Matrix - Filmmusikanalyse

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Matrix - Filmmusikanalyse
Universität Kassel
FB 01 Institut für Musik
Seminar:
Dozent:
Filmmusik
Prof. Dr. Jan Hemming
Thomas Höhl
Matrikelnr: 27222874
Frankfurter Str. 87
34121 Kassel
Email:
Fächer:
Semester:
Thomas.Hoehl@hotmail.de
Musik und Französisch (L3)
04
Inhaltsverzeichnis
1.
Einleitung
2
2.
Don Davis - Kurzbiografie
3
3.
Komponieren für „The Matrix“
4
4.
3.1 Starke Integrierung
4
3.2 Der postmoderne Ansatz
4
Szenenanalysen
4.1 Die erste Szene / „Trinity Infinity“
5.
6
6
4.2 „Neo on the edge“
11
4.3 „Unable to speak“
17
4.4 „Power Plant“
18
4.5 „Welcome to the real world“
19
4.6 Schlussszene
22
Thematische Arbeit
22
5.1 Das Hauptthema
22
5.2 Das Liebesthema
27
5.3 Das Sentinelthema
29
5.4 Ergebnis
30
6.
Antizipationen in der Musik
30
7.
Syntaktische Funktionen der Musik
32
8.
Zusammenfassung / Systematisierung
33
9.
Nachwort
37
10. Quellenverzeichnis
39
11. Anhang
1
1. Einleitung
1. Einleitung
„Es ist schwer, jemandem zu erklären, was
die Matrix ist. Jeder muss sie selbst erleben.“ - Morpheus
Im Jahr 1999 erschien der US-amerikanische Sci-Fi-Action-Film „The Matrix“ und wurde zu
einem bahnbrechenden Erfolg. Aufgrund seiner revolutionären Special-Effects, seines
kreativen Production Designs, seiner kunstvollen Kampfszenen und seines durchdachten
Sounddesigns erhielt der Film durchwegs gute Kritiken. Nicht umsonst erhielt er auch vier
Oscars in den Kategorien „Bester Schnitt“, „Bester Tonschnitt“, „Bester Ton“ und „Beste
visuelle Effekte“.
Mit seinen philosophischen Inhalten und durch das Relativieren der Wirklichkeit durch
die Frage: „Was wäre, wenn unsere Welt nur eine Simulation wäre“? bietet der Film einen
großen Interpretationsspielraum. So nahmen sich zahlreiche Wissenschaftler und Autoren
das obige Zitat von Morpheus zu Herzen und versuchten individuell anhand ihrer Erlebnisse
die Matrix zu erklären, sei es mit philosophischen, religiösen, ästhetischen oder
kulturwissenschaftlichen Ansätzen.
Bei all den Lobeshymnen, die den hohen künstlerischen Wert des Blockbusters
hervorheben, bei all den wissenschaftlichen Auseinandersetzungen mit dem Film, bleibt ein
Aspekt fast unbeleuchtet, obwohl er einen immensen Einfluss auf das im Zitat erwähnte
Erleben der Matrix hat: Die Filmmusik.
Don Davis hat mit seiner orchestralen Partitur einen avantgardistischen Meilenstein
geschaffen. Jerry McCulley aus der Amazon-Redaktion bezeichnet den Soundtrack sogar als
„atonales postmodernes Konzert“, das sich angenehm gegen einige filmmusikalischen
Normen des typischen Hollywoodsounds wendet.1
Was macht die Filmmusik zu etwas Besonderem? Welche Normen werden hier gelockert oder
aufgebrochen? In welchem Verhältnis steht die Musik zum Bild? Wie ist Davis bei der Komposition der
Filmmusik vorgegangen? Welche kompositorischen Techniken verwendet er?
Während Autoren und Wissenschaftler durch den Kanal der Schriftsprache versuchen, ihr
Erleben der Matrix zu schildern, nutzt Davis die Sprache der Musik. Diese Hausarbeit stellt
den Versuch dar, anhand der obigen Fragen Davis’ Erleben der Matrix in Worte zu fassen.
Dabei werden besondere Schlüsselszenen in Betrachtung gezogen.
1
McCulley, Jerry: http://www.amazon.de/Matrix-Score-Don-DavisDirigent/dp/B000026V9T/ref=sr_1_5?ie=UTF8&s=music&qid=1241182159&sr=8-5 - Rezension des Matrix-Soundtracks
(betrachtet 04/09)
2
2. Kurzbiografie
2. Don Davis - Kurzbiografie
Don Davis wurde am 4. Februar 1957 in Anaheim in Kalifornien
(USA) geboren.
Seine musikalische Ausbildung begann im Alter von neun Jahren. Er
lernte zunächst, Klavier und Trompete zu spielen. Mit zwölf Jahren
unternahm er erste kompositorische Gehversuche. Sein Studium
verbrachte Davis an der University of California. Dort studierte er die
Fächer Musiktheorie und Komposition. Nach Abschluss des
Studiums nahm er weiter Unterricht in den Fächern Komposition und
Orchestration. Über seinen Orchestrationslehrer Albert Harris lernte
Davis den Filmkomponisten Joe Harnell kennen. Dieser war beeindruckt von Davis’ Gespür
für orchestrale Details und führte ihn in das Filmgeschäft ein. Im Alter von 22 Jahren wurde
Davis zu einem seiner Orchestratoren bei der Vertonung der Serie „The Incredible Hulk“.
Nach seinem Einstieg ins Filmgeschäft bekam Davis immer mehr Aufträge. Besonders
hervorzuheben ist dabei die Arbeit für die Serie „The Beauty and the Beast“, für die er einen
Emmy gewann2. In den folgenden Jahren arbeitete Davis mit Größen wie James Horner,
Alan Silvestri und Michael Kamen zusammen3.
1997 wurde er engagiert, den Thriller „Bound“ für die Regisseure Larry und Andy
Wachowski zu vertonen. Es entwickelte sich dabei eine enge Freundschaft, was dazu führte,
dass Davis auch den Auftrag erhielt, den Soundtrack für die Matrix-Trilogie zu schreiben. Die
Arbeit an der Trilogie stellt Davis’ bisher größten Erfolg dar.
Donald Davis arbeitet jedoch nicht nur im Filmgeschäft. Er hat über die Jahre viel
zeitgenössische Orchester- und Kammermusik geschrieben. Aktuell arbeitet er an einer
Oper, die den Titel „Rio de Sangre“ trägt und 2010 uraufgeführt werden soll.
In seiner Jugend interessierte sich Davis zunächst am meisten für Jazz- und
Rockmusik. So sammelte viele Erfahrungen, indem er mit lokalen Jazzcombos spielte und
für diese Musikstücke arrangierte und komponierte. Doch wurde während des Studiums an
der Universität schließlich sein Interesse für avantgardistische Musik geweckt. Diese
Tatsache untermauert Davis in einem Interview mit der Zeitschrift „Cinema Musica“. Er
beschreibt darin, er sei unter anderem ein großer Fan von John Adams, Helmut
Lachenmann und von anderen europäischen Komponisten wie Luciano Berio und Luigi
Nono. Nach Davis stellt deren experimentelle Musik für ihn ein „außergewöhnliches
Netzwerk an Sounds“ dar.4
2
vgl. Adams, Doug, http://www.dondavis.net/biography/ - offizielle Biographie über Davis (betrachtet 04/09).
vgl. Beilfuß, Mike/Bocquier, Jean-Christophe (2007): Erstaunliche Musik. Interview mit Don Davis. In: Cinema Musica 10,
2007, S. 17.
4
Vgl. Beilfuß, Mike/Bocquier, Jean-Christophe (2007), S. 13.
3
3
3. Komponieren für „The Matrix“
Zurzeit lebt Don Davis mit seiner Frau Megan und seinen zwei Kindern in
Südkalifornien.
Filmgraphie (Auszug): Bluegrass (1988), Bound (1990), House on Haunted Hill (1999), The
Matrix (1999), Jurassic Park III (2001), The Animatrix (2003), Matrix Reloaded & Matrix
Revolutions (2003), The Marine (2006)5
3. Komponieren für „The Matrix“
3.1 Starke Integrierung
Das besondere am Kompositionsprozess für den Science-Fiction-Blockbuster “The Matrix”
lag darin, dass Davis für jeden Musikeinsatz (auch „Cue“ genannt) zunächst in seinem
Heimstudio Demos produzierte. Auf diese Weise konnte er verhindern, dass bei der
Probevorführung fremde “Temptracks” zum Einsatz kamen6. Mit “Temptracks” bezeichnet
man Musikstücke, die vorübergehend während der Entstehung des Filmes unter bereits
vorhandenes Bildmaterial gelegt werden. Diese stammen meist von unterschiedlichen
Künstlern. Durch diese Arbeitsweise kann man bereits im Arbeitsprozess einen Eindruck
über die Wirkung von bestimmter Musik in bestimmten Szenen erhalten. Oft gewöhnen sich
die Regisseure an die Temptracks und bitten die engagierten Komponisten, sich daran zu
orientieren. Dies war bei “The Matrix” nicht der Fall. Von Beginn an war Davis integriert. Es
war seine eigene Musik, die zu den Bildern erklang. Dadurch war er dazu in der Lage,
zusammen mit den Wachowski-Brüdern den besonderen musikalischen Ansatz für „The
Matrix“ kohärent umzusetzen.
Es kommt noch hinzu, dass Davis den Soundtrack komponierte, orchestrierte und
dirigierte. Er arbeitete also direkt mit den Musikern zusammen. In Hollywood ist es oft üblich,
dass bei der Arbeit an einem Soundtrack die Aufgaben aufgeteilt werden (Komposition,
Orchestration, Dirigat etc.). Man hört immer das Werk vieler Künstler. Demnach ist eine
wichtige Besonderheit des Matrix-Soundtracks, dass der Komponist so stark integriert war.
3.2 Der postmoderne Ansatz
„Every scene is questioning reality. I had to look at every cue and think how I would
approach it in a conventional film, and then do something specifically different“7. Das sagt
5
Vgl. Beilfuß, Mike/Bocquier, Jean-Christophe (2007), S. 13.
Vgl. http://www.dondavis.net/films/ (betrachtet 04/09)
6
Vgl. http://www.tracksounds.com/specialfeatures/interviews/interviewdd.htm - Interview mit Don Davis (betrachtet 04/09) &
http://whatisthematrix.warnerbros.com/cmp/rl_interview_don_davis.html - weiteres Interview
7
Vgl. http://www.mania.com/navigating-matrix-composer-don-davis_article_2151.html - Auszüge aus Interview mit Don Davis
(betrachtet 04/09)
4
Komponieren für „The Matrix“
Davis darüber, wie er an das Komponieren für den Film herangegangen ist. Er wollte
demnach - inspiriert durch das Hinterfragen der Realität im Film - auch die filmmusikalische
Realität hinterfragen und mit Konventionen brechen. So entschied er sich für einen
postmodernen Ansatz: „It took a post-modern approach“.8 Mit seiner Musik wollte Davis
demnach aktuelle Tendenzen aus der Konzertmusik auf den Film übertragen: „I was thinking
mostly about what interesting things were happening in the concert stage, that I could
translate to film music.“9 Beim Hören der Musik werden verschiedene Assoziationen zu
postserieller Musik geweckt: Es kommen Klangflächentechniken zum Einsatz, die sich durch
Ligeti entwickeln konnten. Atonikale, nach aleatorischen Prinzipien konzipierte Klangtexturen
sind an polnische Komponisten wie Penderecki und Lutoslawski angelegt. Kleine, sich
ständig wiederholende und überlagernde Motive entstammen der Minimal Music. In einem
Interview gibt Davis sogar zu, dass ihn der zeitgenössische Minimal Music-Komponist John
Adams sehr inspirierte10. Im Internet wird oft konkret dessen Werk „Harmonielehre“ als
offensichtliche Inspirationsquelle erwähnt.11 In dem erwähnten Interview stellt Davis dar,
dass sogar schon einmal die Kritik geäußert worden sei, er habe von Adams geklaut. Seine
Reaktion auf diesen Vorwurf lässt sich an einem Zitat festmachen: „To steal from one person
is plagiarism, but to steal from many is research.“ Davis ist also der Auffassung, dass er
seine Arbeit auf Nachforschung basiert und sich neben John Adams auch mit vielen anderen
Künstlern wie Philip Glass, David Lang und Martin Bresnick beschäftigt habe12.
Der postmoderne Ansatz lässt sich auch an der Instrumentierung festmachen. Das
Orchester wird durch besondere Instrumente erweitert. So kommt beispielsweise neben zwei
normalen Klavieren auch ein präpariertes Klavier zum Einsatz.13 Dies ist eine Technik, bei
der man verschiedene Materialien (Gummi, Metall, Holz) zwischen die Saitenchöre eines
Klaviers klemmt, um neue Klänge hervorzubringen. Neben der Klangfarbe lassen sich dabei
auch Tonhöhen verändern. Außerdem entstehen Geräuscheffekte, wodurch das Klavier eher
zum Schlaginstrument wird.14 Eingeführt wurde die Technik von John Cage, der zu den
Hauptvertretern der postmodernen Musik zählt. Davis koppelt das präparierte Klavier mit
dem normalen Klavier, um den bekannten Pianoklang zu verfremden: „I was thinking of it
[the prepared piano] as an adjunct to the real piano that was playing in unison with it. That
kind of gave the real piano this other worldly sound.“15
8
Vgl. http://www.mania.com/navigating-matrix-composer-don-davis_article_2151.html
Vgl. De Bruijn, Joep (2005): http://www.geocities.com/dondavismatrixnl/commentary.html - Transkription des
Audiokommentars von Don Davis (betrachet 04/09) (siehe Anhang, S. 3, Z. 2-64)
10
Vgl. Beilfuß, Mike/Bocquier, Jean-Christophe (2007), S. 16.
11
Vgl. Dueck, David Abraham: http://classicalmusic.suite101.com/article.cfm/the_matrix_deluxe_edition_soundtrack (betrachtet
04/09)
12
Vgl. Beilfuß, Mike/Bocquier, Jean-Christophe (2007), S. 16.
13
http://www.dondavis.net/biography/
14
De Leeuw, Ton (1995): Die Sprache der Musik im 20. Jahrhundert. Entwicklung, Strukturen, Tendenzen. Verlag Freies
Geistesleben, Stuttgart. S. 151.
15
Vgl. http://www.tracksounds.com/specialfeatures/interviews/interviewdd.htm (betrachtet 04/09)
9
5
Komponieren für „The Matrix“
Im Kontext der besonderen Instrumentierung fällt ein weiteres Instrument auf, das im
Film sehr häufig verwendet wird: das Waterphone. Es handelt sich dabei um ein atonales
Instrument, das in den späten Sechzigern von Richard Waters erfunden wurde. Korpus
dieses Instruments ist eine geschlossene, mit Wasser gefüllte Schüssel. Senkrecht zum
Deckel dieser Schüssel befinden sich neben einem hohlen Zylinder in der Mitte Metallstäbe
unterschiedlicher Größe am Rand des Deckels. Im Film hört man oft, wie mit einem Bogen
über diese Metallstäbe gestrichen wird. Auf der offiziellen Website des Instruments findet
man eine Erklärung von Richard Waters, warum das Instrument häufig in Filmen verwendet
wird: „One of the reasons that the Waterphones are utilized so much on movie/tv sound
tracks is that the schiziosonic water sounds and the tunings represent the Strange and
Unknown: other world - alien beings, drugs, ghosts, physic experiences, death, etc.“16 Somit
erfüllt das Waterphone dieselbe Funktion wie das präparierte Klavier. Es erschafft den
Eindruck einer fremden Welt. Es lässt das Bild irreell erscheinen. Im Film wird die Realität
ständig hinterfragt. Somit kann man die Verwendung des Waterphones und des präparierten
Klaviers als Verstärkung dieses Hinterfragens gedeutet werden.
Es muss betont werden, dass Davis den Matrix-Soundtrack nicht einfach nur als
postmodernes Konzert geschrieben hat. Er hat ihn in erster Linie als Filmmusik konzipiert,
die die Aufgabe erfüllen muss, Spannung zu erzeugen und die Actionszenen mit mehr
Energie zu versehen. So war ein wichtiges Kriterium für die Auswahl von kompositorischen
Techniken oder Klangfarben, ob diese die Aufgaben von Filmmusik erfüllen: „I had to be
pretty judicious about where I was applying a technique or a sound or an approach for a
particular scene because I still had to follow the dogs along.“17
4. Szenenanalysen
4.1 Die erste Szene / „Trinity Infinity“
Die erste Szene ist besonders bedeutsam für den gesamten Film, denn an ihr lassen sich
bereits viele musikalische Bausteine und Vorgehensweisen dokumentieren, die im Film
immer wieder auftreten. Auf den folgenden vier Seiten wird zunächst der musikalische
Verlauf der Szene tabellarisch dargestellt. Am Ende erfolgt eine Zusammenfassung der
wichtigsten Auffälligkeiten. Ich empfehle, die Szene parallel zur Lektüre zu schauen, um die
musikalische Gestaltung über das Gehör nachzuvollziehen.
16
Vgl. http://www.waterphone.com/faqs.html (betrachtet 04/09)
Davis, Don zitiert nach Larson, Randall : http://www.mania.com/navigating-matrix-composer-don-davis_article_2151.html
(betrachtet 04/09)
17
6
4.1 Analyse der ersten Szene
7
4.1 Analyse der ersten Szene
8
4.1 Analyse der ersten Szene
9
4.1 Analyse der ersten Szene
10
4.2 „Neo on the edge“
Nach der detaillierten Betrachtung der ersten Szene sollen nun weitere musikalisch auffällige
Szenen dargestellt werden. Dabei werden die Analyseergebnisse der ersten Szene mit
weiteren Beispielen gefestigt, aber auch mit vielen neuen Aspekten erweitert.
4.2 „Neo on the edge“ (0:13:40)
Die Szene zeigt Neos scheiternden Fluchtversuch aus dem Hochhaus der Softwarefirma, für
die er arbeitet. In dem Buch „On the track“ erklärt Don Davis selbst, welche Ideen er bei der
Vertonung dieser Szene umsetzen wollte: So beschreibt er die Verwendung von kleinen
Motiven18. Diese haben die Gemeinsamkeit, dass sie auf einer Skala basieren (Fis-MollNatürlich), sich auf nach oben gerichtet Sekundschritte beschränken und fast immer auf dem
Ton fis beginnen. Doch sind die Motive unterschiedlich bezüglich ihres Tonvorrats. Sie
greifen unterschiedlich viele Töne der Skala auf. Davis verwendet diese Motive so, dass sie
in unterschiedlicher Reihenfolge in unterschiedlichen Instrumenten parallel geführt werden,
wodurch eine Überlappung der Motive entsteht19. Dies zeigt der folgende Partiturausschnitt:
Zahlendarstellung:
18
19
Reduktion des Motivs
Vgl. Karlin, Fred (2004). On the track. A guide to contemporary film scoring. Routledge, New York. S. 206.
Vgl. Karlin, Fred (2004), S. 206.
11
4.2 „Neo on the edge“
Anhand der Zahlendarstellung kann man die Überlappung der Motive gut nachvollziehen.
Die erste Spur steht für die Bassklarinetten, die zweite und die dritte für die Violoncelli. Der
wechselnde Grundton der Motive wird in der Darstellung nicht berücksichtigt.
Auffällig ist, dass in allen drei Spuren das Prinzip zu finden ist, dass das Motiv jeweils
um eine Note verkürzt wird. Dies tritt auf, sobald die Dynamik nach dem Mezzopiano die
Stufe des Mezzoforte erreicht. Bei den Bassklarinetten und bei der zweiten Cellospur sieht
man deutlich, dass nach dem Sechsermotiv jeweils eine Reduktion um 1 stattfindet. In der
ersten Cellospur findet man sie nach dem Erklingen des Fünfermotivs. Diese Reduktion
findet dabei am Anfang des Motivs statt, wodurch der Anfangston nach oben wandert (fis,
gis, a, h). Dieses „Nachobenwandern“ wird gekoppelt mit dem Einsatz der Bratschen eine
Oktave höher und dem Erreichen einer neuen Dynamikstufe. Dadurch wächst die Spannung.
Verfolgt man das Musikstück weiter, so treten immer mehr Instrumente hinzu, die teils in
höheren
Lagen
kleine
Motive
spielen.
So
entsteht
eine
konstant
aufsteigende
Spannungslinie, die am Ende plötzlich unterbrochen wird. Dieser lineare dynamische
Aufbau, der durch das Hinzutreten neuer Schichten eine Verdichtung der Musik schafft und
hin zu einem Höhepunkt strebt, ist ein wichtiges Gestaltungsprinzip, das man an mehreren
Stellen des Soundtracks auffinden kann20.
Was möchte Davis mit der Überlappung der Motive bezwecken?
„I use that as a concept of this multilayered idea of what the Matrix was. It’s not what
it appears to be, it’s something else.”21 So bringt es Davis zum Ausdruck. Das heißt, dass die
verschiedenen parallel geführten Schichten die einzelnen Motive so verschleiern, sodass
eine Textur entsteht, die nur schwer zu durchschauen ist. Analog dazu ist die Wahrheit über
die Matrix schwer zu greifen. Davis spricht diesbezüglich von einer „multitude of realities“22,
also einer Vielzahl an Realitäten, die sich im Film überlagern. Diese unterschiedlichen
Wahrnehmungen der Realität sollen nach Davis durch die unterschiedlichen Motivschichten
symbolisiert werden.23 Er möchte musikalisch zeigen, dass das Bild nicht alles zeigt und
dass es noch eine Wahrheit jenseits des Sichtbaren gibt. Davis möchte also durch die Musik
einen Blick unter die Oberfläche geben: „[…] That’s what I tried to do with the music, just
under the surface, just unter the surface enough that the audience would be aware there was
more going on than meets the eye.“24
Auch in der ersten Szene findet man diese Motivschichten. Dort erklingen sie, sobald
der Matrixcode auf der Bildebene zu sehen ist. Interessanterweise erinnert die
20
Siehe Kapitel „Zusammenfassung“, Unterpunkt „Layering“
Davis, Don zitiert nach Karlin, Fred (2004), S. 206 f.
22
Vgl: http://www.geocities.com/dondavismatrixnl/commentary.html (s. Anhang, S. 1, Z. 20.)
23
Vgl: http://www.geocities.com/dondavismatrixnl/commentary.html (s. Anhang, S. 1, Z. 21f.)
24
Vgl. http://www.geocities.com/dondavismatrixnl/commentary.html (s. Anhang, S. 1, Z. 32/33)
21
12
4.2 „Neo on the edge“
Zahlendarstellung dieser Figuren (s. S. 11) an die vielen Zahlen, die man in der ersten
Szene auf dem Bildschirm sieht.
Insgesamt wird die Idee der Motivüberlappung an vielen Stellen des Soundtracks
immer wieder aufgegriffen. Mal treten die Motive im Hintergrund in tiefen Lagen oder im
Vordergrund in höheren Lagen auf. Diese Wiederkehr von Elementen lässt den Soundtrack
kohärent erscheinen und trägt zur Schaffung des typischen Matrix-Sounds bei. Eine weitere
Wirkung der Sechzehntelbewegungen liegt darin, dass die Musik energiereich auftritt, was
die vielen Bewegungen auf der Bildebene unterstreicht. Es wird nicht eine stehende Textur
geschaffen, sondern eine durch viele kleine Motive in sich bewegte. Somit verwendet Davis
eine filmmusikalische Technik, die man als Underscoring oder als „deskriptive Technik“
bezeichnet. Beim Underscoring unterstreicht die Musik Bewegungen, die auf der Bildebene
zu sehen sind.25 Rennen die Charaktere, so illustriert die Musik ihre Geschwindigkeit. Halten
sie inne, so ist die Musik ruhig. Die Anwendung dieses Prinzips schafft eine symbiotische
Beziehung zwischen Bild und Musik, die man als Kernstück der Filmmusik auffassen kann.
In der hier behandelten Szene treten die Sechzehntelmotive auf, sobald Neo die
Agenten sieht, die auf der Suche nach ihm sind. Ihr Einsatz kennzeichnet den Beginn von
Neos Fluchtversuch aus dem Gebäude. Dabei unterstreichen die schnellen 16-tel-Motive
Neos innere Anspannung und Nervosität, als er sieht, dass die Agenten in seine Richtung
laufen. Im Sinne von N.J. Schneiders Typologie für die Funktionen von Filmmusik bildet die
Musik hier Emotionen ab26. Je näher die Agenten zu Neos Bürozelle gelangen, umso mehr
Schichten kommen hinzu, bis sich Neo in einer anderen Bürozelle versteckt und erst einmal
in Sicherheit ist. Die 16-tel-Bewegung wird unterbrochen. Doch die Spannung wird wie in der
ersten Szene durch hohe, eng nebeneinander liegende und somit Dissonanzen erzeugende
Streichertöne aufrechterhalten. Sobald Neo den Befehl von Morpheus erhält, weiterzugehen
und er sein Versteck verlässt, beginnen die 16-tel-Bewegungen wieder und es kommt eine
Klavierschicht hinzu. Die Überlagerungen werden dichter und aufdringlicher. Als Neo
schließlich sein neues Versteck betritt, wird die Bewegung wieder unterbrochen. Don Davis
beschreibt dies wie folgt: „It kind of goes in and out of the action when they’re chasing him
and when they’re not and when he hides.“27 An dieser Stelle wird wieder die enge Kopplung
der Musik an das Bildgeschehen deutlich: Nach der Typologie Schneiders illustriert die Musik
hier Bewegungen, genauer den Bewegungsgrad auf der Bildebene. Versteckt sich Neo, so
hält die Musik inne, läuft er durch die Korridore, so verstärkt die Musik seine Bewegungen.
Neo ist nun in einem Bürozimmer angekommen und Morpheus verlangt von ihm, von
dem Zimmer aus über die Außenfassade auf das Dach des Hochhauses zu gelangen. Dieser
weigert sich. Doch Morpheus stellt dar, dass das Dach die einzige Fluchtmöglichkeit
25
26
27
Vgl. Bullerjahn, Claudia (2001): Grundlagen der Wirkung von Filmmusik. Augsburg: Wißner. S. 77.
Vgl. Kloppenburg, Josef (2000): Musik multimedial: Filmmusik, Videoclip, Fernsehen. Laaber: Laaber. S. 52.
Davis, Don zitiert nach Karlin, Fred (2004), S. 207.
13
4.2 „Neo on the edge“
darstellt. An dieser Stelle erklingt eine Streichermelodie in hoher Lage, die von einer anderen
Streicherstimme in derselben Lage imitiert wird, wodurch eine fugierte Passage entsteht.
Das folgende Notenbild zeigt dies:
Davis möchte mit dieser Idee der Fugierung, zu der man im Übrigen auch die obigen
Motivüberlappungen aus der ersten Szene zählen kann, eine musikalische Entsprechung zur
Szenografie des Films schaffen: In „The Matrix“ spielen Reflexionen eine große Rolle28. Die
simulierte Großstadt, das Setting des Filmes, besteht aus riesigen Wolkenkratzern mit
spiegelnden Außenwänden. Die Protagonisten selbst sind „wandelnde Spiegel“: Sie tragen
Sonnenbrillen
(Morpheus)
und
Latexanzüge
(Trinity).
Spiegel
schaffen
Illusionen,
beispielsweise die Illusion von mehr Raum. Sie können die Realität verzerrt wiedergeben
(Spiegelkabinett).
Der Spannungszustand zwischen Illusion und Realität ist ein wichtiges Motiv des
Films. Man denke an den folgenden Satz von Morpheus: „Hattest du schon einmal einen
Traum, Neo, der dir vollkommen real schien? Was wäre, wenn du aus diesem Traum nicht
mehr aufwachst? Woher würdest du wissen, was Traum ist und was Realität?“ (0:30:16)
Oder man führe sich die Szene vor Augen, in der man durch die Spiegelung in Morpheus’
Brille sieht, wie er Neo die zwei unterschiedlichen Pillen hinhält, die für seine Entscheidung
stehen, die Wahrheit über die Matrix herauszufinden oder nicht. Neo hat also die Wahl, ob
er sich für die Illusion von Realität entscheidet oder für die Wahrheit jenseits dieser Illusion.
Egal wie er sich entscheidet, Realität bleibt für ihn Realität, wenn man sie als subjektives
Konstrukt versteht: „[…] Real is only real, because a character thinks it’s real […]“.29
Somit stellen die vielen Reflexionen auf der Bildebene dieses Aufeinanderprallen
unterschiedlicher Realitätsschichten dar. Davis reagiert darauf durch ein „echoing of musical
statements“. Die Motivfugierungen bringen für ihn das Gefühl zum Ausdruck, das man hat,
wenn man sich selbst in einem Spiegel betrachtet30.
28
29
30
Vgl. Karlin, Fred (2004), S. 207.
Vgl. http://www.geocities.com/dondavismatrixnl/commentary.html (s. Anhang, S. 1, Z. 39)
Vgl. http://www.geocities.com/dondavismatrixnl/commentary.html (s. Anhang, S. 1, Z. 40-44)
14
4.2 „Neo on the edge“
Am besten lässt sich Davis’ Idee an der Szene veranschaulichen, in der Neo in einen
zerbrochenen Spiegel schaut (0:29:53). Hier ist sein Gesicht mehrmals sichtbar, wodurch ein
verfremdetes Bild entsteht. Dies ist in der Musik wieder zu finden: Ein Motiv ist mehrfach in
einer sich überlappenden Form zu hören. Dadurch, dass es zeitlich versetzt mehrmals in
derselben Lage gespielt wird, entsteht eine Textur. Diese verwischt die Kontur des
Ursprungsmotivs, so wie der Spiegel Neos klare Gesichtsform verwischt. Es ist schwierig, in
dem Motivdickicht die ursprüngliche Form des Motivs herauszuhören, die verschiedenen
Stimmen voneinander zu trennen. Genauso ist es schwierig, aus den verschiedenen
Realitätsschichten die alles entscheidende Wahrheit über die Matrix herauszufinden.
Ein anderes Bild, das zum Verständnis dieser Technik hilft, ist das eines Spiegels vor
einem Spiegel. Man erhält unendlich viele Spiegelbilder, die alle das gleiche darstellen. Dies
kann man auch auf die musikalische Idee übertragen.
Man
kann
die
kompositorische
Idee
also
auf
viele
außermusikalische
Zusammenhänge beziehen. Zum einen auf konkrete Zusammenhänge, indem man sie als
Reaktion auf die vielen Spiegelungen auf der Bildebene sieht. Zum anderen auf abstrakte
Zusammenhänge, indem man sie als Symbol für die unterschiedlichen Wahrnehmungen von
Realität im Film versteht.
15
Bildergalerie - Reflexionen auf der Bildebene
Morpheus trägt eine spiegelnde Sonnenbrille
Neo verbiegt den spiegelnden Löffel
Neo schaut in einen zebrochenen Spiegel
Der Spiegel breitet sich auf Neos Körper aus
Neo blickt auf eine riesige spiegelnde Hochhauswand
Trinity trägt einen spiegelnden Latexanzug
16
4.3 „Unable to speak“
4.3 „Unable to speak“ (0:16:50)
In dieser Szene wird Neo von Mr. Smith verhört. Während sie sprechen erklingt keine Musik.
Erst als Agent Smith sagt „Was nutzt schon ein Telefonat, wenn man nicht imstande ist, zu
sprechen?“ beginnt die Musik. Der Einsatz von Musik nach einem Moment der Stille ist ein
mächtiges Instrument. Er schafft besondere Aufmerksamkeit für das Kommende. Er setzt
somit eine Art Ausrufezeichen31. Da der Musikeinsatz hier gekoppelt ist mit der Frage, die
Agent Smith stellt, merkt der Zuschauer, dass sie eine Bedeutung für das Kommende haben
muss. Zunächst bleibt die Frage unverständlich. Es erklingt ein Streicherton, auf den ein
langsam nach oben wanderndes Streicherglissando folgt. Der Effekt, dass zunächst ein
einzelner Ton erklingt, der beim Glissando langsam „auseinanderläuft“ und dabei dann
mehrere Töne gleichzeitig erklingen, stellt dar, dass etwas Unangenehmes geschehen muss.
Es wird Spannung erzeugt. Dabei wird die Musik als Antizipation eingesetzt: Sie schafft ein
Gefühl der Bedrohung, obwohl der Zuschauer noch nicht weiß, was genau geschehen wird.
Schaut man etwas weiter zurück, werden die Zuschauer bereits in der Überblendung in die
Szene (0:16:20) durch bedrohlich wirkende Musik auf die Stimmung der Szene vorbereitet.
Musikalische Antizipationen spielen im Matrix-Soundtrack eine große Rolle, was weitere
Beispiele im Verlauf dieser Arbeit belegen werden.
Zurück zur Szene: Als Neos Mund langsam „zusammenwächst“, wird die Musik
aufdringlicher, indem sich verschiedene Motive gegenseitig überlagern. Zunächst versteht
Neo nicht, was ihm geschieht. Doch als er es realisiert, steht er panisch auf. Das panische
Aufstehen Neos wird durch die Musik nachvollzogen: Sie erreicht einen neuen
Spannungsgrad, indem sie dichter wird, in höhere Lagen wandert und salopp ausgedrückt
ein „musikalisches Chaos“ in mittlerer Lage schafft.
Als die Agenten Neo anfassen, ertönt ein Klavierschlag und Posaunen treten in tiefer
Lage in den Vordergrund. Die Agenten legen Neo auf den Tisch. Dabei tritt die Musik etwas
zurück und ist transparenter orchestriert, um der Aussage von Agent Smith Raum zu geben.
An dieser Stelle konzentriert sich die Musik auf die tiefe Lage der Klaviere und auf die
Pauken. Der Zuschauer sieht nun, wie sich aus einem Metallstück eine insektenartige Sonde
entwickelt. Je weiter sie sich entwickelt, umso aufdringlicher wird die Musik. Sobald jedoch
die Fühler der Sonde aus dem „Kokon“ platzen, ertönt ein perkussiver Schlag. Gleichzeitig
ändert sich die Klangfarbe der Musik: Die Musik wandert in eine höhere Lage. Sehr helle
Klangfarben
(z.B.
Klavier
in
hoher
Lage,
Metallophone)
mit
prägnanten
Anschlagsgeräuschen unterstreichen die chaotischen Bewegungen der Fühler und ziehen
den Spannungsgrad der Musik auf eine noch höhere Ebene. Zuletzt ist eine Ratsche zu
hören, gekoppelt mit dem Wiedereinstieg von Instrumenten in tiefer Lage. Ein kurzer
31
Vgl. Schneiders Typologie der Filmmusik  Kloppenburg, Josef (2000): S. 52.
17
4.3 „Unable to speak“
Bläseraufschrei markiert den Szenenwechsel und das Aufwachen aus dem vermeintlichen
Alptraum.
Durch die Musik stellt Davis den Gefühlszustand des Protagonisten dar. Gleichzeitig
jedoch erzielt die Musik auch eine Wirkung beim Publikum. Durch die scharfen Dissonanzen
und die chaotischen Bewegungen werden Ängste hervorgerufen. Im Sinne von Lothar Prox
ist die Musik hier also sowohl expressiv, indem sie Neos Ängste ausdrückt, als auch
sensorisch, indem im Publikum Ängste ausgelöst werden32.
Wendet man die Kategorisierung der Funktion von Filmmusik von Enjott Schneider
auf diese Szene an, so kann man feststellen, dass die Musik hier die Bewegungen illustriert
sowie Geräusche stilisiert33. Die chaotischen Bewegungen der Fühler der Sonde sowie die
dabei hörbaren hellen Geräusche finden ihre Entsprechung in der Musik.
Der
Bläseraufschrei am Ende der Szene stilisiert Neos Schrei beim Aufwachen. Des Weiteren
treffen die Kategorien „Emotionen abbilden“ sowie „Atmosphäre herstellen“ zu. Das
„musikalische Chaos“ beschreibt Neos Angst und schafft dadurch eine Atmosphäre der
Bedrohung.
Davis äußert sich selbst zu dieser Szene. Er beschreibt, dass hier eine Technik zum
Einsatz käme, die bereits polnische Komponisten wie Lutoslawski und Penderecki verwendet
hätten. Nach dieser Technik werde ein Klang oder ein Motiv in einer Instrumentensektion
immer wieder wiederholt und parallel dazu ein anderer Klang in einer anderen Sektion usw.34
Beim Hören kann man das gut nachempfinden. Improvisation spielt nach Davis bei diesem
Musikstück eine besondere Rolle35. So lässt sich darauf schließen, dass es sich um ein
aleatorisch konzipiertes Musikstück handelt.
4.4 „Power Plant“ (0:31:10)
Die Szene, in der Neo in einer Art Kokon in der echten Welt aufwacht, fällt auf, da die Musik
hier im Sinne der Tabelle über die Funktionen von Filmmusik von Enjott Schneider eine Art
Raumgefühl schafft36. Zunächst ist Neo mit sich selbst beschäftigt. Er betastet die vielen
Schläuche, die in seinem Körper stecken. Doch sobald er seine Aufmerksamkeit der
Umgebung zuwendet, erklingen Frauenvokalisen gekoppelt einem Streichercluster in hoher
Lage, die ein Gefühl der wachsenden Bedrohung erzeugen. Schließlich zeigt die Kamera, wo
Neo verwundert hinblickt und offenbart einen riesigen Raum voller Säulen, an denen sich
tausende von Kokons befinden. Die Größe dieser Maschinerie durch einen bombastischen
32
Vgl. Bullerjahn, Claudia (2001): S. 87.
Vgl. Kloppenburg, Josef (2000): S. 52.
34
Vgl. http://www.geocities.com/dondavismatrixnl/commentary.html (s. Anhang, S. 1, Z. 61-64)
35
Vgl. http://www.geocities.com/dondavismatrixnl/commentary.html (s. Anhang, S. 2, Z. 3)
36
Vgl. Kloppenburg, Josef (2000), S. 52.
33
18
4.4 „Power Plant“
Orchestereinsatz mit Chor untermalt, der in reinen Akkorden geführt wird (D-Moll, Bb-Moll
über D), nachdem er durch ein Crescendo vorbereitet wurde. Durch den großen Orchesterund Choreinsatz erhält der Raum epische Größe. Besonders der Gegensatz zu der eher
leisen, unheimlichen Musik vor dem Einsatz des riesigen Orchesteraufgebots (Transparenter
Satz, Frauenvokalisen, Konzentration auf hohe Lage), macht diese epische Wirkung
möglich. Die Musik dieser Szene symbolisiert die Offenbarung, die die Zuschauer
miterleben: Sie lernen die Wahrheit über die Matrix. Menschen werden von Maschinen
gezüchtet.
Diese Szene erzeugt aufgrund ihres musikalischen Ausdrucksgehalts eine besondere
emotionale Wirkung. Musikalischen Ausdruck teilt Bullerjahn in ihrer Darstellung der
Wirkungsmöglichkeiten von Filmmusik in die Dimensionen Evaluation, Potenz und Aktivität
ein37. Dabei kann man die Dimension der Potenz gut auf diese Szene projizieren. Durch den
Orchester- und Choreinsatz und die dadurch bewirkte Erzeugung eines Raumgefühls wird
die Macht und die Überlegenheit der Maschinen zum Ausdruck gebracht. Davis spricht
davon, den Schrei der durch Maschinen unterdrückten menschlichen Rasse durch den
Choreinsatz darzustellen.38 Die Überwältigung Neos über die Größe der Zuchtmaschinen
wird durch die Kraft der Musik auf den Zuschauer übertragen. Ein weiteres Mal erfüllt die
Musik dabei sowohl eine sensorische, als auch eine expressive Funktion.39
4.5 „Welcome to the real world“ (0:34:40)
Neo wird von Morpheus und seiner Crew gerettet und erholt sich auf dem Schiff nach seinem
Erwachen in der echten Welt. Diese Szene ist interessant, weil sie im Vergleich zum
gesamten Film ungewöhnlich untermalt wird. Während Dissonanzen, atonale Passagen,
schnelle Bewegungen und viele experimentelle Klänge sonst eine wichtige Rolle spielen,
wirkt hier die Musik hier ungewohnt klassisch. Zum einen ist sie harmonisch leicht fassbar,
zum anderen steht eine klare Melodie im Vordergrund, die von einem Jungensopran
gesungen wird. Diese Melodie wird von Arpeggios begleitet, die von einer Klarinette und
einer Harfe gespielt werden. Es handelt sich um ein ruhiges Stück Musik, das die ruhigen
Bilder untermalt und die Zeitspanne für Neos Genesung überbrückt. Nach der langen
Actionphase und der schockierenden Offenbarung der Wahrheit über die Matrix kann sich
der Zuschauer durch die ruhige Musik genauso wie Neo erholen und gewinnt durch ihre
Klarheit und Transparenz wieder Boden unter den Füßen.
37
38
39
Vgl. Bullerjahn, Claudia (2001): S. 128.
Vgl. http://www.geocities.com/dondavismatrixnl/commentary.html (s. Anhang, S. 1, Z. 61)
Vgl. Bullerjahn, Claudia (2001), S. 87.
19
4.5 „Welcome to the real world“
Die bisher beschriebenen Szenen zeichneten sich eher durch sehr eine enge
Beziehung zwischen Bild und Musik aus. Dies gilt für diese Szene weniger. Hier ist die Musik
nicht direkt an einzelne visuelle Bewegungen gekoppelt. Vielmehr schafft das Musikstück
einfach eine ruhige, entspannende Grundstimmung. Demnach wird hier die so genannte
Mood-Technik angewendet. Bei ihr geht um die Vermittlung eines eher statischen
Gefühlsausdrucks, um das Schaffen eines bestimmten Stimmungsbildes, ohne visuelle
Erscheinungen genau musikalisch nachzuzeichnen. Oft wird die Mood-Technik bei
handlungsarmen Szenen verwendet, um diese nicht zu lang erscheinen zu lassen40. Dies
trifft auch hier zu: Auf der Bildebene sieht man nur den Prozess von Neos Erholung. Die
Musik überbrückt diesen Zeitraum. Viele beziehen derartige handlungsarme Sequenzen auf
die Form der Oper. So gibt es in einer Oper Arien, die kaum Handlung vermitteln und sich
vielmehr auf die Darstellung einzelner Affekte konzentrieren. Laut Güttinger werde bei einer
Arie mit wenigen, sich wiederholenden Worten eine Stimmung ausgekostet, während beim
Film analog dazu eine Stimmung über Bilder lyrisch ausgekostet werde. Dabei stehe die
Musik stets deutlich im Vordergrund41. Dies kann man auch auf die vorliegende Szene
beziehen. Die Musik fällt auf, da es sich um das einzige Musikstück handelt, das eine
Solostimme verwendet. Die menschliche Stimme spricht Menschen in besonderer Weise an.
Dies erkennt man daran, dass an emotionalen Höhepunkten im Film oft Chor- oder
Solosequenzen verwendet werden. Hinzu kommt, dass hier eine Jungenstimme verwendet
wird. Dieser kann man Eigenschaften wie Reinheit und Unschuld zuordnen.
Ich empfinde bei der Szene zum einen durch die tonale Klarheit der Musik Erholung
von der langen Actionpassage zum anderen stellt sich für mich jedoch die Frage nach der
Interpretation der Solostimme. Warum wird sie gerade hier verwendet? Vielleicht soll sie
Neos Neuanfang zum Ausdruck bringen. Er tritt selbst auf wie ein reines, unschuldiges Kind,
das eine völlig neue Welt entdeckt. Im Audiokommentar zur englischen DVD äußert sich
Davis über die Stimme. Für ihn bringt sie den Glauben der Menschen zum Ausdruck und
auch die hoffnungslose Situation, in der die Menschen stehen42.
Für mich stellt die Solostimme einen Gegensatz zum oft maschinellen Charakter der
Musik dar, der durch die vielen Tonwiederholungen, die metallenen, ambossartigen
perkussiven Schläge und die Fokussierung auf einen breiten Blechbläserklang erzeugt wird.
Sie bringt Menschlichkeit und Wärme in die Musik und symbolisiert somit gleichzeitig die
Verletzlichkeit der Menschen.
40
41
42
Vgl. Bullerjahn, Claudia (2001), S. 84.
Vgl. Bullerjahn, Claudia (2001), S. 84.
Vgl. http://www.geocities.com/dondavismatrixnl/commentary.html (s. Anhang, S. 2, Z. 41f)
20
Bildergalerie - Szenenanalyse
Neo on the edge
Unable to speak
Power Plant
Welcome to the Real World
21
4.6 Schlussszene
4.6 Schlussszene (2:02:43)
Die Schlussszene ist von besonderer Bedeutung, denn sie lässt den Film durch eine
Anspielung auf den Anfang rund erscheinen.
Man sieht dasselbe Computerterminal, das auch am Anfang des Films beim
Gespräch zwischen Trinity und Cypher zu sehen war. Genauso wie in der ersten Szene
werden vielen Zahlen der Matrix durch tiefe Sechzehntelbewegungen (gut hörbar: Fagott)
untermalt. Es kommen nach und nach Schichten in höheren Lagen hinzu. Während Neo
spricht, kommt es plötzlich zum Stillstand des Matrixcodes und die Fehlermeldung „System
failure“ erscheint. Analog dazu kommt die Musik zum Stillstand. Ein hoher Streicherton
erklingt und das Hauptthema wird leise angespielt. Die Musik crescendiert und sobald Neo
den Hörer in der Telefonzelle auflegt, beginnt synchron dazu eines der vielen SourceMusikstücke. Es findet also eine Überleitung in den Schlusssong „Wake up“ von Rage
Against the Machine statt. Diese Szene ist exemplarisch für die ausgewogene Kopplung des
orchestralen Soundtracks mit den vielen Popsongs, die im Film zu hören sind. Letztere
wirken durch ihre häufige Kopplung an den orchestralen Soundtrack nie deplaziert, sondern
fügen sich gut in den Film ein, was Davis besonders bemerkenswert findet. „This score for
me happily is one of the best symbiotic relationships between songs and score.“43
Ein weiteres Beispiel für die Verknüpfung von orchestralem Score und den Popsongs
ist die Szene, in der Neo mit Morpheus durch die Matrix läuft und auf die Frau mit dem roten
Kleid trifft (ab 0:54:14). Durch ein Bläsercrescendo wird der Song eingeleitet. Außerdem wird
über den Song wird ein Streichercluster gelegt, sobald die rote Frau erscheint (0:54:50).
5. Thematische Arbeit in „The Matrix“
5.1 Das Hauptthema
Im Laufe des Filmes tritt wiederholt eine musikalische Struktur auf. Kann man diese als
Thema bezeichnen?
In dem Reclambuch „Kleines Wörterbuch der Musik“ wird ein Thema definiert als
„melodisch-rhythmisch einprägsamer, auch in Einzelmotive zerlegbarer musikalischer
Gedanke“44. Der DTV-Atlas versteht unter Thema eine Sinneinheit, die symmetrisch
gegliedert ist und eine harmonische Geschlossenheit aufweist45.
Beide Definitionen lassen sich nur schlecht auf die musikalische Struktur anwenden,
die ich als musikalisches Thema des Matrix-Soundtracks definieren möchte. Es handelt bei
43
44
45
Vgl. http://www.geocities.com/dondavismatrixnl/commentary.html (s. Anhang, S. 3, Z. 16)
Korff, Malte (2000). Kleines Wörterbuch der Musik. Reclam: Stuttgart. S. 213 f.
Michels, Ulrich (2001). Dtv-Atlas Musik. Dtv, München. S. 107.
22
5.1 Das Hauptthema
dieser
Struktur
um
die
Gegenüberstellung
zweier
Dreiklänge,
die
jeweils
von
unterschiedlichen Instrumentengruppen vorgetragen werden.
Während die Filmstudiologos zu Beginn des Filmes auftauchen, hört man deutlich, dass die
Hörner einen Dreiklang vorgeben und die Trompeten diesen imitieren. Die beiden einander
gegenübergestellten Akkorde entstammen dabei jedoch aus Tonarten, die kaum etwas
miteinander zu tun haben: Im Notenbeispiel spielen die Hörner G-Dur, während die
Trompeten in einer höheren Lage mit einem E-Dur-Akkord antworten. Das „Thema“ schafft
also einen bitonalen Effekt. Eine weitere Besonderheit lässt sich in der Dynamik feststellen:
Die beiden Dreiklänge fließen jeweils ineinander über. Während die Hörner nach ihrem
Fortissimo-Einstieg ein decrescendo spielen, kommen die Trompeten mit einem Crescendo
zum Vorschein. Wenn die Trompete wieder ein Decrescendo spielen, kommt es bei den
Hörnern zum Crescendo.46 Das Ganze klingt also so, als finde jeweils ein Crossfade
zwischen den beiden Dreiklängen bzw. Instrumentengruppen statt. Tatsächlich erklingen die
Akkorde jedoch stets zur selben Zeit. Allein durch die Veränderung der Dynamik schafft
Davis diesen Crossfade-Effekt.
Mit dieser Idee des „dynamischen Kampfes zwischen zwei Akkorden“47 reagiert Don
Davis auf die Besonderheiten der Bilder, die im Film verwendet werden. So finden, wie
bereits erwähnt, auf der Bildebene ständig Spiegelungen statt, sei es auf Sonnenbrillen,
Bildschirmen, Löffeln oder in Spiegeln. Die beiden einander gegenübergestellten Dreiklänge
46
47
Vgl. Karlin, Fred (2004), S. 234.
Vgl. http://www.geocities.com/dondavismatrixnl/commentary.html (s. Anhang S. 4, Z. 45-48)
23
5.1 Das Hauptthema
verhalten sich auch zueinander wie Original und Spiegelbild. Dabei erscheint das Spiegelbild
verändert. Die Realität wird verwischt. Dies bringt ein weiteres Mal die Idee zum Ausdruck,
dass in der Matrix nichts so ist wie es scheint. Die Matrix ist nicht das, was sie vorgibt zu
sein. Es wurde bereits festgestellt, dass im Film demnach verschiedene „Realitätsschichten“
aufeinander treffen. Dieser Effekt wird durch die Akkordgegenüberstellung verstärkt. Hier
findet eine stete Überblendung zwischen den zwei Realitätsschichten statt.
Diese These macht Sinn, wenn man sich anschaut, an welchen Filmstellen das
Thema auftaucht. In der ersten Szene beispielsweise taucht es oft da auf, wo die Realität,
wie sie jeder kennt, hinterfragt wird. So stellen Trinitys Sprung über das Dach sowie ihr Flug
durch ein Fenster beispielsweise sämtliche physikalischen Gesetze der Schwerkraft infrage.
Die Realität des Films erhält eine neue Dimension. Es handelt sich nicht um eine normale
Großstadt. Es steckt mehr dahinter, als die Zuschauer zunächst sehen.
Meistens wird das Thema mit dem Verlangsamen der Zeit auf der Bildebene
gekoppelt. So gibt es im Film viele bewegungsreiche Actionsequenzen, in denen ein steter
Wechsel zwischen Spannung (Bewegung, viele Schnitte) und Entspannung (Zeitlupe)
entsteht. Darauf reagiert die Musik: Bei viel Bewegung erklingen schnelle 16-telBewegungen, in den Momenten der Entspannung erklingt oft das Thema und die Bewegung
in der Musik hält inne. Davis spricht davon, dass für ihn das Thema die Zeit anhält: „[…]
Making time stand still by playing two different chords at the same time […]“
48
Dies passt
zum Bild, da hier die Zeit zum Teil so langsam abläuft, dass man die Flugbahnen der Kugeln
nachvollziehen kann (Bullettime-effekt).
Hinzu kommt, dass das Thema auftritt, wenn sich Protagonisten in der Luft befinden
(Trinitys Sprung, Neo und Agent Smith kämpfen in der Luft in der U-Bahn). Die Musik
unterstreicht dies durch den schwebenden Charakter des Themas, der einen Gegensatz zu
den vielen rhythmischen Bewegungschichten der Musik darstellt.
Gegen Ende des Films erklingt das Thema an Stellen, an denen sich Neo mehr und
mehr als Auserwählter entpuppt. Demnach erfüllt es auch die Funktion, Neos Werdegang
zum „Superhelden“, zum „Erlöser“ zu untermalen. Da Neos Aktionen an diesen Stellen
häufig die Realität hinterfragen, lässt sich diese Feststellung problemlos in die obigen
Interpretationen einordnen.
Nach der Beschreibung des Themas und von Interpretationsansätzen soll zur
Fragestellung zurückgekehrt werden. Kann man überhaupt von einem Thema sprechen?
Die erste Definition spricht von einer melodischen und rhythmischen Einprägsamkeit.
Beides trifft hier nicht zu, denn viel eher spielt hier der musikalische Parameter der Harmonik
eine Rolle. Es werden zwei Texturen gegenübergestellt. Eine Melodie oder ein rhythmisch
prägnantes Motiv ist nicht aufzufinden.
48
Vgl. http://www.geocities.com/dondavismatrixnl/commentary.html (s. Anhang, S. 4, Z. 45-48)
24
5.1 Das Hauptthema
Auch die zweite Definition tritt nicht zu. Eine harmonische Geschlossenheit liegt durch
den bitonalen Effekt nicht vor. Ein symmetrische Gliederung könnte man am dynamischen
Verlauf festmachen: In den Trompeten gibt es zweimal ein Crescendo hin und ein
Descrescendo weg vom Fortissimo.
Die Fortissimostelle könnte man also Spiegelachse
definieren.
Eine auf die beschriebene musikalische Idee aber besser passende Beschreibung
des Begriffs „Thema“ ist in dem Schülerduden für Musik zu finden. Er stellt das Thema als
„prägnanten musikalischen Gedanken, der als Formteil eines Stücks wesentlich auf
Wiederkehr, Bearbeitung, Verarbeitung hin angelegt ist“49. Diese Definition ist offener. So
werden alle musikalischen Parameter in die Definition eingeschlossen. Hauptsache ist, dass
der musikalische Gedanke charakteristisch ist und somit einen Wiedererkennungswert
aufweist. Dies ist beim Thema des Filmes der Fall: Bereits die ersten Noten der Filmpartitur
stellen das Thema vor. Auch in den zwei Fortsetzungen erklingt es jeweils zu Beginn.
Daneben tritt es an vielen Stellen im Film auf, meist gekoppelt mit Bewegungsruhepolen auf
der Bildebene in Actionszenen und ist dabei durch seine einfache Überblendung zweier
Akkorde leicht zu identifizieren. Hinzu kommt, dass es oft verändert auftritt: Mal wird es nur
angedeutet, mal drängt es sich in den Vordergrund.
Aus den gewonnenen Erkenntnissen lässt sich schließen, dass Davis die so
genannte „Leitmotivtechnik“ verwendet. Bei einem Leitmotiv handelt es sich ursprünglich um
ein „Motiv oder Thema, das im Musikdrama mit einer außermusikalischen Idee, Situation
oder Person gekoppelt wird und danach als deren Träger wiederholt erscheint“50. Diesen
Begriff kann man auf das oben beschriebene Thema anwenden. Es wurde gezeigt, dass es
die außermusikalische Idee der Reflexion symbolisiert und als Darstellung unterschiedlicher
Wahrnehmungen der Realität fungiert. Außerdem ist es im Sinne der Definition an eine
Situation gekoppelt, die man als Verlangsamung der Zeit bezeichnen kann.
Im Sinne der Typologie der Leitmotivverwendung von N.J. Schneider kann man das
Thema als „Motivzitat“ definieren. Dieses zeichnet sich aus durch sein wiederholtes Auftreten
in meist unveränderter Form. Damit grenzt es sich ab von der „idée fixe“, wo das Leitmotiv
z.B. je nach Emotionen der Charakter variiert wird, sowie von der voll entwickelten
Leitmotivtechnik, bei der sich fast der gesamte musikalische Satz aus der Verflechtung von
Leitmotiven zusammensetzt.51 Die folgende Liste dokumentiert das wiederholte Auftreten
des Leitmotivs:
49
50
51
Kwiatkowski, Gerhard (Hrsg.) (1979). Schülerduden „Die Musik“. Bibliographisches Institut: Mannheim.
Bullerjahn, Claudia (2001): S. 88.
Bullerjahn, Claudia (2001): S. 89.
25
5.1 Das Hauptthema
Thema klar ausgespielt:
Nr.
Zeit
Handlung auf Bildebene
1
0:00:04
Firmenlogos erscheinen
Funktion / Ideen / Beschreibung
Hörer an Thema gewöhnen, damit er es im Laufe
des Films wieder erkennt  Orientierung an
Filmstandards  Hauptthema erklingt zu Beginn
eines Films
2
0:04:26
Verlangsamen der Zeit, Analogie: Charaktere in der
Trinitys Sprung über das Dach
Luft <> schwebender Charakter der Musik durch
unterbrochenen Rhythmus, Hinterfragen der Realität
3
0:04:56
Trinitys Sprung in das Fenster
4
1:42:09
Neo
5
1:50:17
Kampf in der U-Bahn-Station  Neo und
Agent Smith springen aufeinander zu
Analogie (siehe 2)
6
1:55:12
Neo flieht vor den Agenten  Er ist in einer
Bewegungsruhepol in der Actionsszene, kurzes
Sackgasse
Innehalten
7
1:55:51
Neo flieht vor den Agenten  Sprung von
Verlangsamen der Zeit, Analogie (siehe 2)
weicht
den
Kugeln
Analogie (siehe 2.), Hinterfragen der Realität
aus
-
erste
Verlangsamen der Zeit, Hinterfragen der Realität
Bullettimeszene
Verlangsamen der Zeit, Hinterfragen der Realität,
einem Geländer
Thema wird eher angedeutet bzw. tritt verändert auf:
Nr.
Zeit
Handlung auf Bildebene
Funktion / Ideen / Beschreibung
1
1:29:20
Morpheus wird verhört
„Dunkle Version“ des Themas, Smith möchte
Morpheus Hoffnungen austreiben  Gegenpol zu
„Neo als Auserwählter“ (s. Nr. 5,6,8)
2
1:40:18
Lobbyszene: Aufbau der Bombe
Antizipation: unmöglich erscheinendes Vorhaben 
Hinterfragen der Realität
3
1:40:48
Neo und Trinity befestigen sich an dem
Hinterfragen der Realität, Zitat „Es gibt keinen Löffel“
Aufzugdraht
4
1:44:57
Morpheus will aus dem Hochhaus
Verlangsamen der Zeit (Bullettime)
herausspringen, wird angeschossen und
stolpert
5
1:46:57
Tank ist sich sicher, dass Neo der
6
1:51:57
Neo steht wieder auf, nachdem er von Agent
Auffällig: Zweiter Akkord mit Harfenarpeggio
Smith niedergeschlagen wurde
gedoppelt; Neo als Auserwählter
7
1:53:29
Neo befreit sich im U-Bahn-Kampf aus dem
Auffällig: Thema verbunden mit sich wiederholenden
Neo als Auserwählter
Auserwählte ist, Neo hat Trinity gerettet
Griff des Agenten und kann sich retten
Tönen, keine stehenden Texturen mehr 
Anpassung an vorigen Musikcharakter
Funktion: Hinterfragen der Realität, Analogie (s. S.
24, Nr. 2)
8
1:59:44
Neo steht wieder auf, nachdem er von Agent
Neo als Auserwählter
Smith niedergeschossen wurde
9
2:03:10
Neo spricht durch das Telefon, während die
Neo als Auserwählter
Kamera auf den Matrixcode zoomt
26
5.2 Das Liebesthema
5.2 Das Liebesthema
Neben dem obigen, eher durch den Parameter der Harmonik beschreibbaren Leitmotiv, fällt
ein weiteres Thema auf. Dieses konzentriert sich jedoch eher auf den Parameter der
Melodik. Von seiner Gestaltung her ist es sehr kompakt: Es handelt sich nur um vier
verschiedene Töne. Durch seine leichte Einprägsamkeit und seine Kantabilität hebt es sich
von den anderen Leitmotiven im Film ab. Die Einprägsamkeit des Themas wird jedoch
verringert, indem es oft nur unterschwellig angedeutet wird oder so langsam und frei im
Tempo erklingt, dass man es nicht als Einheit empfindet.
LIEBESTHEMA (1:47:09)
Die Melodie bildet eine Art Liebesthema, da sie immer dann auftritt, wenn Trinity und Neo im
Mittelpunkt stehen. Das zeigt die folgende Liste:
Nr.
Zeit
Handlung auf Bildebene
Funktion / Ideen / Beschreibung
1
0:22:46
Trinity hält Neo davor zurück, das Auto zu
Das Thema wird nur angedeutet. Der
verlassen
erste Teil ist schon herauszuhören.
Antizipation, dass sich Neo und Trinity
verlieben werden.
2
1:06:07
Trinity möchte darüber berichten, was das
Das Thema wird langsam in den
Orakel ihr erzählt hat, zögert jedoch.
Hörnern gespielt. Bereits bevor über
Trinitys Prophezeihung vom Orakel
gesprochen wird, beginnt der Ton des
Horns.
3
4
1:47:09
1:59:28
Neo rettet Trinity, sie stehen nahe
Thema in den Streichern, hohe Lage,
einander gegenüber.
auffällig
Trinity sagt Neo, dass sie ihn liebt.
Anspielung des Themas, nur die ersten
drei Töne
5
2:02:25
Neo kommt in der echten Welt wieder zu
Thema in den Streichern
sich und sieht Trinity in die Augen. Sie
küssen sich.
Das Liebesthema wird bereits angespielt, bevor der Zuschauer überhaupt weiß, dass sich
eine Beziehung zwischen Trinity und Neo entwickelt (siehe Nr. 1, 2). Die Musik wirkt also als
Antizipation. Außerdem entwickelt sich das Thema im Laufe des Filmes. Bei Szene 1 (siehe
Tabelle) wird das Thema in den Celli nur angedeutet und von einer fließenden, schwer
wieder erkennbaren Melodie umrahmt. Der zweite Teil des Themas tritt hier noch verändert
27
5.2 Das Liebesthema
auf (Stufen 1-2-7 statt 1-2-6). Bei Szene 2 wird das Thema so langsam und leise in den
Hörnern gespielt, dass man es kaum wahrnimmt. Das dritte Erscheinen des Themas ist
schon deutlicher, da es in einer hohen Lage und oktaviert von den Violinen gespielt wird und
während des Erklingens kein Gespräch stattfindet. Auch bei der fünften Szene wird nicht
gesprochen, wodurch das Thema im Vordergrund steht.
Man sieht also, dass hier eine Entwicklung stattfindet: Das Thema stellt sich mehr
und mehr in den Vordergrund und nimmt klare Form an. Analog dazu entwickelt sich auf der
Bildebene die Bindung zwischen Trinity und Neo immer weiter.
Wichtig ist, dass das Liebesthema auch in den beiden Fortsetzungen zu „The Matrix“
zu finden ist. In „Matrix Reloaded“ ist es wird es am emotionalen Höhepunkt des Filmes von
einem Solohorn vorgetragen (1:55:53), nachdem es vorher in den Celli rhythmisch verändert
und begleitet von einer zweiten Stimme erklungen ist (ab 1:55:01). In „Matrix Revolutions tritt
das Thema auf, während Trinity im Sterben liegt und sich an schöne die gemeinsame Zeit
erinnert (1:31:05). Nachdem die ersten drei Noten des Themas mehrmals in den Streichern
angespielt werden, erklingt das Thema zum ersten Mal vollständig in einem Englisch Horn
Solo52. Danach wird es erweitert, wie das Notenbild (s.u.) darstellt. Davis sprach einmal
davon, dass er das Liebesthema im ersten Film kürzen musste und schließlich nur
fragmentär erscheinen lassen konnte. An dieser Stelle lässt sich die Vermutung anstellen,
dass es sich im letzten Film um das ursprüngliche, vollständige Thema handelt. Die
Beziehung zwischen Neo und Trinity erreicht durch das Liebesgeständnis ihren Höhepunkt.
Auch das Thema findet hier Vollendung. Es wird zweimal gespielt. Durch das Hinzukommen
von Bässen wirkt die Wiederholung, die parallel zum letzten Kuss verläuft, sehr warm. Doch
verharrt die Melodie auf dem vorletzten Ton und illustriert Trinitys Tod sowie das zu frühe
Ende der Beziehung.
An diesem Beispiel sieht man, dass sich thematische Entwicklungen auch über den
Rahmen mehrerer Filme gestalten lassen.
Liebesthema – Erweiterte Form (1:32)
52
Anmerkung: Das es sich um ein Englisch Horn handeln könnte, habe ich vom Höreindruck entschieden. Eine Partitur lag
leider nicht vor. Auf jeden Fall handelt es sich um ein Instrument aus der Oboenfamilie. Die dunkle Färbung des Klanges ließ
mich auf ein Englisch Horn schließen.
28
5.3 Das Sentinel-Thema
5.3 Das Sentinel-Thema
Mit dem Begriff „Sentinel“ werden die Drohnen bezeichnet, die im Film in der echten Welt die
unterirdischen Kanäle nach menschlichen Raumgleitern durchsuchen. Gegen Ende des
Films (1:56) finden und attackieren sie Morpheus’ Raumgleiter. Die Drohnen werden dabei
musikalisch durch wiederholte Triolen53 charakterisiert, die aufsteigend ausgerichtet sind und
von verschiedenen Instrumentengruppen gespielt werden. Bei 1:57:12 sind diese Triolen
besonders in den Trompeten hörbar.
Interessanterweise wird dieses Triolenmotiv schon gegen Anfang des Films
verwendet. Es erklingt in der Szene, in der Trinity die Drohne entfernt, die die Agenten
vorher in Neo hineingepflanzt haben (0:23:03). Dabei wird es antizipatorisch verwendet. Es
wird bereits während das Auto anhält und der Entfernungsprozess noch nicht stattfindet von
den Celli in tiefer Lage gespielt. Der Zuschauer hat zunächst keine Ahnung, was geschehen
wird, aber erwird durch die Musik bereits in Angst versetzt. Es kommen mehr und mehr
Schichten dieser Triolen hinzu, wodurch sie sich gegenseitig überlagern. Dabei fängt eine
neue Schicht stets in einer höheren Lage an. Zunächst spielen nur Streichinstrumente, doch
sobald das Gerät an Neos Bauch „andockt“, kommen Bläsercluster hinzu. Das Andocken
wird dabei durch einen perkussiven Schlag untermalt. Als die Drohne unter Neos Bauch
sichtbar wird, spielen Trompeten in hoher Lage die Triolen. Es kommt ein weiterer
perkussiver Schlag, als Trinitys Gerät Neo Stromstöße verabreicht. Die Musik erreicht ihren
Höhepunkt.
Das Musikstück, das die gesamte Szene untermalt,
ist von seiner Form her so
konzipiert, dass eine stete Steigerung stattfindet, bis die Drohne schließlich entfernt wird und
sich die Musik schlagartig beruhigt. Dieses Prinzip der Steigerung, der Hinzufügung von
weiteren Instrumentenschichten ist im gesamten Score sehr oft zu finden (z.B. Szene der
Einpflanzung der Drohne oder in der Szene, wo Neo den Spiegel berührt und dieser sich auf
seinem Körper ausbreitet: 0:30:10, weitere Beispiele im letzten Kapitel54).
Es wurde festgestellt, dass das Triolenmotiv an zwei unterschiedlichen Stellen im
Film verwendet wird. Durch derartige Bezüge stellt Davis Zusammenhänge her. Er zeigt,
dass die kleine Drohne und die Sentinels zusammengehören. Sie sind Teil der
Maschinenwelt. Dies wird auch bildlich dargestellt durch ihr insektenartiges Aussehen. Beide
Maschinentypen haben lange Metallarme. Sie gehören beide zu Instrumenten, die Rebellen
eliminieren sollen. Diese Idee bringt Davis wie folgt zum Ausdruck: „That figure [das
Triolenmotiv] became the sentinel theme, that showed up later in the feature, which it
53
54
Vgl. http://www.geocities.com/dondavismatrixnl/commentary.html (s. Anhang, S. 2, Z. 19f)
siehe Kapitel „Zusammenfassung“, Unterpunkt „Layering“
29
5.4 Thematische Arbeit
seemed the two devices were related. Something that the Agents concocted that was
something to eliminate the people that were being rebels.“55
Auffällig ist, dass die Szene der Entfernung der Drohne musikalisch nicht so dicht und
aufdringlich ist wie das Auftauchen der Sentinels am Ende des Filmes, wo die Triolen in eine
dichte dissonante Klangtextur eingebettet sind. So schafft es die Musik, die Größe und
Anzahl der Maschinen sowie unterschiedliche Grade an Gefahr für die Protagonisten
auszudrücken. Ein weiterer Grund für die aufdringlichere Musik könnte darin liegen, dass die
Musik sich hier gegen sehr viele Soundeffekte durchsetzen muss (z.B. Bewegung der
Sentinels, Laser beim Aufbrechen des Schiffes).
5.4 Ergebnis: Davis’ thematische Arbeit
Don Davis arbeitet bewusst nicht auf konventionelle Art und Weise mit der Leitmotivtechnik.
„There are thematic elements, but it’s not thematic in a theme-and-variations kind of way.56”
So bringt es Davis zum Ausdruck. Er verbindet verschiedene Motive mit verschiedenen
Elementen
des
Films
(z.B.
Beziehung
zwischen
Trinity
und
Neo,
Drohnen,
Realitätsschichten). Eine tief greifende Entwicklung dieser Motive, eine ausgefeilte
Veränderung der Leitmotive findet jedoch nicht statt.
Hinzu kommt, dass Davis sich entgegen der Konventionen weniger auf prägnante
Melodien oder klare Harmonien konzentriert, sondern vielmehr texturell arbeitet. Unter diese
Arbeit mit Texturen fallen beispielsweise die sich überlagernden 16tel-Bewegungen und die
einander gegenübergestellten Bläserakkorde, die das Hauptthema bilden. Auch die Arbeit
mit dem Triolenmotiv zur Darstellung der Sonde und der Sentinels zählt dazu. Durch das
Prinzip der Überlagerungen der Triolen wird eine Klangtextur geschaffen. Allein das
Liebesthema genießt durch seine Kantabilität und Einfachheit Sonderstellung.
6. Antizipationen in der Musik
Davis greift häufig auf das Mittel der Antizipation zurück. Einige Beispiele wurden dafür
bereits genannt: Das Erklingen spannungsreicher Musik bevor Neo im Verhör mit den
Agenten die Drohne eingepflanzt wird, das Auftreten von Triolenmotiven bevor sie entfernt
wird sowie das Anspielen des Liebesthemas bevor der Zuschauer über eine mögliche
Beziehung nachdenkt. So nimmt Davis Stimmungen musikalisch vorweg. Dies bewirkt, dass
der Zuschauer unbewusst Erwartungen aufbaut. So wird der Film schneller, da die einzelnen
55
56
Vgl. http://www.geocities.com/dondavismatrixnl/commentary.html (s. Anhang, S. 2, Z. 20ff)
Vgl. http://www.mania.com/navigating-matrix-composer-don-davis_article_2151.html
30
6. Antizipationen
Szenen nicht abgeschlossen werden, sondern offen enden und fließende Übergänge zu
neuen Szenen schaffen57.
An dieser Stelle folgt ein weiteres Beispiel: Cyphers Verrat an der Crew wird an zwei
Stellen bereits vorweggenommen. Bei 1:15:10 wird Cyphers Lächeln durch einen hohen
Streichercluster sowie durch Klänge des Waterphones untermalt. Hier steht die Musik im
Sinne von Pauli in einer kontrapunktischen Funktion dem Bild gegenüber58. Die Musik
entpuppt Cyphers Lächeln als falsches Lächeln, als gestelltes, unangebrachtes Lächeln.
Diese Unangebrachtheit bemerkt Cypher, als Neo das Lächeln nicht erwidert. Der Zuschauer
bekommt das Gefühl, dass irgendetwas nicht stimmt, was die Spannung steigert. Eine
weitere Antizipation erfolgt ab 1:22:23. Die Szene zeigt, wie Cypher auf die Telefone zuläuft,
die seinen Ausgang aus der Matrix darstellen. Dieser neutrale Bildinhalt wird zunächst durch
chromatisch geführte Bläsertöne begleitet. Somit wirkt die im Sinne Paulis Musik
polarisierend, da sie dem neutralen Bild eine weitere Bedeutungsebene hinzufügt59: Es geht
Gefahr von Cypher aus! Sobald Cypher erwacht, erklingen parallel zu hohen Clustern eine
Linie in den Streichern, die ständig zwischen zwei chromatisch nebeneinander liegenden
Tönen wechselt. Sie bringt zum Ausdruck, dass Cyphers Verrat unmittelbar bevorsteht.
Die Antizipationen im Film nehmen auch direkt nachfolgende Szenen vorweg. Das zeigt das
folgende Beispiel:
Während Morpheus im Hochhaus von Agent Smith verhört wird, erklingt im
Hintergrund ein regelmäßiger Puls von perkussiven Schlägen (1:36:39). Zunächst sind diese
Schläge sehr leise gemischt, um dem Dialog Raum zu geben. Je näher aber der Übergang
zur nächsten Szene heranrückt, umso lauter werden die Schläge. Bei der nächsten Szene
handelt es sich um die berühmte Lobbyszene. Neo betritt die Lobby, man sieht jedoch nur
seine Füße, die im Takt der perkussiven Schläge auftreten. Sobald Neo seine Jacke öffnet
und man sieht, wie schwer er bewaffnet ist, verstummen die perkussiven Schläge. Hier wird
Stille als kompositorisches Mittel eingesetzt. Sie illustriert das Luftanhalten der Wachmänner
und auch das der Zuschauer angesichts Neos schwerer Bewaffnung. Nachdem Neo sich der
Männer von der Security entledigt hat, erklingt der regelmäßige perkussive Puls wieder und
wird ergänzt durch einen Rhythmus, der an typische militärische Snarerhythmen erinnert.
Dies passt ja auch zum Bildgeschehen. Den zwei Helden wird schließlich ein großes
militärisches Aufgebot entgegengestellt, das sie in einer spektakulären Kampfszene
bekämpfen müssen.
57
58
59
Vgl. Kloppenburg, Josef (2000): S. 49.
Vgl. Kloppenburg, Josef (2000): S. 51.
Vgl. Kloppenburg, Josef (2000): S. 51.
31
7. Syntaktische Funktionen
7. Syntaktische Funktionen der Filmmusik
Bei der Betrachtung des gesamten Soundtracks wird deutlich, dass die Musik häufig
syntaktische Funktionen erfüllt. So werden an vielen Stellen im Sinne de la Motte-Habers60
Schnitte auf der Bildebene in der Musik durch ein kurzes Crescendo antizipiert. Dieses
Crescendo bricht in der neuen Szene plötzlich ab oder wird durch einen perkussiven Schlag
beendet. Besonders bei näherer Betrachtung der ersten Szene (Trinitys Flucht) fällt diese Art
von Musikeinsatz häufig auf.
Neben diesem ersten Typus der Abgrenzung von Sinneinheiten wird Musik aber auch
eingesetzt, um Sequenzen miteinander zu verbinden und um Schnitte, die mit Ortswechseln
gekoppelt sind, zu entschärfen. Der im vorigen Kapitel beschriebene perkussive Puls, der im
Verhör von Morpheus langsam erklingt und beim Übergang in die nächste Szene immer
lauter gemischt wird (1:36:39), schafft einen Zusammenhang. Die Musik bringt durch den
akustischen Zusammenhalt zweier Szenen zum Ausdruck, dass die Lobbyszene während
des Verhörs stattfindet.
Am Rande sei erwähnt, dass auch das Sounddesign des Filmes diese Idee
übernimmt. Ein eindrucksvolles Beispiel lässt sich in der Szene finden, in der Neo nach dem
Discobesuch zuhause aufwacht (0:11:31). Das Geräusch des Weckers wird bereits in der
vorigen Szene langsam in die Musik eingeblendet und erklingt über den Schnitt hinweg bis in
die neue Szene. Dadurch wird der extreme Lautstärkenwechsel zwischen Diskothek und
morgentlichem Aufwachen entschärft.
Diese musikalischen Übergänge lassen sich als Reaktion auf das Bild verstehen. In
der Matrix werden viele Szenen unmittelbar miteinander verbunden, indem die Kamera
beispielsweise in technische Geräte (Monitore, Telefone) hineinwandert, „durch den
Matrixcode fliegt“ und an einer anderen Stelle wieder austritt. Man hat sich also von den
fließenden Übergängen auf der visuellen Ebene inspirieren lassen.
„Music can help build a sense of continuity in a film.“61 Diese Aussage von Copland über
eine mögliche Funktion der Filmmusik kann man auf die letzten beiden Kapitel beziehen. Die
vielen Antizipationen im Film schaffen flüssige Übergänge von einer Situation in die nächste
und sorgen dafür, dass der Film nie an Tempo verliert. Diese Kunstgriffe schaffen also
Kontinuität.
60
61
Vgl. Kloppenburg, Josef (2000): S. 53.
Vgl. Kloppenburg, Josef (2000): S. 52.
32
8. Zusammenfassung
8. Zusammenfassung / Systematisierung
In einigen Stichpunkten werden die Erkenntnisse der einzelnen Szenenanalysen nun nochmals systematisch
zusammengefasst und mit neuen Beispielen versehen. Dabei ist die Leitfrage: „Was ist typisch für den MatrixSoundtrack?“
Synergetische Beziehung zum Bild

a) Underscoring, deskriptive Technik  Untermalung von Bewegungen
o
Bewegungsgrad auf der Bildebene wird von der Musik unterstrichen

Beispiele

Trinitys hektische Flucht auf dem Dach, viele Schnitte  16-tel-Bewegung
(0:03:55)

Trinitys Sprung über das Dach (0:04:26) oder Trinitys Luftholen vor dem
letzten Sprung (0:04:45)  Innehalten der Bewegung

Matrixcode, viele Zahlen, viel Bewegung (0:00:52)  16-tel-Bewegungen

Bullettime, Zeitlupe  Verwendung des Hauptthemas (Gegenüberstellung
zweier Bläserakkorde), wenn die Zeit verlangsamt wird (z.B. 0:42:03)
o
Bewegungsrichtung auf der Bildebene wird von der Musik unterstrichen

Beispiel:
o
Agent springt über Dächer (0:04:30)

o
Passend zum Sprung aufsteigende Bläsermelodie (1,5,6b)
Im Simulationsprogramm: Die Hochhäuser bewegen sich von unten
auf Neo und Morpheus zu  Näherkommen wird durch
aufwärtsgerichtete Melodie beschreiben (0:51:31)
o
Die Kamera bewegt sich von den beiden weg  Entfernung wird
durch abwärtsgerichtete Melodie beschrieben
o
1:34:53  Wiederaufnahme der Idee bei der Szene, wo Neo und
Trinity sich mit Waffen ausrüsten  Bezüge zwischen den Szenen
o
Einzelne Bewegungen werden musikalisch untermalt (oft durch perkussive Schläge)


Beispiele

Trinitys Augenaufschlag (0:02:54)

Auftreten des Fußes von Agent Smith (0:05:44)

Loslösung der Handschellen (0:02:48)

Neos Schritte in die Lobby (1:36:57)
b) Inspiration durch „Look“ des Films
o
Auf der Bildebene kommen viele Spiegelungen und Reflexionen vor

Beispiele
o
Morpheus’ Brille
33
8. Zusammenfassung

Hochhäuser
o
Bildschirme
 Übernahme auf die musikalische Ebene


o
Fugierungen, Imitationen, „echoing of musical statements“
c) Nachzeichnen der Befindlichkeiten der Charaktere
o
Einpflanzung der Drohne  Angst, Ungewissheit, Gefühlschaos in Neo (0:20:00)

o
„chaotisches Durcheinander“ der Musik durch Aleatorik
Unangenehmes Gefühl beim ersten Einklinken in die Simulationssoftware (0:37:44) und beim
Lernen der Kampfkunst (0:46:27)

Kurzer, aber intensiver Aufschrei des Orchesters
Musik lässt Raum für Dialog
o
Die Musik wird nicht nur leiser gemischt, sondern auch dünner orchestriert

Beispiele
o
0:20:08 - Agent Smith redet - Musik wird leiser und konzentriert sich
auf Klaviere und Pauken, davor und danach steht sie im
Vordergrund
Syntaktische Funktion der Musik:
o
Szenenwechsel werden durch Bläsercrescendi oder perkussive Schläge markiert
o
Szenenwechsel werden entschärft durch Antizipationen
o
Antizipationen helfen beim Filmverstehen  Beispiel: Die Musik trägt dazu bei, dass Zuschauer
Unbehagen Cypher gegenüber empfindet, sie entlarvt ihn als Verräter
Übernahme von außermusikalischen Ideen in die Musik
o
Überlagerung von Realitätsschichten im Film  Überlagerung unterschiedlicher Motive in der
Musik
o
Die Matrix ist nur eine Illusion, unter der Oberfläche liegt eine erschreckende Wahrheit  Davis
verfremdet bekannte Klänge und zeigt dadurch, dass mehr unter der Oberfläche liegt 
Kopplung des normalen Klavierklanges mit präpariertem Klavier, Benutzung des Waterphones,
Verschleierte Texturen durch Motivüberlagerungen
Arbeit mit Themen  Leitmotivtechnik
o
Hauptthema

o
o
Wiedererkennung durch prägnanten Sound und häufiges Auftreten
Liebesthema

Entwicklung: wird im Film immer deutlicher

Sonderstellung wegen Kantabilität
Sentinelthema
34
8. Zusammenfassung
 insgesamt eher Arbeit mit Texturen anstatt mit großen, wiedererkennbaren Themen
Schaffung von Stimmungsbildern  Moodtechnik
o
z.B. Neos Heilung (0:34:43)
Kompositionstechnik allgemein
o
o
o
Postmoderner Ansatz

Minimal Music

Clustertechnik

Aleatorik
Besondere Instrumentierung

Präpariertes Klavier

Waterphone

 Schaffen unwirkliche Atmosphäre, „other worldly sound“
Wiederkehr von Elementen

16tel-Bewegung

Sentinelthema: erscheint bei Drohnenentfernung und als die Sentinels das Schiff
überfallen

Fugiertes Streichermotiv  Grundform 6b - 5 - 2 - 1

1:59:53  Neo steht wieder auf und ist allmächtig

0:21:41  Neo wird von Trinity abgeholt

0:15:13  Morpheus stellt Neo vor die Wahl  Flucht über Dach oder über
Inhaftierung

Wirkung  schafft Kohärenz, setzt den typischen Matrix-Sound durch
 schafft Bezüge zwischen Szenen
o
Motivik

Häufige Wiederkehr von kleinen 16-tel-Motiven, die sich gegenseitig überlagern

Generell Beschränkung auf Arbeit mit wiederkehrenden, kleinen Motiven statt mit
großen Themen
o
Harmonik

Cluster

Polytonalität - siehe Hauptthema

Klare Harmonien an Eckpunkten des Filmes

Beispiele
o
Choreinsatz in der Szene, in der Neo in der echten Welt aufwacht
(0:32:07)
o
Neos Heilung (0:34:44)
o
Trinitys Liebesgeständnis (1:59:04)
35
8. Zusammenfassung
o
Neo steht wieder auf, nachdem er niedergeschossen wurde und
besiegt den Agenten (2:00:25)
o
„Layering“ - Das Denken in Schichten

Typischer Crescendo-Aufbau, Spannungssteigerung: Es kommen mehr und mehr
Schichten hinzu + höhere Lage + höhere Dynamikstufe - danach abrupter Abbruch

Starke Sprünge von einer Schichtenzusammensetzung in die nächste (treppenartig)


Fließendes Crescendo


z.B. 0:19:36 - Einpflanzung der Drohne
z.B. 0:23:02 - Entfernung der Drohne
Weitere Beispiele

0:29:46 - Neo greift in den Spiegel  Ausbreitung des Spiegels über seinen
Körper

0:13:41 - Neo flieht im Bürogebäude vor den Agenten  Je näher die
Agenten kommen, umso mehr Instrumentenschichten kommen hinzu
o
Symbiose zwischen Source Music und orchestralem Soundtrack

Einleitung von Popsongs durch Orchester

Orchestrale Overdubbings über Popsongs
36
9. Nachwort
9. Nachwort
Ohne Rezipienten hat Musik keine Bedeutung. Deshalb möchte ich dieses Nachwort dazu
nutzen, als Rezipient abschließend persönliche Anmerkungen zur Filmmusik von „The
Matrix“ zu machen.
Die Beschäftigung mit dem Thema hat mich zu einer tiefen Bewunderung gegenüber
Don Davis geführt. Ich bewundere zum einen seinen Mut, sich von filmmusikalischen
Konventionen (z.B. traditionelle Leitmotivik, eingängige Melodik etc.) geschickt zu lösen und
mit einem postmodernen Ansatz neues Terrain in der Welt der Filmmusik zu betreten. Er
setzt nicht einfach auf Altbewährtes, sondern bringt die Filmmusik durch neue
kompositorische Techniken aus dem Konzertsaal in ihrer Entwicklung voran. Er weitet ihre
Grenzen aus und lädt zum Experimentieren ein. Dabei verliert er nie aus dem Blick, dass
seine Komposition zusammen mit dem Bild ihre Wirkung entfalten muss, dass sie als
Filmmusik funktionieren muss. Für diese Adaption neuer Techniken und Klangfarben an die
Kriterien von Filmmusik schätze ich Davis sehr.
Zum anderen bewundere ich ihn für sein Gespür und seine Detailverliebtheit für die
Beziehung zwischen Bild und Musik. Elmer Bernstein hat einmal folgendes gesagt: „The
biggest problem is to make the initial decision about the musical evaluation of the picture.
You have to decide what music must do!“ Don Davis hat eine eindeutige „initial decision“
gemacht: Die Musik geht bei ihm eine symbiotische Beziehung zum Bild ein. Das fällt
besonders auf, wenn man das Bild mal weglässt: Während einer Zugfahrt habe ich mir nur
die Musik des Films angehört. Dabei war ich erstaunt, wie klar in meiner Vorstellungen viele
Szenen des Films abliefen, obwohl es schon lange her war, dass ich ihn gesehen hatte. Bild
und Musik waren in meiner Vorstellung aber zu einer Einheit verschmolzen. Die Beziehung
zum Bild ist auch so eng, dass es schwierig ist, den Soundtrack in anderen Kontexten wie
z.B. Trailern anzuwenden, so Davis: „The thing about THE MATRIX music is that it really
doesn't work in other contexts. It takes a particular film of that kind of style that it's going to
be appropriate for.“ Davis hat also - inspiriert durch die Handlung und das Bild - einen
einzigartigen Sound geschaffen, der immer direkt mit dem Matrixuniversum verbunden sein
wird, der nicht austauschbar ist.
„Es ist schwer, jemandem zu erklären, was
die Matrix ist. Jeder muss sie selbst erleben.“ - Morpheus
Die Beschäftigung mit der Art und Weise, wie Davis durch die Sprache der Musik sein Bild
von der Matrix vermittelt, hat mich zu einem tieferen Erleben der Matrix und somit zu einer
größeren Wertschätzung des Films gebracht.
37
9. Nachwort
Ich hoffe, dass ich durch diese Arbeit die Begeisterung, die der Film und seine Musik in mir
ausgelöst haben, ein Stück weit weiter vermitteln konnte.
- Thomas Höhl
38
10. Quellenverzeichnis
Quellenverzeichnis
1. Primärquellen
Filme:
The Wachowski Brothers (1999): The Matrix. Warner Bros. Pictures.
The Wachowski Brothers (2003): Matrix Reloaded. Warner Bros. Pictures.
The Wachowski Brothers (2003): Matrix Revolutions. Warner Bros. Pictures.
Audio-CD:
Don Davis (1999): The Matrix. Original Motion Picture Score. Varèse Sarabande, VSD-6026.
2. Internetsites
Adams, Doug: Offizielle Biografie von Don Davis: http://www.dondavis.net/biography/ (betrachtet
04/09)
De Bruijn, Joep (2005): Commentary by Don Davis.
http://www.geocities.com/dondavismatrixnl/commentary.html (betrachtet 04/09)
Filmografie von Don Davis: http://www.dondavis.net/films/ (betrachtet 04/09)
Interview mit Don Davis (1999):
http://www.tracksounds.com/specialfeatures/interviews/interviewdd.htm (betrachtet 04/09)
Interview mit Don Davis (2000):
http://whatisthematrix.warnerbros.com/cmp/rl_interview_don_davis.html (betrachtet 04/09)
Dueck, David Abraham (2008): Rezension des Matrix-Soundtracks.
http://classicalmusic.suite101.com/article.cfm/the_matrix_deluxe_edition_soundtrack (betrachtet
04/09)
Larson, Randall D. (1999): Navigating the Matrix with composer Don Davis.
http://www.mania.com/navigating-matrix-composer-don-davis_article_2151.html (betrachtet 04/09)
McCulley, Jerry: Rezension des Matrix-Soundtracks: http://www.amazon.de/Matrix-Score-DonDavis-Dirigent/dp/B000026V9T/ref=sr_1_5?ie=UTF8&s=music&qid=1241182159&sr=8-5 (betrachtet
04/09)
39
10. Quellenverzeichnis
Waters, Richard A. (2009): Quotes and Comments about Waterphones.
http://www.richardawaters.com/waterphone/quotes.html
3. Literatur
Beilfuß, Mike/Bocquier, Jean-Christophe (2007): Erstaunliche Musik. Interview mit Don Davis. In:
Cinema Musica 10, 2007, S. 12-17.
Bullerjahn, Claudia (2001): Grundlagen der Wirkung von Filmmusik. Augsburg, Wißner.
De Leeuw, Ton (1995): Die Sprache der Musik im 20. Jahrhundert. Entwicklung, Strukturen,
Tendenzen. Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart.
Karlin, Fred (2004). On the track. A guide to contemporary film scoring. Routledge, New York.
Kloppenburg, Josef (2000): Musik multimedial: Filmmusik, Videoclip, Fernsehen. Laaber, Laaber.
Korff, Malte (2000). Kleines Wörterbuch der Musik. Reclam, Stuttgart.
Kwiatkowski, Gerhard (Hrsg.) (1979). Schülerduden „Die Musik“. Bibliographisches Institut,
Mannheim.
Michels, Ulrich (2001). Dtv-Atlas Musik. Dtv, München.
40
Anhang
11. Anhang
5
10
Anmerkung: Bei dem folgenden Text handelt es sich um eine Transkription eines Audiokommentars
von Don Davis. Der Audiokommentar ist leider nur auf der amerikanischen Version der DVD
vorhanden, auf die ich leider nicht zurückgreifen konnte. Da ich andere Transkriptionen auf der
Website von Joep de Bruijn überprüfen und verifizieren könnte, halte ich sie trotz Schreibfehler für
wertvoll, da sie viel über Don Davis und seine Denkweisen preisgibt.
„Commentary by Don Davis
15
20
25
30
-0:06 (Neo is listening to his music at his room):
''I'm Don Davis, I wrote the music.We've just heard a pretty intense , almost 7 minutes of music involving Trinity
running from the Agents across rooftops and such.This is a pretty good movie to stake what's going on right at the
outset and I really didn't use any themes in this earth.There kind of fanatic ideas, more textural ideas than
anything else. But the fact there was pretty significant camerawork shown right at the outset, I was able to play of
immediately.The significant thing that's happening, is that there is a multitude of realities that are going on and the
audience is really not aware of it yet, until the character Neo becomes aware of it. But I was able to symbolize that
by layering different musical textures on top of each other and that. I felt that would communicate to the audience
that there's much more going on, than actually being shown to them visually. I got involved in this movie, because
I scored a picture for the Wachowski Brothers earlier called Bound, and I was involved with that because a friend,
Zach Staenberg (the editor), gave me the opportunity to submit for them. As soon as I read the script of Bound, I
was really knocked out and I knew this was a picture I had to score.But I wasn't nearly knocked out as when I
saw/read the script for The Matrix.The thing that is estounishing about this scene were looking at now, you know,
Neo goes back and he gets the program out of a book that he has hidden, that's called Simulation and Simulacra,
and opens up to a page called On Nihilism, where he finds this, this little stash of his booty. And than there's a
interesting rule/dialogue sequence where his friend says ''You're my personal Jezus christ, my saviour'' and than
he says well you don't exist. I mean it's a really a brilliant prologue to what is going to happen in this picture, but
it's all kind of under surface. And that's what I tried to with the music, just under the surface, just under the surface
enough that the audience would be aware there was more going on than meet the eye.''
35
40
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55
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65
-0:12 (Metacortex conversation between Neo and Mr.Rhineheart):
''What we just heard was a song by Rob Zombie called Dragula and I felt anyway that it weren't the particular
realistic feeling particularly for the night club scene, which Neo meets Trinity. And the interesting thing about this
film is that, that real is only real, because a character thinks it's real, or convinced that it's real, in which a song
like that even, even more powerful continuation.The scene that's coming up is the scene where Neo gets chased
through the office by the Agents, and I was able to introduce some of my ideas about echoing. Echoing musical
statements, this was kind of a technical thing; different parts of the orchestra will stay at something and another
part of the orchestra will restate it, just slightly later and I was looking for the fact that you get by watching yourself
in the mirror or for example, Neo is looking at his computer and can see his face in the screen.This is the first of
quite a few reflective camera movements the Wachowski's used. And I believe for them it was a symbol of the
different states of reality, that were going on.One could look into a spoon, that was really reflecting your face and
you could actually see what was real, rather than the embryo world.''
-0:16 (Agent Smith in the interrogation room with neo):
''This is a particularly, particularly fun scene from my point of view and when we spotted the film we we're on
agreement that we didn't want to tip anything off to the audience by playing the agents with music. I found the
scene very funny, and I think there's a certain element of humor that the Wachowski's wanted to preserve.And I
thought that if music played it funny, it would destroy it for the ones in the audience who didn't find it funny, kind of
scary and visa versa. And to play it kind of scary, people in the audience who could see it as funny. For those
listeners who don't know what a spotting session is, that's a meaning in which a composer and the directors and
the film editor, music editor sit down and view the film, decide where music will start and where it will stop. It
sounds kind of illimentary,but it's pretty important, because music is almost more effective actually from were it
isn't in the film, from where it actually is.This is perfect example of that.The scene what's coming up is the scene
in which the agents place a tracking device in Neo's stuomach. And it's a, the mostly overt horror moment in the
picture.And it gave me the opportunity to do something I wanted to do quite a while.It's a kind of a technique
amongst the Polish school composers of Lutoslawski and Penderecki, were they would come up with a bit of
music that would repeat itself in one section and another bit of music would repeat itself somewhere else. And
these things were kind of like musical mobiles, would sort of flow in time and out, with loudness and softness. And
I was able to keel each of these things with points and the picture would come up. And to my mind it was
particularly effective. I'd like to do a whole picture that way sometime, but this clearly wasn't the picture for that.
1
Anhang
But it certain was the noon for it.This was one that I didn't demo for the Wachowski Brothers prior to the screen
session. Because these little mobiles were quite improvisatory and I couldn't find a way to have the synthesizers
do that kind of improvisatory thing in a way that would really convey to the scene. So I had to tell the Brothers that
they gonna had to trust me, till they heard it with the orchestra.''
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-0:21 (Neo awakens after being bugged in his bed):
''The shribbing belly it was that it was really kind of departure, stylistically from something I had determined I
wanted to express in the score. When the Wachowski's first approached me about the music, the main thing they
wanted was something creative in difference, from what they were putting on the screen. And from my advantage
point, I felt that what I was doing on the concert stage, which is become known as post modern music, was
something that yet needed to be exploited in film music. And this post modern style is kind of a outreach of
minimalism and is something of that common style with minimalism and more abstract music. But it's clearly a
reaction against the kind of complexity that I used in this sequence.''
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-0:25 (Neo meeting Morpheus):
''This last sequence had a bit of thematic brooding, I mean in so fort I use themes, or really motives. I had a motif I
actually started in the previous cue, which was something for the tracking device.And it was kind of a triplet figure
that played against itself, in kind of a complicated way.That figure became the sentinel theme, that showed up
later in the feature, which it seemed the two devices were related. Something that the Agents had concocted that
was something to eliminate the people who where being rebels. And the scene that's coming up is really the
scene that introduces Neo to the Matrix and sense him on his faithful ride. And it was really the first place where I
could use a minimal idea which I felt that the hypnotic/repetive nature of noon music would signify the Matrix
musically best.This is also the scene where the idea of reflective imagery and the camerawork manifested itself
mostly concludely, as you can see in Morpheus's eye glasses.We can always see Neo and the puzzling look in
his face and there is also the reflection of the case in Morpheus's hands, that hold the faithful pills. In the following
sequence Neo looks into the mirror and he senses his finger into the mirror and the mirror than spreads up his
hand, up his head, into his mouth. And that's how he is transported into the powerplant, which is the location of
his actual existenz.This sequence is kind of extreme, because it changed a bit of my first draft of it, which I played
for the Wachowski Brothers and you know, they felt that there needed to be less motion as he walked into the
room, and a little more of a dramatic thing happening under Neo walking toward the mirror and that sort of thing.
So this is a interesting sequence in terms of illustrating the kind of collaboration with the Wachowski Brothers.
Often when you have to play something for the directors,you will put something in there to see how it works in the
room. And than start workshopping it from that point. And I think my relationship with the Wachowski Brothers
fruitful view.''
-0:37 (Neo after being resurrected about to touch the plug in the back of his head):
''That scene was actually gratifying, because we return fairly late in the game that we wanted to use a choir for
scenes like that. So that could symbolize the faith of humanity and the desperate nature that happened to human
beings. I was able to use a boy soprano in the sequence when Neo was being resurrected by Morpheus.'''
-0:39 (Neo is getting plugged into the construct building):
''We recorded the orchestra at the Century Fox scoring stage, which was now called the Newman stage.We had a
90 piece orchestra of Hollywood finest studio musicians. It was recorded by Armin Steiner, who I feel was the best
recording engineer in the business.We recorded the choir in Salt lake City with the members of the Mormon
Tabernacle choir, and we had a boy soprano named Thed Ledbow, who as long as boy sopranos hood will last, is
one of the best in the business. He did this other part in Bernstein's Mass, last summer in the Hollywood Bowl.
We were able to record the orchestra live to a surround x, what had 24 bare, which is very high quality and I had
the synth parts in my home studio, which was recorded by Larry Mah, recorded next by Larry Mah. So we were
able to balance the synthesizer parts up to the orchestra parts also in surround sound and the unique thing about
this is as soon we recorded it was in the digital demainery, remained in digital demainery, until it was actually
played back in the theatre.'''
-0:44 (After Neo threw up he's talking to Morpheus):
''This is a turning point in the film.We've done most of the exposition of the faith of humanity and are about to go
into the Neo training sequence. We're able to utilize a choir once again as Morpheus explains to Neo what
happened to humans. And I was able to signify the crying out of the human race by choir. What's coming up is a
montage of Neo's awakening.''
-0:46 (Neo sitting on the ground with the dimming light just before the dojo):
''I'd like to explain a bit of the meaning of the titles I came up for these pieces.The scene upcoming, which is the
first sequence of Neo's training is called Bow Whisk Orchestra, which is an anagram of the Wachowski
Brothers.The upcoming training sequence was actually, there's actually three parts to it. And the first part with the
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setting of Asian percussion instruments, you know five percussionists and I wrote out a semi-improvisational thing
for them to do to play Neo and Morpheus sparring.The second part of it was a song by Lunatic Calm called Leave
You far Behind. And the third part of it was a orchestral cue that I wrote called Switch or Breakshow, which is also
a anagram of Wachowski Brothers.This sequence was the first sequence that introdoces Neo's transformation
from an innocent, unknowing to a deity.''
-0:51 (A pause in the fight where Morpheus explains that Neo is much faster):
''Now the principal about these sequences is that the principles that are doing the fighting, are actually the
actors.These were no stunt doubles, there's no trickery about putting an actors face out a stuntman's, you know,
stuntman's body with computer magic.This is Keanu Reeves and Laurence Fishburne actually fighting, they
spent 4 months training to be able to do these sequences.''
-0:53 (After the dojo sequence has ended):
''This score, for me happily is one of the best symbiotic relationships between songs and score, that I've heard
of/experencied.I have to give avoids of the Wachowski Brothers. Because I was not involved in choosing the
songs.They have spend a lot of time on sensitivity of choosing the songs.''
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-0:54 (Just after the jump program):
''Long people have asked what my favourite scene was to score in The Matrix and the scene where Laurence
Fishburne and Keanu Reeves are standing there and building rise up to them. It's really actually my favourite
moment because I could get very close to the action and so something very interesting with annex is buildings
come up and the camera pulls back just before they start the jump program. It's really one of the most quintessentially Wachowski moments in the picture.And I was able to recap that musical moment later when Trinity
and Neo are again in the construct and they choose their weapons for the lobby shootout.''
-0:56 (Trinity talks with Cypher of bringing Neo dinner):
''The next sequence I think is a nice moment of symbiosis between song and score.You got the song Clubbed to
Death by Rob Dougan, playing at Morpheus explanation to Neo. But it required an intro of the orchestration and
then some sweetening over the song, because we needed to accentuate the cut to the police man and the entry
of the women in the red dress.''
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-1:01 (After the squiddies have pulled back):
''I've been asked to explain my role as an orchestrator, as a conductor and the fact that I'm not really a performer.
I don't really play musical instruments. I used to play trumpet, but that was many years ago. I don't really play
piano, at least my pianist friends are pretty quick to tell me that I don't play piano. I'd like to conduct my own
music, because I have pretty strong ideas about how I want the music to be rehearsed and performed. And it's an
experience for me to just let them rather try to explain to another conductor what I need in terms of rehearsal. I
also orchestrated the entire film.I guess the difference between orchestrating and composing is really the
difference between writing a short sketch of say six to nine lines, and writing out the entire orchestra part, which is
about 30 to 50 lines. And it's just very time consuming to write the individual part for each wooden instrument and
each brass instrument, rather than to write something more general.Two lines of example for the strings. But in
this instance we wanted to test the movie with the score, as I was conceiving it, so I found it a necessity. I had to
write the entire score on the synthesizer and mix it for the test screening. And than after the test I started
orchestrations for the full orchestra.''
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-1:05 (The Nebucadnezzar crew at dinner):
''I first became aware of The Matrix project about getting at 2,5 years before it was released.Shortly after we
finished Bound the Wachowski Brothers showed me the script for The Matrix. Since it, that had to be written
before they wrote Bound and they had been workshopping these ideas for a good six years now I think. But after I
read the script I was immediately struck by the incredible layers of structure they cut into this unusual idea. And I
was also excited they had inwoven these concepts of reality with, with I could clearly see a very fun, thrill part of
variaty. Sort of scenes with fights and chases and things like that. But the Brothers showed me some of their
storyboards and a few of the illustrations, the pre-production illustrations, stuff like the powerplant and things like
that. And they explained to me what they were planning to do with some of the camera work and special effects,
since they were working on.They were really excited about what they were wanting to do and it got me really
excited about it too. So actually I started thinking about, about the musical approach away from that point. I was
thinking mostly about what interesting things where happening in the concert stage, that I could translate to film
music.''
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-1:10 (At the entrance of the Oracle's apartment):
''The sequence just prior to this, were all principals enter the Matrix via telephone lines.That was underscored with
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a song called Prime Audio Soup by Meat Beat Manifesto. And it immediately set ways to score after the come
down on the landing dock; the hotel.I was asked to cover, to score all the sequences that they eventually use for
the soundtrack. Because while I was writing they were in negotiation with the different groups for the songs. And
they weren't quite sure if they would get those songs.They wanted to make sure they had something that covered
it.''
-1:17 (Leaving the Oracle):
''The Oracle prophetically was listening to Minor Swing by Django Reinhard and I'm Beginning To See The Light
by Duke Ellington. And the next two sequences, which is the starting major action part of the movie.The next
scene is called Threat Mix and the fight between Morpheus and the Agents called Exit Mr. Hat, both anagrams of
The Matrix.''
-1:37 (Smith in conversation with Morpheus):
''The first Agent Smith monologue scene was really the only point that the Wachowski's and I disagreed in the
spotting session. I felt pretty strong that the first scene needed music. And just because we come to the point in
the energy of the film, I felt needed to be pushed forward. And eventually the Wachowski's agreed with me, after
they heard what I wrote for it.They realized that it really wasn't interfering with the dialogue. But later on there was
some pressure to cap these scenes with Agent Smith, which is actually two of my favourite scenes. Anyway I
flattered myself but I think the addition of music to those sequences, possibly prevented their eventual removal.''
-1:41 (Neo and Trinity entering the lobby):
''This is a nice moment where I was able to stay away from a pile driver kind of sound, starting when Agent Smith
is starting to squeesh Morpheus's head. And I was able to take that pile driver the same way into the lobby. And
use a similar pile driver that set ways into the Spybreak song by Propellorheads, which takes us to the lobby
scene.''
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-1:43 (After the lobby shootout):
''That was a particularly tricky sequence with music and film, because the sound effects were so intense that they
spent quite a bit of time making the Propellorheads song work with all those bullets flying around. And I think it
worked out really well yeah.''
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-1:45 (Neo and Trinity rise up by the rope in the shaft):
''At this point the film starts to kick and just doesn't lit up. So as a composer I was looking for a way to generate
action and energy in the music.But I was looking for something that really didn't refer to other films. And it was an
opportunity to further develop the idea of reflection in music. Echoing ideas and to further develop minimalism
post modern ideas, so I was trying to develop.''
-1:46 (After the bullet-time sequence):
''The bullet-time sequence was giving me a chance to experimental with that. With kind of making time stands still
by playing two different chords at the same time with different parts of the orchestra and they would fight each
other dynamically, that result was which ever a chord was loudest at the moment, is the chord that you
perceived.''
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-1:47 (Before the helicopter sequence starts):
''The remaindered movie is basically energy. And the point that the music, is this point to maintain that energy and
also actually sabotage the film. But the very next sequence, actually Neo wills Morpheus to rise up and jump into
the helicopter.The scene is called Ontological Shock, which is a term for when a prophet realized his destiny and
transcends a mortal life into the life of a dead, which is what exactly happens to the Neo during the sequence.''
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-1:52 (The subway fight is about to start):
''The following scene is really one of the most impressive fight scenes I've seen in a movie. And I was looking for
something in the orchestra, essentially distillation down to basic fundamental elements of rhythm and dynamics.''
-At the very end of the end credits:
''For anyone still istening to the remble, it was a real pleasure to be able ot do this. It's one of the best musical
experiences I ever had.“
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Quelle:
Verfasser:
http://www.geocities.com/dondavismatrixnl/commentary.html
Joep de Bruijn
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