Vorgehensweise bei einer Varizelleninfektion in der Schwangerschaft
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Vorgehensweise bei einer Varizelleninfektion in der Schwangerschaft
Allgemeines Krankenhaus der Stadt Wien – Universitätsklinik für Frauenheilkunde Abteilung für Geburtshilfe und feto-maternale Medizin A-1090 Wien, Währinger Gürtel 18-20 DVR: 0000191 Vorgehensweise bei einer Varizelleninfektion in der Schwangerschaft gültig ab: 5.11.2013 Version 03 FHK-GHFMM Seite 1 von 5 Diese Leitlinie wurde von der Universitätsklinik für Frauenheilkunde, Klin. Abt. für Geburtshilfe und feto-maternale Medizin in Kooperation mit dem Department für Virologie, Klin Abt. für Angewandte Medizinische Virologie, dem Klin. Institut für Labormedizin, Klin. Abt. für klinische Virologie und der Universitätsklinik für Dermatologie, Klin. Abt. für allgemeine Dermatologie erstellt. Funktion Erstellt Erstellt Erstellt Freigegeben/Klinik OA OA OA AL Name Prof. Kiss Prof. Holzmann Prof. Kunstfeld Prof. Husslein Datum Unterschrift 05.11.2013 14.11.2013 07.11.2013 05.11.2013 e.h. e.h. e.h. e.h. Vorgehensweise bei einer Varizelleninfektion in der Schwangerschaft gültig ab: 5.11.2013 1 Version 03 FHK-GHFMM Seite 2 von 5 GELTUNGSBEREICH UND ZWECK Universitätsklinik für Frauenheilkunde, Medizinische Universität Wien, Vorgehensweise bei einer Varizelleninfektion in der Schwangerschaft 2 MITGELTENDE DOKUMENTE Siehe Literatur unter Punkt 7 3 VORBEREITUNG/VERBRAUCHSMATERIAL keine 4 VERWENDETE ABKÜRZUNGEN/ BEGRIFFE AL FA LL OA QB QM QM-GHFMM PCR SSW 5 Abteilungsleiter Facharzt/FachärztIn Leitlinie Oberarzt/OberärztIn Qualitätsbeauftragte(r) Qualitätsmanagement Qualitätsmanager der Abteilung für Geburtshilfe und feto-maternale Medizin der Universitätsklinik für Frauenheilkunde Polymerase Kettenreaktion Schwangerschaftswoche VERANTWORTLICHKEIT Für den Inhalt verantwortliche(r) Autor/Autorin: a.o.Univ. Prof. Dr. Herbert Kiss, Abteilung für Geburtshilfe und feto-maternale Medizin, Universitätsklinik für Frauenheilkunde Wien, Univ.-Prof. Dr. Heidemarie Holzmann, Department für Virologie, a.o.Univ. Prof. Dr. Rainer Kunstfeld, Universitätsklinik für Dermatologie Für die Umsetzung der SOP sind die Abteilungsleiter der klinischen Abteilungen verantwortlich. Vorgehensweise bei einer Varizelleninfektion in der Schwangerschaft gültig ab: 5.11.2013 6 Version 03 FHK-GHFMM Seite 3 von 5 ARBEITSABLAUF/TÄTIGKEITSBESCHREIBUNG ALLGEMEINE INFORMATIONEN ZUM VARIZELLEN ZOSTER VIRUS VARIZELLEN ZOSTER VIRUS: • • • • • • • Ist ein DNA-Virus & gehört zur Gruppe der Herpesviren ca. 94% der Mütter bereits vor der Schwangerschaft AK – positiv Varizellen Zoster Virus (VZV) ist hochinfektiös Schwangere (Varizellen-Pneumonie, Hepatitis) und Neugeborene (disseminierte neonatale Varizellen), sowie Immunsupprimierte haben ein höheres Komplikationsrisiko Inkubationszeit: 11 - 21 Tage, in der Regel 14 - 16 Tage Dauer der Ansteckungsfähigkeit: 1-2 Tage vor Auftreten des Exanthems, bis der letzte Bläschenschub verkrustet ist (meist ab dem 5.-7. Tage nach Auftreten der Effloreszenzen) Aktive Immunisierung in Graviditate nicht möglich, da Lebendimpfstoff Diagnose der Erkrankung: • Virusnachweis (PCR) aus Bläschenabstrich • Serologisch: 4 - 6 Tage nach Exanthemausbruch Nachweis von VZV-spezifischen IgG-, IgM- Antikörpern • VZV-spezifische IgM persistieren 6 –12 Wochen, -IgG lebenslang Nachweis der Immunität: • Nachweis von VZV-spezifischen IgG – Antikörpern bei fehlenden IgM-Antikörpern Verdacht auf / Kontakt mit Varicellen – Infektion bis zur 23. Schwangerschaftswoche: Gefahr der konnatalen Varizellen – Infektion: • • • • • Intrauterine Virusübertragung nur im Rahmen der Primärinfektion Risiko eines konnatalen Varicellensyndroms (CVS) vor der 21. SSW maximal 2% (SSW 1-12 ca. 0,4%; SSW 13-20 ca. 2%) – ein Schwangerschaftsabbruch scheint aus diesem Grund nicht indiziert. Bei bereits bestehendem Exanthem ist die Verabreichung von Immunglobulin auf keinen Fall indiziert. Eine antivirale Therapie mit Acyclovir sollte jedoch aus mütterlicher Indikation durchgeführt werden um die Schwere des Krankheitsverlaufes und die Viruslast zu verringern. Die Indikationsstellung erfolgt durch Anforderung einer Konsiliarleistung der Klinik für Dermatologie). über AKIM oder telefonisch über Stationen (Station 17H: Dw 7772, Station 17I: Dw 7776 oder Station 17J: Dw 7782) Seronegative Mütter sollten bei Varizellenkontakt bis zur 22. / 23. SSW innerhalb von 72 (längstens 96) Stunden nach Kontakt eine passive Prophylaxe mit VZVHyperimmunglobulin (üblicherweise Varitect i.v.) erhalten. Auf Grund der hohen Kosten muss vor Verabreichung dieses Hyperimmunglobulins die fehlende VZV Immunität serologisch bestätigt sein! (Überprüfung des Immunstatus: Schwangerenambulanz im Haus oder direkt im Department für Virologie in der Kinderspitalgasse 15, 1090 Wien). Bei VZV Infektion der Mutter in graviditate und auffälligem Ultraschallbefund kann gegebenenfalls eine pränatale Diagnostik (zur Abklärung eines CVS) erfolgen durch den Nachweis von VZV – DNS mittels PCR in fetalem Serum und Fruchtwasser (ein negatives Ergebnis schließt allerdings eine intrauterine Virusübertragung nicht aus). Vorgehensweise bei einer Varizelleninfektion in der Schwangerschaft gültig ab: 5.11.2013 • Version 03 FHK-GHFMM Seite 4 von 5 Patienten werden zur Verabreichung von Varitect (Bestellung durch Station wie übliche Medikamentenbestellung; Dosierung 1ml pro kg KG – entspricht z.B. bei 80 kg KG 4 Durchstichflaschen a 20 ml ) stationär für eine Nacht aufgenommen, um nach Verabreichung des Hyperimmunglobulins nachbeobachtet zu werden. Die i.v. Verabreichung des Hyperimmunglobulins sollte nicht ambulant oder als Tagesaufnahme durchgeführt werden. Verdacht auf / Kontakt mit Varizellen – Infektion von der 23. SSW bis Terminschwangerschaft: Nach der 23. SSW kein Fall von konnatalem Varizellensyndrom bekannt. • Keine Therapiemaßnahmen aus fetaler Indikation, jedoch kann aus mütterlicher Indikation eine antivirale Therapie mit Acyclovir indiziert sein. Die Indikationsstellung erfolgt durch Anforderung einer Konsiliarleistung der Klinik für Dermatologie: über AKIM oder telefonisch über Stationen (Station 17H: Dw 7772, Station 17I: Dw 7776 oder Station 17J: Dw 7782) VZV Exposition von Neugeborenen intra partum (Infektion der Mutter um den Geburtstermin) Kommt es bei der Mutter in einem Zeitraum von 5 Tagen vor bis zu 2 Tagen nach der Geburt zur Ausbildung eines Varizellen – Exanthems, so kann beim Neugeborenen zwischen den 5. & 10. Lebenstag eine disseminierte VZV-Infektion mit einer ausgesprochen ungünstigen Prognose (Letalität bis zu 20%) auftreten. Bei Exanthemausbruch vor mehr als 5 Tagen vor der Entbindung meist benigner Verlauf (passiver Transfer mütterlicher Antikörper). (Mertens 2004, Wutzler 2010) • • • • • Das Neugeborene muss, wenn die Mutter in einem Zeitraum von 5 Tagen vor bis zu 2 Tagen nach der Geburt an Varizellen erkrankt, VZV-Hyperimmunglobulin erhalten und monitiert werden. Die Gabe des Hyperimmunglobulins sollte möglichst unmittelbar nach der Diagnose bei der Kindesmutter erfolgen (spätestens jedoch nach 96 Stunden). Bei Varizelleninfektion der Kindesmutter unmittelbar vor der Geburt bzw. unmittelbar nach der Geburt sollen Mutter und Kind gemeinsam im Sinne des Rooming-In an einer „nicht-geburtshilflichen“ Station untergebracht werden, um die Gefahr der Infektion anderer Neugeborener zu verhindern. Wenn dies nicht möglich ist, so ist zumindest sorgfältig darauf zu achten, daß möglichst kein Kontakt mit anderen Neugeborenen im Kreißsaal, bzw. im Bereich der Neugeborenenzimmer stattfindet. Eine prä-, bzw. intrapartale Gabe von Virostatika ist nicht sinnvoll. Die Dauer des stationären Aufenthaltes des Kindes ist naturgemäß nicht bis zum Ende der Inkubationszeit (11 – 21 d) sinnvoll. Die Entlassung sollte gemeinsam mit der Kindesmutter erfolgen. Bei Erkrankung des Neugeborenen ist dieses sofort auf eine NeugeborenenInfektionsstation zu transferieren und antiviral mit Zovirax i.v. zu behandeln. VZV Exposition von Neugeborenen post partum Das Vorgehen bei Exposition von Neugeborenen gestaltet sich folgendermaßen: • Befragung der Kindesmütter nach früherer Varizellenerkrankung, wenn negativ dann VZV-Hyperimmunglobulingabe und möglichst rasche Entlassung des Neugeborenen mit Information des behandelnden Kinderarztes. Vorgehensweise bei einer Varizelleninfektion in der Schwangerschaft gültig ab: 5.11.2013 • 7 Version 03 FHK-GHFMM Seite 5 von 5 Erhebung der bereits entlassenen Neugeborenen, die mit Varizellen infizierten Kontakt hatten; bei negativem Immunstatus der Kindesmutter Einberufung des Kindes zur Immunglobulingabe innerhalb von 96 Stunden (Red Book) LITERATUR Mertens Th., Haller O., Klenk H.-D. (Editors): Varizella Zoster Virus. In: Diagnostik und Therapie von Viruskrankheiten. Leitlinien der Gesellschaft für Virologie. 2. Auflage 2004. S 289-298; Elsevier GmbH München, Wutzler P., Sauerbrei A., Varicella-Zoster-Virus. In: Doerr H.W., Gerlich W.H.(Editors): Medizinische Virologie, 2nd Edition 2010. S. 665 - 685, Georg Thieme Verlag Stuttgart Österreichischer Impfplan 2013 (Erhältlich unter http://www.bmg.gv.at) Red Book: American Academy of Pediatrics, RedBook online (http://aapredbook.aappublications.org/) 8 ERLÄUTERUNGEN keine 9 ÄNDERUNGEN Datum Version 03.05.2010 29.05.2012 01 02 5.11.2013 03 Änderung Erstellung, erste Freigabe Einfügen eines Hinweises, dass ein negatives Ergebnis einer VZV – PCR in fetalem Serum und Fruchtwasser eine intrauterine Virusübertragung nicht ausschließt, Layoutänderung, Änderung von Abteilungsbezeichnungen Einfügen „Kontakt mit“ Varizellen, Dosisänderung Varitect von 0,5 auf 1ml /kg, Aktualisierung von Tel.Nr.und Datum