Ein Stadtteil schwingt sich auf
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Ein Stadtteil schwingt sich auf
TOPOS Ein Stadtteil schwingt sich auf Strategiekonzept für eine flächendeckende, ganzheitliche Gesundheitsförderung im Stadtteil Stadtforschung 2006 TOPOS Stadtplanung Landschaftsplanung Stadtforschung Badensche Straße 29 10 715 Berlin Tel.: 030 / 864 90 40 Fax: 030 / 864 90 413 eMail: mail@topos-planung.de „Ein Stadtteil schwingt sich auf“ Strategiekonzept für eine flächendeckende, ganzheitliche Gesundheitsförderung im Stadtteil Auftraggeber: BSG mbH Quartiersmanagement Schillerpromenade Bearbeitung: TOPOS Stadtforschung Michael Häfelinger Sigmar Gude Alexandra Hoorn Studiengang Public Health der Technischen Universität Berlin Heike Gede Verena Kupilas Elvira Mauz Anne Theobald Rahsan Yesil Berlin, Juli 2006 TOPOS Stadtforschung Inhalt Vorbemerkungen 4 1. Das Projekt „Ein Stadtteil schwingt sich auf“ 4 1.1. Aufgabenstellung 4 1.2. Einordnung des Projekts 5 1.3. Vorgehensw eise der Konzepterstellung 6 1.4. Aufbau des Berichts 9 2. Theoretische Grundlagen lokaler Gesundheitsförderung 10 2.1. Das erw eiterte Verständnis v on Gesundheit 10 2.2. Das erw eiterte Konzept der Gesundheitsförderung 11 2.3. Gesundheitsförderung im Setting Stadtteil 13 Teil I - Analyse 17 3. Rahmenbedingungen im QM-Gebiet Schillerpromenade 17 3.1. Lage und v erkehrstechnische Anbindung 17 3.2. Bauliche Struktur und Straßenbild 17 3.3. Infrastruktur 18 3.4. Das Netzw erk der lokalen Akteure 22 3.5. Fazit: Potentiale und Defizite im Gebiet 25 4. Analyse der Zielgruppen und ihrer GesundheitsförderungsBedarfe 28 4.1. Zielgruppen 28 4.2. Sozialstruktur und Größenordnungen der Zielgruppen im QM-Gebiet Schillerpromenade 31 4.3. Bedarfe der Familien 42 4.4. Bedarfe der Jugendlichen 49 4.5. Bedarfe der Haushalte ohne Kinder 56 4.6. Besondere Einzelbedarfe 57 TOPOS Stadtforschung Teil II – Konzept für die Gesundheitsförderung 61 5. Gesundheitsförderung im QM-Gebiet 61 5.1. Organisation der Gesundheitsförderung im QM-Gebiet 61 5.2. Leitlinien des Gesamtprojekts 62 5.3. Leitlinien der Einzelprojekte 63 6. Handlungsbedarfe der Gesundheitsförderung im QM-Gebiet 67 6.1. Bew egungsförderung 67 6.2. Ernährung 74 6.3. Gesundheitliche Aufklärung 77 6.4. Versorgung und Inanspruchnahme 79 6.5. Lebenskompetenz 81 7. Leitprojekte der Gesundheitsförderung im QM-Gebiet 86 7.1. Gesundheitslotsen 87 7.2. Angebote für junge Eltern: „Eltern sein“ 88 7.3. Ernährungsberatung „Gesunde Küche“ 89 7.4. Bew egungsförderung für w eibliche Jugendliche: „Girls Mov e“ 91 7.5. Stadtteilmütter auf neue Gruppen ausw eiten 93 7.6. Lokales Netzw erk „Gesunde Kitas in der Schillerpromenade“ 94 7.7. Integrierte Gesundheitsförderung für Senioren: „Gesund älter w erden in der Schillerpromenade“ 96 8. Konzept für die Koordinationsstelle 98 8.1. Aufgaben 98 8.2. Organisation und Ausstattung 99 8.3. Checkliste Anforderungen 106 9. Qualitätsmanagement: das Evaluationskonzept 108 9.1. Grundlegende Formen der Ev aluation 108 9.2. Selbstev aluation der Koordinationsstelle 109 9.3. Kriterien der Ev aluation v on Projekten im Stadtteil 110 9.4. Checklisten Ev aluation 113 10. Anhang 115 10.1. Weiterführende Literatur zum Thema 115 10.2. Abbildungsv erzeichnis 116 10.3. Befragte Ex perten 117 2 TOPOS Stadtforschung Vorbemerkung zur Sprachregelung Aus Gründen der besseren Lesbarkeit w urde bei den Bezeichnungen v on Personengruppen im folgenden Tex t auf die ex plizite Verw endung der w eiblichen Form v erzichtet („Sozialhilfeempfänger“ statt „SozialhilfeempfängerInnen“, „Sozialhilfeempfänger/-innen“, „Sozialhilfeempfänger und -innen“ oder „Sozialhilfeempfänger und Sozialhifeempfängerinnen“). Die geschlechterneutrale Lösung über eine Partizipialkonstruktion („Sozialhilfe Empfangende“) entspricht w iederum nicht dem erforderlichen Terminus technicus. Der Verzicht auf die sprachliche Erw ähnung bedeutet keinesfalls, dass die v orliegende Analy se und Konzeption der Gesundheitsförderung inhaltlich geschlechterspezifische Benachteiligungen unberücksichtigt lässt. Die Geschlechtsspezifik ist ein w esentliches Querschnittsthema der Gesundheitsförderung und w urde bei allen untersuchten Fragestellungen berücksichtigt. Die Autorinnen und Autoren 3 TOPOS Stadtforschung Vorbemerkungen 1. Das Projekt „Ein Stadtteil schwingt sich auf“ 1.1. Aufgabenstellung Das Quartiersmanagement Schillerpromenade plant derzeit ein längerfristiges Projekt, dessen Ziel es ist, das Thema Gesundheit im QM-Gebiet nachhaltig zu v erankern. Unter dem Motto „Ein Stadtteil schw ingt sich auf – Gesunde Kinder und kompetente Eltern in einem v ernetzten Stadtteil“ soll die Grundlage für einen gesundheitsbew ussten Lebensstil für alle Bürger und Bürgerinnen des Gebiets geschaffen w erden. Ziel des Gesamtprojektes „Ein Stadtteil schw ingt sich auf!“ ist es, möglichst v iele Personen des Quartiers in gesundheitsfördernde Maßnahmen einzubinden, konkretes Wissen über Gesundheitsförderung zu v ermitteln und sie bei der gesundheitsförderlichen Gestaltung ihres Lebens zu unterstützen („Empow erment“). Besonderes Augenmerk gilt dabei sozial schw achen und bildungsfernen Bev ölkerungsgruppen. Zentraler Gedanke des Gesamtprojektes ist es, ein umfassendes Strategiekonzept zu entw ickeln, die bestehenden Netzw erkstrukturen w eiter zu entw ickeln sow ie die im Stadtteil v orhandenen Angebote besser zu nutzen. Zur Umsetzung der Strategie soll eine Anlauf- und Koordinierungsstelle eingerichtet w erden, die den gesamten Prozess betreut. Ziel dieses Projektes w ar es, ein handlungsorientiertes Konzept für die lokale Gesundheitsförderung zu erarbeiten, mit dem die Gesundheitsförderung im QMGebiet Schillerpromenade etabliert und nachhaltige Strukturen geschaffen w erden können. Dazu mussten folgende Fragen beantw ortet w erden, die sich in dieser Form auch im Bericht w ieder finden: Leitfrage Kapitel • Was brauchen die Menschen im QM-Gebiet? 4: Analy se der Zielgruppen und ihrer Gesundheitsförderungs-Bedarfe • Welche Projektangebote w erden benötigt? 6: Handlungsbedarfe der Gesundheitsförderung im QM-Gebiet • Welche Projekte sollten zuerst angeschoben w erden? 7: Leitprojekte der Gesundheitsförderung im QMGebiet • Wie kann das organisiert w erden? 8: Konzept für die Koordinationsstelle & 9: Qualitätsmanagement: das Ev aluationskonzept Das Thema Gesundheit berührt mehrere Bereiche gesellschaftlichen Zusammenlebens und erfordert deshalb einen interdisziplinären Ansatz. TOPOS 4 TOPOS Stadtforschung Stadtforschung kooperierte deshalb mit Wissenschaftlern v om Robert Koch-Institut und aus dem Studiengang Public Health an der TU Berlin, um den v ielfältigen interdisziplinären Anforderungen der Gesundheitsförderung im Stadtteil Rechung zu tragen. 1.2. Einordnung des Projekts Im Folgenden w erden anhand der „Public Health Action Cy cle“ genannten Lernspirale die Aufgaben v erdeutlicht, die eine nachhaltige Gesundheitsförderung, w ie sie mit dem Gesamtprojektes „Ein Stadtteil schw ingt sich auf!“ erreicht w erden soll, erfüllen muss. Abbildung 1 Public Health Action Cycle (Lernspirale) Quelle: Rosenbrock/Gerlinger (2004), S. 26 Analysieren Evaluieren Strukturieren Umsetzen Der Action Cy cle benennt idealty pisch v ier zentrale Aufgaben, die das Gesamtprojekt leisten muss: • Die Analyse bildet den Ausgangspunkt der Gesundheitsförderung. Hier w erden die Zielgruppen und ihre Förderbedarfe bestimmt. • Die Strukturierung mündet in ein Umsetzungskonzept. Hier w erden Ziele und übergeordnete Vorgehensw eisen definiert. • Die Umsetzung bricht dieses Konzept auf konkrete Maßnahmen herunter. • Die Evaluation bew ertet die Erfolge der Maßnahmen. Der durchlaufene Kreis bildet seinerseits die Grundlage für die erneute Analy se und die Anpassung der Strategie – Das Sy stem lernt. Die Aufgabe des v orliegenden Konzepts besteht darin, dieses „Rad“ der Gesundheitsförderung im QM-Gebiet Schillerpromenade zum ersten Mal in Schw ung zu bringen, indem eine erste Analy se der gesundheitlichen Situation durchgeführt (Teil I des Berichts) und eine erste Strukturierung in Form des v orgelegten Konzepts (Teil II des Berichts) v orgenommen w urde. 5 TOPOS Stadtforschung 1.3. Vorgehensweise der Konzepterstellung Die Umsetzung des in diesem Bericht dokumentierten Projektes zur Erstellung eines Konzepts der lokalen Gesundheitsförderung erfolgte in drei Bausteinen, die sich in w eitere Schritte untergliederten: 1. Analy se der gesundheitsrelev anten Strukturen im Gebiet sow ie der Bedürfnisse der Bew ohner 2. Entw icklung einer Strategie der Gesundheitsförderung 3. Netzw erkarbeit Die Ziele der einzelnen Bausteine und die Schritte zu deren Umsetzung w erden im Folgenden benannt. 1.3.1. Baustein I: Analyse Bestandteil dieses ersten Bausteins w ar die Analy se der gesundheitsrelev anten Strukturen im Quartier. Darunter fallen einerseits die stadträumliche Situation (Bebauung, Freiräume etc.) und die bestehenden institutionellen Angebote (z.B. durch die Vereine und Schulen) – also die Verhältnisse – und andererseits das Verhalten, die konkreten Verhaltensw eisen und Bedürfnisse der Stadtteilbew ohner. Die Analy se erfolgte in fünf Schritten: 1. Zunächst w urden in einer v orbereitenden Material- und Datenanalyse anhand bereits v orliegender Informationen die Strukturen aufgearbeitet, grundlegende Probleme und Potenziale im Quartier benannt sow ie die relev anten Institutionen und Akteure ermittelt. Einzubeziehende Materialien w aren die bereits v orliegenden Sozialstudien, die Ergebnisse des Stadtmonitorings, die Ergebnisse der Untersuchung „Neuorientierung der Interv entions- und Präv entionsansätze“ und des Sozialstrukturatlasses sow ie w eitere Materialien und Gutachten des Quartiersmanagements. 2. Da entsprechende Daten nicht v orlagen, w urde anhand einer Modellrechnung auf Basis aktueller Blockdaten des Statistischen Landesamtes die Sozialstruktur entlang der Merkmale Alter, Nationalität, Haushaltsty p und Erw erbsstatus ermittelt. Damit w urden die Größenordnungen der Zielgruppen der Gesundheitsförderung bestimmt. 3. In der Raum- und Angebotsanalyse w urden die stadträumliche Situation sow ie die bestehenden infrastrukturellen Angebote untersucht. Durch Freiraumkartierungen und teilnehmende Beobachtung w urden sow ohl die Ausstattung und der Zustand einzelner Aufenthaltsorte als auch die soziale Situation und das soziale Verhalten im öffentlichen Raum erhoben. Die lokalen Institutionen w urden aufgesucht und durch Kontaktaufnahme informativ in das Projekt einbezogen (erste Aktiv ierung des Netzw erkes). Bereits bestehende Angebote w urden aufgenommen und analy siert. 6 TOPOS Stadtforschung 4. Zur Ermittlung der Situation und zur Bestimmung der v erschiedenen Zielgruppen der Gesundheitsförderung w urden leitfadengestützte Interviews mit Experten im Gebiet geführt, die über die spezifischen Probleme und Bedürfnisse dieser Gruppen Aufschluss gaben. Gesprochen w urde mit Vertretern der v erschiedenen Migrantengruppen, mit Betreuungspersonal aus Kitas, Schulen, Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtungen sow ie Akteure aus dem Bereich Medizinische Versorgung. Die Gespräche mit diesen Schlüsselpersonen dienten außerdem der Netzw erk-Initiierung und der Vorbereitung der Befragung der Familien. Eine detaillierte Aufstellung der Gesprächspartner findet sich im Anhang. 5. In der aktivierenden Befragung von Familien w urden über die Schulen und Kitas zum einen die Kinder und Jugendlichen, zum anderen die Eltern mit Hilfe v on spezifischen Fragebögen befragt (siehe Fragebögen im Anhang). Ein beigelegter Fly er informierte über das Projekt. Durch die Befragungsorganisation über die Kitas und Schulen w urde die Zusammenarbeit mit diesen Einrichtungen initiiert, auf die später aufgebaut w erden kann. Insgesamt w urden 120 Kinder und Jugendliche im Alter v on 9-18 Jahren zu ihrem gesundheitsrelev anten Verhalten, ihren Bedürfnissen und ihrer Einschätzung der Versorgungsdefizite befragt. Bei den Schülern w ar das Verhältnis zw ischen Mädchen und Jungen ausgeglichen (59:61 Fälle). 42% der Befragten stammen aus deutschen Haushalten, 28% haben einen türkischen, 14% einen arabischen und 4% einen serbokroatischen Hintergrund. Die eingebettete Elternbefragung erreichte 78 Familien. Durch die Verteilung der Fragebögen an die Eltern über die Kitas und Schulen w urden auch bildungsfernere Bev ölkerungsgruppen und Familien mit Migrationshintergrund erreicht, da sie über ihre Kinder angesprochen w urden. So w aren 54% der befragten Haushalte ausschließlich deutscher Nationalität, 20% der Haushalte haben einen türkischen und 14% einen arabischen Hintergrund. 1.3.2. Baustein II: Strategieentwicklung Der zw eite Baustein umfasste die Formulierung v on Zielen und die Entw icklung einer umfassenden Strategie der Gesundheitsförderung im Stadtteil sow ie ein Konzept für den Aufbau der Anlauf- und Koordinierungsstelle. Diese mit diesem Bericht v orgelegten Vorschläge bauen auf den Analy sen der Situation und den bestehenden Netzw erken (s. Baustein III) auf. Dieser Baustein w urde in fünf aufeinander aufbauenden Schritten umgesetzt. 1. Gegenüberstellung der Bedarfs- und Angebotsanaly se 2. Ableitung des Bedarfs Gesundheitsförderung im QM-Gebiet Schillerpromenade 3. Formulierung v on Leitprojekten, mit denen die Gesundheitsförderung begonnen w erden sollte 7 TOPOS Stadtforschung 4. Organisationskonzept für die Umsetzung inkl. Ausgestaltung der Koordinationsstelle 5. Begleitende Entw icklung eines Ev aluationskonzepts Um die Empfehlungen mit konkreten Vorschlägen ausgestalten zu können, w urde mit einer Sammlung v on so genannten „Good-Practice-Projekten“ begonnen. 1.3.3. Baustein III: Netzwerkarbeit Der dritte Baustein Netzw erkarbeit umfasste sow ohl die Analy se der bestehenden Netzw erkstrukturen als auch die Entw icklung einer Koordinationsstruktur. Drei Arbeitsteile w urden dabei durchgeführt: 1. Netzw erkanaly se 2. Kontaktaufnahme zu den Netzw erkakteuren („Netw orking“) 3. Durchführung eines Workshops als „initialer Gesundheits-Netzw erk-Ev ent“ 8 TOPOS Stadtforschung 1.4. Aufbau des Berichts Die Ergebnisse der Analy se sow ie das Konzept der Gesundheitsförderung w erden in zw ei Teilen des Berichts v orgestellt. Vorgeschaltet sind einige Vorbemerkungen zum Verständnis v on Gesundheit und Gesundheitsförderung sow ie zu den Rahmenbedingungen des QM-Gebiets Schillerpromenade. Einführend w erden in Kapitel 2 Möglichkeiten und Grenzen lokaler Gesundheitsförderung erörtert. Ausgangspunkt der Überlegungen ist das salutogenetische Konzept, das neben der indiv iduellen Vermeidung v on Krankheit und Risikofaktoren auf indiv idueller w ie räumlich-sozialer Ebene die Frage nach den Bedingungen für den Erhalt v on Gesundheit stellt. Gegenüber dem umfassenden Anspruch w erden die Möglichkeiten einer Gesundheitsförderung im Quartier, die durch das Quartiersmanagement und die lokalen Akteure getragen w ird, relativ iert. Teil I stellt die Analy se auf den v erschiedenen Ebenen dar. In Kapitel 3 w erden zunächst die Rahmenbedingungen des öffentlichen Raumes sow ie das Netzw erk der lokalen Akteure präsentiert. In Kapitel 4 w erden die Zielgruppen und ihre Bedarfe v orgestellt. Die Darstellung beginnt mit den Erläuterungen, w ie die Zielgruppen gebildet w urden. Dem schließen sich die Analy se-Ergebnisse für den Bedarf an Gesundheitsförderung für die einzelnen Gruppen an. Den festgestellten Förderbedarfen w erden dann direkt die bestehenden Angebote gegenübergestellt und die daraus abgeleiteten Handlungsbedarfe benannt. Der Analy se in Teil I folgt das Konzept für die lokale Gesundheitsförderung in Teil II des Berichts. Kapitel 5 stellt dann die Grundzüge des Gesamtkonzepts für die Umsetzung der Gesundheitsförderung im QM-Gebiet v or und benennt die grundsätzlichen Organisationsprinzipien. Aus der Gegenüberstellung v on Bedarf und Angeboten speisen sich als Empfehlung die in Kapitel 6 formulierten Handlungsbedarfe für die Gesundheitsförderung. Sie benennen den v ordringlichen Handlungsbedarf im QM-Gebiet Schillerpromenade und geben „good practice“Beispiele, die andernorts bereits umgesetzt w urden. Kapitel 7 schließlich benennt sieben Leitprojekte, die aufgrund des Handlungsbedarfs und den Vor-OrtGegebenheiten ausgestaltet w urden und die im Rahmen der Gesundheitsförderung angegangen w erden sollten. Kapitel 8 befasst sich mit der Rolle der zu schaffenden Koordinationsstelle und gibt eine konkrete Empfehlung für ihre Ausgestaltung ab. Den Abschluss des Konzepts bildet in Kapitel 9 das Ev aluationskonzept, anhand dessen die zu entw ickelnden Projekte und die Koordinationsstelle selbst bew ertet w erden können. 9 TOPOS Stadtforschung 2. Theoretische Grundlagen lokaler Gesundheitsförderung 2.1. Das erweiterte Verständnis von Gesundheit Eine allgemein gültige Definition v on Gesundheit und Krankheit gibt es nicht. 1 In den Gesundheitsw issenschaften w ird im Wesentlichen unterschieden zw ischen der an der Entstehung v on Krankheit - der Pathogenese - orientierten biomedizinischen Sicht und der salutogenetischen Sicht, bei der nicht die Entstehung v on Krankheiten, sondern die Entstehung und den Erhalt v on Gesundheit im Zentrum stehen. 2 Die epidemiologische Forschung hat die Bedeutung sozialer und psy chischer Faktoren für die Gesundheit nachgew iesen. Das theoretische Fundament dazu liefert die salutogenetischen Theorie des Medizinsoziologen Aaron Antonov sky 3. Antonov sky stellt die Frage, w arum Menschen gesund bleiben über die Frage nach den Ursachen v on Krankheiten und Risikofaktoren. Es geht ihm also primär um die Bedingungen v on Gesundheit und Faktoren, w elche die Gesundheit schützen und erhalten. Der Übergang v on der pathogenetischen Betrachtung der Medizin zur salutogenetischen Betrachtung der interdisziplinären Gesundheitsw issenschaften ist ein Paradigmenw echsel. Dadurch v erändert sich das Bild v on Gesundheit und Gesundheitsförderung: Die Frage lautet nicht mehr „Was macht krank?“ sondern „Wie bleibe ich gesund?“. Dieser Paradigmenw echsel schlägt sich bereits in der WHO-Definition für Gesundheit v on 1946 nieder. Danach ist Gesundheit der „Zustand v ölligen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur das Freisein v on Krankheit und Gebrechen“ 4. Krankheit und Gesundheit bilden in dieser Betrachtung ein Kontinuum. Die jew eilige Position des Menschen ist durch komplex e Zusammenhänge zw ischen sozialer Lebenslage, psy chischen Persönlichkeitsmerkmalen und körperlichen Befindlichkeiten - seine „biopsy chosoziale Gesamtbefindlichkeit“ 5 - bestimmt. So v erstandene Gesundheit6 • 1 2 3 4 5 6 ist ein Prozess. Sie ist ein immer w ieder neu herzustellendes Gleichgew icht. Das Gleichgew icht bestimmt sich aus Belastungen im Lebenslauf und den dem Indiv iduum zur Verfügung stehenden phy sischen, psy chischen und sozialen Ressourcen. Gerber, U. / von Stünzner, W. (1999). In: Hurrelmann (1999): Gesundheitswissenschaften. S. 11 Gerber, U. / von Stünzner, W. (1999), S. 45 Seine beiden Hauptwerke dazu sind "Health, stress and coping: New perspectives on mental and physical well-being" (1979) und "Unraveling the mystery of health. How people manage stress and stay well" (1987). deutsch: "Salutogenese. Zur Entmystifizierung der Gesundheit", 1997 Gerber, U. / von Stünzner, W. (1999). S. 32 Schnabel, P.-E. / Hurrelmann, K. (1999). S. 100 Gerber, U. / von Stünzner, W. (1999). S. 39 10 TOPOS Stadtforschung • ist das Ergebnis mehrerer Faktoren und nicht monokausal. • hat eine subjektiv e Komponente. Abbildung 2 Das Krankheits-Gesundheits-Kontinuum Krankheit ⇔ Gesundheit Belastungen ⇔ Ressourcen Die Position auf dem Gesundheits-Krankheits-Kontinuum w ird also bestimmt durch Belastungen und die Fähigkeit, damit umzugehen. Analog zu den Risikofaktoren prägte Antonov sky in seinem salutogenetischen Modell den Begriff der „Protektiv faktoren“ 7, die das Indiv iduum in die Lage v ersetzen, Belastungen zu begegnen. 2.2. Das erweiterte Konzept der Gesundheitsförderung Dieses erw eiterte Verständnis v on Gesundheit hat auch Folgen für die Ansätze einer Interv ention. Zw ar w erden die Begriffe „Gesundheitsförderung“ und „Präv ention“ häufig in einem Atemzug genannt, doch sind sie nicht sy nony m zu v erw enden. Der Hauptunterschied besteht darin, dass es bei der Präv ention um das Vermeiden v on Krankheiten und ihren Folgen geht, w ogegen die Gesundheitsförderung darauf zielt, die gesundheitsrelev anten Ressourcen zu stärken. Bei der Prävention w ird zw ischen Primär-, Sekundär- und Tertiärpräv ention unterschieden: • Primärpräv ention: gegebene Gesundheit erhalten (ganz überw iegend nicht-medizinisch) • Sekundärpräv ention: 1. Bedeutung: biomedizinische Frühstadien erkennen (z.B. durch Screening) und früh behandeln. 2. Bedeutung: Verhinderung des Rückfalls • Tertiärpräv ention: (w eites Konzept) Verhütung der Verschlimmerung einer manifesten Krankheit und (enges Konzept) Milderung der (sozialen) Funktionseinbußen (in erster Linie Rehabilitation (medizinisch, beruflich, sozial)) 7 Gerber, U. / von Stünzner, W. (1999). S. 33 und 45f 11 TOPOS Stadtforschung Gesundheitsförderung zielt im Gegensatz darauf ab, die Menschen zu befähigen, größeren Einfluss auf die Erhaltung und Verbesserung ihrer Gesundheit zu nehmen. 8 In diesem Verständnis ist Gesundheit nicht das Ziel, sondern ein „Mittel, um Indiv iduen zu befähigen, indiv iduelles und gesellschaftliches Leben positiv zu gestalten“. 9 Dieses erw eiterte Leitbild w ar Grundlage der Ersten Internationalen Konferenz zur Gesundheitsförderung in Ottaw a 1986. In der dort v erabschiedeten Charta heißt es: „ Gesundheitsförderung zielt auf einen Prozess, allen Menschen ein höheres Maß an Selbstbestimmung über ihre Gesundheit zu ermöglichen und sie damit zur Stärkung ihrer Gesundheit zu befähigen.“ 10 Ziel einer „echten“ Gesundheitsförderung sind Programme und Maßnahmen, die darauf ausgelegt sind, die Menschen in ihren psy chischen und phy sischen Ressourcen so zu stärken, dass sie selbst aktiv für sich selbst und gesundheitsförderliche(re) Lebensbedingungen sorgen können11. In der Prax is orientieren sich die Maßnahmen (bisher) w eitestgehend daran, Verhaltensv eränderungen im Sinne einer Präv ention als Krankheits- oder Risikov ermeidung zu bew irken (z.B. Programme für Raucher oder Übergew ichtige). Lediglich im Bereich Suchtpräv ention oder „Kinder stark machen“ finden sich Ansätze der Gesundheitsförderung, die die gesamte Umw elt der Betroffenen mit einbezieht. 12 Gesundheitsförderung ist gegenüber der Präv ention also der umfassendere Begriff. Neben der Vermeidung v on Krankheiten zielt Gesundheitsförderung auf die Entw icklung bzw . Stärkung indiv idueller und kollektiv er Gesundheitsressourcen. Damit w ird die indiv iduelle Ebene der Präv ention v erlassen. In der Gesundheitsförderung w ird deshalb unterschieden zw ischen • Verhaltenspräv ention, die auf das indiv iduelle Gesundheitsv erhalten zielt und • Verhältnispräv ention, die auf den räumlich-sozialen Aspekt - die positiv e Beeinflussung der Lebensumw elt („setting“) zielt. 8 9 10 11 12 Gerber, U. / von Stünzner, W. (1999). S. 52 Bengelmann, J. et al. (2001). S. 19 Gerber, U. / von Stünzner, W. (1999). S. 53 Blümel, S. (2005), S. 16 Gerber, U. / von Stünzner, W. (1999). In: Hurrelmann (1999): Gesundheitswissenschaften. S. 59 12 TOPOS Stadtforschung Die beiden Dimensionen der Erw eiterung der Gesundheitsförderung gegenüber der Präv ention sind in Abbildung 3 grafisch dargestellt. Abbildung 3 Erweiterung der Gesundheitsförderung gegenüber der Prävention Nach: Rosenbrock / Gerlinger (2004), S. 69 Kontex t (Setting) Gesundheitsförderung Ebene Indiv iduum Prävention Belastungsminderung Ressourcensteigerung Aspekt Neben der indiv iduellen Belastungsminderung w irkt Gesundheitsförderung auf Gesundheit durch die • Verbesserung psy chischer und phy sischer Möglichkeiten zur Bew ältigung v on Belastungen, • Vergrößerung indiv idueller Handlungsspielräume, um belastendes Verhaltens zu überw inden und • Stärkung v on Handlungskompetenz für die Veränderung v on Strukturen, die entw eder die Gesundheit belasten und/oder gesundheitsbelastendes Verhalten begünstigen. 2.3. Gesundheitsförderung im Setting Stadtteil Für die Gesundheitsförderung ist der Stadtteil ein zentrales Setting. Es ist ein Kontex t der Menschen, der Gesundheit positiv w ie negativ beeinflussen kann. Die entsprechend gesundheitsfördernde soziale w ie phy sische (Um-)Gestaltung des Umfeldes im räumlichen w ie sozialen Sinne ist eine originäre Aufgabe der Gesundheitsförderung. Da dies das originäre Aufgabenspektrum des Quartiersmanagements überschreitet, bedarf es entsprechender Strukturen, w ie sie in den folgenden Kapiteln v orgestellt w erden. Die Möglichkeiten einer lokalen Gesundheitsförderung sind gegenüber der Breite der Einflussfaktoren auf die Gesundheit naturgemäß begrenzt. So leuchtet es unmittelbar ein, dass eine lokal agierende Institution zum Beispiel bei den psy chosomatischen Folgen der Arbeitslosigkeit zw ar etw as für die gesundheitlichen Sy mptome, gegen die gesellschaftliche Ursache aber nur sehr w enig unternehmen kann. 13 TOPOS Stadtforschung Insgesamt ergeben sich folgende drei Dimensionen der Beeinflussung v on Gesundheit, die das w eitere Vorgehen bestimmen: Inhalte Welche Bereiche die lokale Gesundheitsförderung zur Veränderung des Gesundheitsbew usstseins bedienen kann, ist im folgenden Kapitel 2.3.2 dargestellt. Als Gliederungsmerkmal zieht sich das Themenspektrum sow ohl durch die Analy se als auch durch die Empfehlungen. Zielgruppen Entlang des Alters, der Familiensituation und des Geschlechts sow ie nach sozialen und kulturellen Merkmalen w erden die Zielgruppen der Gesundheitsförderung bestimmt und in Kapitel 4 v orgestellt und analy siert. Ansatzpunkte Durch w elche Angebote und Strukturen die lokale Gesundheitsförderung umgesetzt w erden kann, ist Grundlage der Handlungsempfehlungen (Kapitel 6) und des Konzepts der Koordinationsstelle (Kapitel 8). Dimensionen der lokalen Gesundheitsförderung Wissen Ernährung Um fe ldv er be an sse g e ru Be bo ng ra t te en un ge n An sa t zp Senioren tür kische Mädchen Bewegung un kt e Ku rs junge Eltern Bereiche Abbildung 4 Zielgruppen 14 TOPOS Stadtforschung 2.3.1. Ansatzpunkte lokaler Gesundheitsförderung Das Quartiersmanagement und die v on ihm einzurichtende Koordinationsstelle sind keine Einrichtungen, in denen direkte Gesundheitsförderung im Sinne v on Projekten oder Maßnahmen durchgeführt w erden kann. Als Ansatzpunkte der Gesundheitsförderung auf lokaler Ebene stehen dem Quartiersmanagement im Wesentlichen folgende Bereiche zur Verfügung: • Wissensv ermittlung • Bauliche Veränderungen • Aufbau eines Netzw erks für Gesundheit • Initiierung und Koordination v on Projekten • direkte und indirekte Finanzierung (Akquise v on Fördermitteln) v on Projekten 2.3.2. Inhalte lokaler Gesundheitsförderung Ziel der Gesundheitsförderung ist es, das Gesundheitsbew usstsein der Gebietbev ölkerung zu v erbessern. Dies erfolgt über die im Folgenden v orgestellten Inhalte. a.) Bewegung Das Bedürfnis nach Bew egung ist bei jedem Menschen unterschiedlich und v erändert sich sehr stark mit dem Alter und der aktuellen Lebenssituation. Es genügt also nicht, ein ausreichendes und v ielfältiges Angebot an Sport- und Bew egungsmöglichkeiten zu gestalten. Die Zielsetzung und inhaltliche Ausrichtung der Angebote muss sich an den Wünschen und Bedürfnissen der jew eiligen Zielgruppen orientieren, um angenommen und langfristig nachgefragt zu w erden. b.) Ernährung Die Anforderungen einer gesunden Ernährung reichen besonders w eit in den Alltag und den Lebensstil der Menschen hinein. Viele Aspekte w ie das Angebotsspektrum bei den Lebensmittelhändlern, die eigene finanzielle Situation, geschmackliche Vorlieben, teilw eise auch kulturelle Prägung spielen in diesem Bereich eine Rolle. Lokale Beratungsangebote im Bereich Ernährung haben gegenüber übergreifenden Ansätzen den Vorteil, dass sie diese v ielfältigen Hintergrundbedingungen der lokalen Bev ölkerung berücksichtigen können. c.) Gesundheitliche Aufklärung Je mehr ein Mensch über Gesundheit und die eigenen Möglichkeiten, diese positiv zu beeinflussen w eiß, desto kompetenter w ird er im Umgang mit dem eigenen Körper, mit Krankheit und Gesundheit oder medizinischem Fachpersonal/ Krankenkassen/ Einrichtungen. Auch hier spielt die bildungs- und kulturspezifische Aufbereitung eine w ichtige Rolle, w as auf lokaler Ebene am besten zu bew ältigen ist. Daneben können die lokalen Partner in die Gesundheitsförderung mit einbezogen w erden. 15 TOPOS Stadtforschung d.) Vorsorge Je früher Krankheiten erkannt w erden, desto effizienter sind ihre Behandlungsmöglichkeiten und Heilungschancen. In diesem Kontex t sind regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen für alle Altersgruppen w ichtig. Auf lokaler Ebene kann deren Inanspruchnahme durch die Vermittlung v on Informationen über die Möglichkeiten sow ie die Verbesserung der Akzeptanz unterstützt w erden. e.) Lebenskompetenz Je besser sich die Menschen selbst kennen, sich w ertschätzen, das eigene Leben und die sozialen Kontakte organisieren können und glauben, mit dem eigenen Verhalten Dinge w ie die eigene Gesundheit beeinflussen zu können, desto eher w erden sie v orhandenes Gesundheitsbew usstsein in Verhaltensw eisen umsetzen können. Lebenskompetenzförderung umfasst die Stärkung aller psy cho-sozialen Fähigkeiten, die einen Menschen dazu befähigen, die Anforderungen des Alltags mit minimalem Stress zu bew ältigen, adäquat und fürsorglich mit sich selbst umzugehen sow ie in Kontakt mit anderen Menschen zu treten und Beziehungen aufrecht zu erhalten. Diese Förderung v on Kompetenzen und Kontakten geht über die unmittelbare Gesundheitsförderung hinaus, berührt auf der anderen Seite jedoch gerade v iele Aktiv itäten der lokalen Förderung. Hier ergeben sich in zahlreiche Schnittstellen zu den bestehenden lokalen Angeboten, denen die Gesundheitsrelev anz ihrer Tätigkeit v ermittelt w erden sollte. 16 TOPOS Stadtforschung Teil I - Analyse 3. Rahmenbedingungen im QM-Gebiet Schillerpromenade 3.1. Lage und verkehrstechnische Anbindung Das knapp 100 Hektar große QM-Gebiet Schillerpromenade ist ein geschlossenes Wohngebiet im Norden Neuköllns, das zu allen Seiten durch massiv e stadträumliche Barrieren begrenzt w ird. Im Norden und Osten sind dies die v iel befahrene Flughafenstraße und Hermannstraße, im Süden der S-Bahn-Ring und im Westen das Gelände des Flughafens Tempelhof. Die Verkehrsanbindung ist durch die zentrale Lage sehr gut. Aufgrund der Insellage ist das Gebiet nach innen abgeschlossen und v ergleichsw eise ruhig. Es gibt keinen direkten Durchgangsv erkehr, allerdings nutzen einige Autofahrer w ährend der Stoßzeiten das Wohngebiet als Ausw eichstrecke zur Hermannstraße. Im Südw esten des Gebietes befinden sich in direkter Nähe zum Flughafengelände ausgedehnte Sportflächen (Stadion Neukölln, Hockey platz) sow ie das Neuköllner Eisstadion. Im nördlichen Bereich der Oderstraße liegen w eitere Sportflächen. Unw eit des Wohngebietes liegt im Norden der Volkspark Hasenheide und das Sommerbad Neukölln, außerdem gibt es in der näheren Umgebung mehrere Kinos, die Neuköllner Oper sow ie ein v ielfältiges Versorgungsangebot am Hermannplatz und entlang der Hermannstraße. 3.2. Bauliche Struktur und Straßenbild Die Schillerpromenade w urde um 1900 als einheitlich geplantes bürgerliches Stadtquartier errichtet mit dem Ziel, einkommensstärkere Bürger nach Rix dorf zu ziehen. Dieses Ansinnen sieht man noch heute an den teilw eise sehr aufw ändig gestaltete Fassaden, den Treppenhauseingängen mit alte Wandfliesen und Stuckv erzierungen im Jugendstil sow ie den Balkonen an v ielen Häusern. Das Gebiet ist insgesamt sehr dicht bebaut, die Bausubstanz besteht großenteils aus gründerzeitlicher Blockrandbebauung. Im w estlichen Teil des Wohnquartiers entlang der Oderstraße befinden sich v ier aufgelockerte Wohnblöcke, die nicht dem klassischen Bild der Berliner Gründerzeithäuser entsprechen (Reformbauten). Die 50m breite Schillerpromenade mit dem runden Herrfurthplatz um die Genezarethkirche bildet die zentrale Achse des nördlichen Teils des Wohngebietes. In der Mitte der Schillerpromenade befindet sich ein breiter Grünzug als Flaniermeile mit Spielplätzen, Bäumen und Sitzmöglichkeiten. Durch die Friedhöfe abgegrenzt liegen die Warthe- und Emserstraße im südlichen Teil allerdings isoliert. Hier nimmt der Wartheplatz die Funktion eines Straßenplatzes mit Aufenthaltsqualität ein. 17 TOPOS Stadtforschung Das Straßenbild und die Ausstattung des öffentlichen Raums haben sich aufgrund der inv estiv en Maßnahmen im Rahmen des Quartiersmanagements in den letzten Jahren stark v erbessert. So w urden beispielsw eise alle Spielplätze sow ie die Schillerpromenade neu gestaltet, w as die Aufenthaltsqualität deutlich gesteigert hat. 3.3. Infrastruktur 3.3.1. Grün- und Freiflächenversorgung Das QM-Gebiet Schillerpromenade v erfügt über keine größeren öffentlichen Grünund Freiflächen, die sich für Bew egungsport w ie Joggen oder Fahrradfahren eignen. Die Ausstattung mit Spielplätzen und attraktiv en öffentlichen Flächen im Bereich der Schillerpromenade und des Wartheplatzes ist aber für ein innerstädtisches Quartier als gut zu bezeichnen und stellt ein erhebliches Potential für den Aufenthalt im öffentlichen Raum dar. Allerdings zeigt die Analy se, dass aufgrund der engen Bebauung und damit v erbundenen Bev ölkerungsdichte ein erheblicher Nutzungsdruck auf den Flächen lastet. In der Folge kommt es zu Nutzungskonkurrenzen um den öffentlichen Raum, w obei v .a. die schw ächeren Nutzergruppen w ie Kinder und Senioren „abgeschreckt“ w erden. Das nahe Flugfeld des Flughafens Tempelhof und die Friedhöfe zw ischen der Leine- und der Emser Straße dienen zw ar als Frischluftschneise, stehen bisher aber nicht für einen freizeit- und bew egungsorientierten Aufenthalt zur Verfügung. Allerdings bieten sow ohl die Friedhofsflächen als auch das knapp 450 ha große Flugfeld ein enormes Potential für das Quartier, da beide in den nächsten Jahren anderen Nutzungen zugeführt w erden. Das QM hat bereits Entw ürfe für eine Umnutzung der Friedhofsflächen als Grünflächen für den Freizeitgebrauch anfertigen lassen, die einen deutlichen Beitrag zu einer besseren Freiflächenv ersorgung leisten w ürden. Auch bei den Planungen zur Umnutzung des Flughafengeländes sollten die Bedürfnisse der umliegenden Bew ohner berücksichtigt w erden und ein Teil der Fläche zu einer innerstädtischen Grün- und Erholungszone umgestaltet w erden. Zum jetzigen Zeitpunkt kommt der Hasenheide als größter zusammenhängender Grünfläche in nächster Nähe eine besondere Bedeutung zu. Allerdings ist sie aufgrund ihres Images für v iele Menschen (v .a. für die „schw ächeren Nutzer“ des öffentlichen Raumes, also Mütter mit Kleinkindern, Mädchen sow ie Senioren) angstbesetzt und w ird daher v on diesen Gruppen gemieden oder nur in Gruppen besucht. Einige Eltern v erbieten ihren Kindern sogar, sich dort aufzuhalten. Die neu gestalteten Grünflächen südlich des S-Bahnhofes Hermannstraße, die sich über den Autobahntunnel erstrecken (Carl-Weder-Park) sind derzeit offensichtlich noch nicht im Blickw inkel der Bew ohner des Gebiets Schillerpromenade. Weder v on den Ex perten, noch v on den Eltern w urde dieser Ort als möglicher Aufenthaltsort genannt. 18 TOPOS Stadtforschung 3.3.2. Zustand öffentlicher Raum und Nutzungskonkurrenzen Aufgrund der Neugestaltung sow ie mehrerer Projekte und Aktionen durch das QM w urde das Straßenbild in den letzten Jahren deutlich aufgew ertet. Allerdings ist die Verschmutzung der Straßen und Plätze durch Hundekot und Müll immer w ieder ein Thema der Beschw erde für die Bew ohner. In den Ex pertengesprächen w urde dieses Thema v .a. v on den Akteuren genannt, die mit kleinen Kindern und deren Eltern arbeiten. Für diese Gruppe sind Sicherheit und Sauberkeit zentrale Ansprüche an ihre Wohnumgebung. Erfüllt ein Ort diese Kriterien nicht, w ird er v on den Eltern und den Betreuern der Kitas gemieden. Für Eltern v on Kleinkindern hat auch das Thema der Nutzungskonkurrenzen im öffentlichen Raum eine große Bedeutung. Diese ergeben sich aufgrund der Unterausstattung mit Aufenthaltsmöglichkeiten für die unterschiedlichen Bew ohnergruppen und ihre jew eiligen Bedürfnisse zw angsläufig. Als belastend w erden v .a. Erw achsene w ahrgenommen, die im öffentlichen Raum Alkohol trinken und Müll und Glasscherben hinterlassen. Dies w ird v .a. zum Problem, w enn dadurch die Spielplätze „besetzt“ w erden. Aber auch Jugendliche, die in Gruppen auftreten und möglicherw eise Lärm machen und Bew ohner anpöbeln, führen zu Vermeidungsv erhalten bei den „schw ächeren“ Gruppen. Die befragten Ex perten äußerten zudem, dass auch Senioren oder Menschen mit Behinderungen sich durch andere Nutzergruppen belästigt fühlen und ein teilw eise starkes subjektiv es Unsicherheitsempfinden bei diesen Gruppen zu Vermeidungsv erhalten und Rückzug führt. 3.3.3. Verkehr Die durch die innerstädtische Lage bedingten Faktoren w ie Verkehr, Lärm und Abgase w erden v .a. v on den Familien mit Kleinkindern als Belastung empfunden. Hier w ird zum einen das hohe Verkehrsaufkommen und die damit einhergehende Gefahr auf den Straßen nördlich und östlich des Wohngebietes genannt. Die Flughafen- und die Hermannstraße bilden dadurch stadträumliche Barrieren, die den Besuch der Hasenheide oder des Körnerkiezes v .a. für die „schw achen“ Nutzergruppen erschw eren. Des Weiteren w ird bemängelt, dass Autofahrer innerhalb des Wohngebietes die Geschw indigkeitsbegrenzungen missachten, w as nicht nur zu Lärmbelästigung führt, sondern für Kinder und Senioren eine reale Gefahr darstellt. Ein w eiterer Belastungsfaktor ist der Flugv erkehr des nahe gelegenen Flughafens Tempelhof. Da das QM-Gebiet Schillerpromenade direkt in der Einflugschneise liegt, fliegen tagsüber ständig Flugzeuge in geringer Höhe über die Häuser, w as zu massiv er Lärm- und Luftbelastung führt13. 13 Im Jahr 2005 gab es laut Jahresverkehrsstatistik des Flughafens Tempelhof über 34.600 Flugzeugbewegungen mit insgesamt 545.600 Passagieren. Das macht im Durchschnitt fast 100 Flugzeugbewegungen pro Tag (http://www.berlin-airport.de/PubDeutsch/PubTempelhof/PubDaten FaktenTHF/PubVerkehrsstatistikTHF/ mntl/2005/12.html). 19 TOPOS Stadtforschung 3.3.4. Spiel- und Sportmöglichkeiten Im QM-Gebiet Schillerpromenade gibt es eine Reihe v on Spielplätzen (v gl. Abbildung 5). Da diese recht gleichmäßig über das Wohngebiet v erteilt sind, haben alle hier w ohnenden Familien einen Spielplatz in direkter Wohnungsnähe. Die Ausstattung und Gestaltung der Spielplätze ist sehr gut, w as auf die Aufw ertungsmaßnahmen durch das Quartiersmanagement-Büro in den letzten Jahren zurückgeht. Abbildung 5 Quartiersanalyse QM-Gebiet Schillerpromenade 20 TOPOS Stadtforschung Die Möglichkeiten, sich im öffentlichen Raum sportlich zu betätigen sind hingegen eingeschränkt. Auch bedienen die bestehenden Angebote stärker die Interessen v on Jungen als v on Mädchen. Die Fußball-Käfige in der Kienitzer Straße und auf dem Wartheplatz w erden hauptsächlich v on den männlichen Bew ohnern des Gebietes genutzt. Auf der Schillerpromenade selbst ex istieren ein Bereich mit Tischtennisplatten und ein Basketballkorb. Ein w eiteres Basketballfeld befindet sich auf dem Gelände des Interkulturellen Elternzentrums an der Oderstraße. Durch den Bau des neuen Jugendclubs an der Oderstraße w erden in den kommenden Monaten neue Sport- und Bew egungsangebote für Jugendliche entstehen (Beachv olley ballfeld und Kletterfelsen). Neben den frei zugänglichen Flächen im öffentlichen Raum gibt es noch eine Reihe w eiterer Angebote für Bew egung und Sport. Diese w erden allerdings bisher v on den Gebietsbew ohnern nur w enig genutzt bzw . sind aufgrund v on Zugangsbarrieren (Vereinsmitgliedschaft, Leistungsorientierung, Eintrittsgelder) für die Bew ohner nicht einfach zugänglich. So liegt am südlichen Ende der Oderstraße der Sportpark Neukölln, w elcher über ausgedehnte Flächen v erfügt (mehrere Fußballplätze, ein Hockey platz), direkt daneben liegt außerdem das Neuköllner Eisstadion. Am nördlichen Ende der Oderstraße befinden sich w eitere Sportflächen sow ie das Sommerbad Neukölln. 3.3.5. Sportvereine Der SV Tasmania-Gropiusstadt 73 e.V., der im Sportpark Neukölln an der südlichen Oderstraße das Hausrecht hat, ist der einzige Sportv erein, der seinen Sitz im QM-Gebiet Schillerpromenade hat. Aufgrund der Größe und der Qualität der hier zur Verfügung stehenden Sportflächen ist das Gelände als besonderes Potential für das Quartier und seine Bew ohner zu bew erten. Dies gab auch Ausschlag für das nachträgliche Einbeziehen des kompletten Sportgeländes in das Quartiersmanagement-Gebiet v or einigen Jahren. Der Verein unternimmt (bisher) allerdings keine Anstrengungen, sich in das Quartier hinein zu bew egen. Das Interesse des Vereins liegt eher auf leistungsorientierter Sportarbeit als auf Breitensport orientierter Jugend- und Sozialarbeit für den Stadtteil. Das QM-Büro hat in der Vergangenheit v ersucht, einen Austausch anzuregen, w as aber bisher noch nicht zu einer Kooperation geführt hat. Von Seiten der Jugendleitung des Vereins w urde in einem Gespräch geäüßert, dass der Verein selbst keine Kapazitäten hat, eigene Projekte außerhalb ihres bestehenden Angebotsspektrums anzuschieben. Alle Trainer und Mitarbeiter sind ehrenamtlich tätig und mit den ihnen anv ertrauten Aufgaben bereits ausgelastet. Kinder und Jugendliche aus dem Kiez sind w illkommen, am leistungsorientierten Sichtungstraining teilzunehmen. Eine allgemeine breitensportliche Förderung aller interessierten Kinder ist nicht Bestandteil der Jugendarbeit dieses Vereins. Vom Verein w urde allerdings Offenheit signalisiert, die Sportflächen für ex terne Projekte zur Verfügung zu stellen, w enn finanzielle Unterstützung für die Trainer bzw . Übungsleiter gegeben w äre. Um Sport- und Bew egungsangebote auch im Sinne einer Lebenskompetenzförderung zu gestalten, ist es aber üblicherw eise ohnehin notw endig, entsprechend geschultes bzw . sensibilisiertes Personal 21 TOPOS Stadtforschung einzusetzen. Daher bietet es sich an, hierfür nicht auf die leistungsorientierten Trainer v on Tasmania zurückgreifen, sondern speziell geschultes Personal einzusetzen. Für Nutzungen neben dem Vereinsbetrieb v on Tasmania ist derzeit allerdings kaum Platz. Nach Auskunft des Sportamtes bestehen in den attraktiv en Zeiten nach 16 Uhr keine Lücken. Vor 16 Uhr sind teilw eise noch Zeiten frei, diese sind allerdings aufgrund der Schulzeiten häufig nicht relev ant für Kinder und Jugendliche. Dennoch ist es z.B. Outreach gelungen, mit Tasmania und dem Sportamt Absprachen für Zeiten an den Samstagabenden zu treffen. Grundsätzlich läuft das Procedere w ie folgend ab: potentielle Interessenten melden ihr Bedürfnisse und konkreten Zeitw ünsche beim Sportamt an. Dieses ermittelt daraufhin, ob möglicherw eise noch Zeiten frei sind oder Kompromisse geschlossen w erden können. Wichtig ist hier allerdings die konkrete Vorstellung über Art und Zeit der Nutzung im Vorfeld. Die anderen Sportflächen an der Oderstraße (Jahnsportplatz) w erden v on Schulen und dem türkischen Verein BSV Hürtürkel e.V. genutzt. Auch mit diesem Verein hat das QM schon Gespräche geführt. Allerdings hat der Verein seinen Sitz in Kreuzberg und nutzt nur die Sportflächen. Auch hier erfolgt die Vergabe der Platzzeiten über das Bezirksamt. 3.4. Das Netzwerk der lokalen Akteure Im Gebiet um die Schillerpromenade ist eine Vielzahl v on Institutionen, Vereinen und Initiativ en aktiv . Dies sind einerseits die Kitas, Schulen und Jugendeinrichtungen, andererseits die Institutionen der sozialen Infrastruktur – sow ohl die mit direkter Gesundheitsrelev anz (z.B. Kinder- und Jugendgesundheitsdienst) als auch die zahlreichen Einrichtungen mit indirekter Relev anz für das Thema Gesundheit, die aber v .a. den Zugang zu den Zielgruppen gew ähren (z.B. die interkulturellen Vereine des Quartiers). 3.4.1. Engagement der Akteure und begrenzte Ressourcen Die meisten Mitarbeiter in den Vereinen und Institutionen v or Ort sind überaus engagiert und setzen sich w eit über ihren direkten Aufgabenbereich hinaus für ihre Zielgruppe ein. So sind sie häufig nach offiziellem Dienstschluss noch damit beschäftigt, Projektanträge zu schreiben oder die Eltern der v on ihnen betreuten Kinder zu beraten. Die Akteure haben selbst eine Vielzahl v on guten Projektideen, deren Umsetzung allerdings schw er fällt, da die meisten am Rande ihrer Ressourcen arbeiten und sich die Mitarbeiter zunächst auf Bestehendes und Drängendes konzentrieren müssen. Bei allen Akteuren besteht großes Interesse, in ihrer Zielgruppe eine gesunde Lebensw eise zu fördern (z.B. Kochen mit Jugendlichen, Bew egungsangebote für Mütter etc), w eshalb bereits v iele Initiativ en in diese Richtung gehen. Aufgrund der (Über)Auslastung der personellen Ressourcen müssten diese Bemühungen allerdings noch stärker unterstützt w erden. Da die Mitarbeiter der lokalen 22 TOPOS Stadtforschung Institutionen keine Gesundheitsex perten sind, ist zunächst der Einsatz v on ex ternen Ex perten sinnv oll. Nachhaltiger w äre aber gleichzeitig eine qualifizierte Schulung der Akteure zu unterschiedlichen Gesundheitsthemen, damit diese zusätzlich erw orbenes Wissen und Informationen in die alltägliche Arbeit mit den Zielgruppen einbringen können. 3.4.2. Vernetzung der Akteure innerhalb des Quartiers Die meisten Akteure betonten, dass sie sich durch die Kiez-AG und das Quartiersmanagement gut in den lokalen Kontex t integriert fühlen und dadurch grundsätzlich das Gefühl haben, über die Aktiv itäten im Gebiet informiert zu sein. Wichtig ist den meisten, dass sie die anderen Akteure kennen und w issen, „w en man anrufen kann“, w enn mehr Austausch gew ünscht w ird. Die Bedeutung des Quartiersmanagements und der Kiez-AG als „Netzw erkknoten“ w ird deutlich, w enn man bedenkt, dass die meisten Akteure v ornehmlich mit den Institutionen, die sich mit der gleichen Zielgruppe beschäftigen, in intensiv em Austausch stehen. Enge Kontakte zw ischen Institutionen mit unterschiedlicher Zielgruppe bestehen hingegen w eniger. So haben besonders die großen Kitas, die Schulen sow ie die Kinder- und Jugendeinrichtungen enge Kontakte untereinander (die Eltern-Initiativ -Kitas hingegen sind w eniger eng in das lokale Netzw erk eingebunden). 3.4.3. Kinder- und Jugendbereich Im Gesundheitsbereich ist für die Akteure, die mit Kindern arbeiten, neben den kooperierenden Ergotherapie- und Logopädieprax en v .a. der Kinder- und Jugendgesundheitsdienst (KJGD) ein w ichtiger Ansprechpartner. Da dieser allerdings aus der nahe gelegenen Werbellinstraße w egziehen w ird, ist derzeit noch nicht abzuschätzen, inw iefern der Kontakt und die Abstimmung mit dem Dienst in Zukunft erschw ert w erden. Daher ist es besonders w ichtig, dass der Dienst den Bereich der aufsuchenden Arbeit bei bereits bestehenden Kontakten beibehält und darüber hinaus zu w eiteren Akteuren ausbaut. Besonders w enn Jugendliche Probleme haben, ist ein intensiv er Austausch der div ersen zuständigen Stellen erforderlich. Durch den Zusammenschluss der Untergruppe Jugend der Kiez-AG v ersuchen die Beteiligten bereits, ihre Ressourcen abzustimmen und sich auszutauschen, um besser auf die spezifische Situation der Jugendlichen im Gebiet eingehen zu können. Für die Sozialarbeit der Oberschule gew ährleistet ein enges Netz an Kooperationspartnern, dass Jugendliche mit Unterstützungsbedarf schnell und v ertrauensv oll an andere Stellen v ermittelt w erden können. Ein Projekt, das für eine fruchtbare Zusammenarbeit der lokalen Akteuren mit unterschiedlicher Zielgruppe steht, ist das Projekt „Löw entow er“, w elches v on der Kurt-Löw enstein-Schule, dem Kinderclubhaus „Am Tow er“ und der GenezarethGemeinde ins Leben gerufen w urde. Unter dem Motto „Aus dem Kiez – für den Kiez“ sollen Jugendliche und ältere Bew ohner sich kennen lernen, um anzuregen, 23 TOPOS Stadtforschung dass Jugendliche Hilfeleistungen für Senioren übernehmen und dadurch soziale und handw erkliche Kompetenzen erw erben können. Der Kontakt zu den Eltern des Gebietes unterscheidet sich sehr stark nach der Altersgruppe der Kinder. So berichten die Kita-Mitarbeiterinnen v on einem v ergleichsw eise intensiv en Kontakt zu den Eltern, der z.T. als sehr v ertrauensv oll beschrieben w ird. Diejenigen, die mit älteren Jugendlichen arbeiten, haben allerdings nur selten intensiv eren Kontakt zu den Eltern, v ielfach fehlt jeglicher Kontakt, w as sich v .a. als Problem darstellt, w enn die Jugendlichen Schw ierigkeiten haben (z.B. in der Schule). Offene Ablehnung stellt für die Mitarbeiterinnen der Mädchencafés im eine Herausforderung dar: manche Eltern lehnen die Einrichtungen stark ab und möchten nicht, dass sich ihre Töchter hier aufhalten. 3.4.4. Migranten im Netzwerk Wichtige Netzw erkpartner innerhalb eines Quartiers mit einem hohen Migrantenanteil sind die lokalen interkulturellen Vereine und Initiativ en. Allerdings sind die Bew ohner mit Migrationshintergrund nur zum Teil durch eigene Kulturv ereine o.ä. repräsentiert. So ex istieren eine sehr aktiv e Einrichtung für Frauen aus der Türkei und ein polnischer Kulturv erein. Auch die Bew ohner mit arabischem Hintergrund sind durch einen Verein v ertreten. Es fällt auf, dass die v ergleichsw eise große Gruppe der Personen aus dem ehemaligen Jugoslaw ien nicht durch eine eigene Einrichtung v ertreten ist. Von den Vereinen und Institutionen für Bew ohner mit Migrationshintergrund pflegt nur die Beratungsstelle für Frauen aus der Türkei UGRAK sehr gute Kontakte zu anderen Akteuren. Die Vereine der anderen Gruppen sind offensichtlich w eniger gut in das lokale Netzw erk eingebunden. 3.4.5. Lücken im lokalen Netzwerk Andere Akteure, die statt eines lokalen Einzugsgebietes eher Nutzer aus ganz Berlin haben, konzentrieren sich in ihrem Handlungsfeld w eniger auf den Stadtteil und haben daher auch eine geringere Vernetzung mit anderen lokalen Akteuren. Sie sind allerdings in andere Netzw erke aus ihrem Interessenskreis eingebunden, die sich häufig über den Bezirk hinw eg Berlin- oder Deutschlandw eit orientieren. Zu nennen ist hier z.B. das Netzw erk behinderter Frauen. Daneben sind w ichtige Akteure v or Ort bisher kaum oder gar nicht in das lokale Netzw erk integriert. Hier ist v .a. der Sportv erein SV Tasmania-Gropiusstadt 73 e.V. zu nennen, zu dem kaum eine Institution aus dem Quartier Kontakt hat. Es w ird mehrfach v on Seiten der Kinder- und Jugendarbeit formuliert, dass hier der Kontakt hergestellt und intensiv iert w erden sollte, da der Verein und der Sportpark Neukölln ein großes Potential für das Gebiet sind. Es gibt zw ar eine Beratungsstelle für illegale Drogen, die auch in der Kiez-AG präsent ist, allerdings ex istiert im Neuköllner Norden keine Alkoholberatungsstelle, so dass dieser Bereich innerhalb des Netzw erkes nicht besetzt ist. Dies ist besonders brisant, da im Gebiet Alkoholprobleme sehr präsent sind. 24 TOPOS Stadtforschung Eine Institution, die aufgrund ihrer Angebote eine sehr große Bedeutung für das Quartier haben könnte, ist leider nicht in das lokale Netzw erk integriert: die Neuköllner Volkshochschule. Diese hat ihren Sitz in der Boddinstraße, hält die Kurse aber üblicherw eise über den ganzen Bezirk v erteilt in angemieteten Räumlichkeiten ab. Im Gebiet Schillerpromenade bietet die VHS Kurse in den Räumen der Carl-Legien-Schule in der Leinestraße an. Das Angebot in den Bereichen Gesundheit, Psy chologie und Pädagogik ist sehr v ielfältig, außerdem gibt es eine Reihe v on w eiteren interessanten Angeboten w ie Deutsch als Fremdsprache, Computerkurse etc. Allerdings erricht die VHS gerade bildungsferne Schichten und Personen mit Migrationshintergrund nur sehr schw er. 3.5. Fazit: Potentiale und Defizite im Gebiet 3.5.1. Der öffentliche Raum Das Quartiersmanagement-Gebiet Schillerpromenade ist ein hochv erdichtetes Wohngebiet, das für ein innerstädtisches Gebiet sehr gut mit attraktiv en Spiel- und Aufenthaltsflächen ausgestattet ist. Allerdings kommt es immer w ieder zu Nutzungskonkurrenzen und zur Übernutzung der Angebote. Zusammen mit den Belastungen der innerstädtischen Lage v erschlechtert dies die Möglichkeiten eines gesundheits- und bew egungsorientierten Alltagsv erhaltens. Das Gebiet ist trotz der innenstädtischen Lage ein v ergleichsw eise ruhiges Wohngebiet, da es über keine Durchgangsw ege v erfügt, w as v erkehrstechnisch eine innere Geschlossenheit bew irkt. Es ist zw ar sehr dicht bebaut, kann aufgrund des ansprechenden Straßenbildes und der neu gestalteten Freiflächen (z.B. Schillerpromenade als Flaniermeile) und Spielplätze aber als attraktiv es Wohngebiet bezeichnet w erden. Trotz der bereits v orhandenen und zu großen Teilen neu gestalteten Flächen besteht ein Mangel an w eiträumigen Bew egungsräumen, der allerdings durch die Nähe der Hasenheide kompensiert w ird. Diese w ird allerdings v on v ielen Bew ohnern des Quartiers nicht oder nur selten genutzt w ird, da sie ein angstbesetzter Ort ist. Hier besteht Bedarf, ein anderes Bild der Hasenheide zu v ermitteln, damit sie auch v on denjenigen, die sie aufgrund ihres negativ en Images w enig oder gar nicht nutzen, w ieder v erstärkt „erobert“ w ird. Ein Problem des Gebietes ist die Verunreinigung des öffentlichen Raumes (Müll und Hundekot), w as v .a. v on Senioren und Familien mit Kleinkindern negativ w ahrgenommen w ird. Auch die sich aus der dichten Bebauung und der hohen Bew ohnerdichte ergebenden Nutzungskonkurrenzen w erden besonders v on den schw ächeren Nutzern negativ erlebt und äußern sich v ielfach in einem subjektiv en Unsicherheitsgefühl, w as zur Vermeidung bestimmter Orte und teilw eise sogar zum Rückzug aus dem öffentlichen Raum führt. Ein w eiteres freiräumliches Potential des Quartiers ist die Oderstraße, die sich als Nord-Süd-Achse entlang des Flughafens erstreckt. Hier befinden sich an beiden Enden ausgedehnte Sportflächen, im südlichen Teil außerdem das Kinderclubhaus 25 TOPOS Stadtforschung „Am Tow er“ und das Interkulturelle Elternzentrum. Gegenüber w ird derzeit der neue Jugendclub gebaut. Die Oderstraße selbst ist nur w enig befahren, w eil sie keine Durchgangsv erbindung darstellt. Sie ist eine „ruhige Achse“, die gerne v on Radfahrern und Spaziergängern mit Hunden genutzt w ird. Damit hat sie schon heute eine hohe Bedeutung als Freizeit- und Sportachse, die durch die Eröffnung des Jugendclubs w eiter zunehmen w ird. Des Weiteren liegen hier ausgedehnte Friedhofsflächen, die in den nächsten Jahren v on der zuständigen Kirche aufgegeben w erden sollen. Hier liegt ein großes Potential, w eitere attraktiv e Freiräume für die Bew ohner zu erschließen. Es ist zu erw arten, dass die Attraktiv ität des Quartiers insgesamt und im Besonderen der w estlichen Seite mit der Oderstraße w eiter zunimmt, w enn der Flugbetrieb des Flughafens Tempelhof eingestellt w ird und das etw a 450 ha große Areal umgenutzt w ird. Das größte unausgeschöpfte Potential für das Quartier, w as es unbedingt zu erschließen gilt, liegt in den Flächen des Sportparks Neukölln. Von dem zuständigen Verein Tasmania w urde in Gesprächen signalisiert, dass eine Nutzung der Flächen prinzipiell möglich ist, der Verein selbst aber keine neuen Projekte für die Bew ohner des Quartiers anschieben kann. Diese Möglichkeiten sollten durch Projekte unbedingt v erstärkt genutzt w erden. 3.5.2. Netzwerk Um das lokale Netzw erk der Gesundheitsförderung zu stärken und die gesammelten Ressourcen v or Ort zu bündeln, sollte zunächst der Kontakt zu den interessierten relev anten Akteuren gehalten und intensiv iert w erden. Außerdem sollen diejenigen, die bisher nur unzureichende Kontakte im Quartier haben, v erstärkt in den Austausch einbezogen w erden und mögliche w eitere gesundheitsrelev ante Akteure gew onnen und zumindest lose in ein lokales Netzw erk eingebunden w erden (z.B. entsprechende Stellen im Bezirksamt, der Senatsv erw altung, Krankenkassen, Stiftungen etc.). Da v on mehreren Akteuren angemerkt w ird, dass sie aufgrund personeller Engpässe keine Zeit für zusätzliche Treffen und ein Engagement im lokalen Netzw erk haben, müssen die Akteure dav on überzeugt w erden, dass auch bei minimalem Mehraufw and ein Mehrw ert für ihre Arbeit spürbar ist (z.B. durch 23monatige Teilnahme an Treffen oder Informationsw eiterleitung per Telefon oder Internet). Um die Akteure dauerhaft zu erreichen, ist es grundsätzlich notw endig, dass sie sich mit der übergeordneten Zielsetzung identifizieren können. Hierfür bestehen im Quartier sehr gute Grundlagen: v iele Akteure sind schon über die Kiez-AG v ernetzt, die Kontakte untereinander sind gut und das Thema Gesundheit als Querschnittsthema berührt v iele Arbeitsfelder v or Ort. Die Untersuchung v on unterschiedlichen Netzw erken hat gezeigt, dass ein reibungsloser Arbeitsablauf nur garantiert ist, w enn die Aktiv itäten des Netzw erkes durch eine zentrale Stelle koordiniert und moderiert w erden. Auch ist eine gute Informationsbündelung und –w eiterleitung unabdingbar (über New sletter, 26 TOPOS Stadtforschung Homepage, Aushang), um die Akteure dauerhaft übereinander zu informieren und sie zu eigener Beteiligung zu motiv ieren. Dringend notw endig sind neben der Festigung der Kontakte, die bereits bestehen auch die Kontaktaufnahme und die Abstimmung mit den Institutionen, die bisher kaum in den lokalen Kontex t integriert sind. Allen v oran ist hier der Sportv erein Tasmania zu nennen. Da ein Großteil der Sportförderung über ehrenamtlich arbeitende Mitarbeiter organisiert w ird, müssen hier personelle Unterstützungen angeboten w erden, damit ein erw eitertes Angebot für Kinder und Jugendliche, aber auch die Erw achsenen des Gebiets aufgebaut w erden kann. Wichtig ist auch eine Intensiv ierung der Kontakte zu den Migrantenv ereinen v or Ort. Die Gruppen, die noch nicht durch eigene Initiativ en repräsentiert w erden, sollten außerdem bei der Neugründung gefördert w erden (z.B. durch Unterstützung bei der Raumsuche). Die Initiativ en, die bisher w enig lokal agieren, sollten besser in das Netzw erk integriert w erden. Sie sind sow ohl aufgrund ihrer Arbeitsinhalte als auch der Kontakte, die sie selbst „nach außen“ haben, interessant für die Gesundheitsförderung im Gebiet (z.B. Netzw erk behinderter Frauen, RuT). Auch die Ärzte und Apotheken, die bisher kaum in das Netzw erk eingebunden sind, könnten über Informationsw eiterleitung und gemeinsame Aktionen erreicht w erden, z.B. Aktionen zu Vorsorge-Themen o.ä. Die Volkshochschule v erfolgt bisher keinen sozialräumlichen Ansatz. Daher ist sie lokal kaum präsent, obw ohl sie eine Reihe v on Kursen in der Carl-Legien-Schule anbietet. Sie sollte in Zukunft dringend enger in die Kontakte zu den Akteuren in Quartier eingebunden w erden. So lassen sich einerseits die Bedarfe der Bew ohner an die VHS v ermitteln, die dann ihr Angebot darauf abstimmen kann. Diese w iederum sollte für den Besuch der Kurse auch stärker v or Ort w erben, z.B. über die Vereine. Außerdem könnte die VHS in Zusammenarbeit mit den Vereinen und Initiativ en v or Ort Kurse anbieten, um sich erst einmal der Klientel v orzustellen. Die VHS Neukölln hat seit Jahren eine enge Kooperation mit dem griechischen Frauenund Familienzentrum To Spiti im Nachbarquartier. In diesem Rahmen w erden Kurse für Griechen, Deutsche und andere Interessierte angeboten, die stark auf die griechische Kultur eingehen, z.B. durch Angebote zu griechischen Tänzen. Diese Form der Kooperation könnte man auch auf das Gebiet Schillerpromenade ausbauen. 27 TOPOS Stadtforschung 4. Analyse der Zielgruppen und ihrer Gesundheitsförderungs-Bedarfe Das folgende Kapitel stellt die Ergebnisse der Analy se v or. Zunächst w ird die für die Gesundheitsförderung relev ante Zerlegung in Zielgruppen erläutert. Dann w ird ein Überblick über die Sozialstruktur gegeben. Dem w iederum folgt die Darstellung der Bedarfe der Zielgruppen entlang der in Kapitel 2.3.2 genannten Inhalte der Gesundheitsförderung: Bew egung, Ernährung, gesundheitliche Aufklärung, Vorsorge und Lebenskompetenz. Dem w ird innerhalb der Abschnitte das im Gebiet v orhandene zielgruppenspezifische Angebot gegenübergestellt, w odurch der unmittelbare Handlungsbedarf für die Gesundheitsförderung ermittelt w erden kann, der schließlich in die Empfehlungen zu den Handlungsbedarfen in Kapitel 6 mündet. 4.1. Zielgruppen 4.1.1. a.) Kriterien der Zielgruppenbildung Bedarfe Die Bedarfe an Gesundheitsförderungsmaßnahmen ändern sich in Abhängigkeit v on • Lebensalter • Geschlecht • kulturellem Hintergrund • indiv idueller Lebenssituation (Familie, Einkommen). Über die Lebensspanne hinw eg v erändern sich körperliche Konstitution sow ie soziale und psy chische Entw icklungsaufgaben. Gesundheitsförderung muss Programme und Unterstützungsmöglichkeiten bieten, die auf altersspezifische Gesundheitsthemen, Problemlagen, Ressourcen und Belastungen abgestimmt sind. Zw ischen den Geschlechtern bestehen deutliche Unterschiede im Gesundheitszustand und dem Gesundheitsv erhalten, die geschlechtsspezifische Maßnahmen erfordern. Für Frauen besteht Förderungsbedarf hinsichtlich Bew egung, Selbstbehauptung sow ie psy chischer Verarbeitung erlebter Gew alt. Bei Männern stehen Körper- und Krankheitsw ahrnehmung sow ie die Begegnung v on Suchtmittelmissbrauch im Vordergrund. Für Menschen mit Migrationshintergrund sind teilw eise spezifische gesundheitliche Themen, fehlende Krankenv ersicherung aufgrund ihres Aufenthaltstatus oder sprachliche Defizite bedeutsam, w eshalb kulturspezifische Angebote relev ant sind. Unterschiede in Erw erbs- und Haushaltsstrukturen erfordern lebenslagenspezifische Angebote. Arbeitslose und Alleinerziehende w eisen ein hohes gesundheitliches Risiko aufgrund ihrer belastenden Situation auf. Beide Bev ölkerungsgruppen w eisen mehr psy chische Störungen, körperliche 28 TOPOS Stadtforschung Erkrankungen und ein schlechteres Gesundheitsv erhalten auf und brauchen mehr bzw . andere Angebote der Gesundheitsförderung als Erw erbstätige oder Paare mit Kindern. b.) Zugang Der mögliche Zugang zu den Zielgruppen stellt ein entscheidendes Kriterium zu deren Einteilung dar. In der Regel sind dies Institutionen im Stadtteil, die v on den Menschen aufgesucht w erden – w ie bspw . Schulen/Kitas, kulturelle und Sportv ereine, die Gemeinde, Jugendhilfeeinrichtungen oder Beratungsstellen. Neben dem Zugang über frequentierte Institutionen ist in der Gesundheitsförderung aufsuchende Arbeit w ie bspw . das Stadtteilmütterprojekt oder der peer-to-peerAnsatz bei Jugendlichen w ichtig. Unterscheidungslinien für den optimalen Zugang sind in der Regel sprachliche und kulturelle Besonderheiten. c.) Verfüg- und Vergleichbarkeit der Daten Für die faktische Operationalisierung der Zielgruppen und die Bestimmung ihrer Größenordnungen ist mit entscheidend, nach w elchen Unterscheidungskriterien Daten v orliegen. So ist es v ergleichsw eise w enig aufw endig, Daten zur Bev ölkerungsstruktur nach Alter und Nationalität über das Statistische Landesamt zu erhalten. Aber bereits die Haushaltsstruktur w ird in einem kleinräumlichen Gebiet w ie dem Quartier Schillerpromenade über die amtliche Statistik nicht mehr erfasst. Darüber hinaus erlaubt die Verw endung üblicher Unterscheidungsmerkmale den Vergleich mit anderen Gebieten und v erbessert die Anschlussfähigkeit an andere Berichtssy steme. 4.1.2. a.) Resultierende Zielgruppen Familien Die Zielgruppe der Familien umfasst alle Haushalte mit Kindern im Grundschulalter bis zu 12 Jahren. Erreicht w erden Mütter und Väter unterschiedlichen Alters, Säuglinge und Kinder bis zum Ende des Grundschulalters. Die w eitere Betrachtung differenziert nach dem kulturellen Hintergrund. Eine speziell zu fördernde Untergruppe stellen die Alleinerziehenden dar. Der Zugang zu den Familien läuft häufig über die Kinder, da diese meist täglich in Kindertagesstätten und ab der Schulpflicht in der Schule sind. Ansprechpartnerin für die Familie sind meist die Mütter. Väter sind oft nicht erziehungspräsent und müssen in dieser Gruppe gesondert angesprochen w erden. b.) Jugendliche In der Zielgruppe der Jugendlichen w erden Mädchen und Jungen in der Phase der Pubertät/Adoleszenz im Alter v on 12 bis 18 Jahren mit v erschiedenem kulturellen Hintergrund zusammengefasst. Diese Zielgruppe w urde gesondert definiert, da Jugendliche die Entw icklungsaufgabe der Identitätsfindung über die Ablösung v om Elternhaus bew ältigen müssen und meist nicht mehr über die Familie erreicht w erden können. Der Zugang zu der Gruppe ist teilw eise über die Schule, 29 TOPOS Stadtforschung Sportv ereine und v .a. über Jugendhilfeeinrichtungen möglich. Geschlechtsspezifische Ansätze w erden sehr w ichtig. c.) Haushalte ohne Kinder Die Zielgruppe der Haushalte ohne Kinder ist die inhomogenste Gruppe und umfasst die Altersspanne v on 19 bis zu den Hochbetagten über 80 Jahren. Erreicht w erden Paare ohne Kinder, Paare, deren Kinder bereits aus dem Haus sind, Singlehaushalte, Wohngemeinschaften und Familienv erbände ohne kleinere Kinder. Als sinnv olle Unterteilung entlang der Bedarfe hat sich in der Untersuchung die Untergliederung in jüngeres und höheres Erw erbsalter sow ie Senioren ergeben. Die Zugänge sind sehr unterschiedlich in Abhängigkeit dav on, w elche Institutionen v on den Menschen aufgesucht w erden und reichen v on div ersen Vereinen über Beratungsstellen und Gruppen im Gebiet. Da der Fokus der Studie auf Kindern, Jugendlichen und Eltern lag, w urden diese Gruppen jedoch nicht in der gleichen Tiefe behandelt. d.) Besondere Lebenslagen In den Ex pertengesprächen stellte sich heraus, dass anhand spezieller Lebenslagen gesonderte Zielgruppen definiert w erden müssen. Diese speziellen Problemlagen sind gegenüber der gemachten Unterscheidung entlang Alter, Geschlecht, kulturellem Hintergrund und Familiensituation für die Betroffenen dominant und/oder erfordern eine spezifische Förderung. So sind muslimische Frauen und Mädchen häufig in ihren Bew egungsräumen eingeschränkt und brauchen gesonderte Ansprache und teilw eise spezielle Förderung. Roma und Sinti w urden in den Gesprächen häufig als „Problemgruppe“ genannt. Sie sind oftmals einem besonders starken Rassismus aller anderen Gruppen ausgesetzt und sehr schw er erreichbar. Arbeitslosigkeit stellt eines der Hauptprobleme des Gebiets dar, w eshalb Arbeitslose bei den gesundheitlichen Folgen gesondert zu fördern sind. Hier spielen mangelnde Tagesstrukturierung und starke psy chische Belastung mit einhergehender Suchtproblematik eine große Rolle. Im Kontex t der Suchtmittelabhängigkeit stehen Alkoholprobleme im Vordergrund, die bis auf muslimische Bew ohner alle Bev ölkerungsgruppen betreffen und im öffentlichen Raum des Gebiets sehr präsent sind. Darüber hinaus haben Menschen mit Behinderungen einen besonderen Förderungsbedarf. Diese Bedarfe sind jedoch indiv iduell stark v erschieden, so dass lediglich die Herstellung einer w eitestgehenden Barrierefreiheit Aufgabe der allgemeinen Gesundheitsförderung durch das QM sein kann. 30 TOPOS Stadtforschung 4.2. Sozialstruktur und Größenordnungen der Zielgruppen im QM-Gebiet Schillerpromenade Für die Entw icklung und Umsetzung eines Gesundheitskonzepts ist es nicht nur notw endig, die einzelnen Zielgruppen zu identifizieren, die im Rahmen des Konzepts angesprochen und eingebunden w erden sollen, sondern auch die jew eiligen Größenordnungen der Zielgruppen festzustellen, für die im Rahmen des Konzepts Maßnahmen v orzusehen sind. Zw ischen Größe der Gruppe, dem Umfang des (gesundheitsrelev anten) Problems und dem Umfang der notw endigen Maßnahmen besteht ein unmittelbarer Zusammenhang. Daher ist es unabdingbar zu w issen, w elche Arten v on Haushalten es in Abhängigkeit v on der Größe, der Herkunft, der finanziellen Situation und der Berufstätigkeit in w elchen Größenordnungen gibt, um den Umfang v on Maßnahmen sow ie den Zugangsw eg zu den Gruppen zu bestimmen. Eine aktuelle Sozialstrukturanaly se des Quartiers Schillerpromenade liegt nicht v or. Das v orhandene statistische Material des Statistischen Landesamts für das Gebiet bietet Einw ohnerdaten nach Alter und Nationalität. Aussagen über Haushalte, deren Struktur nach Größe, Ty p, Einkommen und Erw erbstätigkeit, die die Grundlage der Sozialstruktur sind, liegen nicht v or. Die Ergebnisse zw eier Haushaltsbefragungen, die in Zusammenhang mit der Festsetzung des Gebiets als Erhaltungsgebiet mit so genanntem „Milieuschutz“ (§ 172 Abs. 1, Satz 1 Nr. 2 BauGB) 1995 und 1999 durchgeführt w urden, geben zw ar Anhaltspunkte, sind aber w egen des zeitlichen Abstands und der Tatsache, dass das Erhaltungsgebiet mit dem heutigen Quartiersmanagementgebiets nicht deckungsgleich ist, nicht direkt zu übertragen. Um das Ziel der Quantifizierung der Zielgruppen dennoch zu erreichen, w urde mittels einer Modellrechnung die gegenw ärtige Sozialstruktur aus v orhandenen Statistiken und Materialien rekonstruiert. Dafür w urde auf die Einw ohnerdaten des Statistischen Landesamtes, auf die Befragungsergebnisse der Untersuchung zur Erhaltungssatzung, auf Arbeitslosendaten auf Verkehrszellenebene sow ie auf aktuelle Sozialstrukturerhebungen in v ergleichbaren Berliner Altbauquartieren mit hohem Migrantenanteil zurückgegriffen. Allerdings lagen keine Informationen v or, w ie v iele der jetzt in der Schillerpromenade lebenden Personen erst in den letzten Jahren die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen haben. Die Bandbreite der Deutschen bzw . der deutschen Haushalte beinhaltet daher auch solche mit Migrationshintergrund. Unter denen ist w iederum der Anteil gut integrierter besonders hoch. 4.2.1. Operationalisierung der Zielgruppenkriterien Die Zielgruppen w urden über folgende Kriterien bestimmt: 1. den speziellen Bedarf, der sich durch die jew eilige Lebensphase ergibt, 2. durch die Möglichkeiten, die die Form des Zusammenlebens eröffnet, 3. die kulturellen Faktoren und 4. die Möglichkeiten, das Leben selbst bestimmt in unserer Gesellschaft zu gestalten. 31 TOPOS Stadtforschung Um zu statistisch fundierten Größenordnungen für die so gebildeten Zielgruppen zu kommen, bedarf es der Operationalisierung der Begriffe: 1. Die Lebensphase w ird durch sieben Altersgruppen erfasst: - 0 bis unter 6 Jahre - 6 bis unter 12 Jahre - 12 bis unter 18 Jahre - 18 bis unter 35 Jahre - 35 bis unter 45 Jahre - 45 bis unter 65 Jahre - 65 und älter 2. das Zusammenleben durch die Haushaltsty pen - Einpersonenhaushalte - Paare ohne Kinder - Erw achsenenhaushalte - Paare mit einem Kind - Paare mit 2 und mehr Kindern - Alleinerziehende 3. die kulturellen Faktoren14 durch die Nationalität und - Deutsche - Türken - Arabische Staaten - Ost- und südosteuropäische Herkunft - übrige 4. den Selbstbestimmungsgrad durch den Erw erbsstatus erfasst - Einkommensquelle aus Erw erbsarbeit - Transfereinkommen 14 Durch die oben geschilderte Datenlage hinsichtlich der Einbürgerungen stellen die Angaben zu Haushalten und Personen mit migrantischem Hintergrund eine Untergrenze dar. 32 TOPOS Stadtforschung 4.2.2. Alterstruktur nach Nationalität Im QM-Gebiet Schillerpromenade leben zur Zeit ca. 20.000 Menschen in 11.000 Haushalten. Der Anteil v on Kindern und Jugendlichen ist hoch, Menschen im Rentenalter hingegen sind selten. Abbildung 6 Einwohner nach Alter 133 0 1 68 8 92 6 10 56 0-6 6-1 2 47 22 12 -18 18 -35 35 -45 45 -65 65 un d ä lte r 6 29 5 40 64 35% der Bew ohner gehören zur ausländischen Bev ölkerung. Deutsche sind bei den Erw achsenen - v or allem bei den älteren - in der Mehrheit. Die Altersstrukturen der v erschiedenen Nationalitäten unterscheiden sich allerdings grav ierend. Die arabische Bev ölkerung hat sehr hohe Anteile v on Kindern und Jugendlichen aus allen Altersgruppen. Bei der türkischen Bev ölkerung macht sich das Hereinw achsen der Erw achsenen in die höheren Altersjahrgänge stark bemerkbar. Personenzahl und prozentuale Anteile der Jahrgangsgruppen 45 bis 65 und der Personen im Rentenalter ab 65 nehmen kontinuierlich – w ie in ganz Berlin – zu. Entsprechend v erringert sich die Zahl der Menschen in den mittleren Jahrgängen und damit auch die Zahl der Geburten. Die sehr geringe Zahl der türkischen Kinder unter sechs Jahre ist aber zusätzlich ein Ergebnis der Einbürgerungsw elle des letzten Jahrzehnts und der rechtlichen Regelung, nach der die hier geborenen Kinder v on Geburt an die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten können. Bei der Bestimmung der Größenordnung v on Zielgruppen muss daher dieser Tatbestand beachtet w erden, w enn etw a die Zahl der Kinder nach Herkunft bestimmt w ird. Abbildung 7 1688 4722 Altersstruktur nach Nationalität 1320 368 1507 3215 209 583 69 516 144 472 598 171 2679 2653 76 324 364 1385 4064 14 84 395 885 6295 1009 3660 100 112 1056 926 1330 554 473 996 Gesamt 502 453 334 221 125 163 76 Ausländer Deutsche 102 112 70 arabisch türkisch 65 un d älter 45-65 35-45 18-35 12-18 6-12 0-6 79 66 63 übrige Ausländer ehem. Jug osl 33 TOPOS Stadtforschung Auffällig ist der hohe Anteil der Kinder unter sechs Jahre an der Bev ölkerung. Die Jahrgangsstärken dieser Altersgruppe liegen um ein Drittel über denen der Kinder im Grundschulalter und der Jugendlichen. Teilw eise ist dies ein Ergebnis der Abw anderung deutscher Eltern mit ihren Kindern in den letzten Jahren. Der hohe Anteil deutscher Kinder im Vorschulalter15 bietet aber auch ein Potenzial für die zukünftige Entw icklung des Gebiets, w enn diese Gruppen stärker ans Gebiet gebunden w erden können. Abbildung 8 Einwohner nach Alter und Nationalität 4 Ta u se nd 3 2 Ausl änder D eutsche 1 0 0-6 4.2.3. 6-12 12-18 18-35 35- 45 45- 65 65 u. ält Haushalte nach Größe und Typ Die meisten Haushalte – über 50% - sind die Einpersonenhaushalte. Die meisten Menschen w ohnen aber nicht allein, sondern zu zw eit oder in größeren Familien. Abbildung 9 Haushalte und Personen 1 Person 2 Pers on 3 Person 4 Person 5 u.m. Person 15 1 Person 2 Person 3 Pers on 4 Person 5 u.m. Person Haushal te 5060 3960 1320 550 110 Personen 5060 7920 3960 2200 572 Ein Teil der deutschen Kinder unter sechs Jahren hat ausländische Eltern, die aufgrund der Möglichkeiten des veränderten Ausländerrechts für ihr Kind die deutsche Staatsangehörigkeit gewählt haben. 34 TOPOS Stadtforschung Der Anteil der Einpersonenhaushalte ist bei den Deutschen nochmals besonders hoch. Abbildung 10 Haushaltsgröße nach Nationalität 57 37 36 33 % 31 d eutsch 27 a usl ändisc h türki sch 18 16 12 11 10 4 4 3 1 1 Person 3 Pe rson 2 Person 5 u.m. Pe rs on 4 Person Deutsche leben hauptsächlich in kleinen, kinderlosen Haushalten. Auch in den deutschen Haushalten mit Kindern überw iegen die Haushalte mit einem Kind. Bei den Paaren mit einem Kind und den Alleinerziehenden überw iegen deutsche Haushalte. In ausländischen Haushalten leben dagegen besonders häufig mehrere Kinder. Abbildung 11 Haushalte nach Haushaltstyp und Nationalität nic htdeutsc h deut sc h alle 6 Taus end 5 4 3 2 1 0 All ei nste Paar o.K. Erwachsenenhaush. Paar m. 1 Kind Paar m. 2 u.m. K. All ei ner z. A ll ei nstehend P aar o.K . E rwachsenenhaush. P aar m. 1 K ind Paar m. 2 u. m. K . All ei ner z nichtdeutsch 1210 900 260 320 430 180 deutsch 3880 2390 70 620 190 660 alle 5090 3290 330 940 620 840 35 TOPOS Stadtforschung 4.2.4. Haushalte nach Herkunft und Erwerbsstatus Trotz hoher Arbeitslosigkeit leben die meisten Menschen im Gebiet Schillerpromenade – Deutsche w ie Ausländer – v on Erw erbstätigkeit. Nur etw a ein Fünftel der Haushalte bezieht kein Erw erbseinkommen. Allerdings sind in Gebieten mit einer ähnlichen Sozialstruktur die Erw erbseinkommen häufig nicht sehr hoch. Trotzdem sind sie höher als Transfereinkommen aus der Arbeitslosenv ersicherung oder der Sozialhilfe. Das Verhältnis zw ischen Beziehern v on Arbeitseinkommen und solchen v on Transfereinkommen ist aber bei den größeren Haushalten mit mehreren Kindern und den Alleinerziehenden deutlich ungünstiger. Hier ist das Verhältnis nur noch zw ei zu eins. Abbildung 12 Haushalte nach Typ und Erwerbsstatus 5 Ta use nd 4 3 2 1 0 All ei nstehend Paar o.K. Erwachsenenhaush. Paar m. 1 K. Paar m. 2 u.m. K. All ei nerz. Nichterw.hh 1080 420 50 140 220 320 Erw.haush. 4010 2870 280 800 400 520 Dieses Verhältnis v erschlechtert sich nochmals bei den Haushalten mit ausländischer Herkunft. Hier sind fast die Hälfte der großen Haushalte und der Alleinerziehenden ausschließlich v on Transfereinkommen abhängig. 36 TOPOS Stadtforschung Abbildung 13 Haushalte nach Typ, Nationalität und Erwerbsstatus 3500 3000 2500 2000 ausl . Ni chterwerbshaushal t 1500 deut. Ni chterwerbshaushal t 1000 ausl . Er wer bs-haushalt deut. Er wer bs-haushalt 500 All e inerz. Pa ar m. 2 u .m. K. Pa ar m. 1 K. Erwa chse ne nhau sh . Paar o.K. All ei nsteh en d 0 Haushalte nach Auslän- deutsche Auslän- deutsche Nationalität und dische Nichtdische ErwerbsErwerbsstatus Nichterwerbs- Erwerbs- haushalte erwerbs- haushalte haushalte haushalte Alleinstehende 300 780 910 3100 Paare ohne 180 240 720 2150 Kind Erwachsenen40 10 220 60 haushalte Paare m. 1 Kind 80 60 240 560 Paare m. 2 u. 170 50 260 140 mehr Kindern Alleinerziehend 90 230 90 430 e Gesamt 860 1370 2440 6440 alle 5090 3290 330 940 620 840 11110 Damit ist auch der Anteil der Kinder, die in solchen Familien leben deutlich höher. 37 TOPOS Stadtforschung Abbildung 14 Personen nach Haushaltstyp, Nationalität und Erwerbsstatus 5 4 Ta usend 3 ausl. Nichter wer bs-haushal t deut. Nicht-erwerbshaushal t ausl. Erwerbshaushalt deut. Erwerbshaushalt 2 1 All ein erz. Pa ar m. 2 u .m. K. Paa r m. 1 K. Erwa chse ne nhau sh. Paa r o .K. All ein steh en d 0 Personen nach Auslän- deutsche Auslän- deutsche Nationalität und dische Nichtdische ErwerbsErwerbsstatus Nichterwerbs- Erwerbs- haushalte erwerbs- haushalte haushalte haushalte Alleinstehende 300 780 910 3100 Paare ohne 360 480 1440 4300 Kind Erwachsenen120 30 660 180 haushalte Paare m. 1 Kind 240 180 720 1680 Paare m. 2 u. 680 200 1040 560 mehr Kindern Alleinerziehend 200 530 200 1000 e Gesamt 1900 2200 4970 10820 alle 5090 6580 990 2820 2480 1930 19890 38 TOPOS Stadtforschung 4.2.5. Kinder nach Haushaltstyp, Herkunft und Erwerbsstatus Kinder, deren Eltern keine Erw erbsarbeit haben, leben besonders oft in großen ausländischen Familien und in Haushalten v on deutschen Alleinerziehenden. Kinder in Deutsches Ausländi- Deutsches Ausländi- Deutsche AusländiHaushalten Paar mit 1 sches Paar mit 2 sches Alleinersche ohne ErwerbsKind Paar mit 1 oder mehr Paar mit 2 ziehende Alleinereinkommen Kind Kindern oder mehr ziehende nach HausKindern haltstyp Säuglinge 3 4 5 19 13 5 1-6 17 22 25 95 64 24 6-12 21 26 31 114 77 29 12-18 21 26 31 114 77 29 Gesamt 62 79 92 342 230 88 alle Kinder in Deutsches Ausländi- Deutsches Ausländi- Deutsche AusländiHaushalten mit Paar mit 1 sches Paar mit 2 sches Alleinersche ErwerbsKind Paar mit 1 oder mehr Paar mit 2 ziehende Alleinereinkommen Kind Kindern oder mehr ziehende nach HausKindern haltstyp Säuglinge 31 13 15 29 24 5 1-6 154 66 76 143 119 24 6-12 185 79 92 171 143 29 12-18 185 79 92 171 143 29 Gesamt 555 237 275 514 428 88 alle Abbildung 15 Kinder in Nichterwerbshaushalten Haushaltstyp, und Nationalität nach 50 248 298 298 893 116 582 699 699 2096 Alter, 120 100 80 Säuglinge 60 1-6 6-12 12-18 40 20 A llei nerz. a usl. A ll einerz. deut . P aar 2 u.m . K .ausl. P aar 2 u.m . K . de ut. P aar 1 K . ausl. P aar 1 K . deu t. 0 39 TOPOS Stadtforschung 4.2.6. Bestimmung der Größenordnungen der Bedarfsgruppen Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich die Größenordnungen der Bedarfsgruppen recht gut bestimmen lassen. Daraus resultieren teilw eise überraschende Ergebnisse. Die Zahl der Säuglinge in Nichterw erbshaushalte beträgt lediglich ca. 50. Die meisten v on ihnen leben in großen ausländischen – v or allem arabischen – Familien und bei deutschen Alleinerziehenden. Mit der Kenntnis dieser Größenordnungen lassen sich Projekte zur Gesundheitsförderung dieser Altersgruppen bedarfsgerecht entw ickeln und notw endige Projektkapazitäten festlegen. Die Größenordnungen der w ichtigsten Zielgruppen lassen sich aus den oben stehenden Tabellen bereits w eitgehend ablesen. So bietet die nach Altersgruppen und Herkunft differenzierte Tabelle bereits die Angaben, w enn einzelne Altersgruppen w ie z.B. Jugendliche getrennt nach Herkunft angesprochen w erden sollen. Für die Zielgruppe der Haushalte mit Kindern unter 12 Jahren, eine der aufgrund der gesundheitlichen Problematik und der Zugänglichkeit w ichtigsten Zielgruppe, ist eine Differenzierung in nachstehender Tabelle v orgenommen w orden. Daraus lässt sich dann die Größenordnung spezieller Zielgruppen ablesen. So ist z.B. bei Projekten, die sich speziell an arabische Familien w enden soll, mit 150 Haushalten zu rechnen, v on denen 100 ausschließlich v on Transfereinkommen auskommen müssen. Größenordnung der Zielgruppen: Haushalte mit Kindern unter 12 Jahre Alle Erwerbshaushalte Nichterwerbshaushalte alle deutsch ausländisch türkisch arabisch sonstige ausländische 1.600 1.150 950 750 650 400 230 150 150 50 250 200 450 200 250 100 100 50 40 TOPOS Stadtforschung 4.2.7. Zusammenfassung Nach der detaillierten Analy se w erden abschließend die Größenordungen der im Folgenden v erw endeten Gruppen dargestellt. Haushalte mit Kindern bis 12 Jahren Jugendliche von 12 bis 18 Jahren Haushalte ohne Kinder Personen 6.250 insgesamt 1.050 insgesamt 12.700 insgesamt 1.900 Ausländer 500 Ausländer 3.800 Ausländer 20.000 Kinder bis 12 Jahre 220 türkisch Senioren 2.250 insgesamt 100 arabisch 1.700 gesamt 800 Ausländer 100 ehem. Jugoslawien 370 Ausländer Haushalte 2.300 Haushalte 8.700 Haushalte 11.000 1.620 Erwerbshaushalte 7.150 Erwerbshaushalte 590 ausländische Erwerbshaushalte 680 Nichterwerbshaushalte 340 ausländische Nichterwerbshaushalte 1.850 ausländische Erwerbshaushalte 1.550 Nichterwerbshaushalte 520 ausländische Nichterwerbshaushalte 41 TOPOS Stadtforschung 4.3. Bedarfe der Familien Die Befragung der Eltern hat gezeigt, dass unterschiedliche Maßnahmen ergriffen w erden, um die Gesundheit der Familien zu erhalten und zu unterstützen (v gl. Abbildung 16). Allen v oran steht die gesunde Ernährung und die Bew egung der Kinder, sei es auf dem Spielplatz oder durch Sport. Dies zeigt, dass der Zusammenhang v on gesunder Ernährung w ie auch Bew egung und körperlicher Gesundheit v ielen Familien bew usst ist. Abbildung 16 Unternehmungen der Familien zum Erhalt der Gesundheit 0% 10% 2 0% 30% 40% 50% 60% 7 0% 80% 90% 100% Bewegun g/ Sport Gesund es Essen Gemeins. Ausfl üge Spi el- und Sportplatz Obst/ Gemüse Kräfti ges Essen und Flei sch Nahrungsergänzu ngen re gelm. Arz tbe such Sc hwimmen Bio-Erzeugni sse Fa hrradfahren sehr h äufi g 4.3.1. häufig manchmal sel te n ni e Ernährung Das Thema Ernährung w ird - neben Bew egung - v on fast allen Ex perten als ebenso relev ant w ie problematisch betrachtet. Für alle befragten Familien ist gesunde Ernährung ein Thema v on Interesse – unabhängig v om kulturellen Hintergrund. Die Erfahrungen der Ex perten aus den Schulen und Kindertagesstätten lassen auf bestehende Defizite im Bereich Ernährung schließen. Hier w ird sow ohl v on einer Unterv ersorgung bei Kindern aus finanziell sehr schw achen Familien als auch v on einseitiger Ernährung mit billigen Sattmachern und Fehlernährung mit einem Übermaß an Fett und Zucker berichtet. In einigen Familien (v .a. in den deutschen) w ird w enig oder gar nicht gekocht, besonders sehr jungen Eltern fehlen häufig die nötigen Kenntnisse. Hier w ird außerdem selten Obst und Gemüse gegessen. Arbeitslosigkeit der Eltern und die damit einhergehende mangelnde Tagesstruktur führt oft zu sehr unregelmäßiger (Fastfood-)Ernährung. In v ielen Familien mit Migrationshintergrund hingegen w ird sehr v iel mit Gemüse gekocht. Dennoch ist auch in türkischen oder arabischen Familien die Ernährung häufig zu fettreich oder süß, w as sich darin zeigt, dass besonders türkische Kinder v on Adipositas betroffen sind. 42 TOPOS Stadtforschung Im Gebiet gibt es Versuche, in der Kita selbst gesundes Essen anzubieten und die Kinder mit „gesunden“ Lebensmitteln v ertraut zu machen, da sie v iele Gemüsesorten v on zu Hause gar nicht kennen. Die Kita der Genezareth-Gemeinde bietet trotz knappem Budget Bio-Produkte und eine v egetarische Ernährung für die Kinder an. Diese „alternativ e“ Herangehensw eise schafft zugleich den Ansatz für ein Gespräch mit den Eltern über das Thema Ernährung, denn v ielen w ird erst durch einen Anstoß v on außen bew usst, w ie w ichtig dies für die Gesundheit ihrer Kinder ist. Der Kampf gegen Fast-Food, Chips und Süßgetränke w ird insbesondere v on den Kitas intensiv betrieben, w eil sie den engsten Kontakt mit ihrer Zielgruppe haben und am stärksten mit dieser Problematik konfrontiert sind. Die meisten Eltern w ollen sich und v .a. ihre Kinder gesund ernähren, daher besteht grundsätzlich Offenheit für dieses Thema. Die Erfahrungen zeigen aber, dass Projekte, die auf Defizite in diesem Bereich zielen, sehr spezifisch entlang der Interessen und (Essens-)Gew ohnheiten der Familien gestaltet w erden müssen, w enn sie ihr Ziel erreichen sollen. Reine Informationsansätze mit Fly ern oder Ähnlichem w erden nicht angenommen, hingegen sind die Eltern – meist die Mütter – gut zu erreichen, w enn in den Kitas gemeinsam gekocht w ird. Insbesondere Ansätze, die fördern, dass Rezepte aus den v erschiedenen Ländern und Kulturen v on ihnen selbst eingebracht w erden, stoßen auf großes Interesse. Deutlich zeigte sich, dass v .a. für sozial schw ache Familien die Gew ährleistung v on ausgew ogener und regelmäßiger Ernährung schw ierig ist. Die Familien geben an, dass ihnen besonders finanzielle Mittel fehlen, um ihre Familien gesund zu ernähren. Andere Gründe w ie Informationen, Zeit und Beratung w erden hingegen nur selten genannt (v gl. Abbildung 17) Als Anregungen zu einer v erbesserten Ernährung im Gebiet w ird v on einigen Eltern ein erw eitertes Angebot an qualitativ hochw ertigen Nahrungsmitteln und Bio-Produkten in den lokalen Läden genannt. Auch w erden eine Food-Coop sow ie ein Wochenmarkt mit Produkten aus dem Berliner Umland v orgeschlagen. Abbildung 17 Fehlendes für gute Ernährung 0% 2 0% 40 % 6 0% 80 % 10 0% Finanz en Informationen Zeit Beratung s ehr stark etwas fehlt nicht Bei den Familien besteht Bedarf an Ernährungsberatung (finanziell günstige gesunde Ernährung, Stillberatung, ausgew ogene Ernährung für Säuglinge und Kleinkinder etc.), an Projekten (w ie Frühstücksprojekte für die Kinder, Kochkurse mit integrierter Ernährungsberatung, Weiterbildungen für Multiplikatoren etc.) und 43 TOPOS Stadtforschung Angeboten (billiges Essen in Nachbarschaftskontex t, kostengünstige qualitativ hochw ertige Nahrungsmittel im Gebiet etc.). 4.3.2. Bewegung Wie in Kapitel 4.3.4 beschrieben, gibt es im Gebiet ein ausreichendes Angebot an Spielplätzen, die allerdings insbesondere v on den schw ächeren Nutzergruppen zu w enig frequentiert w erden. Anreize zu stärkerer Nutzung der öffentlichen Bew egungs- und Spielräume für Kinder w erden v on den Kitas immer w ieder gesetzt, allerdings müsste dies noch w eiter ausgebaut und v erstetigt w erden. Auch außerhalb der Kita-Betreuungszeit müssen die Spielplätze für Eltern mit kleinen Kindern ein attraktiv er Aufenthaltsort sein. Die Kitas v ersuchen außerdem ihre Räumlichkeiten und ihr Außengelände bew egungsfreundlich zu gestalten und Projekte zur Bew egungsförderung in den Kita-Alltag zu integrieren. Die Kita „Lernen und Lachen“ führt in Kooperation mit der AOK w öchentlich ein Bew egungsförderungsangebot durch. Auch die Kita der Genezareth-Gemeinde hat als einen Schw erpunkt ihrer Arbeit Bew egungsförderung gew ählt und w eicht aufgrund der beschränkten Räumlichkeiten oft auf den Gemeindesaal aus. Auch in den anderen Kitas besteht durchw eg der Wunsch, im Bereich Bew egungsförderung mehr zu tun. Allerdings stoßen die Kitas dabei an ihre Grenzen, sow ohl räumlich als auch finanziell. Insbesondere die Kita des deutsch-türkischen Vereins ist diesbezüglich unterv ersorgt und dringend auf Unterstützung oder Kooperation mit einer anderen Einrichtung angew iesen. Auch v on den Schulen im Gebiet w ird das Thema Bew egungsförderung an der einen oder anderen Stelle aufgegriffen. Die Karl-Weise-Grundschule ist bemüht, über den Schulsport hinaus Angebote zu Sport und Bew egung zu machen und stellt dazu auch ihren Schulhof und die Sporthalle zur Verfügung (u.a. für das Projekt „Kinder w eg v on der Straße“). Auf Initiativ e einer Bew ohnerin ist hier ein Winterspielplatz entstanden, der allerdings eher für kleinere Kinder interessant ist. Das Problem der Raumnot steht für die Schulen im Gegensatz zu den Kitas nicht im Vordergrund, eine kontinuierliche Finanzierung angestoßener Projekte ist hier w ichtig. Neben den frei zugänglichen Flächen im öffentlichen Raum gibt es zw ar noch w eitere Angebote für Bew egung und Sport w ie den Sportpark Neukölln oder den Fußballplatz an der Oderstraße. Diese können aber w egen Zugangsbeschränkungen (Vereine) nur begrenzt bis gar nicht genutzt w erden. Das Neuköllner Eisstadion oder das Sommerbad Neukölln kosten Eintritt, der nicht für alle Bew ohner erschw inglich ist. Die Ergebnisse der Elternbefragung stehen zum Teil im Gegensatz zu den Erfahrungen der Ex perten. Viele Eltern berichten, dass sich ihre Kinder sehr v iel bew egen, w as sie v .a. auf die Spielplätze beziehen (v gl. Abbildung 18). Die Elternbefragung ergab, dass etw a die Hälfte der Kinder regelmäßig Fahrrad fährt. Diese Zahl w ird v on den Ex perten allerdings als deutlich geringer eingeschätzt, w eil die Kinder und Jugendlichen im Gebiet so gut w ie gar nicht Radfahren, meist nicht einmal ein Fahrrad zur Verfügung haben. Es zeigt sich auch, dass 44 TOPOS Stadtforschung organisierte Angebote w ie Vereinssport, Tanzkurse o.ä. nur v on einer kleinen Minderheit genutzt w erden. Abbildung 18 Bewegung der Kinder 0% 20 % 4 0% 6 0% 80% 1 00% ins gesam t Spiel- oder Sportplatz S portunterricht Sportverein/Tanzk urs Radfahren S chwimm en sehr häufig häufig manc hmal selten nie Mädchen und Frauen sind insgesamt in der Ausgestaltung ihres Bew egungsv erhaltens stärker eingeschränkt. In den Kinder- und Jugendeinrichtung bzw . den Vereinen v or Ort ist dies bekannt und die Institutionen v ersuchen teilw eise darauf im Rahmen ihrer Möglichkeiten einzugehen. So findet im Tow er u.a eine Tanzgruppe statt. Ein breites Spektrum an Bew egungs- und Entspannungsangeboten für Erw achsene besteht auch v on Seiten der Volkshochschule, die mehrere Kurse in den Räumen der Carl-Legien-Schule anbietet. Weitere Kurse finden in der nahen Boddin- und der Morusstraße statt. Bisher w erden bildungsferne und einkommensschw ache Schichten v on den Angeboten der VHS allerdings kaum erreicht. Dies steht in einem Widerspruch zur Bekanntheit, die die VHS aufgrund ihres v ielfältigen Angebots an Deutschkursen für Migranten unter den Bew ohner Neuköllns mit Migrationshintergrund haben müsste. Bisher gelingt es offensichtlich noch nicht gut, Personen, die zu einem früheren Zeitpunkt bereits das Sprachangebot der VHS genutzt haben, auch als Teilnehmer anderer Kurse zu gew innen. Die Männer w urden v on keinem der befragten Ex perten als unterv ersorgt betrachtet. Es w ird dav on ausgegangen, dass sie sich am ehesten in die ortsansässigen (Fußball-)Vereine und in Fitnessstudios orientieren. Ein Defizit an ausreichender Bew egung besteht also hauptsächlich für die Mütter und die Kinder. Besonders betroffen v on Bew egungsmangel sind Alleinerziehende aufgrund fehlender Kinderbetreuungsmöglichkeiten bzw . ihrer hohen Zeitbelastung sow ie muslimische Mädchen und Frauen w egen ihres kulturell bedingt eingeschränkten Bew egungsradius. 45 TOPOS Stadtforschung 4.3.3. Gesundheitliche Aufklärung Durchgängig berichten die Ex perten bei den Familien v on einem großen Informationsdefizit – aber auch einem großen Interesse gegenüber gesundheitlichen Belangen, w as sow ohl für die deutschen Haushalte als auch die Familien mit Migrationshintergrund zutrifft. Defizite bestehen in erster Linie im Wissen um die kindlichen Entw icklungsstufen und altersadäquate Spielmöglichkeiten, um Kinderkrankheiten, Vorsorgeuntersuchungen, Impfungen, Patientenrechte sow ie dem Leistungskatalog der Krankenkassen oder Unterstützungsmöglichkeiten im Falle der fehlenden Krankenv ersicherung. Im Bereich Informationsv ermittlung und daraus folgend auch den Zugangsmöglichkeiten zum Gesundheitsw esen w urde v on den Ex perten immer w ieder das Thema Sprachkompetenz als entscheidendes Hindernis erw ähnt. Für manche Familien mit Migrationshintergrund bestehen spezielle Aufklärungsbedarfe. So sind für die arabische Kultur bspw . Erbkrankheiten ein w ichtiges Thema und findet in den bestehenden Beratungsangeboten kaum Berücksichtigung. Die v orhandenen Angebote zur gesundheitlichen Aufklärung lassen sich generell in Angebote medizinischer (Ärzte, KJGD) und sozialer Institutionen (Vereine, Stadtteilmütter) unterteilen. Neben den Ärzten im Quartier kommt dem Kinder- und Jugendgesundheitsdienst eine besondere Bedeutung zu. Die Beratungsleistungen beziehen sich nicht ausschließlich auf den ärztlichen/medizinischen Bereich w ie Pflege, Ernährung, Stillen u.ä.. Auch in pädagogischen, w irtschaftlichen und sozialen Fragen erhalten die Familien Unterstützung und w erden ggf. an andere Stellen im Quartier w eiterv ermittelt. Insbesondere minderjährige oder drogenabhängige Mütter w erden v om Kinder- und Jugendgesundheitsdienst (KJGD) mit festgelegter Regelmäßigkeit betreut. Auch im Interkulturellen Elternzentrum ist der Bereich Beratung sehr v ielfältig. Von allgemeiner und motorischer Entw icklung über Sex ualentw icklung und -aufklärung bis hin zu Themen w ie psy chosoziale Entw icklung oder Wechseljahre reicht das Spektrum, das v on den Stadtteilmüttern abgedeckt w ird. Bei UGRAK erhalten türkische Frauen muttersprachliche Beratung zu gesundheitsrelev anten Themen. In Kooperation mit dem Feministischen Frauengesundheitszentrum (FFGZ) w erden zu bestimmten Themen auch Veranstaltungen angeboten, obw ohl diese nicht über die Regelfinanzierung abzurechnen sind. Das Interesse der Frauen an gesundheitlichen Themen ist sehr groß. Der palästinensische Wohltätigkeitsv erein Al Huleh bietet ebenfalls Beratungen an, früher boten Ärzte auch w öchentlich Beratungen v or Ort an. Neben den gängigen Gesundheitsthemen w ird hier speziell der Bereich Erbkrankheiten thematisiert. Die Befragung zeigt, dass die herkömmlichen Wege der Informationsv ermittlung zu Gesundheitsthemen – die Arzte und Apotheken sow ie Bücher und Broschüren – v on v ielen Eltern genutzt w erden (v gl. Abbildung 19). Auch das Fernsehen ist als Informationsquelle sehr beliebt. Es fällt aber deutlich auf, dass eine Vielzahl der Befragten sich v .a. mit Bekannten über Gesundheitsthemen austauscht. Gleichzeitig ist festzustellen, dass nur w enige Eltern professionelle Beratungsstellen oder Veranstaltungen aufsuchen, um sich über Gesundheitsthemen zu informieren. 46 TOPOS Stadtforschung Abbildung 19 Informationsquellen zu Gesundheitsthemen 0% 10 % 2 0% 30 % 4 0% 50 % 60% 70% 80% 90% 100 % Bücher und B roschüren Fernsehen Ges präche mi t Bekannten Beratungs stel len / Veranstaltungen Internet Arzt und Apotheke s ehr häufi g häufi g manchmal sel ten ni e Es besteht der Bedarf an schriftlicher und mündlicher muttersprachlicher Information und Beratung zu o.g. Themen. Eine w ichtige Rolle spielen hier v ertrauensv olle Beziehungen, w as durch ein Multiplikatorenkonzept (Gesundheitslotsen, Stadtteilmütter) gew ährleistet w erden kann, das für div erse Sprachen w eiter ausgebaut w erden sollte. Für Menschen mit unsicherem Versicherungsstatus (oft arabische Familien oder Heiratsmigrantinnen in der Trennungssituation) sollte eine gesonderte Form der Beratung bzw . Vermittlung angeboten w erden. 4.3.4. Vorsorge Vorsorgeuntersuchungen w erden sow ohl für die Kinder, als auch v on den Erw achsenen zu w enig in Anspruch genommen. Besonders problematisch ist dies in Familien mit Migrationshintergrund. Bei den Kindern ist teilw eise ein schlechter Zahnstatus festzustellen, w as auf unzureichende Mundhy giene hinw eist. Sehr schlecht ist die Inanspruchnahme der Vorsorgeuntersuchung bei Jugendlichen, die noch in die Zuständigkeit der Eltern fallen und deshalb an dieser Stelle genannt w erden. In einigen Kitas und über die Stadtteilmütter läuft das Projekt „Ich geh zur U! Und du?“, w as Eltern dazu motiv ieren soll, die Früherkennungsuntersuchungen für ihre Kinder stärker in Anspruch zu nehmen. Problematisch sind hier besonders die späteren Untersuchungen, w enn die Kinder nicht mehr im Säuglingsalter sind. Dazu w urde auch Informationsmaterial in türkischer Sprache erstellt. Der Aufforderungscharakter der Kampagne hat allerdings bisher noch nicht den gew ünschten Erfolg. Des Weiteren ex istieren Angebote zur Zahnprophy lax e. Die Kinder, bei denen Entw icklungsdefizite und ein Integrationsstatus festgestellt w urden, können beim KJGD mit v erschiedenen Therapieangeboten zur Entw icklungsförderung v ersorgt w erden. Viele Elternw erden aber erst zur Schuleingangsuntersuchung dort v orstellig. In Zusammenhang mit ihrem Aufenthaltsstatus haben einige Familien keine Krankenv ersicherung und nehmen meist erst sehr spät medizinische Leistungen in Anspruch, obw ohl dies beim KJGD möglich w äre. Es ist zu befürchten, dass bev orstehende Umzug des KJGD die Inanspruchnahme v on Vorsorgeangeboten w eiter sinken w ird. 47 TOPOS Stadtforschung Es besteht ein Informationsbedarf über Nutzen der gesundheitlichen Vorsorge in v erschiedenen Sprachen sow ie Motiv ationsbedarf, diese auch w ahrzunehmen. Ex istierende Kampagnen („Ich geh zur U! Und du?“) sollten im Quartier w eiter bekannt gemacht und lokal fest v erankert w erden. 4.3.5. Lebenskompetenz Immer w ieder w urde v on der zunehmenden Bedeutung psy chischer Probleme v on Eltern (v .a. der Mütter) und Kindern berichtet. Unklares Erziehungsv erhalten, Überforderung der Eltern, Kommunikationsprobleme sow ie hohe Belastung und Stress sind in den Familien zu beobachten. In Familien mit Migrationshintergrund bestehen Schw ellenängste gegenüber Behörden und Institutionen, w as teilw eise dazu führt, dass notw endige Belange des Alltags gar nicht oder nicht fristgemäß erledigt w erden. In Familien mit Migrationshintergrund sprechen die Eltern teilw eise gar kein Deutsch, besonders bei arabischen Familien w ird v on Analphabetismus berichtet. Was das Thema Sucht angeht, so w ird in v ielen der im Gebiet lebenden Familien geraucht. Suchtmittelmissbrauch und -abhängigkeit der Eltern - v or allem Alkoholprobleme - spielt in erster Linie bei besonders jungen Familien und Familien mit deutschem oder osteuropäischem Hintergrund eine Rolle. Als Problem in Familien mit Migrationshintergrund w urde häufig die Spielsucht genannt. Lebenskompetenzförderung im Sinne der Unterstützung bei der Bew ältigung v on psy chischen und sozialen Problemen kommen v iele der im Gebiet ansässigen sozialpädagogischen Beratungsstellen nach. Hier können die jew eils angesprochenen Zielgruppen Unterstützung bei ihren speziellen Problemlagen w ie häuslicher Gew alt, Drogenproblemen etc. erhalten. Unklar ist, w ie stark in dieser Unterstützung eine Anleitung zur Eigenkompetenz konzeptionell enthalten ist. Die professionelle Anleitung zur Selbsthilfe – ein w ichtiger Baustein v on Lebenskompetenzförderung – ist hauptsächlich für Frauen im Gebiet v erankert. Hier gibt es Selbsthilfegruppen zu häuslicher Gew alt, Älter w erden, Leben mit Behinderung und Coming-Out. Als solche können auch die Mobilitätsförderung für muslimische Frauen über Fahrradkurse sow ie organisierte Ausflüge und die v on UGRAK angebotenen Deutschkurse gew ertet w erden. In fast allen lokalen Kitas w ird für die Kinder, teilw eise auch für die Eltern Sprachförderung angeboten. An der Volkshochschule können Kurse zur Stressbew ältigung in Form v on Entspannungskursen besucht w erden. Über eine Stärkung der Lebens- und Erziehungskompetenz der Eltern w ürde auch die Kompetenz der Kinder gestärkt. Teil der Gesundheitsförderung im Gebiet sollten Präv entionsprogramme gegen Suchtmittelabhängigkeit / Rauchen für Kinder (durch Stärkung der Lebenskompetenz sow ie Sport und Bew egung) und Beratung bei der Raucherentw öhnung der Eltern sein. Derartige klassische Lebenskompetenzprogramme zur Stärkung des Selbstbew usstseins v on Kindern sind im Gebiet nicht v orhanden. Besonderer Bedarf besteht an einer Alkoholberatungsstelle. 48 TOPOS Stadtforschung 4.4. Bedarfe der Jugendlichen Insgesamt hat die Schülerbefragung ergeben, dass etw a die Hälfte der Schüler sich gut oder sehr gut fühlt (v gl. Abbildung 20). Auch w enn mehr Jungen angeben, dass es ihnen in der letzten Zeit sehr gut ging, ist insgesamt das Wohlbefinden bei den Mädchen besser, w enn man diejenigen mitzählt, die sich gut und mittelmäßig fühlen. Dass das Wohlbefinden eher schlecht ist, w ird deutlich öfter v on den Jungen angegeben. Abbildung 20 Allgemeines Wohlbefinden der Schüler 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% weiblich männlich s ehr gut gut mittelmäß ig nicht gut sc hlecht Auch bei dem Interesse für das Thema Gesundheit kann man ein Ungleichgew icht zw ischen den Mädchen und Jungen feststellen. So haben Mädchen tendenziell ein größeres Interesse als die Jungen (v gl. Abbildung 21), dennoch ist auch bei den Jungen ein großes Interesse zu v erzeichnen. Interessanterw eise v erw eisen nur v ergleichsw eise w enige befragte Schüler auf die Verantw ortlichkeit der Eltern. Somit lässt sich auch erklären, dass über 80% der Mädchen und immerhin fast 70% der Jungen angeben, dass sie gerne mehr über Gesundheit lernen w ürden. Abbildung 21 Wichtigkeit des Themas Gesundheit für die Schüler 0% 10 % 2 0% 3 0% 40 % 5 0% 60 % 7 0% 8 0% 90 % 1 00 % weiblic h männlic h sehr 4.4.1. bis sc hen k ümmere mic h nic ht Eltern achten darauf Ernährung Nach Ansicht der Ex perten ist die Ernährung v on v ielen Jugendlichen unregelmäßig, unausgew ogen und stark v on Fastfood bestimmt. Fragt man sie allerdings nach ihren Lieblingsgerichten, stehen (w ie v ermutlich bei fast allen Jugendlichen und auch v ielen Erw achsenen) Pizza, Spaghetti und Co. ganz oben. (v gl. Abbildung 22). Pommes, Hamburger und andere Fast-Food-Gerichte nehmen 49 TOPOS Stadtforschung in der Hierarchie erst den dritten Platz ein. Obst und Gemüse sow ie Süßigkeiten w erden aber nur v on w enigen als Lieblingsgerichte angegeben. Abbildung 22 Lieblingsgerichte der Schüler 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 weiblich S paghet ti, orient. -asiat . Pizza und Co. Gericht e Fast-Food: P ommes, Burger etc. männli ch Gerichte: Obst / Gem üse Süß es: Fl eisch, Salat Mil chreis, E is Aufl auf, etc. Kart offeln etc. Es fällt auf, dass es keine besonderen geschlechtsspezifischen Unterschiede in den Ernährungsgew ohnheiten gibt. Dies w ird auch v on den Ex perten bestätigt. Allerdings berichten sie v on einem übermäßigen Konsum an zuckerhaltigen Getränken und Snacks w ie Chips oder Chinanudeln, die roh „geknabbert“ w erden. Bei den Jugendlichen ist ebenso w ie bei den jüngeren Kindern zu beobachten, dass sie häufig ohne Frühstück zur Schule kommen und v on zu Hause keine adäquate Verpflegung für den Vormittag mitbringen. Viele Jugendliche v ersorgen sich daher unterw egs mit Süßigkeiten, Chips und süßen Getränken. Dies w ird auch v on den Betreuern in den Jugendeinrichtungen bestätigt. Dennoch sind nur v ereinzelte Jugendliche v on Adipositas betroffen, Übergew icht ist nach Einschätzung der Ex perten bei den Jugendlichen im Gebiet kein besonderes Problem. Einige der besonders sport- und fitnessorientierten Jungen konsumieren Anabolika, w as als gesundheitliches Risiko gew ertet w erden muss. Begegnet w ird dieser Problematik mit alternativ en, gesunden Angeboten in den Einrichtungen selbst. In der Cafeteria der Kurt-Löw enstein-Oberschule gibt es beispielsw eise keine Cola oder Fanta, sondern Säfte und Ay ran. Die Jugendeinrichtungen „Outreach“, „Schilleria“ und Warthe 60 thematisieren die Ernährung der Jugendlichen regelmäßig und haben die Erfahrung gemacht, dass die meisten v on ihnen am ehesten über Aktiv -Angebote w ie gemeinsames Kochen zu erreichen sind, denn sow ohl die Mädchen als auch Jungen kochen gerne, w enn sie dabei begleitet und angeleitet w erden. Alle drei Einrichtungen organisieren daher w öchentlich ein gemeinsames Kochen. Die Schilleria w ird dazu durch Lebensmittelgabe v on der Berliner Tafel unterstützt. Bei den Jugendlichen besteht bei der Ernährung ein Bedarf an jugendgerechter Information über gesunde Ernährung und konkrete Kochanleitung z.B. in Form v on 50 TOPOS Stadtforschung Kochkursen. In dieser Altersgruppe läge hier bereits die Förderung der späteren Eltern. Wichtig für Jugendliche ist die altersadäquate Transportierung der Themen – ein Slogan w ie „kochen ist cool“ w äre denkbar. In den v on ihnen besuchten Jugendhilfeeinrichtungen sollten die Multiplikatoren in gesunder Ernährung geschult w erden und regelmäßige Kochev ents für und mit den Jugendlichen angeboten w erden. Die Anabolika konsumierenden Jungen sollten über die gesundheitlichen Schädigungen durch diese Nahrungsergänzung aufgeklärt w erden. 4.4.2. Bewegung Im Bereich der Bew egung ist ein starker Geschlechtsunterschied zu beobachten. Die Jungen treiben meist gerne und häufig Sport, allen v oran Ballsportarten, v .a. Fußball (v gl. Abbildung 23). Aber auch Kampfsportarten und Fitness sind bei ihnen sehr beliebt, w obei sie aber nicht auf gesundheitliche Ausw irkungen achten (Body building statt Fitness). Die Mädchen üben auch gerne Ballsportarten aus, sogar Fußball ist für eine Reihe v on Mädchen interessant. Sie haben aber auch noch andere Interessen, die v on den Jungen kaum genannt w erden: Gy mnastik, Turnen und Tanz sow ie Fahrradfahren und Inline-Skaten. Abbildung 23 Beliebte Sportarten bei den Schülern 80, 0 70,0 60, 0 50,0 40, 0 30, 0 20,0 10, 0 sonst iges Fahrrad/ Inli ner männlich Laufen/Joggen Schwim men Gymnasti k/ Turnen/ Tanz weiblic h F it ness Kam pfsport sonst iger Bal lsport Fußball 0,0 Dennoch kann dies nicht darüber hinw egtäuschen, dass bei den Mädchen im Jugendalter eine zunehmende Bew egungsunlust zu beobachten ist. Darüber hinaus beginnen speziell für konserv ativ erzogene muslimische Mädchen mit der Pubertät Verbote, die sie stark in ihren Bew egungsräumen und Bew egungsmöglichkeiten einschränken. Auch die Teilnahme am Schulsport ist dadurch häufig eingeschränkt. Die Kurt-Löw enstein-Schule kooperiert auf diesem Gebiet mit dem Hochschulsport und bietet Sport getrennt geschlechtlich an, um den Mädchen zu ermöglichen, sich in v ertrauter Runde auch ohne Kopftuch zu bew egen. Die männlichen Jugendlichen im Gebiet sind die Gruppe, die die v orhandenen öffentlichen Sportmöglichkeiten am stärksten nutzt. Mädchen oder jüngere Kinder 51 TOPOS Stadtforschung w erden häufig v on diesen v erdrängt und nehmen diese Sportmöglichkeiten dann nicht mehr in Anspruch. Von Seiten des Jugendclubs Outreach gibt es regelmäßige organisierte Sportangebote (Breakdance, Fußball, Basketball), die ebenfalls v iel genutzt w erden. Für Mädchen und w eibliche Jugendliche bietet das Mädchen-Cafe Schilleria die Möglichkeit, organisierte und damit geschützte Bew egungsangebote zu nutzen, die den Wünschen und Vorstellungen dieser Alterklasse entsprechen. Wettkampforientierter Sport ist hier nicht gefragt, das Interesse geht mehr hin zu freizeitsportlichen Aktiv itäten w ie Radfahren, Inline-Skaten und Schw immen. Die Organisation dieser Angebote ist aber für die Schilleria schw ierig, bspw . auch aufgrund der Verkehrssituation so aufw endig, dass sie seltener durchgeführt w erden, als es dem eigentlichen Bedarf entspräche. Es besteht der Wunsch nach einem selbst organisierten Verleih v on Fahrrädern und anderen Bew egungsmaterialien. Bedarf besteht bei der Bew egungsförderung also in erster Linie bei den Mädchen. Gefordert sind in diesem Alter geschlechtsgetrennte Angebote, die in geschützten Räumen stattfinden. Dafür sollten speziell ausgebildete Kursleiterinnen gew onnen und die erforderlichen Räume (ungenutzte Turnhallen, Schulhöfe etc.) gefunden w erden. Bei den Jungen steht die Anleitung zu gesundheitsgerechter Bew egung im Vordergrund. Eine gute Verbindung lässt sich dabei zw ischen den Themen Bew egung und Förderung v on Lebenskompetenz finden. Für beide Geschlechter sollten die nicht-organisierte Bew egungsmöglichkeiten v erbessert w erden über die Öffnung v on mehr Flächen, die Bereitstellung v on Bew egungsinstrumenten (Fahrräder, Inliner etc.) oder die Organisierung v on gezielten Bew egungsangeboten w ie Tanzw ettbew erbe oder Theater-/ Zirkusw orkshops etc. 4.4.3. Gesundheitliche Aufklärung Die entscheidenden Themen im Jugendalter sind Drogen/Sucht, sex uelle Aufklärung und Verhütung (Schw angerschaft sow ie sex uell übertragbare Krankheiten). Im Bereich der Sex ualaufklärung ist w ieder der deutliche Geschlechtsunterschied zu beobachten. Während die Jungen mit ihnen v ertrauten Menschen durchaus über diese Themen sprechen, ist für die Mädchen dieses Thema stark tabuisiert und „darf“ nicht angesprochen w erden. Dies ist besonders stark bei den muslimischen Mädchen ausgeprägt, w irkt sich aber auch auf die anderen aus, da sie nicht als „Schlampen“ dastehen w ollen. Hier bestehen nach Aussagen der Ex perten massiv e Informationsdefizite, die im Ex tremfall auch zu sehr frühen Schw angerschaften führen. Die Befragung zeigt, dass die Schüler eine Reihe v on Ansprechpartnern zu Gesundheitsthemen haben, die sie bei Bedarf fragen können (v gl. Abbildung 24). Dies sind sow ohl die Mitglieder der eigenen Familie als auch Ärzte bzw . bei den Mädchen Ärztinnen. Es fällt auch der recht hohe Anteil an Schülern auf, die sich mit solchen Themen an ihre Lehrer w enden w ürden. Zw ischen Jungen und Mädchen 52 TOPOS Stadtforschung besteht der Unterschied v .a. darin, dass die Mädchen noch häufiger Ärzte und andere Verw andte zu Rat ziehen w ürden, w eniger gerne reden sie offensichtlich mit ihren Brüdern über diese Themen. Diese w iederum w ürden ihre Schw estern ebenso oft w ie die w eiblichen Befragten zu Gesundheitsthemen ansprechen. Abbildung 24 Ansprechpartner für die Schüler bei Gesundheitsthemen 1 00 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Freunde Arzt Lehrer weiblich Betreuer Jugendclub B ruder männlich Schwester andere Verwandte habe niemanden Insgesamt besteht hoher Bedarf an sensibler Sex ualaufklärung, v .a. für die Mädchen. Denkbare Lösungsansätze w ären, diese Themen bereits in der Grundschule im Unterricht in einem Alter zu behandeln, w enn sie noch nicht so schambesetzt sind. Daneben w äre ein Peer-to-Peer-Ansatz denkbar, bei dem (ältere) Jugendliche die Themen für (jüngere) Jugendliche aufbereiten. 4.4.4. Vorsorge Die Inanspruchnahme der J-Untersuchung im Jugendalter w ird v on den meisten Ex perten nicht ex plizit thematisiert. Vermutlich nehmen kaum Jugendliche Vorsorgeuntersuchungen w ahr. Insbesondere Mädchen suchen zu selten gy näkologische Prax en auf. Von den Akteuren w urde ein mangelndes Wissen in Bezug auf gesundheitliche Vorsorge benannt. Auch hier kommen Sprache und fehlende Mobilität als Barrieren zum Tragen. Es besteht in erster Linie Informationsbedarf darüber, dass es (v on Eltern unabhängige) Vorsorgeuntersuchungen für Jugendliche gibt. Daneben sollte über Sex ualität und Verhütungsmethoden aufgeklärt w erden. Eine Beratung über die Möglichkeiten, unabhängig v on den Eltern einen Arzt/ eine Ärztin aufzusuchen, Schw eigepflicht der Ärzte etc. w äre für v iele der Jugendlichen w ichtig. 53 TOPOS Stadtforschung 4.4.5. Lebenskompetenz Die Entw icklung v on Lebenskompetenz ist eine zentrale Aufgabe w ährend der Jugend. Dabei geht es w esentlich um das Vertrauen in eigene Fähigkeiten und das Gefühl, sein Leben entscheidend beeinflussen zu können. Insofern ist es bedenklich, dass v iele der Jugendlichen im Gebiet unter Perspektiv losigkeit leiden. Bei Jugendlichen aus Haushalten mit Migrationshintergrund kommt oftmals erschw erend eine unzureichende Sprachkompetenz und/oder kulturelle Zerrissenheit hinzu. Folgen sind Verhaltensauffälligkeiten, mangelndes Identitätsgefühl, Delinquenz, psy chische Verstimmungen, Suchtmittelmissbrauch und (auto-)aggressiv es Verhalten. Die mit den Jugendlichen arbeitenden Ex perten berichteten, dass sehr v iele Jugendliche rauchen. Beim Konsum anderer Drogen ist sow ohl ein Geschlechtsals auch ein kultureller Unterschied zu beobachten. Jugendliche mit muslimischem Hintergrund konsumieren kaum Alkohol oder illegale Drogen. Bei den deutschen und osteuropäischen Jungen ist diese Problematik aber relativ stark, bei den Mädchen etw as w eniger stark v orhanden. Dabei spielen Cannabis, Alkohol und Party drogen die bedeutendste Rolle. In den letzten zw ei Jahren w urde für die Jungen v on einem zunehmenden Konsums v on Tilidin, einem opiathaltigen Schmerzmittel, berichtet. Die Mädchen der Altersgruppe sind nach Eindruck der Ex pertinnen erstaunlich w enig v on Essstörungen betroffen und haben ein relativ gutes Verhältnis zu ihrem Körper. Bei den Jungen spielen Rückenschmerzen) eine Rolle, Auseinandersetzungen (zw ischen bei den Mädchen bestehen zum kulturellen Gruppen. psy chosomatische Probleme (Kopf- und außerdem sind sie mitunter in phy sische den kulturellen Gruppen) v erw ickelt. Aber auch Teil starke Ressentiments gegenüber anderen Einige der ex istierenden Angebote für Jugendliche w ie bspw . die Schuldistanziertenarbeit an der Kurt-Löw ensteinschule oder die Schülerfirma sind im w eitesten Sinne als Lebenskompetenzförderung zu v erstehen. Speziell die geschlechtsspezifischen Angebote v on Schilleria und Outreach bieten Unterstützung im Bereich der Identitäts- und Selbstw ertfindung an. In der Schilleria w erden Mädchen im Rahmen des Modellprojekts „Peers in the City “ über das Bildungsteam Berlin als Multiplikatorinnen für die Bereiche Beziehung und Sex ualität ausgebildet. Ein Mitarbeiter v on Outreach bietet als gesondertes Angebot für delinquente Jungen das Einzeltraining DenkZeit an, das aber mit 40 Einzelsitzungen sehr aufw ändig ist. Das Modellprojekt zur Gew altpräv ention Warthe 60 erreicht Mädchen und Jungen gemeinsam und v ersucht sow ohl in der offenen Arbeit als auch in gezielter Gruppenarbeit den Problemen w ie Aggressiv ität und Gew altneigung zu begegnen. Der Bedarf im Kontex t der Suchtmittelabhängigkeit bei Jugendlichen im Gebiet liegt in erster Linie in der Präv ention des Rauchens und der Unterstützung bei der Entw öhnung v on Zigaretten. Allgemein sollten Jugendliche über die Unterstützung 54 TOPOS Stadtforschung in ihrer Identitätsfindung, Selbstbehauptungsförderung und Sport/Bew egung in ihrer Fähigkeit gestärkt w erden, sich gegenüber Suchtmitteln abgrenzen zu lernen. Es besteht v .a. für Mädchen der Bedarf der Steigerung ihrer Mobilitätskompetenz – also zu lernen, sich neue und andere als die v ertrauten Räume anzueignen. Mädchen benötigen die Förderung der Selbstbehauptungsfähigkeiten – Jungen eher das Erlernen v on Entspannung und Aggressionsabbau. Für beide Geschlechter ist das kennen lernen des eigenen Körpers und seiner Signale w ichtig, um mögliche Krankheitsanzeichen deuten zu lernen. Erforderlich w äre eine gesundheitliche Erstkontakt-/Anlaufstelle speziell für Jugendliche, die Aufklärung über die v orhandenen Angebote im Gebiet bietet. In diesem Kontex t sollte auch die gesundheitliche Sprachkompetenz gefördert w erden. 55 TOPOS Stadtforschung 4.5. Bedarfe der Haushalte ohne Kinder Wie eingangs erw ähnt lag das Schw ergew icht der Analy se auftragsgemäß v orw iegend auf den Haushalten mit Kindern und Jugendlichen. Die Gruppe der Haushalte ohne Kinder ist sehr heterogen und w urde deshalb nach der (Möglichkeit zur) Beteiligung am Erw erbsleben in zw ei Altersgruppen unterteilt, für die zusammenfassend die Bereiche der Gesundheitsförderung dargestellt w erden. 4.5.1. Senioren Im Vordergrund steht bei den Älteren die längstmögliche Erhaltung der Selbstständigkeit sow ie eine stark zu beobachtende Vereinsamung und Isolation. Die Multimorbidität - schw ere Mehrfacherkrankungen, die die Betroffenen in der Ausübung ihrer täglichen Verrichtungen stark beeinträchtigen - gew innt gerade im höheren Alter an Bedeutung, ein konstruktiv er Umgang mit Alterungsprozessen, Abschied und Tod muss entw ickelt w erden. Nach Aussagen der Ex perten haben v iele der alten Menschen im Gebiet nur unzureichendes Wissen um gesunde und altersadäquate Ernährung. Aufgrund ihrer schlechten finanziellen Situation entscheidet oft auch nicht die Qualität der Lebensmittel, sondern der Preis. Ältere Menschen, die nicht (mehr) selbst kochen (können), sind zudem auf ex terne Versorgungsangebote angew iesen. Wie v on den Ex perten berichtet w urde, bew egen sich die Senioren zu w enig. Einige v erlassen aus Angst oder Abneigung gegenüber der Verschmutzung nur w enig ihre Wohnung. Demgegenüber ist das Angebot an Begegnungsstätten und spezifischen Förderangeboten im Gebiet gering. Für alte Menschen sollten deshalb Angebote geschaffen w erden, die Vereinsamung entgegenw irken und den Menschen eine Aufgabe geben können. Da immer mehr Menschen mit Migrationshintergrund im Gebiet älter w erden und keine auf ihre Bedürfnisse ausgerichteten spezifischen Angebote ex istieren, w äre es w ichtig, kulturspezifische Maßnahmen für ältere Menschen zu initiieren. Denkbar w ären kultur- und sprachsensible Kompetenztrainings für Senioren, die Initiierung v on Selbsthilfegruppen, spezielle Bew egungsangebote, Ernährungsberatung sow ie gesundheitliche Aufklärung in Form einer Vortragsreihe mit anschließendem Senioren-Café über relev ante mit dem Altern im Zusammenhang stehenden Themen. 4.5.2. Menschen im Erwerbsalter Diese Single-, Paar- und Mehrpersonenhaushalte tauchten in den Beschreibungen der Ex perten nur in Form der sog. „Problemgruppen“ w ie Alkohol- und Drogenabhängige, Arbeitslose mit starken psy chischen und sozialen Problemen etc. auf, deren Probleme unter den gesonderten Bedarfen besprochen w erden. Gerade Erw erbstätige sind w erktags im Gebiet kaum und in den Beratungsstellen praktisch gar nicht präsent. Die Ex perten konnten folglich auch w enige Aussagen 56 TOPOS Stadtforschung zu deren Bedarfen hinsichtlich der Gesundheitsförderung machen. Dennoch sollte diese Gruppe bei Maßnahmen der Gesundheitsförderung auch deshalb berücksichtigt w erden, damit diesen das Gebiet stabilisierenden Bew ohnern ein attraktiv es Angebot gemacht w ird, w as sie zum Bleiben bew egt. Viele Präv entionsangebote der Kassen zielen beispielsw eise auf die Steigerung der Kompetenzen zur arbeitsw eltbedingten Stressbew ältigung. Solche Angebote ins Gebiet zu holen, w äre dafür ein Ansatz. 4.6. Besondere Einzelbedarfe 4.6.1. Muslimische Frauen und Mädchen Besonders schw er erreichbar sind traditionell lebende muslimische Frauen und Mädchen. Ihre Bew egungsräume und -möglichkeiten sind aufgrund v on Verboten, aber auch aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse ex trem eingeschränkt. In türkischen und arabischen Familien sind einige Frauen durch Heiratsmigration nach Deutschland gekommen, sprechen kaum Deutsch und leben aufgrund des an den Mann gekoppelten Aufenthaltsstatus in einer sehr abhängigen Situation. Für traditionell muslimische Frauen und Mädchen sollte ein spezielles, den kulturellen Rahmenbedingungen gerecht w erdendes Angebot bereitgestellt w erden. Dies umfasst strikte Geschlechtertrennung und eine muttersprachliche Ausrichtung. Ein „erlaubter“ Zugang ist häufig über die Themen der Kinder und ein eingegrenztes Angebot an Bew egungsformen und Möglichkeiten. Als sehr erfolgreich w urden Fahrradkurse oder gemeinsame Ausflüge der Frauen in andere Teile Berlins geschildert. Muslimische Mädchen in und nach der Pubertät sind häufig noch gut über die Schulen zu erreichen, da dies ein Ort ist, den sie aufzusuchen dürfen. Aufgrund der Einschränkungen zu Hause nehmen sie Angebote an der Schule v ergleichsw eise häufig w ahr. Die „Problemgruppe“ muslimischer Frauen spricht insbesondere der Verein UGRAK mit seinen Bew egungsangeboten an. Die Mitarbeiterinnen organisieren Kurse für Rückengy mnastik, Tanzen oder Möglichkeiten um Fahrrad fahren oder Schw immen zu lernen. Ein ähnlich geartetes Angebot w äre auch für die Gruppe der arabischen Frauen w ünschensw ert, ebenso für andere Ethnien. Als Problem für v iele Frauen im Gebiet w urde uns v on Seiten der Ex perten die steigende Anzahl an Angststörungen und Depressionen genannt – die sich w iederum negativ auf die Entw icklung der Kinder ausw irken. Für Frauen, die die deutsche Sprache nicht beherrschen, ist es sehr schw ierig, eine muttersprachliche Beratung oder Psy chotherapie und damit eine adäquate Unterstützung bei psy chischen Störungen zu bekommen. Die Bereitstellung v on entsprechenden Adressen ist eine w ichtige Aufgabe der Koordinationsstelle. 4.6.2. Alkoholismus Im Gebiet ist ein starker Missbrauch v on Alkohol bzw . Alkoholabhängigkeit zu beobachten. Kinder alkoholabhängiger Menschen zeigen teilw eise Vernachlässigung und psy chische Probleme. Eine Beratungs- oder Betreuungsstelle für Abhängige und Angehörige ist im Gebiet nicht v orhanden. Wie 57 TOPOS Stadtforschung bereits erw ähnt besteht hier Handlungsbedarf, der jedoch nur v on entsprechenden Ex perten geleistet w erden kann. 4.6.3. Menschen mit Behinderungen Grundsätzlich ist es Ziel der Gesundheitsförderung, die Mobilität und gesellschaftliche Teilhabe v on Menschen mit Behinderung zu unterstützen. Menschen mit Behinderungen haben meist spezifisch auf ihre jew eilige Gesundheitssituation bezogene Informations- und Unterstützungsbedarfe. Daher kann dieses Thema im Rahmen einer allgemeinen Gesundheitsförderung nur in dem übergeordneten Punkt Barrierefreiheit behandelt w erden. „Barrierefreiheit“ meint in diesem Zusammenhang die phy sischen und organisatorischen Voraussetzungen des Zugangs zu Beratungsstellen, Informationen, etc. Deshalb betrifft sie nicht nur die Gestaltung v on Gebäuden und Außenraum, sondern auch die entsprechende Aufbereitung v on Informationsmedien w ie z.B. des Internets. Auf die Bedürfnisse v on Frauen mit Behinderung w ird im Quartier durch RuT (Rat und Tat – offene Initiativ e lesbischer Frauen) und das Netzw erk behinderter Frauen sehr umfassend eingegangen. Im QM-Gebiet besteht das Problem, dass die U-Bahn-Stationen Leine- und Boddinstraße nicht barrierefrei sind. Dies zw ingt gehbehinderte Besucher, auf den Bus oder das eigene Auto auszuw eichen. Ein Aufzug w äre auch für Senioren und Eltern mit Kinderw agen eine Erleichterung. Im Rahmen der Befragung w urde der Wunsch geäußert, ähnlich einem Stadtplan, der barrierefreie Angebote bündelt, eine Bestandsaufnahme über Barrierefreiheit im Quartier zu machen und diese zu v eröffentlichen. Die speziellen Bedarfe der Menschen mit Behinderung im QM-Gebiet w aren im Rahmen dieses Gutachtens nicht zu erheben. Dies w äre Aufgabe einer speziellen Ex pertise, die es zeitnah anzufertigen gälte. 4.6.4. Arbeitslosigkeit Vordringliches soziales Problem im Gebiet ist die hohe Arbeitslosigkeit, die mit einem Verlust an gesundheitsrelev anten Ressourcen einhergeht. Ressourcen der Erw erbsarbeit sind Einkommen und Berufsprestige, die entstehenden sozialen Kontakte sow ie Sinnstiftung und Herausforderungen durch die Arbeit. Arbeitslosigkeit bedeutet für die meisten Menschen ein hohes gesundheitliches Risiko. Zahlreiche Studien berichten v on einem deutlich höheren Ausmaß psy chischer Störungen, Suchtmittelabhängigkeit, ungesünderer Ernährung und mangelnder Bew egung sow ie einer allgemein erhöhten Morbidität. Die Ex pertengespräche haben diese Ergebnisse auch für das Gebiet Schillerpromenade bestätigt. Im Gebiet gibt es bisher keine Struktur, die sich mit den gesundheitlichen Folgen der Arbeitslosigkeit auseinandersetzt. In Zusammenarbeit mit den Krankenkassen könnten aber möglicherw eise derartige Modellprojekte – über gesonderte Mittel – für den Bezirk akquiriert w erden. 58 TOPOS Stadtforschung 4.6.5. a.) Personen mit unsicherem Aufenthaltsstatus „Duldungsketten“ Im Gebiet leben seit v ielen Jahren Bew ohner, die aus ihren Heimatländern geflüchtet sind und keinen gesicherten Aufenthaltsstatus besitzen (v orw iegend arabische Familien aus Palästina). Damit bleiben auch eine Arbeitgenehmigung und der Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt v erw ehrt, w as für die Familien eine geringe Ausstattung mit finanziellen Ressourcen und w eniger gute Chancen auf Integration in die Aufnahmegesellschaft bedeutet. Auch w enn die Kinder häufig bereits in Deutschland geboren sind und hier zur Schule gehen, sind die Familien ständig v on Abschiebung bedroht, w as einen starken Druck ausübt. In arabischen Familien sind die Väter zum Teil längerfristig abw esend, da sie in anderen europäischen Regionen nach Arbeit suchen bzw . arbeiten. Auch dieser Situation und der damit einhergehenden gesundheitlichen Belastung, kann im Rahmen der Arbeit der Koordinationsstelle kaum adäquat begegnet w erden. b.) Sinti und Roma In den Gesprächen mit den lokalen Ex perten w urden Roma- und Sintifamilien aus dem ehemaligen Jugoslaw ien oder Rumänien als besonders schw er integrier- und erreichbare Gruppe genannt. Es handelt sich um eine zahlenmäßig relativ kleine Gruppe, deren Größe v on den Ex perten allerdings unterschiedlich eingeschätzt w ird. Vermutlich umfasst sie etw a 50 Personen. Aufgrund der hohen Fluktuation innerhalb der Gruppe der Roma und Sinti sind sie auch mit niedrigschw elligen Angeboten nicht zu erreichen. Dazu kommt die Problematik, dass die Frauen sehr häufig Analphabetinnen sind und aufgrund v on unsicherem Aufenthaltsstatus, Diskriminierung und Angst medizinische Vorsorgeangebote nicht in Anspruch nehmen. Zusätzlich bestehen w eitere Defizite bei Ernährung und Bew egung, v iele Eltern sind mit ihren Erziehungsaufgaben überfordert, Gew alt und Alkoholismus ist immer w ieder ein Thema in den Familien, die daher auch häufig zersplittert sind. Aufgrund fehlender Integration und kultureller Besonderheiten ist die Bedeutung des Zugangs über Vertrauenspersonen und muttersprachlicher Angebote bei dieser Gruppe besonders hoch. Bisher gab es im Quartier allerdings keine Angebote, die dies gew ährleisten konnten. Derzeit w ird v on der RAA Berlin (Regionale Arbeitsstellen für Ausländerfragen, Jugendarbeit und Schulen e.V.) in der Weisestraße ein Mutter-Kind-Treffpunkt aufgebaut, der sich speziell an Roma und Sinti w endet. Hier können sich Eltern über div erse Themen (v .a. zur Entw icklungsförderung v on Kindern) informieren. Um hierfür auch aufsuchende Strukturen aufzubauen, sollen v ier Elternbegleiterinnen ausgebildet w erden, die die Gruppe der Roma und Sinti über Themen w ie Ausbildung, Konfliktpräv ention sow ie Angebote der Sozial- und Jugendhilfe aufklären w erden. Von Seiten der RAA w urde Interesse an einer Zusammenarbeit mit der Koordinationsstelle zum Thema Gesundheit geäußert. Diese Stelle sollte in das lokale Netzw erk eingebunden w erden. Es ist zu hoffen, dass ein guter Informationsaustausch mit dieser Stelle die bestehenden Informationsdefizite über die spezielle Situation dieser Gruppe im Quartier abbaut 59 TOPOS Stadtforschung und auch zur besseren Versorgung mit Angeboten zur Gesundheitsförderung beiträgt. 4.6.6. Durch breitenwirksame Angebote alle Bewohner stärken In einer Analy se der Bedarfe an Gesundheitsförderungsmaßnahmen tauchen zw angsläufig in Gesprächen immer w ieder nur die Gruppen auf, die sichtbare Probleme in gesundheitsrelev anten Gebieten aufw eisen. Im Bezirk leben aber v iele Menschen, die sozial einigermaßen gut gestellt sind und keine besonderen gesundheitsrelev anten Probleme haben. Eine umfassende Gesundheitsförderung im Stadtteil muss auch Angebote bereitstellen, die v on diesen Menschen angenommen und genutzt w erden. Dies w ird durch die Offenheit der Angebote für alle sow ie eine das ganze Quartier umfassende Bew erbung der Maßnahmen gew ährleistet. Manche Angebote – w ie Ernährungsberatung für Säuglinge oder spezielle Entspannungskurse – w erden bestimmt eher Familien und Einzelpersonen aus der Mittelschicht ansprechen. Daneben ist es in der Planung v on Gesundheitsangeboten w ichtig, eine ausreichende Zahl an kontinuierlich Teilnehmenden zu erreichen, damit das Angebot Bestand haben kann. Nach den Erfahrungen aus dem Gesundheitsraum Reuterkiez sind es häufig eher Personen aus der Mittelschicht, die diese Konstanz aufrechterhalten. Oft w erden Zugehörige der genannten Problemgruppen überhaupt und erst nach und nach erreicht, w enn sich ein Angebot dauerhaft etabliert und „herumspricht“. 60 TOPOS Stadtforschung Teil II – Konzept für die Gesundheitsförderung 5. Gesundheitsförderung im QM-Gebiet Gesundheit ist ein Querschnittsthema. Im Sinne der Förderung eines gesundheitsbew ussten Lebensstils der Bev ölkerung im QM-Gebiet Schillerpromenade gilt es Gesundheit in möglichst v ielen Lebensbereichen zu v erankern. Vor diesem Hintergrund w ird für die Umsetzung der Gesundheitsförderung im QM-Gebiet eine Strategie empfohlen, die aus zw ei zentralen Bausteinen besteht. Das Strategiekonzept sieht v or, dass 1. das QM in Form einer Koordinationsstelle eine koordinierende Stellung einnimmt und 2. die Ausrichtung und Umsetzung der Programme den lokalen Akteuren überlassen bleibt. Der einfache Grund für diese Aufteilung liegt auf der einen Seite in der Erreichbarkeit der Zielgruppen, die über die bereits ex istierenden Akteure am ehesten zu gew ährleisten ist. Auf der anderen Seite erleichtert die Koordination das Sammeln v on Informationen und unterstützt die Umsetzung der Maßnahmen. 5.1. Organisation der Gesundheitsförderung im QM-Gebiet Die Bausteine einer nachhaltig w irkenden Gesundheitsförderung w urden bereits eingangs anhand der Lernspirale des Public Health Action Cy cles v orgestellt (s. Kapitel 1.2). Zur Umsetzung der hier entw ickelten Strategie und ihrer w eiteren Anpassung sow ie konkreter Maßnahmen soll eine Koordinationsstelle eingerichtet w erden, die den gesamten Prozess betreut. Sie soll nicht eigene Projekte durchführen, sondern Projekte der Partner initiieren, unterstützen und ev aluieren. Damit unterstützt sie als „Nabe des Rades“ der Gesundheitsförderung koordinierend den gesamten Prozess v on der Analy se bis zur Umsetzung. Abbildung 25 Das „Rad der Gesundheitsförderung“ im QM-Gebiet Analysieren Evaluieren Koordinieru ngsstelle Strukturieren Umsetzen 61 TOPOS Stadtforschung 5.2. Leitlinien des Gesamtprojekts Für das Projekt „Ein Stadtteil schw ingt sich auf!“ lassen sich folgende Leitlinien formulieren, die durch die Summe der einzelnen Maßnahmen erreicht w erden sollten: 5.2.1. Gesundheit ist ein Thema für alle Gruppen der Schillerpromenade Gesundheit ist ein übergreifendes Thema, das sich an alle Gruppen gleichermaßen w endet und das allen gleichermaßen erkennbare Vorteile bietet. Damit können v erstärkt auch solche soziale Gruppen angesprochen w erden, die bei den problemzentrierten Projekten im sozialen Bereich kaum oder gar nicht angesprochen w erden. Dies stabilisiert das Gebiet. 5.2.2. Gesundheitsförderung ist Aufgabe eines Netzwerks lokaler Akteure Wesentlich für die Verbreitung der Idee eines gesundheitsbew ussten Lebensstils ist es, den Partnern eines „Netzw erks für Gesundheit“ den Bezug ihrer Aktiv itäten zum Thema Gesundheit und ihrer Möglichkeiten zum Beitrag zur Gesundheitsförderung durch entsprechende Information und Wissensv ermittlung zu v erdeutlichen. 5.2.3. Das bestehende Netzwerk durch Koordination stärken Wie die Analy se der Zielgruppen gezeigt hat, besteht im QM-Gebiet v ielfältiger Bedarf an Maßnahmen zur Gesundheitsförderung. Gleichzeitig hat die Analy se des Netzw erks gezeigt, dass bereits v iele Aktiv itäten und Institutionen ex istieren, die in Kontakt mit den genannten Zielgruppen stehen. Für die Gesundheitsförderung w ird deshalb empfohlen, das bestehende Netzw erk durch Koordination zu stärken. 5.2.4. Lücken im Netzwerk schließen Wie in der Analy se dargestellt und in den folgenden Empfehlungen aufgegriffen, können nicht alle Zielgruppen mit Bedarf durch das bestehende Netzw erk erreicht w erden. Solche Lücken gilt es gezielt zu schließen, indem v ersucht w ird, diese Gruppen im Gebiet direkt anzusprechen, die bestehenden Akteure zum Anbieten entsprechender Maßnahmen zu bew egen und/oder mit bestehenden Einrichtungen außerhalb des Gebiets zu kooperieren. 5.2.5. Das Projekt durch Leitprojekte sichtbar machen In Kapitel 7 w erden fünf Projekte v orgestellt, mit denen die Gesundheitsförderung durch das Quartiersmanagement auf den Weg gebracht und nachhaltig v erankert w erden kann. 5.2.6. Qualität durch Evaluation sichern Durch die Ev aluation w erden w ichtige Kenntnisse über Stärken und Schw ächen eines Projektes oder einer Maßnahme gew onnen. Dadurch v erbessern sich die Grundlagen für projektbezogene Entscheidungen und w ird die Basis für die Erhöhung der zukünftigen Effektiv ität und Effizienz geschaffen. 62 TOPOS Stadtforschung 5.3. Leitlinien der Einzelprojekte In Ergänzung zu den Leitlinien des Gesamtprojekts lassen sich Kriterien für die Ausw ahl und Bew ertung v on Projekten formulieren. Maßnahmen und Aktiv itäten, deren Wirksamkeit belegt ist und die geeignet sind, die Ziele der Gesundheitsförderung in einer gegebenen Situation zu erreichen w erden als „Good Practice“ („Gute Prax is“) bezeichnet. Im Gegensatz zu der aus der Wirtschaft bekannten „Best Practice“, w as für Maßnahmen höchster Effizienz steht, genügt für Good Practice der Nachw eis der Wirksamkeit. Die w ichtigsten Good-Practice-Kriterien w erden im Folgenden v orgestellt. Wichtig dabei: ein Projekt muss nicht allen Kriterien genügen. Es ist bspw . ebenso w ichtig, dass auch die Projekte umgesetzt w erden, die nur in einzelnen Kriterien v orbildlich sind. Folglich gibt es auch keine strenge Hierarchie der anzulegenden Kriterien. 5.3.1. Zielgruppenorientierung Um alle Bew ohner eines Stadtteils zu erreichen, müssen Handlungsstrategien an den jew eiligen Lebensbedingungen orientiert w erden. Dies erfordert zunächst eine Analy se der Zielgruppen der Gesundheitsförderung entlang der teilw eise auch kulturell bedingten Lebensw eisen sow ie deren strukturellen Gegebenheiten. Für die Entw icklung und Vermittlung v on Interv entionsansätzen w ird die Bedeutung der interkulturellen Kompetenz in der gesundheitsw issenschaftlichen Literatur herv orgehoben. Hierbei geht es nicht nur um die sprachliche Verständigung, sondern auch um die unterschiedlichen kulturellen oder lebensstil-geprägten Vorstellungen und Ausdrucksw eisen v on Gesundheit und Krankheit. Der kulturelle oder religiöse Hintergrund ist häufig maßgeblicher Ansatzpunkt der Förderung. 5.3.2. Strukturelle Bedingungen verbessern Die Möglichkeiten, sich gesundheitsbew usst zu v erhalten, sind w esentlich v on den Strukturen des Umfelds geprägt. Hier gilt es, die v orhandenen Strukturen hinsichtlich bestehender Möglichkeiten und Hemmnisse zu analy sieren, Defizite abzubauen und Potenziale zu stärken. Besonderes Augenmerk gilt dabei den Nutzungskonkurrenzen zw ischen v erschiedenen Gruppen sow ohl im institutionellen als auch im öffentlichen Raum. 5.3.3. Kompetenzen bündeln Bei der Realisierung eines Projektes sollten idealerw eise die im Gebiet v orhandenen Kompetenzen der lokalen Akteure zusammengebracht und auf das Förderziel ausgerichtet w erden. Dies schließt auch die Zielgruppen mit ihren Anliegen ein. Dadurch w erden ein größerer Austausch und eine w eitergehende Wirkung mit lokalem Bezug sichergestellt. 5.3.4. Nachhaltigkeit Nachhaltigkeit in gesundheitsfördernden Projekten hat zw ei Dimensionen: das Ergebnis und die Strukturen. Letzteres ist dann erfüllt, w enn eine v on der Unterstützung der Koordinationsstelle unabhängige Kontinuität eines Projektes erreicht ist, 63 TOPOS Stadtforschung d.h. w enn eine dauerhafte Fortführung gesichert und selbsttragende Strukturen entw ickelt w erden. Ein Projektergebnis ist dann nachhaltig, w enn die intendierten Wirkungen eines Angebots nach Ablauf desselben w eiterhin bestehen bzw . ein Projekt Wirkungen über seine begrenzte Dauer hinaus erzeugt. 5.3.5. Ansprache von Multiplikatoren Als w esentliche Stütze für die nachhaltige Verankerung gesundheitsfördernder Strukturen haben sich so genannte Multiplikatoren erw iesen. Multiplikatoren in der Gesundheitsförderung sind alle Personen oder Gruppen, die professionell oder ehrenamtlich auf Gesundheitsförderung und Präv ention bei den Zielgruppen hinw irken (z.B. Familienberater, Politiker, Lehrer, Sozialarbeiter, Sozialpädagogen, Gesundheitsförderer, Ärzte usw .). Projektangebote können sich z.B. über Fortbildungsv eranstaltungen für Sozialarbeiter oder Lehrer zum Thema Suchtpräv ention direkt an Personengruppen w enden, v on denen angenommen w ird, dass sie einen hohen Multiplikationseffekt haben. Es kann jedoch auch das Ziel eines Projektes sein, Betroffene, in diesem Fall sozial Benachteiligte, im Laufe der Projektdurchführung zu Multiplikatoren zu machen und in diesem Sinne zu schulen (z.B. „Ex -User“ beraten Drogenabhängige; jugendliche Besucher eines Jugendzentrums w erden zu „Peers“). 5.3.6. Niedrigschwelligkeit Ein w eiteres Kriterium sind die Zugangsbarrieren für die Zielgruppe. Herkömmliche Beratungsangebote mit so genannter „Kommstruktur“ sind häufig so angelegt, dass diejenigen Personen, die besonders dringend Unterstützung und Hilfestellungen benötigen, nicht erreicht w erden. Je niedrigschw elliger ein Projekt ausgelegt ist, umso besser. Im Idealfall – w ie z.B. bei den Stadtteilmüttern – sind die Projekte aufsuchend, begleitend und/oder nachgehend angelegt. Das unmittelbare „Auf-die-Gruppen-zugehen“ gelingt am besten durch das Aufsuchen der Zielgruppe in ihrer Lebensw elt, z.B. Schüler/Jugendliche in der Schule oder in Freizeiteinrichtungen, Kinder im Vorschulalter in Kindertagesstätten, Wohnungslose und Drogenabhängige in Szenetreffs oder durch Streetw orker auf der Straße, Beschäftigte in Betrieben oder alleinerziehende Mütter auf dem Spielplatz oder beim Kinderarzt. Darüber hinaus soll die Erreichbarkeit der Zielgruppen durch unkomplizierte Terminabsprachen und zielgruppenorientierte Öffnungszeiten v on Einrichtungen gefördert w erden. Offene Angebote tragen dazu bei, Kontakte zu erleichtern. 5.3.7. Beteiligung der Betroffenen Grundsätzlich ist ein möglichst partizipativ er Charakter der Projekte anzustreben. Partizipation in diesem Sinne umfasst die Formulierung v on Wünschen, 64 TOPOS Stadtforschung Bedürfnissen und Kritik, die Beteiligung an Entscheidungen, die Beteiligung an Regelerstellungen sow ie die aktiv e Einbeziehung aller Beteiligten in die Planung, Umsetzung und Ev aluierung der Angebote. Einschränkend ist jedoch anzumerken, dass Partizipation in der Gesundheitsförderung je nach Art und Umfang des Projektes, Zusammensetzung und Motiv ation der Zielgruppen zw ar erstrebensw ert, aber auch überfordernd und damit hemmend sein kann. Es gilt also, ein gelungenes Maß an Leitung und Partizipation zu finden. Um die Fähigkeiten der Zielgruppe für partizipativ e Prozesse zu erhöhen, sollten die notw endigen Kompetenzen geschult w erden. 5.3.8. Empowerment Empow erment in der Gesundheitsförderung ist die Befähigung und Stärkung der Menschen zur gesundheitsfördernden Gestaltung ihrer Lebensbedingungen. Dies hilft den Menschen, mehr Einfluss auf ihre eigene Gesundheit und ihre Lebensw elt auszuüben und ermöglicht ihnen zugleich, Entscheidungen in ihrem Lebensalltag zu treffen, die ihrer Gesundheit zugute kommen. Diese Fähigkeiten auszubauen ist ein primäres Ziel der Gesundheitsförderung. Projekte der Gesundheitsförderung sollten die Entw icklung v on Persönlichkeit und sozialen Fähigkeiten durch Information, gesundheitsbezogene Bildung sow ie die Verbesserung sozialer Kompetenzen im Umgang mit Gesundheit und Krankheit unterstützen. Da Gesundheit ein Querschnittsthema ist, können Projekte sow ohl in Schulen als auch zu Hause, am Arbeitsplatz und innerhalb der religiösen Gemeinschaft ansetzen. Öffentliche Körperschaften, Priv atw irtschaft und gemeinnützige Organisationen können hier ebenso einbezogen w erden w ie die traditionellen Bildungs- und Gesundheitsinstitutionen. 5.3.9. Setting-Ansatz Der Begriff „Setting“ bezeichnet ein überschaubares sozial-räumliches Sy stem (w ie Betrieb, Schule, Krankenhaus, Stadtteil etc.), in dem Menschen ihren Alltagstätigkeiten nachgehen. Hierv on gehen w ichtige Impulse auf die Wahrnehmung v on Gesundheit, auf Gesundheitsbelastungen und/oder Gesundheitsressourcen sow ie auf alle Formen der Bew ältigung v on Gesundheitsrisiken (Balance zw ischen Belastungen und Ressourcen) aus. Settingorientierte Interv entionen richten sich an die strukturellen Bedingungen des Settings und an die inv olv ierten Personengruppen. Projekte sollten v ersuchen, die kontex tbezogenen Verhältnisse oder die Verhaltensmuster in Richtung auf gesundheitsfördernde Strukturen zu v erändern. 5.3.10. Integriertes Handlungskonzept Ein integriertes Handlungskonzept liegt dann v or, w enn bei der Realisierung eines Projektes oder Vorhabens alle zur Planung und Umsetzung notw endigen Akteure, 65 TOPOS Stadtforschung z.B. aus Politik, Verw altung oder Prax is, einbezogen sind. Dies schließt auch die Zielgruppen der Projekte ein. Anders als bei den Beteiligten geht es hier darum, Hindernisse bei der Umsetzung bereits im Vorfeld auszuräumen. Integrierte Handlungskonzepte sind gegenüber Einzelmaßnahmen w esentlich komplex er und stoßen sow ohl Kommunikations- und Koordinations- als auch Lernprozesse zw ischen den Akteuren an. Gleichzeitig w ird durch die Beteiligung das Risiko v erringert, dass Akteure ausscheren oder „querschießen“. Im Quartiersmanagement-Gebiet Schillerpromenade haben sich integrierte Handlungskonzepte bereits bew ährt. 5.3.11. Innovative Ansätze In Gesundheitsförderung und Präv ention sind diejenigen Projekte und Maßnahmen innov ativ , die durch Anw endung neuer (Kombinationen v on) Ideen, Techniken und Methoden neuartige Lösungen für bestimmte Probleme und Herausforderungen praktizieren. Innov ativ e Projekte sind nicht per se w ertv oller als kontinuierlich arbeitende Projekte oder Regelangebote. Als „Ex perimente“ dienen sie jedoch dazu, neue Ansätze zu entw ickeln, mit denen die angestrebten Ziele besser oder effizienter erreicht w erden können. Insofern ist hier eine Offenheit gegenüber neuen Ansätzen w ünschensw ert. Gerade bei innov ativ en Projekten ist eine gute Ev aluation erforderlich, um sie mit den bisherigen Lösungen v ergleichen zu können. 66 TOPOS Stadtforschung 6. Handlungsbedarfe der Gesundheitsförderung im QM-Gebiet Aus den festgestellten Defiziten und den Strukturen im QM-Gebiet leiten sich die im Folgenden v orgestellten Handlungsempfehlungen für die Gesundheitsförderung ab. Sie stellen gegenüber den in der Analy se dargestellten Bedarfen der einzelnen Zielgruppen eine Priorisierung dar. Innerhalb der Empfehlungen w ird zunächst der Handlungsbedarf benannt, aus dem die Ansatzpunkte für die Verbesserung abgeleitet w erden. Dabei w ird auch betrachtet, w elche Angebote in diesem Bereich schon im Quartier ex istieren und gleichzeitig anhand der Größe der jew eiligen Zielgruppe bestimmt, inw iefern diese v ersorgt oder unterv ersorgt ist. So lässt sich zu einem ersten Überblick beschreiben, dass v on den etw a 20.000 Bew ohnern des Quartiers etw a 1.300 unter 6 Jahre alt sind, knapp 1.000 6-12 Jahre und w eitere 1.000 im Alter v on 1218 Jahren. Die Gruppe im Erw erbsalter umfasst etw a 15.000 Personen und 1.700 Personen sind über 65 Jahre alt. Schließlich w ird für die Umsetzung auf bereits im Quartier bestehende Projekte sow ie auf Beispiele aus Good-Practice-Projekten zurückgegriffen. 6.1. Bewegungsförderung Der Bew egung kommt im Bereich der Gesundheitsförderung eine zentrale Bedeutung zu. Gleichzeitig w urde im QM-Gebiet für alle Zielgruppen mit Ausnahme der männlichen Jugendlichen ein Bew egungsmangel konstatiert. 6.1.1. Räume für Bewegung erschließen Für das QM-Gebiet Schillerpromenade w urde eine für ein innerstädtisches Gebiet relativ gute Versorgung mit neu gestalteten Spielplätzen und Aufenthaltsorten im Freien festgestellt (Wartheplatz und Schillerpromenade). Möglichkeiten für Erholung und bew egungsorientierte Aktiv itäten fern v on befahrenen Straßen gibt es im Gebiet selbst allerdings – abgesehen v on den Flächen des Sportpark Neuköllns – nicht. Der Zugang zu den Sportflächen des Vereins Tasmania an der Oderstraße ist dagegen an eine Vereinsmitgliedschaft gebunden, w eshalb die meisten Bew ohner des Gebietes diese nicht nutzen können. Daher kommt den Parks der Umgebung eine besondere Bedeutung zu. Mit der Hasenheide befindet sich eine größere Parkanlage mit v ielfältigen Nutzungsmöglichkeiten in unmittelbarer Nähe zum Gebiet. Gerade für schw ächere Nutzer des öffentlichen Raumes (z.B. Senioren) ist der Park jedoch aufgrund seines negativ en Images angstbesetzt. Diesen Raum „zurückzuerobern“ (z.B. mit Aktionen w ie „Die Hasenheide gehört uns“) w äre ist eine deutliche Verbesserung für die Bew egungsmöglichkeiten. Auch der südlich der S-Bahn gelegene CarlWeder-Park bietet attraktiv e Flächen für Aufenthalt und Erholung, er w ird aber v on den Bew ohnern des Quartiers Schillerpromenade bisher gar nicht w ahrgenommen. Dieser Park muss daher noch stärker in das Bew usstsein der Bew ohner gerückt w erden. 67 TOPOS Stadtforschung Sow ohl für die Spielplätze und Aufenthaltsorte im Quartier selbst als auch für die Hasenheide zeigt sich, dass der Zustand des öffentlichen Raums und die bestehenden Nutzungskonkurrenzen dazu führen, dass das Potential an Flächen v .a. v on den schw ächeren Nutzergruppen noch nicht ausreichend ausgeschöpft w ird. Auch die zur Verfügung stehenden Ressourcen an Innenräumen, in denen sich Kinder, Jugendliche und Erw achsene bew egen können, sind begrenzt. Um mehr Möglichkeiten für (unorganisierte) Bew egung zu schaffen, sollten w eitere Räume für die Bew egung erschlossen w erden. Ein w ichtiger Ansatzpunkt für eine Erhöhung der Flächenangebote ist die Öffnung der v orhandenen Sportflächen im Sportpark Neukölln für die Gebiets-Bew ohner. Hierzu sollten Absprachen mit dem Verein Tasmania und dem Sportamt getroffen und außerhalb der Nutzungszeiten ex terne Betreuungsangebote gemacht w erden. Des Weiteren sollte die Nutzung v on Gemeinderäumen, Sporthallen der Schulen und Räumlichkeiten anderer Akteure w eiter ausgebaut w erden. Ein w eiteres großes Potential bietet sich durch die anstehende Umnutzung der Friedhofsflächen im Süden des Quartiers. Hierfür bedarf es Absprachen mit dem zuständigen Kirchenkreis, die eine dauerhafte Nutzung als Freifläche für die Bew ohner garantiert. Von Seiten des QM ex istieren schon Planungen für die Nutzung als Freizeitflächen. Zusätzliche Möglichkeiten ergeben sich zukünftig durch die geplante Aufgabe des Flughafens Tempelhof, w odurch eine 450 ha große Grünfläche für andere Nutzungen frei w ird. Auch hier sind die Bedürfnisse der umliegenden Anw ohner in die Planungen einzubeziehen. Weitere Bew egungsräume bieten die Straßen im Gebiet. Insgesamt w urde nur ein geringer Verkehr festgestellt, w as die Option zu w eiteren Maßnahmen der Verkehrsberuhigung eröffnet. Beeinträchtigend w irken die Vermüllung und der Hundekot im Gebiet, unter der mit den Senioren und Familien mit kleinen Kindern zw ei besonders anzusprechende Zielgruppen leiden. Bereits ex istierende Initiativ en zur Beseitigung sollten gestärkt w erden. Eltern, Kindern und ältere Menschen sollten unterstützt w erden Orte zu nutzen, die sie gerne besuchen möchten, aber w egen Nutzungskonkurrenz (v .a. auf den Spielplätzen und Grünflächen) eher meiden. Nutzungskonkurrenzen im öffentlichen Raum (Alkoholiker, ältere Jugendliche) müssten thematisiert und bis zur Problemlösung moderiert w erden. Good Practice-Beispiele: • Winterspielplatz in der Karl-Weise-Grundschule: Nutzung der Turnhalle zum Spielen und Toben für kleinere Kinder einen Tag in der Woche. • Outreach nutzt nach Absprache mit Tasmania jeden Samstagabend zw ischen 17-21h den Kunstrasenplatz im Stadion Neukölln zum Fußballspielen. Dieses Angebot w ird regelmäßig v on 15 bis 40 männlichen Jugendlichen aus dem Stadtteilladen und der Straßensozialarbeit genutzt. Die Betreuung w ird v on den Mitarbeitern v on Outreach gew ährleistet. 68 TOPOS Stadtforschung • Im Sommer 2005 gab es mehrere Samstage hintereinander eine Aktion 'Die Hasenheide gehört uns!' gemeinsam mit den Bew ohnern, w o z.B. gemeinsam Bunker ausgegraben w urden. • In der Kreuzberger Graefestraße ist eine Kreuzung durch diagonal angeordnete Poller für den Durchgangsv erkehr nicht mehr befahrbar, gleichzeitig für Fußgänger und Radfahrer passierbar und alle Teile der Straße w eiterhin für Pkw erreichbar. Im Gebiet w urde der Verkehr durch Geschw indigkeitsbremsen v erlangsamt. Dadurch ist die gesamte Straße beruhigt und lädt zum Aufenthalt ein. • Im Schöneberger Volkspark w ird dem Hundekot relativ erfolgreich durch einen großen abgezäunten Hundebereich mit Hundetoilette, Hundespielen und Sitzmöglichkeiten für die Hundehalter begegnet. 6.1.2. a.) Zielgruppenspezifische Bewegungsangebote Eltern-Kind-Bewegungsförderung Zu den im besonderen Maße bei der Bew egung zu fördernden Gruppen gehören Eltern mit (kleinen) Kindern. Über v iele Familien im Gebiet w urde berichtet, dass sow ohl die Eltern als auch die Kinder sich zu w enig bew egen. Gemeinsame Bew egung v erbessert für beide die körperliche Aktiv ität und das allgemeine Wohlbefinden. Gleichzeitig fördert es Eltern-Kind-Interaktion und unterstützt Eltern darin, altersentsprechende Bew egungsspiele kennen zu lernen und eigene Ideen zu entw ickeln, die sie im Alltag umsetzen können. Bei den Kindern hat eine bessere motorische Entw icklung außerdem positiv e Ausw irkungen auf die Gesamtentw icklung. Derartige Angebote fördern nebenbei auch die Bildung sozialer Netzw erke unter den Frauen, Eltern und Familien im Stadtteil. Ansatzpunkte hierfür sind gezielte Kurs-Angebote w ie Eltern-Kind-Turnen, Baby Schw immen oder Eltern-Kind-Schw immen. Für v iele Frauen sind niedrigschw ellige Angebote v or Ort, z.B. im Kindergarten oder in der Schule ihrer Kinder sinnv oll. So können sie einfacher erreicht w erden und an bekannten und v ertrauten Orten an Bew egung herangeführt w erden. Bei den Angeboten für die Mütter ist eine Kinder-Betreuung v on Bedeutung. Über Variationen, die besondere Interessen der Gebietsbev ölkerung aufgreifen, könnten auch Väter stärker eingebunden w erden (z.B. Vater-Kind-Fußball). Bisher gibt es keine Bew egungsangebote für Eltern und Kinder gemeinsam im Quartier Schillerpromenade, sie müssen daher neu aufgebaut w erden. Insgesamt zeigt die Analy se, dass etw a 220 Säuglinge und 1.100 Kinder zw ischen einem und sechs Jahren in der Schillerpromenade leben (nach Schätzungen w ären das etw a 600-700 Haushalte, in denen Kinder bis 6 Jahre leben. Es gibt eine Reihe v on Einrichtungen, an denen solche Kurse gut angeboten w erden könnten, da hierdurch v iele Eltern erreicht w erden w ürden: an den Kitas, über UGRAK und AlHuleh, im Interkulturellen Elternzentrum und speziell für Väter mit ihren Kindern auch über das Projekt „Super-Väter“. 69 TOPOS Stadtforschung Teile dieses Bedarfes w erden mit dem Schw erpunkt Bew egung im Leitprojekt „Gesunde Kitas“ erreicht. Good Practice-Beispiel: • b.) Im Gesundheitsraum Reuterkiez gibt es eine offene Mutter-Kind Gruppe, die v on einer Sozialarbeiterin, einer Logopädin und einer Krankenschw ester betreut w ird. Durch angeleitete Spiele mit den Kindern und die Vermittlung v on Information (Gesundheit, Ernährung, Umgang mit dem Baby ) an die Eltern bekommen diese mehr Sicherheit im Umgang mit ihren Kindern bei gleichzeitiger Förderung der Mutter-Kind-Interaktion. Außerdem können die Mütter hier andere Frauen aus ihrem Wohngebiet kennen lernen, w as den Austausch und den sozialen Zusammenhalt fördert. Bewegungsangebote für jugendliche Mädchen Im Gebiet w urde insgesamt ein erhebliches Bew egungsdefizit für w eibliche Jugendliche festgestellt, insbesondere im Vergleich zu den männlichen Jugendlichen. Die w eibliche Sozialisation bedingt bei Mädchen ab der Pubertät häufig Denk- und Verhaltensmuster, die als Barrieren für körperliche Aktiv ität w irken. Diese „Bew egungsunlust“ w ird auch durch den Mangel an geeigneten Orten und Angeboten für mädchengerechte Bew egung und Sport herv orgerufen. Im öffentlichen Raum besteht zudem eine Konkurrenz mit männlichen Nutzern, so dass sich Mädchen stark durchsetzen müssten, um z.B. in den Fußballkäfigen zu spielen. Üblicherw eise w erden Mädchen als Mitspielerinnen in bestehenden Gruppen nicht akzeptiert. Dies ist den Mädchen durchaus bew usst, w eshalb sie sich aktiv v om Sport abw enden. Es gilt Orte und Angebote zu schaffen, die den alters- und geschlechtspezifischen Interessen der Mädchen entsprechen: Basketball, Volley ball, Gy mnastik und Tanz, Fahrradfahren und Inline skaten. Ziel bei den Bew egungsangeboten ist, dass die Mädchen Spaß an der Bew egung haben und geschlechtsstereoty pe Denkmuster („Mädchen machen … nicht“) aufbrechen (w ie z.B. im Fußball). Sie sollen Sport und Mobilität als positiv und bereichernd erleben, um dies auch später bei ihren Kindern, v .a. den Töchtern, stärker zu fördern. Die Angebote müssen teilw eise in (v or Jungen und Eltern) geschützten Räumen stattfinden, da sie sonst Gefahr laufen, nicht angenommen zu w erden. Da dies den Mitarbeitern der Jugendeinrichtungen bew usst ist, w ird auch im neuen Jugendclub an der Oderstraße mit seinen Flächen für freizeitsportliche Betätigung ein Mädchentag stattfinden. Es gibt bisher allerdings noch keine relev anten Sport- und Bew egungsangebote für jugendliche Mädchen im Quartier. Sow ohl v om Mädchencafé Schilleria als auch v on der Warthe 60, die einen Mädchentag hat, bestehen schon lange Bemühungen, diesen Bereich auszubauen. Bisher konnten hier aber nur einige unregelmäßige Ausflüge zum Eislaufen oder Schw immen angeboten w erden, die den Bedarf bei w eitem nicht decken können (im Quartier leben etw a 500 Mädchen zw ischen 12-18 Jahren, mindestens die Hälfte dav on mit Migrationshintergrund). Um die Angebote in diesem Bereich längerfristig auszubauen, w urde v on Schilleria 70 TOPOS Stadtforschung und MaDonna ein Projektentw urf formuliert, der in das Leitprojekt „Girls Mov e“ eingeflossen ist. Good Practice-Beispiele: • Das Mädchenzentrum „Wilde Hütte“ bietet in Mädchensportzentren Angebote für eine aktiv e, sportliche Freizeitgestaltung an. • In Schöneberg bietet der Verein SelbstVerteidigung für Frauen (SVF) Kurse in „Selbstv erteidigung und Selbstbehauptung“ an, die die Mädchen v or sex ueller Gew alt schützen sollen und die Selbstsicherheit und das Selbstbew usstsein v on Mädchen stärkt. • Die Sport-Jugend Hessen schult Trainer und Sportlehrer in den Möglichkeiten der pädagogischen Einflussnahme speziell auf „schw ierige“ Mädchen und junge Frauen. • In Hamburg haben 80 Mädchen den Mädchenstadtteilplan „girlzone“ erarbeitet und Forderungen an einen „mädchentauglichen“ Stadtteil formuliert. c.) Bewegungsangebote für muslimische Frauen und Mädchen Eine bezüglich der Bew egung ex trem eingeschränkte Gruppe sind die Mädchen und Frauen mit muslimischem Hintergrund. Zu den genannten Bew egungseinschränkungen der Frauen kommen noch durch das kulturelle Rollenv erständnis bedingte Einschränkungen. Wenn die Frauen das Kopftuch abnehmen oder Sportbekleidung tragen, dürfen nach dem Bedeckungsgebot keine Männer zusehen. Dies bezieht sich nicht nur auf sportliche Betätigung, sondern auch auf gesunde Alltagsbew egung und die eigene Mobilität im Stadtteil und somit die Teilhabe am öffentlichen Leben. Zentraler Ansatzpunkt ist zunächst ein spezifisches Angebot, das den kulturell bedingten Denk- und Verhaltensmustern gerecht w ird. Dazu gehören strikt geschlechtergetrennte Angebote. Einschränkungen durch den Familienv orstand können bei Müttern durch den Bezug zu den Kindern, bei Schülerinnen durch eine Schulv erpflichtung erreicht w erden. Um parallel die Akzeptanz der Eltern für die Bew egungsförderung ihrer Töchter zu erhöhen, sollten v erstärkt Kursleiterinnen und Honorarkräfte mit Migrationshintergrund beschäftigt w erden. Um mittelfristig den Zugang zu Bew egungsangeboten zu erleichtern, sollte in den Familien über eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit zum Thema Gesundheit für mehr Akzeptanz für Bew egung und Sport der Frauen gew orben w erden. Zugang dafür bieten Schulen oder Einrichtungen im Gebiet w ie z.B. das Interkulturelle Elternzentrum, die Stadtteilmütter oder die interkulturellen Vereine. Über UGRAK w urden schon einige Angebote realisiert, die bei den Frauen auf reges Interesse stoßen (z.B. Schw immen, Radfahren, (Rücken)Gy mnastik). Über das interkulturelle Elternzentrum w ird aktuell ein Taekw ondo-Kurs angeboten, der aufgrund des Wunschs der Frauen sogar startete, ohne dass ein geeigneter SportRaum gefunden w urde. Auch für UGRAK stellt sich v ielfach das Problem, dass sie w egen Finanzierungsproblemen Kurse in ungeeigneten Räumen abhalten müssen. 71 TOPOS Stadtforschung Die große Nachfrage zeigt, dass bei v ielen Frauen das Bedürfnis nach sportlicher Bew egung besteht. Insgesamt leben im Quartier mindestens 250 jungendliche Mädchen (12-18 Jahre), etw a 2.800 Frauen im Alter v on 18-65 Jahren und immerhin fast 200 Frauen über 65 Jahren mit Migrationshintergrund. Die w enigen ex istierenden Angebote können also nur als Beginn des Ausbaus v on Bew egungsangeboten für diese Gruppe angesehen w erden. Es ist beim Ausbau dieses Bereichs ratsam, auf die bestehenden Angebote und Zugänge zu den Frauen aufzubauen und w eitere Kurse über das Interkulturelle Elternzentrum und UGRAK anzubieten. Um auch Frauen mit arabischem Hintergrund anzusprechen, sollten auch Angebote über Al-Huleh gemacht w erden. In diesem Bereich sollten unbedingt auch die Kontakte zw ischen den lokalen Institutionen und der Volkshochschule intensiv iert w erden, damit hier Kooperationsprojekte gestartet w erden können, die den Nutzerinnen die Angebote der VHS auch näher bringen können. Good Practice-Beispiele: • Für türkische Frauen gibt es Bew egungsangebote bei der türkischen Beratungsstelle UGRAK. • Die Kurt-Löw enstein-Schule bietet Sport nach Geschlechter getrennt an, um den Mädchen zu ermöglichen, sich in v ertrauter Runde auch ohne Kopftuch zu bew egen. • In Bremen fand ein Aktionstag „Sport und Gesundheit“ für Frauen und Mädchen in einer Moschee statt, bei dem ohne Männer v erschiedene Sportarten ausprobiert w erden konnten. • Die VHS Neukölln kooperiert mit dem griechischen Verein To Spiti, um gemeinsam Kurse anzubieten w ir z.B. Gy mnastik für Frauen, Griechische Tänze, Gesundheitskurs für Frauen. d.) Bewegungs- und Mobilitätsförderung für Senioren Die Gespräche mit den Ex perten machten deutlich, dass sich die älteren Bew ohner des QM-Gebietes zu w enig bew egen. Dies bezieht sich einerseits auf körperliche Betätigung, andererseits aber auch auf den Rückgang an Mobilität und somit auch die Präsenz im öffentlichen Raum und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Viele Senioren ziehen sich in ihre Wohnungen zurück, w as dann zu zunehmender sozialer Isolation führt, besonders, w enn der Partner v erstirbt und andere Familienangehörige nicht in der Nähe w ohnen. Daher bedarf es dringend Angebote, die Senioren zu mehr Bew egung motiv ieren. Dies sollten sow ohl Bew egungsangebote für die „rüstigen Rentner“ sein als auch Maßnahmen, die die Mobilität der Hochbetagten fördern. Es geht darum, altengerechte Angebote zu schaffen und Mobilitätsbarrieren im Alltag zu beseitigen. Übergeordnet sollten die Angebote zu einer besseren sozialen Einbindung der älteren Bew ohner führen. Außerdem sollte in Zusammenarbeit mit den interkulturellen Vereinen auf die besonderen Bedürfnisse v on Senioren mit Migrationhintergrund eingegangen w erden. 72 TOPOS Stadtforschung Insgesamt w ohnen etw a 1.700 Personen über 65 Jahren im Quartier Schillerpromenade, über 350 v on ihnen sind nichtdeutscher Herkunft. Für diese Menschen müssen dringend div erse Angebote, die zu Bew egung und Mobilität motiv ieren, geschaffen w erden. Die Krankenkassen haben eine Reihe v on Angeboten für ältere Menschen. Diese sind aber üblicherw eise stark auf die deutsche Mittelschicht ausgerichtet, so dass sie v on v ielen Bew ohnern des Quartiers überhaupt nicht angenommen w ürden. Auch die w enigen Kurse der VHS können für die Anzahl der Bew ohner gar nicht ausreichen, selbst w enn sie v on den Bew ohnern nachgefragt w ürden. Ansatzpunkte für eine Bew egungs- und Mobilitätsförderung sind zunächst altersspezifische Kursv eranstaltungen zum Thema Bew egung (z.B. NordicWalking, Schw immen oder (Rücken)Gy mnastik). Daneben kann in starkem Maße über soziale Veranstaltungen Bew egung gefördert w erden (Gemeinsame Spaziergänge, Wandertage mit kulturellem Höhepunkt („Wir laufen zum Reichstag“ o.ä.), Fahrradtouren für ältere Leute, Hamam-Besuche für Muslime oder ein Tanztee im Gemeindehaus). Insgesamt ist die Schaffung v on Begegnungsorten für Senioren sehr w ichtig. Des Weiteren sollten Projekte unterstützt w erden, die die Sicherheit und Sauberkeit im öffentlichen Raum erhöhen, so dass ältere Bew ohner sich w eniger in ihre Priv aträume zurückziehen. Hier setzt das Leitprojekt „Gesund älter w erden in der Schillerpromenade“ an. Good-Practice-Beispiele: • Im Bereich des Senioren- und Gesundheitssports w urde bei den Neuköllner Sportfreunden eine Koronarsportgruppe ins Leben gerufen, in der Menschen die Folgen eines Herzinfarkts zu überw inden v ersuchen (ausgezeichnet mit dem "Gütesiegel Gesundheitssport" des Landessportbundes und der Ärztekammer Berlin). • Die Kampagne „Bew egung und Gesundheit“ des Bundesgesundheitsministeriums setzt sich für mehr Bew egung im Alltag ein. Das Ziel w ird mit der Kampagne „Jeden Tag 3000 Schritte w eiter“ unterstützt, in der öffentlichkeitsw irksam Schrittzähler an die Bev ölkerung v erteilt w erden. • Das Deutsche Rote Kreuz bietet in Hamburg in Zusammenarbeit mit der Sportv ereinigung der Polizei Selbstv erteidigungskurse für Senioren an, die sich auf der Straße nicht mehr sicher fühlen. 73 TOPOS Stadtforschung 6.2. Ernährung Neben der Bew egung spielt die Ernährung in der Gesundheitsförderung eine w esentliche Rolle. Auch hier bestand für alle Zielgruppen im Gebiet Handlungsbedarf. 6.2.1. Gesunde Lebensmittel „in den Kiez bringen“ Übergeordnetes Ziel ist es zunächst, möglichst hochw ertiges Essen v erfügbar zu machen. Damit ist auf der einen Seite das Angebot an Nahrungsmitteln im Gebiet gemeint, zum anderen das zubereitete Essen, das in Institutionen angeboten w ird. Hier bestehen im QM-Gebiet Verbesserungsmöglichkeiten. Zw ar ist die Versorgung mit Lebensmittelläden ausreichend, allerdings sind das überw iegend Discounter im Billigsegment, so dass die Bew ohner eine Verbesserung bei der Versorgung mit erschw inglichen frischen und gesunden Lebensmitteln w ünschen. Der Wochenmarkt, der v on 1910 bis zum Anfang der 90er Jahre entlang der Schillerpromenade ex istierte, w urde mangels Kundschaft aufgegeben, w as die Versorgung mit frischem Obst und Gemüse v erschlechtert. In den lokalen Institutionen w ie Kita- und Schulküchen, Jugendclubs etc., in denen die Bew ohner v erpflegt w erden, w erden bisher aufgrund des Kostendrucks nicht in ausreichendem Maße gesunde und frische Lebensmittel zubereitet. Es gibt zw ar einzelne Initiativ en v on Institutionen v or Ort (z.B. gesundes Essen und Getränke in der Kantine der Löw enstein-Schule oder Bioessen in der Kita der GenezarethGemeinde), dennoch ist im Quartier insgesamt noch Verbesserungsbedarf. Neben Maßnahmen zur Verbesserung des Angebots bedarf es breit angelegter Informationen über gesunde Ernährung - insbesondere für den schmalen Geldbeutel. Dabei sind die kulturellen Unterschiede in den Essensgew ohnheiten zu berücksichtigen. Good Practice-Beispiele: • Die Gesundheitskampagne „5 am Tag“ der Deutschen Krebsgesellschaft e.V. setzt sich für einen täglichen Pro-Kopf-Konsum v on 650 g Obst und Gemüse ein und stellt v iele Informationsmaterialien zur Verfügung • Das Modellprojekt „Regional-ökologische Schulv erpflegung“, das derzeit v on der Univ ersität Kassel mit Förderung des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landw irtschaft durchgeführt w ird, zeigt, dass gesunde Schulv erpflegung mit Lebensmitteln aus regionalen Bioprodukten möglich ist. • In dem Modellprojekt „Gesund Einkaufen“ (durchgeführt im Lehrgang „Gesundheit und Hausw irtschaft“ im Bildungsw erk Kreuzberg) bekommen Bew ohner v on einem Einkaufcoach (Ökotrophologe) Ratschläge, w ie man in den lokalen Läden gesund einkaufen kann. Nach dem gemeinsamen Einkauf w urde das Essen gemeinsam zubereitet und gegessen. Dieser Kurs w urde für Migrantinnen mit geringen Deutschkenntnissen angeboten. Hier erw ies es sich als sinnv oll, die Einkaufstouren mit einem Deutschunterricht zu kombinieren. 74 TOPOS Stadtforschung 6.2.2. Ernährungscoaching für verschiedene Zielgruppen Neben der Ausw eitung der Angebotsstruktur geht es im QM-Gebiet jedoch v or allem darum, das Bew usstsein für gesunde Ernährung zu stärken und die Möglichkeiten dazu aufzuzeigen. Eine solche Ernährungsberatung muss zielgruppengerecht gestaltet w erden. Hierfür ist es besonders w ichtig, die speziellen Altersbedarfe und kulturellen Ernährungsgew ohnheiten einzubeziehen. Der Begriff des „Coachings“ unterscheidet sich v on dem der Beratung dadurch, dass die Beratung nicht theoretisch erfolgt, sondern die Informationen konkret in gemeinsamen Kochaktionen in den geeigneten Institutionen unter ernährungsberatender Anleitung v ermittelt w erden. Darüber ist die sinnliche Erfahrung möglich und kulturelle Besonderheiten können besser und prax isnäher aufgegriffen w erden. a.) Eltern von Säuglingen und Kleinkindern Für das QM-Gebiet w urde seitens der Ex perten berichtet, dass gerade junge Familien häufig nicht ausreichend über Ernährung Bescheid w issen. Dabei ist das Thema Ernährung schon im frühen Säuglingsalter überaus relev ant. Für eine möglichst gute körperliche und geistige Entw icklung des Kindes und zur Vermeidung v on Allergien im späteren Kindes- und Jugendalter ist eine gut abgestimmte Nahrungszufuhr entscheidend. Daher ist es w ichtig, für Eltern v on Neugeborenen Informationen und Beratungen anzubieten, w ie sie die Ernährung im ersten Lebensjahr gestalten können. Ein solches Beratungsangebot, in dem konkretes Wissen v ermittelt w ird, ist v .a. auch für die besser situierten Familien ansprechend, da diese oft stärker für das Thema Allergien sensibilisiert sind. Eingebunden w erden sollte dieses spezielle Ernährungsangebot in die Kampagne für w erdende und junge Eltern, die im Rahmen der Maßnahmen zur Lebenskompetenz dargestellt w ird. Erste Ansätze für eine solche Beratung gibt es v on den Hebammen, die die Familie einige Wochen v or und nach der Geburt begleiten. Sie sind allerdings nicht mehr regelmäßige Ansprechpartner, w enn die Phase des Stillens nach dem ersten halben Jahr v orbei ist und sich die Frage der richtigen Ernährung konkret stellt. Im Quartier gibt es etw a 220 Säuglinge, insgesamt sind es etw a 440 Kinder bis zum v ollendeten zw eiten und 660 bis zum v ollendeten dritten Lebensjahr. b.) Jugendliche Die Ernährung der Jugendlichen im Gebiet w urde v on den Ex perten als einseitig und schlecht bew ertet. In der Befragung w urde seitens der Jugendlichen jedoch durchaus ein Interesse an v ollw ertiger Küche bekundet. Um Jugendlichen gesunde Ernährung näher zu bringen, kann darauf zurückgegriffen w erden, dass diese gerne gemeinsam kochen. Besonders w ichtig ist es bei dieser Zielgruppe, das Thema jugendgerecht aufzuarbeiten, da in diesem Alter Gesundheit selbst keine starke Motiv ation darstellt. Themen w ären hier die Förderung v on Fitness bei den Jungen und die Unterstützung reiner Haut oder schlanker Figur bei den Mädchen. Erforderlich ist dabei, dass die Jugendlichen stärker über den Spaß am gemeinsamen Kochen, an spezifischen Ev ents o.ä. 75 TOPOS Stadtforschung angesprochen w erden, so w ie es in den Jugendeinrichtungen im Gebiet schon angefangen w urde. Gemeinsames Kochen w ird in allen Einrichtungen gemacht und sow ohl v on w eiblichen als auch männlichen Jugendlichen gut angenommen. Da die Mitarbeiter dabei die Multiplikatoren sind, sollten sie hinsichtlich gesunder Ernährung w eitergebildet w erden. Gesunde Nahrungsmittel sollten außerdem kostengünstig zugänglich sein. Ein w eiteres Potential ist in diesem Zusammenhang die Schülerfirma der Kurt-Löw enstein-Schule, die im Rahmen des Arbeitslehreunterrichtes die Schülerfirma „Kins“ betreibt, die auch Veranstaltungscatering macht. Im Rahmen der Aufklärungsarbeit sollten jugendspezifisch ausgerichtete Materialien zum Thema entw orfen (in Richtung „kochen ist cool“) und regelmäßige Ev ents in den Jugendeinrichtungen v eranstaltet w erden. Im Gebiet leben derzeit etw a 1.000 Jugendliche zw ischen 12 und 18 Jahren, für die solche Angebote interessant sein könnten. c.) Senioren Um bei guter Gesundheit zu bleiben, müssen ältere Menschen besonders darauf achten, dass sie sich richtig ernähren. Fehlernährung ist bei ärztlichen Untersuchungen die häufigste Diagnose bei betagten Menschen. Eine ungenügende Flüssigkeitszufuhr sow ie Mangelernährung können zur Verschlechterung des allgemeinen Gesundheitszustandes führen. Müdigkeit und eine abnehmende Konzentrationsfähigkeit treten ebenfalls öfter auf. Im Alter kann es zu Funktionseinschränkungen v on Organen kommen, die Einfluss auf die Ernährung nehmen können und daher bei der Ausw ahl der Lebensmittel berücksichtigt w erden sollten. Hinzu kommt, dass auch einige Medikamente, die besonders v on älteren Menschen eingenommen w erden, eine Fehlernährung unterstützen können (da die Ernährung auf die Nebenw irkungen abgestimmt w erden müsste). Da die Bedingungen teilw eise indiv iduell sehr unterschiedlich ausgeprägt sind, sollte für Senioren neben gemeinsamen Kochaktionen indiv iduelle Ernährungsberatung im Gebiet v erankert w erden. Daneben sind allgemeine Informationsv eranstaltungen sow ie gutes Informationsmaterial zu der Thematik w ichtig (Broschüren o.ä.). Bisher ex istieren keine Angebote zu diesen Themen. Insgesamt leben im Gebiet aber 1.700 Personen über 65 Jahren, fast 400 v on ihnen sind nichtdeutscher Herkunft. Für diese Gruppe sollten dringend Angebote gemacht w erden. Dabei sind kulturspezifische bzw . kulturübergreifende Angebote zu initiieren, damit auch die w achsende Gruppe der Senioren mit Migrationshintergrund ihre Beachtung findet. Good Practice-Beispiele: • Das v on Gesundheit Berlin für den Bundesv erband der Betriebskrankenkassen (BKK) entw ickelte deutsch-türkische Kochbuch „Gesund essen mit Freude Zev k ile Saglikli Yemek" unterstützt kultursensible und handlungsorientierte Ernährungskurse. • Das „Haus des Kindes“ in Berlin-Charlottenburg bietet Ernährungsberatung für Eltern v on Säuglingen mit dem Ziel, ernährungsbedingte Allergien zu v ermeiden. 76 TOPOS Stadtforschung • Die Jugendkampagne „Talking Food“ bereitet das Thema Ernährung jugendspezifisch auf und bietet unterschiedliche Unterrichtsmaterialien für Lehrer zu Themen w ie Essgew ohnheiten und Schlankheitsideal bei Mädchen. • Im Kochw orkshop „Korrekt Kochen!“ der Pow erbreak e.V. in Frankfurt/Main w erden Schüler v on Berufsfachschülern des Berufsfelds Hausw irtschaft und Ernährung angeleitet, ein Menu mit Vorspeise, Hauptspeise und Dessert v orzubereiten, w as nachher gemeinsam v erspeist w ird. Durch den peer-topeer-Ansatz w erden die Jugendlichen besser erreicht als durch Erw achsene. • Im Modellprojekt „Gesunde Ernährung für Jugendliche“ w ird mit sozial benachteiligten Jugendlichen in Jugendeinrichtungen gemeinsam gekocht. Die Mitarbeiter der Einrichtungen w erden v on Ex perten der Deutschen Gesellschaft für Ernährung je nach ihrem Bedarf beraten. • Die Kampagne „Fit im Alter – Gesund Essen, besser leben“ der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) und der Verbraucherzentrale Berlin bietet kostenlose ex terne Schulungstermine an (z.B. in Schöneberg). Neben Gesprächen mit Ernährungsberatern, w o auch ein persönliches Ernährungsprofil erstellt w ird, gibt es ein Ernährungstraining zum selbst testen und schmecken. 6.3. Gesundheitliche Aufklärung Wissen über Gesundheit und eine gesundheitsförderliche Lebensw eise zu v ermitteln ist die w esentlichste Aufgabe, um ein Bew usstsein der Menschen für gesundheitliche Fragestellungen zu erreichen. 6.3.1. Allgemeine gesundheitliche Aufklärung als Aufgabe der Koordinationsstelle Von den Ex perten w urden erhebliche Wissensdefizite der Bew ohner festgestellt. Gleichzeitig w urde in der Befragung seitens der Bew ohner ein deutliches Interesse an gesundheitlichen Belangen geäußert. Um den Wissensdefiziten zu begegnen und das Interesse an Informationen zu bedienen, ist es erforderlich, den Bew ohnern einen zielgruppenspezifischen Zugang zu Informationen zu v erschaffen. Zw ar sind z.B. in den Medien oder im Internet grundsätzlich v iele Informationen erhältlich und auch im Bezirk Neukölln gibt es einige Stellen zur Information über Gesundheitsthemen, diese w erden allerdings v on den jew eiligen Zielgruppen nicht kompetent oder überhaupt nicht genutzt. Bei den bezirklichen Angeboten liegt es nach Aussage der Ex perten daran, dass Zugangsbarrieren bestehen, die die Inanspruchnahme durch v iele Gruppen v erhindert. Dazu gehören beispielsw eise die Entfernungen, der „Amtscharakter“ oder die Notw endigkeit der telefonischen Voranmeldung. Die Vielfalt der Angebote und Wegw eiser zum Thema Gesundheit für besondere Zielgruppen und Lebenslagen ist den Bürgern häufig nicht bekannt. 77 TOPOS Stadtforschung Neben sprachlichen Barrieren v ieler Bew ohner gilt es den Anspruch einer gesundheitsbew ussten Lebensw eise mit den Möglichkeiten im Gebiet Schillerpromenade zu v erbinden und diese für die Bedarfe und Interessen der genannten Zielgruppen aufzubereiten. Neben der Koordinationsstelle, die das Thema Gesundheit im Gebiet gegenüber den lokalen Akteuren v ertritt, sollte das Thema allgemeine gesundheitliche Aufklärung der Bev ölkerung durch eine eigene Struktur der Koordinationsstelle angeboten w erden. Darauf leitet sich die Empfehlung für das Leitprojekt „Gesundheitslotsen“ ab. Die Koordinierungsstelle und Bürgerberatung sollte zu einem zentralen Informationsknotenpunkt für den Bereich gesundheitliche Aufklärung im Stadtteil ausgebaut w erden. Es sollte ein offenes Angebot für Bew ohner und lokale Akteure geschaffen w erden, die sich dort zu bestimmten Handlungsfeldern im Bereich Gesundheitsförderung spezieller informieren können. Darüber hinaus sollte in eigenen Projekten w ie dem Leitprojekt „Netzw erk gesunde Kitas“ das Thema Gesundheitsförderung offensiv v ertreten w erden. Good Practice-Beispiele: • Das Modellprojekt „Gesundheitsförderung für Frauen“ des Feministischen Frauengesundheitszentrums Frankfurt/Main führt in Projekten in sozialen Brennpunkten Informations- und Gesprächsreihen im Rahmen v on Frauenfrühstücken durch, v eranstaltet Wochenendtagungen „Gesundheit im Stadtteil“ (mit integrierter Kinderbetreuung) und schult die Mitarbeiterinnen v or Ort. • Bei den Gesundheitstagen im Sprengelkiez im Oktober 2005 w urden insgesamt 13 v erschiedene Informationsv eranstaltungen angeboten. Alle Veranstaltungen w urden auch ins Türkische übersetzt. 6.3.2. Gesundheitliche Aufklärung vor dem relevanten Zeitpunkt ansetzen Präv ention beginnt, bev or ein Ereignis eintritt. Entsprechend gilt es, Informationen der Gesundheitsförderung an die Zielgruppen heranzutragen, bev or diese v on einem gesundheitlichen Problem betroffen sind. Denn nur w enn die Informationen im Vorfeld v erfügbar sind, sind die Menschen v orbereitet und können dem Problem kompetent begegnen. Um dem Informationsdefizit im Gebiet zu begegnen und eine „kompetente Bew ohnerschaft“ zu erreichen, gilt es die Zielgruppen auch mit Informationen zu zukünftig relev anten Fragestellungen zu v ersorgen. Dies gilt gleichermaßen für das Wissen um Sex ualität und Verhütung oder Drogenpräv ention bei größeren Kindern, für eine kommende Elternschaft bei Jugendlichen oder die Vorbereitung auf das Alter bei Menschen im erw erbsfähigen Alter. Derzeit ex istiert keine Stelle, die solche Informationen gezielt bündelt und den einzelnen Gruppen v ermittelt. Good Practice-Beispiele: • In Hessen w urden 34 Migranten zu interkulturellen Gesundheitslotsen ausgebildet, um ihr Wissen über das deutsche Gesundheitssy stem und die Krankenkassen an ausländische Bürger w eiterzugeben. Dieses Projekt w ird 78 TOPOS Stadtforschung u.a. v om Land Hessen, den Betriebskrankenkassen und dem Arbeitskreis für Transkulturelle Medizin, Migration und Gesundheit der Univ ersität Gießen durchgeführt. Die Schulungen übernimmt das Ethnomedizinische Zentrum Hannov er, Referenten sind z.B. Zahnärzte und Apotheker aus der Stadt. • Vom Fachteam Kinderschutz des Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg w erden an den Grundschulen für Mädchen und Jungen der Grundschulklassen 4 und 5 unter dem Motto „Gefühle in meinem Körper“ sex ualpädagogische Workshops zu den Themen Gefühle, Liebe, Sex ualität, Beziehungen und Geschlechterrollen durchgeführt. • Die 46 Elternbriefe des „Arbeitskreises Neue Erziehung“ w erden den Eltern ab dem Zeitpunkt der Geburt ihres Kindes bis zum achten Lebensjahr nach Hause zugesendet. Hierin w erden jew eils dem Alter und Entw icklungsstand des Kindes entsprechend die aktuellen Themen behandelt und Wissen zur Kindererziehung v ermittelt. • Zusammen mit dem Treffpunkt Senior Stuttgart führt die Ev angelische Akademie Bad Boll seit über 30 Jahren Kurse für Menschen am Ende ihrer Berufstätigkeit und ihre Lebenspartner/-innen zur Vorbereitung auf den Ruhestand durch. Der Schw erpunkt dieser Kurse hat sich dabei v on sachorientierten Inhalten w ie der Rentenberatung zu einem persönlichkeitsorientierten Schw erpunkt hin v erlagert. 6.4. Versorgung und Inanspruchnahme 6.4.1. Verstärkte Inanspruchnahme der Vorsorgeuntersuchungen Vorsorgeuntersuchungen spielen eine w ichtige Rolle, um einen medizinischen Interv entionsbedarf rechtzeitig festzustellen und (schw eren) Erkrankungen möglichst frühzeitig zu begegnen. Vor diesem Hintergrund ist es im QM-Gebiet problematisch, dass angebotene Untersuchungen nicht w ahrgenommen w erden. Um die Inanspruchnahme v on Vorsorgeangeboten zu erhöhen, sind Informationen zu den v orhandenen Angeboten zielgruppenspezifisch aufzubereiten und Zugangsbarrieren abzubauen. So ist es für Jugendliche w ichtig, dass Beratungen unabhängig v on den Eltern stattfinden können. Bei muslimischen Frauen bestehen Hemmschw ellen, gy näkologische Prax en aufzusuchen, denen durch eine ausschließlich v on muslimischen Frauen geführte Prax is begegnet w erden könnte. Die U- und J-Untersuchungen w erden insgesamt zu w enig w ahrgenommen. Deren gesundheitliche Relev anz gilt es zu v erdeutlichen. Andere niedrigschw ellige Angebote w ie Blutfett- und Blutzuckerbestimmung oder Blutdruckmessung in der Apotheke erleichtern ebenfalls den Zugang. Bei diesem Thema müssen nicht primär neue Angebote geschaffen sondern die Bew ohner motiv iert w erden, bestehende Angebote auch zu nutzen. Hierzu w erden z.B. über die Kitas und die Stadtteilmütter Informationen v erteilt, die bisher allerdings noch nicht zum gew ünschten Erfolg führten. Diese gilt es daher kontinuierlich w eiterzuführen bzw . durch neue Informations- und Motiv ationsmodelle zu ergänzen oder zu ersetzen. 79 TOPOS Stadtforschung Good Practice-Beispiele: • Die Stadtteilmütter führen das Projekt „Ich geh zur U! Und du?“ durch, für das auch Informationsmaterial in türkischer Sprache erstellt w urde. Dies hatte allerdings bisher noch keinen spürbaren Erfolg. • Die Kampagne „Dr. Schnupper – Gesundheitsförderung für Kinder“ zielt u.a mit Comics in mehreren Sprachen auf eine bessere Inanspruchnahme v on Vorsorgeprogrammen. • Patienteninformationen in deutscher, englischer, türkischer und russischer Sprache hält das internetgestützte Informationsangebot „Patienteninfo Berlin“ bereit. 6.4.2. Betreuungsangebote für Senioren mit Migrationshintergrund Im QM-Gebiet Schillerpromenade gibt es eine zunehmende Anzahl v on Senioren mit Migrationshintergrund, die Betreuung und Versorgung benötigen. Auch w enn Migranten tendenziell noch besser in den familiären Kontex t eingebunden sind als deutsche Senioren, w erden dennoch oft zusätzliche Versorgung und Betreuung v on außerhalb benötigt. Diese Bedarfe w erden in Zukunft noch zunehmen, da in Deutschland immer mehr Menschen mit Migrationshintergrund alt w erden. Bisher sind aber die Versorgungsdienste und Altenheime nur unzureichend auf die Bedürfnisse v on Migranten ausgerichtet. Daher gilt es, diese interkulturell zu öffnen und neue Einrichtungen zu schaffen, deren Ausstattung und Versorgung sich speziell auf die Lebensw eise und die Ansprüche v on Senioren mit Migrationshintergrund einstellen. Allgemein sollten Ernährungs-, Bew egungs- und Freizeitangebote für ältere Menschen auch für Senioren mit Migrationshintergrund angeboten w erden. Pflegeund Altenhilfeeinrichtungen sollten Bedürfnisse v on Senioren mit Migrationshintergrund besser integrieren und ihr Angebot kultursensibel ausbauen. Dabei geht es bspw . um eine Essensv ersorgung mit Speisen aus dem Herkunftsland sow ie türkisch, arabisch oder serbokroatisch sprechendes Personal. Auch für NordNeukölln w ird perspektiv isch ein Altenheim insbesondere für türkische Migranten erforderlich sein. Angebote in diesem Bereich fehlen bisher v öllig. Dabei leben im Gebiet etw a 1.700 Menschen, die über 65 Jahre alt sind, w ov on fast 400 nichtdeutscher Herkunft sind. Diese Zahl w ird in den nächsten Jahren noch deutlich ansteigen. Hier gilt, das Angebot der bestehenden Träger auszubauen und durch Personal mit Migrationshintergrund zu ergänzen. Möglicherw eise sind neue Träger anzusiedeln. Hierbei sind die Migrationsv ereine v or Ort unbedingt einzubeziehen. 80 TOPOS Stadtforschung Good Practice-Beispiele: • Die Koordinierungsstelle „Rund ums Alter“ hat im Frühjahr 2006 15 türkische Migranten zum Thema Pflegebedürftigkeit geschult, damit diese ihr erw orbenes Wissen an ihre Landsleute w eitergeben können. Ein Nebeneffekt dieser Kontakte ist, dass die Koordinierungsstelle Anregungen und Ideen aus der Bev ölkerung aufnehmen kann, damit sie die Altenhilfe für Menschen aus der Türkei v erbessern kann. • Im Modellprojekt „Mit Migranten für Migranten - Interkulturelle Gesundheitslotsen in Hessen“ w erden Personen mit Migrationshintergrund ausgebildet, um ausländische Bürger über das deutsche Gesundheitssy stem aufzuklären und Wissen zu Themen w ie Vorsorgeuntersuchungen und Gesundheitsförderung zu v ermitteln. • Das Caritas-Projekt „Altw erden in der Fremde“ unterstützt durch Fachberatung und Fortbildungen Mitarbeiter in Krankenhäusern und Einrichtungen der Altenpflege, damit sie Patienten mit unterschiedlicher kultureller Herkunft angemessen betreuen und pflegen können. • Das AWO-Projekt „Fachberatung älterer ImmigrantInnen“ v ersteht sich als Vermittlungsstelle zw ischen älteren Migranten und ihren Angehörigen einerseits und den Institutionen der Altenhilfe andererseits. Kernpunkt der Arbeit ist der Aufbau und die Pflege eines Netzw erkes zw ischen Einrichtungen der Altenhilfe, spezifischer Migrationsberatungsdienste und Selbsthilfe v on Migranten (bspw . Vereinen). • Seit 1997 gibt es in Duisburg mit dem „Haus am Sandberg“ des DRK ein multikulturelles Seniorenzentrum, in dem Pflegepersonal multiethnisch zusammengesetzt ist und Gebetsräume für Christen und Moslems v orhanden sind. • In Berlin-Kreuzberg w ird Ende 2006 das bundesw eit erste Altenheim ausschließlich für türkische Senioren eröffnen. Hier w erden die Umgangssprache, die Küche und das Kulturprogramm türkisch geprägt sein. Beim Waschen und der Körperpflege w erden die Bew ohner nur v on Personal des gleichen Geschlechts v ersorgt w erden. 6.5. Lebenskompetenz Ein w esentlicher Ansatz der Gesundheitsförderung ist es, den Menschen Kompetenzen zu v ermitteln, um mit den Belastungen im täglichen Leben besser umgehen zu können und dadurch deren negativ en gesundheitliche Ausw irkungen abzumildern. Wie in der Analy se deutlich w urde, sind v iele Bew ohner des QM-Gebiets aufgrund ihrer beruflichen, familiären und sozialen Situation v ielfältigen Belastungen ausgesetzt. Viele der erforderlichen Unterstützungsangebote haben zw ar einen Bezug zur Gesundheit, dieser steht jedoch häufig nicht im Vordergrund. 81 TOPOS Stadtforschung Als v ordringlichsten Handlungsbedarf im Bereich Lebenskompetenzförderung, die einen direkten Gesundheitsbezug haben, w erden Maßnahmen zur Stressreduktion sow ie integrierte Angebote für die Zielgruppe der w erdenden und jungen Eltern empfohlen. Weiterhin besteht sehr dringender Handlungsbedarf für die Betroffenen v on Alkoholproblemen und deren Angehörigen, die durch die Koordinationsstelle aber nur in Form einer Initiativ e und nicht v on konkreten Maßnahmen angegangen w erden kann. 6.5.1. Gezielte Angebote zur Stressbewältigung für Erwachsene im Erwerbsalter Viele Menschen im Gebiet sind aufgrund ihrer Lebensumstände stark durch Stress belastet und benötigen ein Angebot, das ihnen dahingehend Unterstützung bietet. Dies können Belastungen sein, die das Leben in der Innenstadt zw angsläufig mit sich bringt oder aber auch Probleme und Schw ierigkeiten in der persönlichen Lebenssituation: Lärm, zu kleine Wohnungen, w enig Urlaub und Erholung, Familien und Beruf, finanzielle Schw ierigkeiten, Stress durch Arbeitslosigkeit, Probleme in der Familie usw . Hierv on sind besonders Eltern mit mehreren Kindern, Arbeitslose und Alleinerziehende betroffen. Ansatzpunkte hierfür sind Kurse, die zum einen an den Ursachen des Stresses ansetzen w ie Zeitmanagement-Kurse oder eine bessere Entlastung durch Kinderbetreuung für alleinerziehende Mütter. Auf der anderen Seite kann über ein entsprechendes Kursangebot mit den Folgen umgegangen w erden. In diese Kategorie fallen Kurse zur Entspannung oder zur Bew egung (Yoga, Thai Chi, Progressiv e Muskelentspannung oder autogenes Training). Auch w enn die Angebote die Bedarfe bestimmter Zielgruppen ansprechen sollen, erscheint es angebracht, diese Kurse zunächst w enig zugespitzt anzubieten. Nach Erfahrung der Ex perten lassen sich Angebote nur dann aufrechterhalten, w enn gerade in der Anlaufphase breite Bev ölkerungsschichten angesprochen w erden. Zusätzlich ergeben sich durch die Einbeziehung v on Erw erbstätigen unter Umständen v erbesserte Finanzierungsmöglichkeiten zum Beispiel als Präv entionsangebote der Krankenkassen, die Erw erbstätig stärker fördern als Arbeitslose. Es gibt einige Angebote in diese Richtung durch die VHS, diese w erden aber bisher gerade v on bildungsfernen Gruppen und Bew ohnern mit Migrationshintergrund nicht nachgefragt. Daher bietet es sich an, solche Kurse in enger Zusammenarbeit mit den Vereinen (z.B. UGRAK) oder für Eltern auch über die Kitas und Schulen im Gebiet anzubieten. Insgesamt w ohnen im Gebiet etw a 15.000 Personen im Erw erbsalter und 1.700 Bew ohner über 65 Jahren. Außerdem gibt es ca. 850 Alleinerziehenden-Haushalte, v on denen über 300 nicht über eigenes Einkommen v erfügen. Good Practice-Beispiele: • Die Volkshochschule Neukölln bietet ein umfangreiches Kursprogramm zur Entspannung an. Allerdings w erden die Angebote bisher nur unzureichend nachgefragt. 82 TOPOS Stadtforschung • Im Gesundheitsraum Reuterkiez des KJGD w erden kostengünstige Entspannungskurse für Frauen und beide Geschlechter angeboten, die sow ohl v on gebildeten als auch sozial schw ach gestellten Bew ohnern aufgesucht w erden. • Im Gesundheitshaus Bismarck w erden Kurse in autogenem Training für Schüler im Alter v on 7-12 Jahren sow ie Wahrnehmungs- und Entspannungsübungen für Kinder im Vorschulalter angeboten. • Im Rahmen des Delmenhorster Projekts „Erw erbslosigkeit und Gesundheit“ in Kooperation mit der AOK Niedersachsen, der Univ ersität Bremen und des Vereins „Förderer der regionalen Arbeits- und Gesundheitsforschung e.V.“ w ird an interessierte Arbeitslose das Scheckheft „Zw ischenZeiten“ v erteilt, das Gutscheine für Bew egungs- und Entspannungskurse, Ermäßigungen für Qualifizierungsangebote bei regionalen Bildungsanbietern sow ie konkret auf den Bew erbungsprozess bezogene Hilfen enthält. 6.5.2. Integrale Angebote für werdende und junge Eltern Im QM-Gebiet w aren insbesondere die Informationsdefizite w erdender und junger Eltern als Problem benannt w orden. Gleichzeitig ist diese Gruppe v erstärkt an Informationen interessiert. Da gerade in dieser Phase neue Lebensmuster einstudiert w erden, ist die Förderung w erdender und junger Eltern ein aussichtreicher Ansatzpunkt, das Gesundheitsv erhalten nachhaltig zu v erändern. Um das Querschnittsthema Gesundheit im neuen Lebensabschnitt zu v erankern, sind ganzheitliche Angebote der erfolgv ersprechendste Ansatz. Diese sollten gerade die Themen aufgreifen, die in der medizinischen Betreuung zu kurz kommen, für w erdende Eltern aber überaus relev ant sind. Im Zusammenhang mit Schw angerschaft und Geburt bestehen große Unsicherheiten, angefangen bei der sozialen Absicherung bis hin zu Kinderkrankheiten und einer richtigen Ernährung des Säuglings. Daher soll ein umfassendes Angebot für Eltern geschaffen w erden, w as schon in der frühen Schw angerschaft ansetzt und sie thematisch im ersten Elternjahr begleitet. Auch hier muss auf den jew eiligen kulturellen Hintergrund sow ie eine muttersprachliche Ausrichtung der Angebote geachtet w erden. Für den Kontakt zu den w erdenden Eltern sollte v or allem auf Vertrauenspersonen gesetzt w erden: Arztprax en, Elternzentren, Hebammen und Multiplikatoren w ie die Stadtteilmütter. Bisher gibt es kein konkretes Angebot für w erdende und junge Eltern. Hier sollten unbedingt neue Strukturen aufgebaut w erden. Immerhin gibt es etw a 220 Säuglinge im Gebiet. Da die Altersstruktur der Bew ohner jung ist, müsste es demnach etw a 150 w erdende Mütter/Eltern geben, für die das Leitprojekt „Eltern sein“ gedacht ist. Good Practice-Beispiele: • Der Kinderschutzbund fördert im Rahmen des Projekts „Starke Eltern – Starke Kinder“ mit einem sehr kostengünstig angebotenen Kurs die Erziehungskompetenz. Themen sind Wert- und Erziehungsv orstellungen sow ie Kommunikationsregeln in der Familie, die Identität als Erziehende und die Stärkung des 83 TOPOS Stadtforschung Selbstv ertrauens. Hiermit sollen die Eltern v .a. auch in ihrer Fähigkeit zur Konfliktlösung gestärkt w erden. • Das Kreuzberger Vernetzungsprojekt „Gesundheitsförderung v or und nach der Geburt“ bündelt unterschiedliche Angebote für w erdende und frischgebackene Eltern. Informationen w urden ins Türkische übersetzt und zahlreiche Projekte angestoßen: Beratungsprojekt für türkische Schw angere und deren Familien, Geburtsv or- und Nachbereitungskurse, Pekip-Gruppen und Eltern-KindSelbsthilfegruppen, Gesprächs- und Vortragsreihe für die Zeit v or und nach der Geburt, Wegw eiser für Schw angere und junge Familien in Kreuzberg etc. • Im Gesundheitshaus Bismarck ex istiert ein offener Baby -Treff, bei dem sich einmal w öchentlich Mütter mit ihren Säuglingen bis zu einem Jahr treffen. Ein Ziel ist es, Mütter in einer schw ierigen Lebenssituation (blinde Mütter, kranke Säuglinge) einzubinden, w orüber auch die sozialen Kompetenzen der anderen Mütter gefördert w erden. • Die Gesellschaft für Geburtsv orbereitung, Familienbildung und Frauengesundheit bietet nicht nur eine umfassende Begleitung v on Frauen und Familien in der Schw angerschaft, bei der Geburt, am Familienanfang. 6.5.3. Beratung bei Alkoholproblemen Die Analy se der Probleme und Bedürfnisse der Bew ohner im Quartier zeigt, dass im Gebiet eine starke Alkoholproblematik v orhanden ist. Dies betrifft v orllem deutsche und osteuropäische Haushalte. Alkoholiker stellen im öffentlichen Raum eine erhebliche Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeiten für andere Gruppen dar. Da im ganzen Neuköllner Norden keine Alkohol-Beratungsstelle ex istiert, besteht in diesem Bereich ein großes Defizit für das Gebiet Schillerpromenade. Ansatzpunkt hierfür sind Strukturen, die im Stadtteil zum einen niedrigschw elligen Zugang zu den Betroffenen herstellen, etw a in Form einer regional zuständigen Alkoholberatungsstelle. Darüber hinaus sollten dadurch die Angehörigen - Partner, Verw andte, Freunde und v or allem Kinder v on Alkoholkranken - angesprochen und beraten w erden. Bisher gibt es im gesamten Neuköllner Norden keine Beratungsstelle für Alkoholkranke. Auch eine Anlaufstelle für die Angehörigen ex istiert nicht. Insgesamt erfordert diese Beratung jedoch Ex pertenw issen und -erfahrung, die über den Rahmen der lokalen Gesundheitsförderung hinausgehen. Zumindest bei der Vermittlung können die v orgeschlagenen „Gesundheitslotsen“ Betroffene und Angehörige unterstützen. Allgemein w ird ausgegangen v on einem Anteil v on 3-5% der Bev ölkerung, die alkoholkrank ist16. Das w ären im Quartier Schillerpromenade mit einer Einw ohnerzahl v on 20.000 etw a 600-1000 Personen, die alkoholkrank sind. Wenn 16 Brockhaus Infothek: Alkoholkrankheit (http://www.downloadshop.bifab.de/product_info.php?products_ id =1266). 84 TOPOS Stadtforschung man 10% als stark suchtgefährdet einschätzt17, kommt man sogar auf eine Zahl v on 2.000 Betroffenen. Auch w enn diese Zahl etw as hochgegriffen scheint, ist dav on auszugehen, dass auch sehr v iele Familienangehörige und damit auch Kinder und Jugendliche v on dem Problem direkt betroffen sind. 6.5.4. Sport als Zugang zu männlichen Jugendlichen nützen Im QM-Gebiet w urden seitens der Ex perten die gesundheitlichen Probleme der männlichen Jugendlichen eher im psy chologischen Bereich angesiedelt. Mangelndes Sozialv erhalten und Kommunikationsfähigkeiten schlagen sich in (auto-)aggressiv em Verhalten nieder. Dies w iederum behindert die Nutzung v on Angeboten im öffentlichen Raum durch schw ächere Gruppen. Da Sport bei ihnen einen sehr hohen Stellenw ert einnimmt, bietet er einen idealen Zugang, um (Lösungs-)Kompetenzen zu v ermitteln, die ihnen helfen, psy chosoziale Belastungen abzubauen. Bei Jungen ist Sport nicht nur aus körperlichen, sondern auch aus sozialen Gründen eine w ichtige Beschäftigung im Alltag. Die Einbindung in feste Strukturen des Sports und die damit v erbundenen Anforderungen stellen eine effektiv e Maßnahme der Drogen- und Gew altpräv ention dar. Bei Mannschaftssportarten fördert die Einbindung in ein Team außerdem soziales Lernen. Bisher ist der Bereich Sport für männliche Jugendliche noch nicht genügend ausgebaut. Auch w enn bei Outreach einmal w öchentlich Breakdance und Basketball angeboten w ird und im Sommer regelmäßig auch Fußball, w erden hierdurch insgesamt nur w enige männliche Jugendliche des Gebiets erreicht. Die Angebote der Warthe 60 richten sich v ornehmlich an so genannte „Lücke“-Kinder. Insgesamt leben aber etw a 500 Jungen zw ischen 12 und 18 Jahren im Gebiet, mindestens 250 v on ihnen nichtdeutscher Herkunft. Daher sollte dieser Bereich w eiter ausgebaut w erden. Hierzu kann die Nähe des neuen Jugendclubs zu den Sportflächen im Stadion Neukölln gut genutzt w erden. Good-Practice-Beispiele: • Der Kreuzberger Verein BSC Eintracht/Südring führt „Tage gegen Gew alt und Rassismus auf dem Fußballplatz“ durch, bei dem Jugendliche theoretisch in einem Open-Space-Workshop Strategien gegen Gew alt und Rassismus erarbeiten und diese in einem anschleißenden Fußball-Turnier praktisch umsetzen. • Der Verein „Keine Macht den Drogen“ setzt bei seinen Präv entionskampagnen v or Drogen auf Sportler als Leitbilder. 17 Gesundheitsberichterstattung des Bundes: Alkoholkrankheit http://www.gbe-bund.de/glossar/ Alkoholkrankheit 85 TOPOS Stadtforschung 7. Leitprojekte der Gesundheitsförderung im QMGebiet Mit den folgenden sieben Projekten soll die Gesundheitsförderung im Stadtteil auf den Weg gebracht w erden. Dadurch w ird das Projekt „Ein Stadtteil schw ingt sich auf!“ für Bew ohner und Akteure sichtbar. So w ie das Gesamtprojekt eine zusätzliche Qualität in den Stadtteil bringt, sollen auch die Einzelprojekte zusätzliche Angebote schaffen, um gleichermaßen den Gesundheitszustand der Bew ohner als auch deren Identifikation mit dem Stadtteil zu v erbessern. In dieser Weise füllt das Projekt „Gesundheitslotsen“ die Lücke zw ischen allgemeiner gesundheitlicher Information und dem persönlichen Arztbesuch. Informationen zu persönlich interessierenden Gesundheitsfragen und Behandlungsmöglichkeiten, mit denen sow ohl allgemeine Informationen als auch die Hinw eise der Ärzte ergänzt w erden, w erden bisher nicht angeboten. Das Projekt „Eltern sein“ zielt ebenfalls darauf, eine Informations- und Aktiv itätslücke zu schließen, die staatliche Gesundheitsv orsorge und ärztliche Gesundheitsv ersorgung gelassen haben. Wie die Beispiele aus anderen Bezirken bzw . Städten zeigen, besteht in diesem ein großes Reserv oir an Eigeninitiativ e und Selbstorganisation. Der Zusammenhang v on Ernährung, Kochen und Gesundheit ist zw eifellos bereits lange bekannt. Eine aktiv e Förderung des Kochens als Mittel zur Verbesserung der Gesundheit w ird allerdings in Berlin bisher nur in Modellprojekten betrieben und stellt eine w ichtige Ergänzung des Angebots dar. Die Projekte „Girls Mov e“ und „Stadtteilmütter“ sind im Gebiet bereits v erankert oder w erden demnächst umgesetzt. Die in den Leitprojekten v orgelegten Vorschläge stellen eine mögliche Ergänzung hinsichtlich der Gesundheitsthematik dar. Diese Erw eiterung auf das Thema Gesundheit sollte auch durch das Projekt „Gesund altern“ für das v om Quartiersmanagement v orbereitete Projekt „Älter w erden in der Schillerpromenade“ erreicht w erden. Die Vernetzung der Kindertagesstätten im Gebiet in „Gesunde Kitas in der Schillerpromenade“ bringt ebenfalls einen zusätzlichen Gesundheitsaspekt in die Zusammenarbeit der Einrichtungen. Insgesamt handelt es sich bei den Projekten um neue bzw . ergänzende Vorschläge, durch die das Thema Gesundheitsförderung angegangen w ird und mit diesem Regionalbezug und dieser thematischen Ausrichtung w eder v om Bezirk noch v om Quartiersmanagement geleistet w erden können. 86 TOPOS Stadtforschung 7.1. Gesundheitslotsen In der Analy se w urde festgestellt, dass mehrere Personengruppen v ielfältige Unterstützung bei gesundheitlichen Fragestellungen benötigen. Im Gegensatz zu den anderen Leitprojekten, die sich an die Bedarfe einzelner Zielgruppen richten, ist das Projekt „Gesundheitslotsen“ nicht auf eine spezielle Zielgruppe bezogen, sondern richtet sich an alle Bew ohner des Stadtteils. Die Gesundheitslotsen sollen die Rolle eines Fall-Managers in allen Gesundheitsfragen übernehmen. Anders als die Koordinationsstelle, die das Netzw erk und Projekte koordinieren soll, bieten sie direkte indiv iduelle Hilfe für die Menschen im Gebiet. Sie beraten Menschen mit einem gesundheitlichen Problem auf dem Weg zur richtigen Einrichtung ohne selbst Gesundheitsberatungen durchzuführen. Dazu gehört es auch, Kontakte zu v ermitteln und den (Behörden-)Weg zu betreuen. Gute Erfahrungen w urden beispielsw eise in Hessen mit den interkulturellen Gesundheitslotsen gemacht, die insbesondere Migranten das deutsche Gesundheitsw esen erklären. Neben der Betreuung rund um das deutsche Gesundheitsw esen (z.B. Klärung der Kostenübernahme bei ungeklärtem Versicherungsstatus, Anspruch auf Vorsorgeuntersuchungen) sollen die Gesundheitslotsen in der Schillerpromenade ein allgemeines offenes Angebot zur Vermittlung in allen Gesundheitsfragen sein. Sie können die Rolle einer ersten Anlaufstelle rund um das Thema Gesundheit für die Bew ohner übernehmen, die den beratenden und behandelnden Institutionen v orgeschaltet ist. Ein solches sehr allgemeines Angebot senkt die Schw elle ab, um mit „unangenehmen“ Problemen eine Beratungsstelle aufzusuchen (Sex ualität, Alkoholismus (der Angehörigen), psy chische Probleme), für die im QM-Gebiet Strukturen fehlen. So kann auch eine überregionale Versorgung auf das Gebiet bezogen w erden. Mittelfristig zielt das Projekt darauf ab, die Kompetenzen der Bev ölkerung in Gesundheitsfragen zu v erbessern. Aus Sicht des Gesamtprojektes haben die Gesundheitslotsen zw ei w eitere w ichtige Effekte: Sie machen zum einen das Projekt „ein Stadtteil schw ingt sich auf“ direkt für alle Bew ohner sichtbar und sind mit einem greifbaren Nutzen für Alle v erbunden. Zum zw eiten sind sie das „Ohr am QM-Gebiet“ für die Gesundheitsprobleme der Bev ölkerung. Sie können dadurch für die w eitere Ausw ahl und Gestaltung v on Projekten w ichtige Informationen liefern. Daher bietet es sich auch an, dass diese Stelle gemeinsam mit dem Projekt „Eltern sein“ in den Räumlichkeiten der Koordinationsstelle angesiedelt w ird. Diese kann dann den Empfangsdienst leisten. 87 TOPOS Stadtforschung 7.2. Angebote für junge Eltern: „Eltern sein“ Das Projekt zielt v or allem auf Eltern mit Kindern im 1. Lebensjahr. Das Gebiet Schillerpromenade ist nach w ie v or ein Gebiet mit einem hohen Kinderanteil. Dabei w achsen, trotz der v ielfältigen sozialen Probleme und des hohen Anteils v on Kindern in Familien mit Migrationshintergrund, noch v iele Kinder in sozial stabilen deutschen Familien auf. Ein Merkmal dieser Familien ist ein großes Interesse an und eine stark entw ickelte Sensibilität für Themen der phy sischen und psy chischen Gesundheit und der Entw icklung des Kindes bei w achsender Unsicherheit hinsichtlich des richtigen Vorgehens. Diese Unsicherheit ist besonders stark in den ersten Lebensmonaten des Kindes, w o es häufig für die Eltern keinen direkten Ansprechpartner für solche Fragen gibt, w eil das Kind noch in keiner Kita ist und beim Kinderarzt meist keine Zeit für die Besprechung v on allgemeinen Themen bleibt, die nicht im direkten Zusammenhang mit Krankheiten stehen. Für diese Altersgruppe hat es gerade auf den Gebieten der Ernährung in Verbindung mit der Vermeidung v on Allergien und der Bew egungsförderung als Voraussetzung für die geistige Entw icklung in den letzten Jahren erhebliche Erkenntnisfortschritte gegeben, die aber noch nicht allgemein bekannt und in die Prax is umgesetzt w orden sind. Hier soll daher ein umfassendes Beratungs-, Kursund Selbsthilfeangebot initiiert w erden. Diese Zielgruppe ist meist nicht nur interessiert, sondern auch aktiv und selbständig und hat keine nennensw erten Schw ellenängste gegenüber Institutionen. Sie können daher über die klassischen Informationsmittel w ie Zeitungsartikel, Broschüren oder Fly er bei Kinderärzten, Hebammen und Kinderkliniken auf die entsprechenden Angebote hingew iesen w erden. Eltern-Kind-Gruppen (Stillgruppen) eignen sich an dieser Stelle besonders, um junge Eltern anzusprechen. Das Angebot sollte v ier Elemente umfassen: • offene Beratung in eigenen Räumen, • Betreuung fester Gruppen v on Eltern und Kindern („Stillgruppen“, „Pekip“ u.ä.) • Initiierung und Beratung v on selbst organisierten Eltern-Kind-Gruppen • Vortragsreihe zu aktuellen Themen. Es w ird eine Beratungsstelle in eigenen Räumen eingerichtet, die zu festen Sprechzeiten erreichbar ist. Sie bietet Einzelberatungen an und organisiert betreute Eltern-Kind-Gruppen (3 Gruppen à 10), die nach einiger Zeit - in der Regel nach einem halben Jahr – in selbst organisierte Gruppen übergehen können und dann nur noch punktuell betreut w erden. Schließlich sorgt die Beratungsstelle für regelmäßige aktuelle Gesundheitsinformationen über die Organisation einer Vortragsreihe, die Bereitstellung v on Informationsmaterial und durch regelmäßige Beiträge in der Promenadenpost. Auch hier bietet es sich an, Ort und Trägerschaft in enger Kooperation mit dem Projekt Gesundheitslotsen in den Räumen der Koordinationsstelle zu organisieren. 88 TOPOS Stadtforschung 7.3. Ernährungsberatung „Gesunde Küche“ Bei praktisch allen Gruppen w urde ein Bedarf an Beratung zu gesunder Ernährung festgestellt. Besonders dringend w ar er jedoch bei Jugendlichen, jungen deutschen Familien und Senioren. Es geht beim Thema Ernährung darum, konkretes Wissen zu v ermitteln (w as ist gesund, w ie kann man gesunde Mahlzeiten einfach zubereiten…) und gleichzeitig die Motiv ation zur gesunden Ernährungsw eise und den Spaß am Kochen zu fördern. Dies w ird am besten durch gemeinsames Kochen und Essen erreicht. Daher w ird empfohlen, eine Art „Modellküche“ einzurichten, die v on qualifiziertem Personal geleitet w ird (in gesunder Ernährung ausgebildeter Koch oder Ernährungsberater mit Kochfähigkeiten) und in der die unterschiedlichen Gruppen an div ersen Kursen und Ev ents teilnehmen können. Wichtig ist es, ein kultursensibles Konzept zu erstellen, w as auch die Bew ohner nichtdeutscher Herkunft anspricht. Das Angebotsspektrum soll daher auch auf die Bedürfnisse v on Menschen mit Migrationshintergrund eingehen, z.B. durch Kurse zu türkischen oder arabischem Essen, besonderes Herv orheben v on Mahrzeiten zu Feierlichkeiten der einzelnen Migrantengruppen usw . Daher ist auch eine enge Kooperation mit den Vereinen und Initiativ en des Quartiers angedacht. Da seitens der Zielgruppen der Preis häufig als Hindernis für bessere Ernährung genannt w urde, sollte die Ernährungsberatung bereits den Einkauf thematisieren. Dies gilt auch für Institutionen, die v on der Küche beraten w erden können. Ein w eiterer innov ativ er Aspekt ist ein Essensraum, in dem das zubereitete Essen in angenehmer Atmosphäre v erzehrt w erden kann. Es ist v orgesehen, den Raum im Sinne einer „Kiezkantine“ für die Bew ohner des Quartiers zu öffnen und preisw ert gesunde Mahlzeiten zur Verfügung zu stellen. Dadurch w erden zum einen zusätzliche Personen „angelockt“ und an gesunde Ernährung herangeführt, zum anderen ein konkreter Beitrag zur Verbesserung der Versorgung (z.B. der Senioren) geleistet. Ein w eiteres Angebot der „Gesunden Küche“ ist die Ernährungsberatung v or Ort. Die Mitarbeiter beraten die Institutionen im Quartier (z.B. Kitas, Schulen oder Vereine) v or Ort und bieten Informations- und Koch-Veranstaltungen zu Themen w ie Diabetes, Allergien und Unv erträglichkeiten, Übergew icht und Abnehmen etc. an. Darüber hinaus könnten v on der „Gesunden Küche“ Ev ents zum Thema Essen organisiert w erden; denkbar w ären ein Stadtteilfest (v ergleichbar dem Suppenfest im Wrangelkiez oder der Langen Tafel in der Bergmannstraße), ein moderiertes Kochduell o.ä. Um nachhaltig positiv auf die Ernährungsgew ohnheiten im Quartier zu w irken ist v orgesehen, dass die Stelle eng mit der Koordinationsstelle sow ie den div ersen Akteuren im Quartier zusammenarbeitet (z.B. den Stadtteilmüttern, dem Elternprojekt, dem Projekt gesunde Kitas etc.). 89 TOPOS Stadtforschung Organisatorisch w äre es sinnv oll, bestehende Räumlichkeiten zu nutzen. So bietet sich beispielsw eise das interkulturelle Elternzentrum an, das über Küche und entsprechende Räumlichkeiten v erfügt. Es ist insbesondere v orgesehen, das Personal durch ehrenamtliche Senioren, Arbeitslose (MAE), Jugendliche oder Auszubildende zu ergänzen. So können die Kosten niedrig gehalten und die Bew ohner des Gebietes in die Aktiv itäten einbezogen w erden. 90 TOPOS Stadtforschung 7.4. Bewegungsförderung für weibliche Jugendliche: „Girls Move“ Eines der dringendsten Probleme im Gebiet ist der Bew egungsmangel bei w eiblichen Jugendlichen. Dies zeigt sich in v erstärkter Form bei den Mädchen mit Migrationshintergrund, die häufig nicht nur v on w eiblichen Rollenbildern und Schönheitsidealen, sondern auch durch ihre Eltern v on Sport und Bew egung abgehalten w erden. Gleichzeitig sind Mädchen auf öffentlich zugänglichen Sportund Bew egungsflächen stark benachteiligt, w eil sie dort mit männlichen Jugendlichen konkurrieren und dabei in der Regel den Kürzeren ziehen. Mangelnde Sportmöglichkeiten und andere Orientierung äußern sich in einer zunehmenden Bew egungsunlust. Bisher ex istieren keine nennensw erten Bew egungsangebote für Mädchen außerhalb des Schulsports. Die Angebote v om Mädchencafé Schilleria und der Warthe 60 beschränken sich derzeit noch auf unregelmäßige Ausflüge z.B. auf die Eisbahn oder zum Schw immen. Auch Versuche w ie die Förderung v on Tanz und Selbstv erteidigung konnten bisher nicht qualifiziert und regelmäßig durchgeführt w erden. Um dieses Bereich sy stematisch auszubauen, haben die beiden Mädchencafés Schilleria und MaDonna (aus dem Rollberg-Viertel) gemeinsam einen Projektentw urf formuliert („Heraus aus dem Haus – Mädchen erobern den Kiez!“). Dieses Projekt w endet sich ex plizit an Mädchen mit Migrationshintergrund, die diese Einrichtungen besuchen. Es sieht v or, sie durch spezifische niedrigschw ellige Angebote an Sport und Bew egungsspiele heranzuführen. Durch offene Angebote können sie unterschiedliche Sport- und Bew egungsarten ausprobieren. Um bei den Eltern die Akzeptanz für bew egungsorientierte Aktiv itäten der Töchter zu fördern, ist eine gezielte Öffentlichkeits- und Elternarbeit v orgesehen. Dieses Projekt w äre für die Mädchen aus dem Quartier Schillerpromenade ausgesprochen hilfreich. Es ist in seiner bisherigen Konzeption bisher allerdings v .a. auf sozialpädagogische Ziele ausgerichtet. Hier gilt es Gesundheitsfragestellungen stärker ins Zentrum zu rücken. Dies sollte durch eine Einbeziehung v on qualifiziertem Personal geschehen, die zum einen Angebote durchführen, zum anderen sow ohl den Mädchen als auch den Mitarbeiterinnen Wissen darüber v ermittelt, w elche Aspekte v on Gesundheit durch Bew egungsförderung berührt w erden (Verhinderung v on Adipositas, Herz-Kreislauf- und Rückenerkrankungen, Stärkung des Selbstbew usstseins etc.). Die Mitarbeiterinnen müssen für die qualifizierte Durchführung der Bew egungsangebote durch sportpädagogisch geschultes Personal unterstützt w erden. Es ist im Vorfeld detailliert zu überlegen, ob durch das Angebot über das Mädchencafé Schilleria auch Mädchen mit arabischem Hintergrund erreicht w erden. Diese treffen sich bekanntlich eher im Mädchencafé MaDonna im Nachbarquartier. Daher ist zu prüfen, w ie diese Mädchen am besten in die Angebote eingebunden w erden können. Ev entuell sollten einzelne Module des Projekts auch direkt über MaDonna angeboten w erden. Außerdem w äre eine 91 TOPOS Stadtforschung Kooperation mit der Warthe 60 sinnv oll, durch die auch v iele Mädchen erreicht w erden, allerdings gibt es hier nur einen ex pliziten Mädchentag in der Woche. Auch eine Kooperation mit dem neuen Jugendclub an der Oderstraße liegt nahe, w o es auch einen Mädchentag geben soll und außerdem ein bew egungsfreundliches Außengelände zur Verfügung steht. Um mit den Angeboten ein möglichst breites Spektrum v on Bew ohnerinnen in dieser Altersklasse zu erreichen, sollten Informationen über die Angebote auch über die Schulen v ermittelt w erden. Hier ist ein enger Kontakt sinnv oll, w eil z.B. auch die Sporthallen der Schulen genutzt w erden können. Die einzelnen Angebote des Projektes bestehen aus: • Niedrigschwelligen offene Sportangebote, die z.B. in der Sporthalle der nahen Karl-Weise-Schule durchgeführt w erden können: Volley ball, Basketball, Völkerball, Klettern, Tanz, Breakdance und andere Sportarten, die die Mädchen gerne machen. Hierzu sollten neben „geschützten“ Räumen auch die Flächen am neuen Jugendclub in der Oderstraße genutzt w erden. • Verleih v on Inlineskates, Fahrrädern und Bew egungsspielzeug, das in einem Container v erw ahrt w erden kann (sow ie die Instandhaltung). Diese Angebote können auch anderen Nutzergruppen zur Verfügung gestellt w erden. • Gemeinsamer Besuch des Schw immbads oder der Eislaufbahn, Ausflüge mit dem Fahrrad oder zum Reiterhof. • Gezielte Öffentlichkeitsarbeit durch Präsentation auf Kiezfesten und Ev ents sow ie durch Plakate und Transparente im öffentlichen Raum. Um dies zu unterstützen sollte bei Bedarf auch ein Teil der Bew egungsangebote im öffentlichen Raum, z.B. auf der Schillerpromenade stattfinden. Hierfür stehen ein Basketballfeld und Tischtennisplatten zur Verfügung. • Kontaktaufnahme zu den Eltern, z.B. durch Einladungen zu Vorführungen oder (Sport)Festen der Mädchen. Hier sollte gezielt der persönliche Kontakt zu den Eltern gesucht w erden, um die Akzeptanz für bew egungsorientierte Aktiv itäten der Mädchen zu fördern. Ein Antrag für das Projekt liegt bereits in ausgearbeiteter Form v or. Dieser w urde bei „Mädchen stärken“ - einem gemeinsamen Programm der Deutschen Kinderund Jugendstiftung und Nike - eingereicht, konnte aber bei der Projektv ergabe nicht berücksichtigt w erden. Daher soll die Koordinationsstelle bei der w eiteren Antragstellung bei anderen Förderern unterstützen. Ein w eiterer Schritt in diese Richtung sind die v orgesehenen Mädchentage Jugendtreff Oderstraße. Hierfür w ird zurzeit ein Organisations- und Finanzierungskonzept ausgearbeitet. 92 TOPOS Stadtforschung 7.5. Stadtteilmütter auf neue Gruppen ausweiten In der Gesundheitsförderung für sozial benachteiligte und bildungsferne Familien sow ie Familien mit Migrationshintergrund ist Niedrigschw elligkeit eine w ichtige Vorraussetzung zum Erreichen der Zielgruppe. Besonders Familien, deren Kinder noch zu jung für die Schule sind und nicht die Kita besuchen, sind aber für Fördermaßnahmen schw er zu gew innen, da sie keinen regelmäßigen Kontakt zu einer Institution haben. Dies ist v .a. bei Familien mit Migrationshintergrund der Fall, da hier die Schw ellenängste häufig besonders hoch sind. Diesem Problem begegnet seit etw a eineinhalb Jahren das Projekt Stadtteilmütter des interkulturellen Elternzentrums. Mittlerw eile gibt es 23 Frauen mit türkischem Hintergrund, die als Stadteilmütter tätig sind. Sie w urden in einem neunmonatigen Lehrgang geschult und machen seitdem Hausbesuche bei Familien mit kleinen Kindern, die durch die Kitas nicht erreicht w erden. Bisher w urden etw as 100 Familien mit türkischem Migrationshintergrund jew eils zehnmal v on einer Stadtteilmutter besucht, die sie über v ielfältige Themen der Bereiche Erziehung und Gesundheit informiert (Schulsy stem, Suchtv orbeugung, Sex ualentw icklung und Verhütung, Kinderentw icklung, sprachliche und motorische Entw icklung, Verhütung v on Kinderunfällen, Rechte des Kindes, Medienerziehung, gesunde Ernährung). Bisher w urden nur türkische Familien erreicht. Die zw eite Gruppe v on zehn w eiteren Stadtteilmüttern w ird derzeit ausgebildet. Dies sind v ornehmlich arabisch sprechende Frauen, aber auch eine Kurdin und eine Deutsche, die ab Juli anfangen w erden, Familien im Gebiet zu besuchen. Aufgrund der Themenpalette, die bei den Beratungen angesprochen w erden, ist dieses Projekt auch aus gesundheitspolitischer Sicht ein überaus w ichtiges Projekt für den Stadtteil. Außerdem zeigen die positiv en Resonanz der Eltern und die Vielzahl neuer Anmeldungen den Bedarf eines solchen aufsuchenden Angebots. Ende 2005 w urde es positiv ev aluiert, w eshalb es nun auch in anderen Quartieren in Neukölln gestartet w ird. Das Projekt sollte unbedingt gestärkt und auf andere Gruppen im Quartier ausgew eitet w erden. Dies könnte v .a. durch die w eitere Schulung v on deutsch-, serbokroatisch- und russischsprachigen Frauen geschehen. Inw iefern sich bei diesen Gruppen aufsuchende Angebote, v .a. in der Anzahl v on zehn Hausbesuchen eignen, gilt es zu prüfen. Im Zw eifelsfall sollte das Modell für die einzelnen Nutzergruppen modifiziert w erden. Seit Mitte 2006 w ird das Projekt durch den Bezirk Neukölln finanziert und auch auf andere Quartiere ausgew eitet. Damit ist eine Finanzierung bis Ende 2008 gesichert. 93 TOPOS Stadtforschung 7.6. Lokales Netzwerk „Gesunde Kitas in der Schillerpromenade“ Die Analy se zeigt, dass bei Kindern im Vorschulalter in den Bereichen Bew egung und Ernährung Handlungsbedarf besteht. Darüber hinaus benötigen v iele Eltern allgemeine Informationen zur Kindesentw icklung und den damit v erbundenen gesundheitlichen Fragen. Gleichzeitig gilt es die Inanspruchnahme v on Vorsorgeuntersuchungen zu v erbessern. Den w ichtigsten Zugang zu den Kernzielgruppen Kinder und Eltern stellen die Kitas dar. Das Kita-Personal v ersucht bereits in v ielfältiger Weise über die Arbeit mit den Kindern hinaus ihren engen v ertrauensv ollen Kontakt zu den Eltern zu nutzen, um die Gesundheit der Kinder zu stärken. Da dies aber nicht zu ihrer Kernaufgabe gehört, arbeiten sie dabei stets an ihrer zeitlichen und finanziellen Grenze. Um die Kitas an dieser Stelle zu entlasten und gleichzeitig Qualität und Nachhaltigkeit in der Bearbeitung gesundheitlicher Themen zu gew ährleisten, w ird empfohlen, einen Zusammenschluss der ortsansässigen Kindertagsstätten zu einem lokalen Netzw erk „Gesunde Kitas in der Schillerpromenade“ zu initiieren. Dieses sollte zunächst v on ex terner Seite aus geleitet w erden und sich spätestens mit Ablauf des Gesamtprojektes selbst organisieren und tragen. Erfahrungen aus dem ähnlich gelagerten „Netzw erk gesunde Kita“ des Landes Brandenburg zeigen, dass die beteiligten Akteure hierbei in v ielfältiger Weise profitieren können. So entlasten die Kitas sich z.B. durch regelmäßigen Erfahrungsaustausch v on Mehrarbeit im Bereich der Informationsbeschaffung. Im QM-Gebiet Schillerpromenade können sie sich darüber hinaus ganz konkret durch Austausch oder Verleih v on Räumen und Materialien unterstützen. Das Projekt sieht v or, die v orhandenen Angebote in den drei Handlungsfeldern Bew egung, Ernährung, und gesundheitliche Aufklärung aufzugreifen und gemeinsam zu v erbessern bzw . entsprechende neue Angebote in Leben zu rufen. Zu Beginn w erden die Ressourcen und Kapazitäten der einzelnen Kitas durch ex terne Ex perten erhoben. Die bereits bestehende Arbeit und bereits angelaufene Projekte w erden in ihrer Wirkung und Nachhaltigkeit erfasst. Darauf aufbauend w ird seitens der Ex perten gemeinsam mit dem Kita-Personal nach Möglichkeiten gesucht, die bestehenden Angebote zu v erbessern oder auszubauen und damit die v orhandenen Ressourcen zu stärken. Die konkreten Zielsetzungen in den einzelnen Handlungsfeldern lassen sich folgendermaßen zusammenfassen: 1. Bew egung Die Erzieherinnen w erden durch Schulung befähigt, Angebote zur Bew egungsförderung selbst zu planen und zu gestalten. Entsprechende Angebote, bei denen ein Übungsleiter die Schulung im Rahmen der Kita-Arbeit durchführt, w erden durch die Landessportv erbände oder die Krankenkassen unterstützt. 94 TOPOS Stadtforschung 2. Ernährung Die gesunde Ernährung sollten zum einen im Versorgungsangebot der Kitas berücksichtigt w erden. Zum anderen sollten die Erzieherinnen darin geschult w erden, w ie zentrale Aspekte gesundheitsbew usster Ernährung in kindgerechter Form w eiterv ermittelt w erden können. 3. Gesundheitliche Aufklärung Neben den Eltern sind die Erzieherinnen die w ichtigsten Begleiter der Kinder in den ersten Lebensjahren. Sie sollten darin geschult w erden, die gesundheitliche Situation und Entw icklung der Kinder zu beobachten und zu beurteilen. Andere Themen der Schulungen sollten Möglichkeiten zur sensiblen Kommunikation mit den Eltern und zur Motiv ation zur Inanspruchnahme der UUntersuchungen sein. Dieses Wissen erleichtert neben der Umsetzung der Gesundheitsziele die Arbeit mit den Eltern, w eil die Erzieherinnen den Eltern in deren Beratung kompetenter gegenüber treten können. Um sich bei den neuen Aufgaben zu entlasten, sollten darüber hinaus die Kitas im Rahmen der Netzw erkarbeit zu aktiv er Elternarbeit angeleitet w erden. Für das Projekt ist eine zentrale Koordination erforderlich. Dieser zentrale Ansprechpartner ist für den Netzw erkauf- und -ausbau v erantw ortlich und organisiert und moderiert die Netzw erkv eranstaltungen. Es w erden regelmäßige Netzw erktage v eranstaltet, auf denen zunächst einmal die zentralen Handlungsfelder festgelegt und die Ziele der gemeinsamen Arbeit definiert w erden. Langfristig dienen diese Veranstaltungen dem Austausch der Netzw erkmitglieder untereinander und ggf. zur Fortbildung zu spezifischen Themen. Die Koordinierung des Netzw erkes kann durch die zentrale Koordinierungsstelle geleistet w erden. 95 TOPOS Stadtforschung 7.7. Integrierte Gesundheitsförderung für Senioren: „Gesund älter werden in der Schillerpromenade“ Die Analy se zeigte bei Senioren einen erheblichen Förderbedarf. Im Gebiet Schillerpromenade fehlt es neben allgemeinen Angeboten zur Alltags- und Freizeitgestaltung an gesundheitsrelev anten Ernährungs-, Bew egungs- und Informationsangeboten für ältere Menschen. So gibt es im Quartier selbst oder in erreichbarer Nähe keine Seniorenfreizeitstätte. Um die Situation der Senioren zu v erbessern, konzipiert das Quartiersmanagement Schillerpromenade derzeit ein Projekt „Älter w erden in der Schillerpromenade“, das sich ab Herbst 2006 intensiv den älteren Bew ohnern des Quartiers w idmen w ird. In diesem Projekt geht es jedoch v orrangig um soziale und bauliche Aktiv itäten im Rahmen des Quartiersmanagements. Um die Gesundheitsförderung mit den dafür w esentlichen sozialen und phy sischen Komponenten zu v erbinden w ird empfohlen, das Projekt um den gesundheitsfördernden Aspekt zu erw eitern - „Älter w erden“ sollte zu „Gesund älter w erden“ erw eitert w erden. So w ird sichergestellt, dass die Gesundheitsförderung als Querschnittsthema in alle Teilbereiche integriert w ird. Ausreichend Bew egung ist im Alter v on hoher Bedeutung für den Erhalt der körperlichen und geistigen Fähigkeiten. Folglich geht es hierbei um Möglichkeiten, Bew egung im Rahmen v on Sportangeboten, aber auch im Alltag zu schaffen bzw . zu erhalten. Angebote für Bew egung und Sport für ältere Menschen sind nur sehr v ereinzelt v orhanden. Lediglich die Neuköllner Volkshochschule bietet für jüngere Senioren einige Kurse in der Boddinstraße an (z.B. Fitness und Gy mnastik für Menschen ab 50). Für Hochbetagte und körperlich zunehmend eingeschränkte Bew ohner, die eine gezielte Bew egungsförderung benötigen, fehlen derartige Angebote. Die Bew egung im Alltag hängt bei Senioren in hohem Maße v om Zustand des Umfeldes ab. Im öffentlichen Raum fühlen sie sich durch die Verschmutzung der Straßen und Plätze und die Nutzungskonkurrenzen v erunsichert und unw ohl und ziehen sich zunehmend zurück. Dieser Rückzug führt im Ex tremfall zu Isolation und damit v erbundenen psy chischen Problemen. Um die Bew egung in der Wohnung zu fördern, bedarf es gerade in höherem Alter der entsprechenden barrierefreien Gestaltung. Auch hier kann das Projekt beratend tätig w erden. Die Analy se deckte einen deutlichen Bedarf an Ernährungsberatung und -angeboten auf. Hier w ären Vermittlung v on Wissen über eine altergerechte Ernährung sow ie Anreizen bzw . Unterstützung beim Einkauf und Kochen erforderlich. Insgesamt w urde ein großer Informationsbedarf festgestellt. Viele ältere Menschen v erfügen über nur geringe Kenntnisse über seniorenspezifische Gesundheitsthemen, ihre Rechte und mögliche Hilfsangebote. Betroffene oder Angehörige sind oftmals nicht ausreichend auf das Älterw erden v orbereitet und sind mit den hierbei auftretenden Problemen unsicher und überfordert. Die genannten Problematiken gelten v erschärft für Senioren mit Migrationshintergrund, die in immer stärkerem Maße im Gebiet alt w erden. Zur ausgeprägten 96 TOPOS Stadtforschung Sprachproblematik kommt noch hinzu, dass oft gegenüber den auf deutsche Senioren ausgerichteten Institutionen Vorbehalte und Schw ellenängste bestehen. Es fehlen folglich besonders für diese Bew ohner passende Angebote. Im Quartier gibt es mit der Beratung der Genezareth-Gemeinde nur eine Stelle, an die sich Senioren mit Problemen und Fragen w enden können. Diese allgemeine Sozialberatung bietet jedoch kein spezielles Beratungs- oder Betreuungsangebot, da die Beratungsstelle für einen w eiten Personenkreis gedacht ist. Ein ex pliziter Gesundheitsbezug fehlt v öllig. Das Projekt sollte im Sinne eines „health mainstreamings“ die Gesundheit als Querschnittsthema in allen für die Senioren zu gestaltenden Bereichen v ertreten. Organisatorisch könnte dies über eine zentrale Verantw ortlichkeit der Koordinationsstelle realisiert w erden, die sich themenbezogen v on Beratern und Coaches unterstützen lässt. Auch eine fester angelegte Kooperation z.B. mit der Koordinationsstelle für ambulante Rehabilitation („Rund ums Alter“) in der nahe gelegenen Werbellinstraße w äre denkbar. 97 TOPOS Stadtforschung 8. Konzept für die Koordinationsstelle 8.1. Aufgaben Die Koordinationsstelle ist die zentrale Institution der Gesundheitsförderung im QM-Gebiet. Sie ist Anlaufstelle für Netzw erkpartner und Bürger, die sie mit ihren Wünschen und Bedürfnissen rund um das Thema Gesundheit aufsuchen können, sie mit Informationen v ersorgt und sie in ihren Aktiv itäten unterstützt. Sie initiiert und führt Projekte durch, die Informationen zum Thema Gesundheit im Gebiet v erbreiten und v erankern können. Um diese Ex pertenrolle übernehmen zu können, steht die Koordinationsstelle in Kontakt zu anderen Ex perten der Gesundheitsförderung und kümmert sich selbst um eine eigene entsprechende Weiterbildung. Eine ihrer zentralen Aufgaben ist es, das Wissen um Gesundheitsförderung als Querschnittsthema Multiplikatoren durch Schulungen und Coachings nahe zu bringen. Als zentraler Netzwerkknoten für die Koordination der Aktiv itäten spielt die einzurichtende Koordinationsstelle eine tragende Rolle für die Gesundheitsförderung. Sie ist der „Promotor“ des Themas Gesundheit im QMGebiet. Damit die Fäden auch tatsächlich bei der Koordinationsstelle zusammenlaufen, ist eine kontinuierliche Kommunikation mit den Partnern im Netzw erk zw ingend erforderlich. Dazu gehört auch die Einrichtung einer zentralen Projekt- und Partnerdatenbank oder die Organisation v on Netzw erktreffen. Als zentrale Einrichtung der Gesundheitsförderung kommt der Koordinationsstelle die inhaltliche Aufgabe zu, die Strategie und das Konzept (w eiter) zu entwickeln. Wesentlich ist dabei, aus dem Kontakt mit Bürgern, Netzw erkpartnern und Ex ternen neue Themen aufzugreifen und Good-Practice-Erfahrungen auf das Gebiet zu übertragen. Gegenüber den Netzw erkpartnern gehört insbesondere dazu, die Strategie in umsetzbare Teilziele oder Maßnahmen zu zerlegen und diese als Projektideen den Netzw erkpartnern zu v ermitteln. Darüber hinaus kann die Koordinationsstelle Kompetenzen bündeln, die sonst jeder Netzw erkpartner aufbauen müsste. Dazu gehört zunächst einmal die Mittelakquise über Fördermittel, Sponsoring und ähnliches. Auch in der Außendarstellung in der Öffentlichkeitsarbeit und Gremienarbeit kann die Koordinationsstelle die Netzw erkpartner entlastend unterstützen. Neben der Entw icklung und Unterstützung v on Projekten fällt schließlich die Evaluation der Projekte in den Aufgabenbereich. Bei der Zusammenstellung des Aufgabenspektrums kristallisierten sich v ier Aufgabenschw erpunkte heraus. Dazu gehören • der zentrale Bereich der Gesundheitsförderung, in dem zum einen die Erfordernisse und Möglichkeiten den v erschiedenen Gruppen v ermittelt und zum anderen das Gebiet w issenschaftlich betreut w erden, • der Bereich Netzwerkkoordination für die Einbindung der v erschiedenen Gruppen und übergreifende Tätigkeiten. 98 TOPOS Stadtforschung • ein kaufmännischer Bereich mit der Betreuung der Finanzen und allgemeinen organisatorischen Tätigkeiten, • der Bereich Public Relations mit Öffentlichkeitsarbeit und Veranstaltungsmanagement Angesichts dieses umfangreichen Spektrums erscheint es nur schw er möglich und w enig effizient, sämtliche Fähigkeiten in der Koordinationsstelle v orzuhalten. Die gezielte Vergabe v on Ex pertisen und anderen Aufträgen ist im Budget zu berücksichtigen. Wie anhand dieser Aufgaben deutlich w ird, ist der Aufbau einer schlagkräftigen Struktur der lokalen Gesundheitsförderung w eder v om Quartiersmanagement noch v om Bezirk zu leisten. Die Koordinationsstelle spielt aufgrund der fachlichen und räumlichen Ex pertise hierfür eine zentrale Rolle. Sie ist das Kernstück des v orliegenden Konzepts, an das sich die anderen Aktiv itäten „andocken“ können. Diese anspruchsv olle Aufgabe erfordert eine qualitativ und quantitativ gute Ausstattung, w enn eine Erfolg v ersprechende Gesundheitsförderung installiert und eine nachhaltige Wirkung erzielt w erden soll. Deshalb w ird im Folgenden ausführlich Aufgabenstellung und Qualifikationsprofil der einzelnen Aufgabenbereiche dargestellt. 8.2. Organisation und Ausstattung In diesem Kapitel erfolgt eine überschlägige Einschätzung des Ausstattungsbedarfs der Koordinationsstelle. Ein Thema dieses Abschnitts ist die erforderliche Personalausstattung. Bei der Besetzung der Koordinationsstelle w ird v om Umfang einer v ollen Stelle ausgegangen. Da aber auch Teilzeit-, freiberufliche Lösungen oder Vergabe sow ie Kombinationen dav on denkbar sind, w ird im Folgenden v on einem Team ausgegangen. Bei den Qualifikationen w ird deshalb zw ischen Schlüsselqualifikationen, die alle Teammitglied mitbringen müssen, und fachspezifischen Qualifikationen unterschieden, die einzelne Teammitglieder einbringen müssen. Zw eiter Punkt ist die erforderliche Ausstattung mit Räumlichkeiten. Neben den Räumlichkeiten, die der Koordinationsstelle ständig zur Verfügung stehen sollten w ird hier auch der erforderliche Zugriff auf größere Räumlichkeiten benannt. 8.2.1. a.) Erforderliche Qualifikationen der Mitarbeiter Schlüsselqualifikationen Der Aufbau der Koordinationsstelle im QM-Gebiet ist ein anspruchsv olles Projekt. Organisatorisches Geschick, die Fähigkeit und Bereitschaft zu improv isieren und sich flex ibel auf sich v erändernde Situationen einstellen zu können sow ie Erfahrungen in der Projektarbeit sind ebenso w ie Teamfähigkeit Voraussetzungen für die Mitarbeit im Team. Um das Gebiet in seiner Situation richtig einzuordnen zu können, sind profunde Kenntnisse des Gebiets Schillerpromenade oder v ergleichbarer Gebiete erforderlich. 99 TOPOS Stadtforschung Ziel des Konzeptes ist es, den Partnern im Netzw erk Möglichkeiten zur Umsetzung v on Projekten zu geben und sie zu befähigen, eigene Projekte im Stadtteil umzusetzen. Es gilt, tragfähige Netzw erkstrukturen zu entw ickeln und als Schnittstelle zw ischen Nutzern, Anbietern, Ex perten und Entscheidungsträgern zu v ermitteln. Dies erfordert hohe soziale Kompetenz. Das Konzept der Aktiv ierung v on Netzw erkpartnern setzt seitens der Koordinationsstelle ein hohes Maß an Kommunikationsfähigkeit und Offenheit gegenüber den v erschiedenen in den sozialen und gesundheitlichen Bereichen tätigen Personen v oraus. Hierfür w ären Sprachkenntnisse v orzugsw eise der türkischen und arabischen Sprache hilfreich. Da es in der Gesundheitsförderung im Gebiet darum geht, Partner für Angebote zu gew innen, ist die Begeisterung und Motivation von Partnern außerordentlich w ichtig. Dazu bedarf es der Fähigkeit, komplex e gesundheitliche Sachv erhalte v ermitteln und sie in für die Partner handhabbare Teilschritte zerlegen zu können. Die Koordinationsstelle muss in der Lage sein, in unterschiedlich besetzten Gremien Prozesse abzustimmen und umsetzbare Ergebnisse zu erzielen. Da dies unter Einbeziehung der unterschiedlichen Zielgruppen erfolgen soll, w ird die sichere Moderation großer und kleiner Gruppen aller Altersgruppen v orausgesetzt. Interkulturelle Kompetenz im Sinne einer v orurteilsfreien Begegnung mit anderen Kulturen ist zw ingend erforderlich. Kenntnisse der türkischen und arabischen (Sprache und) Kultur sind v orteilhaft. Notw endig sind zudem Erfahrungen in der Netzwerk- und Gremienarbeit. Dabei gilt es, bei allen Restriktionen hinsichtlich der Reichw eite die Gesamtkonzeption der lokalen Gesundheitsförderung immer w ieder positiv zu v ermitteln. Dazu müssen alle Teammitglieder aus ihren bisherigen Tätigkeiten zumindest einen Bezug zu lokaler Gesundheitsförderung nachw eisen können, direkte Erfahrungen sind w ünschensw ert. Allgemeine Anforderungen: • Bezug zu Gesundheitsförderung • Kenntnisse des Gebiets oder v ergleichbarer Gebiete • Moderationserfahrungen • Erfahrungen in der Netzw erk- und Gremienarbeit • Teamfähigkeit • Kommunikationsfähigkeit • Offenheit im Umgang mit anderen Kulturen • Fähigkeit zu motiv ieren • Orientierung auf umsetzbare Ergebnisse • Flex ibilität b.) Fachspezifische Qualifikationen Bei der Zusammenstellung des Aufgabenspektrums kristallisierten sich v ier Aufgabenschw erpunkte heraus. Dazu gehören 100 TOPOS Stadtforschung • der zentrale Bereich der Gesundheitsförderung, in dem zum einen die Erfordernisse und Möglichkeiten den v erschiedenen Gruppen v ermittelt und zum anderen das Gebiet w issenschaftlich betreut w erden, • ein kaufmännischer Bereich mit der Betreuung der Finanzen und allgemeinen organisatorischen Tätigkeiten, • der Bereich Public Relations mit Öffentlichkeitsarbeit und Veranstaltungsmanagement • der Bereich Netzwerkkoordination für die Einbindung der v erschiedenen Gruppen und übergreifende Tätigkeiten. ba.) Gesundheitsförderung Die gesundheitsw issenschaftliche Begleitung und Aufbereitung gesundheitsrelev anter Themen ist der Dreh- und Angelpunkt der Koordinationsstelle. Zentrale Aufgabe ist die Vermittlung der Förderziele und das Eintreten für die Belange der Gesundheitsförderung in der Öffentlichkeit ebenso w ie gegenüber Planung und Verw altung. Diese Stelle ist v orzugsw eise mit einem Gesundheitsw issenschaftler mit sozialw issenschaftlichem Hintergrund zu besetzen. Für diese Aufgabe sind Kenntnisse des Zusammenhangs von sozialer Lage und Gesundheit unerlässlich. Als Anforderungsprofil w erden insbesondere das Interesse und die Fähigkeit erw artet, den beteiligten Netzw erkpartnern und der interessierten Öffentlichkeit gesundheitsrelevante Zusammenhänge zu vermitteln. Dazu gehören neben praktischen Erfahrungen in Koordinationsaufgaben idealerw eise auch die mediengerechte Aufbereitung gesundheitsw issenschaftlicher Fragestellungen ebenso w ie die Durchführung v on (Weiterbildungs-)Veranstaltungen z.B. mit Multiplikatoren. Ein w esentlicher Ansatzpunkt der Gesundheitsförderung ist es, gebietsspezifische oder neue Themen aufzugreifen. Dafür bedarf es eines engen Kontakts zu den Partnern und Bürgern des Gebiets. Darüber hinaus gilt es, in anderen Gebieten erfolgreiche Projekte möglichst auf das Quartiersmanagementgebiet anzupassen. Deshalb ist diese Person für den Erfahrungsaustausch und die Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen der Gesundheitsförderung sow ie die Übertragungsv ersuche zuständig. Hilfreich sind zudem bereits bestehende Kontakte zu gesundheitsw issenschaftlichen Einrichtungen, Univ ersitäten, den beteiligten Verw altungen auf Senats- und Bezirksebene sow ie Partnern des Netzw erks. Zur inhaltlichen Betreuung des Gebiets gehört es, im Rahmen der Evaluation die Entw icklung im Gebiet zu beobachten, Veränderungen festzuhalten und neue Themen aufzugreifen. Zu den Aufgaben gehört es, die die Bew ertung der Projekte v orzunehmen und für die Entscheidungsgremien aufzubereiten. Darüber hinaus ist die Berichterstattung über die Koordinationsstelle im Sinne der Selbstev aluation zu entw ickeln und umzusetzen. 101 TOPOS Stadtforschung Gesundheitsförderung: • Vermittlung gesundheitsw issenschaftlicher Zusammenhänge an Multiplikatoren, Netzw erkpartner, Entscheidungsträger, Medien und Bev ölkerung • Entw icklung v on zielgruppenspezifischen Angeboten • Vertretung der Gesundheitsförderung aus inhaltlicher Sicht • Beobachtung und Bew ertung der Entw icklung im Gebiet (Monitoring, Ev aluation) • Austausch mit anderen Gesundheitsseinrichtungen bb.) Kaufmännischer Bereich Ein w eiteres w esentliches Aufgabenfeld für das Funktionieren der Koordinationsstelle ist der kaufmännische Bereich. Diese Person unterstützt die Aktivitäten der anderen Bereiche, indem sie die Finanzen und das Organisatorische übernimmt. bc.) Finanzierung Im Bereich der Finanzierung kommt der kaufmännischen Leitung in erster Linie die Aufgabe der Mittelakquise zu. Hierzu gehört insbesondere die Eruierung, Akquise (Beantragung) und Verw altung möglicher Fördermittel entsprechend der Vorgaben der Fördermittelgeber und die Verw altung der eingesetzten Personalfördermittel. Erfahrungen mit Förderprogrammen des Landes Berlin, der Bundesrepublik und der Europäischen Union sow ie der Kassen sind deshalb erforderlich. Dasselbe gilt für die Möglichkeiten des Fundraisings. Das Akquirieren v on (priv aten und öffentlichen) Sach- und Geldmitteln für das Quartiersmanagementgebiet bis hin zur ordnungsgemäßen Verw endung fällt in den Aufgabenbereich dieser Stelle. Damit ist diese Person für den Bereich der Inv estor Relations (IR) v erantw ortlich, Hier w ird eng mit dem Bereich Public Relations (PR) zusammengearbeitet. Als diejenige Person, die die Mittel v erw altet, ist sie für die ordnungsgemäße Buchhaltung und Kassenführung v erantw ortlich. bd.) Personalentw icklung Im Laufe der Weiterentw icklung der Gesundheitsförderung ist der Einsatz w eiterer (geförderter) Arbeitskräfte denkbar. Während die Besetzung Sache des gesamten Teams ist, fällt die Personalv erw altung und -entw icklung ins kaufmännische Ressort. Dazu gehört insbesondere Akquisition und Verw altung der Mittel für geförderte Arbeitsplätze. Neben geförderten Arbeitsplätzen können und sollen für junge Menschen Möglichkeiten geschaffen w erden, ihren Ziv ildienst, ein freiw illiges soziales Jahr oder ein Praktikum im Gebiet zu absolv ieren. 102 TOPOS Stadtforschung be.) Organisation des Back-Office Die zentrale organisatorische Aufgabe ist - in Abstimmung mit den anderen Mitgliedern der Koordinationsstelle – der Aufbau einer funktionsfähigen Bürostruktur („back office“). Dazu zählt der Aufbau des Sekretariats. Neben der Betreuung des Büros fällt darunter auch die Betreuung des Personals in finanzieller und organisatorischer Hinsicht. Kaufmännische Tätigkeitsbereiche: • Akquise und Verw altung v on Fördermitteln • Buchhaltung und Kassenführung • Controlling • Fundraising • Aufbau des Büros • Organisatorische Unterstützung der anderen Bereiche c.) Netzwerkkoordination Maßgeblicher Bestandteil des Gesundheitsförderungskonzepts ist die Ansprache der Gebietsbew ohner über die Netzw erkpartner. Dazu bedarf es einer Koordination der Aktiv itäten im Gebiet. Darüber hinaus gilt es, neue Ideen ins Netzw erk hineinzutragen. Die Koordinationsstelle ist die Schnittstelle zw ischen Quartiersmanagement, den Bürgern, der Verw altung und den anderen am Gebiet Beteiligten. Für die Beteiligung ist dies die zentrale koordinierende und begleitende Tätigkeit bei den einzelnen Aktiv itäten der Gesundheitsförderung. Dazu gehört auch, die Akteure beim Aufbau v on Angeboten der Gesundheitsförderung zu unterstützen. Um jederzeit einen Überblick über die Angebote und deren Träger zu haben, muss eine entsprechende Datenbank eingerichtet und gepflegt w erden. Grundlage für diese umfassende Form der Koordination ist der Aufbau stabiler und v ertrauensv oller Beziehungen mit den Partnern des Netzw erks und den Entscheidern v om Quartiersmanagement über den Bezirk und die Senatsv erw altung. Dazu ist es notw endig, dass kontinuierlich zu den v erschiedenen Gruppen Kontakte aufgebaut und gepflegt w erden. Seitens der damit beauftragten Person sind Erfahrungen in der Durchführung von Workshops und Beteiligungsrunden erforderlich. Dabei ist ein möglichst breites Spektrum an Moderationstechniken w ünschensw ert. Von daher ist ein hohes Maß an Kommunikationsfähigkeit und ein breites Spektrum an Kenntnissen erforderlich („Generalist“). Kontakte zu lokalen Akteuren (Vereine, Verbände, Politiker, etc.) sind v on Vorteil. Als eine geeignete Form der Kontaktaufnahme und Interessenermittlung bei den Nutzern w erden Umfragen und demografische Erhebungen angesehen. 103 TOPOS Stadtforschung Hierbei können auch w eniger kontaktfreudige Personen angesprochen und deren Gestaltungsinteressen erfasst w erden. Es erfolgt eine sehr enge Zusammenarbeit mit dem Bereich Public Relations, um v ielfältige Kontakte zu aktiv ieren und mit dem kaufmännischen Bereich, um zum Beispiel Firmenkontakte für die finanzielle Förderung des Gebiets zu nutzen. Tätigkeitsbereiche Koordination: • Einbindung der lokalen Akteure (Vereine, Verbände etc.) • Koordination der Aktiv itäten • Unterstützung der Akteure beim Aufbau v on Angeboten der Gesundheitsförderung • Anlegen und Pflegen der Angebots-Datenbank • Organisation, Begleitung und Moderation v on Koordinationsv eranstaltungen • Fund-Raising und Sponsoren-Akquise d.) Bereich Public Relations Den Beziehungen zur Öffentlichkeit - den Public Relations - kommt für die Vermittlung der Gesundheitsziele eine w esentliche unterstützende Rolle zu. Zentrale Aufgabe der Koordinationsstelle ist die Schaffung einer Plattform für das Netzw erk für Gesundheit, die v on der Koordinationsstelle öffentlichkeitsw irksam nach außen v ertreten w erden muss. Ohne ein entsprechendes Konzept der Öffentlichkeitsarbeit w ird das Thema in seiner Querschnittsfunktion nicht w ahrgenommen w erden. Erfahrungen im Bereich der Vermittlung von gesundheitlichen Zusammenhängen und sind dafür Voraussetzung. da.) Öffentlichkeitsarbeit In den Bereich der Öffentlichkeitsarbeit gehören alle Formen v on Publikationen ob als Print- oder elektronische Medien (Fly er, New sletter, etc.). Grundlage dafür bildet ein in Abstimmung mit dem QM zu erarbeitendes KommunikationsKonzept. Dies beinhaltet zunächst die Festlegung der kommunikativ en Positionierung. Das in diesem Zusammenhang zu erstellende Corporate Design legt zentrale Gestaltungsmerkmale für die öffentlichkeitsw irksamen Außendarstellungen fest. Dazu gehört neben (mehrsprachigen) Broschüren, Tafeln, Plakaten auch der Internetauftritt. Ein w esentlicher Bestandteil der Öffentlichkeitsarbeit ist die Medienarbeit. Sie umfasst den Aufbau und die Betreuung der Beziehungen zu den Medienv ertretern ebenso w ie das eigenständige Verfassen v on Pressemitteilungen und die regelmäßige Darstellung des Fortgangs des Projekts in der „Promenadenpost“. 104 TOPOS Stadtforschung db.) Veranstaltungsmanagement Öffentlichkeitsw irkung w ird nicht zuletzt über Veranstaltungen erzielt. Zur Verbreitung des Förderungsgedankens fallen hierunter in erster Linie Veranstaltungen zur Gesundheitsförderung w ie zum Beispiel Workshops, für die diese Person die Konzepte entw ickelt. Schließlich gehört das Event-Management w ie die Organisation v on Feiern und anderen Aktiv itäten zu den Aufgaben des PR-Spezialisten. Hierbei sind kreativ e Vorschläge gefragt, die eine Vielzahl v on Personen anspricht, die dem Gebiet v erbunden sind (Nutzer aus ganz unterschiedlichen Bereichen, Sponsoren, Vertreter der Öffentlichkeit). Weiterhin ist die Teilnahme der Koordinationsstelle an „Kiezev ents“ w ie Straßenfesten in Form v on Ständen und ähnlichen Aktionen zu organisieren. Für diese Tätigkeit sind praktische Erfahrungen in der Planung, Koordination und Umsetzung v on Veranstaltungen erforderlich. Tätigkeitsbereiche Public Relations: • Gestaltung des Image-Konzepts • Herausgabe unterschiedlicher Publikationen • Konzeption und Realisierung v on Veranstaltungen zur Gesundheitsförderung • Ev ent-Management • Medienarbeit 105 TOPOS Stadtforschung 8.3. Checkliste Anforderungen Mit folgender Darstellung w ird ein präzises Anforderungsprofil der einzelnen Bereiche gegeben. Es w ir hier nicht nach der v orgeschlagenen Halbierung v orgegangen, um auch bei anderen Lösungen die erforderlichen Profile prüfen zu können. Gesundheitsförderung Bedeutung18 8.3.1. 3 2 4 3 2 1 3 2 1 Netzwerkkoordination 4 3 2 1 Betriebswirt Journalist / Kommunikationswissenschaftler abgeschlossenes Hochschulstudium Kompetenzen und Interessen X Vermittlungsfähigkeiten X X Breites Allgemeinwissen interkulturelle Kompetenzen X X Wirtschaftliches Bezug zu Gesundheitsförderung X X Computer- und ITKenntnisse X X Kreativität X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X Leistungsverhalten Organisation X Zeitmanagement X X X Verantwortungsbewusstsein X Flexibilität X Zielorientierung X 18 4 Gesundheitswissenschaftler mit sozialwissenschaftlichem Hintergrund einschlägige Fachkenntnisse 8.3.3. 1 Public Relations Formale Voraussetzungen Ausbildung / Abschluss 8.3.2. 4 Kaufmännischer Bereich X X X X X X X X X X X X X Die Einschätzung der Bedeutung folgt der Einteilung: 4 - unabdingbare Voraussetzung 3 - sehr wichtig 2 - wichtig 1 - weniger wichtig 106 TOPOS Stadtforschung Gesundheitsförderung Bedeutung18 8.3.4. 4 2 1 Public Relations 4 4 3 X Kommunikationsfähigkeit X Informationsfähigkeit X Durchsetzungsvermögen Eigeninitiative X X X X 1 3 2 1 4 X X X X X X X X X X 3 2 1 X X X Erfahrungen Leitungserfahrung X Teamarbeit X Netzwerkarbeit X X Gremienarbeit X X X X X X X Präsentation X X Gesundheitsförderung X X X X Akquise X X X X X X X X X X X Event-Management X X Moderation 8.3.6. 2 Netzwerkkoordination Sozial- und Führungsverhalten Teamfähigkeit 8.3.5. 3 Kaufmännischer Bereich X X X X X X Weiteres Sprachkompetenzen X X Kontakte X X Flexibilität hinsichtlich der Arbeitszeiten X X X X X X X X 107 TOPOS Stadtforschung 9. Qualitätsmanagement: das Evaluationskonzept Ev aluation umfasst das sy stematische Sammeln, Analy sieren und Bew erten v on Informationen über Aktiv itäten, Eigenschaften und Ergebnisse v on Projekten, Personen und „Produkten“. Durch die Ev aluation w erden w ichtige Kenntnisse über Stärken und Schw ächen eines Projektes oder einer Maßnahme gew onnen. Dadurch v erbessern sich die Grundlagen für projektbezogene Entscheidungen und w ird die Basis für die Erhöhung der zukünftigen Effektiv ität und Effizienz geschaffen. Die Ev aluation kann sehr unterschiedlichen Zw ecken (gleichzeitig) dienen, die Einfluss auf die eingesetzte Vorgehensw eisen und Methoden haben: • Entscheidungshilfe bezüglich der Weiterführung v on Projekten • Verbesserung v on Strategien und Maßnahmen • Projektsteuerung • Legitimation bei der Verw endung öffentlicher Gelder oder gegenüber Zielgruppen und Fachöffentlichkeit • Untersuchung w issenschaftlicher Fragestellungen. Im Rahmen des Konzepts für das QM-Gebiet sind zwei Ebenen der Evaluation zu unterscheiden: 1. die (Fremd-)Ev aluation v on Projekten und Konzepten, die v on den Netzw erkpartnern durchgeführt w erden, durch die Koordinationsstelle Die Umsetzung der Gesundheitsförderung soll dezentral durch die Akteure des Netzw erks im QM-Gebiet erfolgen. Als eine Aufgabe der Koordinierungsstelle w urde in Kapitel 7 die Bew ertung und Qualitätssicherung inhaltlicher Konzepte und Projekte zur Gesundheitsförderung beschrieben. Zur (Fremd-)Ev aluation durch die Koordinierungsstelle gehört neben der Identifizierung v on gesundheitsfördernden Projekten die Ev aluation der Programmdurchführung sow ie der Programmw irksamkeit und Programmeffizienz. 2. die Selbstev aluation der Koordinierungsstelle Die Koordinationsstelle ist der zentrale Netzw erkknoten. Von der Qualität ihrer Arbeit w ird der (Miss-)Erfolg des Gesamtprojekts abhängen. Gleichzeitig unterliegt die Koordinationsstelle als Einrichtung des Quartiersmanagements dem Erfordernis, ihre Arbeit gegenüber anderen so zu dokumentieren, dass ihre Arbeit auch bew ertet w erden kann. Je nach Entw icklung und Prozessphase der Koordinierungsstelle w erden unterschiedliche Fragen, Aufgaben und Arbeitsschritte im Mittelpunkt stehen. 9.1. Grundlegende Formen der Evaluation Die (Fremd-)Ev aluation v on Projekten durch die Koordinationsstelle und die Selbstev aluation dieser Stelle erfordern unterschiedliche Ev aluationsformen. ALs 108 TOPOS Stadtforschung grundlegende Unterscheidungen w erden hier die summativ e und die formativ e Ev aluation beschrieben. Unabhängig v on der Form der Ev aluation sind folgende drei Ebenen v on Qualität zu unterschieden: 1. Strukturqualität: Ausstattung eines Projektes oder Leistungserbringers mit Finanzmitteln, Räumen, Arbeitsmitteln, Mitarbeitern etc. 2. Prozessqualität: Die Art und Weise der Projektdurchführung oder Leistungserbringung 3. Ergebnisqualität: die erreichten Effekte eines Projektes oder einer Maßnahme 9.1.1. Summative Evaluationen Summativ e Ev aluationen beurteilen Projekte nicht begleitend w ährend der Durchführung, sondern bew erten sie abschließend bei Projektende. Dabei steht die Frage nach der Wirksamkeit und gegebenenfalls nach dem Nutzen der Maßnahmen der Koordinierungsstelle im Mittelpunkt. Eine summativ e Ev aluation kann der Entscheidungsfindung dienen, w enn es darum geht, ob die Arbeit der Koordinierungsstelle nach der Modellphase w eitergeführt oder eingestellt w erden soll. Aufgrund der Tragw eite solcher Entscheidungen sollten summativ e Ev aluationen möglichst ex tern durchgeführt w erden (Fremdev aluation) oder es sollten zumindest ex terne Ev aluatoren hinzugezogen w erden. Insofern sind sie das geeignete Verfahren für die Bew ertung v on Projekten der Netzw erkpartner durch die Koordinationsstelle. 9.1.2. Formative Evaluationen Formativ e Ev aluationen w erden begleitend zum Projektv erlauf durchgeführt und dienen in erster Linie der laufenden Optimierung der Projekte. Die Ev aluationsresultate zu Abläufen und ersten Ergebnissen fließen laufend als Feedback in die Prax is zurück. Die formativ e Ev aluation w ird insbesondere in der Entw icklungsphase der Koordinierungsstelle im Vordergrund stehen. Es geht u.a. darum, v erbesserungsbedürftige sow ie hinderliche Prozesse und Bedingungen zu identifizieren (Prinzip der Fehlerv ermeidung), aber auch förderliche Prozesse und Bedingungen aufzuzeigen, die einer Optimierung der Koordinierungsstelle dienlich sind. Die Selbstev aluation der Koordinierungsstelle sollte in Form einer formativ en Ev aluation erfolgen. 9.2. Selbstevaluation der Koordinationsstelle Die Selbstev aluation w ird v on Mitarbeitern der Koordinierungsstelle durchgeführt. Die Vertrautheit mit dem Projekt erlaubt ein schnelles Erfassen der zentralen Aspekte. Voraussetzung ist allerdings, dass genügend zeitliche, personelle und 109 TOPOS Stadtforschung materielle Ressourcen eingeplant w erden. Die zu budgetierenden Kosten einer Selbstev aluation liegen in der Regel bei etw a 5% der gesamten Projektkosten. Je besser die Abstimmung der einzelnen Aufgaben und Arbeitsschritte ist und je fundierter theoretisch und methodisch geplant, durchgeführt und ausgew ertet w ird, umso eher können Ev aluationsergebnisse erw artet w erden, aus denen sich sinnv olle Implikationen zur Weiterentw icklung und Qualitätssicherung der Koordinierungsstelle ableiten lassen. Die so ermittelten Daten können u.a. auch als Grundlage der Berichterstattung gegenüber dem Quartiersmanagement und Dritten v erw endet w erden. Eine Checkliste für die Inhalte einer Selbstev aluation finden sich in Kapitel 9.4.1. 9.3. Kriterien der Evaluation von Projekten im Stadtteil Wie in Kapitel 8 dargestellt, sollte die Ev aluation v on Projekten zur Gesundheitsförderung im Stadtteil durch die Koordinationsstelle in Form einer summativ en Ev aluation durchgeführt w erden. Im Bereich Ev aluation liegt es nahe, differenziert nach dem Zeitpunkt bzw . nach v erschiedenen Stadien bzw . Prozessphasen zu unterscheiden, die ein Projekt v on der Entw icklung der Konzeption über seine Erprobung und Umsetzung bis hin zu den möglichen Wirkungen durchläuft. So können Aufgaben und Arbeitsschritte transparenter w erden, sow ie im Hinblick auf die Besonderheiten bestimmter Projekte Differenzierungen v orgenommen w erden. Eine Bew ertung kann gleichermaßen zur Vorab-Beurteilung w ie zur abschließenden Beurteilung herangezogen w erden. Die nachfolgend v orgestellten Kriterien orientieren sich an der intensiv en Diskussion v on Wissenschaft und Prax is, die auf das QM-Gebiet angew endet w ird. Die Kriterien spiegeln auf der einen Seite das umfassende Konzept v on Gesundheitsförderung der WHO w ider, das bei der Stärkung der Gesundheitsressourcen und Potenzialen der Menschen auf allen Ebenen ansetzt. Gleichzeitig berücksichtigen die Kriterien auch das w achsende Interesse v on Zuw endungsgebern, Fachöffentlichkeit, und Zielgruppen an der Qualität v on Projekten und der Legitimität der Verw endung öffentlicher Mittel. Wichtig dabei: ein Projekt muss nicht allen Kriterien genügen. Es ist bspw . ebenso w ichtig, dass auch die Projekte umgesetzt w erden, die nur in einzelnen Kriterien v orbildlich sind. Folglich gibt es auch keine strenge Hierarchie der anzulegenden Kriterien. Lediglich auf die ersten beiden Punkte – die Formulierung einer Konzeption und die Dokumentation und Ev aluation – kann nicht v erzichtet w erden. a.) Konzeption: Zielgruppen und Zielsetzung Zentrale Voraussetzung für ein unterstützungsfähiges Projekt ist, dass eine Konzeption v orliegt, aus der ein klarer Bezug zur Gesundheitsförderung und/oder Präv ention herv orgeht. Dazu gehört eine eindeutige Formulierung der zu erreichenden Ziele und des zu erreichenden Personenkreises. Eine w esentliche Unterstützung der Koordinationsstelle besteht darin, bei der Formulierung des Gesundheitsbezugs und der Gesundheits(förderungs)ziele zu 110 TOPOS Stadtforschung unterstützen. Grund dafür ist, dass v iele Projekte nicht primär dem Gesundheitsbereich zugehören. Viele Gesundheitsdeterminanten liegen aber außerhalb des Gesundheitsw esens (z.B. Arbeit, Wohnen, Verkehr) und können daher gerade durch Aktiv itäten außerhalb des Gesundheitsw esens beeinflusst w erden. Die betreffenden Projekt-/Maßnahme-Verantw ortlichen sind oft nicht mit den Konzepten und Begrifflichkeiten des Gesundheits-(förderungs)-Bereichs v ertraut und v on daher oft nicht in der Lage, einen direkten Zusammenhang zur Gesundheitsförderung klar zu formulieren. Zur Konzeption gehört die Definition des Personenkreises, auf den ein Projekt oder eine Strategie usw . abzielt. Neben der Eingrenzung auf Gruppen oder Personen ist schlüssig darzulegen, w ie die Gruppe erreicht und w as mit der Gesundheitsförderung in dieser Gruppe bew irkt w erden soll. b.) Dokumentation und Evaluation Für die Beurteilung des Projekts ist ein Dokumentations- und Ev aluationskonzept v orzulegen. Für v iele Einrichtungen ist es jedoch schw ierig ein solches Konzept zu formulieren, da es schw er fällt, so umfassende Ziele w ie Gesundheit, Verbesserung der Lebensqualität oder Initiierung v on Innov ationen in überprüfbare Nahziele zu transformieren. Deshalb sollte die Koordinationsstelle bei der Formulierung dessen, w as zur Ev aluation herangezogen w ird, auf der einen Seite unterstützen, auf der anderen Seite aber auch dafür sorgen, dass gew isse Standards eingehalten w erden. c.) Relevanz für das Gesamtkonzept In Kapitel 6 w urden die v ordringlichen Handlungsbedarfe für das QM-Gebiet Schillerpromenade formuliert. Diese Bedarfe stellen die Hintergrundfolie für die Beurteilung der Relev anz eines v orgeschlagenen Projekts dar. Die Relev anz ist jedoch nur als Kriterium für den Einsatz der Koordinationsstelle zu v erstehen. Durch die dezentrale Struktur steht die Koordinationsstelle den Anbietern v on Projekten nur beratend und unterstützend zur Verfügung. Insofern ist die Relev anz allenfalls als Maß dafür einzusetzen, auf w elche Aktiv itäten sich die Koordinationsstelle konzentrieren soll. d.) Inhaltliche Kriterien Die inhaltlichen Kriterien zur Bew ertung der Projekte w urden bereits in Kapitel 5.3 detailliert beschrieben. • Nachhaltigkeit • Ansprache v on Multiplikatoren • Niedrigschw elligkeit • Partizipation • Empow erment • Setting-Ansatz • Integriertes Handlungskonzept / Vernetzung 111 TOPOS Stadtforschung • Innov ation • Kosten-Nutzen Relation Anhand der nachfolgenden Checkliste mit den Good Practice Kriterien kann die Koordinierungsstelle die Bew ertung v on Projekten und Maßnahmen durchzuführen. 112 TOPOS Stadtforschung 9.4. Checklisten Evaluation 9.4.1. Checkliste Selbst-Evaluation Anhand der folgenden Checkliste sichergestellt w erden, dass alle Aktionen, Entscheidungen, Veränderungen v on Beginn an sy stematisch festgehalten und notiert w erden. Die Checkliste stellt dar, w elche Items in jeder Selbstev aluation enthalten sein sollten. Beschreibung des Projektverlaufs: Was sind Ziele der Koordinierungsstelle? Was w ill man erreichen? Für w en (Zielgruppen)? In w elchem Setting? Als Antw ort auf w elche Probleme? Wie sollen die Ziele erreicht w erden? Welche Strukturen und Organisationsformen sind v orgesehen? Zum Projektverlauf: Chronologische Aufzählung w ichtiger Tätigkeiten, Entscheidungen und Veränderungen (Öffentlichkeitsarbeit, Gremienarbeit..) Beschreibung und Auflistung hergestellter Kontakte; mit wem? In welcher Form? Wozu? Einfache Statistiken w ie z.B. Anzahl Veranstaltungen, Anzahl Besucher, Auslastungszahlen etc. Beschreibung und Auflistung der Outputs, d.h. Leistungen, die erbracht w urden (z.B. Anzahl durchgeführter Runder Tische, Workshops, Anzahl betreuter Akteure, etc.) Beschreibung und Auflistung der Nachfrage, z.B. Anzahl der Akteure, Klienten, die um eine Leistung nachsuchen Beschreibung v on Projektorganisation und Zusammenarbeitsformen mit ex ternen Partnern Personelle und finanzielle Ressourcen, die zur Verfügung standen bzw . eingesetzt w urden Beschreibung der größeren Schw ierigkeiten, die im Projektv erlauf auftraten (unv orhersehbare Veränderungen der Rahmenbedingungen, Zielkonflikte etc.) und w ie diese angegangen w urden Bilanz, Schlussfolgerungen: Hat die Koordinierungsstelle erreicht, w as sie erreichen sollte? Wie? Warum oder w arum nicht? Was w ar förderlich? Was w ar hinderlich? Was sind die Stärken der Koordinierungsstelle? 113 TOPOS Stadtforschung Und w as die Schw ächen? Welche Schlüsse zieht das Projekt aus den gemachten Erfahrungen? Empfehlungen und Planungen für die Zukunft : Welche Empfehlungen/Handlungsanw eisungen ergeben sich für w elche Beteiligten bezüglich der Zukunft der Koordinierungsstelle? Projekte? dem Aufbau eines ähnlichen Projektes in einem anderen Stadtteil? 9.4.2. Checkliste Evaluation der Projekte sehr gut gut befriedigend ausreichend mangelhaft Gewichtung 1 2 3 4 5 in % Konzeption: Zielsetzung 100% Konzeption: Zielgruppen 100% Dokumentation und Evaluation 100% gewichtete Note Note x Gewichtung Relevanz Nachhaltigkeit Ansprache von Multiplikatoren Niedrigschwelligkeit Partizipation Empowerment Setting-Ansatz Integriertes Handlungskonzept Innovation SUMME Durchschnitt: Summe gewichtete Note / Summe Gewichtung 114 TOPOS Stadtforschung 10. Anhang 10.1. Weiterführende Literatur zum Thema Badura, B. (1983): Sozialepidemiologie in Theorie und Praxis. In: Europäische Monografien zur Gesundheitserziehung, Band 5. Köln: BZgA. S. 29-48. Bär, G./ Buhtz M./ Gerth H. (2004): Der Stadtteil als Ort von Gesundheitsförderung Erfahrungen und Befunde aus stadtteilbezogenen Projekten. In: Rosenbrock. R./Bellwinkel, M./Schröer, A. (Hg.): Primärprävention im Kontext sozialer Ungleichheit. Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, S. 233-293. Bengelmann, J. / Strittmatter, R./ Willmann, H. (2001): Was erhält Menschen gesund? Antonovskys Modell der Salutogenese – Diskussionsstand und Stellenwert. Köln: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Blümel, S. (2005): Gesundheitsförderung durch Lebenskompetenzprogramme in Deutschland. Grundlagen und kommentierte Übersicht. Köln: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Gerber, U. / von Stünzner, W. (1999): Entstehung, Entwicklung und Aufgaben der Gesundheitswissenschaften. In: Hurrelmann, K.: Gesundheitswissenschaften. S. 9-64. Hurrelmann, K. (Hg.) (1999): Gesundheitswissenschaften. Berlin: Springer. Lampert, T. / Saß, A.-C. / Häfelinger, M. / Ziese, T. (2005) Armut, soziale Ungleichheit und Gesundheit. Expertise des Robert Koch-Instituts zum 2. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung. Berlin: RKI Lohhaus, A./ Jerusalem, M. / Klein-Heßling, J. (Hrsg.) (2006): Gesundheitsförderung im Kindes- und Jugendalter Göttingen: Hogrefe. Mielck, A. (2000):Soziale Ungleichheit und Gesundheit. Empirische Ergebnisse, Erklärungsansätze, Interventionsmöglichkeiten. Bern. Naidoo, Jennie / Wills, Jane (2003): Lehrbuch der Gesundheitsförderung, Köln: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Ovretveit, J. (2002):Evaluation gesundheitsbezogener Interventionen, Zielsetzung der Evaluation, Theorie und Perspektiven (S.57),Handbuch Gesundheitswissenschaften ,Bern: Verlag Hans Huber. Rosenbrock, Rolf / Gerlinger, Thomas (2004): Gesundheitspolitik. Bern: Verlag Hans Huber. Schnabel, P.-E. / Hurrelmann, K. (1999): Sozialwissenschaftliche Analyse von Gesundheitsproblemen. In: Hurrelmann, K.: Gesundheitswissenschaften. S. 99-123. Stender, K.-P. (1998): Wann ist eine Stadt gesund? In: Heinemann, H. (Hg.): Stadtentwicklung und Gesundheit. Frankfurt/Mein: VHS. S. 201-211. Trojan, A. / Stumm, B. / Süß, W. / Zimmermann, I. (1998): Soziale Stadtentwicklung: eine intersektorale Aufgabe für die Gesundheitsförderung. In: Heinemann, H. (Hg.): Stadtentwicklung und Gesundheit. Frankfurt/Mein: VHS. S. 11-41. Wright, M. (2000): Partizipative Qualitätssicherung und Evaluation für Präventionsangebote in Settings. In : Rosenbrock, Bellwinkel, Schroer (Hg.) BKK S.299 ff. 115 TOPOS Stadtforschung 10.2. Abbildungsverzeichnis Abbildung 1 Public Health Action Cy cle (Lernspirale)................................. 5 Abbildung 2 Das Krankheits-Gesundheits-Kontinuum ................................11 Abbildung 3 Erw eiterung der Gesundheitsförderung gegenüber der Präv ention .......................................................................13 Abbildung 4 Dimensionen der lokalen Gesundheitsförderung......................14 Abbildung 5 Quartiersanaly se QM-Gebiet Schillerpromenade.....................20 Abbildung 6 Einw ohner nach Alter.........................................................33 Abbildung 7 Altersstruktur nach Nationalität.............................................33 Abbildung 8 Einw ohner nach Alter und Nationalität...................................34 Abbildung 9 Haushalte und Personen.....................................................34 Abbildung 10 Haushaltsgröße nach Nationalität .........................................35 Abbildung 11 Haushalte nach Haushaltsty p und Nationalität.........................35 Abbildung 12 Haushalte nach Ty p und Erw erbsstatus................................36 Abbildung 13 Haushalte nach Ty p, Nationalität und Erw erbsstatus ...............37 Abbildung 14 Personen nach Haushaltsty p, Nationalität und Erw erbsstatus ..................................................................38 Abbildung 15 Kinder in Nichterw erbshaushalten nach Alter, Haushaltsty p, und Nationalität..............................................39 Abbildung 16 Unternehmungen der Familien zum Erhalt der Gesundheit .......42 Abbildung 17 Fehlendes für gute Ernährung..............................................43 Abbildung 18 Bew egung der Kinder ........................................................45 Abbildung 19 Informationsquellen zu Gesundheitsthemen............................47 Abbildung 20 Allgemeines Wohlbefinden der Schüler..................................49 Abbildung 21 Wichtigkeit des Themas Gesundheit für die Schüler ................49 Abbildung 22 Lieblingsgerichte der Schüler...............................................50 Abbildung 23 Beliebte Sportarten bei den Schülern.....................................51 Abbildung 24 Ansprechpartner für die Schüler bei Gesundheitsthemen..........53 Abbildung 25 Das „Rad der Gesundheitsförderung“ im QM-Gebiet ...............61 116 TOPOS Stadtforschung 10.3. Befragte Experten Institution Experten aus Vereinen / Institutionen etc. Kinder- / Jugendeinrichtungen Kindertagesstätten und Schulen Medizinische Versorgung etc. QM Ansprechpartner Datum Quartiersmanagement Fr. Schmiedeknecht / Hr. Jeschke 20.03.2006 Allgemeinarzt und Innere Medizin Dr. Mentzel 21.03.2006 Kinder- und Jugendgesundheitsdienst Dr. Gundert 06.03.2006 Kinder- und Jugendgesundheitsdienst Sozialarbeit Fr. Sareyka 13.03.2006 Gesundheitsraum Reuterkiez Fr. Stolzenberg 28.03.2006 Kindertagesstätte Türkisch-Deutsches Zentrum Fr. Langenfeld 11.04.2006 Kindertagesstätte Lichtenrader Straße Fr. Flemming 06.03.2006 Kindertagesstätte der ev. Kirchengemeinde Genezareth Fr. Meyer / Fr. Hoffmeister 10.03.2006 Karl-Weise-Grundschule - Rektorat Hr. Hartung 15.03.2006 Kurt-Löwenstein-Schule Hr. Pawollek / Hr. Kleinert / Hr. Rzesnik 07.03.2006 Kinderclubhaus „Am Tower“ Fr. Krause 13.04.2006 Mädchencafé Schilleria Fr. Neunhöffer 24.02.2006 Jugendstadtteilladen Outreach Hr. Legde 14.02.2006 Warthe 60 – Modellprojekt Gewaltprävention Fr. Azad 08.06.2006 Interkulturelles Elternzentrum Fr. Macher / Hr. Saleh 15.03.2006 UGRAK – Treffpunkt und Beratung für Frauen aus der Türkei Fr. Bayraktar 14.03.2006 Palästinensischer Wohltätigkeitsverein AlHuleh e. V. Hr. El-Jomaa 07.03.2006 AWO - Psychosoziale Beratungsstelle für Frauen (Berlin-Neukölln) Fr. Renka 08.06.2006 Otto-Suhr-Volkshochschule Hr. Kerkhoff 15.03.2006 Genezareth-Gemeinde - Sozialarbeit Fr. Latkowski 08.03.2006 Netzwerk Behinderter Frauen Fr. Schweitzer 26.04.2006 Rund ums Alter - Koordinationsstelle für ambulante Rehabilitation Fr. Kronseder 27.04.2006 Medizinische Versorgung Rektorat und Sozialpädagogik/ Schuldistanziertenarbeit Projekt „Stadtteilmütter“ / „Super-Väter“ Bereich Gesundheit, Psychologie und Pädagogik 117