Erfahrungsbericht Erasmus5 - Medizinische Fakultät Studiendekanat

Transcription

Erfahrungsbericht Erasmus5 - Medizinische Fakultät Studiendekanat
Erfahrungsbericht Erasmus 2007/2008 La Laguna/Teneriffa
von Bert-Ram Sah
1. Die Kanaren und Teneriffa
Die kanarischen Inseln, welche geographisch zu Afrika gehören, bilden eine der autonomen
Regionen Spaniens und liegen ca. 1300 km von der iberischen Halbinsel entfernt. Teneriffa,
die größte der 7 Inseln, hat außer dem höchsten Berg Spaniens, Teide – 3718m, eine
unglaubliche Vielfalt an Landschaften zu bieten. Von dichten Nebelwäldern, schwarzen
Sandstränden und Bananenplantagen bis hin zu Lavawüsten trifft man hier alles an.
Die Hauptstadt Teneriffas Santa Cruz liegt im Nord-Osten der Insel direkt am Meer. Mit den
beiden Stadtteilen La Cuesta und Taco geht sie unmittelbar in die Universitätsstadt La Laguna
über (auf ca. 550m Höhe). Während Santa Cruz neben einem schönen alten Stadtkern, einem
Park, und dem großen, künstlich angelegten Sandstrand „las Teresitas“ vor allem Sonne zu
bieten hat, wartet La Laguna mit einer von der Unesco zum Weltkulturerbe erklärten Altstadt
auf.
Die beiden Städte, zusammen ca. 400.000 Einwohner, sind seit einem Jahr durch die Tranvia
(Straßenbahn) verbunden.
Die Medizinische Fakultät liegt zwischen den beiden Städten direkt neben der Autobahn
gleich unterhalb des HUC (Hospital Universitario de Canarias). Das zweite Lehrkrankenhaus
HUNSC (Hospital Universitario de Nuestra Señora de la Candelaria) liegt drei Tranvia
Haltestellen weiter in Richtung Meer. Beide Krankenhäuser sind gut an das Bus- und
Tranvianetz angeschlossen.
2. Anreise und Ankunft
Mit seinen zwei Flughäfen ist Teneriffa gut zu erreichen. Der Nordflughafen (TFN) liegt 10
min von der Innenstadt La Lagunas entfernt und ist gut in das Innerspanische Netz
eingebunden. Hierher fliegen die spanischen Billigfluglinien vueling, spanair und clickair (ab
Madrid, Barcelona), Anschluss findet man mit easyjet (ab Basel). Dies ist v.a. mit den
Vergünstigungen der Residencia interessant (Anwohnerausweis, Anleitung hierzu in diversen
SVZ-Gruppen, oder bei Auri). Der größere Südflughafen (TFS) empfiehlt sich für Direktflüge
beispielsweise mit Ryanair (ab Frankfurt-Hahn), Tuifly, Condor und Airberlin. Ca. 100€ pro
Flug sollte man einkalkulieren.
Mitbringen sollte man Unterlagen wie Ausweis, Krankenversicherung, Impfpass etc.
Selbstklebende Passbilder kann man in der Nähe des Campus Central erwerben.
Für den Unialltag benötigt man Stethoskop, Kittel, Notizbuch, Wörterbuch, „Spanisch für
Mediziner“, deutsche Medizinbücher und einen Laptop.
Gleich zu Beginn sollte man sich ein „Bono Bus“ (Mehrfahrtenkarte, pro Fahrt 60cent) für
Tranvia und Bus, einen Stadtplan, z.B. in der Bücherei Lemus, direkt neben dem Campus
Central, und eine Simkarte fürs Handy kaufen. Die meisten Studenten wählen Movistar, seit
neuestem gibt es allerdings auch Simyo in Spanien, der, sollte die Netzabdeckung
gewährleistet sein, mit weitem Abstand billigste Anbieter. Außerdem gibt es Vodafone,
Amena und Orange.
Die ersten Nächte kann man in der Penison Padron (C/ Nuñez de la Peña 29, La Laguna, Nähe
Mercadona) oder dem Hostal Berlin (C/ Venezuela 64, La Laguna, von der Estation de
Guaguas, Busbahnhof, aus gesehen andere Seite der Autobahn) verbringen (ca. 20 bis 30€ pro
Nacht).
3. Wohnungssuche
Zunächst einmal muss man sich entscheiden, ob man in La Laguna oder Santa Cruz wohnen
möchte.
Santa Cruz liegt direkt am Meer und ist ca. 5-10° wärmer. Allerdings hat die Hauptstadt keine
schöne Strandpromenade und keinen direkten Zugang zum Meer. Außerdem sind die
Wohnungen dort teurer.
In La Laguna ist es zwar immer etwas kälter, dafür aber auch billiger und das wirkliche
Studenten- und Nachtleben spielt sich dort ab.
Die Wohnungssuche beginnt dann mit Zettelabreißen an den Telefonzellen rund um die
Avenida Trinidad und Calle Heraclio Sanchez, sowie am Campus Central, Campus de
Guajara und der Medizinischen Fakultät. Mietpreise liegen zwischen 140€ und 250€ kalt. Bei
den Zimmeraushängen bedeutet c/ calle und „agua y luz“ sind die Nebenkosten, wobei der
Gaspreis für Heißwasser und zum Kochen oft noch hinzukommt. Wenn man gar nichts
findet, kann man sich auch von einer Agentur (Nähe Milagrosa) vermitteln lassen. Das kostet
ca. 50€ und die meisten haben ganz gute Erfahrungen damit gemacht.
Man kann auch schon von Deutschland aus im Internet nach Wohnungen schauen, z.B. bei
easypiso.com oder pisocompartido.com.
Die Studentenzimmer sind meist sehr klein und haben oft nur ein Fenster zum Lichtschacht.
In der Regel übergibt man die Miete monatlich in bar, ebenso die Kaution, Mietverträge sind
die Ausnahme. Man sollte beachten, dass die Kaution oft datumsgebunden ist, d.h. sollte man
vorzeitig ausziehen, bekommt man sie nicht zurück.
Festnetz und Internetzugang sind keine Selbstverständlichkeit, eventuell kann man es aber
einrichten. Viele Studenten beschränken sich auf Internetcafès. In den Fakultäten gibt es an
vielen Stellen WLAN.
Wenn man die eigenen Sprachkenntnisse noch verbessern möchte, empfiehlt es sich, mit
spanischen bzw. kanarischen Studenten zusammen zu wohnen.
4. Immatrikulation
Mit der Einschreibung läuft es folgendermaßen: Mit dem Erasmusausweis muss man zum
Koordinator der Fakultät, Norberto. Der trägt einen dann in die entsprechenden Kurslisten ein,
einschreiben muss man sich aber letztlich noch selbst.
Das macht man in der „secretaría“ der Fakultät. Dort trägt man sich zunächst in eine Liste ein,
nach welcher einem dann ein Datum zur Einschreibung zugeteilt wird. Der Termin liegt in der
Regel erst Wochen nach Semesterbeginn, weil die Sekretärinnen sonst mit dem Ansturm nicht
fertig werden würden. Mehrere Wochen später bekommt man dann einen Studentenausweis
(Plastikkarte).
Außerdem muss man sich bei den Jahren der einzelnen belegten Fächer (1.-6. Jahr mit
jeweiligem Jahrgangssprecher) zu den belegten Praktika (zwecks Verteilung) eintragen und
sich die zugehörigen „Fichas“ (Laufzettel zum Unterschriften sammeln) besorgen. Es gibt
eine Ausnahme: Anmeldung für das 4. Jahr übernimmt Señora Dr. Campos
(HNO Prof., ansässig in der Escuela de Enfermeria). Sollte es Praktikaüberschneidungen
geben, wenn man Praktika aus verschiedenen Jahren belegt hat, lässt sich
immer eine Lösung finden - jedoch frühzeitig Koordinatoren informieren bzw. bei
kurzfristigen Änderungen direkt beim Praktikumsverantwortlichen Professor nachfragen.
5. Betreuung vor Ort
Uni
Seit kurzem gibt es einen neuen Erasmus-Koordinator an der Universität, Norberto Marrero.
Er scheint ein klein wenig besser organisiert zu sein als Justo. Es ist jedoch kein Fehler auch
hier hinterher zu sein.
Im Learning-Agreement solltet ihr eher mehr als weniger Kurse eintragen lassen, später
neue Kurse hinzufügen zu wollen, ist immer möglich (auch im 2. Semester noch!), aber mit
einem entsprechendem bürokratischen Aufwand verbunden. Und was nicht auf dem LearningAgreement steht, wird später nicht auf eurem transcript of records erscheinen.
Oficina de Relaciones Internacionales
Man findet das Rektorat in der Calle Viana. Dieses ist zuständig für Erasmusstudenten. Dort
bekommt man alle offiziellen Unterschriften Und hier sollte man sich auch nach der Ankunft
als erstes melden.
AURI
Seit wenigen Jahren gibt es eine Gruppe engagierter Studenten, die den Verein „AURI“
gegründet haben. AURI organisiert für Erasmusstudenten viele Möglichkeiten sich
gegenseitig und gemeinsam die Insel und ihre Bewohner kennen zu lernen. Kurz vor Beginn
des Semesters, gegen Ende September, gibt es die erste Veranstaltung, den „welcome day“, an
welchem alle Austauschstudenten begrüßt werden. Am nächsten Tag gibt es dann einen
Ausflug zum Teide, bei welchem man erste Eindrücke von der wunderschönen Insel sammeln
und neue nette Bekanntschaften machen kann, den „funny day“. Im Laufe des Semesters
werden Kneipenabende (jeden Mittwochabend trifft sich die Erasmus-Gemeinde im Café
siete, Nähe Trinidad), Wanderungen, Grillfeste, Ausflüge zu besonderen Anlässen,
Opernbesuche etc. organisiert. Über AURI kann man auch Sprachtandems finden.
Die Studenten der Organisation geben außerdem viele wertvolle Tipps, wie man sich am
besten durch den „Papierberg“ arbeiten kann und das Studium am besten organisiert.
6. Studium
Unterschiede zum dt. Studiensystem
In Teneriffa gibt es im Allgemeinen keine Verbindung zwischen Vorlesungen und Praktika.
Vorlesungen bestehen aus Frontalunterricht, sie findet immer im Klassenzimmer der
jeweiligen Jahrgangsstufe statt. Die Studenten sind jung und trauen sich kaum, Fragen zu
stellen, somit besteht während der Vorlesungen und Praktika wenig Interaktion zwischen
Dozent und Studenten. Bei den Praktika ist man meistens einem Arzt zugeteilt, dem man
zwischen 8 und 12 Uhr auf Schritt und Tritt folgt. Wie viel man lernt hängt alleine von seiner,
und der eigenen Motivation ab.
Auf interessiertes Nachfragen reagieren die meisten Ärzte sehr positiv und nach kurzer Zeit
ist es oft möglich selber richtig mit anzupacken (z.B. im OP zu assistieren etc.)
Für Klausuren wird nicht mit Büchern, sondern mit Unterrichtsmitschrieben („apuntes“)
gelernt. Jeden Tag schreiben 2 andere mit, und tippen es zuhause ab. Sie sind meist sehr
ausführlich, jedes Wort des Dozenten wird festgehalten, und qualitativ sehr variabel. Am
besten sollte man parallel ein deutsches Kurzlehrbuch lesen. Spanische Lehrbücher soll es
auch geben, angeblich sogar eine Bibliothek.
Umsetzung der eigenen Studienplanung an der Gastuniversität
Grundsätzlich gilt in Spanien: Alles ist möglich. Es gab keinen Kurs oder Praktikum, das ich
nicht hätte belegen können. Was nicht angeboten wird, kann man sich beim zuständigen
Chefarzt selber organisieren. Diese freuen sich immer über engagierte und interessierte
Studenten. Am wichtigsten ist erst mal, dass die Fächer die man belegen möchte auf dem
Learning Agreement stehen.
Im Ablauf ist man weder an den deutschen noch an den spanischen Stundenplan gebunden,
sodass man auch als Student des 5. Semesters beispielsweise Fächer höherer Semester, wie
Gynäkologie oder Pädiatrie, belegen kann.
Wer sich vorher mit der Äquivalenzliste des Dekanats auseinandersetzt, wird keine Probleme
mit der Anrechnung bekommen.
Einziger Wehrmutstropfen bleibt, dass ich für beide Semester in Freiburg die vollen
Studiengebühren bezahlen musste. Wohl ist es in Baden-Württemberg möglich sich ein
Urlaubssemester anrechnen zu lassen, allerdings sind hierfür 5 komplette Scheine (incl.
Klausur) in Spanien zu absolvieren. Da u.a. die Chirurgie und Innere-Klausuren in Freiburg
geschrieben werden müssen, diese alleine sind ca. 8 Scheine (die Fächer sind im Ausland in
einzelne Fächer wie Endokrinologie, Gastroenterologie etc. aufgeteilt), macht es nicht grade
einfacher die 5 Scheine zu erreichen. Und selbst sollte man dies geschafft haben, ist es absolut
sinnloser Weise nur möglich sich ein Semester beim LPA anrechnen zu lassen, und nicht
beide. Es beleibt für mich völlig unverständlich weshalb man über 1000€ zu zahlen hat, nur
um im Computersystem weitergeführt zu werden. Dies ist in anderen Bundesländern und an
anderen deutschen Universitäten weitaus fairer organisiert.
Kurse: Praktika und Klausuren mit Bewertung
Es gibt zwei universitäre Krankenhäuser, das HUC (oberhalb der Fakultät) und das HUNSC
(Hospital Universitario Nuestra Señora de Candelaria). Den meisten Studenten haben die
Praktikas im Candelaria mehr Spaß gemacht, weil es näher am Meer liegt, wärmer ist, und
v.a. die Ärzte motivierter sind.
Die Bewertung der einzelnen Praktika könnt ihr den anderen Erfahrungsberichten entnehmen;
ich halte dies jedoch nicht für sehr sinnvoll, da die Praktika sehr vom zugeteilten Arzt
abhängig sind. Wer motiviert ist, viel frägt, und v.a. des Spanischen mächtig ist, der kann viel
lernen, wer morgens um 10 Uhr nach Hause möchte wird auch auf seine Kosten kommen.
Auf die Prüfungen bereiten sich die spanischen Studenten mit den Apuntes vor. Dies sind pro
Fach mehrere Zentimeter Papier, die es gilt auswendig zu lernen. Denjenigen denen das
Spanisch noch etwas schwer fällt, kann man raten zumindest im Wintersemester die
Klausuren noch in Freiburg mitzuschreiben. Den so häufig besagten Erasmus-Vorteil gibt es
in Teneriffa weitestgehend nicht. Man sollte sich an dieser Stelle auch vor Augen führen, dass
die spanischen Studenten mit Bestehen aller Klausuren auch fertige Ärzte sind, und
beispielsweise in Deutschland arbeiten könnten. Das hiesige „Abschlussexamen“ (MIR) ist
nur eine Klassifikation, nach welcher die spanischen Krankenhausstellen vergeben werden.
7.Bankkonto
Die Deutsche Bank hat u.a. bei der Correos (Post) in La Laguna einen Geldautomaten.
Postbank-Kunden können mit der „SparCard“ ca. achtmal im Jahr kostenlos im Ausland
Bargeld abheben.
Empfehlen kann ich an dieser Stelle die Kreditkarten der Comdirect-Bank. Hiermit kann man
im Ausland bei fast allen Banken umsonst und so oft man will Geld abheben. Das Konto ist
für Studenten kostenlos. Hiermit ist es auch überflüssig geworden, bei der ansässigen Caja
Canarias ein Konto zu eröffnen.
8.Versicherung
Man wird hier von der Uni für den Betrag von 1,13Euro versichert (nicht vergessen zu
überweisen). Abgesehen davon sollte man sich vor der Anreise mit seiner Krankenkasse in
Verbindung setzen, bzw. eine Auslandsversicherung abschließen.
An dieser Stelle möchte ich mich bei allen bedanken, die das Auslandsjahr möglich gemacht
haben. Sollten noch Fragen offengeblieben sein, könnt ihr mich jederzeit unter
bseneo@gmx.de kontaktieren.