Spezialöle für Extrudergetriebe: Die Chemie muss
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Spezialöle für Extrudergetriebe: Die Chemie muss
Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern ■ EXTRUSION Die Chemie muss stimmen Spezialöle für Extrudergetriebe. Die Anforderungen, die an Extrudergetriebe gestellt werden, erhöhen sich laufend. In diesem Zusammenhang kommt dem Getriebeöl eine immer größere Bedeutung zu. Mit synthetischen Ölspezialitäten können Verlustleistung und Verschleiß des Getriebes verringert werden. Das Ergebnis sind Kosteneinsparungen und eine höhere © 2004 Carl Hanser Verlag, München www.kunststoffe.de/Kunststoffe-Archiv Betriebssicherheit der Anlage. SEBASTIAN HOMBORG n der Extrusion und Compoundierung wird der Ausstoß der Extruder stetig maximiert. Gleichzeitig sind die Betreiber bestrebt, die Investitionen für Verfahrenstechnik und Betrieb zu minimieren. Die technische Weiterentwicklung der Schnecken und Antriebe haben die Durchsatzleistungen der Extruder in den letzten Jahren verdoppelt. Damit ändern sich auch die Anforderungen an den kompletten Antriebsstrang. Einerseits werden die Getriebe immer kompakter und kostengünstiger ausgelegt. Andererseits sind die Drehmomente, die Temperaturen und die Traglasten in Extrudergetrieben bei verbesserten Wirkungsgraden gestiegen. Durch die kompaktere Bauweise verringern sich die Ölmengen im Getriebe. Dennoch muss in jeder Betriebssituation des Getriebes ein bestmöglicher Schmierfilmaufbau garantiert sein. Waren früher die Getriebe für den tatsächlichen Betrieb überdimensioniert, so lau- I 144 fen die neuen Extrudergetriebegenerationen häufig pausenlos unter Volllast. Mineralöle erreichen unter diesen Bedingungen die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit. Bei der Konstruktion so genannter High-Torque- und High-Speed-Extru- dergetriebe ist die Auswahl des richtigen Getriebeöls daher ein wesentlicher Einflussfaktor im Hinblick auf die Wertschöpfung und die langfristige Betriebssicherheit geworden. Synthetische Getriebeölspezialitäten bieten hierbei viele Vorteile. Reibungskoeffizient Bild 1. Reibungskoeffizienten verschiedener Basisöle (links), ermittelt mit dem Zweischeibenprüfstand (rechts). Prüfbedingungen: Hertzsche Pressung: 1000 N/mm2, Schlupf: 20 %, Öltemperatur: 90°C, ISO VG 150 © Carl Hanser Verlag, München Kunststoffe 12/2004 Reibungskoeffizient Verlustleistung Bild 2. Polyglykolöl weist im FZG-Test (Forschungsstelle Zahnräder und Getriebe, TU München) deutlich niedrigere Reibungskoeffizienten auf Besonderheiten bei Extrudergetrieben Extrudergetriebe werden besonders an der letzten Getriebestufe und an den Axiallagern durch hohe Drehmomente und axiale Rückdruckkräfte belastet. Doppelschneckenextruder haben durch die geringen Achsabstände der Schnecken zusätzlich einen geringeren Konstruktionsbauraum. Dadurch wird die Auslegung der letzten Getriebestufe und das Bild 3. Durch den Einsatz von Polyglykolöl kann die Verlustleistung eines Extrudergetriebes deutlich reduziert werden Kräftesplitting auf die einzelnen Schnecken konstruktiv limitiert. Synthetische Getriebeöle bieten bereits bei der Entwicklung dieser Getriebe die Möglichkeit, dem Verschleiß konstruktiv vorzubeugen. Bei hohem axialen Schneckendruck wirken am Axiallager hohe Kräfte, die bei Doppelschneckenextrudern mit hintereinander geschalteten Tandemlagern aufgefangen werden. Diese Lager werden über eine Umlaufschmierung durch das Getriebeöl geschmiert. Die Viskositätslage des Schmieröls ist anhand der zu erwartenden Betriebsbedingungen an der letzten Getriebestufe und an der Rückdrucklagerung zu bestimmen. Die gängigsten Viskositätslagen für Extrudergetriebe sind ISO VG 220, ISO VG 320 und ISO VG 460. Beim Kaltanfahren müssen sowohl die Förderbarkeit des Öls als auch die Schmierfilmbildung garantiert sein. Synthetische Öle bieten hierbei ausreiV chende Reserven. © 2004 Carl Hanser Verlag, München www.kunststoffe.de/Kunststoffe-Archiv Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern EXTRUSION ■ Kunststoffe 12/2004 145 Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern ■ EXTRUSION Energieeinsparung Bild 4. Die Reibungsreduzierung beim Einsatz von Syntheseölen führt zu niedrigen Betriebstemperaturen. Prüfbedingungen: Verzahnung A, Laststufe 10, Umfangsgeschwindigkeit 8,3 m/s Auswahl synthetischer Getriebeöle © 2004 Carl Hanser Verlag, München www.kunststoffe.de/Kunststoffe-Archiv Mineralöle sind Gemische aus Kohlenwasserstoffen mit unterschiedlichen Molekülstrukturen. Diese Strukturen beeinflussen die physikalischen Kennwerte. Deshalb gibt es auch innerhalb der Gruppe der Mineralöle unterschiedliche Leistungsmerkmale. Syntheseöle werden auf Basis von Polyglykol, Polyalphaolefin oder Ester synthetisch hergestellt. Zu den tribologischen Vorteilen der Syntheseöle gegenüber den Mineralölen gehören ■ die hohe thermische und oxidative Stabilität, ■ die geringere Änderung der Viskosität über das Temperaturprofil, ■ die niedrigeren Reibwerte an der Verzahnung, ■ der hohe Verschleißschutz in Lagern und Verzahnung, ■ das gute Lasttragevermögen in Lagern und Verzahnung und ■ die geringe Rückstandsbildung. Die Vielfalt der synthetischen Grundöle und ein komplexes Know-how der chemischen Additivierung bieten die Mög- lichkeit, Syntheseöle mit technischen Vorteilen für spezielle Anforderungen zu entwickeln. Hierbei ist wichtig, dass die Chemie der Öle bei der Getriebeauslegung bereits berücksichtigt wird. Wirkungsgradsteigerung Durch die Verwendung von Getriebeölen auf Basis von Polyalphaolefin, Ester und Polyglykol kann der Wirkungsgrad im Getriebe erheblich verbessert werden. In tribologischen Untersuchungen wurde nachgewiesen, dass synthetische Öle unter identischen Betriebsbedingungen deutlich niedrigere Reibungskoeffizienten aufweisen als Mineralöle. Den niedrigsten Reibungskoeffizient erreichten dabei die Polyglykolöle (Bild 1). Aufgrund dieser Reibwerte konnten in Wirkungsgraduntersuchungen die Verlustleistungen beim Einsatz der verschiedenen Öle ermittelt werden. Die Auswertung zeigt eine deutliche Reduzierung der Verlustleistung mit synthetischen Spezialölen (Bild 2 und Bild 3). Während die Verlustleistung der Mineralöle bei etwa Ölwechselintervalle Bild 5. Synthetische Getriebeöle erreichen deutlich höhere Standzeiten als Mineralöle 146 2 % liegt, beträgt der Wert bei den Polyalphaolefinen und Esterölen nur 1,6 bis 1,7 %. Die niedrigste Verlustleistung wird mit 1,45 % bei Polyglykolölen erreicht. Diese scheinbar geringe Verbesserung führt zu einer messbaren Abnahme der Leistungsaufnahme. Beispielhaft hat ein mit Polyglykolöl geschmiertes Extrudergetriebe bei einer Leistung von 150 kW und einer jährlichen Betriebsdauer von 6000 Stunden eine Verlustleistung von etwa 13 500 kWh/a. Im Vergleich hierzu beträgt bei einem mineralölbetriebenen Getriebe die Verlustleistung etwa 18 000 kWh/a. Diese Differenz stellt für den Betreiber ein, über den Maschinenpark betratchtet, beträchtliches Einsparpotenzial bei den Energiekosten dar. Lebensdauerverlängerung Darüber hinaus führt die geringere Reibleistung der synthetischen Getriebeöle dazu, dass weniger Reibungswärme entsteht (Bild 4). Die Temperaturbelastung im Schmierfilm an der eingreifenden Verzahnung wird hierdurch verringert. Gleichzeitig haben die synthetischen Ölprodukte eine höhere thermische Stabilität. Aus diesen beiden Gründen verläuft die Ölalterung langsamer als bei Mineralölen.Vorhandene Ölkühlungen werden ebenfalls geringer beansprucht. Gebrauchtölanalysen bieten eine zusätzliche Sicherheit bei der Bestimmung des Ölwechselintervalls. In der Praxis liegt das Ölwechselintervall von Mineralölen bei maximal 10 000 Betriebsstunden, bezogen auf ein Standard-Extrudergetriebe mit einer Betriebstemperatur von 70°C. Synthetische Getriebeöle können dagegen Standzeiten von bis zu 40 000 Betriebsstunden erreichen, in Einzelfällen liegen die Wer10 Carl Hanser Verlag, München Kunststoffe 12/2004 © 2004 Carl Hanser Verlag, München www.kunststoffe.de/Kunststoffe-Archiv Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern EXTRUSION ■ te sogar noch höher (Bild 5). Dadurch entfallen zahlreiche Ölwechsel und der damit verbundene Aufwand. Abhängig von den Wartungsintervallen der Gesamtanlage kann dies auch eine höhere Verfügbarkeit der Extrusionsanlage bedeuten. Verschleißreduzierung Wenn sich die Temperatur im Getriebe verändert, dann ändern sich auch die Ölviskosität und die Bedingungen für einen kontinuierlichen Schmierfilmaufbau. Diese Temperaturabhängigkeit der Viskosität wird mit dem Viskositätsindex beschrieben. Je höher der Viskositätsindex, desto geringer ist die Veränderung der Viskosität über das Temperaturspektrum des Getriebes. Langfristig bietet ein hoher Viskositätsindex also einen niedrigeren Verschleiß. Der Viskositätsindex der Mineralöle liegt zwischen 80 und 100. Polyalphaolefine und Esteröle weisen dagegen Werte zwischen 130 und 175 auf. Bei Polyglykolölen erreicht der Viskositätsindex Spitzenwerte von bis zu 270. i thetische Kohlenwasserstoffe (Polyalphaolefine) sind mit diesen Dichtungstypen üblicherweise verträglich. Inzwischen hat intensive Grundlagenforschung mit den Radialwellendichtringherstellern dazu geführt, dass auch Ester- und Polyglykolöle freigegeben werden. Die Verträglichkeit wird sowohl statisch als auch dynamisch geprüft, damit ein abgestimmtes System aus Schmierstoff und Elastomerdichtung angeboten werden kann. Die Entscheidung für einen Wechsel von Mineralölen auf synthetische Öle ist somit wesentlich erleichtert worden. Im Zweifel können individuelle Untersu- chungen des Ölherstellers für den Kunden Sicherheit bieten. Verhältnis von Kosten und Nutzen Die reinen Einkaufskosten pro Liter für synthetische Getriebeöle, besonders für Spezialitäten, sind zwar höher als für Mineralöle. Über die gesamte Lebensdauer einer Anlage betrachtet sind jedoch die Betriebskosten aufgrund der beschriebenen technischen Vorteile der synthetischen Spezialöle gegenüber den Mineralölen wesentlich niedriger. Detaillierte V Hersteller Klüber Lubrication München KG Geisenhausenerstr. 7 D-81379 München Tel. +49 (0) 89/78 76-0 Fax +49 (0) 89/78 76-333. www.klueber.com Mineralöle, die dauerhaft in Grenzbereichen gefahren werden, bilden feste Alterungsrückstände, die den Verschleiß erhöhen. Synthetische Öle zeichnen sich dagegen durch eine niedrigere Rückstandsbildung aus. Dadurch wird die Betriebssicherheit der Anlage erhöht (Bild 6). Chemische Beständigkeit Die chemische Verträglichkeit synthetischer Öle mit Radialwellendichtringen, Schaugläsern und Innenanstrichen ist Voraussetzung, um Leckagen zu vermeiden. Häufig sind die synthetischen Getriebeöle, die durch die Getriebehersteller freigegeben sind, auf ihre Wechselwirkungen mit den entsprechenden Kunststoffen und Lacken abgeprüft. In Extrudergetrieben sind hauptsächlich Radialwellendichtringe aus den Elastomeren NBR oder FKM eingebaut. SynKunststoffe 12/2004 147 Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern ■ EXTRUSION sis zur Schmierung von Großgetrieben“, Referat, Klüber Lubrication München KG. N.N.: Firmeninterne Dokumente, Klüber Lubrication München KG. Praxiserfahrung Bild 6. Lebensdauererhöhung durch Syntheseöle an einem Getriebe mit einer Leistungsaufnahme von 750 kW bei 1500 min –1 Links: defektes Getriebe mit Grübchenbildung und Zahnbruch nach 6000 Stunden mit Mineralöl, Ölsumpftemperatur 70°C. Rechts: funktionstüchtiges Getriebe nach 9500 Stunden mit Polyglykolöl, Ölsumpftemperatur 55°C Kosten-Nutzen-Rechnungen können gemeinsam mit dem Schmierstoffanbieter erstellt werden. wand für Wartung und Instandhaltung. Dadurch können Kosten eingespart und die Betriebssicherheit der Anlage erhöht werden. ■ Fazit LITERATUR N.N.: Mineralöle und Syntheseöle, Klassifikation, Auswahl, Anwendung, Klüber Lubrication München KG, 07/2000. N.N.: Tagungsband Antriebstechnisches Kolloquium ATK, Aachen 2003. Siebert, H.; Mann, U.: „Getriebeöle auf Polyglykolba- SUMMARY PLAST EUROPE The Chemistry has to be Right SPECIALTY OILS FOR EXTRUDER GEARS. Synthetic oils offer substantial advantages over mineral oils for use in extruder gears. They reduce wear and increase the efficiency. This leads to longer intervals between oil changes and less outlay on maintenance and repairs. The result is cost savings and greater plant stability. NOTE: You can read the complete article by entering the document number PE103136 on our website at www.kunststoffe.de/pe © 2004 Carl Hanser Verlag, München www.kunststoffe.de/Kunststoffe-Archiv Beim Einsatz in Extrudergetrieben zeigen synthetische Öle deutliche Vorteile gegenüber Mineralölen. Sie reduzieren den Verschleiß und erhöhen den Wirkungsgrad. Dies führt zu längeren Ölwechselintervallen sowie einem reduzierten Auf- DER AUTOR DIPL.-ING. (FH) SEBASTIAN HOMBORG, geb. 1969, ist bei dem Spezialschmierstoffhersteller Klüber Lubrication München KG verantwortlich für das weltweite Produktmanagement in der Gummi- und Kunststoffindustrie. sebastian.homborg@klueber.com 148 © Carl Hanser Verlag, München Kunststoffe 12/2004