einteilte. Zwischen dem „JA“ und dem „NEIN“ gab es noch ein „EIN WENIG“ und ein
„EHER NICHT“.
Mädchen
Die Mädchen beantworteten diese Frage zum Großteil mit „EHER NICHT“ und
„NEIN“.
Burschen
Bei den Burschen antwortete die überwiegende Mehrheit mit „JA“.
Natürlich lässt die wie eingangs erwähnt geringe Mädchenanzahl keinen allgemeinen Schluss
zu, aber eine gewisse Tendenz, dass mehr Burschen an Astronomie interessiert sind als
Mädchen, ist doch zu erkennen.
98
Kapitel 4
Schulpraktischer Teil
ad 2)
Mädchen
Auch wenn laut Punkt 1 die Mädchen nicht so sehr an Astronomie interessiert
waren, hatten sie doch Gefallen an den Stunden gefunden. Als Begründung führten
sie das selbstständige Arbeiten auf der Sternwarte und die Abwechslung im
Unterricht an.
Burschen
Bei den Burschen gab es größtenteils sehr positive Rückmeldungen. Wieder
wurden das selbstständige Arbeiten aber auch das Einbinden des Computers in
den Unterricht als Begründungen genannt.
Ein allgemeiner Schluss sei zwar wieder nicht erlaubt, aber trotzdem wurde meinem Erachten
nach, eine oft gehörte Meinung bestätigt: Burschen sind eher an Computern und allem was
damit zusammenhängt interessiert als Mädchen.
ad 3)
Bei der dritten Frage konzentrierten sich die Antworten der Schüler auf die ersten drei
Unterrichtseinheiten: „Einführung in der Klasse“, „Webcamaufnahmen auf der Sternwarte“
und „Nachbearbeitung im Computerraum“.
Mädchen
Für die Mädchen zählte die Stunde auf der Sternwarte zu den interessantesten
Unterrichtseinheiten. Vor allem den Blick durch das Teleskop fanden sie sehr
imponierend.
Burschen
Auch bei den Burschen zählte der Abend auf der Sternwarte zu den Highlights
der vier Unterrichtseinheiten. Manche fanden aber auch das Nachbearbeiten im
Computerraum sehr interessant.
99
Kapitel 4
Schulpraktischer Teil
Die Antworten der Schüler auf diese Frage bestätigten mir auch meinen eigenen Eindruck von
den Stunden auf der Schulsternwarte. Ich war sehr überrascht mit welcher Begeisterung und
Disziplin die Schüler mitmachten. Für mich stand sofort fest, dass wir zu sehr guten
Ergebnissen kommen würden – dies traf dann auch zu.
ad 4)
Mädchen
Der Großteil schrieb, dass die Arbeit mit dem Teleskop und das Aufnehmen der
Videos, ihnen am längsten in Erinnerung bleiben würde. Nur wenige meinten, der
Umgang mit dem Programm „Registax“ hätte ihr Wissen erweitert.
Burschen
Die Burschen fanden ebenfalls die Arbeit mit der Webcam
und die
Teleskopbenützung am interessantesten.
Einige meinten aber auch, ihr Wissensrepertoire mit sämtlichen Monddetails
erweitert zu haben.
Eigentlich war für die Beantwortung dieser Frage zu wenig Zeit vergangen. Für die Schüler
war alles noch ziemlich „frisch“. Ich glaube, sie konnten noch nicht objektiv beurteilen, wie
viel ihnen an Wissen erhalten geblieben war. Für so eine Frage müsste einfach mehr Zeit
vergehen, die ich aber nicht hatte.
Zwei Kommentare von Schülern möchte ich aber an dieser Stelle erwähnen. Sie haben mir
besonders gefallen, da sie meine Unterrichtsziele144 - für meine Unterrichtseinheiten angesprochen haben.
Eine Schülerin schrieb: „Genaues Beobachten…“, und ein Schüler beantwortete die vierte
Frage folgenderweise: „…daher weiß ich jetzt, wie Astronomen arbeiten…“.
ad 5)
Die Antworten zu dieser Frage ließen sich in zwei Kategorien einteilen. In Antworten die
besagten, dass die Schüler nun mehr an Astronomie interessiert waren und Antworten die
aussagten, dass der Unterricht nichts am Interesse geändert hätte.
144
Den Schülern soll die Arbeit der Astronomen näher gebracht werden; genaues Beobachten ist elementarer
Bestandteil der Forschungstätigkeit von Astronomen
100
Kapitel 4
Schulpraktischer Teil
Mädchen
Laut Meinungen der Schülerinnen wurde mit diesem Unterricht das Interesse für
die Astronomie ein wenig gesteigert. Immerhin meinten drei von sechs
Schülerinnen, sie seien nun mehr an der Astronomie interessiert. Die restlichen
drei meinten, ihr Interesse hätte sich nicht verändert.
Burschen
Bei den Burschen kam es zu einem ähnlichen Ergebnis. Ungefähr die Hälfte
meinte nun, mehr Gefallen an der Astronomie zu haben. Die restlichen Schüler
meinten, es hätte sich nichts geändert.
Die Antworten auf diese Frage waren für mich sehr positiv. Sie stimmen mich zuversichtlich,
in einigen das Interesse zur Astronomie doch gesteigert zu haben.
Eine Schülerin hat dazu einen passenden Kommentar abgegeben. Sie schrieb: „Ich sehe am
Abend öfter in die Sterne, schaue den Mond an und rate, welches Alter der Mond heute hat“.
101
Kapitel 4
Schulpraktischer Teil
4.5 Ergebnisse
Exemplarisch sollen hier anhand von zwei Protokollen die Arbeiten der Schüler vorgestellt
werden.
102
Kapitel 4
Schulpraktischer Teil
103
Kapitel 4
Schulpraktischer Teil
104
Kapitel 4
Schulpraktischer Teil
105
Kapitel 5
Astronomie in der Schule
5.1 Ist-Zustand im Physikunterricht
Die TIMS (Third International Mathematics and Science)-Studie145 zeigte, dass unsere
Schüler in den naturwissenschaftlichen Fächern im Vergleich zu anderen Ländern einen
dringenden Aufholbedarf nötig haben.
Im Unterstufenbereich sehen die Ergebnisse einigermaßen erträglich aus (Österreich landete
im Mittelfeld), wogegen sich im Oberstufenbereich eine deutliche Verschlechterung der
Leistungen der Schüler zeigte. Österreich belegte im Bereich der Oberstufe-AHS in Physik
den vorletzten und in Mathematik sogar den letzten Platz. Bei Aufgabenstellungen im
Teilgebiet Physik-Fachwissen hat sich gezeigt, dass Maturantinnen und Maturanten nur
jeweils etwa zwei von zehn bis fünfzehn Fragen mit mehr als 50% Erfolg lösen konnten. Vor
allem bei Verständnisfragen und Anwendungen von fundamentalen Begriffen gab es große
Schwierigkeiten bei den Schülern.146
Nach diesen doch sehr niederschmetternden Tests stellte man sich die Frage: „Wie ist er nun
wirklich, der Ist-Zustand des Physikunterrichts?“
Um diese Frage auch wirklich untersuchen bzw. beantworten zu können, wurde das IMST
(Innovation in Mathematics Science and Technology Teaching)-Projekt147 ins Leben gerufen.
145
bei dieser Studie wurde vor allem das Allgemein- und das Fachwissen in den naturwissenschaftlichen Fächer
unserer Schüler überprüft
146
vgl. [24]
147
Das Nachfolgeprojekt heißt IMST2
106
Kapitel 5
Asronomie in der Schule
Hinter diesem Projekt verbirgt sich ein Bündel von Programmen, die auf verschiedenen
Ebenen
ansetzen,
um
den
Unterricht
zu
verbessern.
Es
gibt
immer
wieder
Fortbildungsveranstaltungen und ständige Diskussionsrunden um die Meinungen von
verschiedenen Personengruppen aus den Bereichen Schulpraxis, Schulaufsicht und
Wissenschaft einzuholen. Schwerpunkte dieses Projektes sind die Reflexion über Lehr- und
Lernprozesse sowie der Aufbau eines Netzwerkes zwischen den Schulen, damit sich
Innovationen im Bereich Bildung schneller verbreiten können.
Im Rahmen des IMST-Projektes kam man zu dem Ergebnis, dass unsere Schüler bei
anspruchsvolleren Problemstellungen – wo eigene kreative und aktive Denkleistungen
erforderlich sind – anderen Ländern schlichtweg unterlegen sind. Laut Experten gibt es eine
zu geringe Balance zwischen Schüler- und Fachorientierung. Bei manchen Lehrern steht das
Fach oft zu sehr im Vordergrund und auf den Schüler (Interessen, Stärken, Probleme) wird
einfach zu wenig eingegangen.
Die Art des Physikunterrichts, wie er in den meisten Schulen unterrichtet wird, spricht die
Schüler einfach nicht an. Ihnen erscheint der Physikunterricht als zu abgehoben, zu abstrakt
und in den meisten Fällen einfach zu lebensfremd. Als logische Folge kann man auch die
Ergebnisse von Umfragen über die Beliebtheit von Schulfächern betrachten.148 In diesen
Umfragen zählt Physik nicht zu den beliebtesten, sondern eher zu den wenig beliebten
Fächern. Leider legen die Schüler diese Meinung auch nicht ab, wenn sie mit der Schule
fertig sind. Und so hält die negative Einstellung gegenüber dem Physikunterricht auch im
Erwachsenenalter an. Man darf sich dann auch nicht über gewisse Äußerungen in der
Öffentlichkeit wundern, wie: „Für was braucht man eigentlich den Physikunterricht?“ So
passiert es dann auch, dass bei Stundenkürzungen vor allem die so unbeliebte Physik zum
„Handkuss“ kommt und Stunden abgeben muss. Dabei kann man diesen Kritikern mit einigen
wichtigen Argumenten sofort entgegentreten.
Argumente für den Physikunterricht149
•
Moderne Naturwissenschaft hat Denken und Weltverständnis entscheidend
geprägt. Die Teilnahme am kulturellen Leben erfordert Einführung in
Weltbild, Denk- und Arbeitsweise der Physik.
148
149
vgl. H. Muckenfuß: Lernen im sinnstifteten Kontext. Cornelsen-Verlag 1995
vgl. Bleichroth u.a.: Fachdidaktik Physik. Aulis-Verlag 1991
107
Kapitel 5
Asronomie in der Schule
•
Die Kritikfähigkeit der Menschen gegenüber Expertenmeinungen ist besonders
wichtig. Bereiche, die tief im Leben eingreifen, sollen rational kontrollierbar
bleiben.
•
Der Zugang zu Berufen mit naturwissenschaftlichen Komponenten würde ohne
die Physik eingeschränkt werden.
•
Physikalisch-technische Innovationsfähigkeit ist für den wirtschaftlichen
Wohlstand entscheidend. Physikalische Kompetenz allgemein verbessert das
Klima, den Boden für die Entwicklung.
•
Förderung allgemeiner Fähigkeiten wie zum Beispiel Problemlöse-Kompetenz,
kreatives Denken, Urteilsvermögen, Objektivität, Skepsis, und genaues
Beobachten
Zum letzten Punkt muss gesagt werden, dass nicht die Physik alleine einen Anspruch auf die
Förderung dieser Fähigkeiten hat. Auch andere Fächer können dazu wichtige Beiträge liefern.
Mit Sicherheit ließen sich noch weitere Argumente für die Legitimation des Physikunterrichts
finden, doch es würde schon ausreichen, wenn den Schülern bzw. der Öffentlichkeit
wenigsten ein paar davon überzeugend vermittelt werden könnten. Denn dann würde das Bild
der Physik auch in der Öffentlichkeit ein anderes sein.
Nach der doch eher negativen Beschreibung der Situation des Physikunterrichts in unseren
Schulen kann die Frage gestellt werden: „Wie könnte der Physikunterricht nun interessanter
gestaltet werden?“ Eine Möglichkeit dies zu schaffen, wird in meiner Diplomarbeit
vorgestellt – Astronomie im Physikunterricht.
5.2 Astronomie im Physikunterricht
Kosmische Phänomene zu untersuchen und aufzudecken, zählte schon immer zu einen der
größten Abenteuer der Menschheit. Großartige frühzeitliche astronomische Entdeckungen
(Tag-Nacht, Sommer-Winter, Vollmond-Neumond, Kalender,…) zeugen bereits von sehr
frühem Interesse an einer der ältesten Naturwissenschaften – der Astronomie. Damals wurden
andere Ziele verfolgt (eher praktische und religiöse) um himmlische Phänomene zu deuten.
108
Kapitel 5
Asronomie in der Schule
So waren es erst die Griechen, welche durch eine mathematische Beschreibung der
Himmelserscheinungen mit der Astronomie (Astro=Stern; Nomos=Gesetz) eine Basis
naturwissenschaftlicher Gesetze erschufen.150
Die Astronomie hat ihre Faszination bis heute nicht verloren. Noch immer ist in den
Menschen die „göttliche Neugier“, um Einstein zu zitieren, tief verwurzelt. Sie dient oft als
Triebkraft, um den menschlichen Wissensdurst zu stillen.
Die Astronomie zählt zu den Wissenschaften die auf ein bemerkenswertes Interesse in der
Öffentlichkeit stößt. Artikel in diversen Journalen und Zeitungen (z.B.: „Sterne und
Weltraum“ oder „Starobserver“) die von Wasserfunden auf dem Mars oder auch
Entdeckungen von Planeten in unserem Sonnensystem berichten, werden von Menschen, die
normal nicht so viel mit Wissenschaft und Technik zu tun haben, trotzdem immer wieder mit
einer gewissen Neugier und Begeisterung gelesen.
Aber trotz dieser Begeisterung an astronomischen Themen ist die astronomische
Grundbildung dieser Leute leider oft allzu erschreckend.
Viele kennen nicht einmal den Unterschied zwischen Planeten und Sternen. Ihnen fehlt es an
den einfachsten astronomischen Grundbegriffen. Auf universitärer Ebene ist das Problem der
Wissenslücke im Bereich der Astronomie bekannt. In der heutigen Zeit der raschen
Fortschritte der Raumfahrttechnik und Entdeckungen in der Astronomie und Astrophysik
weiß man sehr wohl, welch wichtige Rolle die Bevölkerung dabei spielt. Eine gut aufgeklärte
und positiv motivierte Bevölkerung, wird eher den Sinn der doch sehr teuren
Forschungsprojekte im Bereich der Astronomie, Astrophysik und Raumfahrt verstehen und
akzeptieren können.
In der Wissenschaft steht man diesem Punkt sehr aufgeschlossen gegenüber, deshalb suchen
Wissenschaftler auch immer wieder den Kontakt zur Bevölkerung. Sei es entweder in Form
von öffentlichen Vorträgen oder auch in Form von Büchern.
Wichtig ist es nun, das vorhandene Wissen bzw. „Wissen-Wollen“ über Erscheinungen am
Himmel so früh wie möglich sinnvoll zu fördern und schon in der Schule damit anzufangen.
Mir ist auch klar, dass es in Österreich nicht möglich ist, ein eigenes Fach „Astronomie“ zu
fordern, aber im Rahmen des Physikunterrichts besteht die Möglichkeit, Astronomie zu
lehren. Schon Untersuchungen über das Interesse der Schüler an den unterschiedlichen
150
vgl. [22]
109
Kapitel 5
Asronomie in der Schule
Teilgebieten der Physik haben gezeigt, dass Astronomie zu einem der wenigen Teilgebiete
der Physik zählt, welches die Schüler auch wirklich interessiert.151
Gerade da besteht die Möglichkeit, an diesem Interesse anzuknüpfen und Schüler auf die
Seite der Physik zu holen. Der Physik wirft man oft vor, dass behandelte physikalische
Themen in keinem Zusammenhang miteinander stehen.
Die Astronomie bietet gerade hier die wunderbare Eigenschaft, wenig in Beziehung stehende
Sachverhalte (Optik, Mechanik, Wärmelehre, Quanten- und Kernphysik) doch in Verbindung
zu bringen. Astronomie wird deshalb oft auch als die „Universalphysik“ bezeichnet.
Aber nicht nur innerhalb der Physik gibt es Überschneidungen von verschiedenen
Teilbereichen. Aufgrund der wechselseitigen Beziehungen mit anderen verwandten
Wissenschaften
(Biologie,
Chemie,
Geowissenschaft,
Mathematik)
entwickelt
sich
Astronomie immer mehr zu einer interdisziplinären Wissenschaft. Astronomie in der Schule
bietet also hervorragende Voraussetzungen für den so oft im Lehrplan geforderten
fächerübergreifenden Unterricht.
Mit Hilfe der Astronomie kann der Unterricht abwechslungsreicher gestaltet werden. Neben
der Theorie steht auch praktisches Arbeiten in der Astronomie zu Verfügung. Vor allem das
Einbinden von praktischen Arbeiten in den Unterricht halte ich für besonders wichtig. Man
kann zwar versuchen, den Schülern den Anblick von Saturn oder Jupiter durch ein Teleskop
interessant zu schildern, aber so richtig begeistert werden sie erst sein, wenn sie auch wirklich
selber den Anblick erleben dürfen. Durch Beobachten rücken ferne Himmelsobjekte in
greifbare Nähe. Erscheinungen und Zusammenhänge lassen sich dadurch oft besser verstehen.
Welchen Wert nun das selbständige und praktische Arbeiten im Unterricht haben kann,
zeigten mir einige Antworten von Schülern, die sie mir auf meine gestellten Fragen (siehe
Kapitel 4) gegeben haben. Viele schrieben, dass ihnen die erste Unterrichtsstunde152 – wo nur
Theorie besprochen wurde – nicht gefallen hat. Der Stoff hätte sie einfach nicht interessiert.
Als sie dann aber auf der Sternwarte selber arbeiten und mit der Webcam Videos aufnehmen
durften, zeigten auch die weniger interessierten Schüler ein plötzliches Interesse an dem, was
gemacht wurde. Erst als die Mädchen und Burschen selber aktiv am Unterrichtsgeschehen
teilnehmen durften, steigerte sich auch das Interesse an dem Unterricht.
Meiner Meinung nach spiegelt das auch sehr gut die Tatsache wider, wie wichtig es ist einen
abwechslungsreichen Unterricht anzubieten. Der Unterricht sollte mehrere Sinne (nicht nur
Sehsinn und Gehörsinn) der Schüler ansprechen.
151
152
vgl. Gotfried Merzyn: Astronomie und Physikunterricht. NiU-Physik 4 (1993) Nr. 20
siehe Kapitel 4 – Abschnitt 4.1
110
Kapitel 5
Asronomie in der Schule
Es gibt viele Schüler, die die Dinge auch angreifen, spüren und erleben müssen, bevor sie
wirklich einen Bezug dazu herstellen können. Deshalb ist es meines Erachtens auch unbedingt
notwendig, hin und wieder eine praktische Arbeit in den Unterricht mit einzubeziehen.
Entweder in Form von einfachen Experimenten während des Unterrichts, oder wie es auch in
dieser Arbeit vorgestellt wird, in Form von Beobachtungsprojekten in der Astronomie.
Im Astronomieunterricht sollen nicht nur Ergebnisse geschildert werden (nur Fakten),
sondern
den
Schülern
muss
ebenfalls
eine
nachvollziehbare
Darstellung
der
wissenschaftlichen Forschungsmethoden und auch deren historischer Entwicklungen
vermittelt werden. Den Mädchen und Burschen sollte die Chance gegeben werden, selbst
Dinge zu entdecken und Schlussfolgerungen zu ziehen. Sie sollen also genau das machen,
was eigentlich die Naturwissenschaftler und somit die Physiker schon über Jahrhunderte weg
machen.
Wenn also vorher schon die Rede von einer schlechten Grundbildung in Astronomie war,
drängt sich hier dann schon die Frage auf: „Was sollte eigentlich zur Grundbildung aus
Astronomie gehören?“
5.2.1 Grundbildung aus Astronomie
Nach IMST2-S1 (Innovations in Mathematics Science and Technology Teaching –
Schwerpunktsaktion
S1:Grundbildung)
gibt
es
gewisse
Leitlinien,
nach
denen
naturwissenschaftlicher Unterricht gestaltet werden sollte. Es gilt einige wichtige Ziele zu
erreichen. 153
Eines der Ziele ist es, den Schülern ein gewisses Weltverständnis zu vermitteln. Sie sollten
ein Verständnis für Dimensionen und Größenordnungen bekommen und die unterschiedlichen
Größenordnungen von Planeten, Sterne, Planetensystemen, Galaxien miteinander vergleichen
können. Auch die Stellung des Menschen als Teil der Natur sollte diskutiert werden.
Des Weiteren ist wichtig, die Naturwissenschaften als Bildungs- und Kulturerbe mit deren
Auswirkungen in einem größeren geschichtlichen Zusammenhang zu sehen. Dabei können
die Geschichte der Naturwissenschaften und Forscherbiographien viel zum kritischen
Verständnis der Bedeutung von Fachinhalten beitragen.
153
vgl. [25]
111
Kapitel 5
Asronomie in der Schule
Ebenfalls ist es wichtig, den Schülern ein Wissenschaftsverständnis zu vermitteln. Ihnen
sollte klar werden, dass Forschung und Wissenschaft dynamische und weiterentwickelnde
Prozesse sind. Sie sollten lernen, Fragen zu stellen, Hypothesen zu entwickeln, kritisch zu
denken und richtig zu argumentieren.
Ein wichtiges Ziel dabei ist ihnen klar zu machen, dass Astronomie zu verstehen ist und sie
sehr wohl ein Verständnis für astronomische Forschungsfragen entwickeln können.
5.2.2 Astronomie unterrichten
Durch die Vielseitigkeit der Astronomie gibt es auch mehrere Zugänge, die einem für den
Unterricht geboten werden. Anschließend sollen mögliche Zugänge und zwei Möglichkeiten
vorgestellt werden, nach dem man seinen Astronomieunterricht orientieren könnte.
Mögliche Zugänge
•
historischer Zugang: Astronomie ist die älteste Naturwissenschaft und ein
Basiselement unserer Kultur; Zusammenhänge in Kalenderrechnung und
Astrologie u. a.
•
Amateurszene:
keine
Naturwissenschaft
kann
so
einen
großen
Amateurbereich aufweisen wie die Astronomie; Amateure liefern immer
wieder
wichtige
Beiträge
für
die
Wissenschaft
(Kometen-
und
Planetoidenentdeckungen); Himmelsfotografie (Webcam); Teleskopbau u.v.m.
•
Faszination, Geheimnisse: der Anblick der Sterne versetzt die Menschen
immer wieder ins Staunen und bringt sie zum Nachdenken (Was bewegt sich
am Himmel? Wie bewegt es sich?)
•
Raumfahrt: Raumfahrtmissionen (Mond, Mars, Jupiter, Saturn); Satelliten;
Raumstationen (MIR, ISS)
•
Science fiction: UFOs; Außerirdische; Leben auf fremden Planeten (durch
jetzige Marsmissionen ein sehr aktuelles Thema)
•
Aktuelle Forschung in der Astronomie: Großprojekte wie Marsmissionen,
Sonnenforschung; Entdeckung neuer Planeten
•
Kosmologie: verschiedene Weltmodelle (Wer sind wir und wo kommen wir
her?)
112
Kapitel 5
Asronomie in der Schule
Es gibt also verschiedene Einstiege, Astronomie im Physikunterricht zu unterrichten. Ich
möchte nun zwei Vorschläge machen, wie ein Astronomieunterricht aussehen könnte. Der
eine Vorschlag ist einen historisch genetischen Zugang zu wählen.154
Im Folgenden soll nur ein grober Ablauf (inhaltlicher Ablauf) skizziert werden. Die
Grundfrage könnte lauten: „Wie kam man darauf?“155
historisch genetischer Zugang
•
Die Kugelform der Erde
•
Wie bestimmt man die Position auf der Erde?
•
Die Rotation der Erde
•
Die Bewegung der Erde
•
Sonne, Mond und Planeten: Von Kalender und Astrologie zum heutigen
Wissen
•
Wie weit sind Gestirne von der Erde entfernt?
•
Sterne: Sind sie alle auf einer Kugelschale? Woraus bestehen sie?
•
Von Nebeln zu Galaxien
•
Ist die Sonne der Mittelpunkt der Milchstraße?
•
Ist das Universum unendlich? Wie alt ist es?
Die zweite Möglichkeit bezieht sich auf das Buch von Prof. Dr. Arnold Hanslmeier. Es hat
den Titel „Astronomie“ und ist aus der Reihe „Physik-compact“. Dieses Buch, welches sich
an den interessierten Laien und an Schüler (ab 5. Klasse – Sekundarstufe II) richtet, ist als
eine Art „Einführung in die Astronomie“ gedacht.
Nach einem allgemeinen Überblick (Was ist die Astronomie? Welche Bewegung führt die
Erde aus? Wie hoch steht die Sonne…), gibt es in diesem Buch auch einen Überblick über die
geschichtliche Entwicklung in der Astronomie. Dabei entführt der Autor die Leser zurück in
die Steinzeit, in die Zeit der Ägypter, Babylonier, Chinesen, weiter ins Mittelalter – die Zeit
der großen Naturwissenschaftler wie Kopernikus, Kepler, Galilei – bis in die Gegenwart mit
der Entstehung von Riesenteleskopen und der Raumfahrt. Nach den ersten beiden Kapiteln
beginnt dann eine Reise vom „Kleineren“ bis hin zum „Großen“.
154
155
vgl. [25]
vgl. [25]
113
Kapitel 5
Asronomie in der Schule
Ausgehend von den Planeten unseres Sonnensystems, über die Sonne und die Welt der
Fixsterne, zu den Galaxien bis schließlich zur Entstehung und Entwicklung des Universums,
gibt der Autor einen guten einführenden Einblick in die Astronomie.
Ich will nun wieder einen groben Ablauf – Anregungen die man sich für seinen
Astronomieunterricht holen könnte – skizzieren.
Dieser Ablauf orientiert sich nach dem erwähnten Buch und sollte nur als kleine Hilfestellung
dienen. Das Motto dieses Unterrichtes könnte lauten: „Vom Kleinen zum Großen“.
Astronomieunterricht-mögliche Abfolge
(nach dem Buch von Prof. Dr. Arnold Hanslmeier: Astronomie156 )
•
Allgemeiner Überblick: Eine Reise durch Raum und Zeit; Was ist
Astronomie? Wie hoch steht die Sonne? Wie entstehen Ebbe und Flut u.v.m.
•
Geschichte der Astronomie: Von der Steinzeit bis zur heutigen Zeit
•
Planeten: Allgemeines; Mond; von Merkur bis Pluto; Wie entstand unser
Sonnensystem?
•
Die Sonne, der Stern von dem wir leben: Alles über die Sonne bis zu
allgemeinen Fragen wie: Bestimmt die Sonne unser Wetter?
•
Die
Welt
der
Fixsterne:
Sternhelligkeit;
Sternfarbe;
Sternspektren;
Hertzsprung Russel Diagramm (HRD); Sternentwicklung
•
Die
Welt
der
Galaxien:
Der
Raum
zwischen
den
Sternen;
Entfernungsbestimmung; unsere Milchstraße
•
Entstehung
und
Entwicklung
des
Universums:
Galaxieverteilung;
Entstehung von Galaxien…Sind wir allein im Kosmos?
In diesem Buch gibt es in jedem Kapitel immer wieder kleinere Aufgabenstellungen, die den
Leser dazu bringen soll, das eben Gelesene anzuwenden. Und wenn man die Aufgaben nicht
lösen kann, besteht noch immer die Möglichkeit, sich die Lösung am Ende des Buches
anzusehen.
Mir ist schon bewusst, dass kaum die Zeit reichen wird, das gesamte Buch in der
Physikstunde zu besprechen, aber gewisse Anregungen und Teilbereiche könnten jedenfalls
aus diesem Buch übernommen werden.
156
vgl. [19]
114
Kapitel 5
Asronomie in der Schule
Zum Abschluss will ich noch kurz auf den österreichischen Lehrplan für Physik (Unterstufeund Oberstufe AHS) eingehen. Es soll gezeigt werden, dass dieser sehr wohl Vorschläge
beinhaltet Astronomie in den Physikunterricht einzubinden.
Lehrplan Unterstufe AHS157
Das Ziel des Physikunterrichtes in der Unterstufe ist es, den Kindern das Modelldenken der
Physik (Realwelt – Modell – Modelleigenschaften – Realwelt) zu vermitteln. Physikalisches
Wissen soll in größere Zusammenhänge gestellt werden. Vor allem das bewusste Beobachten
und das verbale Beschreiben von physikalischen Vorgängen spielen hier eine wesentliche
Rolle. Gerade das Einbinden der Astronomie in den Unterricht in Form von einfachen
astronomischen Beobachtungen, in dem besonders das Protokollieren von Vorgängen und der
Versuch der verbalen Beschreibung eine besondere Rolle spielt, könnte dazu beitragen, den
Schülern einen besseren und umfassenderen Einblick in die Physik zu geben.
In der vierten Klasse wird speziell in den Kapiteln Gekrümmte Wege auf der Erde und im
Weltall (Planetenbewegungen, Satellitenbewegungen, Gravitationskraft) und Die Welt des
Sichtbaren (Optik, Teleskope) auf astronomische Themen Bezug genommen. Aber auch im
Kapitel Das radioaktive Verhalten der Materie könnte man schon das erste Mal auf die
Energieumsetzung in der Sonne und in den Sternen zu sprechen kommen – wenn auch noch
nicht bis ins Detail.
Man sieht, dass bereits in der Unterstufe einige Möglichkeiten bestünden, Astronomie zu
unterrichten.
Lehrplan Oberstufe AHS (ab Herbst 2004)158
Ab Herbst 2004 gibt es einen neuen Lehrplan in Physik für die Oberstufe. Bei der Erstellung
des neuen Lehrplanes stand vor allem im Vordergrund, was Schüler nach dem Unterricht
wissen sollten und nicht was die Lehrkräfte an Stoff bewältigen könnten.
Neu an diesem Lehrplan sind die Angabe des Lehrstoffes für mehrere Jahre und das Entfallen
der bekannten Trennung zwischen Kern- und Erweiterungsstoff. Der Lehrstoff wird nun über
mehrere Jahre (5. und 6. Klasse; 7. und 8. Klasse) angegeben.
157
158
vgl. [26]
vgl. [26]
115
Kapitel 5
Asronomie in der Schule
In den Jahrgängen 5. und 6. Klasse liegt der Schwerpunkt im Bereich der „klassischen
Physik“, während in den Jahrgängen 7. und 8. Klasse der Bereich „moderne Physik“
behandelt werden soll.
Im Lehrstoff der 5. und 6. Klasse gibt es zwei wesentliche Bildungsziele, die unmittelbar mit
der Astronomie im Zusammenhang stehen. Zum einen sollen Schüler einen Überblick über
Größenordnungen im Mikro- und Makrokosmos und unsere Stellung im Universum
bekommen, zum anderen sollen sie mit Hilfe der Bewegungslehre ein Verständnis für
Vorgänge bei den Planetenbewegungen entwickeln.
Im Lehrstoff der 7. und 8. Klasse steht, dass die Schüler die bisher entwickelten methodischen
und fachlichen Kompetenzen vertiefen sollen. Ihnen soll ein Einblick in das Weltbild der
modernen Physik geboten werden.
Als Bildungsziele, die ebenfalls mit der Astronomie in Verbindung gebracht werden können,
zählen: Grundzüge der modernen Atomphysik (Spektren bzw. Sternspektren); Einblick in
kernphysikalische Grundlagen (Aufbau der Kerne, Energiequelle der Sonne); Einblicke in die
Struktur von Raum und Zeit (Entwicklungsprozess von Weltsichten zur modernen
Kosmologie, Gravitationsfeld, Aufbau und Entwicklung des Universums).
Laut Lehrplan ist es auf jeden Fall möglich bzw. ein Muss, auch Astronomie in Physik zu
unterrichten. Ich möchte an dieser Stelle noch von einer Erfahrung berichten, welche ich
während meinen Unterrichtseinheiten159 mit den Schülern machte. Da zeigten Schüler, die
normal nicht so sehr an der Physik interessiert waren ein plötzliches Interesse an der Physik
und meinten dann: „Also, das ist Physik?“ Das hat mir gezeigt, dass Astronomie den
Physikunterricht nicht nur interessanter macht, sondern ihn auch durchwegs bereichert. Und
genau das versucht diese Diplomarbeit auch zu vermitteln. In der Arbeit wurde ein praktischer
Zugang zur Astronomie vorgestellt, der den vielleicht oft schon zu „trockenen“
Physikunterricht abwechslungsreicher gestalten könnte. Dabei wurde darauf geachtet, dass er
für jeden Physiklehrer geeignet ist, auch für jene, die bis sich bis jetzt noch nicht so viel mit
Astronomie beschäftigt haben.
159
siehe Kapitel 4 – Schulpraktischer Teil
116
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http://www-user.tu-chemnitz.de/~maeng/ccd
Vorlesungsscript einer Vorlesung an der TU-Chemnitz
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„Zum Ist-Zustand des Physikunterrichts in der Oberstufe“
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Homepage von Dr. Gerhard Rath – Lehrer am BRG-Kepler in Graz
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http://www.bmbwk.gv.at/schulen/unterricht/index.xml
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http://dr.strickling.bei.t-online.de/sonneanf.htm
Seite mit Tipps zur Sonnenbeobachtung
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http://aberrator.astronomy.net/registax
Homepage von Registax
118