Gedichtinterpretation Nachtgedanken
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Gedichtinterpretation Nachtgedanken
Copyright by Klasse 10, Schuljahr 2005/06 –Löhrschule Trossingen Gedichtinterpretation: Nachtgedanken von Heinrich Heine Heinrich Heine hat sein Gedicht 1843 geschrieben. Es ist erschienen in dem Band „Neue Gedichte“. Der viel zitierte Auftakt „Denk ich an Deutschland in der Nacht,…“ zeigt die Verbindung des Dichterischen „ich“ mit der größeren Thematik Deutschlands während der Restauration. Alle Schriftsteller des „jungen Vormärz“ unterlagen der Pressezensur. Heine selbst war nach Frankreich in das Exil gegangen. In diesem Gedicht zeigt er auf, mit welcher Sehnsucht er an die Mutter und Deutschland denkt. Gleichzeitig deutet er an, welche Rolle Frankreich und seine Frau für ihn spielen. Das Gedicht ist in zehn Strophen aufgeteilt. Die ersten fünf zeigen seine persönliche Situation auf. Die letzten fünf beziehen sich auf Deutschland und Frankreich. In jeder Strophe finden wir zwei Paarreime: so reimen sich in der ersten Strophe „Nacht“ mit „gebracht“ und „schließen“ mit „fließen“. Durch die Wiederholung von Substantiven werden im ersten Teil die Strophen verbunden und der Leser wird dadurch in das Hauptgeschehen eingeführt. Er drückt sein „Sehnen und Verlangen“, seine Beziehung zu „Die alte Frau“ und den Zeitraum seines Exils mit „zwölf langen Jahren“ aus. In der ersten Strophe drückt Heine sein Gefühl gegenüber Deutschland und seine Reaktion aus. In der Nacht denkt er an sein Heimatland und weint. In der zweiten Strophe weist er auf den Zeitraum und sein Sehnen nach der Mutter hin. Zwölf Jahre hat er sie nicht mehr gesehen. In der dritten Strophe weist er auf das Alter der Mutter hin („Die alte Frau“) und wünscht, dass Gott sie erhalte. In der vierten Strophe geht es um den bisherigen Kontakt der Mutter zu ihrem Sohn. Die alte Frau schrieb Briefe, die aufgrund der zittrigen Hand von tiefer Erschütterung künden. Den Abschluss der Aussage über die persönliche Bindung bildet die fünfte Strophe. Heine zeigt hier auf, dass er immer an die Mutter denkt und sie zwölf Jahre nicht mehr umarmen konnte. Im zweiten Teil, der mit der sechsten Strophe beginnt, spricht er von der Natur Deutschlands. Sie ist kerngesund. Symbol hierfür sind die Eichen und Linden. In der siebten Strophe wird deutlich, dass er keine Angst um das Vaterland hat, sondern um die Mutter, denn das Vaterland wird nicht verderben doch die alte Frau kann sterben. Diese Erfahrung und Sorge wird in der achten Strophe begründet. Denn schon viele seiner Bekannten sind gestorben. In der zweitletzten Strophe spricht er davon, dass die große Anzahl der Leichen ihn belastet. Doch schon am Ende dieser Strophe deutet sich Erlösung von seiner Qual an. Er spricht davon, dass die Leichen gottlob weichen. Ganz zum Schluss, in der zehnten Strophe, wird die düstere Stimmung vollends aufgehoben und dies für beide inhaltliche Teile. Die Sorge um Deutschland wird durch „französisch heitres Tageslicht“ weggenommen. Der Kummer um die alte Mutter wird durch seine Frau, die er als „schön wie den Morgen“ bezeichnet, vertrieben. Dass Heinrich Heine um Deutschland zur Zeit der Restauration besorgt ist, zeigt die Tatsache, dass er vor der Zensur der Mächtigen in das freiheitsliebende Frankreich entflohen ist. Außerdem hat er das Bild „Die Freiheit führt das Volk an“ von Eugene Delacroix besonders gewürdigt. Es stellt sich also die Frage ob für ihn der Kampf um die Freiheit nicht einen Aufstand wert ist. Dass die Sehnsucht Heinrich Heines nach seiner Mutter außerordentlich stark war, belegt die Tatsache, dass er heimlich von Paris nach Hamburg gezogen ist. Dieser Reise verdanken wir sein wohl schönstes Werk, nämlich „Deutschland ein Wintermärchen“. Durch dieses Gedicht habe ich erfasst, dass Heinrich Heine eine besondere Persönlichkeit war und für seinen Standpunkt sogar nachteilige Konsequenzen in Kauf nahm. Zurecht feiern wir durch kulturelle Veranstaltungen in diesem Jahr seinen hundertfünfzigsten Todestag. Aufgrund dieses Gedichts kann ich die Menschen besser verstehen, die wegen politischer Motive in unserm Land um Aufnahme bitten. Ihnen ergeht es sicher so wie Heine, dass ihnen die Verwandtschaft fehlt und ihre Seele wegen den undemokratischen Zuständen im Heimatland weh tut. Heute dürfen wir froh sein, dass die Zensur es nicht schaffte die Gedanken und Gefühle eines Freiheitsliebenden zu unterdrücken.