Erotisch, aber flicht vulgär

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Erotisch, aber flicht vulgär
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Erotisch, aber nicht vulgär
Erotisch, aber nicht vulgär
Wherlocks mitreißende „Carmen” im Theater Basel
Veröffentlicht am 17.01.2010, von Marlies Strech
Basel - Diesmal ist Richard Wherlock und dem Ballett Basel mit der abendfüllenden „Carmen“ ein Wurf gelungen. Das Stück
enthält schwungvolle Gruppenszenen und erotisch aufgeladene Pas de deux.
Nach der Uraufführung der „Carmen“-Oper von George Bizet anno 1875 entstanden viele Tanzversionen, häufig in Form von
klassischem Ballett - wie bei Roland Petit (1949 mit Zizi Jeanmaire) oder John Cranko (1971 mit Marcia Haydée). Richard
Wherlock dagegen lässt hauptsächlich zeitgenössisch tanzen. Spitzenschuhe fehlen, und spanische Folklore spielt nur am Rande
mit.
Wherlock und sein Co-Inszenator Hans Kaspar Hort halten sich weitgehend an den Handlungsablauf der Oper. Allerdings ist der
Stierkämpfer Escamillo von Anfang an dabei und legt gleich ein imposantes Macho-Solo auf die Bühne. Am Schluss stirbt er
unerwartet: Er ist beim Stierkampf verwundet worden, wankt blutend aus der Arena und bricht tot neben Carmen zusammen.
Diese wird anschließend von ihrem abgewiesenen Liebhaber Don José erwürgt. Ein Doppeltod.
Den einzelnen Milieus (Zigeuner, Soldaten, Toreros usw.) ordnet Wherlock mit recht viel Erfindungsreichtum spezielle Bewegungen
zu. Und er gibt fast allen Mitwirkenden prägende Rollen. Dabei tut er gelegentlich zuviel des Guten: Er entwickelt Szenen à la
„Lustig ist das Zigeunerleben“ mit einem quirligen Artisten (Roderick George), gewährt Einblicke in die Stierkampfarena mit
Gestalten, die gleichzeitig Mensch und Tier sind. Oder er lässt Josés Mutter persönlich auftreten. Dadurch wirkt das Ballett
manchmal überfrachtet.
Bewundernswert ist Ayako Nakano in der Titelrolle. Die agile Japanerin weiß Carmens Tanz- und Verführungssucht so
überzeugend zu gestalten wie deren Eigensinn und Freiheitsdurst. Lasziv lässt sie in den Pas de Deux die wechselnden Liebhaber
unter ihre Röcke kriechen, greift ihnen handfest zwischen die Beine – und wirkt doch kaum vulgär.
Sergio Bustinduy steigert seinen Körpereinsatz als Escamillo bis zum Exzess. Jorge Garcia Pérez als Don José wirkt als Typ
zunächst etwas fade, weiß sich aber glaubwürdig in seine Rolle als überforderter, eifersüchtiger Liebhaber hineinzutanzen.
Micaëla, Carmens sanfte Gegenspielerin vom Land, tritt in Wherlocks Choreografie ebenfalls als starke, erotisch fordernde Frau
auf. Debora Maiques Marin macht das gut. Doch mit der Umdeutung der Micaëla-Rolle geht der Choreografie eine Chance für
lyrische Kontraste verloren.
Im rund zweistündigen Ballett erklingen neben Sätzen aus den beiden Carmen- auch Auszüge aus den Arlésienne-Suiten sowie
weiteren Bizet-Stücken. Und zweimal, bei Carmens Vereinigung mit Don José und beim neu eingefügten Stierkampf, dringt aus
dem Orchestergraben reine Schlagzeugmusik: Komponiert und mit drei weiteren Perkussionisten gespielt von Siegfried Kuttener.
Müsste nicht sein, tönt aber interessant. Das Sinfonieorchester Basel unter David Garforth spielte bei der Premiere am 15.Januar
auf der Großen Bühne am Theater Basel mitreißend expressiv.
Die Kostüme (Helena de Medeiros) erinnern an eine Sado-Maso-Szene: Viel glänzendes hautenges Schwarz, mit durchbrochenen
Stellen und allerlei Bändchenzeugs. Die Frauen ergänzen dieses Schwarz mit farbigen Stoffbahnen, während die Männer sich
zwischendurch bis auf den Slip ausziehen. Das Bühnenbild (Bruce French) überrascht mit seinem Wechsel von Düsterkeit zu
gleißenden Lichteinbrüchen. www.theater-basel.ch
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