wir 2/2016 - St. Gallus

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wir 2/2016 - St. Gallus
wir
2 2016
wichtig. informativ. regional.
aus der St. Gallus-Hilfe
> Schwerpunkt:
Unsere Mitarbeiter
2
inhalt
editorial
3 Leitartikel
3 Termine
4 91 Mitarbeiter für Treue geehrt
5 Neue Ansprechpartner
6 „Mittendrin“ – Fest der Begegnung
Jörg Munk
Geschäftsführer
6 Namensgeber: Der Heilige Ulrich
Förderverein der St. Gallus-Hilfe
7 Brass-Band mischt musikalisch mit
Schwerpunkt:
Unsere Mitarbeiter
8 Wandel braucht Menschen
10 Was Neues zum Schluss
11 Gemeinsam hochmotiviert
12 Engagierte Pioniere am Werk
14 Wenn Begeisterung ansteckt
15 Halt geben mit Spiritualität
16 Sie kamen, sahen, blieben da
18 Raus aus dem Alltag mit Hip-Hop
Fachlich – menschlich – gut
19 Protestaktionen zum 5. Mai
20 Teilhabe durch Kommunikation
22 „Das habe ich selbst geschafft“
23 Gaumenschmaus, der es in sich hat
24 Neue Häuser in Kommunen
25 Neue Arbeitsstätten
26 Kung Fu Projekt stärkt Jugendliche 27 Das neue Buch mit Kinderrechten
28 St. Gallus-Hilfe im Überblick
28 Impressum
Titelfoto:
Die Brass-Band in Rosenharz übt fleißig.
Foto: Lioba Scheidel
Liebe Leserin, lieber Leser,
was wäre ein Unternehmen ohne seine Mitarbeiter? Ganz einfach: Es wäre
keins. Dennoch werden Mitarbeiter im gefüllten, komplexen Berufsalltag viel zu
oft nicht so wahrgenommen, wie sie wahrgenommen werden sollten: als unverzichtbarer Teil des Ganzen, ohne den es nicht (gut) funktionieren würde.
Aus diesem Grunde möchten wir in den nächsten zwei Ausgaben der „wir“ die
Mitarbeiter der St. Gallus-Hilfe in den Mittelpunkt stellen. Jeder einzelne der
rund 1400 Mitarbeiter leistet mit seinen Fähigkeiten und seiner Persönlichkeit
einen besonderen Beitrag bei unserer Aufgabe, Menschen mit Einschränkungen
zu begleiten. Sie gestalten so unser Unternehmen, mehr noch: Sie sind das Unternehmen. Unterstützt werden sie von 750 Ehrenamtlichen. Wir können diese
„vielen Gesichter“ der St. Gallus-Hilfe nicht alle in zwei Heften präsentieren.
Das versteht sich von selbst. Aber einige möchten wir Ihnen vorstellen. Egal ob
durch die Tätigkeit eher im „Rampenlicht“ oder im Hintergrund: Ihnen allen gilt
unser Respekt und unser Dank!
Im aktuellen Heft erlauben wir uns zunächst einen Rückblick, der zeigt, welche
Anforderungen noch vor einiger Zeit an Mitarbeiter gestellt wurden. Heute fühlen sich Mitarbeiter manchmal durch ihre vielseitigen Rollen zerrissen und müssen im Arbeitsalltag laufend ihre Balance finden. Wir stellen einen Gruppenleiter
vor, der über viele Jahre die Weiterentwicklung der St. Gallus-Hilfe begleitet.
Langjährige Mitarbeiter ergänzen sich oft gut mit Berufseinsteigern. Jeder kann
vom anderen lernen, wenn er denn bereit ist, wie das Beispiel zweier Lehrerinnen der Don-Bosco-Schule zeigt. Auch ein Mitarbeiter des Pastoralen Dienstes,
der Menschen religiös und spirituell begleitet, wird vorgestellt. Und junge Mitarbeiterinnen, die über fetzige Projekte Abwechslung in den Alltag bringen, wie
eine angehende Jugend- und Heimerzieherin im Berufspraktikum.
Jörg Munk
3
3
termine
Leitartikel
Sommer, Sonne und Barrieren…
Sommerzeit ist Ferienzeit: Bald stehen für viele die langen Sommerferien ins
Haus. Wer gesund an Leib und Seele ist, hat wenig Mühe, diese zu gestalten.
Vielleicht stellt sich die Frage, ob es lieber Ruhe am Strand oder mehr Action
in den Bergen sein soll. Ein Blick in den Reisekatalog, vergleichen, auswählen – ganz nach eigenem Gusto. Eine der Barrieren könnte allenfalls das
finanzielle Polster sein.
Doch wie ergeht es Menschen mit einer Behinderung bei der Urlaubsplanung. In diesem Jahr stand der Protesttag der Menschen mit Behinderung
am 5. Mai – koordiniert von Aktion Mensch – unter dem Motto „Barrierefreiheit in den Kommunen“. Bordsteinkanten und Treppen als Barrieren können Gesunde sich gerade noch vorstellen. Weniger vorstellbar wird es schon,
wie mit dem E-Rolli in die Bahn oder den Flieger zu kommen ist. Geschweige denn in das familiengeführte schnuckelige Hotel, das keinen Lift besitzt.
An diesen wenigen Beispielen wird deutlich: Nicht die Einschränkungen der
Menschen schränken sie ein, sondern die äußeren Umstände.
Umso erfreulicher ist es daher, dass in Internet-Portalen barrierefreie Hotels
und Unterkünfte zu finden sind. Informationen zu Aktivitäten liefern diese
gleich mit. Noch erfreulicher ist es aber, dass es Menschen gibt, die diese
Einschränkungen umkehren. Die Menschen mit einer Behinderung etwas
zutrauen – und am Ende auch zumuten. Aber genau daraus entsteht Spaß,
Freude und ein neues Lebens- und Selbstwertgefühl, das die eigene Persönlichkeit stärken kann. Tobias Michelsen von der Wassersportschule und
„Sail United e. V.“ ist sich sicher, dass blinde Menschen Windböen schneller
wahrnehmen. Diese Erfahrung machte er schon während seines Studiums in
den 80er Jahren, als blinde Kommilitonen auf ihrem Surfbrett bei Wettfahrten gnadenlos an ihm vorbeizogen. Aber auch Jugendlichen mit körperlicher
und geistiger Behinderung will er den Umgang mit dem Lenkdrachen beibringen, um dann mit ihnen auf dem Katamaran durch die Ostsee zu segeln.
Ambitioniert, sicher. Ein Beispiel dafür, dass die Barrieren zunächst im Kopf
zu finden sind. Mutig, wer sie zerschlägt und weniger an Einschränkungen,
sondern an die individuellen Fähigkeiten der Menschen glaubt.
Eine Barriere bleibt aber meist immer noch. Die Finanzierung. Viele Projekte
sind eher selten regelfinanziert. Gegen Barrieren könnte aber jeder einzelne
angehen, indem er solche Projekte unterstützt. Der eigene Urlaub könnte
dadurch noch schöner werden.
Anne Oschwald
Redakteurin
Übrigens: Auch der Förderverein der St. Gallus-Hilfe unterstützt viele Projekte, darunter auch Freizeitaktivitäten (S. 7).
24. Juni 2016
Sommerfest
BadWaldsee
26. Juni 2016
Sommerfest
Leutkirch
9. Juli 2016
Fußballturnier
Liebenau
10. Juli 2016
LiebenauerSommerfest
Liebenau
16. Juli 2016
10JahreBregenzerStraße
Wangen
18. September 2016
Hildegardfest
Hegenberg
2. Oktober 2016
ErntedankfestmitFrühschoppen,
Mittagessen
Liebenau
1. November 2016
Gräberbesuch
Liebenau
1. November 2016
EwigeAnbetung
Rosenharz
9. November 2016
Martinsfeier
LiebenauundHegenberg
15. November 2016
Ev.GottesdienstzumBuß-undBettag
Rosenharz
27. November 2016
Weihnachtsmarkt
Rosenharz
24. Dezember 2016
Krippenfeier
Liebenau,Hegenberg,Rosenharz
25. Dezember 2016
Festgottesdienst
Rosenharz
31. Dezember 2016
Jahresschlussandacht
Rosenharz
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91 Mitarbeiter feiern Jubiläum in St. Gallus-Hilfe
Menschlichkeit hat viele Gesichter
LIEBENAU – Insgesamt 2 375 Dienstjahre werfen
91 Mitarbeiter der St. Gallus-Hilfe zusammen in die
Waagschale, die für ihre langjährige Treue geehrt wurden. „Das ist eine stolze Zahl“, sagte Markus Schaal,
Kaufmännische Leitung, der zusammen mit seinen
Geschäftsleitungskollegen Christine Beck und Markus
Wursthorn als Dank ein Fest für sie gestaltete.
Die St. Gallus-Hilfe selbst hatte im vergangenen Jahr ein
Jubiläum – sie wurde 20 Jahre alt. „Eingebettet in den
Stiftungsverbund ist sie zu einer selbstverständlichen und
verlässlichen Größe geworden“, sagte Markus Schaal.
Sie betreut, unterstützt und berät rund 2 000 Menschen.
Bekannt ist sie für ihr tief verankertes Fachwissen und
dafür, dass sie sich an den individuellen Bedürfnissen jedes
Einzelnen orientiert und auf der Basis des christlichen
Menschenbildes seine Würde respektiert. „Darauf können
Sie, liebe Jubilare, stolz sein. Sie haben diese Entwicklung
mitgeprägt und mitverantwortet.“ Kompetent, flexibel und
mit der richtigen, zugewandten Haltung seien die Jubilare
Ansprechpartner für beeinträchtigte Menschen. „Danke
für Ihre tägliche Menschlichkeit“, so Schaal. Außerdem
würdigte er Bereitschaft, Flexibilität und das Interesse, sich
immer wieder auf Neues einzustellen.
„2 375 Dienstjahre stehen für geballte fachliche Erfahrung
und die Verbundenheit mit der St. Gallus-Hilfe als Arbeitgeber“, dankte Peter Brauchle im Namen der Mitarbeitervertretung (MAV). Er wünschte den Jubilaren, dass die
positiven Erfahrungen in dieser Zeit überwogen haben.
Jahrzehntelange
Arbeit zum Wohle
von Menschen
mit Behinderung:
91 Mitarbeiter
der St. GallusHilfe feierten ihr
Dienstjubiläum.
Foto: Wörner
20 Jahre: Marion Behrendt, Elke Breitzke, Pia Broß, Brigitte Dams, Susanne Eiermann, Tobias Engenhorst, Maria
Ferreira, Martina Frosch, Christoph Graef, Dolores Gregoric, Günther Heine, Edmund Heine, Dietmar Hillebrand,
Gudrun Kallfass-Daniels, Silvia Kugel-Harant, Theodor Lipp,
Ursula Pfau, Nicole Quinting, Torsten Rapsch, Hans-Peter
Schlecker, Verena Schuster, Ekkehard Späth-Löffler, Zvezdanka Velkovska
25 Jahre: Christine Barth, Isabella Beig, Thomas Damte,
Petra Friedrich, Christoff Gerath, Annette Gostner, Jannette
Gwinn, Holger Immisch, Markus Kaiser, Michael Kindler,
Melanie Kleck, Petra Klose, Hermann Kocheise, Manuela Lämmle, Agnes Leiprecht, Michael Metzger, Claudia
Moosherr, Jörg Munk, Ursula Nold, Doris Nuber, Walburga
Oberhuber, Edwin Rief, Anita Ruesch, Jeannette SchildRauch, Clara Schneider, Dieter Schulz, Carmen Tran, Ingrid
Truckenmüller, Mona Wegst
30 Jahre: Rita Buck-Közle, Gabriele Großpietsch, KarlHeinz Hagmann, Ursula Hilpert, Evelyn Hipp, Wolfgang Ilg,
Christa Knoll-Seidel, Claudia König, Susanne Lachenmayer,
Irene Malang, Karin Märten, Ilona Mohr, Dietmar Oberhuber, Christine Richter, Artur Röhl, Kornelia Spitaler, Doris
Stelzel, Alfred Stickel, Bernd Wiggenhauser, Ursula Wirtz
35 Jahre: Ludwig Altherr, Roswitha Boneberg-Behling,
Brigitte Buchwald, Hedwig Burkart, Barbara Feuerstein,
Anna-Elisabeth Geser, Hildegard Götz, Edeltrud Hagg,
Renate Hermenau, Heike Hirschmann-Tänzer, Luzia JenkeRoth, Ute Schirmer, Katrin Seger
40 Jahre: Daniela Aggeler, Franz Brugger, Hubert Dreher,
Christoph Ploch
Claudia Wörner
5
St. Gallus-Hilfe organisiert sich neu
Gut aufgestellt für künftige Entwicklungen
LIEBENAU – Die Hilfen für Menschen mit Behinderung
haben sich in den vergangenen Jahren stark verändert.
Differenzierte Angebote, die sich an den Wünschen,
Neigungen und Fähigkeiten des einzelnen orientieren,
sind immer mehr gefragt. Nicht zuletzt dadurch wird
auch der fachliche Anspruch immer komplexer. Die
St. Gallus-Hilfe hat inzwischen ein breites Spektrum an
Hilfen entwickelt und ist in mehreren Landkreisen aktiv,
oftmals mit mehreren Angeboten. Um auch weiterhin
ein gutes Niveau bei der Unterstützung zu halten, hat
die St. Gallus-Hilfe ihre Organisation überdacht und neu
strukturiert. Kurze Entscheidungswege und die Verteilung von Verantwortung auf mehr Schultern sind das
Ergebnis.
„Mit unserer neuen Organisation wollen wir den künftigen
Entwicklungen der Hilfen für Menschen mit Behinderung
Rechnung tragen und eine gute Grundlage für die Zukunft
schaffen“, erläutert Jörg Munk, Geschäftsführer der
St. Gallus-Hilfe. Grundlage ihres Handelns ist das christliche Menschenbild, das den einzelnen Menschen in den
Blick nimmt. Die Tochtergesellschaft der Stiftung Liebenau
möchte jedem einen entwicklungsorientierten und förderlichen Rahmen bieten, der die individuelle, verlässliche und
fachlich fundierte Begleitung und Betreuung ermöglicht.
Neben Munk sind im Geschäftsleitungsteam seit Anfang
dieses Jahres Christine Beck, Markus Wursthorn und
Markus Schaal. Christine Beck hatte bisher die Leitung für
den Bereich Wohnen für Erwachsene Ravensburg inne.
Nun verantwortet sie überregional den Bereich Wohnen
Erwachsene, Familienunterstützende Dienste und Offene
Hilfen in den Landkreisen Ravensburg und Bodensee.
Markus Wursthorn, ehemaliger Leiter des Bereichs Wohnen
im Bodenseekreis, ist nun zuständig für Schule, Erziehung,
Bildung und Arbeit in den beiden Stammlandkreisen.
Markus Schaal bleibt weiterhin Kaufmännischer Leiter.
Alle drei Geschäftsleitungen haben die Prokura. Ihre
strategische und operative Gesamtverantwortung wird unterstützt von operativen und zentralen Fach- und Verwaltungsdiensten.
Die St. Gallus-Hilfe entwickelt ihre Angebote und Dienste
laufend weiter, wie die gestiegene Zahl der familienunterstützenden, präventiven und ambulanten Hilfen zeigt.
Außerdem haben die regionalen Bildungs-, Arbeits- und
Das neue Geschäftsleitungsteam der St. Gallus-Hilfe (von links):
Markus Wursthorn, Jörg Munk, Christine Beck und Markus Schaal.
Foto: Klaus
Tagesförderangebote sowie die gemeindeintegrierten stationären Wohnangebote zugenommen.
Die kleiner werdenden Stammorte Liebenau, Hegenberg
und Rosenharz bieten weiterhin einen Schutz- und Entwicklungsraum für Menschen mit Behinderung, die dies benötigen oder sich dies wünschen. An diesen Orten können
breitgefächert und sehr profiliert pädagogische, pflegerische
und therapeutische Hilfen zur Verfügung gestellt werden.
Wo notwendig, werden diese um die fachmedizinisch,
psychotherapeutischen Hilfen der St. Lukas-Klinik ergänzt.
Diese Lebens- und Entwicklungsorte mit besonderer
Kompetenz heißen künftig „Fachzentren für Menschen mit
Behinderung“.
In den Kernregionen Bodenseekreis und Landkreis Ravensburg hält die St. Gallus-Hilfe die meisten Angebote vor.
Angebote und Dienste in den Bereichen Freizeit, Wohnen
sowie Arbeit und Bildung hat sie aber in weiteren acht
Landkreisen im süddeutschen Raum. Die Ansprechpartner
und Verantwortlichen sind vor Ort. Die unmittelbar mögliche Absprache der Fachkräfte gewährleistet die durchgängige, verlässliche Hilfe in der jeweiligen Region beziehungsweise im entsprechenden Landkreis.
Anne Oschwald
Nähere Informationen:
Wer sich für die Arbeit der St. Gallus-Hilfe
interessiert, findet die Ansprechpartner auf
der Rückseite dieses Heftes.
6
„Mittendrin“ – Fest der Begegnung
BuntesProgrammfüralle
ÜBERLINGEN - Ein buntes Bühnenprogramm,
Kunst neben der Bühne, Mitmachaktionen
sowie Essen und Trinken: Rund 30 Einrichtungen, Vereine und Gruppen gestalten den Aktions- und Begegnungstag für
Menschen mit und ohne Behinderung am
25. Juni 2016 von 11 Uhr bis 18 Uhr in
Überlingen. Zahlreiche Veranstaltungen
greifen außerdem das Thema Inklusion auf.
Als Hauptband spielt „Blind Foundation“.
Beschäftigte und Mitarbeiter der Liebenauer
Arbeitswelten sowie der Ambulanten Dienste und
aus dem Bereich Wohnen betreiben die „Mittendrin Lounge“. Sie befindet sich im Garten beim „Haus am See“, der Geschäftsstelle der Landesgartenschau 2020. Für
die Gäste werden mediterranes Essen
und leckere Cocktails angeboten. Menschen mit Behinderung sind nicht nur als
Kellner und Helfer aktiv, sondern geben
musikalische Einlagen, Theateraufführungen und Lesungen auf der Mitten-drinLounge-Bühne zum Besten.
Anne Oschwald
Namensgeber für unsere Häuser
DerHeiligeUlrich
Alsvorüber30JahrenderHegenbergneugebautwurde,wurde
einesderHäusernachdemHeiligenUlrichbenannt.Erwirdin
unsererGegend,vorallemin
Schwaben,sehrverehrtundwar
dererste,deroffiziellheiliggesprochenwurde.Geborenwurde
UlrichimJahr890inAugsburgals
SohneinesalemannischenGrafen.
Schonmit33Jahrenwurdeerzum
BischofvonAugsburgernannt.Er
ließdieStadtAugsburgmiteiner
starkenMauerumgeben,umsie
vordenEinfällenderUngarnzu
Foto: © TASPP schützen.Berühmtwurdeer,als
Fotolia.com
er955beiderSchlachtaufdem
LechfeldzwischenAugsburgundLandsbergmaßgeblich
amSiegüberdieUngarnbeteiligtwar.
NochwichtigerwarihmaberdieSeelsorge.ErunterstütztedasMönchtumundverbesserteZuchtund
MoralindenKlöstern.ErließvieleKirchenbauenund
fördertedieAugsburgerDomschule.Wegenseiner
MildeundWohltätigkeitwurdeerschonzuLebzeiten
vomVolkwieeinHeiligerverehrt.
Am4.Juli973starbUlrichgenau50Jahrenachseiner
Bischofsernennung.Am31.Januar993wurdeervon
PapstJohannesXV.heiliggesprochen.
DargestelltwirdUlrichimBischofsgewandmiteinem
Fisch.ZumAttribut„Fisch“kamerwegenfolgender
Legende:AusVersehensollUlricheinmaleinemBoten
desbayerischenHerzogsaneinemFreitageinStück
Bratenmitgegebenhaben.AlsderBotedamitzumHerzogkam,verdächtigtedieserUlrichalsFastenbrecher.
WieerdasFleischaberauspackte,wareszueinem
Fischgeworden.
UlrichGebert
Förderverein
St. Gallus-Hilfe
Kapitel
7
7
Förderverein der St. Gallus-Hilfe unterstützt musikalisches Angebot
Brass-Band mischt musikalisch mit
ROSENHARZ – Das Blechbläserensemble in Rosenharz
liebt die schnellen Rhythmen und will Spaß miteinander haben. Zehn Beschäftigte der Werkstatt Rosenharz
überzeugten die St. Gallus-Hilfe, den Förderverein
und die Aktion Mensch und gründeten die Brass Band
Rosenharz: ein inklusives Musikprojekt für Menschen
mit und ohne Behinderung. Der Musikunterricht an den
Blechblasinstrumenten hat im Oktober 2015 begonnen.
Im Unterricht mit Musiklehrer Horst Guist von der Musikschule Ravensburg geht es ganz viel um das Hören und den
Ton spüren. Mit dem Mundstück arbeiten sich die Schüler
die Tonleiter hinauf und hinunter. Anschließend üben sie
am Instrument. Die Werkstattbeschäftigen haben sich das
tiefe Blech ausgesucht: Tuba, Posaune und Tenorhorn. Alle
haben zum ersten Mal ein Instrument in der Hand. Es ist
der Wunsch, Teil eines Orchesters zu sein, der beflügelt.
Sie wollen in naher Zukunft nicht mehr nur Zuhörer und
Fan sein, sondern gemeinsam mit anderen Musikbegeisterten für Stimmung sorgen und Spaß haben.
Aber wie geht das? Einmal die Woche arbeitet der Musiklehrer mit ihnen. Für die Anleitung der Proben zwischendurch sind die Fachkräfte zuständig, die entweder schon
ein Instrument spielen oder sich wie die Beschäftigten an
das Instrument herantasten. Die erste Übung im Unterricht
ist das Ankommen, das Sitzen, ruhig werden, „damit die
Töne nicht zittern“, sagt Horst Guist. Bei ihm gibt es kein
„Ich kann das nicht.“ Jeder getroffene Ton ist ein Erfolg. Er
will, dass die Schüler ein Gespür für die Töne bekommen:
„Die Blechblasinstrumente sind nur die Resonanzkörper,
die den Ton zum Klingen bringen.“
Alles erfordert die volle Konzentration. Seit kurzem gelingt
es den Musikbegeisterten, den Noten zu folgen, im Takt
miteinander ein Werk zu vollenden. Daher hat der Musiklehrer eine Orchesterprobe anberaumt. Der erste Meilenstein ist erreicht: Menschen mit und ohne Behinderung
musizieren zusammen, die Brass-Band Rosenharz hat sich
gefunden, will und wird in naher Zukunft die kulturellen
Szenen und Begegnungen inklusiv und originell aufmischen.
Für mehr Lebensqualität
Der Förderverein der St. Gallus-Hilfe unterstützt das
Projekt. Er möchte Menschen mit Behinderung durch sein
Engagement eine hohe Lebensqualität bieten. Häufig tragen
die Spenden dazu bei, Projekte zu fördern, die ganzheitliche Entwicklung, selbstbestimmte Lebensführung und
Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen.
Mitglied im Förderverein können alle werden, die mithelfen wollen, die Ziele des Fördervereins der St. Gallus-Hilfe
voranzubringen. Aber auch Kommunen, Pfarrgemeinden,
Firmen, Vereine und Gruppen sind als Mitglied willkommen. Die Mitglieder setzen ihren Jahresbeitrag selbst fest.
Lioba Scheidel
Nähere Informationen:
Susanne Aggeler
susanne.aggeler@st.gallus-hilfe.de
Telefon 07542 10-2007
www.st.gallus-hilfe.de/wir-ueber-uns
Spendenkonto Förderverein der St. Gallus-Hilfe:
Volksbank Friedrichshafen
BIC: GENODES1VFN
IBAN: DE29 6519 0110 0023 3860 02
Gemeinsam arbeiten die Beschäftigten und Mitarbeiter der
Werkstatt in Rosenharz unter anderem an schnellen Rhythmen.
Foto: Scheidel
8
Schwerpunkt: Unsere Mitarbeiter
Vielzahl und Vielfalt der Mitarbeiter macht die St. Gallus-Hilfe aus
WandelbrauchtMenschen,dieihntragen
Das Leben von Menschen mit
Behinderung ist in den vergangenen
Jahren selbstbestimmter, vielfältiger
und freier geworden. Ermöglicht
haben das viele Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter, die bereit waren,
alte Positionen zu verlassen, um sich
– und das immer wieder – auf neue
Wege zu wagen. Eine Betrachtung
von Ruth Hofmann.
Wenn ich die heutige Arbeit in der
St. Gallus-Hilfe vergleiche mit der vor
25 Jahren, wird mir bewusst, wie viel
sich in dieser Zeit verändert hat. Im
„Alten Josefshaus“, wo ich als Mitarbeiterin einer Wohngruppe begonnen habe, wehte noch der Geist der
Anstalt. Männer und Frauen lebten
getrennt voneinander. Auch wenn es
keine großen Schlafsäle mehr gab,
waren Mehrbettzimmer die Regel. Die
Gruppe, nicht der einzelne Mensch,
stand im Vordergrund, für individuelle
Bedürfnisse oder gar Privatsphäre war
buchstäblich kein Raum. Wahlmöglichkeiten, zum Beispiel bei den Mahlzeiten oder der Freizeitgestaltung, waren
nicht vorgesehen.
Mit dem Umzug nach Hegenberg, vier
Monate nach Beginn meiner Tätigkeit,
kam Aufbruchsstimmung ins Team.
Die Atmosphäre der Ortschaft - Mitte
der 1970er Jahre gebaut - stand für
eine neue Ära in der Behindertenhilfe
und nahm Einfluss auf unser Arbeiten. Die räumlichen Gegebenheiten
erinnerten nun mehr an eine richtige
Wohnung mit Wohnzimmer, Terrasse
und Garten. Zwar waren in die „Frauengruppe“ noch immer keine Männer
eingezogen und nur zwei von neun
Bewohnerinnen lebten in Einzelzimmern, trotzdem kamen die einzelnen
Menschen mehr in den Blick, ihre Eigenarten und Besonderheiten fanden
deutlich mehr Akzeptanz.
9
9
Heute haben Begriffe wie Selbstbestimmung, Autonomie und Empowerment Eingang in die Arbeit mit
Menschen mit Behinderung gefunden.
Wir reden von Inklusion, von Normalität und Teilhabe und von Assistenz,
die sich an den persönlichen Erfordernissen der Einzelnen orientiert. Das
„Alte Josefshaus“ ist längst abgerissen
und durch modernere Wohnformen
ersetzt. Viele Betroffene wohnen
inzwischen in kleinen Wohnheimen
oder in Wohnungen, angesiedelt im
Stadtviertel oder der Gemeinde und
verteilt über zehn Landkreise. Weitere
Angebote werden dazukommen.
Für viele Menschen mit Behinderung
haben diese Entwicklungen einen Zuwachs an Individualität, an Wahlmöglichkeiten, Autonomie und Freiheit
gebracht. Doch letztlich sind die äußeren Lebensbedingungen höchstens
die halbe Miete. Vermutlich wichtiger
ist: Mit welcher Haltung begegnen
wir Menschen mit Behinderung? Und
hier besonders: Mit welcher Haltung
werden sie im Alltag von Mitarbeitern begleitet? Diesbezüglich hat sich
mindestens ebenso viel getan, wie bei
den Wohnverhältnissen. Heute stehen
nicht mehr nur die Gesundheit und
Sicherheit der Menschen mit Behinderung im Fokus, sondern auch ihr
Recht, ein Leben nach eigenen Vorstellungen zu führen. Das beinhaltet
den persönlichen Kleidungsstil oder
die Essgewohnheiten, das Verständnis von Ordnung und Wohnlichkeit
ebenso wie das Freizeitverhalten. Und
selbstverständlich gehören auch der
eigene Haushalt oder die Paarbeziehung dazu. Nicht jedes Lebensmodell
entspricht dabei immer unseren landläufigen Auffassungen. Dass es genau
darauf aber auch nicht ankommt, ist
der entscheidende Lernprozess. So
lange niemand ernsthaft zu Schaden
kommt, sollen Menschen – und zwar
alle – leben dürfen, wie es ihnen
entspricht.
Niemand vollzieht einen solchen
Kurswechsel von einem Tag auf den
anderen. Es sind gesellschaftliche,
institutionelle und letztlich persönliche Prozesse, die nachhaltige Veränderungen des beruflichen Selbstverständnisses bewirken. Sie benötigen
Austausch, Fortbildung, Reflexion
und nicht zuletzt die Offenheit, die
geltenden gesellschaftlichen und
persönlichen Einstellungen zu hinterfragen, die Barrieren im eigenen Kopf
zu erkennen und abzubauen – wenigstens zu verschieben.
Viele, sehr viele langjährige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben solche
persönlichen Prozesse vollzogen,
bestimmt nicht immer, ohne mit dem
eigenen Rollenverständnis dabei mitunter ins Schlingern geraten zu sein.
Was ist mein Auftrag? Bin ich Erzieherin, Betreuerin, Assistentin…? Nach
welchen Maßstäben bewerte ich selbst
meine Arbeit und an welchen werde
ich gemessen? Es ist viel bequemer
an Gewohntem festzuhalten als neue
Wege auszuprobieren. Aber genau
das hat den Fortschritt erst möglich
gemacht. Respekt vor allen, die es
geschafft haben!
Nicht zu unterschätzen sind bei
diesem immerwährenden Prozess die
Impulse von außen. Auszubildende
und junge Fachkräfte bringen neue
Ideen und Ansichten ein, Fort- und
Weiterbildungen liefern den fachlichen
Hintergrund. Verschiedene Entwicklungen innerhalb der St. Gallus-Hilfe
haben ihren Teil beigetragen, dass
Menschen, die heute Leistungen in
Anspruch nehmen, selbstbestimmter
leben und bessere Teilhabechancen
haben als vor 25 Jahren. Das ist eine
große Errungenschaft! Nicht nur für
die Betroffenen, sondern für uns alle,
gibt sie uns als Gesellschaft doch die
Chance, offener und toleranter zu
werden für die Vielfalt an Möglichkeiten, mit der Menschen ihr Leben
gestalten.
Bestimmt werden die Verhältnisse
in weiteren 25 Jahren noch einmal
andere sein. Die Bereitschaft von
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
muss also bestehen bleiben, sich mit
künftigen Anforderungen auseinanderzusetzen. Ein großes Herz allein und
der Wille zu helfen reichen nicht aus.
Beweglichkeit im Denken, Fachwissen, Sachverstand und eine professionelle Haltung sind vonnöten, damit
sich Lebensqualität und Teilhabe von
Menschen mit Behinderung weiter
verbessern können.
10
Hermann Sprenger: beweglich geblieben
Was Neues auch zum Schluss
HEGENBERG – Langjährige Mitarbeiter tragen durch ihr
Stand- und Durchhaltevermögen ein Sozialunternehmen
in besonderer Weise mit. Solche „Urgesteine“ müssen
sich im Laufe ihres Berufslebens aber auch ihre innere
und äußere Beweglichkeit erhalten. Hermann Sprenger
beweist seine Flexibilität bei der Arbeit mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen auch nach 35 Jahren.
Anfang der 70-iger Jahre
waren Männer in der sozialen
Arbeit rar gesät. Die meisten
fanden über Umwege in dieses Arbeitsfeld. So auch Hermann Sprenger. Als gelernter
Kaufmann engagierte er sich
in der Freizeit in einem selbstverwalteten Jugendhaus. Sein
Motto: „Nicht nur schwätzen, sondern auch was tun“
brachte ihn in Kontakt mit
behinderten Jugendlichen im
Schloss Liebenau. Er organisierte die Teilnahme an einem
Hermann Sprenger ist im Beruf offenen Treff und an Woflexibel geblieben. Foto: privat
chenendaktionen. Alle sollten
teilhaben. Die Grundhaltung der Gleichwertigkeit bewahrte
sich Sprenger in allen Stationen seines Berufslebens. „Als
Jugend- und Heimerzieher wollte ich jungen Menschen
das Leben im Heim zur Heimat auf Zeit, aber auch zum
Sprungbrett in eine selbst bestimmte Zukunft werden
lassen“, erklärt Sprenger. Als Erzieher wollte er sich dabei
möglichst entbehrlich machen. Allen Einsatzorten war
gemein, dass er wusste, er muss den jungen Menschen
Sicherheit bieten, um neue Horizonte eröffnen zu können.
Dazu gehörte immer auch das Aufzeigen von Grenzen. Und
die Bewusstmachung der eigenen Handlungsmöglichkeiten
und der strukturellen Bedingungen.
„Die größte Veränderung sehe ich im Verhalten gegenüber
den ‚Behinderten‘, die heute als ‚Menschen mit Behinderung‘, mit ‚Special Needs‘ oder ‚Andersseiende‘ beschrieben werden“, so Sprenger. War es am Anfang seiner
Tätigkeit eine weitgehende Rundumversorgung, so ging
der Weg langsam hinüber zur Betreuung und Assistenz.
„Es war immer ein Ziel für mich, den jungen Menschen
Kompetenzen zu vermitteln “ betont Sprenger. Daraus zog
er seine persönliche und erzieherische Wertigkeit. Wenn
Jugendliche dadurch unabhängiger oder aufmüpfiger wurden erzeugte das auch Widerstände. Sprenger nahm diese
Herausforderungen gern an und verrät nebenbei: „Wer ab
und zu gegen den Strom schwimmt, sieht die Dinge von
der anderen Seite.“
Bis heute üben neue Themen einen Reiz auf ihn aus. Probleme bereiteten bisher nur Computer und Smartphones,
manchmal auch Regeln und Verbote. Er erlaubt sich einen
kreativen Umgang mit diesen Themen. „Für mich war die
Richtschnur immer so zu handeln, wie ich es vor mir selbst
verantworten kann.“ Und das heißt selbst Verantwortung
zu übernehmen.
Vielleicht liegt darin auch das Geheimnis seiner robusten
Gesundheit. Außer einem Unfall vor 25 Jahren gibt es von
ihm keine Krankmeldung in der gesamten Arbeitszeit in der
Stiftung Liebenau. Hermann Sprenger ist leidenschaftlicher
Radfahrer, pflegt ein kleines und beständiges privates Umfeld und gewinnt viel Kraft aus der körperlichen Betätigung
und zahlreichen Reisen. Dabei zieht es ihn fast immer in
die Berge. „Sie lehren mich Demut und zeigen mir viel. Ich
habe gelernt meine Kräfte einzuteilen, mein Tempo anzupassen und Wege zu erkennen oder zu erahnen.“
Jetzt macht er sich wieder auf den Weg. „Am Ende meiner
beruflichen Laufbahn wollte ich nochmals etwas ganz
Neues tun“ sagt er. Das Schicksal von Menschen auf der
Flucht berührt ihn sehr und er möchte einen Beitrag zur
gelingenden Integration von unbegleiteten minderjährigen
Ausländern leisten. Als Gruppenleiter einer neu gegründeten Wohngemeinschaft für diese Jugendlichen kann er nun
beide Dinge für sich ideal verbinden.
Stephan Becker
11
11
JOS 01: Auf das Team kommt es an
Gemeinsam hochmotiviert
LIEBENAU – Mitarbeiter im sozialen Bereich sind in
besonderem Maße gefordert: Bei der Begleitung von
behinderten Menschen werden sie im Alltag mit vielen
Anforderungen, auch mit auffälligen Verhaltensmustern
konfrontiert. Was Mitarbeiter für diese anspruchsvolle
Arbeit motiviert, was sie trägt und hält, schildern Ulla
Hilpert (im Baum) und Benjamin Grimm (links) von der
Wohngruppe JOS01 in Liebenau.
Ulla Hilpert arbeitet seit fast 30 Jahren im Gruppendienst,
Benjamin Grimm seit sechs Jahren. Seit einiger Zeit leitet
er die Wohngruppe. Er und sein Team sind zuständig für
zwölf Männer und Frauen mit teils stark herausforderndem
Verhalten aufgrund psychischer Erkrankungen. Die meisten
schaffen es nicht den ganzen Tag im Förder- und Betreuungsbereich oder in der Werkstatt zu sein, so dass die
Mitarbeiter der Wohngruppe auch für tagesstrukturierende
Angebote zuständig sind. Daneben gehört Pflege bis hin zur
Sonden-Ernährung zu den Anforderungen, die vom Team
zu leisten sind – ein breites Spektrum. Selten geht es ruhig
zu in JOS 01. Die meisten Bewohner suchen engen Kontakt
zu den Mitarbeitern, drängen sich um sie, fragen, reden auf
sie ein, schreien auch, wenn sie fürchten, nicht durchzudringen. Sie sind dringend darauf angewiesen, wahrgenommen zu werden mit ihren ganz eigenen, individuellen
Bedürfnissen und Wünschen.
Am Nachmittag steht für Einige immer der Spaziergang
unverzichtbar auf dem Programm. Einmal kommt die
Kollegin alleine zurück, weil eine Bewohnerin sich an den
Gartenzaun geklammert hat und nicht dazu zu bewegen
ist, ihn loszulassen. Unaufgeregt macht sich der Gruppenleiter auf den Weg und wirft der Frau einen Ball zu. Durch
den Impuls ihn zu fangen, lässt sie den Zaun los. Glücklich
kommen alle in die Wohngruppe zurück. Solche Verhaltensmuster blockieren mitunter die Abläufe im Gruppenalltag und nicht immer ist der Fall so harmlos und die Lösung
so einfach. Ungesteuerte Emotionen, zum Beispiel Ängste
oder Zwänge, die zu Schreiattacken oder massiven Selbst-
Das Team ist eine bunte Mischung von unterschiedlichen Persönlichkeiten. Foto: Hofmann
verletzungen führen können, erfordern Gelassenheit und
vor allem professionelles Handeln.
Was motiviert Mitarbeiter, sich solchen Herausforderungen
jeden Tag neu zu stellen? Ulla Hilpert: „Das Team. Wir sind
eine bunte Mischung von ganz unterschiedlichen Persönlichkeiten. Uns verbindet eine positive Grundhaltung zur
Arbeit und der Wunsch jedem einzelnen der Bewohner
gerecht zu werden, soweit es die strukturellen und personellen Gegebenheiten zulassen. Wir nutzen Spielräume und
suchen manchmal auch unkonventionelle Lösungen für
Probleme.“ Benjamin Grimm ergänzt: „Außerdem ist es das
gegenseitige Vertrauen und die Erfahrung sich aufeinander
verlassen zu können, auch in schwierigen Situationen.“
Diese entstehen, wenn etwa Kollegen wegen Krankheit länger ausfallen oder einzelne Bewohner anhaltend in persönlichen Krisen stecken. Dann sucht das Team mit Offenheit
und Kollegialität gemeinsam nach Lösungen, die dann jeder
mittragen kann. „Wertschätzung und das Gewähren von
Gestaltungsfreiheit sind Motor für uns“, unterstreichen beide. Dies gilt einerseits innerhalb des Teams und ist andererseits auch wichtig in der Beziehung zur Heimleitung.
Ausgleich gewährleistet ein ausgewogener Dienstplan, der
Freiräume zulässt, zum Beispiel für ehrenamtliches Engagement, aus dem manche Kollegen neue Energie schöpfen. Es
gilt immer eine Balance zu finden zwischen den Bedürfnissen der Menschen mit Behinderung und der Belastbarkeit
des Teams. Ulla Hilpert meint: „Dies gelingt uns sehr gut.
Es ist für uns alle hochmotivierend.“
Gerlinde Walka
12
Mitarbeiter „erschließen“ den Schwarzwald-Baar-Kreis
Engagierte Pioniere am Werk
SCHWARZWALD-BAAR-KREIS/TUTTLINGEN – Rührig
sind die Schwarzwälder: In Villingen startete ein Team
mit drei Mitarbeiterinnen. Zehn Jahre später sind 24
Mitarbeiter für die St. Gallus-Hilfe im Schwarzwald-BaarKreis und im Kreis Tuttlingen tätig. Sie unterstützen und
begleiten Menschen mit einer Behinderung und ihre
Angehörigen. Ganz individuell.
Barbara Reichstein gehört zu den Mitarbeiterinnen der
ersten Stunde. 2005 startete die Diplomsozialpädagogin zusammen mit zwei Kolleginnen, die sich 1,5 Stellen teilten,
den Familienunterstützenden Dienst (FuD) in Kooperation mit der Feldner Mühle. Hinzu kamen dann rasch das
Angebot des Ambulant Betreuten Wohnens (ABW) und die
Büroeröffnung in Tuttlingen. 2009 wurde das Wohnhaus
in der Hochstraße eröffnet, wo heute 19 Mieter leben.
Zwei Jahre später startete die Werkstatt für Menschen mit
Behinderung. Ursprünglich waren zwölf Plätze vorgesehen.
Meik Morlock
Ambulant Betreutes Wohnen
seit Dezember 2009
Mein Arbeitsalltag stellt mich täglich vor neue spannende Herausforderungen. Kein Tag ist wie der
andere – kein Klienten-Kontakt wie
der andere. Die flexiblen Arbeitszeiten lassen sich gut
mit meiner Familie vereinbaren. Das hohe Maß an
Eigenverantwortung in der Fallarbeit finde ich sehr
reizvoll und interessant. Gleichzeitig ist es für mich
wichtig auf ein multiprofessionelles Team zurückgreifen zu können, auf die Kompetenzen und Erfahrungen
jedes Einzelnen. Das bedeutet für mich ein hohes
Maß an Qualität und Sicherheit im Berufsalltag.
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zu kurz.
Seit September 2015 bietet die St. Gallus-Hilfe 50 Plätze:
davon 24 im Arbeitsbereich, 22 im Berufsbildungsbereich
und sieben im KoBV. „Momentan gibt es eine Warteliste“, erklärt Barbara Reichstein, die heute Leiterin für die
Region Schwarzwald-Baar-Kreis ist. „Wir haben inzwischen
über 30 Kooperationspartner in der Region“, berichtet
sie. Für einige Partnerbetriebe bearbeitet die Werkstatt
regelmäßig Aufträge. Andere bieten derzeit 16 Menschen
mit Einschränkungen ausgelagerte Arbeitsplätze und sechs
Praktikumsplätze im Berufsbildungsbereich. Die Hälfte der
KoBV-Teilnehmer hat gute Aussichten für Herbst dieses
Jahres einen Arbeitsvertrag auf dem ersten Arbeitsmarkt zu
ergattern. „Wir suchen laufend nach neuen Partnern“, so
Reichstein. Damit steigt die Chance, dass junge Menschen
13
Evi Langenbacher
Betreutes Wohnen Plus
seit August 2009
Bei meiner Arbeit motiviert mich
unser Team, wir arbeiten Hand in
Hand,ichhabedasGefühlmitmeinen anstehenden Fragen verstanden zu werden und zu sehen: Wir arbeiten auf der
gleichenLinie.TrotzdermanchmalernstenThemenin
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Es ist sehr interessant unsere Mieter in dem für sie
nicht immer leichten Alltag begleiten zu dürfen und
ihre oft positiven Fortschritte zu sehen. Wir haben
viele Freiheiten um individuell auf die einzelnen
Bedürfnisse eingehen zu können. Ich gehe jedes Mal
gerne zur Arbeit und möchte mit niemandem tauschen.
in den unterschiedlichsten Bereichen Praktika machen und
dadurch vielfältige Erfahrungen sammeln können.
Im ABW der St. Gallus-Hilfe sind derzeit 23 Klienten im
Schwarzwald-Baar-Kreis und 15 im Kreis Tuttlingen. Im
Betreuten Wohnen in Familien leben fünf Kinder und ein
Erwachsener in Gastfamilien. Ein besonderes Angebot ist
auch die Geschwisterzeit im Schwarzwald-Baar-Kreis. Geschwister von Kindern mit Behinderung können daran teilnehmen. Im Schnitt nutzen 17 Kinder die Veranstaltungen.
Zusammen mit 45 Ehrenamtlichen begleiten die Mitarbeiter des Familienunterstützenden Dienstes 40 Familien. Die
Ehrenamtlichen sind auch im Einsatz als Nachtbereitschaft,
im ABW und im der WfbM.
Die Entwicklung des Standortes spricht für sich. Und noch
mehr für die Mitarbeiter, inzwischen auf 24 gestiegen,
was rund 17 Vollzeitstellen entspricht. Barbara Reichstein
meint: „Wir hatten gute Voraussetzungen. In der Region
gab es kaum Angebote für Menschen mit Behinderung
und deren Familien.“ Sie stellt aber auch klar, dass es ohne
engagierte Mitarbeiter nicht funktionieren würde: „In unserem Team sind alle wie in der ersten Stunde motiviert.“
Ehrgeizig haben sie sich gemeinsam ein Ziel für die nächsten zehn Jahre gesetzt: Sie möchten die Angebote weiterentwickeln und aktuell planen sie ein neues Wohnprojekt
in Villingen-Schwenningen, ebenso in Tuttlingen.
Anne Oschwald
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14
Albert-Jan Brunzema: Nach Rosenharz gehören Eigenprodukte
Wenn Begeisterung ansteckt ROSENHARZ – Zu den Aufgaben von Albert-Jan Brunzema, dem Werkstattleiter, und seinem Team gehört es,
dass die rund 70 Beschäftigten in Rosenharz im Rahmen
ihrer beruflichen Bildung sinnvolle und abwechslungsreiche Tätigkeiten haben. Sie setzen dabei verstärkt auf
Eigenprodukte, die nicht nur viel Raum für Kreativität
bieten, sondern auch für Abwechslung sorgen, Hingucker sind oder lecker schmecken.
Dass durch die relative Abgeschiedenheit von Rosenharz
weniger Industriekunden den Weg in den Ort finden, nutzt
Werkstattleiter Albert-Jan Brunzema mit seinem Team auch
als Chance. Sein Credo: „Nach Rosenharz gehören Eigenprodukte.“ Der Mann aus dem Norden erfüllt manches
Klischee. Er ist groß, sehr groß. Kühl ist er jedoch nicht. Im
Gegenteil: Er lässt sich von Ideen anstecken und begeistert
andere damit. Genau das, was es auch für Neuentwicklungen braucht. Als Verantwortlicher steht er bei den Entwicklungsprozessen hinter den Mitarbeitern. „Sie bekommen
alle Freiheit zu gestalten“, betont er. Der Kreativität will er
keine Grenzen setzen. Das gemeinsame Ziel dabei ist, dass
ein marktfähiges Produkt entsteht.
Zuallererst braucht es Ideen. Viele Ideen. Dabei ist das
gesamte Team gefragt. Eine Anregung waren zum Beispiel
Elemente aus Weidengeflecht mit bunten Glaselementen,
die inzwischen für den Markt produziert werden und ein
Hingucker im Garten sind. Bis zur „Serienreife“, brauchte
es unzählige Vorüberlegungen. Wer schweißt die Metallgestelle, wie können die Glaselemente hergestellt werden,
welches Werkzeug, welche Geräte braucht es? Woher
kommt das Rohmaterial, wie kann das Glas entsprechend
zugeschnitten werden? „Im Blick haben wir dabei immer,
Arbeiten zu finden, die die Beschäftigten machen können“,
schildert Brunzema seinen obersten Auftrag.
Abwechslung ist willkommen
Selbst entwickelte Produkte gibt es auch in der Hauswirtschaft: wie zum Beispiel selbstgebackene Kekse. Sie werden
im Café und Weltladen Rupp in Bodnegg zum Tee gereicht.
Die Zutaten stammen aus ökologischem Anbau, die Kräuter
und Gewürze wachsen in Rosenharz. „Ein qualitätssichernder Ablaufplan ist selbstverständlich und wird von den
Fachdiensten entwickelt“, erklärt Brunzema. Im Plan sind
unter anderem auch die hygienischen Aspekte beschrieben:
Hände waschen ist ebenso wichtig, wie das genaue Einhalten der Rezeptur oder das Aufbereiten der Gewürze.
Für den Werkstattleiter ist es wichtig, dass jeder „mitgehen“ kann: Mitarbeiter wie Beschäftigte. Denn die Produktion solcher Artikel ist für alle mit einem hohen persönlichen Engagement verbunden. „Doch für die Beteiligten
bieten sie in Kombination mit gewohnten Dienstleistungen
eine willkommene Abwechslung“, sagt Brunzema. Wertschätzend im wahrsten Wortsinn empfinden es die Mitarbeiter und Beschäftigten, wenn Kunden begeistert sind und
sich an den Produkten erfreuen.
Anne Oschwald
Albert-Jan Brunzema, Werkstattleiter in Rosenharz steckt mit seiner
Begeisterung an. Foto: Oschwald
Kapitel
15
15
Wolfgang Ilg: Der Pastorale Dienst ist Ansprechpartner für jeden
Halt geben mit Spiritualität und Religion LIEBENAU – An den Pastoralen Dienst der St. GallusHilfe können sich Menschen mit Behinderung ebenso
wie Mitarbeiter mit ihren unterschiedlichen Anliegen
und Nöten wenden und erfahren Halt. Wolfgang Ilg ist
seit 28 Jahren in dieser Funktion tätig. Gerlinde Walka
sprach mit ihm.
Herr Ilg, erzählen Sie von Ihrer täglichen Arbeit.
Meist beginnt der Tag ruhig mit einer Bürozeit. Dann aber
kommen die Begegnungen mit den Menschen: Sei es an der
Don-Bosco-Schule oder bei Gesprächen mit Menschen mit
Handicap oder Mitarbeitern zu Lebensfragen. Mein Kollege
Ulrich Gebert und ich gestalten die Gottesdienste oder
überlegen uns thematische Schwerpunkte für bestimmte
Zeiten. Dazu kommt die Vorbereitung auf Taufe, Kommunion, Firmung oder Beerdigungen.
Was hat sich bei Ihrer Arbeit und der seelsorgerischen Begleitung im Laufe Ihrer Tätigkeit verändert?
Früher waren die religiösen Feste und Feiern, der Jahreskreis ganz selbstverständlich im Alltag eingebunden. Heute
gilt es für jede Art von religiöser Feier neu zu werben. Den
Menschen das Gefühl zu ermöglichen: „Diese Begegnung
mit Gott und den Menschen hat gut getan. Die Feier hat
mein Leben bereichert“.
Die Klientel der Menschen mit Behinderung ist heute
anders als früher. Welchen Herausforderungen müssen Sie sich heute stellen?
Die Bedeutung von Religion hat für den Lebensalltag
deutlich abgenommen. Vordergründig kommt Gott gar
nicht vor. Deutlich öfters feiern wir heute Andachten in
kleinen Gruppen in den Wohnräumen. Dies liegt sicher
auch an den Menschen, die an den Fachzentren Liebenau,
Hegenberg oder Rosenharz leben und in ihrer Mobilität
eingeschränkter sind.
Wolfgang Ilg vom
Pastoralen Dienst
der St. Gallus-Hilfe.
Foto: privat
Sie sind auch oft wichtiger Ansprechpartner für die
Mitarbeiter. Was hat sich dabei verändert?
Auch die St. Gallus-Hilfe ist Teil einer säkularen Gesellschaft. Die menschlichen Fragen etwa bei Krankheit oder
Verlust einer Beziehung sind jedoch geblieben und werden
gerne mit mir besprochen. Wir fragen dann: Gibt es Heilungsmöglichkeiten?
Halt geben: Wie kann das in der Praxis aussehen?
Natürlich geht es um Halt geben, aber ebenso darum
miteinander einen Weg im Glauben zu gehen. Mit Mitarbeitern war ich zu Besinnungstagen in Chartes in Frankreich. In der Kathedrale sind wir das berühmte Labyrinth
gelaufen und haben die Kirche von den Katakomben bis
zur Dachspitze erforscht. Es ist ein heiliger Ort und diese
gemeinschaftliche Erfahrung gab Kraft. Bei Einzelgesprächen, im gemeinsamen Schweigen und im Gebet wird
Veränderung erfahrbar.
Was motiviert Sie selbst für Ihre Arbeit? Woraus
schöpfen Sie Ihre Kraft?
Es ist meine Vergangenheit, die mich geprägt hat, meine
Familie und ganz viele tolle Leute in der St. Gallus-Hilfe.
Wenn ich in der Schlosskapelle vor dem Kreuz bete, dann
ist für mich die Kraft Jesu zu spüren.
16
Lea Dumke wurde 1989 in Hannover
geboren. Sonderpädagogik hat sie für ein
Jahr in Dortmund und für vier Jahre in
Leipzig studiert. Im Februar 2016 hat sie
ihren Vorbereitungsdienst an der DonBosco-Schule begonnen.
Monika Axenfeld ist Sonderschullehrerin für körperlich und geistig
behinderte Kinder und Jugendliche.
Sie ist seit 1993 an der Don-BoscoSchule beschäftigt.
Sonderschullehrerin Monika Axenfeld (rechts) und Referendarin Lea Dumke arbeiten an der Don-Bosco-Schule in Hegenberg.
Motivation und Werte junger und langjähriger Mitarbeiter der Don-Bosco-Schule
Siekamen,sahen,blieben
HEGENBERG – Die Arbeit in Teams ist in vielen Berufen
unerlässlich und im sozialen Bereich oft besonders wichtig. Ältere und jüngere Mitarbeiter ergänzen sich, geben
sich gegenseitig neue Ideen und Impulse, teilen Erfahrungen. Haben sich Standpunkte in den vergangenen
20 Jahren geändert, und sind die Motivationen für die
Berufswahl die gleichen geblieben? Stephan Becker
sprach darüber mit Sonderschullehrerin Monika Axenfeld und Referendarin Lea Dumke von der Don-BoscoSchule.
Frau Axenfeld, wie kamen Sie zur Arbeit mit Kindern
und Jugendlichen mit einer Behinderung?
Monika Axenfeld: Durch den Konfirmandenausflug als
14-Jährige: Der ging in eine Einrichtung für Menschen mit
Behinderung der Diakonie in Neuendettelsau. Dort hat
mich eine Theateraufführung mit behinderten Menschen
so stark beeindruckt, dass ich mir von da an eine berufliche
Ausrichtung auf diesem Gebiet vorstellte.
Frau Dumke, was war bei Ihnen ausschlaggebend?
Lea Dumke: Den ersten Kontakt zu Kindern mit Beeinträchtigungen hatte ich durch meinen Vater, der lange Zeit
als Sonderschullehrer tätig war. Auch mein Großvater als
ehemaliger Rektor einer der ersten Lernförderschulen in
Niedersachsen hat mir immer viel von seiner damaligen
Arbeit erzählt. Während meiner Jugendzeit habe ich dann
viele inklusive Kinderfreizeiten und auch Freizeiten nur für
Menschen mit besonderem Unterstützungsbedarf begleitet.
Wieso ausgerechnet Sonderpädagogik?
Monika Axenfeld: Zunächst habe ich an der Pädagogischen Hochschule das Studium für das Lehramt an Grund-
17
17
und Hauptschulen absolviert. Während der Semesterferien
arbeitete ich regelmäßig über mehrere Wochen in einer
Einrichtung für Menschen mit Behinderung, was mir auch
wieder sehr gut gefallen hat. Nach der ersten Dienstprüfung konnte ich an der Schule für körperbehinderte Kinder
und Jugendliche in Karlsruhe zwei Jahre lang wichtige
Erfahrungen sammeln. Besonders fasziniert haben mich
überall die spontane Herzlichkeit der Kinder, aber auch ihre
Kreativität und die Freude an allem Musischen. Später habe
ich dann noch das Sonderpädagogikstudium angehängt.
Lea Dumke: Mein eigentlicher Berufswunsch war es,
Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin zu werden.
Für diese Ausbildung wurde vor sechs Jahren allerdings ein
Vorstudium in Medizin, Psychologie, Sonder- oder Sozialpädagogik benötigt. Ich habe mich dann für die Sonderpädagogik entschieden und bin dabei geblieben.
Welche Werte sind Ihnen wichtig?
Monika Axenfeld: Es war und ist mir wichtig, den
Kindern und Jugendlichen eine angenehme und anregende
Umgebung zu schaffen, in der sie sich angenommen fühlen.
Ich möchte ihnen die individuelle Förderung zukommen
lassen, die ihren Voraussetzungen entspricht. Ich trete
ihnen und ihren Leistungen wertschätzend gegenüber
und lege großen Wert auf einen ritualisierten und musisch
gestalteten Unterricht.
Lea Dumke: Da gibt es eine Menge: In Bezug auf die Kolleginnen und Kollegen auf jeden Fall Ehrlichkeit, Offenheit
und Teamgeist. Ehrlichkeit und Offenheit sind mir auch
gegenüber den Schülerinnen und Schülern sehr wichtig, zusammen mit gegenseitigem Respekt und vor allem
Vertrauen. Mir selbst möchte ich meine Authentizität stets
bewahren.
Welche besonderen Herausforderungen gibt es aktuell zu bewältigen?
Monika Axenfeld: An der Don-Bosco-Schule sehe ich heute die größte Herausforderung im Verhaltensbereich. Wir
müssen uns häufiger mit geringen Aufmerksamkeitsspannen
sowie mit Verweigerungshaltung der Schüler auseinandersetzen. Hier gilt es immer wieder neue, kreative Lösungen
zu finden.
Lea Dumke: Ich denke, dass es Aufgabe ist, jedem Schüler
bei der Begleitung der individuellen Entwicklung gerecht
zu werden: Immer wieder auf das einzelne Kind zu schauen und sich zu fragen, was kann ich dem Kind bieten, was
benötigt es von mir, um sich gut entwickeln zu können.
Frau Axenfeld, was ist heute anders?
Monika Axenfeld: Heute werden neue, kreative Lösungen gesucht! Als ich vor 23 Jahren an der Don-Bosco-Schule anfing, fand der Unterricht zumeist im Klassenverband
und im eigenen Klassenzimmer statt. Heute lernen die
Schüler in Modulgruppen nach individuellen Voraussetzungen, es wird in Teams unterrichtet und es gibt eine
ganze Reihe sehr effektiver Angebote zur Auflockerung des
Schulalltags.
Welche aktuellen Entwicklungen müssen unbedingt
Berücksichtigung finden?
Monika Axenfeld: Das Erstellen von individuellen Förderplänen für jeden Schüler ist unverzichtbar.
Lea Dumke: Auf jeden Fall die Inklusion und die schon
stattfindende inklusive Beschulung. Ich bin gespannt
welche Rolle die Sonder- und Förderschulen und natürlich
die Pädagogen in ein paar Jahren spielen werden. Auch die
Kooperation mit außerschulischen Partnern halte ich für
sehr wichtig.
Was tun Sie, um bei der teilweise kräftezehrenden
Arbeit gesund, kreativ und flexibel zu bleiben?
Monika Axenfeld: …Bergwandern, Waldspaziergänge,
Yoga, Musik machen und Enkelkinder hüten.
Lea Dumke: Viel lesen und stricken. Und ich habe mit
Yoga angefangen.
Frau Axenfeld, was wollen Sie Ihrer jungen Kollegin
mitgeben auf ihren weiteren Weg?
Monika Axenfeld: Es ist wichtig, teamfähig zu sein und
ein kollegiales Netzwerk zu knüpfen.
Frau Dumke, womit können Sie die jetzige Arbeitssituation bereichern?
Lea Dumke: Mit meiner Motivation, meinen eigene Ideen
und meiner Neugier mich auf Neues einzulassen und
auszuprobieren. Natürlich bin ich auch eine zusätzliche
personelle Unterstützung.
18
D e r H e ge n
Abwechslung vom Alltag für Jugendliche und Mitarbeiter
Hip-Hop für den Selbstwert HEGENBERG – Hip-Hop ist ein Lebensgefühl: Das steht
jetzt auch fest für einige Jugendliche vom Hegenberg.
Bei einem Projekt, das Jasmin Gmünder (Jugend- und
Heimerzieherin im Berufspraktikum) und Katja Hinz begleitet und moderiert haben, entstand ein cooler Song,
der dies hörbar belegt. Der aktive Workshop ist vorbei,
die vibrierende Stimmung bei den Jugendlichen und den
beiden Mitarbeiterinnen ist geblieben.
Hip-Hop-Interessierte vom Hegenberg zu finden, war für
Jasmin Gmünder nicht schwer. Mit drei Leuten starteten
sie und ihre Kollegin Katja Hinz. Die Gruppe wuchs auf
sechs junge Männer und eine junge Frau im Alter zwischen
16 und 20 Jahren. „Wir sammelten zuerst gemeinsam
Ideen“, erklärt Jasmin Gmünder, selbst Musikbegeisterte,
immer noch aufgeregt. Die Jugendlichen griffen Themen
auf, die sie selbst bewegen: Familie, Freunde, Schule, Karri-
Jasmin Gmünder begleitete das Hip-Hop-Projekt und brachte so
Abwechslung in den Alltag der Jugendlichen. Foto: Oschwald
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ere, Beruf, Stress. „Vor allem Freunde sind ein ganz großes
Thema“, erklärt Gmünder.
Das Projekt hieß für alle Beteiligten Abwechslung vom
Alltag. Highlight war dann ein Workshop-Wochenende im
Jugendhaus in Ravensburg. Zusammen mit einer Kollegin
brachte Falko Schönian, ein Artist Management Coach,
den Jugendlichen Hip-Hop näher. So nahe, dass am Ende
der Song stand: „Hegenberg, in dir scheint die Sonne“.
Jasmin Gmünder ist begeistert: „Die Jugendlichen haben
im Verlauf des Workshops viel besser und selbstbewusster
gesungen, als am Anfang.“ Nicht nur das Selbstwertgefühl
stieg an dem Wochenende, sondern auch der Zusammenhalt der „Crew“, die zu einer starken Gruppe wurde. „Alle
waren traurig, als es zu Ende war“, schildert sie. „Aber sie
waren auch stolz auf sich.“
Maßgeblich am Erfolg beteiligt waren aus Sicht der jungen
Frau auch die Lockerheit, das Verständnis und die Empathie der beiden Workshop-Leiter. Alles sei ganz spielerisch
gewesen: die gemeinsamen Lockerungs- und Atemübungen, das Feilen an Beats und Text und sogar das unermüdliche Üben der Song-Passagen, bis sie saßen.
Auch einige Kontakte hätten sich aufgetan, so Gmünder. Etwa zu Jens Wömpner von Sound4Flash, der das
Workshop-Wochenende mit seiner Kamera begleitete. Zwei
Jungs erhielten von einem Tontechniker das Angebot,
Aufnahmen im Tonlabor im Jugendhaus Ravensburg zu
machen.
Wie geht es weiter? Der Song zum Hegenberg steht.
Geplant ist nun ein Video-Clip dazu. Außerdem sind die Jugendlichen heiß auf Auftritte, zum Beispiel bei „Hegenberg
sucht das Supertalent“ oder vielleicht bei einem Konzert
im Jugendhaus Ravensburg. Die aufregende Abwechslung
vom Alltag geht sowohl für die Mitarbeiterinnen Jasmin
Gmünder und Katja Hinz als auch für die jungen Hip-HopTalente weiter.
Anne Oschwald
fachlich - menschlich - gut
19
19
Gleichstellung von Menschen mit Behinderung
LANDKREISE RAVENSBURG/BODENSEE/LINDAU/
ULM/TÜBINGEN – Der 5. Mai ist der Europäische Protesttag für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderung. Das Thema in diesem Jahr lautete „Einfach für
alle – Gemeinsam für eine barrierefreie Stadt“. In den
Landkreisen Ravensburg, Bodensee, Lindau, Ulm und
Tübingen schlossen sich Menschen der St. Gallus-Hilfe
und der Stiftung Liebenau dem bundesweiten Engagement von „Aktion Mensch“ an. Mit Informationen und
Aktionen verschafften sie sich Gehör, um das Bewusstsein in der Öffentlichkeit für ihre Situation zu verbessern. Die Akteure waren mit der Resonanz zufrieden.
Drei Veranstaltungen organisierten der Behindertenbeirat, die Offene Behindertenarbeit, die Kirchengemeinde St. Verena-Versöhnerkirche und die St. Gallus-Hilfe gemeinsam im Landkreis Lindau: den
Sinnesparcours den Filmabend „Vielen Dank für nichts“ in Lindau
sowie den Hut-Tag in Lindenberg. Die Trommelgruppe „Tschabum“
von den Lindenberger Werkstätten verschaffte sich mit heißen
Rhythmen Gehör. Foto: Karl
Heimbeiräte der St. Gallus-Hilfe und Werkstatträte der Liebenauer
Arbeitswelten informierten am eigenen Stand auf dem Wochenmarkt gemeinsam mit den Bewohnern der Wohngemeinschaften in
Meckenbeuren und in Brochenzell. Die Beratungsstelle Unterstützte
Kommunikation der St. Gallus-Hilfe zeigte ihre Arbeit auf und Schüler der Don-Bosco-Schule verkauften attraktive Handarbeiten.
Foto: Scheidel
Am Aktionsstand auf dem Markdorfer Dixifest stellten sich die
Bewohner der Markdorfer Wohngemeinschaft vor und informieren
die Bevölkerung über die Teilhabe in unterschiedlichen Lebensbereichen. Selbsterfahrungen sammeln konnten Interessierte im
Rollstuhl, mit dem Blindenstock bei verbundenen Augen oder im
Alterssimulationsanzug. Foto: Heckenberger
Beim Projekt-Café in Dußlingen haben die „Beatstomper“ aus Bad
Urach mit Percussion auf ungewöhnlichen Instrumenten kräftig
eingeheizt: Auf Plastiktonnen und Holzkisten spielten die sozial
benachteiligten und straffällig gewordenen jungen Männer und
Frauen. Bei der Aktion war auch der Kreisbehindertenbeauftragte
Willi Rudolf unter den Gästen. Foto: Roth
Ein buntes Programm bot das Ulmer WeststadtHaus mit seinen
vielen Akteuren. Untersucht wurde zusammen mit den Gästen, wie
barrierearm sie die eigene Stadt empfinden. Die kulinarische
Versorgung übernahmen die jungen Köche des Projekts „P!NK –
Inklusion am Mittagstisch“, einem von Aktion Mensch geförderten
Projekt der St. Gallus-Hilfe. Foto: Hösch
Aktions- und Informationsstände der AG Behinderung auf dem Leutkircher Pfingstmarkt zum Thema „Einfach für alle – Gemeinsam für
eine barrierefreie Stadt“. Der Behindertenbeirat der Stadt Leutkirch
hatte alle Hände voll zu tun, die interessierten Besucher zu informieren. Foto: Ohmayer
20
Einander besser verstehen durch Unterstützte Kommunikation
Mehr Teilhabe durch gelingende Kommunikation
FRIEDRICHSHAFEN – Wutausbrüche, Aggressionen –
Wenn Menschen mit Behinderung ein solches Verhalten
zeigen, hat das oft einen ganz einfachen Grund: Sie
fühlen sich von ihrem Gegenüber nicht richtig verstanden. Wo verbale Sprache an ihre Grenzen kommt, kann
„Unterstützte Kommunikation“ helfen. „Einander verstehen lernen“ – so lautete dann auch das Motto eines
gut besuchten Fachtages der St. Gallus-Hilfe (Stiftung
Liebenau) im Kulturhaus „Caserne“ in Friedrichshafen.
Als St. Gallus-Hilfe wollen wir einen tatkräftigen Beitrag
leisten, damit Menschen mit Behinderung möglichst selbstbestimmt teilhaben können“, sagte Geschäftsführer Jörg
Munk in seiner Begrüßung. Ein elementarer Bestandteil
des menschlichen Miteinanders – und damit der Teilhabe – sei die Kommunikation. „Nicht verstanden werden
oder sich dem anderen nicht mitteilen zu können – das
löst Unzufriedenheit, Frust, Verbitterung, Depression und
Ärger aus, was sehr schnell auch in Wut, Zorn und Aggression umschlagen kann“, betonte auch Markus Wursthorn
(Geschäftsleitung St. Gallus-Hilfe), der als Moderator durch
den Fachtag führte. Mittendrin zu sein – auch als Mensch
mit Behinderung: Ebenso wie bei der St. Gallus-Hilfe
Über 200 Fachkräfte interessierten sich für den Fachtag zur Unterstützten Kommunikation für Menschen mit Autismus im Kulturhaus
Caserne in Friedrichshafen-Fallenbrunnen.
sei dieses Thema auch im Bodenseekreis schon vor der
Inklusionsdebatte auf die Agenda gebracht worden, erklärte
Andreas Köster, Sozialbürgermeister der Stadt Friedrichshafen in seinem Grußwort.
Zu einer gelingenden Kommunikation beitragen kann die
sogenannte „Unterstützte Kommunikation“ (UK). Diese
umfasst Hilfsmittel, Maßnahmen und Ansätze für Menschen, die sich nicht zufriedenstellend über die Lautsprache mitteilen können. Die St. Gallus-Hilfe hat dazu eigens
eine entsprechende UK-Beratungsstelle eingerichtet und
diesem Thema erneut einen Fachtag gewidmet. Mit Claudio Castaneda von der Lebenshilfe Köln stand dabei ein
ausgewiesener Fachmann in Sachen Unterstützte Kommunikation auf der Bühne im Fallenbrunnen.
Menschen sind verschieden
Vorab warnte Claudio Castaneda davor, alle Autisten über
einen Kamm zu scheren. Personen mit einer solchen
Störung könnten völlig unterschiedlich sein – und zwar
„nicht weil sie Autisten sind, sondern weil sie Menschen
sind“. Castaneda plädierte auch dafür, nicht alles durch die
„Autismus-Brille“ zu sehen und jede Handlungsweise auf
diese Störung zurückzuführen. Oft sei ein Verhalten auch
schlicht durch die Biografie des jeweiligen Menschen zu
erklären, durch prägende Erfahrungen wie zum Beispiel
eine seit frühester Kindheit fehlende Geborgenheit und Zuneigung. Sowieso lege man bei Autisten zu sehr den Fokus
auf die Beschreibung des Verhaltens, dabei gehe es eher um
die Denkweise dahinter, ihre Wahrnehmungsverarbeitung
der Welt.
Welchen Beitrag kann die Unterstützte Kommunikation
hier leisten? Castaneda zeigte, dass in der UK mit unterschiedlichsten Methoden und Symbolen gearbeitet werden kann. Abstrakte Symbole könnten zum Beispiel von
Menschen mit Autismus genauso gut gelernt werden wie
konkrete. Wer lernt, sie selbst einzusetzen, kann auch
überfordernde Situationen durch die Kommunikation meistern. Werden bei der Umsetzung von UK die persönlichen
Interessen, die eigene Bedeutsamkeit und die Motivation
angesprochen, sei das Erlernen auch mit Spaß verbunden.
Wie lernt man Kommunikation?
PECS (Picture Exchange Communication System), ist ein
verhaltenstherapeutischer Ansatz in der UK, nach dem
eine Greif-Konditionierung erlernt werden soll. Nicht
Kapitel
21
21
der gewünschte Gegenstand, sondern eine Karte, die für
diesen steht, soll von der entsprechenden Person eingesetzt werden. Zu den dialogorientierten Ansätzen gehört
die „intensive Interaktion“. „Wir zelebrieren gemeinsam
das Verhalten“, so Castaneda. Zeichen für die gemeinsame
Sprache werden von den Kommunikationspartnern gemeinsam entwickelt. Im Fokus stehe am Anfang nicht der Inhalt
der Verständigung, sondern die Interaktion.
Als Arbeitsmethode stellte Castaneda auch Alternativübersichten vor. Zunächst wird die Ursache des Problemverhaltens gesucht, dann das Verhalten selbst und die Konsequenzen beschrieben. Im nächsten Schritt folgt die Erarbeitung
und Beschreibung alternativer Verhalten und alternativer
Konsequenzen. Legt eine Person verschieden gelagerte
Verhaltensauffälligkeiten an den Tag, können diese in einer
Mappe dargestellt werden. Castaneda nennt sie ein „soziales Lexikon“.
Eine seiner anschaulichen Ideen, die er mitbrachte, sind
Erzählbücher. Menschen, die in ihrer Kommunikation
beeinträchtigt sind, wenig kommunikative Erfahrung haben
oder einen Mangel an Bildung besitzen, erlernen mit ihrer
Hilfe das Erzählen von Geschichten. Kurze Sätze ergänzt
mit einer Auswahl von reellen oder fantastischen Subjekten
und Adjektiven in Symbolform helfen ihnen beim Aufbau.
Im Video erzählte der lebhafte Timo mit Hilfe solch eines
Buches fließend und freudestrahlend eine fantasievolle
eigene Geschichte.
Weitere Fachtagungen geplant
Um Diskussionen anzustoßen, Fachwissen zu vermitteln
und innovative Entwicklungen voranzutreiben, will die
St. Gallus-Hilfe regelmäßig solche Veranstaltungen ausrichten. So kündigte Geschäftsführer Jörg Munk weitere Fachtagungen zu Themen rund um die UN-Behindertenrechtskonvention an. Dass man sich diesmal den Fallenbrunnen
in Friedrichshafen als Tagungsort ausgewählt habe, sei kein
Zufall: „Das hier ist ja auch ein Ort, der sich wandelt, der
neue Wege geht, an dem spannende Entwicklungen stattfinden“, so Munk: „Und diese Symbolik passt recht gut zu
den Entwicklungen innerhalb der Hilfen für Menschen mit
Behinderung.“
Die Dokumentation zur Fachtagung ist zu finden unter
www.st.gallus-hilfe.de
Christof Klaus und Anne Oschwald
Claudio Castaneda von der Lebenshilfe Köln, ausgewiesener Fachmann in Sachen Unterstützte Kommunikation, brachte seine Erfahrungen und viele Praxisbeispiele zum Fachtag mit. Fotos: Oschwald
Zur Person:
Claudio Castaneda ist Sozialpädagoge und arbeitet seit
1998 mit Menschen mit Autismus verschiedener Altersstufen. Seit 2001 ist er Mitarbeiter der Lebenshilfe Köln. Im
Jahr 2004 begann er die UK-Beratung und Praxisbegleitung
für Mitarbeiter der Lebenshilfe; seit 2007 hat er einen
Unterrichtsauftrag UK an der Universität Köln. Für die Beratungsstelle UK & Autismus (BUKA) arbeitet er seit 2011.
Die überregionale Beratungsstelle der
St. Gallus-Hilfe informiert und berät auch
externe Einrichtungen zum Thema UK:
Elke Schätzle, UK-Fachberaterin (ISAAC)
Hegenberg 1
88074 Meckenbeuren
Telefon: 07542 10-2402
elke.schaetzle@st.gallus-hilfe.de
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Stabilität durch Mitarbeiter wirkt oft im Hintergrund
„Das habe ich selbst geschafft“ TETTNANG – Margit Grupp hat viel erreicht.
Vor 18 Jahren gelang ihr der Sprung in ein weitgehend
eigenständiges Leben, in dem sie sich bis heute und
trotz eines Schicksalsschlags erfolgreich behauptet.
An ihrer Seite waren unterschiedliche Mitarbeiter, die
sie unterstützt haben.
Schon als
Kleinkind lebte
Margit Grupp im
Kinderheim. Mit
sieben Jahren
kam sie nach
Liebenau, später
nach Hegenberg,
dort ging sie auch
zur Schule. Bis
zum Alter von 34
Jahren lebte sie
in verschiedenen
Wohngemeinschaften und übte
Margit Grupp hatte schon viele Menschen
an ihrer Seite: Das meiste hat sie auch
unterschiedliche
aufgrund der eigenen Motivation geschafft.
Foto: Hofmann
Beschäftigungen
aus, immer im
Rahmen der Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM).
Aber dann nahm ihr Leben eine deutliche Wende: In dichten Abständen folgten der Umzug in eine eigene Wohnung,
die Heirat und der Beginn einer Beschäftigung auf dem
allgemeinen Arbeitsmarkt. Dabei musste sie auch Enttäuschungen verkraften, denn erst im dritten Versuch klappte
es mit der Arbeitsstelle. Seit 1999 arbeitet Margit Grupp
nun im Café Central in Ravensburg. „Voll zufrieden“ sei
man mit ihr nach der Probezeit gewesen.
Den Wechsel ins Ambulant Betreute Wohnen (ABW)
schaffte sie zusammen mit ihrem damaligen Freund und
späteren Ehemann Wolfgang. Gemeinsam bezogen sie, die
sich schon seit Kindertagen nahe gewesen waren, ihre erste
eigene Wohnung in Meckenbeuren. Geheiratet haben sie
im Mai 1999. Die Ehe dauerte neun Jahre, bis zu Wolfgang
Grupps plötzlichem Tod. Nach diesem Schicksalsschlag
hatte sie eine schwere Zeit.
Heute wohnt sie in Tettnang, in unmittelbarer Nachbarschaft zu Freunden und Bekannten, die so wie sie ambulant
unterstützt werden. Auch einen neuen Partner hat sie wieder gefunden. Nach einem Bandscheibenvorfall und langer
Krankheitsphase arbeitet sie nur noch drei Stunden täglich,
doch dieses Pensum kann sie gut bewältigen.
Auf die Frage, wer ihr denn bei diesem oder jenem geholfen habe, antwortet Margit Grupp jedes Mal: „Das habe
ich selbst geschafft.“ Sie war es, die den Willen hatte, auf
eigenen Beinen zu stehen, Geld zu verdienen und außerhalb einer Einrichtung zu leben. Bei näherem Nachdenken
fallen ihr aber doch Menschen ein, die sie auf ihrem Weg
unterstützt haben. Sie erinnert sich an die Namen zweier
Lehrerinnen, die ihr wichtig waren. Grinsend ergänzt sie:
„Aber die haben es nicht leicht mit mir gehabt.“ Details
lässt sie offen. Als Kind hatte sie eine Erzieherin, mit der
sie bis heute in Verbindung steht und die ihr viel bedeutet.
„Die war immer für mich da.“ Andere haben die Stationen
ihres Lebens begleitet. Sie nennt den Job Coach, der ihr zu
Beginn ihrer Tätigkeit im Café geholfen hat, die Betreuerin
aus der Anfangszeit im ABW und ihre aktuelle Assistentin,
Brigitte Sauter-Notheis, die sie nun schon seit vielen Jahren
begleitet.
Aus Margit Grupps Schilderungen wird deutlich: Mitarbeiter haben etwas geleistet. Zum Beispiel haben sie die
notwendige Geduld aufgebracht, wenn das Kind „nicht
leicht zu haben“ war und konnten „da sein“, wenn sie gebraucht wurden. Grundlage jeder Entwicklung sind sichere
Bindungen. Jeder braucht Menschen, die ihn in schwierigen Phasen aushalten, trösten, wenn etwas schief geht und
ermutigen, es wieder zu versuchen. Die Schritte, die einen
persönlich weiterbringen, muss aber jeder selbst tun. Insofern gilt Margit Grupps Satz uneingeschränkt: „Das habe
ich selbst geschafft.“
Ruth Hofmann
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Produktentwicklung in Zusammenarbeit mit Studierenden
Neue Produkte verheißen Abwechslung ROSENHARZ – Vielfältige Arbeiten und Beschäftigungen
machen eine Werkstatt für Menschen mit Behinderung interessant und attraktiv. Industrietätigkeiten und
Grünlandpflege sind in der Werkstatt in Rosenharz die
Schwerpunkte. Jetzt könnte die Palette demnächst um
die Arbeit mit Lebensmitteln ergänzt werden, nämlich
mit Schokolade. Studierende der Hochschule Albstadt
Sigmaringen kreierten sie im Rahmen einer Projektarbeit für die St. Gallus-Hilfe.
beiden schafften es und konnten sowohl Verena Bucher, die
überregionale Hauswirtschaftsleiterin, als auch Werkstattleiter Albert-Jan Brunzema von dem Produkt überzeugen.
Ihnen servierten sie ein herrlich schmelzendes, nicht zu
süßes Etwas: Konsistenz, Mundgefühl, Farbe und Glanz
passten. „Das Rühren und das Temperieren sind das Wichtigste“, konnten die beiden Studierenden nach Abschluss
der Arbeit gelassen zusammenfassen. „Wenn das stimmt,
kann nichts schiefgehen.“ Die in schön gestaltetem Papier
eingewickelten Täfelchen ließen daran keinen Zweifel.
Noch ist sie Zukunftsmusik. Die Rosenharzer Schokolade.
Aber die Basis ist gelegt. Die beiden Studierenden Ebru
Yildiz und Christian Bartolac präsentierten Ende März die
Ergebnisse ihrer wissenschaftlichen Arbeit auf der Suche
nach der süßen Versuchung. Immerhin isst im Schnitt jeder
Bundesbürger mehr als zwölf Kilogramm Schokolade pro
Jahr. Als hätte man es nicht schon gewusst, galt Bitterschokolade früher als Medizin und wurde in Apotheken
verkauft. Auch heute kennt jeder ihre gemütserhellende
Wirkung. Diese informativen Fakten stellten die beiden an
den Beginn ihrer Präsentation.
Dann kamen sie zum Kernstück, dem Herstellungsprozess.
Und der hat es in sich, wie die beiden in der Projektphase
– mitunter schmerzlich – erfahren mussten. Die hochwertigen Inhaltsstoffe wollen umschmeichelt werden, um selber
dann auf der Zunge zu schmeicheln. Vor allem wenn es um
Glanz und Knackigkeit geht, wird es spannend. Doch die
Wie geht es weiter?
Nun gilt es für die Verantwortlichen in Rosenharz das Produkt weiterzuentwickeln – im besten Fall bis zur Marktfähigkeit. Zum einen gilt es zu kalkulieren, da diese hochwertige Schokolade preislich mit industriell hergestellter
Schokolade nicht mithalten kann. Was genauso wichtig ist,
sind die Produktionsprozesse: Da es sich um ein Lebensmittel handelt, müssen vorab viele rechtliche und hygienische
Punkte geklärt und im Produktionsprozess berücksichtigt
werden. Die Rosenharzer Bitterschokolade würde sich
wunderbar in die Eigenproduktserie aus Keksen, Müsli und
Co einreihen, die es bereits gibt.
Und sie wäre ein Erfolg für alle: eine gelungene Referenz
für die Studierenden, ein weiteres Produkt für die Rosenharzer, das Abwechslung in den Arbeitsalltag bringt, und
für die Kunden ein außergewöhnlicher Gaumenschmaus.
Anne Oschwald
Ebru Yildiz und Christian Bartolac
(Studierende der Hochschule Albstadt Sigmaringen) präsentierten
die „Rosenharzer Schokolade“,
die bei ihrem Projekt entstand.
Fotos: Oschwald
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Neue Wohnhäuser in Friedrichshafen und Meckenbeuren-Brochenzell
Heimat: kein Ort, sondern ein Gefühl -
FRIEDRICHSHAFEN/MECKENBEUREN-BROCHENZELL – Im Zuge der Regionalisierung der Angebote für
Menschen mit Behinderung der St. Gallus-Hilfe entstanden in der Marienstraße in Friedrichshafen sieben
Wohnungen für 18 Menschen mit Unterstützungsbedarf.
Unter demselben Dach hat die Sozialstation der Katholischen Gesamtkirchengemeinde als Kooperationspartner
ihre Arbeit aufgenommen. In Meckenbeuren-Brochenzell wurde das neue Wohnhaus ab Anfang Mai bezogen.
Es bietet 24 Erwachsenen nmit höherem Unterstützungsbedarf Wohnraum in der Gemeinde.
„Heimat ist kein Ort, Heimat ist ein Gefühl“, zitierte
Markus Wursthorn (Geschäftsleitung St. Gallus-Hilfe) bei
der Einweihung in Friedrichshafen den Musiker Herbert
Grönemeyer. In diesem Sinne sei das Haus in der Marienstraße die äußere Hülle mit drei Wohngemeinschaften für
Das neue Wohnhaus für 18 Menschen mit Unterstützungsbedarf
liegt zentral in der Marienstraße in Friedrichshafen. Foto: Klaus
vier Personen, zwei Zweier-WGs und zwei Einzimmerappartements – alle mit eigener Küche und Bad sowie Balkon.
Hinzu kommt das Dienstzimmer. „Alle Bewohner haben
entsprechend der Landesheimbauverordnung ein Einzelzimmer“, berichtete Wursthorn.
Neue Arbeitsstätten in Bad Waldsee und Rosenharz
Innovative Ideen ganz inklusiv BAD WALDSEE/BODNEGG-ROSENHARZ – Zwei neue
tagesstrukturierende Arbeitsstätten gingen Ende des vergangenen Jahres in Betrieb: in Bad Waldsee das Bildung-,
Begegnungs- und Förderzentrum (BBF), das die Liebenauer Arbeitswelten mit den Integrations-Werkstätten
Oberschwaben (IWO) gebaut haben. Als weiterer Meilenstein ist in Rosenharz im Rahmen der Modernisierung der moderne Förder- und Betreuungsbereich (FuB)
der St. Gallus-Hilfe entstanden.
„Ein wunderbares Projekt“, sagte Diana E. Raedler bei der
Einweihung des BBF in Bad Waldsee. Die Sozialdezernentin des Landkreises Ravensburg würdigte die innovative,
inklusive und dezentrale Weiterentwicklung von Angebotsstrukturen der Hilfen für Menschen mit Behinderung. „Bad
Waldsee ist ein guter Ort für Kooperationen und Partnerschaft“, bestätigte Bernhard Schultes. Der erste stellvertretende Bürgermeister von Bad Waldsee lobte die trägerübergreifende Zusammenarbeit: „Im BBF ist die Teilhabe von
Erstmalig bauten zwei Träger im Sinne der Inklusion: der Bildungs-,
Betreuungs- und Förderbereich der Liebenauer Arbeitswelten und
der Integrationswerkstätten Oberschwaben in Bad Waldsee.
Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf vorbildlich,
dezentral und gemeindenah umgesetzt worden.“ Ziel ist
die bewusste Öffnung zum Gemeinwesen und die Integration von Dienstleistungen für örtliche Unternehmen.
In enger Zusammenarbeit mit der Stadt und dem Landratsamt wurde das tagesstrukturierende Arbeitsangebot für 48
Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf verwirklicht.
Die Liebenauer Arbeitswelten begleiten 24 Menschen. „So-
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Zentrale Lage, kurze Wege, öffentliche Verkehrsmittel
– Franz-Bernhard Bühler, zweiter Vorsitzender der Katholischen Gesamtkirchengemeinde nannte die Vorteile des
Stadthauses. „Das moderne Gebäude fügt sich harmonisch
in die Nachbarschaft ein.“ Noch wichtiger sei jedoch die
gesellschaftliche Wirkung. „Wir sind dankbar, dass hier die
Kooperation zweier katholischer Träger erfolgreich umgesetzt wurde“, so Bühler.
Gefördert wurde das neue Wohnangebot für mehr Teilhabe
und Inklusion vom Land Baden-Württemberg mit 640.000
Euro und von der Aktion Mensch mit 250.000 Euro.
Auch in Meckenbeuren-Brochenzell ist neben dem Pflegeheim St. Josef (St. Anna-Hilfe ein großzügig gestaltetes,
lichtes und barrierefreies Haus mit Wohnplätzen für 24 erwachsene Menschen mit Unterstützungsbedarf entstanden.
Auf zwei Etagen mit je zwei 5er-Wohngemeinschaften gibt
es ausschließlich Einzelzimmer. „Alle Wohngemeinschaften
verfügen über einen gemütlichen Wohnraum mit Küche,
Esszimmer und Sanitärbereich mit Pflegebad“, informierte
Christine Beck (Geschäftsleitung der St. Gallus-Hilfe) bei
der Einweihung Ende April. Ergänzend biete das Haus vier
Einzelappartements für die Menschen, die mehr Rückzug
benötigen und eigenständiger leben können. Die neuen
Klarheit, Transparenz und räumliche Vielfalt: Das neue Wohnhaus
für 24 Erwachsene mit höherem Unterstützungsbedarf in Meckenbeuren-Brochenzell. Foto: Scheidel
Bewohner von Brochenzell werden von Fachkräften und
unterstützenden Kräften begleitet. Die Tagesstruktur orientiert sich an den persönlichen Neigungen und Fähigkeiten.
Bürgermeister Andreas Schmid versicherte: „Wir tun, was
uns möglich ist, um das sehr gute Projekt weiterhin zu
begleiten. „Sie sind uns willkommen!“ begrüßte er die
Neubürger.
Das Land und der Kommunalverband für Jugend und Soziales (KVJS) haben sich mit 856.000 Euro an den Baukosten
in Höhe von 2,3 Millionen Euro beteiligt.
Claudia Wörner und Lioba Scheidel
wohl die IWO als auch die Liebenauer Arbeitswelten sind
in Bad Waldsee verortet“, bestätigte Jörg Munk, Geschäftsführer der St. Gallus-Hilfe.
„Die Durchlässigkeit zwischen Werkstatt und Förder- und
Betreuungsbereich hat den Förderausschuss überzeugt“,
berichtete Michael Heck vom Kommunalverband Jugend
und Soziales Baden-Württemberg. Dieser beteiligte sich mit
790.000 Euro an den Baukosten in Höhe von 2,2 Millionen
Euro. Aktion Mensch unterstützte das Kooperationsmodell
mit 110.000 Euro.
Therapieräume erlauben ein individuelles Heranführen an
grob- und feinmotorische Tätigkeiten. Entsprechend des
persönlichen Bedarfes erhalten die Beschäftigten fachlich
differenzierte pädagogische, therapeutische und gegebenenfalls fachmedizinische Unterstützung.
An den Baukosten in Höhe von 4,2 Millionen Euro haben
sich das Land Baden-Württemberg und der Kommunalverband für Jugend und Soziales (KVJS) mit 973.000 Euro
beteiligt, Aktion Mensch mit 110.000 Euro.
Lioba Scheidel
Individuelle Tagesstruktur
In Rosenharz erhalten 48 Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf sowie sechs Senioren seit November 2015 in
dem ebenerdigen und lichten Haus eine personenorientierte selbstbestimmte Tagesstruktur. Ein vom Tageslicht
erhellter Flur verbindet die acht Gruppenräume miteinander. Rollstuhlfahrer und gehunsichere Menschen können
sich in dem großzügig angelegten, geschützten Foyer und
Flur wie in dem gesamten Gebäude bewegen. Eine Fachkraft begleitet jeweils sechs Beschäftigte. Jede Gruppe
verfügt über einen Gruppenraum mit Ruhezone, Küche und
Essbereich. Im Sommer vergrößert sich der Bewegungsradius um die großzügige gemeinsame Terrasse. Die Werk- und
Im neuen Förder- und Betreuungsbereich (FuB) in Rosenharz erhalten
seit Ende vergangenen Jahres Menschen mit höherem Unterstützungsbedarf eine Tagesstruktur. Fotos: Scheidel
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Kung Fu schult Körperbewusstsein und Vertrauen
Training macht stark
HEGENBERG – Kung Fu ist eine chinesische Kampfkunst und bedeutet Zeit, Mühe, harte Arbeit oder Kraft,
die notwendig ist um eine besondere Fähigkeit zu erlernen. In der sanften Variante der Kampfkunst, nämlich
dem Wing Chun (Ewiger Frühling), üben sich in Hegenberg derzeit acht junge Frauen und Männer. Jede Woche
trainieren sie in der Turnhalle mit ihrem Lehrer (Sifu)
Stefen M. Schrapp von der Kung Fu & Qi Gong Schule
Ravensburg.
Lap Sao ist die Lieblingsübung von Alica, Colleen, Daniel,
Fabian, Marco, Mateo, Michaela und Sven. Ein Schüler
steht dem anderen Schüler gegenüber. In schnellen Wiederholungen ziehen und greifen die Arme gleichzeitig. Die Bewegungen fließen harmonisch ineinander, wie ein Tanzen
von Händen und Armen, als wäre alles ganz einfach.
Doch das Meistern der Techniken ist alles andere als
leicht. Für Stefen M. Schrapp geht es auch darum, dass
die Schüler lernen, ihrem Körper und damit sich selbst zu
vertrauen. Deshalb sind die Wiederholungen so wichtig.
Die Schüler erleben, dass sie die Abfolge von Ziehen und
Greifen nicht mit dem Kopf steuern können, sondern dass
es etwas mit dem Körper zu tun hat. Nach genügend Wiederholungen stellt sich der Körper automatisch darauf ein.
Ein Lernerfolg ist damit schnell spürbar.
Gemeinsam mit ihrem Lehrer ergründen die Kung Fu Schüler die Kampfkunst. Sie wollen lernen, sich selbst zu verteidigen, andere und sich selbst zu schützen. Aber wie geht
das? „Mit der Konzentration auf die Methode lernen sie
größere Kräfte zu überwinden“, erklärt Stefen M. Schrapp.
Wie beim Lap Sao lernen die Schüler die Bewegungen des
anderen für sich selbst zu nutzen, nicht in die Verteidigung
und Konfrontation zu gehen, sondern den Bewegungen des
anderen zu folgen.
Jede Technik ist eine Übung für sich. „Wir sind es nicht
gewohnt, dass wir unsere rechte Hand vor unseren Körper
halten“, bestätigt Stefen M. Schrapp. Aber immer beginnt
eine Übung mit dem Innehalten, mit dem Hinspüren, wie
die Beine stehen, was die Hände tun, um dann aus der
Mitte heraus zu agieren und zum Beispiel aus dem Stand
heraus zum rasenden Tiger zu werden. Der „Tiger“ ist eine
kraftvolle Kung-Fu-Bewegung, um die Knochen und Gelenke zu trainieren.
Stiftung Allianz für Kinder
Für den heilpädagogischen Fachdienst Stephan Becker bedeutet das
Wort Selbstverteidigung die hohe
Kunst „bei sich selbst zu sein.“
Stephan Becker ist überzeugt:
„Kung Fu ergänzt und erweitert
unser körper- und bewegungsorientiertes Freizeit- und Therapieangebot für Kinder und Jugendliche.“ Die 40 Doppelstunden in
der Kampfkunst Kung Fu werden
finanziert von der Stiftung Allianz
für Kinder.
Lioba Scheidel
Die Jugendlichen in Hegenberg lernen
beim Kung Fu ihrem Körper und sich
selbst mehr zu vertrauen. Foto: Scheidel
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Handbuch hilft Heimkindern, ihre Rechte einzufordern
Wer seine Rechte kennt, kann sie einfordern
RAVENSBURG – Nur wer seine Rechte kennt, kann sie
auch einfordern. Das gilt auch für Kinder, die in Heimen
leben. Für sie gibt es ein neues Handbuch, das Rechte
erklärt, wie das Recht auf Privatsphäre oder das Recht
auf Taschengeld. Rund hundert Kinder, Jugendliche und
Mitarbeiter aus den beteiligten Einrichtungen haben im
April das erfolgreiche Projekt in Ravensburg gefeiert.
„Kinder werden oft nicht ernst genommen, Menschen mit
Behinderung auch nicht. Kinder mit Behinderung haben es
also doppelt schwer“, sagte Annerose Siebert. Die Professorin von der Hochschule Ravensburg-Weingarten hat sich bei
der Feierstunde im Ravensburger Schwörsaal an die Kinder
gewandt: „Das neue Buch beschreibt eure Rechte ganz
toll“, lobte sie. Mit Blick auf die UN-Kinderrechts- und
die UN-Behindertenrechtskonvention erklärte Siebert den
Kindern: „Alle Menschen in Deutschland müssen sich an
diese Rechte halten.“
„Kinderrechte sind keine Großzügigkeit der Erwachsenen“,
bestätigte Michael Riehle vom Landesjugendamt im Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg
(KVJS). Es handle sich um zentrale Rechte, die Kinder
einfordern könnten. „Im Sinne des inklusiven Gedankens“
sollten diese Rechte auch in Schulen und Heimen umgesetzt werden. Dazu soll das neue Handbuch beitragen,
das Kinder und Mitarbeiter, die am Projekt teilgenommen
haben, Riehle feierlich überreichten. Das Buch ist Ergebnis
eines zweijährigen Forschungsprojekts des Arbeitskreises
der Kinder- und Jugendeinrichtungen in der Arbeitsgemeinschaft Hilfen für Behinderte und psychisch kranke
Menschen (AGBEPS) in der Diözese Rottenburg-Stuttgart.
Sieben Caritas-Einrichtungen der Behindertenhilfe aus
Baden-Württemberg haben sich daran beteiligt. Angestoßen
hatte das Projekt Christoph Gräf, (ehemals Leiter des Fachbereichs Kinder, Jugend und Familie der St. Gallus-Hilfe).
Koordinatorin Stephanie Probst hat die beteiligten Kinderheime besucht und Kinder, Jugendliche und Mitarbeiter
in den Wohngruppen befragt. Gräf und Probst sind auch
die Herausgeber des Handbuchs. Das Projekt wurde in der
wir 1 2015 ausführlich vorgestellt. Finanziell unterstützt
wurde es von der Aktion Mensch.
Elke Oberländer
Bei der Feier zur Buchvorstellung waren viele Kinder dabei, die beim
Projekt mitgewirkt haben, hier mit den Herausgebern Christoph Gräf
(6.v.l.) und Stefanie Probst (3.v.r. stehend). Foto: Droste-Gräff
Das Praxishandbuch „Kinderrechte im Alltag von
Kinderheimen. Geachtet, beteiligt, gefördert,
beschützt!“ fasst die Erfahrungen und Ergebnisse des Forschungsprojekts zusammen. Es ist
bei Beltz-Juventa erschienen, hat 142 Seiten und
kostet 19,95 Euro. ISBN: 978-3-77993290-1.
Kooperationspartner im Kinderrechte-Projekt
waren:
Wohnen und Begleiten in Ingerkingen
(St. Elisabeth-Stiftung)
Schule für Blinde und Sehbehinderte in Baindt
(Stiftung St. Franziskus Heiligenbronn)
Fachbereich Kinder, Jugend und Familie der
St. Gallus-Hilfe
Kinderheim St. Johann in Wilhelmsdorf-Zußdorf
(St. Jakobus Behindertenhilfe)
St. Josefshaus in Herten, die Stiftung Haus
Lindenhof in Schwäbisch Gmünd
Kinder- und Familienzentrum St. Augustinus
in Freiburg (Sozialdienst Katholischer Frauen).
Angebote der St. Gallus-Hilfe
Geschäftsleitung
Tel.: 07542 10-2000 (Sek.) info@st.gallus-hilfe.de
Die St. Gallus-Hilfe im Überblick
Sozialdienst
(Informationen und
persönliche Beratung)
Julia Liehner (Erw.)
Lea Konrad (KiJu)
Thomas Bürkle (Arbeit)
Wohnen/FuD/Offene Hilfen
Landkreis Ravensburg
Carla Gitschier Wohnen/FuD/Offene Hilfen
Bodenseekreis
Hermann Engbers
Fachzentrum Erwachsene
Liebenau/Hegenberg
Ruth Rothermel
Fachzentrum Erwachsene
Rosenharz
Margarete Crönert
Fachzentrum Kinder
und Jugendliche
Eberhard Bleher Wolfgang Közle Bildung/Arbeit/Förderung
Stefan Fricker
Michael Worschischek
Landkreis Konstanz
Sylvia Fiedler Landkreis Lindau
Angela Karl Schwarzwald-Baar-Kreis
Barbara Reichstein
Landkreis Sigmaringen
Franz Walter Landkreis Tübingen
Teresa Roth
Landkreis Tuttlingen
Nicole Scherzinger
Landkreis Ulm
Angelika Bayer
Telefon: 07542 10-2023
julia.liehner@st.gallus-hilfe.de
Telefon: 07542 10-2024
lea.konrad@st.gallus-hilfe.de
Telefon: 07542 10-2311
thomas.buerkle@st.gallus-hilfe.de
Kinder und Jugendliche
Frühförderung
Schule
Berufs(aus)bildung
Kurzzeitwohnen
Ambulant Betreutes Jugendwohnen
Betreutes Wohnen in Familien
Wohnhäuser, Wohngemeinschaften,
Appartements
Sozialmedizinische Nachsorge
Kinderhospizdienst
Telefon: 07542 10-2100
ruth.rothermel@st.gallus-hilfe.de
Erwachsene
Freizeit- und Bildungsangebote
Berufliche (Aus-)Bildungsangebote
Differenzierte Arbeit und Beschäftigung
Ambulante Arbeitsassistenzangebote
Wohnhäuser, Wohngemeinschaften,
Appartements
Kurzzeitwohnen
Ambulant Betreutes Wohnen
Betreutes Wohnen in Familien
Trainingswohnen
Wohnhäuser
Persönliches Budget
Telefon: 07520 929-2602
margarete.croenert@st.gallus-hilfe.de
Angehörige
Familienentlastende Angebote
Familienfreizeiten
Telefon: 0172 8939372
carla.gitschier@st.gallus-hilfe.de
Telefon: 07542 10-2420
hermann.engbers@st.gallus-hilfe.de
Telefon: 07542 10-2440
eberhard.bleher@st.gallus-hilfe.de
Telefon: 07542 10-2510
wolfgang.koezle@st.gallus-hilfe.de
Telefon: 07542 10-2333
stefan.fricker@st.gallus-hilfe.de
Telefon: 07542 10-2332
michael.worschischek@st.gallus-hilfe.de
Telefon: 07731 59 69 63
bwf-singen@st.gallus-hilfe.de
Telefon: 08382 2739569
adl@st.gallus-hilfe.de
Telefon: 07721 2068-269
barbara.reichstein@st.gallus-hilfe.de
Telefon: 07542 10-2021
franz.walter@st.gallus-hilfe.de
Kindergärten und Schulen
Fachdienst Teilhabe
für Erzieher/-innen und Lehrer/-innen
Spendenkonto: Stiftung Liebenau
Sparkasse Bodensee
Kto. 209 944 71, BLZ: 690 500 01
IBAN: DE 35 6905 0001 0020 9944 71
BIC: SOLADES1KNZ
Impressum
Redaktion: Helga Raible (verantw.),
Anne Oschwald, Susanne Droste-Gräff
Auflage: 4000
Ausgabe: 2/2016
Erscheinungsweise: 2 Ausgaben pro Jahr
Telefon: 07072 1399799
teresa.roth@st.gallus-hilfe.de
Telefon: 07721 99289-23
nicole.scherzinger@st.gallus-hilfe.de
Telefon: 0731 159399-630 adulm@st.gallus-hilfe.de
St. Gallus-Hilfe gGmbH
Siggenweilerstraße 11
88074 Meckenbeuren
info@st.gallus-hilfe.de
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