Mein lieber Schwan! - Richard-Wagner

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Mein lieber Schwan! - Richard-Wagner
Verlagsbeilage
Frankfurter Allgemeine Zeitung
RICHARD WAGNER
LEIPZIG UND DRESDEN FEIERN DEN GROSSEN KOMPONISTEN
31. Januar 2013 | Nr. 26
ORTSBESUCHE
Wo war Wagner? Ein Spaziergang
durch Leipzig und Dresden auf den
Spuren des Komponisten.
S. V2
DER ERWÄHLTE
Er gilt als einer der größten WagnerDirigenten der Welt. Christian
Thielemann im Porträt.
S. V6
BAYREUTH DES OSTENS
Leipzig ist „Ring“-Stadt. Die
Inszenierung von Joachim Herz
gilt noch heute als Maßstab. S. V7
WEITERE THEMEN
Nachgefragt bei Stephan Balkenhol S. V3
Interview mit Ulf Schirmer
S. V4
Wagner und die Wissenschaften
S. V8
EDITORIAL
Ein großer Sohn
Mit Richard Wagner verbindet man vor allem einen Ort: Bayreuth.
Das Frankenstädtchen ist so recht bekannt eigentlich nur durch
Wagners Entschluss, hier sein Festspielprojekt zu verwirklichen.
Dabei hatte Wagner bis zu diesem Zeitpunkt gar keinen Bezug zu
Bayreuth. Viel bedeutender für sein Leben waren zwei andere
Städte: Leipzig und Dresden. Hier hat Wagner insgesamt 26
Jahre seines Lebens verbracht, ist er geboren, zur Schule
gegangen, hat er seine musikalische Ausbildung erfahren und
erste Gehversuche als Komponist gemacht. Wagner-Städte – wie
Bayreuth oder Venedig es sind – waren Leipzig und Dresden
bislang jedoch nicht. Wagner spielte, wenn überhaupt, nur eine
Nebenrolle im Selbstverständnis dieser mit einem überaus
reichhaltigen kulturellen Erbe gesegneten Sachsen-Metropolen.
Das dürfte sich jetzt ändern. Denn 2013 ist Wagner-Jahr (am 22.
Mai wäre der musikalisch Unsterbliche 200 Jahre alt geworden),
und zu diesem Anlass haben Leipzig und Dresden ein Festprogramm entwickelt, welches geeignet ist, Wagner dauerhaft als
Fixpunkt im Kulturleben der beiden Städte zu etablieren.
Ob Leipzig und Dresden, wenn der Pulverdampf des Jubiläumsjahres verflogen ist, als fettgedruckte Orte auf der Wagner-Landkarte bestehen bleiben, wird sich zeigen. Die Voraussetzungen
dafür jedenfalls sind gut. Denn mehr Wagner, als 2013 in Leipzig
und Dresden stattfindet, ist kaum möglich. Und angesichts der
überwältigenden Wirkung seiner Musik (Stichwort „Droge
Wagner“) womöglich auch gar nicht gesund.
Michael Jakob
Visionär und Revolutionär: Richard Wagner (1813–1883) beeinflusste die Entwicklung der Musik bis weit ins 20. Jahrhundert hinein.
Mein lieber Schwan!
Wagners Wurzeln
Konzerte, Konzerte, Konzerte, dazu Ausstellungen und
Der Schöpfer unvergleichlicher Musikdramen wie „Tristan“ und „Parsifal“
Veranstaltungen sonder Zahl – 2013 dreht sich in Leipzig
gehört zu den größten Genies des 19. Jahrhunderts. Die Grundlagen für
und Dresden alles um Richard Wagner.
die Entwicklung seiner Persönlichkeit wurden in Sachsen gelegt.
VON MICHAEL JAKOB. Was für ein Fest, was für ein Jahr: Ein
Mann hat Geburtstag, und zwei Städte wetteifern darum,
welche von ihnen für den großen Sohn das meiste auf die
Beine stellt. Für das Jubiläumsjahr 2013, in dem Richard
Wagners 200. Geburtstag begangen wird, haben Leipzig und
Dresden ein reichhaltiges Festprogramm entwickelt, mit
Konzerten vor allem, aber auch mit zahlreichen flankierenden Ausstellungen und Veranstaltungen, die Leben und
Werk dieser in jeder Hinsicht außergewöhnlichen Persönlichkeit aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchten.
Dresden oder Leipzig? Die Frage stellt sich nicht. Dresden
und Leipzig – erst dieser Zusammenklang ergibt in Bezug
auf Richard Wagner Sinn. Das große Doppelfest der beiden
Wagner-Städte ist dafür der beste Beweis.
Leipzig und Dresden, das sind zwei Städte, die beide gleichermaßen Wagner für sich beanspruchen: Leipzig die Geburtsstadt, Dresden die Stadt, in der er seine Kindheit und
Jugend verbrachte und entscheidende Impulse für seine
Entwicklung erhielt. Das sind zwei unterschiedliche Stücke
vom ganzen Wagner-Kuchen, und entsprechend betont
jede Stadt einen anderen Aspekt. „Richard ist Leipziger“,
proklamiert Leipzig und verweist damit auf die Tatsache,
dass Wagner in Leipzig geboren wurde. „Wo Wagner
WAGNER wurde“ kontert Dresden und postuliert mit der
Versalschreibung die „Markenwerdung“ Wagners in der
Elbmetropole.
Mein Wagner, dein Wagner
Man mag schmunzeln über die offenen und latenten Eifersüchteleien der beiden Sachsenstädte, man mag sich über
das „Mein Wagner, dein Wagner“-Gezerre amüsieren – am
Ende hat dieser sportliche Wettbewerb doch einen klaren
Gewinner: die Musik. Den Wagner-Liebhaber jedenfalls
kann es nur freuen, wenn sich Leipzig und Dresden dermaßen ins Zeug legen, sich als die Wagner-Stadt zu präsentieren. Schließlich profitiert er doppelt davon.
Die ersten Töne der Wagner-Festspiele in Sachsen sind
bereits gespielt. Dresden startete das Jubeljahr mit einem,
nein, nicht Paukenschlag, sondern mit irisierendem
Streicherklang: Am 13. Januar fand in der Semperoper die
Wiederaufnahme des „Lohengrin“ statt; die Staatskapelle
Dresden spielte unter ihrem Chef, dem von Publikum und
Kritik gleichermaßen umjubelten Christian Thielemann,
der als einer der größten Wagner-Dirigenten der Welt gilt.
Thielemann steht natürlich auch im Wonne- und Feiermonat Mai am Pult der „Wunderharfe“, wie Wagner die Dresdner Staatskapelle nannte: zunächst in der Frauenkirche, um
am Ort seiner Uraufführung vor 170 Jahren Wagners einziges geistliches Chorwerk, „Das Liebesmahl der Apostel“, zu
dirigieren. Dann, drei Tage später, am Vorabend von Wagners Geburtstag, in der Semperoper. Hier dirigiert er die
Ouvertüren und großen Tenorszenen aus Wagners Uraufführungsopern – mit dem gefeierten Jonas Kaufmann als
Solisten. Der „Fliegende Holländer“, „Tannhäuser“ und
„Tristan“ sind weitere Wagner-Opern, die in Dresden 2013
zu hören sind.
Nicht minder ambitioniert ist das Programm, das Leipzig
anlässlich Wagners 200. Geburtstag präsentiert. Mit dem
„Rheingold“ startet Ulf Schirmer, Intendant und Generalmusikdirektor der Oper Leipzig, im Mai den ersten Teil der
„Ring“-Tetralogie, die so sehr mit Leipzig verbunden ist wie
mit keiner anderen ostdeutschen Stadt. Von Leipzig aus
verbreitete sich durch die Inszenierung von Angelo Neumann 1878 die „Ring“-Euphorie in Deutschland und Europa. Und knapp hundert Jahre später war es wieder Leipzig,
das „Ring“-Geschichte schrieb, als der Felsenstein-Schüler
Joachim Herz seine vielbeachtete Inszenierung der Tetralogie auf die Bühne der Oper Leipzig brachte. Herz’ „Ring“,
1976 abgeschlossen, gilt vielen Liebhabern als der „wahre“
„Jahrhundert-Ring“, noch vor der legendären Bayreuther
Inszenierung von Patrice Chéreau anlässlich des hundertjährigen Bestehens der Festspiele. Mit dem aktuellen
„Ring“-Projekt hat Leipzig wieder die Chance, mit einer
großen Inszenierung (Regie: Rosamund Gilmore) in die
„Ring“-Annalen einzugehen. 2016 soll das Projekt mit dem
vierten Teil der Tetralogie, der „Götterdämmerung“, abgeschlossen sein.
Erwähnenswert ist auch die Aufführung der drei Frühwerke „Die Feen“ (Wagners erster vollständig erhaltener
Oper), „Das Liebesverbot“ und „Rienzi“, die Wagner als Jugendsünden ansah und die nun in Leipzig wieder erklingen
– Fingerübungen eines Zwanzigjährigen, die gleichwohl
deutlich erkennen lassen, welches Talent sich hier entwickelt. Mit dem „Parsifal“ und der „Götterdämmerung“ stehen zwei weitere wuchtige Wagner-Werke in Leipzig auf
dem Programm.
Dresden oder Leipzig? Die Frage stellt sich nicht. Dresden und Leipzig – erst dieser Zusammenklang ergibt in Bezug auf Wagner Sinn. Das große Doppelfest der beiden
Städte ist dafür der beste Beweis.
VON HANS JOHN. Richard Wagner ist eine
der größten, aber auch widersprüchlichsten
Gestalten der Musikgeschichte des 19. Jahrhunderts. Er verbrachte 26 Jahre seines Lebens in Sachsen, davon sieben in Leipzig und
neunzehn in Dresden. Geboren wurde er am
22. Mai 1813 in Leipzig „auf dem Brühl im rot
und weißen Löwen“. Sein Vater Friedrich
Wagner war Polizeiaktuar. Ein halbes Jahr
nach Richards Geburt verstarb Friedrich
Wagner am „Lazarettfieber“, das er sich während der Völkerschlacht zugezogen hatte.
Richards Mutter Johanna Rosine geb. Pätz
heiratete am 28. August 1814 den Schauspieler, Lustspieldichter und Porträtmaler Ludwig
Geyer und übersiedelte anschließend mit ihren sieben Kindern zu ihm nach Dresden. In
dessen gastlichem Hause verkehrte häufig
auch der im Dezember 1816 nach Dresden berufene Carl Maria von Weber. Durch ihn wurde Richard, der bis zu seinem 14. Lebensjahr
den Familiennamen Geyer führte, inspiriert,
die Musikerlaufbahn einzuschlagen.
Ab 1817 besuchte Richard in Dresden die
Schule des Vizehofkantors Carl Friedrich
Schmidt. Ende September 1820 wurde er in
die pädagogische Obhut des Possendorfer
Pfarrers Christian Ephraim Wetzel gegeben,
der ihn für den Besuch der Dresdner Kreuzschule vorbereiten sollte. Über die Bildung
und Erziehung, die Richard in Possendorf
(etwa 10 Kilometer südöstlich von Dresden
gelegen) genoss, schreibt Wagner in seiner
Autobiographie „Mein Leben“, er habe hier
die Grundlagen des Klavierspiels und elementare Kenntnisse auf dem Gebiete der Musik
vermittelt bekommen.
Nach dem Tode seines Stiefvaters am 30.
September 1821 fand Richard Wagner von
Mitte Oktober 1821 bis September 1822 bei
dessen jüngerem Bruder Karl Geyer in Eisleben liebevolle Aufnahme. Hier besuchte er
zunächst die Parochialschule. Nach einem
halben Jahr wechselte er in die Privatschule
des Pfarrers Dr. Alt über. Der knapp einjährige Aufenthalt in der Lutherstadt wurde für
den aufgeweckten Knaben zu einem unver-
gesslichen Lebensabschnitt. Wagner erinnerte
sich in „Mein Leben“ unter anderem an das
Musikkorps des in Eisleben stationierten
preußischen 12. Husarenregiments, das ihn
mit Piècen aus dem Repertoire der damals
gängigen Militär- und Unterhaltungsmusik
beeindruckte.
Der Kreuzschüler und die Musiké
Im Sommer 1822 heiratete Karl Geyer und
konnte den Knaben nicht länger bei sich behalten. So wurde Richard nach einigen Tagen
Zwischenaufenthalts bei Adolf und Friederike
Wagner in Leipzig nach Dresden zu seiner Familie zurückgeschickt. Dort wurde er am 2.
Dezember 1822 unter dem Familiennamen
Geyer in die Matrikel der Dresdner Kreuzschule eingetragen. Vermutlich bereits hier
hat sich der an der griechischen Kulturgeschichte sehr interessierte Richard Wagner
mit dem im klassischen Griechenland gebräuchlichen Begriff der „Musiké“ befasst.
Darunter wurde die Gesamtheit und Verflechtung der Künste verstanden. Ab dem Mittelalter vollzog sich bekanntlich der Prozess des
Auseinanderdriftens und der Emanzipation
der Einzelkünste. Er währte bis zum Auftakt
der romantischen Bewegung, als, beginnend
mit Friedrich Hölderlin, die Wiederannäherung und gegenseitige Durchdringung der
Künste gefordert wurden. Entsprechende Synästhesie-Bestrebungen sind mit den Namen
Novalis, Runge, E. T. A. Hoffmann, C. D.
Friedrich, Schinkel, Beethoven, Weber und
anderen verbunden. Sie lieferten das theoretische Rüstzeug, auf das sich Richard Wagner
später bei der schrittweisen Realisierung seines „Gesamtkunstwerkes“ berufen konnte.
Auffällig ist, dass Wagner in seinen Autobiographien weder den Dresdner Kreuzchor
noch dessen damaligen Kantor Friedrich Wilhelm Agthe erwähnt. Dieser bekleidete von
1822 bis 1828 das Amt des Kreuzkantors. Agthe hatte als Director musices an hohen Festund Feiertagen und auch an besonderen
Sonntagen zusätzlich zu seinen Verpflichtungen an der Kreuzkirche die Kirchenmusik in
der Frauen- und in der städtischen Sophienkirche zu leiten. Wagner erinnerte sich noch
im Alter bei der Komposition des „Parsifal“ an
den faszinierenden Effekt, den der Gesang der
Kruzianer aus der inneren Kuppel der Dresdner Frauenkirche bewirkte. Die „Gralsszenen“
sind hiervon beeinflusst, namentlich der Gesang der Knaben „aus der äußersten Höhe der
Kuppel“ im ersten Aufzug. Weitere Reminiszenzen an die Frauenkirche finden sich im
„Rienzi“, im „Liebesverbot“ und im „Parsifal“,
wo Wagner an bestimmten Stellen eine liturgische Formel, das sogenannte Dresdner Amen,
verwendet.
Zu Weihnachten 1827 siedelte Wagner wieder nach Leipzig über und trat am 21. Januar
1828 in das Nikolaigymnasium ein. Dort stufte man ihn auf die Tertia herunter, nachdem
er auf der Kreuzschule „schon in Sekunda
gesessen“ hatte. Wagner fühlte sich ungerecht
behandelt und bekannte in seiner „Autobiographischen Skizze“, dass er „von da an alle
Liebe zu den philologischen Studien fahren
ließ“. Großen Einfluss auf seine Interessen übten von nun an die Gewandhauskonzerte und
die Schätze der Bibliothek seines Onkels Adolf
Wagner aus. In den Gewandhauskonzerten
begeisterte er sich für Kompositionen Beethovens und Mozarts. Er kam sogar auf die kühne
Idee, sein im Frühjahr 1826 beendetes Trauerspiel „Leubald“ zu vertonen. Daher entschloss
er sich, mangels vorhandener musiktheoretischer Vorkenntnisse die „Methode des Generalbasses“ von Logier zu studieren. Langsam
wuchs in dem damals Sechzehnjährigen die
„heimliche Erkenntnis“ seiner Berufung zur
Musik. Er komponierte drauflos und schuf
zwei Klaviersonaten, ein Streichquartett und
eine Arie, die allesamt verschollen sind.
Zu Ostern des Jahres 1830 verließ Wagner
die Nikolaischule und wechselte am 16. Juni in
die damals weniger renommierte Thomasschule über. Aber auch dieses Kapitel der
Leipziger Schulzeit gehört nicht zu den Ruhmesblättern in Wagners Vita. So klagte er in
Fortsetzung auf Seite V2
RICHARD WAGNER – LEIPZIG UND DRESDEN FEIERN DEN GROSSEN KOMPONISTEN
Donnerstag, 31. Januar 2013 | Nr. 26 | Seite V2
Fortsetzung von Seite V1
Wagners Wurzeln
„Mein Leben“, die Lehrer der Thomasschule
seien nicht geneigt gewesen, „meinen Wünschen des Studentenwerdens so gutwillig zu
entsprechen; sie fanden am Schlusse des Halbjahres, dass ich mich so gut wie gar nicht um
ihre Lehranstalt bekümmert hatte, und waren
nicht davon zu überzeugen, dass ich ein Anrecht auf das akademische Bürgertum durch
Zunahme an Gelehrsamkeit mir gewonnen
hätte, [. . .] ohne um die Pedantereien auch der
Thomasschul-Monarchen mich zu kümmern,
verließ ich daher trotzig diese von mir durchaus unausgebeutet gelassene Lehranstalt, um
sofort mich beim Rektor der Universität [. . . .]
zur Inskription als Student der Musik zu melden.“
Frankfurter Allgemeine Zeitung | VerlagsbeilageF
Nachdem die Pariser Juli-Revolution im
September und Oktober 1830 auch zu Unruhen in Leipzig geführt hatte, schloss sich Wagner den Demonstranten an. Am 23. Februar
1831 ließ er sich ohne Schulabschluss an der
Leipziger Universität als „Student der Musik“
immatrikulieren. Er verfiel dort dem turbulenten Treiben der Studenten und betrachtete
die Philosophie- und Ästhetikvorlesungen lediglich als Nebensache. Sein Hauptinteresse
galt in den Jahren 1828 bis 1832 musikalischen Studien.
Am 2. April 1829 erlebte er in einem Gewandhauskonzert unter Christian August
Pohlenz die Aufführung der 9. Sinfonie von
Beethoven. Das Konzert markiert den Anfang
von Wagners Begeisterung für Beethoven. Die
lebenslange Auseinandersetzung mit Beethovens Neunter ist für Wagners künftiges musikdramatisches Schaffen bedeutsam gewesen. In der Verbindung von sinfonischer
Gestaltungsweise und gesungenem Dichter-
WORTE ZU WAGNER
„Wir werden uns weiter an ihm abarbeiten“
Am Anfang steht die oftmals berauschende, große Musik. Richard
Wagner war ein Abbild seiner Geburtsstadt und ihrer Entwicklung,
ein Kind seiner Zeit. Soziale Not am Beginn und Prägung durch
freien Bürgersinn, Unternehmergeist, revolutionäre Umtriebe,
Selbstvermarktung, bis zum Starrsinn Verfolgen der eigenen
Visionen und deren tatsächliche Umsetzung mit viel Egozentrik.
Von Wagner können wir lernen, dass man mit Konsequenz,
Energie und starkem Willen viel erreichen kann. An Wagner kann
man aber auch lernen, dass dies nicht um jeden Preis geschehen
darf. Seine antisemitischen Auslassungen gegenüber Kollegen
und vermeintlichen Konkurrenten in einer Leipziger Musikzeitschrift standen zwar im Geist
seiner Zeit, werfen aber doch schwere Schatten auf den Charakter des Genies. Wir werden
uns auch weiterhin an ihm abarbeiten. Zu unserem Nutzen. Denn Richard ist Leipziger und
die Faszination Wagner ein bedeutender Teil unserer Musikstadt.
Burkhard Jung, Oberbürgermeister der Stadt Leipzig
„Ein typischer Bürger unserer Stadt“
Richard Wagner gehört ohne Frage zu den bedeutendsten
Künstlern von Weltrang, die aus Dresden kommen. Mich verbindet
aber noch viel mehr mit dieser vielseitigen Persönlichkeit. Wagner
musste nach der gescheiterten Revolution von 1849 seine
Heimatstadt Dresden für lange Zeit verlassen – die Dresdnerinnen
und Dresdner konnten 140 Jahre später in der friedlichen
Revolution von 1989 ihre Ideale verwirklichen. Er war also ein
typischer Bürger unserer Stadt, der mutig für die Freiheit auf die
Straße gegangen ist. Mit seinen Werken hatte ich bisher wenig
Berührungspunkte. So ein Jubiläum ist aber auf alle Fälle ein
Grund, sich damit näher zu beschäftigen. Ich werde versuchen, ein oder zwei Aufführungen
in Dresden zu besuchen. Die Dresdner Philharmonie erinnert zum Beispiel mit Gedenkkonzerten an den großen Sohn unserer Stadt.
Helma Orosz, Oberbürgermeisterin der Landeshauptstadt Dresden
wort sah Wagner die Bestätigung für seine
Auffassung, dass die Endzeit der instrumentalen Sinfonik herangereift sei. Die weitere Entwicklung der Musik könne nur in der engen
Verflechtung von sinfonischer Musik mit
Schwesterkünsten als „Gesamtkunstwerk“ gedeihen. Als „Kunstwerk der Zukunft“ schwebte ihm das „Musikdrama“ vor. In ihm seien
Musik, Dichtung, szenische Gestaltung, Tanz,
Bühnenbild, Beleuchtung und Ausstattung
quasi unter einem Dach vereint.
Musikalische Ausbildung in Leipzig
Aus der „Roten Brieftasche“ Wagners, einer
Kurzbiographie in Stichworten, die er ab August 1835 verfasste, geht hervor, dass er von
1828 bis 1831 von dem Gewandhausmusiker
Gottlieb Müller Musiktheorie- und Kompositionsunterricht erhielt. Unter dessen Anleitung schuf der damals Siebzehnjährige erste
Werke, unter anderem „Sieben Kompositionen zu Goethes Faust“, entstanden am Jahresende 1830. Ab dem Spätsommer 1831 empfing Wagner ein „knappes halbes Jahr lang“
Unterricht auf dem Gebiet des Kontrapunkts
bei dem Leipziger Thomaskantor Theodor
Weinlig und verfasste unter anderem eine Sinfonie, Ouvertüren und Klaviersonaten. Wagner schreibt: „Er [Weinlig] selbst entließ mich
aus der Lehre, nachdem er mich so weit gebracht, dass ich die schwierigsten Aufgaben
des Kontrapunktes mit Leichtigkeit zu lösen
im Stande war.“ Durch ihn hatte Wagner die
sichere Beherrschung des kompositorischen
Handwerks und seine „Selbständigkeit“ erworben. Weinlig förderte auch die Aufführung von einigen Werken Wagners.
Wichtig für Wagners weitere geistige Entwicklung wurde in Leipzig die Begegnung mit
Heinrich Laube, dem Wortführer der literarischen Bewegung des „Jungen Deutschland“.
Auch die Leipziger Unruhen von 1830 hatten
Auswirkungen auf die geistige und politische
Bewusstseinsbildung des jungen Wagner. In
seiner „Autobiographischen Skizze“ bekennt
er: „ . . . mit einem Schlage wurde ich Revolutionär und gelangte zu der Überzeugung, jeder halbwegs strebsame Mensch dürfe sich
ausschließlich nur mit Politik beschäftigen.
Mir war nur noch im Umgang mit politischen
Literaten wohl: Ich begann auch eine Ouvertüre, die ein politisches Thema behandelte.“
1833 trat Wagner seine erste Stelle als Chordirektor am Würzburger Theater an, wo er
seine „Große romantische Oper“ „Die Feen“
(1833–1834) komponierte. Den Text hatte er
vermutlich 1833 noch in Leipzig entworfen.
Engagements als Kapellmeister in Magdeburg
(1834), Königsberg (1837) und Riga (1837)
folgten. In Magdeburg vollendete Wagner
1836 seine „Große komische Oper in zwei Akten“ „Das Liebesverbot oder Die Novize von
Palermo“. Wegen beträchtlicher Schulden und
des finanziellen Zusammenbruchs des Rigaer
Theaters musste er 1839 aus Riga fliehen. Er
begab sich über London nach Paris, wo er am
17. September 1839 eintraf. Aufführungen des
in Paris vollendeten „Rienzi“ und des „Fliegenden Holländers“ vermochte er an der
Grand Opéra der Seine-Stadt nicht durchzusetzen. Durch Vermittlung Giacomo Meyerbeers wurde die „Große tragische Oper“ „Rienzi, der Letzte der Tribunen“ an dem im
Jahre 1841 von Gottfried Semper errichteten
Königlich-Sächsischen Hoftheater in Dresden
zur Uraufführung angenommen. Die Premiere dieses Werks am 20. Oktober 1842 war ein
großer Erfolg. Bereits im April 1842 hatte
Wagner mit seiner Frau Minna in der Elbestadt seinen Wohnsitz aufgeschlagen, um die
Proben seines „Rienzi“ zu überwachen. Nach
der sechsten Vorstellung trug man ihm die
Leitung der weiteren Aufführungen seines
Werks an. Auch als Dirigent vermochte Wagner zu überzeugen. Nach erfolgreichem Probedirigat von Webers „Euryanthe“ wurde
Wagner am 2. Februar 1843 zum KöniglichSächsischen Hofkapellmeister auf Lebenszeit
ernannt. Kurz zuvor, am 2. Januar 1843, hatte
er die Uraufführung seiner romantischen
Oper „Der fliegende Holländer“ am Dresdner
Hoftheater geleitet. Dieses Werk ist in doppelter Hinsicht bemerkenswert: Wagner betrachtete sich nun nicht mehr als „Verfertiger von
Operntexten“, sondern als „Dichter“. Zum anderen erprobte er hier nach dem Vorbild von
Webers „Euryanthe“ das Leitmotivverfahren.
Wo alles seinen Anfang nahm: Richard Wagners Geburtshaus am Brühl in Leipzig. Es wurde
1886 abgebrochen und durch einen Neubau ersetzt. Dieser musste 1914 einem Erweiterungsbau des Kaufhauses Brühl weichen, das sich bereits seit 1908 im Nachbargebäude befand.
Heute befindet sich hier das Einkaufszentrum „Höfe am Brühl“, an dessen Südeingang
eine Bronzetafel angebracht ist, die darüber informiert, dass an dieser Stelle einst Wagners
Geburtshaus stand.
Vollgültige Meisterwerke
Unter Wagners Dirigat wurde am 19. Oktober
1845 in Dresden seine „Große romantische
Oper“ „Tannhäuser und der Sängerkrieg auf
Wartburg“ uraufgeführt. Den Höhepunkt von
Wagners kompositorischer Tätigkeit in Dresden bildete die romantische Oper „Lohengrin“, deren Partitur er am 28. April 1848 fertiggestellt hatte.
Wagner gehört fraglos zu den größten Genies im neunzehnten Jahrhundert. Der Grundstock dafür wurde in Sachsen gelegt. Durch
Wagner gingen von Leipzig und Dresden aus
entscheidende Impulse auf die weitere Entwicklung der deutschen Oper und des Musikdramas aus. Die in Sachsen entstandenen und
uraufgeführten Bühnenwerke Wagners waren
nicht nur Präludien seines weiteren musikdramatischen Schaffens, wie es Wagner selbst darstellte, sondern vollgültige Meisterwerke sui
generis. In Dresden brachte er mit dem „Lohengrin“ die Gattung der romantischen Oper
zum Abschluss. Motive wie zum Beispiel die
Verbindung von Menschen- und Geisterwelt,
die Idee des Liebestodes und die Sehnsucht
nach Erlösung, die in späteren Musikdramen
immer wieder auftauchen, sind bereits in
Dresdner Werken Wagners vorhanden. Einflüsse der jungdeutschen Literatur mit ihrem
ausgeprägten Eudämonismusstreben finden
sich vor allem im „Tannhäuser“. Im „Lohengrin“ ist hinter dem mythologisch verkleideten
Geschehen und der Einbettung der Handlung
in die deutsche Vergangenheit ein Aktualitätsbezug erkennbar. Hans Mayer wies darauf hin,
dass vor dem Hintergrund der politischen
Ereignisse in den Jahren 1846 bis 1848 die
Ansprachen König Heinrichs als Aufruf zur
Ortsbesuche
Viele originäre Wagner-Stätten existieren nicht
mehr, andere sind noch erhalten. Wo findet man
was? Ein Spaziergang durch Leipzig und Dresden
auf den Spuren des großen Komponisten.
VON MICHAEL ERNST. Wer das Geburtshaus
von Richard Wagner sucht, hat keine Chance.
Eine Bronzetafel am Leipziger Brühl informiert darüber, dass es „An dieser Stelle“ und
„bis zum Jahre 1886“ gestanden haben soll.
Tatsächlich gilt der 1656 erstmals erwähnte
Gasthof „Zum Roten und Weißen Löwen“, der
drei Jahre nach Wagners Tod abgerissen wurde und wechselnden Handelshäusern Platz
machen musste, als der Ort, an dem das neunte Kind von Johanna Rosine und Carl Friedrich Wilhelm Wagner zur Welt gekommen
sein soll.
In Kriegswirren geboren
Doch zur ewigen Frage, ob nicht vielleicht
doch der Schauspieler und Porträtist Ludwig
Geyer Richards leiblicher Vater gewesen sein
könnte, gesellt sich inzwischen ein Zwist um
den wahren Geburtsort des Knaben. Denn im
Taufregister der Thomaskirche erscheint erst
am 16. August 1813 ein Eintrag, fast ein Vierteljahr nach der Geburt. Der mögliche Grund
dafür wird gleich nachgeliefert: 1813 tobten in
und um Leipzig die Befreiungskriege gegen
Napoleons Truppen. Kein guter Zeitpunkt für
eine friedliche Taufe. Gut denkbar, dass die
Familie des Königlichen Polizeiamtsaktuarius
sicherheitshalber rechtzeitig vor Rosinens
Niederkunft in den – heute längst eingemeindeten – Vorort Stötteritz ausquartiert wurde
und erst nach der Rückkehr im Sommer die
Kindstaufe vornehmen ließ. Richard Wagner,
ein Stötteritzer?
Richard wer? Jetzt muss erst einmal die
Rede von Richard Geyer sein, denn ein halbes Jahr nach der Entbindung war die Mutter
verwitwet und zog 1814 mitsamt ihrer Kinderschar nach Dresden. Dort war der neue
Ehemann, schon zuvor ein Freund der Familie, als Mime am Hoftheater engagiert. Ludwig Geyer soll sich rührend um Richard gekümmert und dessen musische Neigung
gefördert haben.
Auch von den Lebensstationen der frühen
Patchwork-Familie findet sich kaum noch ein
Zeugnis. Von 1822 an besuchte Richard fünf
Jahre lang das Kreuzgymnasium, das sich da-
In Dresden „schon in Sekunda gesessen“, in Leipzig „nach Tertia“ gesetzt: An der Alten Nikolaischule in Leipzig war Wagner nicht glücklich.
mals noch in unmittelbarer Nachbarschaft zur
Kreuzkirche befand. Ende 1827 lebte seine Familie wieder in Leipzig, dort besuchte der
kunstsinnige Filius zunächst die altehrwürdige Nikolaischule. Diese auf eine Gründung
vom Ende des 12. Jahrhunderts zurückgehende und 1512 als erste städtische Bürgerschule
in Leipzig eingeweihte Einrichtung ist – nach
mehrfachem Umbau, langer Verwahrlosung
und gleich 1990 in Gang gesetzter später Rettung – als „Alte Nikolaischule“ noch heute einen Besuch wert.
Bestimmung zum Musiker
In Leipzig, das im 19. Jahrhundert als musikalische Hauptstadt der Romantik galt, hatte
Wagner seine Bestimmung zum Musiker gefunden. Beethovens „Fidelio“ gab wohl den
Ausschlag dafür. Autodidaktischen Studien
folgten Lehrstunden beim Gewandhausgeiger
Christian Gottlieb Müller und beim Thomaskantor Christian Theodor Weinlig, der auch
Clara Schumann unterwies, sowie – ohne vorherigen Schulabschluss – die Immatrikulation
als Student der Musik. Weder die alte Alma
Mater noch das damalige Gewandhaus, in
dem 1832 Wagners Ouvertüre d-Moll aufgeführt worden ist, haben die Zeiten überdauert,
auch nicht die einstige Thomasschule, die
Wagner kurzzeitig besuchte. Doch stolz wie eh
ragt die Thomaskirche empor, in der er getauft worden ist.
EIN SCHLOSS FÜR WAGNER
Nach Umwegen via Würzburg, Bad Lauchstädt, Magdeburg, Königsberg, Riga und Paris
traf Wagner, inzwischen mit der Schauspielerin Minna Planer verehelicht, ein weiteres Mal
in Leipzig ein und reiste von da aus per Eisenbahn nach Dresden. Die erste deutsche Fernbahnstrecke war erst 1839 eröffnet worden. Er
folgte einem Ruf der Dresdner Hofoper, die
seinen „Rienzi“ herausbringen wollte. Die Uraufführung dieser „Großen tragischen Oper“
im Oktober 1842 hatte so überzeugt, dass für
Januar 1843 die Uraufführung des „Fliegenden Holländers“ angesetzt und Wagner bald
darauf zum Königlich-Sächsischen Hofkapellmeister auf Lebenszeit ernannt worden ist.
Bekanntlich sind daraus nicht viel mehr als
nationalen Einigung und zur Verteidigung der
Heimat aufzufassen sind.
Wie Martin Gregor-Dellin in seiner WagnerBiographie feststellte, hat Wagner alle großen
Themen seines Lebens während seiner Dresdner
Zeit zum Abschluss gebracht oder in Angriff genommen. Im November 1848 beendete er in der
Elbresidenz die Erstschrift von „Siegfrieds Tod“,
der Keimzelle der späteren „Götterdämmerung“.
Und bereits 1845 beschäftigte er sich während
eines Sommeraufenthaltes in Marienbad mit
dem „Parsifal“- und „Meistersinger“-Stoff.
Prof. Dr. Hans John wirkte für mehr als 30
Jahre an der Hochschule für Musik Carl Maria
von Weber Dresden. Von 1993 bis 2002
leitete er das ebendort von ihm begründete
Institut für Musikwissenschaft.
sechs Jahre geworden, wegen seiner Beteiligung am revolutionären Maiaufstand musste
der steckbrieflich gesuchte Musiker am 9. Mai
1849 Hals über Kopf fliehen. Kurz zuvor stand
er noch mit Michail Bakunin auf dem Turm
der Kreuzkirche, um von dort aus die Truppenbewegungen zu sondieren. Sechs Wochen
später wurde er seines Postens enthoben – wegen unentschuldigten Fernbleibens vom
Dienst. Da hatte der verhinderte Revoluzzer
längst ein sicheres Asyl in der Schweiz bezogen und behielt den Kopf oben.
Rehabilitiert wurden er und sein streitbarer
Gefährte Gottfried Semper erst Jahre später.
Dennoch konnte der geniale Architekt ab
1871 aus dem fernen Exil sein zweites Opernhaus in Dresden errichten. Sein Sohn Manfred leitete den sieben Jahre später fertiggestellten Neubau, dessen Vorgänger 1869
abgebrannt war. Richard Wagner durfte ab
1860 wieder in die Staaten des Deutschen
Bundes einreisen, nach Sachsen jedoch erst
zwei Jahre später. Die Semperoper wie auch
die Frauenkirche hatte er mehrfach besucht,
für Letztere 1843 auch sein gewaltiges Chorwerk „Das Liebesmal der Apostel“ verfasst.
Nach „Rienzi“ und „Holländer“ wurde in
Dresden 1845 noch „Tannhäuser und der Sängerkrieg auf der Wartburg“ uraufgeführt, vom
hier entstandenen „Lohengrin“ erklangen nur
Ausschnitte in Dresden, die Uraufführung
übernahm der spätere Schwiegervater Franz
Liszt 1850 in Weimar. Doch die historischen
Stätten fielen dem Zweiten Weltkrieg zum
Opfer, die Semperoper von heute ist erst 1985
wieder eingeweiht worden, die Frauenkirche
blieb bis 1994 eine mahnende Ruine. Wer will,
kann nun aber an beiden Orten wieder den
Wagnerschen Geist spüren. Sein Werk wird da
wie dort sehr lebendig gehalten.
Michael Ernst ist Autor und Maler aus Leipzig.
?
GEWINNSPIEL
Im Dörfchen Graupa bei Dresden bewahrt ein ehemaliges Bauernhaus, das „Schäfersche
Gut“, bis heute an authentischem Ort die Erinnerung an eine schaffensreiche Zeit des
Hofkapellmeisters. Vom 15. Mai bis zum 20. Juli 1846 weilte Wagner hier und skizzierte
den „Lohengrin“. Als „Lohengrin-Haus“ ist das bescheidene Anwesen bereits 1907 eröffnet
worden, ein findiger Verein kümmerte sich auch in schwierigen Zeiten um den Erhalt.
Nach einer gründlichen Sanierung ist es 2009 wiedereröffnet worden.
Parallel dazu begannen bereits die umfangreichen Renovierungsarbeiten am nahe
gelegenen Jagdschloss von Graupa (Foto). Dort wurde am 12. Januar pünktlich zum
Wagner-Jubiläumsjahr die Ausstellung „Wagner in Sachsen“ eröffnet. Beide Gebäude, das
Bauernhaus wie das Schloss aus dem 17. Jahrhundert, firmieren nun als Richard-WagnerGedenkstätten Graupa. Während es nebenan vorrangig um „Lohengrin“ geht, widmen sich
die Räume im Jagdschloss dem Gesamtkosmos des Dichter-Komponisten. Wagners Zeit
in Sachsen wird mit historischen Exponaten vermittelt. Multimedial geht es weiter in
Räumen, die mit „Dichtung“, „Komposition“ oder „Theater und Bühne“ überschrieben
sind, um die Schaffensprozesse des Meisters und spätere Rezeption gut zu beleuchten.
Im Entstehen begriffen ist eine Mediathek, für Veranstaltungen genutzt wird ein Konzertsaal im Obergeschoss – und schon jetzt darf man sich auf entspannende Momente zur
wärmeren Jahreszeit freuen, denn zum kleinen Teich vor dem Jagdschloss gehört ein fast
„Wagnersches“ Schwanenpaar.
Michael Ernst
Machen Sie mit bei unserem Preisausschreiben, und gewinnen Sie ein Wochenende in der
Musikstadt Dresden.
• 2 Übernachtungen für 2 Personen mit Frühstück im ****Superior Hotel Innside
Dresden inklusive Nutzung des Wellness-Bereichs.
• 2 Karten für die Wagner-Oper „Der Fliegende Holländer“
(Auswahltermine: 15. Juni (Premiere), 19. Juni, 28. Juni, 1. Juli, 7. Juli 2013).
• 2 Dresden-City-Cards für 2 Tage, inklusive freie Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel, freier Eintritt in die Museen der Staatlichen Kunstsammlungen (ausgenommen
ist das Grüne Gewölbe) und viele Ermäßigungen.
Und so lautet die Frage: Welche Wagner-Oper wurde vor 170 Jahren am Neuen Königlichen
Hoftheater Dresden (heute Semperoper) unter Leitung des Komponisten uraufgeführt?
a. „Lohengrin“
b. „Der Fliegende Holländer“
c. „Tannhäuser“
Senden Sie die Antwort mit dem Betreff „Dresden“ bis zum 28. Februar an
wagner@faz-mediasolutions.de. Unter allen Einsendungen wird der Gewinner
durch Los ermittelt.
RICHARD WAGNER – LEIPZIG UND DRESDEN FEIERN DEN GROSSEN KOMPONISTEN
eFrankfurter Allgemeine Zeitung | Verlagsbeilage
Donnerstag, 31. Januar 2013 | Nr. 26 | Seite V3
INTERVIEW
NACHGEFRAGT
„Eine spannungsreiche Beziehung“
Thomas Krakow, Vorsitzender des Richard-Wagner-Verbandes Leipzig, über das Verhältnis der Leipziger zu Wagner
und die Entwicklung der Wagner-Rezeption in Leipzig.
Leipzig feiert in
diesem Jahr
seinen großen
Sohn „hoch und
runter“. Dabei war
das Verhältnis der
Leipziger zu
Wagner nicht
immer ungetrübt.
Das Verhältnis Leipzig/Wagner ist in der Tat
kein einfaches, sondern im Gegenteil ein
sehr spannungsreiches. Das hat damit zu tun,
dass Wagner in seiner Geburtsstadt anfangs
kein großer Erfolg beschieden war. Sein Versuch, seine erste Oper, „Die Feen“, am Leipziger Theater uraufzuführen, scheiterte ebenso
wie kurze Zeit später sein zweiter Anlauf mit
dem „Liebesverbot“. Diese Misserfolge haben Wagners Verhältnis zu Leipzig nachhaltig beeinflusst. Die Beziehung zu seiner
Geburtsstadt war seitdem nie ganz ohne Stör rungen. Hinzu kommt, dass der seinerzeit
vorherrschende Musikgeschmack in Leipzig
stark vom Gewandhaus und deren Kapellmeistern geprägt war – allen voran Felix
r Mendelssohn Bartholdy, der das Gewandhausorchester zwölf Jahre lang leitete. Und
r dessen Stil war das Gegenteil dessen, was
Wagner vorschwebte.
d Wurde Wagner in Leipzig nicht gespielt?
Doch, natürlich, aber in der ersten Zeit, in
den fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts,
häufig nicht auf dem Niveau wie in anderen
Städten. Diese etwas stiefmütterliche Wagner-Rezeption in Leipzig hat sich erst mit
dem Auftreten von Wagners altem Freund
Heinrich Laube als Operndirektor ab 1869
geändert. Den Durchbruch brachte Angelo
Neumann, der von 1876 an Operndirektor
in Leipzig war und seine Intendanz gleich
mit einer „Lohengrin“-Inszenierung begann. Seine grandiose „Ring“-Inszenierung
aus dem Jahre 1878 markiert einen Meilenstein in der Wagner-Rezeption: Mit ihr
nahm die „Ring“-Euphorie, die bald
Deutschland und Europa erfasste, ihren Anfang. Ohne Widersprüche blieb das Verhältnis zwischen Leipzig und Wagner danach
aber trotzdem nicht.
Inwiefern?
Obwohl nach Wagners Tod 1883 in Leipzig
viele Stimmen laut wurden, man müsse nun
unbedingt und sofort ein Denkmal für den
großen Sohn errichten, hat es 100 Jahre gedauert, bis dieses Vorhaben mit der Büste
am Schwanenteich in die Tat umgesetzt
wurde. Ein Ganzkörperdenkmal gibt es bis
heute nicht. Erst mit der Plastik von Stephan Balkenhol, die an Wagners Geburtstag
am 22. Mai eingeweiht werden wird, wird
diese Leerstelle geschlossen. (Siehe Interview und Kasten rechts.) Auch der Umgang
der Stadt mit historischen Wagner-Stätten
lässt nicht darauf schließen, dass es den
Leipzigern mit „ihrem Richard“ immer so
wichtig war. Wagners Geburtshaus beispielsweise wurde bereits drei Jahre nach
seinem Tod abgerissen und musste einem
Neubau weichen – der allerdings auch nur
zwanzig Jahre Bestand hatte. Auch die alte
Thomasschule, die Wagner für mehrere Jahre besuchte, gibt es heute nicht mehr. Sie
machte 1902 der noch heute an derselben
Stelle befindlichen Superintendantur Platz.
Eine dritte wichtige Wagner-Stätte, das Alte
Theater, dem Wagner viele prägende Erleb-
nisse verdankte, fiel im Zweiten Weltkrieg
den Bomben zum Opfer.
Welche originären Wagner-Stätten gibt
es heute noch in Leipzig?
Anders als Dresden, das durch die Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg seinen kompletten Stadtkern verloren hat, hat sich in Leipzig
noch einiges an originärer Substanz erhalten
können. Dazu gehört die Alte Nikolaischule,
die Wagner von 1828 bis 1830 besuchte und
in der ab dem 21. Mai eine Dauerausstellung
zum „Jungen Wagner“ zu sehen sein wird.
(Siehe Interview auf Seite 8.) Auch die Thomaskirche, in der Wagner getauft wurde, ist
noch erhalten – ebenso das Königshaus am
Markt, in dem Wagners Onkel Adolf, in dessen Obhut der junge Richard kurzzeitig
stand, wohnte. Hinzu kommen eine Reihe
weiterer mehr oder weniger bedeutender
Stätten, die in irgendeiner Form eine Verbindung zu Richard Wagner haben, etwa Kintschys Schweizerhäuschen im Rosental, das
seinerzeit ein beliebtes Ausflugziel war und
in dessen Musikpavillon die erste öffentliche
Aufführung eines Wagner-Werkes stattgefunden haben soll.
Wie hat sich die Wagner-Rezeption in
Leipzig nach seinem Tod entwickelt?
Leipzig war in der späten Kaiser- und der
Weimarer Zeit eine kulturell sehr experimentierfreudige und fortschrittliche Stadt. Die
Uraufführung der umstrittenen Weill/BrechtOper „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“ beispielsweise fand in Leipzig statt. Und
so hat es hier auch zahlreiche modern und
hervorragend inszenierte Wagner-Aufführungen gegeben. Das ist vor allem Gustav
Brecher zu verdanken, der ab 1914 Generalmusikdirektor an der Leipziger Oper war und
das Musikleben der Stadt entscheidend prägte
– bis die Nazis an die Macht kamen und den
Juden Brecher ins Exil trieben. In der Nachkriegszeit ist es neben dem Gewandhauskapellmeister Franz Konwitschny vor allem
ein Name, der für Leipzig und Wagner steht:
„Menschlicher“
Joachim Herz. Er kam 1959 als Direktor an
die Leipziger Oper, deren Neubau er mit den
„Meistersingern“ eröffnete. Herz hat einen
ganz neuen Stil geprägt und Leipzig zu dem
Wagner-Spielort in Ostdeutschland schlechthin gemacht. Schon sein Einstand mit den
„Meistersingern“ hat aufhorchen lassen, mit
seinem „Lohengrin“ von 1965 hat er weitere
Maßstäbe gesetzt. Und endgültig in die Geschichtsbücher ging er ein mit seiner 1976
abgeschlossenen „Ring“-Inszenierung, die
vielen noch heute in Abgrenzung zur Bayreuther Chéreau-Inszenierung als der „wahre
Jahrhundert-Ring“ gilt.
Welche Rolle spielte Wagner in Leipzig
nach der Wende?
Keine allzu große. Der Höhepunkt der Wagner-Rezeption in Leipzig lag eindeutig in der
Herz-Ära, danach flachte sie merklich ab.
Nach der Wende hat Leipzig seine Rolle neu
finden und definieren müssen und sich dabei
vor allem auf Bach konzentriert. Das hat dann
allerdings dazu geführt, dass die zahlreichen
anderen Komponisten, die die reiche Musiktradition Leipzigs geprägt haben – neben
Wagner unter anderen Mendelssohn und
Schumann –, in den Hintergrund gerückt
sind. Bei Mendelssohn, Schumann, auch bei
Grieg, folgten bald sinnvolle und erfolgreiche
Initiativen bürgerschaftlichen Engagements.
Bei Wagner begann das erst Jahre später. Es ist
erst der großartigen „Notenspur“-Initiative
von Werner Schneider zu verdanken, dass
Leipzigs Musiktradition in ihrer ganzen Vielfalt wieder erlebbar gemacht wurde. Heute ist
Wagner aus Leipzig nicht mehr wegzudenken,
und er wird von den Leipzigern wie selbstverständlich als unveräußerliches kulturelles
Erbe betrachtet. Dazu hat nicht zuletzt die Arbeit des Richard-Wagner-Verbandes Leipzig
beigetragen, der durch zahlreiche Aktivitäten
die Erinnerung an einen der größten Söhne
der Stadt kontinuierlich und mit wachsender
Wahrnehmung hochhält.
Das Gespräch führte Michael Jakob.
Der Bildhauer Stephan Balkenhol über das von ihm
entworfene Wagner-Denkmal, das am 22. Mai 2013 in
Leipzig enthüllt werden wird.
Was hat Sie an der
Aufgabe gereizt,
ein Denkmal für
einen Komponisten zu entwerfen?
Ich finde den Spagat
interessant: auf der
einen Seite die Motive des Auftraggebers
zu verstehen und die historischen Hintergründe zu berücksichtigen, auf der anderen
Seite das Werk als freie Kunst, als Großskulptur an einem öffentlichen Ort zu gestalten und
es dort zu einer Art stillen, aber präsenten
Mitspieler zwischen den Gebäuden und dem
Verkehr im Stadtraum zu machen.
Was war die besondere Herausforderung
bei dieser Arbeit?
Der Bildhauer Max Klinger hatte bereits Anfang des vorigen Jahrhunderts mit einem Entwurf zu einem Wagner-Denkmal begonnen,
jedoch nur den Sockel fertiggestellt. Meine
Wagner-Skulptur steht ganz konkret und
baustatisch im Dialog mit diesem Sockel. Der
Block aus der Vergangenheit ist zugleich Basis
und Gegenpol zu dem, was ich entworfen habe.
Was hat es mit der überlebensgroßen
Silhouette auf sich, die sich hinter der von
Ihnen gestalteten Wagner-Skulptur erhebt?
Die Silhouette nimmt den Klingerschen Entwurf auf, wie wir ihn aus Skizzen kennen. Vor
diesen überlebensgroßen Schatten stelle ich
einen Richard Wagner in Lebensgröße und als
jüngeren, unternehmungslustigen Mann, so
wie er es in seinen Leipziger Jahren ja auch
war. Wagner ist später von seinen Verehrern
geradezu vergöttert und zu einem ehrfurchtgebietenden, irgendwie ältlichen „Meister“ erstarrt. Ich zeige ihn normaler, nahbarer,
menschlicher. Wenn Wagner aus der flachen
Überhöhung herausgeholt und plastisch wird,
kann man sich neu mit ihm befassen.
Das Gespräch führte Michael Jakob.
IRRUNGEN, WIRRUNGEN
Bereits kurz nach Wagners Tod am 13. Februar 1883 wurde in Leipzig ein Komitee zur
Errichtung eines Denkmals für den Komponisten gegründet, das jedoch aufgrund fehlender
Mittel nichts zuwege brachte. 1903 wurde in einem zweiten Anlauf der Bildhauer und
Graphiker Max Klinger mit der Realisierung eines Denkmals beauftragt. Widrige Umstände
führten jedoch dazu, dass von seinem Entwurf nur der Sockel vollendet werden konnte.
Auch der Entwurf des Bildhauers Emil Hipp von 1932 stand unter keinem guten Stern. Seine
in den Folgejahren von den Nationalsozialisten ideologisch vereinnahmte Denkmalanlage
wurde von den Stadtverantwortlichen nach dem Zweiten Weltkrieg nicht fertiggestellt. Neuen
Aufwind bekam die Denkmalidee 2005 mit der Gründung des „Wagner Denkmal Vereins“.
Dieser führte gemeinsam mit dem „Freundeskreis Max Klinger“ und der Stadt Leipzig einen
Wettbewerb durch, aus dem der Bildhauer Stephan Balkenhol als Sieger hervorging.
RICHARD WAGNER – LEIPZIG UND DRESDEN FEIERN DEN GROSSEN KOMPONISTEN
Donnerstag, 31. Januar 2013 | Nr. 26 | Seite V4
Frankfurter Allgemeine Zeitung | VerlagsbeilageF
„Ich bin violett“
Wagners Musikdramen sind Gesamtkunstwerke, in denen die einzelnen
Künste zu einem höheren Ganzen verschmelzen. Insbesondere Farben
spielen in Wagners Werk eine herausragende Rolle.
VON ECKART KRÖPLIN. „Wagner komponiert die Farben
seiner musikalischen Dramen.“ So beschreibt der WagnerIntimus Theodor Uhlig eine wesentliche Komponente von
Wagners synästhetischem Kunstkonzept. Wagners Partituren leben in entscheidendem Maße von und mit der Farbigkeit im Klanglichen und in der Szenerie.
Synästhesie war seit der Romantik das vorwärtstreibende
Movens neuer Kunstentwicklungen in Poesie, Malerei und
Musik. Carl Maria von Weber äußerte beispielsweise über
seinen „Freischütz“, es sei ihm wichtig gewesen, „die bezeichnendsten Ton- und Klangfarben“ für die „dunkle, düstere Hauptfarbe“ des Werkes hervorzuheben, und beschrieb
dies anhand der Klangfarbigkeit bestimmter Instrumente
und Instrumentenkombinationen. Und in den „Kreisleriana“ von E. T. A. Hoffmann, einem Lieblingsdichter Wagners, ist von einer „Übereinkunft der Farben, Töne und
Düfte“ die Rede – eine weitgreifende poetische Metapher
für die Synästhesie der Künste. Bei Wagner kulminierte das
alles im Konzept des „Gesamtkunstwerks“, in dem die einzelnen Künste, die „Schwesterkünste“, wie er sie nannte,
verschmelzen sollten. Wagner sprach da dezidiert in Feuerbachscher Manier von der „Erlösung des Egoismus“ der
Einzelkünste in den „Kommunismus“ der Künste im erträumten „Kunstwerk der Zukunft“.
Das musste den Zeitgenossen zunächst als blanke Utopie,
als künstlerische Hypertrophie, als ästhetische Blasphemie
erscheinen. Doch hat sich in der Nachfolge über die Kunst
der frühen Moderne, etwa von Schönberg, Skrjabin, van
Gogh, Kandinsky, Joyce und Thomas Mann, bis in die Multimedialität im Kunstschaffen am Ausgang des 20. Jahrhunderts diese Zielsetzung in vielfältigster und faszinierender
Weise realisiert.
So verwarf beispielsweise der Wagner-Gegner Eduard
Hanslick in seiner Streitschrift „Vom Musikalisch-Schönen“
jeglichen Gedanken an eine „Erhebung der Farbe zur Musik“
als ästhetisch abwegig, während – neben Wagner – Berlioz
und Liszt gerade auf das Farbige in der Musik als besonderes
und eigenständiges Ästhetikum abhoben. Berlioz suchte,
auch nach dem Vorbild Webers, nach jener „eigentümlichen
Tonfarbe“, wie man sie analog beim „Colorit der Malerei“ beobachten könne. Und Liszt, so berichtet zumindest eine
Anekdote, forderte von seinen Orchestermusikern einmal:
„O, bitte, meine Herren, ein bisschen blauer!“, oder: „Das ist
ein tiefes Violett, ich bitte, sich darnach zu richten! Nicht so
rosa!“ Mit Weber, Berlioz und Liszt war die Emanzipation
der Farbe in der Musik ostentativ auf die Tagesordnung der
Kunstprogression gesetzt worden. Kein Wunder nun, dass
auch Wagner vergleichbaren Synästhesien nachhing. Beim
„Fliegenden Holländer“ hatte es ihm, wie er sagte, insbesondere auch die „Farbe“ des Stoffes angetan. Und auch in allen
seinen späteren Werken bestimmten immer wieder spezielle
Farbvorstellungen sein kompositorisches Vorgehen.
Ineinanderwirken von Klang und Farbe
Man mag sich einmal die Venusberg-Szenerie im „Tannhäuser“ vorstellen oder, synästhetisch besser gesagt, vor
Auge und Ohr führen. Hier ist ein besonders auffälliges
Beispiel für das Ineinanderwirken von Klang und Farbe gegeben. Es ist ein Paradebeispiel für die Dreischichtigkeit
von Wagners künstlerischer Arbeitsweise: Zugleich mit der
ersten Niederschrift des Textes entwirft er das musikalische
Grundkonzept und findet eine dazugehörige unverwechselbare Farbdramaturgie. Während ihm beim Prosaentwurf
zum „Tannhäuser“ gleich zu Beginn die Melodien und Harmonien mitklingen, setzt er beispielsweise auch für den
Farbcharakter der ersten Szene ein Signal: „Alles durch rosiges Licht erleuchtet“, ein Signal, das später Venus mit der
betörenden Klarinetten-Melodie „Geliebter, komm! Sieh
dort die Grotte von ros’gen Düften mild durchwallt! Aus
holder Ferne mahnen süße Klänge“ zum Höhepunkt führt,
während Tannhäuser dem konträr andersfarbig seine
Fluchtvision entgegensetzt: „Doch ich aus diesen ros’gen
Düften verlange nach des Waldes Lüften, nach unsres Himmels klarem Blau, nach unsrem frischen Grün der Au’.“ Wie
„Im Lohengrin gibt es viele blaue Musik.“ (Friedrich Nietzsche) Aufnahme der legendären blausilbernen „Lohengrin“Inszenierung von Wieland Wagner bei den Bayreuther Festspielen 1958.
also der dramatische Konflikt zwischen Venus und Tannhäuser in Wort und Ton ausgetragen wird, so ist ihm auch
der Farbkonflikt Rosa kontra Blau und Grün als Pendant
beigegeben. Es ist Synästhesie pur.
Das Blau des Himmels wird dann im „Lohengrin“ zur
Grundfarbe des Vorspiels. Wagners poetische Beschreibung von dessen Musik ist eine Bildgeschichte, ein lebendiger Vorgang: Eine Engelsschar geleitet den heiligen Gral zur
Erde und entfernt sich wieder. „Klarster blauer Himmelsäther“, so schrieb Wagner, rahmt diesen mirakulösen Vorgang ein. Die Farbe Blau grundiert alles. Es ist ein einzigartiges musikalisches Flair, das sich aus dem Mix hoher
Holzbläser und lang gehaltener Flageolett-Töne der hohen
Streicher als synästhetischer Gleichklang zum Azurblau des
Himmels ergibt. Kein Wunder, dass der hellsichtige und
hellhörige Friedrich Nietzsche schrieb: „Im Lohengrin gibt
es viele blaue Musik.“
Nicht erstaunlich ist es daher auch, dass Wagner so eindrucksvolle Wiedergänger in der Malerei und Dichtung,
etwa Delacroix, Redon, Fantin-Latour und Kandinsky, fand,
dass van Gogh und Gauguin, von Wagners Musik angeregt,
zu einer „Musik der Farben“ strebten, dass Baudelaire, als
dieser „Tannhäuser“- und „Lohengrin“-Musik gehört hatte,
zu literarischen Farbphantasien und zu seinem berühmten
Gedicht „Correspondances“ mit der „Zusammenkunft von
Düften, Farben und Tönen“ verführt wurde, dass Hermann
Hesse an seiner poetischen Figur Klingsor hervorhob: „Er
sah Töne und hörte Farben“, dass schließlich Theodor W.
Adorno, der doch eigentlich ein Gegner der Wagnerschen
Synästhesie war, nicht umhinkonnte, diesem zuzugestehen,
ein Meister der „Klangfarbenkomposition“ gewesen zu sein.
Zu Recht konnte Wagner am Ende seines Lebens das Resümee ziehen: „Es freut mich, dass ich in verschiedenen
Farben zu malen wusste.“
Faszinierende Farbdramaturgien
Prof. Dr. phil. habil. Eckart Kröplin, Musik- und Theaterwissenschaftler, lehrte Dramaturgie und Geschichte des
Musiktheaters an der Theaterhochschule Leipzig und war
seit der Wiedereröffnung der Semperoper Dresden 1985
dort auch etliche Jahre Chefdramaturg und Stellvertreter
des Intendanten. 2011 erschien im Verlag Königshausen &
Neumann sein Standardwerk „Richard Wagner. Musik aus
Licht. Synästhesien von der Romantik bis zur Moderne“,
4 Bände.
Es gibt zahlreiche weitere Beispiele von Wagners faszinierenden Farbdramaturgien in seiner Musik: etwa das wallende
Wasser-Grün im „Rheingold“, das flirrende Rot des „Feuerzaubers“ in der „Walküre“ oder das strahlende Sonnen-Gold
im „Siegfried“-Finale. Erinnert sei auch an Wagners bezeichnende Äußerung zum „Tristan“, den er als violett und lila bezeichnete. Ja, er selbst identifizierte sich später mit dieser
Farbe, indem er bekannte: „Ich bin violett.“
INTERVIEW
„Wir setzen die ‚Ring‘-Tradition fort“ Keine feste Verbindung
Prof. Ulf Schirmer, Intendant und Generalmusikdirektor der Oper Leipzig,
Wagner hat die längste Zeit seines Lebens in Dresden verbracht.
über seinen Weg zu Wagner und die musikalischen Highlights in Leipzig im
Dennoch sind andere Orte viel stärker im Geiste mit seinem
Wagner-Jahr 2013.
Namen verschweißt. Wie Dresden an Wagner gewachsen ist.
Für den einen ist
es das „Tristan“Erlebnis, für den
anderen der
Mythenzauber
des „Rings“, die
den Ausschlag
für die lebenslange Beschäftigung mit Wagner
gaben. Wie war es bei Ihnen – was hat
Sie zu Wagner geführt?
Wir hatten in unserem Gymnasium in Bremen ein Musikzimmer, in dem ein wunderbarer Ibach-Flügel stand. Auf dem habe
ich viel geübt und mich dafür systematisch
aus der reichhaltigen Notenbibliothek bedient, über die das Gymnasium verfügte. Irgendwann kam ich zu Klavierauszügen von
Wagner-Opern – und war sofort fasziniert.
Solche Klänge – ich habe mit der „Walküre“ begonnen – hatte ich nie zuvor gehört.
Seitdem hat mich Wagner nicht mehr losgelassen.
Sie haben Wagner also nicht durch
externe Faktoren wie Unterricht oder die
Prägung durch ein musikaffines Elternhaus kennengelernt, sondern durch
selbständiges Musizieren.
Ja genau, die Faszination durch Aufführungen
kam erst etwa ein Jahr später, als ich am Bremer Theater die ersten Wagner-Inszenierungen sah, den „Parsifal“ zuerst, später den
„Tristan“. Aber das „Ur-Erlebnis“ war die eigenständige Entdeckung der musikalischen
Textur, der einzigartigen Harmonik und der
kontrapunktischen Finessen, die sich mir
durch das Spielen und das Studium der Partituren erschlossen.
Wie hat sich Ihre Wagner-Rezeption
entwickelt? Welches Werk steht in Ihrer
persönlichen Rangliste ganz oben?
Ganz klar der „Parsifal“. Und nicht erst als
Spätentdeckung wie so häufig, sondern gewissermaßen von Anfang an. Ich habe bereits
mit 18 Jahren Horst Stein beim „Parsifal“ in
Bayreuth assistiert und sechs Jahre später
Franz-Paul Decker in Barcelona. Erstmals
selbst dirigiert habe ich den „Parsifal“ 1984
am Nationaltheater in Mannheim, da war
ich gerade 25. Das Bühnenweihfestspiel ist
bis heute das Werk, das ich mit Abstand am
liebsten dirigiere und zu dem ich den natürlichsten Zugang habe. Alle Werke Wagners
münden letztlich in den „Parsifal“.
Steht der „Parsifal“ auch im Jubiläumsjahr 2013 in Leipzig auf dem Programm?
Aber selbstverständlich. Es wird im Februar,
März und Mai jeweils eine Aufführung unter
meiner musikalischen Leitung geben.
Auf welche Aufführungen darf man sich
noch freuen in diesem Jahr?
Eine ganze Menge. Ein Highlight ist sicher
die Neuinszenierung des „Rings“, die wir
im Mai mit dem „Rheingold“ starten und
2016 mit der „Götterdämmerung“ abschließen – wir bringen also pro Jahr eine Oper
der Tetralogie. Das ist für die Musikstadt
Leipzig ein besonderes Ereignis, denn seit
Leipzig ist eine Musikstadt,
das merkt man auch am
Publikum. Die Menschen
honorieren musikalische
Leistungen mit einer Begeisterung, wie ich sie bislang
nur in Wien erlebt habe.
dem „Jahrhundert-Ring“ von Joachim Herz
in den siebziger Jahren hat es in Leipzig
keinen „Ring“ mehr gegeben. Dabei hat die
„Ring“-Euphorie mit der Inszenierung von
Angelo Neumann 1878 ursprünglich von
Leipzig ihren Ausgang genommen. Mit der
Neuinszenierung des „Rings“ setzen wir
die große Leipziger „Ring“-Tradition fort.
Dabei gibt es auch ein paar bemerkenswerte persönliche Kontinuitäten. So war Carl
Friedrich Oberle, der das Bühnenbild für
die Neuinszenierung in Leipzig gestaltet,
in den Siebzigern Bühnenbildassistent bei
Joachim Herz, ich selbst habe auch noch
mit Herz zusammengearbeitet, das war Anfang der Neunziger an der Wiener Staatsoper.
Neben den „Klassikern“ liegt ein weiterer
Schwerpunkt im Jubiläumsjahr auf den
Frühwerken. Welche werden zu hören sein?
Wir werden in Leipzig mit dem Gewandhausorchester drei Frühwerke aufführen, beginnend mit den „Feen“ Mitte Februar, die ich
selbst dirigieren werde. Anfang März folgt
„Rienzi“ unter der Leitung von Matthias Foremny, dem Ersten ständigen Gastdirigenten
der Oper Leipzig. Und im Herbst feiert mit
dem „Liebesverbot“ ein weiteres selten gehörtes Frühwerk in Leipzig Premiere.
Für viele Musikfreunde fängt Wagner
bestenfalls mit dem „Fliegenden Holländer“ an, während die Frühwerke, wenn
überhaupt, nur als Fingerübungen
akzeptiert werden. Wagner selbst hatte
die Aufführung seiner Frühwerke
verboten und nur die zehn Opern ab dem
„Holländer“ für Bayreuth-würdig erklärt.
Wie schätzen Sie die Qualität der
Frühwerke ein? Hat die intensive Beschäftigung mit ihnen zu einem neuen
Verständnis geführt?
Dazu möchte ich den Cellisten Siegfried Palm
zitieren. Der sagte: „Man kann ein Werk erst beurteilen, wenn man es mindestens fünfmal aufgeführt hat.“ Insofern kann ich mich nur zu den
„Feen“ und zum „Liebesverbot“ äußern, denn
diese Werke habe ich, zumindest ausschnittsweise, bereits mehrfach dirigiert, während ich
um „Rienzi“ immer einen Bogen gemacht habe,
weil mir das Werk einfach nicht liegt. Bei den
„Feen“ und im „Liebesverbot“ ist bereits einiges
vorgebildet, was man beim reifen Wagner findet,
etwa die Art, Motive zu gestalten, oder diese
dräuenden Unisonogänge, die etwas Unheilvolles ankündigen. Das ist schon faszinierend.
Die angesprochenen Aufführungen sind
über das Jahr 2013 verteilt. Wie begeht
Leipzig den Geburtstag selbst?
Rund um den 22. Mai, den 200. Geburtstag
Wagners, bieten wir dem Publikum ein wahres
Feuerwerk an Wagner-Werken, darunter Schwergewichte wie die „Meistersinger“ und den „Parsifal“ sowie das „Rheingold“, die drei Frühwerke und den „Fliegenden Holländer“. Am
Geburtstag selbst wird es im Opernhaus einen
Festakt mit vielen prominenten Gästen geben.
VON MARTIN MORGENSTERN. „Denk ich an
Dresden in der Nacht, so bin ich um den Schlaf
gebracht“, paraphrasierte ein besorgter Kurt Masur dem Autor kurz vor Weihnachten in den
Block. Die Gründe für die Schlaflosigkeit des
weltberühmten Dirigenten hätten einem Libretto Richard Wagners entnommen sein können:
Eine einsame Oberbürgermeisterin, die ein Jahrhundertbauwerk errichten lassen will, kämpft
verzweifelt gegen ihre vermeintlichen Getreuen,
die Dresdner Stadträte – wieder einmal drohte
zum Jahresende der Plan, Dresden einen Konzertsaal zu schenken, an deren Negativ-Votum
zu scheitern. Dresden ist dieser Tage schuldenfrei und will es unter allen Umständen bleiben.
Schon von Richard Wagner ist uns ein flammender Aufruf, „Die Königliche Kapelle betreffend“, hinterlassen. Neben einer Orchesterschule zur Ausbildung des Nachwuchses
hatte er in dem Schriftstück den Bau eines
Konzerthauses gefordert – das es bekanntlich
bis heute in Dresden nicht gibt.
Wer in Dresden Wagner-Klängen nachspüren will, starte daher am besten – in der Semperoper. In der Zählung der Bürger ist es die
„dritte“ Semperoper: Die erste, in der am 20.
Oktober 1842 der „Rienzi“ zur Uraufführung
gelangte, fiel ein Vierteljahrhundert später einem Brand zum Opfer. Der zweite SemperBau wurde 1878 fertig, Semper selbst war da
in Sachsen immer noch Persona non grata
und musste den Bau aus der Ferne verfolgen.
1945 wurde dieser Bau zerstört. Vierzig Jahre
sollte es noch dauern, bis die Dresdner das
wiedererstandene Gebäude begrüßen konnten. Erstaunlich: Der unstete Komponist hat die
längste Zeit seines Lebens, nämlich neunzehn
Jahre, in Dresden verbracht. Obgleich sein
Name im Geiste fester verschweißt ist mit Tribschen, Bayreuth, ja, auch Venedig – mit Dresden, der Stadt, „wo ich sozusagen zu Hause bin,
überall sonst in der Fremde“ (Brief an Minna
Wagner, 1858), verbinden ihn zwar viele Dresdner, Auswärtige aber wüssten wohl kaum viele
Verbindungslinien zu ziehen. Das ist kein Wunder, denn Wagner und Dresden – das ist keine
wohlwollende, feste Verbindung, sondern eigentlich ein Sammelsurium an Fehlstellen,
Missverständnissen und Verzweiflungstaten.
Mit Wagner im Fokus ist die Geschichte
rasch umrissen: Als Knabe besucht er ab 1822
die Kreuzschule. Nach jahrelangen Irrungen
und Wirrungen wurde er 1843, nach einem
Probedirigat der Weber-Oper „Euryanthe“,
zum Hofkapellmeister ernannt; ein Amt, das er
bis in die Maiaufstände des Jahres 1849 hinein
leidenschaftlich ausübte. Dann Exilierung: Der
Komponist wird steckbrieflich gesucht und
muss Sachsen verlassen. Erst dreizehn Jahre
später, im Herbst 1862, darf Wagner wieder
einreisen. Bei drei weiteren Besuchen in der
Stadt in den Jahren 1871, 1873 und 1881 erlebt
er Aufführungen seiner Werke mit „seiner“
Hofkapelle, der „Wunderharfe“, wie er das Orchester einmal nannte.
Klangliche Traditionen
Aber wie ist Dresden an Wagner gewachsen?
Trug der Komponist zur Entwicklung der Musikstadt bei? Und wo können wir heute noch
Spuren des großen Komponisten finden? Gelassen ziehen sich die klanglichen Traditionen
der Hofkapelle bis zum heutigen Tag. Einige
Aspekte gehen auf Wagner zurück: Er war es,
Sie standen schon in vielen Städten im
In- und Ausland am Pult und kennen
Vorlieben und Eigenarten der Zuhörer.
Wie ist das Publikum in Leipzig?
Leipzig ist eine Musikstadt, und das merkt man
auch am Publikum. Die Menschen honorieren
musikalische Leistungen mit einer Begeisterung, wie ich sie bislang nur in Wien erlebt
habe. Die Leipziger mögen ihre Orchester und
die Werke, die sie aufführen. Nur mit dem modernen Regie-Theater können sie nicht so viel
anfangen. Das hat erst jüngst eine große Publikumsbefragung ergeben. Provokationen, die
nicht dem Werk dienen, sondern vor allem der
Selbstverwirklichung des Regisseurs, werden
von den Leipzigern überhaupt nicht goutiert.
Das Gespräch führte Michael Jakob.
der als Erster versuchte, regelmäßige Abonnentenreihen zu etablieren. Mehrere Anläufe startete er, die Erfolge blieben aus; erst in den
1850er Jahren setzten sich Abonnentenreihen
in Dresden durch. Und Wagner war es auch,
der in Dresden die Werke des von ihm hochverehrten Beethoven etablieren half; zu mehreren Sinfonien schrieb er Werkeinführungen,
legendär ist die Palmsonntags-Aufführung der
„Neunten“ von 1846. Und auch in den Symphoniekonzerten übers Jahr zeigte sich Wagner
erstaunlich offen, was das aufgeführte Repertoire anging. Nicht nur pflegte er älteres und
zeitgenössisches Orchester-Repertoire in einer
ungewöhnlich breiten Vielfalt, dirigierte neben
Gluck und Weber auch Mendelssohn, Schütz,
Palestrina, Bach, vor allem aber auch Dresdner
Namen, zum Beispiel Johann David Heinichen,
Johann Gottlieb Naumann und auch Werke
seines Amtsvorgängers Francesco Morlacchi.
Auch eine Reihe von Uraufführungen eigener Werke schenkte Wagner den Bürgern der
Elbestadt. Die „Faust-Ouvertüre“ WV 59 gehört dazu. Zum Jubiläumskonzert der damals
immerhin schon dreihundert Jahre alten Hofkapelle führte Wagner 1848 den Schluss des
Ersten Aktes seines „Lohengrin“ auf; die Premieren des „Holländer“ und des „Tannhäuser“ fanden in Dresden statt. Nach dem Tod
des Komponisten behielt die Stadt – auch und
natürlich dank der Kapelle – ihren Ruf als außergewöhnlicher Wagner-Ort bei. Ernst von
Schuch schenkte der Stadt neben den Uraufführungen der Strauss-Opern „Feuersnot“,
„Salome“, „Elektra“ und „Rosenkavalier“ auch
ein echtes Wagner-Schmuckstückchen, nämlich die Dresdner Erstaufführung des „Parsifal“; 1914 war das Dresdner Theater eines der
ersten Theater außerhalb Bayreuths, die das
Werk ins Programm nahmen. Carlos Kleibers
legendäre „Tristan“-Aufnahme fand in Dresden statt; und ebenso Marek Janowskis Gesamteinspielung des „Rings“.
Und Kurt Masur? Der kann – wenigstens
die nächsten Monate – hoffentlich besser
schlafen. Denn die Stadtoberen haben Anfang
Januar – hundertfünfzig Jahre nachdem Wagners Steckbrief im Dresdner Stadtpolizeikollegium aushing – den Bau des allerersten städtischen Konzertsaals auf den Weg gebracht.
Dr. Martin Morgenstern arbeitete unter anderem
als Lehrbeauftragter für Musikjournalismus
an den Universitäten von Bremen und Eichstätt.
Seit 2007 ist er Chefredakteur von „Musik in
Dresden“.
Semperoper, die Erste: Hier fand am 20. Oktober 1842 die Uraufführung des „Rienzi“ statt.
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RICHARD WAGNER – LEIPZIG UND DRESDEN FEIERN DEN GROSSEN KOMPONISTEN
Donnerstag, 31. Januar 2013 | Nr. 26 | Seite V6
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Der Erwählte
Christian Thielemann, Chefdirigent der Sächsischen Staatskapelle Dresden, gilt als einer der bedeutendsten WagnerInterpreten der Welt. Annäherung an einen Ausnahmemusiker.
VON MICHAEL JAKOB. Sie war da, schon immer: Die Musik
Richard Wagners ist aus Christian Thielemanns Leben nicht
wegzudenken. Von frühester Kindheit an gehörte klassische
Musik, und hier nicht zuletzt das Opernschaffen Wagners,
wie selbstverständlich zum natürlichen Umfeld im Hause
seiner Eltern in Berlin-Schlachtensee, wo der weltweit gefeierte Kapellmeister, seit vergangenem Jahr Chefdirigent der
Sächsischen Staatskapelle Dresden, aufgewachsen ist. Da erscheint es fast folgerichtig, zumindest nicht überraschend,
dass das musikalisch hochbegabte Kind früh den Wunsch
entwickelte, Dirigent zu werden – um so seine Wagner-Liebe
und Wagner-Lust nicht nur passiv auszuleben, sondern selbst
aktiver und gestaltender Part in diesem Spiel zu sein. In seinem im vergangenen Jahr erschienenen, sehr lesenswerten
und kurzweilig geschriebenen Buch „Mein Leben mit Wagner“, das auf Gesprächen mit der Musikjournalistin Christine
Lemke-Matwey beruht, gibt Thielemann beredt und anschaulich hierüber Auskunft.
Ob zuerst der Gedanke an Wagner da war oder der ans
Dirigieren, wisse er nicht mehr so genau, so Thielemann.
„Das ist in meiner Erinnerung extrem stark miteinander verquickt.“ Woran er sich erinnern kann, das sind die verschiedenen Konzerterlebnisse und Aufnahmen, die seine WagnerSucht begründen sollten: die „Walküre“ 1966 unter Karajan,
sein erster „Lohengrin“ an der Deutschen Oper und, natürlich, „Tristan“ und „Parsifal“, die er für seine Verhältnisse relativ spät entdeckt hatte, mit 13, 14 Jahren, und die ihn daher
mit umso größerer Wucht getroffen hatten. Bis „ins Mark
erschüttert“ habe ihn das Erleben dieser Stücke – als „wäre
ich in einem Vakuum groß geworden, einem wartenden
Nichts, das die Musik Richard Wagners nun sukzessive füllte“. Spätestens da war klar, wo es hinsollte. In einem Gespräch, das Thielemann 2010 mit Springer-Chef Mathias
Döpfner führte, heißt es über die Schlüsselszene für seine
Berufswahl: „Eigentlich wollte ich Organist werden, wegen
der Bachschen Klangfülle [. . .]. Aber nach ‚Tristan‘ dachte
ich: Ach, das ist noch besser. Und das macht ja der Dirigent.“
Sein offizielles Wagner-Debüt hat Thielemann mit dem
„Siegfried-Idyll“ und der frühen C-Dur-Symphonie 1983
am Teatro La Fenice in Venedig gegeben. Zwei Jahre später
leitete er eine konzertante Aufführung des „Rienzi“ am Niedersächsischen Staatstheater in Hannover. Und 1988 ergab
sich dann endlich auch – auf Einladung von Peter Ruzicka,
dem Intendanten an der Hamburgischen Staatsoper – die
Gelegenheit, den „Tristan“ zu dirigieren. „Ich wusste, dass
ich es konnte“, erinnert sich Thielemann, „aber ich wusste
natürlich auch, dass es ein enormes Wagnis war. Wenn ich
in Hamburg scheiterte, würde ich meine Karriere als Wagner-Dirigent begraben können.“ Das Wagnis ging auf. Der
Hamburger „Tristan“ war ein voller Erfolg.
Von da an folgten die Wagner-Debüts in immer kürzeren
Abständen, wurden die Engagements gewichtiger, gewann
Thielemann mehr und mehr an Statur und Format als einer
der führenden Wagner-Interpreten unserer Zeit. Nur die
Einladung auf den Grünen Hügel ließ irritierend lange auf
sich warten. Im Jahr 2000 feierte Thielemann dann endlich
auch in Bayreuth Premiere. Und was für eine! Seine
„Meistersinger“-Interpretation wurde frenetisch beklatscht,
von Joachim Kaiser wurde er in den Adelsstand erhoben:
Mit den „Meistersingern“, so der Großkritiker in der „Süddeutschen Zeitung“, habe sich Thielemann endgültig als
Dirigent gezeigt, „dessen Können, Musikalität und Kunst
wahrlich an größte Vorbilder anknüpfen“. Auch die folgenden Bayreuth-Stationen wurden von Presse und Publikum
bejubelt, sein „Parsifal“ (2001 für den erkrankten Christoph
Eschenbach) ebenso wie sein „Tannhäuser“ (2002 bis 2005)
und sein „Ring“ (2006 bis 2010 in der etwas unglücklichen
Inszenierung von Tankred Dorst). Damit war Thielemann,
wie er schreibt, „am Ziel“.
Erfüllendes Musizieren
Und heute? Dirigiert Thielemann natürlich immer noch
Wagner – bis auf den „Tristan“, für den er sich nach seiner
letzten Aufführung 2002 eine Pause bis zu den Bayreuther
Festspielen 2015 verordnet hat – und festigt mit jeder neuen
Interpretation seinen Ruf. Von „A“ wie „atemberaubend“
über „H“ wie „herausragend“ bis „Z“ wie „zeitlos“ reichen
die Adjektive, mit denen die Feuilletons ihre Elogen auf
Thielemanns Wagner-Dirigate würzen.
Was aber macht das Besondere, Einzigartige von Thielemanns Wagner aus? Es sei – neben seinem Klangsinn, seiner Fähigkeit, große Zusammenhänge zu gestalten, seinem
Gespür für Melodik, Rhythmus und Artikulation – nicht
zuletzt sein außergewöhnliches Gefühl für die spezifischen
Notwendigkeiten, die sich im Zusammenspiel von Orchester und Sängern ergeben, sagt Matthias Wollong, Erster
Liebt Wagner und Polohemden: Christian Thielemann, Kapellmeister.
Konzertmeister der ersten Violinen der Sächsischen Staatskapelle und seit vielen Jahren auch in gleicher Position Mitglied des Bayreuther Festspielorchesters. „Wie Christian
Thielemann das Orchester dazu anleitet, auf die Sänger zu
hören, mit ihnen zu atmen und sie organisch zu begleiten,
das ist schon sehr beeindruckend“, so Wollong. „Thielemann ist weder Konzertdirigent noch Operndirigent, sondern im besten Sinne beides.“ Viele große Wagner-Momente hat der Konzertmeister mit Thielemann erlebt und dabei
nie Ermüdung oder Routine feststellen können. „Jeder
Wagner mit ihm war auf seine Weise ein Erlebnis.“ Wollongs persönliches Highlight ist der Bayreuther „Siegfried“,
den das Orchester unter Thielemann in einer Weise kammermusikalisch, durchsichtig und flüssig realisierte, wie er
es nicht für möglich gehalten hätte. „Als ich aus der letzten
‚Siegfried‘-Aufführung rausgegangen bin, hatte ich das Gefühl, dass ich dieses Werk als Mitspielender nie mehr werde
besser erleben können, allenfalls anders“, erinnert sich Matthias Wollong. „Das war erfüllendes Musizieren, wie es einem auch als Profimusiker nur selten widerfährt.“
500 ZEICHEN FÜR RICHARD WAGNER
Nur 500 Zeichen? Der geniale Kapitalismuskritiker und Revolutionär brauchte für
sein unsterbliches Rheingold-Motiv neun Zeichen (Noten inklusive Violinschlüssel)
und der sich stets erneuernde Künstler für seine Schlüsselzeilen der „Meistersinger“
nur 80 (Walther: „Wie fang ich nach der Regel an?“ Sachs: „Ihr stellt sie selbst,
und folgt ihr dann.“). Das ist Richard Wagner für mich: genialer Musiker, tiefsinniger
Dichter, politischer Revolutionär. Er passt gut in unsere revolutionären Zeiten.
Dr. Klaus von Dohnanyi war von 1981 bis 1988
Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg.
INTERVIEW
„Religiöse Wirksamkeit bis heute“
Dr. Ralf Ruhnau, Leiter des Konzertmanagements der
Stiftung Frauenkirche Dresden, über das „Liebesmahl
der Apostel“, das vor 170 Jahren in der Dresdner
Frauenkirche uraufgeführt wurde – und anlässlich des
200. Geburtstags Wagners im Mai an ebendiesem
Ort wieder erklingt.
Als Auftragsarbeit für die Feier
des 100.
Geburtstags der
Dresdner
Frauenkirche
schrieb Richard
Wagner ein Werk
für Männerchor
und Orchester
– „Das Liebesmahl der Apostel“ –, dessen
Uraufführung am 6. Juli 1843 in der
Frauenkirche er selbst leitete. Welche
Stellung nimmt das „Liebesmahl“ in
Wagners Werk ein?
Wagner strebte, vom Vorbild Franz Liszt ermutigt, mit diesem Werk im Grunde hin zu
einer neuen Kirchenmusik – Kirchenmusik
auf der Schwelle zum Theater, die vom gesamten Raum, der Plastizität und der Figurensprache innerhalb der Frauenkirche inspiriert
ist. Man kann hier durchaus – in Anlehnung
an Wagners gleichnamige theoretische Schrift
– von „Zukunftsmusik“ sprechen.
scheinlich auch der Genre-Diskussion aus dem
Weg gehen – manches wurde in der Fachpresse
überpenibel hinterfragt. Das Publikum hat das
Werk begeistert aufgenommen – der Jubel nach
der Uraufführung und am Folgetag war für
Wagner sicher eine große Freude.
Wagner selbst soll das „Liebesmahl“
später nicht mehr geschätzt haben.
Ja und nein. Wir können uns den Standpunkt
Wagners aussuchen, der uns am besten gefällt.
Seine Frau Cosima hat schriftlich zwei eher
gegensätzliche Kommentare des Meisters über
dieses Werk hinterlassen: „Niemals und nirgendwo hat in einer Kirche etwas Vergleichbares stattgefunden“, soll er gesagt haben. Ein
anderes Mal nannte er das „Liebesmahl“ eine
Art „Ammergauer Spiel“.
Wie wirkt das „Liebesmahl“ in Wagners
Werk nach?
Nach Dresden hatte Wagner mit Kirchenmusik
nicht mehr viel im Sinn. „Parsifal“ als „Bühnenweihfestspiel“ ist etwas völlig anderes: Dar-
in verbindet Wagner christliche Elemente mit
mittelalterlicher Epik und keltischen Legenden,
bis hin zu fernöstlicher Exotik einschließlich
buddhistischen Bezügen. Dennoch finden sich
im „Parsifal“ Reminiszenzen an Dresden wieder – zum Beispiel das „Dresdner Amen“, eine
bestimmte liturgische Formel, die in Messen
der Katholischen Hofkirche in Dresden gesungen wurde. Und nicht wenige fühlen sich bei
den Gralsburg-Chorszenen und Glockenklängen an das „Liebesmahl“ und die Dresdner
Frauenkirche erinnert. Sie muss auf Wagner bis
zu seinem Lebensende einen unvergesslichen
Eindruck gemacht haben.
Welche musikgeschichtliche Bedeutung
hat die Frauenkirche, insbesondere in
Verbindung mit Richard Wagner?
Die Frauenkirche ist Originalschauplatz an
einem wichtigen Wendepunkt im Leben
Wagners. Denn mit seiner neuen Position
als Königlich-Sächsischer Kapellmeister
fand er endlich die öffentliche Anerkennung, die ihm seine großen Opernerfolge
ermöglichte. In seiner Dresdner Zeit war
Wagners Hinwendung zum Christlichen so
stark und ursprünglich wie nie zuvor oder
danach in seinem Leben. „Das Liebesmahl
der Apostel“ beweist das ebenso deutlich
wie seine 1848 entstandene Bearbeitung von
Palestrinas „Stabat mater“. Noch kurz vor
seiner Flucht aus Dresden 1849 fertigte
Wagner Skizzen zu einer geplanten Vertonung mit dem Titel „Jesus von Nazareth“ an.
Mir vorzustellen, was daraus geworden
wäre, bewegt mich sehr!
Das Gespräch führte Martin Morgenstern.
Wagner hat das „Liebesmahl“ explizit für
die Architektur des Aufführungsortes
geschrieben. Wie erlebt man das als
Hörer?
Wagner hat die räumlichen und akustischen
Möglichkeiten der Frauenkirche perfekt genutzt. In der Fernwirkung bestimmter Passagen wird der Kirchenraum in seiner spirituellen Einheit auf beeindruckende Weise
erfahrbar, vor allem bei der Ausgießung des
Heiligen Geistes aus der Frauenkirchenkuppel. Wagner eröffnet in seinem Liebesmahl
wahrhaft Sinnhorizonte – das ist religiöse
Wirksamkeit bis heute.
Wie wurde das „Liebesmahl“ von
Publikum und Kritik aufgenommen?
Wagner hatte das „Liebesmahl“ bewusst nicht
als Oratorium betitelt. Damit wollte er wahr-
Himmlische Töne: Die Frauenkirche ist auch ein grandioser Konzertsaal.
RICHARD WAGNER – LEIPZIG UND DRESDEN FEIERN DEN GROSSEN KOMPONISTEN
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Bayreuth des Ostens
Von Angelo Neumann über Gustav Brecher und Walther Brügmann bis hin zu Joachim Herz – Leipzig hat „Ring“-Geschichte
geschrieben. Der Herz-„Ring“ aus den siebziger Jahren gilt
noch heute als Meilenstein, an dem sich zukünftige Inszenierungen zu messen haben.
VON WERNER WOLF. Richard Wagner musste
erst 63 Jahre alt werden und viele Enttäuschungen erleiden, bevor seine Bühnenwerke
im Theater seiner Vaterstadt endlich den ihnen gebührenden Platz erhielten. Begonnen
hatte seine Entwicklung in den fünfeinhalb
Jahren, die er zwischen 1827 und 1834 in
Leipzig verbrachte, durchaus verheißungsvoll.
Im Stadttheater und im Konzertsaal des Gewandhauses erlebte er die bedeutenden Werke
des Schauspiels, der Oper und Sinfonik.
Diese Erlebnisse, dazu die vollständige Ausarbeitung der Shakespeare folgenden Tragö-
?
die „Leubald“ sowie der Kompositionsunterricht beim Gewandhausmusiker Christian
Gottlieb Müller und beim Thomaskantor
Theodor Weinlig bildeten bei arger Vernachlässigung und schließlichem Abbruch des
Schulbesuches die Grundlage für Wagners
Entwicklung.
Erste Erfolge
Mit den Konzertouvertüren in d-Moll und
C-Dur, der Ouvertüre und Bühnenmusik zu
Benjamin Ernst Salomo Raupachs Tragödie
„König Enzio“ und der dem Vorbild Beetho-
GEWINNSPIEL
Machen Sie mit bei unserem Preisausschreiben und gewinnen Sie ein Wochenende in der
Musikstadt Leipzig.
• 2 Übernachtungen für 2 Personen mit Frühstück im Superior Hotel Fürstenhof,
Leipzig.
• 1 Leipzig Card (3-Tages-Gruppenkarte), beinhaltet freie Fahrt mit dem öffentlichen
Personennahverkehr sowie Rabatte unter anderem für Museen, Veranstaltungen und
Stadtführungen.
• 2 Eintrittskarten nach Wahl für eine Wagner-Oper in der Oper Leipzig (nach Verfügbarkeit, bis Ende der Saison 2012/2013).
Und so lautet die Frage: Wie lautet der Name von Wagners erster vollendeter Oper?
a. „Rienzi“
b. „Die Feen“
c. „Das Liebesverbot“
Senden Sie die Antwort mit dem Betreff „Leipzig“ bis zum 28. Februar an
wagner@faz-mediasolutions.de. Unter allen Einsendungen wird der Gewinner
durch Los ermittelt.
vens folgenden Sinfonie C-Dur errang der
19- und 20-Jährige erste Erfolge in der von
Christian Gottlieb Müller geleiteten Konzertgesellschaft Euterpe und im Gewandhaus.
Mit seiner ersten vollendeten Oper „Die
Feen“ wollte sich der 20-Jährige nunmehr als
Opernkomponist beweisen. Doch nach anfänglichen Zusagen folgte die Ablehnung des
musikalisch anspruchsvollen, von Beethoven,
Weber und Marschner beeinflussten, in wichtigen Szenen aber durchaus schon eigenständigen Werkes. Nach dieser ersten großen Enttäuschung, die ihm das Theater seiner
Vaterstadt bereitete, ging es beim Versuch mit
der 1836 in Magdeburg uraufgeführten zweiten Oper „Das Liebesverbot“ nicht besser.
Auch der triumphale Erfolg des 1842 am
Dresdener Hoftheater uraufgeführten „Rienzi“ brachte keinen Durchbruch. Bis zur ersten
Aufführung einer Oper von Wagner in Leipzig, dem „Tannhäuser“, mussten noch elf Jahre
vergehen, ein weiteres bis zum „Lohengrin“.
Dann dauerte es acht Jahre, bis man sich endlich zur Aufführung des „Fliegenden Holländers“ aufraffte. „Rienzi“ musste noch bis 1869
warten. Da war inzwischen das Neue Theater
am Augustusplatz gebaut, in dem 1870 die
„Meistersinger“ folgten.
Doch ihren festen Platz im Repertoire der
Leipziger Oper erhielten die Werke Wagners
erst ab 1876, als August Förster die Direktion,
Angelo Neumann die Operndirektion und Joseph Sucher die musikalische Leitung übernahmen. Die herausragendste Tat war 1878, zwei
Jahre nach den ersten Bayreuther Festspielen,
die erst nach komplizierten Verhandlungen
möglich gewordene Einstudierung des Bühnenfestspiels „Der Ring des Nibelungen“. Neumann folgte dem bei Proben in der Wiener
INTERVIEW
„Mitternächte der Seele“
Josef Lienhart, von 1988 bis 2008 Präsident und
seitdem Ehrenpräsident des Richard Wagner
Verbandes International, über die Arbeit der weltweiten Wagner-Verbände, die Internationalität
von Wagners Tonsprache und sein distanziertes
Verhältnis zu Wagnerianern.
Der Richard
Wagner Verband
International hat
eine lange
Vorgeschichte.
Wie kam es zur
Gründung dieses
Vereins, der heute
Ableger auf allen
Kontinenten hat?
Richard Wagner hatte kurz vor seinem Tod
die Stipendienstiftung Bayreuth ins Leben
gerufen, die unbemittelten jungen Künstlern
das unentgeltliche Erlebnis Bayreuth möglich machen sollte. Diese Stiftung litt nach
Wagners Tod an chronischer Unterfinanzierung und krebste mehr als zwanzig Jahre fast
unbemerkt vor sich hin. Es war der Initiative
einer jungen Lehrerin aus Leipzig, Anna
Held, zu verdanken, dass die Stiftung aus
ihrem Dornröschenschlaf befreit wurde. Sie
gründete den Richard Wagner Verband deutscher Frauen mit dem Zweck, Geld einzusammeln und die ursprüngliche Stipendienidee wiederaufleben zu lassen. Das war 1909.
Dieses Datum gilt als die Geburtsstunde
unseres Verbandes.
Was ist die Aufgabe der Wagner-Verbände
heute?
Damals wie heute ist eine zentrale Aufgabe
der Verbände, die Richard-Wagner-Stipendienstiftung zu unterstützen, was letztlich
nichts anderes bedeutet, als ausgewählten
jungen Künstlern Freikarten für die Festspiele zukommen zu lassen. Daneben machen
die Verbände das, was auch andere Verbände
tun, die sich berühmten Menschen widmen:
deren Andenken wachzuhalten und das Verständnis für deren Werk zu vertiefen, zum
Beispiel durch Liederabende, Konzertbesuche und Fahrten zu interessanten Aufführungen – übrigens nicht nur von WagnerWerken. Neu hinzugekommen sind in den
vergangenen Jahren die Ausrichtung eines
internationalen Wettbewerbs für WagnerStimmen sowie die eines Wettbewerbs für
Regie und Bühnenbild.
Wie muss man sich ein typisches Mitglied
eines Wagner-Verbandes vorstellen? Ich
wage anzunehmen, dass das Durchschnittsalter relativ hoch ist.
Da haben Sie recht, aber das ist nichts Wagner-Spezifisches. Man wird einfach in jungen Jahren nicht Mitglied eines Kulturvereins, da hat man andere Prioritäten. Das
durchschnittliche Eintrittsalter liegt bei uns
bei etwas über fünfzig Jahren – das ist für
gewöhnlich die Zeit, wenn die Kinder aus
Wagners Musik ist Nervenmusik, die ans Innerste geht, sie
spricht unmittelbar die
elementaren menschlichen
Gefühle an. Das versteht
man überall auf der Welt.
dem Haus sind und man wieder mehr Zeit
und Muße hat, seine kulturellen Interessen
zu pflegen. Neuerdings gibt es jedoch verstärkt Bestrebungen, Verbände an Universitäten zu gründen, um gezielt die Jugend anzuziehen. Meine Nachfolgerin im Amt,
Professor Eva Märtson, ist hier sehr aktiv
und erfolgreich unterwegs.
Was macht das Besondere, das Universal-Faszinierende an Wagner aus, dass
es Wagner-Verbände auf der ganzen Welt
gibt, in Bangkok ebenso wie in Abu
Dhabi, Peking oder Caracas?
Wagners Musik ist Nervenmusik, die ans Innerste geht, sie spricht unmittelbar die elemen-
taren menschlichen Gefühle an, es geht um
Grundsätzliches wie Liebe und Hass, Sieg und
Niederlage, Leidenschaft und Kampf – das versteht man überall auf der Welt. Wagner bringt,
um mit Nietzsche zu sprechen, die „geheimnisvollen Mitternächte der Seele“ zum Klingen.
Natürlich geht es auch bei Bach, Mozart oder
Beethoven um menschliche Gefühle, aber nie
so Grenzen überschreitend, nie so sehr das Unterbewusste aussprechend wie etwa im „Tristan“,
in der „Götterdämmerung“ oder im „Parsifal“
mit den oftmals erschreckenden Abgründen
dieser Tonsprache. Dies blieb dem 19. Jahrhundert vorbehalten – das Formgefühl von Barock
und Rokoko zog hier noch Schranken.
Wie kamen Sie selbst zu Wagner?
Mein Vater hatte zahlreiche Schellack-Platten,
die ich schon als kleiner Junge hoch und runter gehört habe, darunter auch eine Aufnahme
des „Lohengrin“ mit Franz Völker und Maria
Müller aus dem Jahre 1936 in Bayreuth. Das
war mein „erster Wagner“, und seitdem hat
mich der Zauber seiner Musik nicht mehr losgelassen. Mit neun Jahren hatte ich dann das
Glück, meine erste Wagner-Oper live zu erleben – die „Walküre“ in einer Inszenierung von
Paul Hieber am Theater Freiburg. Diese Aufführung hat mich so fasziniert, dass ich sie zu
Hause mit meiner älteren Schwester gleich
nachgespielt habe.
Schätzen Sie neben Wagner auch andere
Komponisten?
Natürlich. Das ist mir auch ganz wichtig,
dass ich für anderes offen bin und bleibe
und keine Scheuklappenmentalität pflege.
Deshalb mag ich auch den Begriff „Wagnerianer“ nicht, denn dahinter verbirgt sich
eine ausgrenzende Form des Kunstgenusses – nach dem Motto: Neben Wagner darf
es keine anderen Götter geben. Als Vorsitzender des Richard Wagner Verbandes
International habe ich immer Wert darauf
gelegt, den Verband auch für Musik anderer
Komponisten offen zu halten. Wagner selbst
war sehr interessiert an den verschiedensten geistigen Strömungen – seine 2500 Bände umfassende Bibliothek in Bayreuth gibt
hierüber beeindruckend Auskunft – und
hat sich selbstverständlich mit der gesamten
abendländischen Musiktradition auseinandergesetzt. Eine „Heiligenverehrung“, die
nur Wagner sieht und sonst nichts, würde
der Person des Komponisten nicht gerecht
werden.
Das Gespräch führte Michael Jakob.
Die Tetralogie im Wandel der Zeit: Einhundert Jahre „Ring“-Inszenierungen an der Oper Leipzig. (Links: Otto Schelper als Wotan 1878;
rechts: András Faragó als Wotan 1974 in der legendären Joachim-Herz-Inszenierung (Szene: „Feuerzauber“ am Ende der „Walküre).
Hofoper erlebten Vorbild Wagners, den er als
einzigartigen Regisseur betrachtete. Mit dem
Leipziger Ensemble führte er den „Ring“ auch
in Berlin auf und erhielt von Wagner für sechs
Jahre das alleinige Aufführungsrecht des Werkes für Europa und Amerika. Von London bis
Petersburg und Moskau feierten 1882 bis 1883
die Theaterbesucher Wagners „Ring“ und die
Inszenierung Angelo Neumanns.
Wegweisende Inszenierungen
Mit der Erstaufführung des „Tristan“ und der
ersten vollständigen zyklischen Aufführung
der Opern Wagners von „Rienzi“ bis zur „Götterdämmerung“ verabschiedete sich Angelo
Neumann 1882 aus Leipzig. 1933 wurde der
Zyklus um „Parsifal“ und „Das Liebesverbot“
erweitert. 1938, zum 125. Geburtstag Wagners, wurden erstmals auch das Fragment
„Die Hochzeit“ und die „Feen“ aufgeführt.
Seit Angelo Neumanns Wirken, das auch
Zyklen von Mozart, Verdi, Gluck und einen
insgesamt reichen Spielplan bot, konnte sich
Leipzig neben Bayreuth als die Wagner-Stadt
verstehen. Die nach Wagners Vorbild geschaffenen Inszenierungen Neumanns bestimmten
bei mancherlei Modifikationen die Aufführungen bis 1924.
Das galt bis zu einem gewissen Grade
auch ab Mitte der 1920er Jahre für die Stilisierungen und Erneuerungen des Dirigen-
ten Gustav Brecher und des Regisseurs Walther Brügmann. Ihr für 1933 vorbereiteter
Zyklus, von dem Gustav Brecher nur noch
„Rienzi“ dirigieren durfte (bei der nächsten
Aufführung wurde er von SA-Banditen aus
dem Haus vertrieben), bildete auch die
Grundlage für die beiden Zyklen 1938.
Wolfram Humperdinck und Hans Schüler
werden nicht als Regisseure bezeichnet, sondern als Bühnenleiter.
Beim Neuanfang nach dem Zweiten Weltkrieg im Interimshaus Dreilinden bestimmten
die kleine Bühne und das Fehlen von Material
für neue Bühnenbilder weitgehend die Bühnengestaltung. Doch es war beeindruckend,
was der Bühnenbildner Max Elten und die
Kostümbildner aus wenig Material mit viel
Phantasie auf die Bühne zauberten.
Mit der Anwendung der von Walter Felsenstein entwickelten Methode des Musiktheaters
durch Joachim Herz wurde der Gedankenund Ausdrucksreichtum der Werke Wagners
viel weitgehender erschlossen als bisher. Den
Höhepunkt erreichte der Künstler 1973 bis
1976 mit seiner tiefgründigen Inszenierung
des „Rings“. Herz zeigte das Werk als Parabel,
die im Sinne Wagners Gegenwärtiges der Entstehungszeit wie auch der Gegenwart ohne
oberflächliche, billige Akzentuierungen assoziiert. Deklamation, Gesang, Mimik und Gestik eines jeden Sängerdarstellers, deren Mit-
und Gegeneinander waren ganz aus der Musik
heraus gestaltet. Kaum je waren die große Szene Loges im zweiten „Rheingold“-Bild, die
große Auseinandersetzung zwischen Wotan
und Fricka im zweiten Aufzug der „Walküre“,
die Wissenswette Wotans mit Mime im ersten
„Siegfried“-Aufzug, die Manipulationen Hagens im ersten und zweiten Aufzug der „Götterdämmerung“ so spannend und erregend
wie in den Aufführungen dieser Inszenierung
zu erleben. Es bleibt nur zu bedauern, dass davon keine Aufnahmen erfolgten, sonst würde
man auch heute nicht nur vom Bayreuther,
sondern auch vom Leipziger „JahrhundertRing“ reden.
Nach leeren Ankündigungen seiner drei
Vorgänger beginnt der jetzige Intendant Ulf
Schirmer, der als Generalmusikdirektor diese
Position erst in der zweiten Spielzeit innehat,
während der Leipziger Richard-Wagner-Festtage zum 200. Geburtstag im Mai mit „Rheingold“ einen neuen, bis 2016 zu erarbeitenden
„Ring“. Dieser wird sich an dem von Joachim
Herz inszenierten messen lassen müssen.
Prof. Dr. Werner Wolf, Ehrenvorsitzender
des Richard-Wagner-Verbandes Leipzig, war
von 1981 bis zu seiner Emeritierung im Jahr
1990 außerordentlicher Professor für Musikgeschichte am Institut für Musikwissenschaft
der Universität Leipzig.
RICHARD WAGNER – LEIPZIG UND DRESDEN FEIERN DEN GROSSEN KOMPONISTEN
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Ödipus’ Rache
Richard Wagner war nicht nur ein genialer Komponist, sondern auch
ein begnadeter Schürzenjäger. Die Liste seiner Eroberungen ist lang,
seine Neigung, in fremden Revieren zu wildern, hätte er fast mit dem
Leben bezahlt. Stationen einer lebenslangen Tour d’amour.
VON WALTER HANSEN. Wagners Frauen – da
sprudeln nur so die Namen: Cosima, Minna
Planer, Mathilde Wesendonck, Jessie Laussot, Friederike Meyer, Judith Gautier und so
weiter. Doch kein Wagner-Lexikon nennt
Friederike Galvani, die Schlüsselfigur seines
Liebeslebens, eine Sängerin italienischer Abstammung am Würzburger Stadttheater, wo
Richard Wagner ab Februar 1833, zwanzig
Jahre alt, als Chordirektor arbeitete.
Schmeichelhaftes Selbstgefühl
Friederike war mit dem ersten Oboisten des
Orchesters verlobt. Anlässlich einer ländlichen Hochzeit tanzte Wagner mit ihr, wie er
in seiner Autobiographie „Mein Leben“
schreibt, „toll durch die Reihen der Bauern,
bis die Gelegenheit es fügte, dass die allgemeine Erhitzung alle persönlichen Rücksichten auch für uns löste und wir, während der
offizielle Liebhaber zum Tanz aufspielte, uns
willkürlich herzten und küssten. Dass der
Bräutigam beim Gewahrwerden der zärtlichen Unbefangenheit, welche Friederike mir
zuwendete, sich traurig, aber nicht eigentlich
verhindernd in sein Los fügte, weckte zum
ersten Male in meinem Leben ein schmeichelhaftes Selbstgefühl.“
Psychologen sehen in diesen Zeilen eine
später nie wieder eingestandene Bizarrerie
Wagners: dass es ihm nicht nur um die Eroberung einer Frau ging, sondern – und vielleicht vor allem – um den Sieg über einen
Nebenbuhler. Grund dafür sei eine seit der
Kindheit nicht bewältigte Ödipus-Konstellation: libidinöse Mutterbindung, Rivalitätsverhalten gegenüber dem Stiefvater. Als solchermaßen „geschädigter Dritter“ neige
Wagner notorisch dazu, anderen Männern
die Frauen wegzunehmen.
Mit Erfolg, wie seine lebenslange Tour
d’amour bewies: Minna Planer beispielsweise,
Tochter eines Dresdner Stabstrompeters, war
mit Alexander von Otterstedt verlobt – bis
sie Wagner im Juli 1834 kennenlernte. Der
verführte und heiratete sie. Nun betrog Minna ihn und er sie. Einer seiner Seitensprünge
führte ihn nach Bordeaux zu Jessie Laussot,
mit der er „die gänzliche Flucht aus der Welt“
(„Mein Leben“) plante. Was immer er damit
meinte – es bleibt uns ein Rätsel. Denn der
betrogene Ehemann, ein pomadisierter Weinhändler, vereitelte den Plan, indem er Wagner
erst zu erschießen drohte, dann samt Jessie
mit unbekanntem Ziel verreiste und schließlich – sicher ist sicher – Wagner auch noch die
Polizei auf den Hals hetzte. Der kühlte ab und
kehrte heim zu seiner Minna.
Diese Episode zeigt beispielhaft: Wagners
Liebesleben war überwiegend chaotisch,
mitunter auch kurios. Die meisten Frauen
hatten keinen nachhaltigen Einfluss auf sein
Leben und sein Werk – bis auf zwei: Cosima, ursprünglich mit Wagners Freund und
Bewunderer Hans von Bülow verheiratet,
wurde seine zweite Ehefrau, Mutter seiner
Kinder, wichtigste Mitarbeiterin und nach
seinem Tod die „Herrin von Bayreuth“. Ihre
Tagebücher sind von zeitgeschichtlichem
Wert. Und dann Mathilde Wesendonck, verheiratet mit einem steinreichen Seidenhändler. Aus der über Jahre gereiften Liebe zu ihr
schöpfte Wagner die kreativen Kräfte für ein
Werk von epochaler Bedeutung: „Tristan und
Isolde“.
Kein Happy End für Tristan
Wagner lernte Mathilde Wesendonck 1852
während seines schweizerischen Exils in
Zürich kennen. Sie war 23 Jahre alt, eine
zierliche vielgerühmte Schönheit. Mit ihrem
13 Jahre älteren Mann und der zweijährigen
Tochter Myrrha wohnte sie in einer Suite
des Luxushotels „Baur au Lac“. Otto Wesendonck, ein blonder Hüne vom Niederrhein,
erwies sich als Bewunderer und spendabler
Mäzen des von Geldsorgen zerschabten Richard Wagner, was den nicht hinderte, mit
der Gattin des Gönners eine Liebesbeziehung anzufangen – heimlich und vorerst
auf Distanz.
1854 fiel Wagner „Die Welt als Wille und
Vorstellung“ von Arthur Schopenhauer in die
Hände. Fasziniert von dessen Erlösungsethik
und Todessehnsucht, kam ihm ein Epos in
den Sinn, das er vor Jahren schon einmal in
Dresden gelesen hatte: Gottfried von Straßburgs „Tristan und Isolde“, verfasst um 1210,
die Geschichte von Tristan, der König Marke
zur Treue verpflichtet ist, aber dessen Gemahlin Isolde liebt – die Geschichte von Wagner
und Mathilde!
Gelegenheit durch Nähe
mit der „Tristan“-Dichtung. Mathilde las
täglich, was Wagner schrieb. Am 18. September war er am Schluss angelangt: König
Marke verzeiht, will die Liebenden vereinen, doch Tristan, vom Verräter Melot verletzt, stirbt in Isoldes Armen, und sie sinkt
sterbend über ihn.
Am selben Abend noch überreichte er Mathilde die Urschrift: „Da zum ersten Mal wurde
sie machtlos und erklärte mir, nun sterben zu
müssen“, so Wagner in einem Brief an seine
Schwester Klara. Die Liebe brach sich Bahn.
Eine verbotene Liebe, skandalös und schuldbeladen, eine Liebe voller Sehnsucht und ohne
Hoffnung.
Aufgewühlt von dieser Passion, begann
Wagner, „Tristan und Isolde“ zu komponieren. Er fand zum „Geheimnis meiner musikalischen Form, von der ich kühn behaupte,
dass sie in solcher Übereinstimmung und
jedes Detail umfassenden Ausdehnung noch
nicht auch nur geahnt worden ist“, wie Wagner in einer Notiz an Mathilde schrieb. Was
er andeutete, war eine bisher noch unerhörte Tonsprache: Am Anfang der Tristan-Akkord, mystisch, dämonisch, ein SpannungsAkkord, in dem sich Liebessehnsucht und
Verdammnis programmatisch mischen.
Dann die durch das ganze Werk strömende
unendliche Melodie mit subtil verwebten
Leitmotiven, die nuancierte Tonfärbung, der
ekstatisch überwölbte Orchesterklang, die
musikalische Ausleuchtung seelischer Zerreißproben.
Erste und einzige Liebe
Während der Orchestrierung des zweiten Aktes, am 7. April 1858, flog die Beziehung auf.
Minna zog nach Dresden, Otto Wesendonck
verzieh seiner Frau. Wagner reiste nach Venedig, komponierte dort weiter an seinem „Tristan“, in Gedanken immer bei Mathilde. „Sie ist
und bleibt meine erste und einzige Liebe“
schrieb er Eliza Wille, einer Freundin aus Zürcher Tagen.
„Tristan und Isolde“ wurde am Königlichen
Hof- und Nationaltheater zu München uraufgeführt, protegiert und finanziert von König
Ludwig II., dirigiert von Hans von Bülow, bejubelt und verrissen von den Kritikern. Das
Datum der Uraufführung – 10. Juni 1865 – gilt
als Beginn der „musikalischen Moderne“.
DREI FRAGEN AN:
Dr. Wolfgang Hocquél
Geschäftsführer der Kulturstiftung Leipzig
Am 21. Mai wird in der Alten
Nikolaischule, die Wagner von 1828
bis 1830 besucht hatte, die Dauerausstellung „Der junge Richard
Wagner, 1813 bis 1834“ eröffnet.
Welches Konzept steht dahinter?
Die Ausstellung konzentriert sich ganz auf
den jungen Wagner, seine Jugend in Dresden und Leipzig, die prägenden Bildungseinflüsse, die er hier erfahren hat, sowie
seine musikalische Ausbildung. Es ist das
erste Mal, dass im Rahmen einer Ausstellung Leben und Werk des jungen Wagner
umfassend dargestellt und musikwissenschaftlich bewertet werden.
Welche Erkenntnisse kann der
Besucher gewinnen?
Wir zeigen, dass Wagner, als er als
21-Jähriger Leipzig verließ, bereits ein
weitgehend ausgebildeter Komponist und
Dirigent war. Er hatte zu dieser Zeit bereits eine erstaunliche Zahl an Werken
komponiert, die zum Teil auch schon in
Leipzig aufgeführt wurden.
Welche Exponate werden zu sehen
sein?
Es wird reichhaltiges Bildmaterial geben, das unter anderem auf rund 70
Leuchttafeln und Touchscreens präsentiert wird, dazu gibt es zahlreiche
Hörstationen, an denen sich der Besucher einen Eindruck von Wagners Frühwerken verschaffen kann. Abschluss
und Höhepunkt der Ausstellung bilden
Filmsequenzen zur Wagner-Rezeption
in Leipzig, unter anderem von der aktuellen „Feen“-Inszenierung von Barbe &
Doucet.
Die Frauen seines Lebens (Auswahl): Mit Minna Planer, Mathilde Wesendonck und Cosima Bülow (von links) unterhielt Richard Wagner mehr oder
weniger intensive und lange Beziehungen. Der Komponist schien Freude daran zu haben, Nebenbuhlern Hörner aufzusetzen.
1857 bezogen Wesendoncks und Wagner mit
Minna zwei benachbarte Häuser auf dem
Grünen Hügel von Zürich. Nun mussten sich
Liebe und Gewissenskonflikte zuspitzen, einfach dadurch, dass Wagner Mathilde täglich
besuchen konnte, begünstigt durch die häufigen Geschäftsreisen des nach wie vor arglosen
und höchst spendablen Ehemannes.
Tristan und Isolde auf dem Grünen Hügel! Das Thema, aktuell geworden, drängte
Wagner zur Umsetzung als Musikdrama. Er
brach die Kompositionsarbeit am „Ring des
Nibelungen“ ab und begann am 20. August
Trompeten für den „Lohengrin“
Hinterfragen statt glauben
Richard Wagner hat zur Entwicklung und zum
Im Jubiläumsjahr laufen auch die Wissenschaften auf
Bau zahlreicher neuer Instrumente beigetragen.
Denn für die Realisierung seiner klar definierten
klanglichen Vorstellungen reichte das Instrumentarium
seiner Zeit nicht aus.
VON BIRGIT HEISE. Zeit seines Lebens trug sich
Wagner mit Ideen zu neuartigen musikalischen
Effekten oder Instrumenten mit größerem Tonumfang und mehr Klangfülle. Aus dem Bayreuther Orchestergraben, jenem „mystischen
Abgrund“, hört man immer wieder überraschende tonmalerische Akzente und Geräusche.
So dürfte dem Wagner-Kenner neben der weitverbreiteten Horntube („Wagnertuba“) das eindrucksvolle Hämmern von 18 Ambossen im
„Rheingold“ ebenso geläufig sein wie das spezifische Timbre der „Beckmesser-Harfe“.
Doch reichten Wagners Intentionen weiter.
Bei näherem Hinsehen erweist sich sein phantasievoller Umgang mit dem Instrumentarium
seiner Zeit als besonders kreativ. Nach seinen
Plänen entstanden zum Beispiel die Altoboe und
das Gralsglocken-Klavier, baute man Bass- und
Lohengrintrompeten, und selbst der Gebrauch
des einzelnen, angehängten Beckens ging maßgeblich auf Wagners Anregungen zurück: Mit
Paukenschlägeln bedient, illustriert es im „Ring
des Nibelungen“ das glitzernde Gold und flimmernde Licht auf eine raffinierte, bis dahin nicht
bekannte Weise. Dabei trieb ihn nicht die Sucht
nach immer neuen Effekten, wie er selbst betonte, sondern das Streben nach besonderen, dem
jeweiligen dramatischen Geschehen seiner
Opern angepassten Klangfarben.
Mit Orchesterinstrumenten kannte sich
Wagner aus. Seine Erfahrungen bezogen sich
dabei hauptsächlich auf spieltechnische Möglichkeiten, nicht unbedingt auf bauliche De-
tailfragen. So vermittelte er den Herstellern
seine ungefähren klanglichen Vorstellungen
mit der Bitte, sich um deren Verwirklichung zu
bemühen. Ganz ähnlich einem Alphorn müsse
das Instrument des Hirten im „Tristan“ klingen,
schrieb Wagner in der Partitur. Das Glockenspiel für die „Meistersinger“ sollte mit „richtigen Glocken“, das heißt mit Schalen anstelle von
Stäben, ausgestattet sein, so eine weitere Angabe des Komponisten. Als Zupfinstrument zur
Begleitung von Beckmesser („Meistersinger“)
ließ Wagner eine „kleine Stahlharfe nach meiner Erfindung“ anfertigen, so dass der Opernsänger auf einer Lautenattrappe „spielte“, während aus dem Orchestergraben die kräftige, mit
Stahlsaiten bespannte Harfe ertönte.
Für die Realisierung seiner klar definierten
akustischen Vorstellungen, aber auch für die
Anschaffung qualitätvoller Musikinstrumente
war der Komponist auf den Austausch mit den
Instrumentenbauern angewiesen. An Gelegenheiten für Begegnungen mangelte es bei seinem
abenteuerlichen Leben mit vielen Ortswechseln nicht. Schon in seiner Geburtsstadt Leipzig
musste Wagner beim Durchqueren der Innenstadt zwangsläufig einige der etwa 35 Werkstätten passieren. Sein erster eigener Konzertflügel
stammte dann auch von dem Leipziger Unternehmen Breitkopf & Härtel. Modernste Blasinstrumente bot Christian F. Sattler in der Querstraße. Es ist sicher kein Zufall, dass Wagner
später für die Dresdner Hofkapelle einen ganzen Satz Posaunen ausgerechnet dort bestellte.
An der Pariser Opéra traf er auf den berühmten Adolphe Sax, den Erfinder des Saxophons und Inhaber einer riesigen Blasinstrumentenfabrik. Wagner bezeichnete ihn
schlicht als „schrecklichen Menschen“, verdankte ihm aber wichtige Impulse für spätere
Sonderanfertigungen wie die Basstrompete
oder die Kontrabass-Posaune. Von entscheidender Bedeutung wurden außerdem im
Jahre 1862 die wenigen in Wiesbaden verbrachten Monate: Aus seinen Besuchen in der
Werkstatt der Familie Heckel ergab sich eine
jahrelange Kooperation, die in der Kreation
zahlreicher Modelle, vom Kontrafagott bis
zum Heckelphon und zur Tristan-Schalmei,
gipfelte. Wagners Neugier auch am handwerklichen Entstehungsprozess schien geweckt: So
soll er, wenngleich mit geringem Erfolg, das
Drechseln selbst ausprobiert haben.
Im benachbarten Mainz wurde der Komponist bei den Gebrüdern Alexander vorstellig.
Die erfahrenen Meister für den Bau hochwertiger Hörner und Trompeten entwickelten mit
Wagner erste Ideen für die spätere „Wagnertuba“. Interessant, was man innerhalb dieser
Familie mündlich übermittelte: Wagner habe
immer bereits konkrete Klangfarben „im
Ohr“ gehabt und fieberhaft nach Möglichkeiten für deren Umsetzung gesucht.
Bis in die späten Schaffensjahre zeigte sich
Wagner an Neuerungen und Experimenten interessiert und schuf mit den Bayreuther Instrumentenbauern Steingraeber und Stengel exklusive Klanggeräte. Doch bekam es Wagner
zuletzt nochmals mit Werkstätten aus seiner
Geburtsstadt Leipzig zu tun: Aus der sächsischen Metropole ließ er besondere Hebelpauken für sein Festspielorchester anliefern, und
für den Parsifal forderte er den vom Gewandhausbassisten Carl Otho entwickelten Kontrabass mit zusätzlicher fünfter C-Saite.
Dr. Birgit Heise ist Kustodin des
Grassimuseums für Musikinstrumente der
Universität Leipzig.
VON KUHGLOCKEN UND BECKMESSER-HARFEN
In einer Sonderausstellung im Leipziger Grassimuseum, das Deutschlands größte und
reichste Musikinstrumentensammlung beherbergt, finden sich erstmals alle Musikinstrumententypen vereint, die mit Wagners Œuvre in direkter Verbindung stehen. Dazu zählen
die originalen Pauken des Bayreuther Festspielhauses, ein Ibach-Flügel Modell Wagner, ein
Gralsglocken-Klavier und weitere Fertigungsteile des Bayreuther Klavierbauers Steingraeber, eine Altoboe sowie Blasinstrumente, die zu Uraufführungen der Opern erklungen
waren. Die Ausstellung mit dem Titel „Goldene Klänge im mystischen Grund – Musikinstrumente für Richard Wagner“ hält auch eine Reihe besonders ausgefallener Exponate bereit
wie zum Beispiel Windmaschinen und Kuhglocken (Wagner schwärmte in einem Brief aus
Luzern für deren Klang) sowie eine Drehorgel mit dem „Tannhäuser“-Marsch. Eine solche
hatte Wagner voller Rührung in Wien spielen hören.
„Goldene Klänge im mystischen Grund – Musikinstrumente für Richard Wagner“,
Sonderausstellung im Grassimuseum für Musikinstrumente der Universität Leipzig,
17. Mai 2013 bis 31. Januar 2014.
Walter Hansen ist Schriftsteller und lebt in
München. Er ist Autor von „Richard Wagner.
Sein Leben in Bildern“ sowie „Richard Wagner.
Biographie“ (beide dtv).
Hochtouren. Es ist zu hoffen, dass sie sich nicht vom
Wagner-Hype infizieren lassen, sondern ihrer Aufgabe
gerecht werden: sich differenziert und distanziert mit
einem komplexen Thema auseinanderzusetzen.
VON HELMUT LOOS. Es ist schon ein richtiger
Hype, der sich zum Jubiläumsjahr 2013 um Richard Wagner ankündigt. Dass Künstler und
Kultureinrichtungen die öffentliche Aufmerksamkeit nutzen, die runde Gedenkjahre mit
sich bringen, ist legitim und nur zu gut verständlich, strahlt doch ein Stück des Glanzes
vom gefeierten Jubilar auch auf seine berufenen
oder unberufenen Diener ab. Auch die Wissenschaft lässt sich die Gelegenheit nicht entgehen,
sich ein Stück vom Kuchen abzuschneiden,
und wartet mit großangelegten Projekten auf.
Nachdem die Gesamtausgabe der Kompositionen Richard Wagners nahezu abgeschlossen
ist und die Edition seiner sämtlichen Briefe bereits mehr als die Hälfte des projektierten Umfangs geschafft hat, ist pünktlich zum Jubiläumsjahr ein neues Großprojekt in Angriff
genommen worden, die historisch-kritische
Neuausgabe von Wagners gesammelten Schriften. Bei diesen Langzeitprojekten handelt es
sich um Grundlagenforschung, die jeder weiteren Beschäftigung mit Wagner eine verlässlichere Basis bietet, als sie bislang gegeben ist.
Die Reflexion der Ergebnisse und die Sammlung der zahllosen Einzelforschungen, die abseits der Großprojekte allerorten betrieben
werden, ist die Aufgabe internationaler Konferenzen, die wiederum im Jubiläumsjahr Hochkonjunktur haben. Bereits in Vorbereitung des
Ereignisses haben sich die Universitäten von
Bayreuth, South Carolina und Basel zu einem
Projekt „WagnerWorldWide 2013“ zusammengeschlossen, das eine online verbreitete „Ring“Vorlesung und mehrere Konferenzen enthält:
im Juni 2012 am Shanghai Conservatory of
Music, im November 2012 an der Universität
Bern, Anfang Februar 2013 an der University
of South Carolina und im Dezember 2013 an
der Universität Bayreuth (Schloss Thurnau).
Erklärtes Ziel ist es, „der Aktualität Wagners
auf die Spur“ zu kommen.
Unabhängig davon fand im Juli 2012 in
Bayreuth eine Konferenz über „Verstummte
Stimmen. Die Bayreuther Festspiele und die
Juden 1876 bis 1945“ im Zusammenhang mit
der gleichnamigen Ausstellung bei den Festspielen statt. Im Jubiläumsjahr selbst werden
zwei internationale Konferenzen in Sachsen
veranstaltet. Im Januar startet die Technische
Universität Dresden mit klar ortsbezogener
Thematik „Wagner in Dresden – Wagner und
Dresden – Wagner-Interpretation heute“.
Zum großen Kongress der Wagner-Verbände
im Mai veranstaltet die Universität Leipzig
eine sechstätige Konferenz „Richard Wagner. Persönlichkeit, Werk und Wirkung“. Die
Thematik ist breit gefächert, es geht um das
kompositorische und das literarische Werk
Wagners sowie in besonderem Maße um die
Rezeptionsgeschichte, wobei ein besonderer
Schwerpunkt auf Mittel- und Osteuropa gelegt wird. Mit teilweise schlagkräftigen Titeln,
eigenem Logo und spektakulär aufgepeppten
Ankündigungstexten reihen sich die Konferenzen in den Wagner-Hype ein, so dass sich die
Frage aufdrängt, welche Rolle die Wissenschaft
eigentlich in diesem Zusammenhang spielt.
Es käme sicher einer Bankrotterklärung
gleich, schlösse sich die Wissenschaft distanzlos unkritischer Kulturbegeisterung an und
böte kein eigenes Profil in ihrer Beschäftigung
mit Richard Wagner. Kritische Distanz reicht
dafür nicht aus. Längst hat sich die kritische
Wagner-Interpretation in der künstlerischen
Auseinandersetzung mit seinen Werken etabliert, im Feuilleton ist Wagners Antisemitismus ein Dauerbrenner.
Hilfreicher Blick von außen
Grundsätzlich ist zunächst zu klären, inwieweit die Wissenschaft dazu berufen ist, dieser
aktuellen Auseinandersetzung rezeptionsästhetisch begründete Richtungen vorzugeben
beziehungsweise vorliegende Zeugnisse nach
ihren Maßstäben zu bewerten. Eine Wissenschaft von der Kunst im emphatischen Sinne,
kurz genannt auch Kunstwissenschaft in emphatischem Sinne, hat sich nichts weniger als
genau diese Aufgabe auf ihre Fahnen geschrieben. Das Beispiel Wagner eignet sich sehr gut
dazu, die Abhängigkeiten aufzuzeigen, in die
sich diese Wissenschaftssparte begibt.
In Wagner kulminiert die romantische Musikauffassung, er hat alle ihre Elemente begierig
aufgegriffen und in einzigartiger Weise in seiner
Person und seinem Werk überhöhend konzentriert. Dies beginnt mit seiner Beethoven-Auffassung und führt über den Kult des Originalgenies und die Sakralisierung der Tonkunst zur
Perfektionierung der Musik als Kunstreligion.
Das Säkularisierungstheorem ungebrochenen
Fortschrittsglaubens findet in Wagner einen so
wirkungsmächtigen Vertreter, dass er zum Stif-
Die Fragen stellte Michael Jakob.
ter einer eigenen Kunstreligion avancieren
konnte, deren Geschichtsnotwendigkeit allzu oft
wissenschaftlich zu begründen versucht wurde
und mehr oder weniger verdeckt viele wissenschaftliche Arbeiten determiniert hat.
Wissenschaft aber, will sie mehr sein als die
Glaubenskongregation Wagnerscher Kunstreligion, erfordert die Hinterfragung der Prämissen
und die Analyse der Wirkungszusammenhänge, die derartigen Kunstphilosophien zugrunde
liegen. Der Blick von außen kann sehr hilfreich
sein, und so zeigt gerade die Rezeption Wagners
in Mittel- und Osteuropa, wie stark sein Werk
als Höhepunkt menschlicher Evolution angesehen und zum Maßstab des kulturellen Entwicklungsstands verschiedener Nationalkulturen
genommen wurde. Entsprechende kulturdarwinistische Vorstellungen prägten einen Weltkrieg der Nationalkulturen, der gerade auch in
musikwissenschaftlicher Literatur ausgetragen
wurde. Es bleibt abzuwarten, inwieweit die Wissenschaft im Jubiläumsjahr alten Denkmustern
verhaftet bleibt oder den Weg einer differenzierteren, distanzierten Aufbereitung des vielschichtigen Komplexes Richard Wagner und
seine Rezeption weiterzugehen bereit ist.
Prof. Dr. Helmut Loos ist Inhaber des Lehrstuhls für Historische Musikwissenschaft an
der Universität Leipzig.
IMPRESSUM
Richard Wagner
Leipzig und Dresden feiern
den großen Komponisten
Verlagsbeilage
Frankfurter Allgemeine Zeitung
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60327 Frankfurt am Main, 2013
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Weitere Detailangaben siehe Politik, Seite 4
Verwendete Fotos:
S. 1: Bianchetti/Leemage; S. 2: Stadtgeschichtliches Museum Leipzig (2), Jens Dauterstedt;
S. 4: Bildarchiv Bayreuther Festspiele, Bayerischer
Rundfunk/Marek Vogel, Staatliche Kunstsammlungen Dresden/Deutsche Fotothek, S. 6: Matthias
Creutziger, Stiftung Frauenkirche Dresden;
S. 7: Stadtgeschichtliches Museum Leipzig,
Helga Wallmüller; S. 8: akg-images, Marion Wenzel.