Ein Stadtteil schwingt sich auf

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Ein Stadtteil schwingt sich auf
TOPOS
Ein Stadtteil schwingt sich auf
Strategiekonzept für eine
flächendeckende, ganzheitliche
Gesundheitsförderung im Stadtteil
Stadtforschung
2006
TOPOS
Stadtplanung Landschaftsplanung Stadtforschung
Badensche Straße 29
10 715 Berlin
Tel.: 030 / 864 90 40
Fax: 030 / 864 90 413
eMail: mail@topos-planung.de
„Ein Stadtteil schwingt sich auf“
Strategiekonzept für eine flächendeckende,
ganzheitliche Gesundheitsförderung im Stadtteil
Auftraggeber:
BSG mbH Quartiersmanagement Schillerpromenade
Bearbeitung:
TOPOS Stadtforschung
Michael Häfelinger
Sigmar Gude
Alexandra Hoorn
Studiengang Public Health der Technischen Universität Berlin
Heike Gede
Verena Kupilas
Elvira Mauz
Anne Theobald
Rahsan Yesil
Berlin, Juli 2006
TOPOS Stadtforschung
Inhalt
Vorbemerkungen
4
1. Das Projekt „Ein Stadtteil schwingt sich auf“
4
1.1.
Aufgabenstellung
4
1.2.
Einordnung des Projekts
5
1.3.
Vorgehensw eise der Konzepterstellung
6
1.4.
Aufbau des Berichts
9
2. Theoretische Grundlagen lokaler Gesundheitsförderung
10
2.1.
Das erw eiterte Verständnis v on Gesundheit
10
2.2.
Das erw eiterte Konzept der Gesundheitsförderung
11
2.3.
Gesundheitsförderung im Setting Stadtteil
13
Teil I - Analyse
17
3. Rahmenbedingungen im QM-Gebiet Schillerpromenade
17
3.1.
Lage und v erkehrstechnische Anbindung
17
3.2.
Bauliche Struktur und Straßenbild
17
3.3.
Infrastruktur
18
3.4.
Das Netzw erk der lokalen Akteure
22
3.5.
Fazit: Potentiale und Defizite im Gebiet
25
4. Analyse der Zielgruppen und ihrer GesundheitsförderungsBedarfe
28
4.1.
Zielgruppen
28
4.2.
Sozialstruktur und Größenordnungen der Zielgruppen im QM-Gebiet
Schillerpromenade
31
4.3.
Bedarfe der Familien
42
4.4.
Bedarfe der Jugendlichen
49
4.5.
Bedarfe der Haushalte ohne Kinder
56
4.6.
Besondere Einzelbedarfe
57
TOPOS Stadtforschung
Teil II – Konzept für die Gesundheitsförderung
61
5. Gesundheitsförderung im QM-Gebiet
61
5.1.
Organisation der Gesundheitsförderung im QM-Gebiet
61
5.2.
Leitlinien des Gesamtprojekts
62
5.3.
Leitlinien der Einzelprojekte
63
6. Handlungsbedarfe der Gesundheitsförderung im QM-Gebiet
67
6.1.
Bew egungsförderung
67
6.2.
Ernährung
74
6.3.
Gesundheitliche Aufklärung
77
6.4.
Versorgung und Inanspruchnahme
79
6.5.
Lebenskompetenz
81
7. Leitprojekte der Gesundheitsförderung im QM-Gebiet
86
7.1.
Gesundheitslotsen
87
7.2.
Angebote für junge Eltern: „Eltern sein“
88
7.3.
Ernährungsberatung „Gesunde Küche“
89
7.4.
Bew egungsförderung für w eibliche Jugendliche: „Girls Mov e“
91
7.5.
Stadtteilmütter auf neue Gruppen ausw eiten
93
7.6.
Lokales Netzw erk „Gesunde Kitas in der Schillerpromenade“
94
7.7.
Integrierte Gesundheitsförderung für Senioren: „Gesund älter w erden
in der Schillerpromenade“
96
8. Konzept für die Koordinationsstelle
98
8.1.
Aufgaben
98
8.2.
Organisation und Ausstattung
99
8.3.
Checkliste Anforderungen
106
9. Qualitätsmanagement: das Evaluationskonzept
108
9.1.
Grundlegende Formen der Ev aluation
108
9.2.
Selbstev aluation der Koordinationsstelle
109
9.3.
Kriterien der Ev aluation v on Projekten im Stadtteil
110
9.4.
Checklisten Ev aluation
113
10. Anhang
115
10.1. Weiterführende Literatur zum Thema
115
10.2. Abbildungsv erzeichnis
116
10.3. Befragte Ex perten
117
2
TOPOS Stadtforschung
Vorbemerkung zur Sprachregelung
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit w urde bei den Bezeichnungen v on
Personengruppen im folgenden Tex t auf die ex plizite Verw endung der w eiblichen
Form v erzichtet („Sozialhilfeempfänger“ statt „SozialhilfeempfängerInnen“,
„Sozialhilfeempfänger/-innen“, „Sozialhilfeempfänger und -innen“ oder „Sozialhilfeempfänger und Sozialhifeempfängerinnen“). Die geschlechterneutrale Lösung über
eine Partizipialkonstruktion („Sozialhilfe Empfangende“) entspricht w iederum nicht
dem erforderlichen Terminus technicus.
Der Verzicht auf die sprachliche Erw ähnung bedeutet keinesfalls, dass die v orliegende Analy se und Konzeption der Gesundheitsförderung inhaltlich geschlechterspezifische Benachteiligungen unberücksichtigt lässt. Die Geschlechtsspezifik ist
ein w esentliches Querschnittsthema der Gesundheitsförderung und w urde bei allen
untersuchten Fragestellungen berücksichtigt.
Die Autorinnen und Autoren
3
TOPOS Stadtforschung
Vorbemerkungen
1. Das Projekt „Ein Stadtteil schwingt sich auf“
1.1. Aufgabenstellung
Das Quartiersmanagement Schillerpromenade plant derzeit ein längerfristiges
Projekt, dessen Ziel es ist, das Thema Gesundheit im QM-Gebiet nachhaltig zu
v erankern. Unter dem Motto „Ein Stadtteil schw ingt sich auf – Gesunde Kinder und
kompetente Eltern in einem v ernetzten Stadtteil“ soll die Grundlage für einen
gesundheitsbew ussten Lebensstil für alle Bürger und Bürgerinnen des Gebiets
geschaffen w erden.
Ziel des Gesamtprojektes „Ein Stadtteil schw ingt sich auf!“ ist es, möglichst v iele
Personen des Quartiers in gesundheitsfördernde Maßnahmen einzubinden,
konkretes Wissen über Gesundheitsförderung zu v ermitteln und sie bei der gesundheitsförderlichen Gestaltung ihres Lebens zu unterstützen („Empow erment“).
Besonderes Augenmerk gilt dabei sozial schw achen und bildungsfernen
Bev ölkerungsgruppen.
Zentraler Gedanke des Gesamtprojektes ist es, ein umfassendes Strategiekonzept
zu entw ickeln, die bestehenden Netzw erkstrukturen w eiter zu entw ickeln sow ie
die im Stadtteil v orhandenen Angebote besser zu nutzen. Zur Umsetzung der
Strategie soll eine Anlauf- und Koordinierungsstelle eingerichtet w erden, die den
gesamten Prozess betreut.
Ziel dieses Projektes w ar es, ein handlungsorientiertes Konzept für die lokale
Gesundheitsförderung zu erarbeiten, mit dem die Gesundheitsförderung im QMGebiet Schillerpromenade etabliert und nachhaltige Strukturen geschaffen w erden
können. Dazu mussten folgende Fragen beantw ortet w erden, die sich in dieser
Form auch im Bericht w ieder finden:
Leitfrage
Kapitel
• Was brauchen die
Menschen im QM-Gebiet?
4: Analy se der Zielgruppen und ihrer
Gesundheitsförderungs-Bedarfe
• Welche Projektangebote
w erden benötigt?
6: Handlungsbedarfe der Gesundheitsförderung im
QM-Gebiet
• Welche Projekte sollten
zuerst angeschoben
w erden?
7: Leitprojekte der Gesundheitsförderung im QMGebiet
• Wie kann das organisiert
w erden?
8: Konzept für die Koordinationsstelle &
9: Qualitätsmanagement: das Ev aluationskonzept
Das Thema Gesundheit berührt mehrere Bereiche gesellschaftlichen Zusammenlebens und erfordert deshalb einen interdisziplinären Ansatz. TOPOS
4
TOPOS Stadtforschung
Stadtforschung kooperierte deshalb mit Wissenschaftlern v om Robert Koch-Institut
und aus dem Studiengang Public Health an der TU Berlin, um den v ielfältigen
interdisziplinären Anforderungen der Gesundheitsförderung im Stadtteil Rechung zu
tragen.
1.2. Einordnung des Projekts
Im Folgenden w erden anhand der „Public Health Action Cy cle“ genannten
Lernspirale die Aufgaben v erdeutlicht, die eine nachhaltige Gesundheitsförderung,
w ie sie mit dem Gesamtprojektes „Ein Stadtteil schw ingt sich auf!“ erreicht w erden
soll, erfüllen muss.
Abbildung 1 Public Health Action Cycle (Lernspirale)
Quelle: Rosenbrock/Gerlinger (2004), S. 26
Analysieren
Evaluieren
Strukturieren
Umsetzen
Der Action Cy cle benennt idealty pisch v ier zentrale Aufgaben, die das
Gesamtprojekt leisten muss:
•
Die Analyse bildet den Ausgangspunkt der Gesundheitsförderung. Hier w erden
die Zielgruppen und ihre Förderbedarfe bestimmt.
•
Die Strukturierung mündet in ein Umsetzungskonzept. Hier w erden Ziele
und übergeordnete Vorgehensw eisen definiert.
•
Die Umsetzung bricht dieses Konzept auf konkrete Maßnahmen herunter.
•
Die Evaluation bew ertet die Erfolge der Maßnahmen.
Der durchlaufene Kreis bildet seinerseits die Grundlage für die erneute Analy se und
die Anpassung der Strategie – Das Sy stem lernt. Die Aufgabe des v orliegenden
Konzepts besteht darin, dieses „Rad“ der Gesundheitsförderung im QM-Gebiet
Schillerpromenade zum ersten Mal in Schw ung zu bringen, indem eine erste
Analy se der gesundheitlichen Situation durchgeführt (Teil I des Berichts) und eine
erste Strukturierung in Form des v orgelegten Konzepts (Teil II des Berichts)
v orgenommen w urde.
5
TOPOS Stadtforschung
1.3. Vorgehensweise der Konzepterstellung
Die Umsetzung des in diesem Bericht dokumentierten Projektes zur Erstellung
eines Konzepts der lokalen Gesundheitsförderung erfolgte in drei Bausteinen, die
sich in w eitere Schritte untergliederten:
1. Analy se der gesundheitsrelev anten Strukturen im Gebiet sow ie der
Bedürfnisse der Bew ohner
2. Entw icklung einer Strategie der Gesundheitsförderung
3. Netzw erkarbeit
Die Ziele der einzelnen Bausteine und die Schritte zu deren Umsetzung w erden im
Folgenden benannt.
1.3.1.
Baustein I: Analyse
Bestandteil dieses ersten Bausteins w ar die Analy se der gesundheitsrelev anten
Strukturen im Quartier. Darunter fallen einerseits die stadträumliche Situation
(Bebauung, Freiräume etc.) und die bestehenden institutionellen Angebote (z.B.
durch die Vereine und Schulen) – also die Verhältnisse – und andererseits das
Verhalten, die konkreten Verhaltensw eisen und Bedürfnisse der Stadtteilbew ohner.
Die Analy se erfolgte in fünf Schritten:
1. Zunächst w urden in einer v orbereitenden Material- und Datenanalyse
anhand bereits v orliegender Informationen die Strukturen aufgearbeitet,
grundlegende Probleme und Potenziale im Quartier benannt sow ie die
relev anten Institutionen und Akteure ermittelt. Einzubeziehende Materialien
w aren die bereits v orliegenden Sozialstudien, die Ergebnisse des
Stadtmonitorings, die Ergebnisse der Untersuchung „Neuorientierung der
Interv entions- und Präv entionsansätze“ und des Sozialstrukturatlasses sow ie
w eitere Materialien und Gutachten des Quartiersmanagements.
2. Da entsprechende Daten nicht v orlagen, w urde anhand einer
Modellrechnung auf Basis aktueller Blockdaten des Statistischen
Landesamtes die Sozialstruktur entlang der Merkmale Alter, Nationalität,
Haushaltsty p und Erw erbsstatus ermittelt. Damit w urden die Größenordnungen
der Zielgruppen der Gesundheitsförderung bestimmt.
3. In der Raum- und Angebotsanalyse w urden die stadträumliche Situation
sow ie die bestehenden infrastrukturellen Angebote untersucht. Durch Freiraumkartierungen und teilnehmende Beobachtung w urden sow ohl die Ausstattung
und der Zustand einzelner Aufenthaltsorte als auch die soziale Situation und
das soziale Verhalten im öffentlichen Raum erhoben. Die lokalen Institutionen
w urden aufgesucht und durch Kontaktaufnahme informativ in das Projekt
einbezogen (erste Aktiv ierung des Netzw erkes). Bereits bestehende Angebote
w urden aufgenommen und analy siert.
6
TOPOS Stadtforschung
4. Zur Ermittlung der Situation und zur Bestimmung der v erschiedenen
Zielgruppen der Gesundheitsförderung w urden leitfadengestützte Interviews
mit Experten im Gebiet geführt, die über die spezifischen Probleme und
Bedürfnisse dieser Gruppen Aufschluss gaben. Gesprochen w urde mit
Vertretern der v erschiedenen Migrantengruppen, mit Betreuungspersonal aus
Kitas, Schulen, Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtungen sow ie Akteure aus
dem Bereich Medizinische Versorgung. Die Gespräche mit diesen
Schlüsselpersonen dienten außerdem der Netzw erk-Initiierung und der
Vorbereitung der Befragung der Familien. Eine detaillierte Aufstellung der
Gesprächspartner findet sich im Anhang.
5. In der aktivierenden Befragung von Familien w urden über die Schulen
und Kitas zum einen die Kinder und Jugendlichen, zum anderen die Eltern mit
Hilfe v on spezifischen Fragebögen befragt (siehe Fragebögen im Anhang). Ein
beigelegter Fly er informierte über das Projekt. Durch die Befragungsorganisation über die Kitas und Schulen w urde die Zusammenarbeit mit diesen
Einrichtungen initiiert, auf die später aufgebaut w erden kann. Insgesamt
w urden 120 Kinder und Jugendliche im Alter v on 9-18 Jahren zu ihrem
gesundheitsrelev anten Verhalten, ihren Bedürfnissen und ihrer Einschätzung
der Versorgungsdefizite befragt. Bei den Schülern w ar das Verhältnis
zw ischen Mädchen und Jungen ausgeglichen (59:61 Fälle). 42% der
Befragten stammen aus deutschen Haushalten, 28% haben einen türkischen,
14% einen arabischen und 4% einen serbokroatischen Hintergrund.
Die eingebettete Elternbefragung erreichte 78 Familien. Durch die Verteilung der
Fragebögen an die Eltern über die Kitas und Schulen w urden auch bildungsfernere Bev ölkerungsgruppen und Familien mit Migrationshintergrund erreicht,
da sie über ihre Kinder angesprochen w urden. So w aren 54% der befragten
Haushalte ausschließlich deutscher Nationalität, 20% der Haushalte haben
einen türkischen und 14% einen arabischen Hintergrund.
1.3.2.
Baustein II: Strategieentwicklung
Der zw eite Baustein umfasste die Formulierung v on Zielen und die Entw icklung
einer umfassenden Strategie der Gesundheitsförderung im Stadtteil sow ie ein
Konzept für den Aufbau der Anlauf- und Koordinierungsstelle. Diese mit diesem
Bericht v orgelegten Vorschläge bauen auf den Analy sen der Situation und den
bestehenden Netzw erken (s. Baustein III) auf.
Dieser Baustein w urde in fünf aufeinander aufbauenden Schritten umgesetzt.
1. Gegenüberstellung der Bedarfs- und Angebotsanaly se
2. Ableitung des Bedarfs Gesundheitsförderung im QM-Gebiet Schillerpromenade
3. Formulierung v on Leitprojekten, mit denen die Gesundheitsförderung begonnen
w erden sollte
7
TOPOS Stadtforschung
4. Organisationskonzept für die Umsetzung inkl. Ausgestaltung der Koordinationsstelle
5. Begleitende Entw icklung eines Ev aluationskonzepts
Um die Empfehlungen mit konkreten Vorschlägen ausgestalten zu können, w urde
mit einer Sammlung v on so genannten „Good-Practice-Projekten“ begonnen.
1.3.3.
Baustein III: Netzwerkarbeit
Der dritte Baustein Netzw erkarbeit umfasste sow ohl die Analy se der bestehenden
Netzw erkstrukturen als auch die Entw icklung einer Koordinationsstruktur.
Drei Arbeitsteile w urden dabei durchgeführt:
1. Netzw erkanaly se
2. Kontaktaufnahme zu den Netzw erkakteuren („Netw orking“)
3. Durchführung eines Workshops als „initialer Gesundheits-Netzw erk-Ev ent“
8
TOPOS Stadtforschung
1.4. Aufbau des Berichts
Die Ergebnisse der Analy se sow ie das Konzept der Gesundheitsförderung w erden
in zw ei Teilen des Berichts v orgestellt. Vorgeschaltet sind einige Vorbemerkungen
zum Verständnis v on Gesundheit und Gesundheitsförderung sow ie zu den
Rahmenbedingungen des QM-Gebiets Schillerpromenade.
Einführend w erden in Kapitel 2 Möglichkeiten und Grenzen lokaler Gesundheitsförderung erörtert. Ausgangspunkt der Überlegungen ist das salutogenetische
Konzept, das neben der indiv iduellen Vermeidung v on Krankheit und
Risikofaktoren auf indiv idueller w ie räumlich-sozialer Ebene die Frage nach den
Bedingungen für den Erhalt v on Gesundheit stellt. Gegenüber dem umfassenden
Anspruch w erden die Möglichkeiten einer Gesundheitsförderung im Quartier, die
durch das Quartiersmanagement und die lokalen Akteure getragen w ird, relativ iert.
Teil I stellt die Analy se auf den v erschiedenen Ebenen dar. In Kapitel 3 w erden
zunächst die Rahmenbedingungen des öffentlichen Raumes sow ie das Netzw erk
der lokalen Akteure präsentiert. In Kapitel 4 w erden die Zielgruppen und ihre
Bedarfe v orgestellt. Die Darstellung beginnt mit den Erläuterungen, w ie die
Zielgruppen gebildet w urden. Dem schließen sich die Analy se-Ergebnisse für den
Bedarf an Gesundheitsförderung für die einzelnen Gruppen an. Den festgestellten
Förderbedarfen w erden dann direkt die bestehenden Angebote gegenübergestellt
und die daraus abgeleiteten Handlungsbedarfe benannt.
Der Analy se in Teil I folgt das Konzept für die lokale Gesundheitsförderung in Teil II
des Berichts. Kapitel 5 stellt dann die Grundzüge des Gesamtkonzepts für die
Umsetzung der Gesundheitsförderung im QM-Gebiet v or und benennt die
grundsätzlichen Organisationsprinzipien. Aus der Gegenüberstellung v on Bedarf
und Angeboten speisen sich als Empfehlung die in Kapitel 6 formulierten
Handlungsbedarfe für die Gesundheitsförderung. Sie benennen den v ordringlichen
Handlungsbedarf im QM-Gebiet Schillerpromenade und geben „good practice“Beispiele, die andernorts bereits umgesetzt w urden. Kapitel 7 schließlich benennt
sieben Leitprojekte, die aufgrund des Handlungsbedarfs und den Vor-OrtGegebenheiten ausgestaltet w urden und die im Rahmen der Gesundheitsförderung
angegangen w erden sollten. Kapitel 8 befasst sich mit der Rolle der zu
schaffenden Koordinationsstelle und gibt eine konkrete Empfehlung für ihre
Ausgestaltung ab. Den Abschluss des Konzepts bildet in Kapitel 9 das
Ev aluationskonzept, anhand dessen die zu entw ickelnden Projekte und die
Koordinationsstelle selbst bew ertet w erden können.
9
TOPOS Stadtforschung
2. Theoretische Grundlagen lokaler
Gesundheitsförderung
2.1. Das erweiterte Verständnis von Gesundheit
Eine allgemein gültige Definition v on Gesundheit und Krankheit gibt es nicht. 1 In den
Gesundheitsw issenschaften w ird im Wesentlichen unterschieden zw ischen der an
der Entstehung v on Krankheit - der Pathogenese - orientierten biomedizinischen
Sicht und der salutogenetischen Sicht, bei der nicht die Entstehung v on
Krankheiten, sondern die Entstehung und den Erhalt v on Gesundheit im Zentrum
stehen. 2
Die epidemiologische Forschung hat die Bedeutung sozialer und psy chischer
Faktoren für die Gesundheit nachgew iesen. Das theoretische Fundament dazu
liefert die salutogenetischen Theorie des Medizinsoziologen Aaron Antonov sky 3.
Antonov sky stellt die Frage, w arum Menschen gesund bleiben über die Frage
nach den Ursachen v on Krankheiten und Risikofaktoren. Es geht ihm also primär
um die Bedingungen v on Gesundheit und Faktoren, w elche die Gesundheit
schützen und erhalten.
Der Übergang v on der pathogenetischen Betrachtung der Medizin zur salutogenetischen Betrachtung der interdisziplinären Gesundheitsw issenschaften ist ein
Paradigmenw echsel. Dadurch v erändert sich das Bild v on Gesundheit und
Gesundheitsförderung: Die Frage lautet nicht mehr „Was macht krank?“ sondern
„Wie bleibe ich gesund?“.
Dieser Paradigmenw echsel schlägt sich bereits in der WHO-Definition für
Gesundheit v on 1946 nieder. Danach ist Gesundheit der „Zustand v ölligen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur das Freisein v on
Krankheit und Gebrechen“ 4. Krankheit und Gesundheit bilden in dieser Betrachtung
ein Kontinuum. Die jew eilige Position des Menschen ist durch komplex e
Zusammenhänge zw ischen sozialer Lebenslage, psy chischen Persönlichkeitsmerkmalen und körperlichen Befindlichkeiten - seine „biopsy chosoziale
Gesamtbefindlichkeit“ 5 - bestimmt.
So v erstandene Gesundheit6
•
1
2
3
4
5
6
ist ein Prozess. Sie ist ein immer w ieder neu herzustellendes Gleichgew icht.
Das Gleichgew icht bestimmt sich aus Belastungen im Lebenslauf und den
dem Indiv iduum zur Verfügung stehenden phy sischen, psy chischen und
sozialen Ressourcen.
Gerber, U. / von Stünzner, W. (1999). In: Hurrelmann (1999): Gesundheitswissenschaften. S. 11
Gerber, U. / von Stünzner, W. (1999), S. 45
Seine beiden Hauptwerke dazu sind "Health, stress and coping: New perspectives on mental and
physical well-being" (1979) und "Unraveling the mystery of health. How people manage stress and
stay well" (1987). deutsch: "Salutogenese. Zur Entmystifizierung der Gesundheit", 1997
Gerber, U. / von Stünzner, W. (1999). S. 32
Schnabel, P.-E. / Hurrelmann, K. (1999). S. 100
Gerber, U. / von Stünzner, W. (1999). S. 39
10
TOPOS Stadtforschung
•
ist das Ergebnis mehrerer Faktoren und nicht monokausal.
•
hat eine subjektiv e Komponente.
Abbildung 2
Das Krankheits-Gesundheits-Kontinuum
Krankheit
⇔
Gesundheit
Belastungen
⇔
Ressourcen
Die Position auf dem Gesundheits-Krankheits-Kontinuum w ird also bestimmt durch
Belastungen und die Fähigkeit, damit umzugehen. Analog zu den Risikofaktoren
prägte Antonov sky in seinem salutogenetischen Modell den Begriff der „Protektiv faktoren“ 7, die das Indiv iduum in die Lage v ersetzen, Belastungen zu begegnen.
2.2. Das erweiterte Konzept der Gesundheitsförderung
Dieses erw eiterte Verständnis v on Gesundheit hat auch Folgen für die Ansätze
einer Interv ention. Zw ar w erden die Begriffe „Gesundheitsförderung“ und
„Präv ention“ häufig in einem Atemzug genannt, doch sind sie nicht sy nony m zu
v erw enden. Der Hauptunterschied besteht darin, dass es bei der Präv ention um
das Vermeiden v on Krankheiten und ihren Folgen geht, w ogegen die
Gesundheitsförderung darauf zielt, die gesundheitsrelev anten Ressourcen zu
stärken.
Bei der Prävention w ird zw ischen Primär-, Sekundär- und Tertiärpräv ention
unterschieden:
• Primärpräv ention:
gegebene Gesundheit erhalten (ganz überw iegend nicht-medizinisch)
• Sekundärpräv ention:
1. Bedeutung: biomedizinische Frühstadien erkennen (z.B. durch Screening)
und früh behandeln.
2. Bedeutung: Verhinderung des Rückfalls
• Tertiärpräv ention:
(w eites Konzept) Verhütung der Verschlimmerung einer manifesten Krankheit
und
(enges Konzept) Milderung der (sozialen) Funktionseinbußen (in erster Linie
Rehabilitation (medizinisch, beruflich, sozial))
7
Gerber, U. / von Stünzner, W. (1999). S. 33 und 45f
11
TOPOS Stadtforschung
Gesundheitsförderung zielt im Gegensatz darauf ab, die Menschen zu
befähigen, größeren Einfluss auf die Erhaltung und Verbesserung ihrer Gesundheit
zu nehmen. 8 In diesem Verständnis ist Gesundheit nicht das Ziel, sondern ein
„Mittel, um Indiv iduen zu befähigen, indiv iduelles und gesellschaftliches Leben
positiv zu gestalten“. 9
Dieses erw eiterte Leitbild w ar Grundlage der Ersten Internationalen Konferenz zur
Gesundheitsförderung in Ottaw a 1986. In der dort v erabschiedeten Charta heißt es:
„ Gesundheitsförderung zielt auf einen Prozess, allen Menschen ein
höheres Maß an Selbstbestimmung über ihre Gesundheit zu ermöglichen
und sie damit zur Stärkung ihrer Gesundheit zu befähigen.“ 10
Ziel einer „echten“ Gesundheitsförderung sind Programme und Maßnahmen, die
darauf ausgelegt sind, die Menschen in ihren psy chischen und phy sischen
Ressourcen so zu stärken, dass sie selbst aktiv für sich selbst und gesundheitsförderliche(re) Lebensbedingungen sorgen können11.
In der Prax is orientieren sich die Maßnahmen (bisher) w eitestgehend daran,
Verhaltensv eränderungen im Sinne einer Präv ention als Krankheits- oder Risikov ermeidung zu bew irken (z.B. Programme für Raucher oder Übergew ichtige).
Lediglich im Bereich Suchtpräv ention oder „Kinder stark machen“ finden sich
Ansätze der Gesundheitsförderung, die die gesamte Umw elt der Betroffenen mit
einbezieht. 12
Gesundheitsförderung ist gegenüber der Präv ention also der umfassendere Begriff.
Neben der Vermeidung v on Krankheiten zielt Gesundheitsförderung auf die
Entw icklung bzw . Stärkung indiv idueller und kollektiv er Gesundheitsressourcen.
Damit w ird die indiv iduelle Ebene der Präv ention v erlassen. In der Gesundheitsförderung w ird deshalb unterschieden zw ischen
•
Verhaltenspräv ention, die auf das indiv iduelle Gesundheitsv erhalten zielt und
•
Verhältnispräv ention, die auf den räumlich-sozialen Aspekt - die positiv e
Beeinflussung der Lebensumw elt („setting“) zielt.
8
9
10
11
12
Gerber, U. / von Stünzner, W. (1999). S. 52
Bengelmann, J. et al. (2001). S. 19
Gerber, U. / von Stünzner, W. (1999). S. 53
Blümel, S. (2005), S. 16
Gerber, U. / von Stünzner, W. (1999). In: Hurrelmann (1999): Gesundheitswissenschaften. S. 59
12
TOPOS Stadtforschung
Die beiden Dimensionen der Erw eiterung der Gesundheitsförderung gegenüber der
Präv ention sind in Abbildung 3 grafisch dargestellt.
Abbildung 3 Erweiterung der Gesundheitsförderung gegenüber der
Prävention
Nach: Rosenbrock / Gerlinger (2004), S. 69
Kontex t
(Setting)
Gesundheitsförderung
Ebene
Indiv iduum
Prävention
Belastungsminderung
Ressourcensteigerung
Aspekt
Neben der indiv iduellen Belastungsminderung w irkt Gesundheitsförderung auf
Gesundheit durch die
• Verbesserung psy chischer und phy sischer Möglichkeiten zur Bew ältigung v on
Belastungen,
• Vergrößerung indiv idueller Handlungsspielräume, um belastendes Verhaltens
zu überw inden und
• Stärkung v on Handlungskompetenz für die Veränderung v on Strukturen, die
entw eder die Gesundheit belasten und/oder gesundheitsbelastendes Verhalten
begünstigen.
2.3. Gesundheitsförderung im Setting Stadtteil
Für die Gesundheitsförderung ist der Stadtteil ein zentrales Setting. Es ist ein
Kontex t der Menschen, der Gesundheit positiv w ie negativ beeinflussen kann. Die
entsprechend gesundheitsfördernde soziale w ie phy sische (Um-)Gestaltung des
Umfeldes im räumlichen w ie sozialen Sinne ist eine originäre Aufgabe der
Gesundheitsförderung. Da dies das originäre Aufgabenspektrum des Quartiersmanagements überschreitet, bedarf es entsprechender Strukturen, w ie sie in den
folgenden Kapiteln v orgestellt w erden.
Die Möglichkeiten einer lokalen Gesundheitsförderung sind gegenüber der Breite
der Einflussfaktoren auf die Gesundheit naturgemäß begrenzt. So leuchtet es
unmittelbar ein, dass eine lokal agierende Institution zum Beispiel bei den psy chosomatischen Folgen der Arbeitslosigkeit zw ar etw as für die gesundheitlichen
Sy mptome, gegen die gesellschaftliche Ursache aber nur sehr w enig unternehmen
kann.
13
TOPOS Stadtforschung
Insgesamt ergeben sich folgende drei Dimensionen der Beeinflussung v on
Gesundheit, die das w eitere Vorgehen bestimmen:
Inhalte
Welche Bereiche die lokale Gesundheitsförderung zur
Veränderung des Gesundheitsbew usstseins bedienen kann, ist
im folgenden Kapitel 2.3.2 dargestellt. Als Gliederungsmerkmal
zieht sich das Themenspektrum sow ohl durch die Analy se als
auch durch die Empfehlungen.
Zielgruppen
Entlang des Alters, der Familiensituation und des Geschlechts
sow ie nach sozialen und kulturellen Merkmalen w erden die
Zielgruppen der Gesundheitsförderung bestimmt und in Kapitel 4
v orgestellt und analy siert.
Ansatzpunkte
Durch w elche Angebote und Strukturen die lokale Gesundheitsförderung umgesetzt w erden kann, ist Grundlage der
Handlungsempfehlungen (Kapitel 6) und des Konzepts der
Koordinationsstelle (Kapitel 8).
Dimensionen der lokalen Gesundheitsförderung
Wissen
Ernährung
Um
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Be
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An
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Senioren
tür kische Mädchen
Bewegung
un
kt
e
Ku
rs
junge Eltern
Bereiche
Abbildung 4
Zielgruppen
14
TOPOS Stadtforschung
2.3.1.
Ansatzpunkte lokaler Gesundheitsförderung
Das Quartiersmanagement und die v on ihm einzurichtende Koordinationsstelle sind
keine Einrichtungen, in denen direkte Gesundheitsförderung im Sinne v on Projekten
oder Maßnahmen durchgeführt w erden kann. Als Ansatzpunkte der Gesundheitsförderung auf lokaler Ebene stehen dem Quartiersmanagement im Wesentlichen
folgende Bereiche zur Verfügung:
•
Wissensv ermittlung
•
Bauliche Veränderungen
•
Aufbau eines Netzw erks für Gesundheit
•
Initiierung und Koordination v on Projekten
•
direkte und indirekte Finanzierung (Akquise v on Fördermitteln) v on Projekten
2.3.2.
Inhalte lokaler Gesundheitsförderung
Ziel der Gesundheitsförderung ist es, das Gesundheitsbew usstsein der
Gebietbev ölkerung zu v erbessern. Dies erfolgt über die im Folgenden v orgestellten
Inhalte.
a.)
Bewegung
Das Bedürfnis nach Bew egung ist bei jedem Menschen unterschiedlich und
v erändert sich sehr stark mit dem Alter und der aktuellen Lebenssituation. Es
genügt also nicht, ein ausreichendes und v ielfältiges Angebot an Sport- und
Bew egungsmöglichkeiten zu gestalten. Die Zielsetzung und inhaltliche Ausrichtung
der Angebote muss sich an den Wünschen und Bedürfnissen der jew eiligen
Zielgruppen orientieren, um angenommen und langfristig nachgefragt zu w erden.
b.)
Ernährung
Die Anforderungen einer gesunden Ernährung reichen besonders w eit in den Alltag
und den Lebensstil der Menschen hinein. Viele Aspekte w ie das
Angebotsspektrum bei den Lebensmittelhändlern, die eigene finanzielle Situation,
geschmackliche Vorlieben, teilw eise auch kulturelle Prägung spielen in diesem
Bereich eine Rolle. Lokale Beratungsangebote im Bereich Ernährung haben
gegenüber übergreifenden Ansätzen den Vorteil, dass sie diese v ielfältigen
Hintergrundbedingungen der lokalen Bev ölkerung berücksichtigen können.
c.)
Gesundheitliche Aufklärung
Je mehr ein Mensch über Gesundheit und die eigenen Möglichkeiten, diese positiv
zu beeinflussen w eiß, desto kompetenter w ird er im Umgang mit dem eigenen
Körper, mit Krankheit und Gesundheit oder medizinischem Fachpersonal/
Krankenkassen/ Einrichtungen. Auch hier spielt die bildungs- und kulturspezifische
Aufbereitung eine w ichtige Rolle, w as auf lokaler Ebene am besten zu bew ältigen
ist. Daneben können die lokalen Partner in die Gesundheitsförderung mit
einbezogen w erden.
15
TOPOS Stadtforschung
d.)
Vorsorge
Je früher Krankheiten erkannt w erden, desto effizienter sind ihre Behandlungsmöglichkeiten und Heilungschancen. In diesem Kontex t sind regelmäßige
Vorsorgeuntersuchungen für alle Altersgruppen w ichtig. Auf lokaler Ebene kann
deren Inanspruchnahme durch die Vermittlung v on Informationen über die
Möglichkeiten sow ie die Verbesserung der Akzeptanz unterstützt w erden.
e.)
Lebenskompetenz
Je besser sich die Menschen selbst kennen, sich w ertschätzen, das eigene Leben
und die sozialen Kontakte organisieren können und glauben, mit dem eigenen
Verhalten Dinge w ie die eigene Gesundheit beeinflussen zu können, desto eher
w erden sie v orhandenes Gesundheitsbew usstsein in Verhaltensw eisen umsetzen
können. Lebenskompetenzförderung umfasst die Stärkung aller psy cho-sozialen
Fähigkeiten, die einen Menschen dazu befähigen, die Anforderungen des Alltags
mit minimalem Stress zu bew ältigen, adäquat und fürsorglich mit sich selbst
umzugehen sow ie in Kontakt mit anderen Menschen zu treten und Beziehungen
aufrecht zu erhalten. Diese Förderung v on Kompetenzen und Kontakten geht über
die unmittelbare Gesundheitsförderung hinaus, berührt auf der anderen Seite jedoch
gerade v iele Aktiv itäten der lokalen Förderung. Hier ergeben sich in zahlreiche
Schnittstellen zu den bestehenden lokalen Angeboten, denen die Gesundheitsrelev anz ihrer Tätigkeit v ermittelt w erden sollte.
16
TOPOS Stadtforschung
Teil I - Analyse
3. Rahmenbedingungen im QM-Gebiet
Schillerpromenade
3.1. Lage und verkehrstechnische Anbindung
Das knapp 100 Hektar große QM-Gebiet Schillerpromenade ist ein geschlossenes
Wohngebiet im Norden Neuköllns, das zu allen Seiten durch massiv e
stadträumliche Barrieren begrenzt w ird. Im Norden und Osten sind dies die v iel
befahrene Flughafenstraße und Hermannstraße, im Süden der S-Bahn-Ring und im
Westen das Gelände des Flughafens Tempelhof.
Die Verkehrsanbindung ist durch die zentrale Lage sehr gut. Aufgrund der Insellage
ist das Gebiet nach innen abgeschlossen und v ergleichsw eise ruhig. Es gibt
keinen direkten Durchgangsv erkehr, allerdings nutzen einige Autofahrer w ährend
der Stoßzeiten das Wohngebiet als Ausw eichstrecke zur Hermannstraße.
Im Südw esten des Gebietes befinden sich in direkter Nähe zum Flughafengelände
ausgedehnte Sportflächen (Stadion Neukölln, Hockey platz) sow ie das Neuköllner
Eisstadion. Im nördlichen Bereich der Oderstraße liegen w eitere Sportflächen.
Unw eit des Wohngebietes liegt im Norden der Volkspark Hasenheide und das
Sommerbad Neukölln, außerdem gibt es in der näheren Umgebung mehrere
Kinos, die Neuköllner Oper sow ie ein v ielfältiges Versorgungsangebot am
Hermannplatz und entlang der Hermannstraße.
3.2. Bauliche Struktur und Straßenbild
Die Schillerpromenade w urde um 1900 als einheitlich geplantes bürgerliches
Stadtquartier errichtet mit dem Ziel, einkommensstärkere Bürger nach Rix dorf zu
ziehen. Dieses Ansinnen sieht man noch heute an den teilw eise sehr aufw ändig
gestaltete Fassaden, den Treppenhauseingängen mit alte Wandfliesen und
Stuckv erzierungen im Jugendstil sow ie den Balkonen an v ielen Häusern.
Das Gebiet ist insgesamt sehr dicht bebaut, die Bausubstanz besteht großenteils
aus gründerzeitlicher Blockrandbebauung. Im w estlichen Teil des Wohnquartiers
entlang der Oderstraße befinden sich v ier aufgelockerte Wohnblöcke, die nicht dem
klassischen Bild der Berliner Gründerzeithäuser entsprechen (Reformbauten).
Die 50m breite Schillerpromenade mit dem runden Herrfurthplatz um die
Genezarethkirche bildet die zentrale Achse des nördlichen Teils des Wohngebietes.
In der Mitte der Schillerpromenade befindet sich ein breiter Grünzug als
Flaniermeile mit Spielplätzen, Bäumen und Sitzmöglichkeiten. Durch die Friedhöfe
abgegrenzt liegen die Warthe- und Emserstraße im südlichen Teil allerdings isoliert.
Hier nimmt der Wartheplatz die Funktion eines Straßenplatzes mit Aufenthaltsqualität
ein.
17
TOPOS Stadtforschung
Das Straßenbild und die Ausstattung des öffentlichen Raums haben sich aufgrund
der inv estiv en Maßnahmen im Rahmen des Quartiersmanagements in den letzten
Jahren stark v erbessert. So w urden beispielsw eise alle Spielplätze sow ie die
Schillerpromenade neu gestaltet, w as die Aufenthaltsqualität deutlich gesteigert hat.
3.3. Infrastruktur
3.3.1.
Grün- und Freiflächenversorgung
Das QM-Gebiet Schillerpromenade v erfügt über keine größeren öffentlichen Grünund Freiflächen, die sich für Bew egungsport w ie Joggen oder Fahrradfahren
eignen. Die Ausstattung mit Spielplätzen und attraktiv en öffentlichen Flächen im
Bereich der Schillerpromenade und des Wartheplatzes ist aber für ein
innerstädtisches Quartier als gut zu bezeichnen und stellt ein erhebliches Potential
für den Aufenthalt im öffentlichen Raum dar. Allerdings zeigt die Analy se, dass
aufgrund der engen Bebauung und damit v erbundenen Bev ölkerungsdichte ein
erheblicher Nutzungsdruck auf den Flächen lastet. In der Folge kommt es zu
Nutzungskonkurrenzen um den öffentlichen Raum, w obei v .a. die schw ächeren
Nutzergruppen w ie Kinder und Senioren „abgeschreckt“ w erden.
Das nahe Flugfeld des Flughafens Tempelhof und die Friedhöfe zw ischen der
Leine- und der Emser Straße dienen zw ar als Frischluftschneise, stehen bisher
aber nicht für einen freizeit- und bew egungsorientierten Aufenthalt zur Verfügung.
Allerdings bieten sow ohl die Friedhofsflächen als auch das knapp 450 ha große
Flugfeld ein enormes Potential für das Quartier, da beide in den nächsten Jahren
anderen Nutzungen zugeführt w erden. Das QM hat bereits Entw ürfe für eine
Umnutzung der Friedhofsflächen als Grünflächen für den Freizeitgebrauch
anfertigen lassen, die einen deutlichen Beitrag zu einer besseren
Freiflächenv ersorgung leisten w ürden. Auch bei den Planungen zur Umnutzung
des Flughafengeländes sollten die Bedürfnisse der umliegenden Bew ohner
berücksichtigt w erden und ein Teil der Fläche zu einer innerstädtischen Grün- und
Erholungszone umgestaltet w erden.
Zum jetzigen Zeitpunkt kommt der Hasenheide als größter zusammenhängender
Grünfläche in nächster Nähe eine besondere Bedeutung zu. Allerdings ist sie
aufgrund ihres Images für v iele Menschen (v .a. für die „schw ächeren Nutzer“ des
öffentlichen Raumes, also Mütter mit Kleinkindern, Mädchen sow ie Senioren)
angstbesetzt und w ird daher v on diesen Gruppen gemieden oder nur in Gruppen
besucht. Einige Eltern v erbieten ihren Kindern sogar, sich dort aufzuhalten.
Die neu gestalteten Grünflächen südlich des S-Bahnhofes Hermannstraße, die sich
über den Autobahntunnel erstrecken (Carl-Weder-Park) sind derzeit offensichtlich
noch nicht im Blickw inkel der Bew ohner des Gebiets Schillerpromenade. Weder
v on den Ex perten, noch v on den Eltern w urde dieser Ort als möglicher
Aufenthaltsort genannt.
18
TOPOS Stadtforschung
3.3.2.
Zustand öffentlicher Raum und Nutzungskonkurrenzen
Aufgrund der Neugestaltung sow ie mehrerer Projekte und Aktionen durch das QM
w urde das Straßenbild in den letzten Jahren deutlich aufgew ertet. Allerdings ist die
Verschmutzung der Straßen und Plätze durch Hundekot und Müll immer w ieder ein
Thema der Beschw erde für die Bew ohner.
In den Ex pertengesprächen w urde dieses Thema v .a. v on den Akteuren genannt,
die mit kleinen Kindern und deren Eltern arbeiten. Für diese Gruppe sind Sicherheit
und Sauberkeit zentrale Ansprüche an ihre Wohnumgebung. Erfüllt ein Ort diese
Kriterien nicht, w ird er v on den Eltern und den Betreuern der Kitas gemieden.
Für Eltern v on Kleinkindern hat auch das Thema der Nutzungskonkurrenzen im
öffentlichen Raum eine große Bedeutung. Diese ergeben sich aufgrund der
Unterausstattung mit Aufenthaltsmöglichkeiten für die unterschiedlichen
Bew ohnergruppen und ihre jew eiligen Bedürfnisse zw angsläufig. Als belastend
w erden v .a. Erw achsene w ahrgenommen, die im öffentlichen Raum Alkohol
trinken und Müll und Glasscherben hinterlassen. Dies w ird v .a. zum Problem,
w enn dadurch die Spielplätze „besetzt“ w erden. Aber auch Jugendliche, die in
Gruppen auftreten und möglicherw eise Lärm machen und Bew ohner anpöbeln,
führen zu Vermeidungsv erhalten bei den „schw ächeren“ Gruppen.
Die befragten Ex perten äußerten zudem, dass auch Senioren oder Menschen mit
Behinderungen sich durch andere Nutzergruppen belästigt fühlen und ein teilw eise
starkes subjektiv es Unsicherheitsempfinden bei diesen Gruppen zu Vermeidungsv erhalten und Rückzug führt.
3.3.3.
Verkehr
Die durch die innerstädtische Lage bedingten Faktoren w ie Verkehr, Lärm und
Abgase w erden v .a. v on den Familien mit Kleinkindern als Belastung empfunden.
Hier w ird zum einen das hohe Verkehrsaufkommen und die damit einhergehende
Gefahr auf den Straßen nördlich und östlich des Wohngebietes genannt. Die
Flughafen- und die Hermannstraße bilden dadurch stadträumliche Barrieren, die
den Besuch der Hasenheide oder des Körnerkiezes v .a. für die „schw achen“
Nutzergruppen erschw eren. Des Weiteren w ird bemängelt, dass Autofahrer
innerhalb des Wohngebietes die Geschw indigkeitsbegrenzungen missachten, w as
nicht nur zu Lärmbelästigung führt, sondern für Kinder und Senioren eine reale
Gefahr darstellt.
Ein w eiterer Belastungsfaktor ist der Flugv erkehr des nahe gelegenen Flughafens
Tempelhof. Da das QM-Gebiet Schillerpromenade direkt in der Einflugschneise
liegt, fliegen tagsüber ständig Flugzeuge in geringer Höhe über die Häuser, w as zu
massiv er Lärm- und Luftbelastung führt13.
13
Im Jahr 2005 gab es laut Jahresverkehrsstatistik des Flughafens Tempelhof über 34.600
Flugzeugbewegungen mit insgesamt 545.600 Passagieren. Das macht im Durchschnitt fast 100
Flugzeugbewegungen pro Tag (http://www.berlin-airport.de/PubDeutsch/PubTempelhof/PubDaten
FaktenTHF/PubVerkehrsstatistikTHF/ mntl/2005/12.html).
19
TOPOS Stadtforschung
3.3.4.
Spiel- und Sportmöglichkeiten
Im QM-Gebiet Schillerpromenade gibt es eine Reihe v on Spielplätzen (v gl.
Abbildung 5). Da diese recht gleichmäßig über das Wohngebiet v erteilt sind, haben
alle hier w ohnenden Familien einen Spielplatz in direkter Wohnungsnähe. Die
Ausstattung und Gestaltung der Spielplätze ist sehr gut, w as auf die
Aufw ertungsmaßnahmen durch das Quartiersmanagement-Büro in den letzten
Jahren zurückgeht.
Abbildung 5
Quartiersanalyse QM-Gebiet Schillerpromenade
20
TOPOS Stadtforschung
Die Möglichkeiten, sich im öffentlichen Raum sportlich zu betätigen sind hingegen
eingeschränkt. Auch bedienen die bestehenden Angebote stärker die Interessen
v on Jungen als v on Mädchen. Die Fußball-Käfige in der Kienitzer Straße und auf
dem Wartheplatz w erden hauptsächlich v on den männlichen Bew ohnern des
Gebietes genutzt. Auf der Schillerpromenade selbst ex istieren ein Bereich mit
Tischtennisplatten und ein Basketballkorb. Ein w eiteres Basketballfeld befindet sich
auf dem Gelände des Interkulturellen Elternzentrums an der Oderstraße. Durch den
Bau des neuen Jugendclubs an der Oderstraße w erden in den kommenden
Monaten neue Sport- und Bew egungsangebote für Jugendliche entstehen
(Beachv olley ballfeld und Kletterfelsen).
Neben den frei zugänglichen Flächen im öffentlichen Raum gibt es noch eine Reihe
w eiterer Angebote für Bew egung und Sport. Diese w erden allerdings bisher v on
den Gebietsbew ohnern nur w enig genutzt bzw . sind aufgrund v on
Zugangsbarrieren (Vereinsmitgliedschaft, Leistungsorientierung, Eintrittsgelder) für
die Bew ohner nicht einfach zugänglich. So liegt am südlichen Ende der Oderstraße
der Sportpark Neukölln, w elcher über ausgedehnte Flächen v erfügt (mehrere
Fußballplätze, ein Hockey platz), direkt daneben liegt außerdem das Neuköllner
Eisstadion. Am nördlichen Ende der Oderstraße befinden sich w eitere Sportflächen
sow ie das Sommerbad Neukölln.
3.3.5.
Sportvereine
Der SV Tasmania-Gropiusstadt 73 e.V., der im Sportpark Neukölln an der
südlichen Oderstraße das Hausrecht hat, ist der einzige Sportv erein, der seinen
Sitz im QM-Gebiet Schillerpromenade hat. Aufgrund der Größe und der Qualität der
hier zur Verfügung stehenden Sportflächen ist das Gelände als besonderes
Potential für das Quartier und seine Bew ohner zu bew erten. Dies gab auch
Ausschlag für das nachträgliche Einbeziehen des kompletten Sportgeländes in das
Quartiersmanagement-Gebiet v or einigen Jahren.
Der Verein unternimmt (bisher) allerdings keine Anstrengungen, sich in das Quartier
hinein zu bew egen. Das Interesse des Vereins liegt eher auf leistungsorientierter
Sportarbeit als auf Breitensport orientierter Jugend- und Sozialarbeit für den Stadtteil.
Das QM-Büro hat in der Vergangenheit v ersucht, einen Austausch anzuregen, w as
aber bisher noch nicht zu einer Kooperation geführt hat. Von Seiten der
Jugendleitung des Vereins w urde in einem Gespräch geäüßert, dass der Verein
selbst keine Kapazitäten hat, eigene Projekte außerhalb ihres bestehenden
Angebotsspektrums anzuschieben. Alle Trainer und Mitarbeiter sind ehrenamtlich
tätig und mit den ihnen anv ertrauten Aufgaben bereits ausgelastet. Kinder und
Jugendliche aus dem Kiez sind w illkommen, am leistungsorientierten Sichtungstraining teilzunehmen. Eine allgemeine breitensportliche Förderung aller
interessierten Kinder ist nicht Bestandteil der Jugendarbeit dieses Vereins.
Vom Verein w urde allerdings Offenheit signalisiert, die Sportflächen für ex terne
Projekte zur Verfügung zu stellen, w enn finanzielle Unterstützung für die Trainer
bzw . Übungsleiter gegeben w äre. Um Sport- und Bew egungsangebote auch im
Sinne einer Lebenskompetenzförderung zu gestalten, ist es aber üblicherw eise
ohnehin notw endig, entsprechend geschultes bzw . sensibilisiertes Personal
21
TOPOS Stadtforschung
einzusetzen. Daher bietet es sich an, hierfür nicht auf die leistungsorientierten
Trainer v on Tasmania zurückgreifen, sondern speziell geschultes Personal
einzusetzen.
Für Nutzungen neben dem Vereinsbetrieb v on Tasmania ist derzeit allerdings
kaum Platz. Nach Auskunft des Sportamtes bestehen in den attraktiv en Zeiten
nach 16 Uhr keine Lücken. Vor 16 Uhr sind teilw eise noch Zeiten frei, diese sind
allerdings aufgrund der Schulzeiten häufig nicht relev ant für Kinder und
Jugendliche. Dennoch ist es z.B. Outreach gelungen, mit Tasmania und dem
Sportamt Absprachen für Zeiten an den Samstagabenden zu treffen. Grundsätzlich
läuft das Procedere w ie folgend ab: potentielle Interessenten melden ihr Bedürfnisse
und konkreten Zeitw ünsche beim Sportamt an. Dieses ermittelt daraufhin, ob
möglicherw eise noch Zeiten frei sind oder Kompromisse geschlossen w erden
können. Wichtig ist hier allerdings die konkrete Vorstellung über Art und Zeit der
Nutzung im Vorfeld.
Die anderen Sportflächen an der Oderstraße (Jahnsportplatz) w erden v on Schulen
und dem türkischen Verein BSV Hürtürkel e.V. genutzt. Auch mit diesem Verein hat
das QM schon Gespräche geführt. Allerdings hat der Verein seinen Sitz in
Kreuzberg und nutzt nur die Sportflächen. Auch hier erfolgt die Vergabe der
Platzzeiten über das Bezirksamt.
3.4. Das Netzwerk der lokalen Akteure
Im Gebiet um die Schillerpromenade ist eine Vielzahl v on Institutionen, Vereinen
und Initiativ en aktiv . Dies sind einerseits die Kitas, Schulen und
Jugendeinrichtungen, andererseits die Institutionen der sozialen Infrastruktur –
sow ohl die mit direkter Gesundheitsrelev anz (z.B. Kinder- und
Jugendgesundheitsdienst) als auch die zahlreichen Einrichtungen mit indirekter
Relev anz für das Thema Gesundheit, die aber v .a. den Zugang zu den
Zielgruppen gew ähren (z.B. die interkulturellen Vereine des Quartiers).
3.4.1.
Engagement der Akteure und begrenzte Ressourcen
Die meisten Mitarbeiter in den Vereinen und Institutionen v or Ort sind überaus
engagiert und setzen sich w eit über ihren direkten Aufgabenbereich hinaus für ihre
Zielgruppe ein. So sind sie häufig nach offiziellem Dienstschluss noch damit
beschäftigt, Projektanträge zu schreiben oder die Eltern der v on ihnen betreuten
Kinder zu beraten. Die Akteure haben selbst eine Vielzahl v on guten Projektideen,
deren Umsetzung allerdings schw er fällt, da die meisten am Rande ihrer
Ressourcen arbeiten und sich die Mitarbeiter zunächst auf Bestehendes und
Drängendes konzentrieren müssen.
Bei allen Akteuren besteht großes Interesse, in ihrer Zielgruppe eine gesunde
Lebensw eise zu fördern (z.B. Kochen mit Jugendlichen, Bew egungsangebote für
Mütter etc), w eshalb bereits v iele Initiativ en in diese Richtung gehen. Aufgrund der
(Über)Auslastung der personellen Ressourcen müssten diese Bemühungen
allerdings noch stärker unterstützt w erden. Da die Mitarbeiter der lokalen
22
TOPOS Stadtforschung
Institutionen keine Gesundheitsex perten sind, ist zunächst der Einsatz v on
ex ternen Ex perten sinnv oll. Nachhaltiger w äre aber gleichzeitig eine qualifizierte
Schulung der Akteure zu unterschiedlichen Gesundheitsthemen, damit diese
zusätzlich erw orbenes Wissen und Informationen in die alltägliche Arbeit mit den
Zielgruppen einbringen können.
3.4.2.
Vernetzung der Akteure innerhalb des Quartiers
Die meisten Akteure betonten, dass sie sich durch die Kiez-AG und das
Quartiersmanagement gut in den lokalen Kontex t integriert fühlen und dadurch
grundsätzlich das Gefühl haben, über die Aktiv itäten im Gebiet informiert zu sein.
Wichtig ist den meisten, dass sie die anderen Akteure kennen und w issen, „w en
man anrufen kann“, w enn mehr Austausch gew ünscht w ird.
Die Bedeutung des Quartiersmanagements und der Kiez-AG als „Netzw erkknoten“
w ird deutlich, w enn man bedenkt, dass die meisten Akteure v ornehmlich mit den
Institutionen, die sich mit der gleichen Zielgruppe beschäftigen, in intensiv em
Austausch stehen. Enge Kontakte zw ischen Institutionen mit unterschiedlicher
Zielgruppe bestehen hingegen w eniger. So haben besonders die großen Kitas, die
Schulen sow ie die Kinder- und Jugendeinrichtungen enge Kontakte untereinander
(die Eltern-Initiativ -Kitas hingegen sind w eniger eng in das lokale Netzw erk
eingebunden).
3.4.3.
Kinder- und Jugendbereich
Im Gesundheitsbereich ist für die Akteure, die mit Kindern arbeiten, neben den
kooperierenden Ergotherapie- und Logopädieprax en v .a. der Kinder- und
Jugendgesundheitsdienst (KJGD) ein w ichtiger Ansprechpartner. Da dieser
allerdings aus der nahe gelegenen Werbellinstraße w egziehen w ird, ist derzeit
noch nicht abzuschätzen, inw iefern der Kontakt und die Abstimmung mit dem
Dienst in Zukunft erschw ert w erden. Daher ist es besonders w ichtig, dass der
Dienst den Bereich der aufsuchenden Arbeit bei bereits bestehenden Kontakten
beibehält und darüber hinaus zu w eiteren Akteuren ausbaut.
Besonders w enn Jugendliche Probleme haben, ist ein intensiv er Austausch der
div ersen zuständigen Stellen erforderlich. Durch den Zusammenschluss der
Untergruppe Jugend der Kiez-AG v ersuchen die Beteiligten bereits, ihre
Ressourcen abzustimmen und sich auszutauschen, um besser auf die spezifische
Situation der Jugendlichen im Gebiet eingehen zu können. Für die Sozialarbeit der
Oberschule gew ährleistet ein enges Netz an Kooperationspartnern, dass
Jugendliche mit Unterstützungsbedarf schnell und v ertrauensv oll an andere Stellen
v ermittelt w erden können.
Ein Projekt, das für eine fruchtbare Zusammenarbeit der lokalen Akteuren mit
unterschiedlicher Zielgruppe steht, ist das Projekt „Löw entow er“, w elches v on der
Kurt-Löw enstein-Schule, dem Kinderclubhaus „Am Tow er“ und der GenezarethGemeinde ins Leben gerufen w urde. Unter dem Motto „Aus dem Kiez – für den
Kiez“ sollen Jugendliche und ältere Bew ohner sich kennen lernen, um anzuregen,
23
TOPOS Stadtforschung
dass Jugendliche Hilfeleistungen für Senioren übernehmen und dadurch soziale
und handw erkliche Kompetenzen erw erben können.
Der Kontakt zu den Eltern des Gebietes unterscheidet sich sehr stark nach der
Altersgruppe der Kinder. So berichten die Kita-Mitarbeiterinnen v on einem
v ergleichsw eise intensiv en Kontakt zu den Eltern, der z.T. als sehr v ertrauensv oll
beschrieben w ird. Diejenigen, die mit älteren Jugendlichen arbeiten, haben
allerdings nur selten intensiv eren Kontakt zu den Eltern, v ielfach fehlt jeglicher
Kontakt, w as sich v .a. als Problem darstellt, w enn die Jugendlichen
Schw ierigkeiten haben (z.B. in der Schule). Offene Ablehnung stellt für die
Mitarbeiterinnen der Mädchencafés im eine Herausforderung dar: manche Eltern
lehnen die Einrichtungen stark ab und möchten nicht, dass sich ihre Töchter hier
aufhalten.
3.4.4.
Migranten im Netzwerk
Wichtige Netzw erkpartner innerhalb eines Quartiers mit einem hohen
Migrantenanteil sind die lokalen interkulturellen Vereine und Initiativ en. Allerdings
sind die Bew ohner mit Migrationshintergrund nur zum Teil durch eigene
Kulturv ereine o.ä. repräsentiert. So ex istieren eine sehr aktiv e Einrichtung für
Frauen aus der Türkei und ein polnischer Kulturv erein. Auch die Bew ohner mit
arabischem Hintergrund sind durch einen Verein v ertreten. Es fällt auf, dass die
v ergleichsw eise große Gruppe der Personen aus dem ehemaligen Jugoslaw ien
nicht durch eine eigene Einrichtung v ertreten ist.
Von den Vereinen und Institutionen für Bew ohner mit Migrationshintergrund pflegt
nur die Beratungsstelle für Frauen aus der Türkei UGRAK sehr gute Kontakte zu
anderen Akteuren. Die Vereine der anderen Gruppen sind offensichtlich w eniger gut
in das lokale Netzw erk eingebunden.
3.4.5.
Lücken im lokalen Netzwerk
Andere Akteure, die statt eines lokalen Einzugsgebietes eher Nutzer aus ganz
Berlin haben, konzentrieren sich in ihrem Handlungsfeld w eniger auf den Stadtteil
und haben daher auch eine geringere Vernetzung mit anderen lokalen Akteuren.
Sie sind allerdings in andere Netzw erke aus ihrem Interessenskreis eingebunden,
die sich häufig über den Bezirk hinw eg Berlin- oder Deutschlandw eit orientieren. Zu
nennen ist hier z.B. das Netzw erk behinderter Frauen.
Daneben sind w ichtige Akteure v or Ort bisher kaum oder gar nicht in das lokale
Netzw erk integriert. Hier ist v .a. der Sportv erein SV Tasmania-Gropiusstadt 73
e.V. zu nennen, zu dem kaum eine Institution aus dem Quartier Kontakt hat. Es
w ird mehrfach v on Seiten der Kinder- und Jugendarbeit formuliert, dass hier der
Kontakt hergestellt und intensiv iert w erden sollte, da der Verein und der Sportpark
Neukölln ein großes Potential für das Gebiet sind.
Es gibt zw ar eine Beratungsstelle für illegale Drogen, die auch in der Kiez-AG
präsent ist, allerdings ex istiert im Neuköllner Norden keine Alkoholberatungsstelle,
so dass dieser Bereich innerhalb des Netzw erkes nicht besetzt ist. Dies ist
besonders brisant, da im Gebiet Alkoholprobleme sehr präsent sind.
24
TOPOS Stadtforschung
Eine Institution, die aufgrund ihrer Angebote eine sehr große Bedeutung für das
Quartier haben könnte, ist leider nicht in das lokale Netzw erk integriert: die
Neuköllner Volkshochschule. Diese hat ihren Sitz in der Boddinstraße, hält die
Kurse aber üblicherw eise über den ganzen Bezirk v erteilt in angemieteten
Räumlichkeiten ab. Im Gebiet Schillerpromenade bietet die VHS Kurse in den
Räumen der Carl-Legien-Schule in der Leinestraße an. Das Angebot in den
Bereichen Gesundheit, Psy chologie und Pädagogik ist sehr v ielfältig, außerdem
gibt es eine Reihe v on w eiteren interessanten Angeboten w ie Deutsch als
Fremdsprache, Computerkurse etc. Allerdings erricht die VHS gerade bildungsferne
Schichten und Personen mit Migrationshintergrund nur sehr schw er.
3.5. Fazit: Potentiale und Defizite im Gebiet
3.5.1.
Der öffentliche Raum
Das Quartiersmanagement-Gebiet Schillerpromenade ist ein hochv erdichtetes
Wohngebiet, das für ein innerstädtisches Gebiet sehr gut mit attraktiv en Spiel- und
Aufenthaltsflächen ausgestattet ist. Allerdings kommt es immer w ieder zu
Nutzungskonkurrenzen und zur Übernutzung der Angebote. Zusammen mit den
Belastungen der innerstädtischen Lage v erschlechtert dies die Möglichkeiten eines
gesundheits- und bew egungsorientierten Alltagsv erhaltens.
Das Gebiet ist trotz der innenstädtischen Lage ein v ergleichsw eise ruhiges
Wohngebiet, da es über keine Durchgangsw ege v erfügt, w as v erkehrstechnisch
eine innere Geschlossenheit bew irkt. Es ist zw ar sehr dicht bebaut, kann aufgrund
des ansprechenden Straßenbildes und der neu gestalteten Freiflächen (z.B.
Schillerpromenade als Flaniermeile) und Spielplätze aber als attraktiv es
Wohngebiet bezeichnet w erden.
Trotz der bereits v orhandenen und zu großen Teilen neu gestalteten Flächen
besteht ein Mangel an w eiträumigen Bew egungsräumen, der allerdings durch die
Nähe der Hasenheide kompensiert w ird. Diese w ird allerdings v on v ielen
Bew ohnern des Quartiers nicht oder nur selten genutzt w ird, da sie ein
angstbesetzter Ort ist. Hier besteht Bedarf, ein anderes Bild der Hasenheide zu
v ermitteln, damit sie auch v on denjenigen, die sie aufgrund ihres negativ en Images
w enig oder gar nicht nutzen, w ieder v erstärkt „erobert“ w ird.
Ein Problem des Gebietes ist die Verunreinigung des öffentlichen Raumes (Müll
und Hundekot), w as v .a. v on Senioren und Familien mit Kleinkindern negativ
w ahrgenommen w ird. Auch die sich aus der dichten Bebauung und der hohen
Bew ohnerdichte ergebenden Nutzungskonkurrenzen w erden besonders v on den
schw ächeren Nutzern negativ erlebt und äußern sich v ielfach in einem subjektiv en
Unsicherheitsgefühl, w as zur Vermeidung bestimmter Orte und teilw eise sogar
zum Rückzug aus dem öffentlichen Raum führt.
Ein w eiteres freiräumliches Potential des Quartiers ist die Oderstraße, die sich als
Nord-Süd-Achse entlang des Flughafens erstreckt. Hier befinden sich an beiden
Enden ausgedehnte Sportflächen, im südlichen Teil außerdem das Kinderclubhaus
25
TOPOS Stadtforschung
„Am Tow er“ und das Interkulturelle Elternzentrum. Gegenüber w ird derzeit der
neue Jugendclub gebaut. Die Oderstraße selbst ist nur w enig befahren, w eil sie
keine Durchgangsv erbindung darstellt. Sie ist eine „ruhige Achse“, die gerne v on
Radfahrern und Spaziergängern mit Hunden genutzt w ird. Damit hat sie schon
heute eine hohe Bedeutung als Freizeit- und Sportachse, die durch die Eröffnung
des Jugendclubs w eiter zunehmen w ird.
Des Weiteren liegen hier ausgedehnte Friedhofsflächen, die in den nächsten Jahren
v on der zuständigen Kirche aufgegeben w erden sollen. Hier liegt ein großes
Potential, w eitere attraktiv e Freiräume für die Bew ohner zu erschließen. Es ist zu
erw arten, dass die Attraktiv ität des Quartiers insgesamt und im Besonderen der
w estlichen Seite mit der Oderstraße w eiter zunimmt, w enn der Flugbetrieb des
Flughafens Tempelhof eingestellt w ird und das etw a 450 ha große Areal umgenutzt
w ird.
Das größte unausgeschöpfte Potential für das Quartier, w as es unbedingt zu
erschließen gilt, liegt in den Flächen des Sportparks Neukölln. Von dem
zuständigen Verein Tasmania w urde in Gesprächen signalisiert, dass eine
Nutzung der Flächen prinzipiell möglich ist, der Verein selbst aber keine neuen
Projekte für die Bew ohner des Quartiers anschieben kann. Diese Möglichkeiten
sollten durch Projekte unbedingt v erstärkt genutzt w erden.
3.5.2.
Netzwerk
Um das lokale Netzw erk der Gesundheitsförderung zu stärken und die
gesammelten Ressourcen v or Ort zu bündeln, sollte zunächst der Kontakt zu den
interessierten relev anten Akteuren gehalten und intensiv iert w erden. Außerdem
sollen diejenigen, die bisher nur unzureichende Kontakte im Quartier haben,
v erstärkt in den Austausch einbezogen w erden und mögliche w eitere
gesundheitsrelev ante Akteure gew onnen und zumindest lose in ein lokales
Netzw erk eingebunden w erden (z.B. entsprechende Stellen im Bezirksamt, der
Senatsv erw altung, Krankenkassen, Stiftungen etc.).
Da v on mehreren Akteuren angemerkt w ird, dass sie aufgrund personeller
Engpässe keine Zeit für zusätzliche Treffen und ein Engagement im lokalen
Netzw erk haben, müssen die Akteure dav on überzeugt w erden, dass auch bei
minimalem Mehraufw and ein Mehrw ert für ihre Arbeit spürbar ist (z.B. durch 23monatige Teilnahme an Treffen oder Informationsw eiterleitung per Telefon oder
Internet). Um die Akteure dauerhaft zu erreichen, ist es grundsätzlich notw endig,
dass sie sich mit der übergeordneten Zielsetzung identifizieren können. Hierfür
bestehen im Quartier sehr gute Grundlagen: v iele Akteure sind schon über die
Kiez-AG v ernetzt, die Kontakte untereinander sind gut und das Thema Gesundheit
als Querschnittsthema berührt v iele Arbeitsfelder v or Ort.
Die Untersuchung v on unterschiedlichen Netzw erken hat gezeigt, dass ein
reibungsloser Arbeitsablauf nur garantiert ist, w enn die Aktiv itäten des Netzw erkes
durch eine zentrale Stelle koordiniert und moderiert w erden. Auch ist eine gute
Informationsbündelung und –w eiterleitung unabdingbar (über New sletter,
26
TOPOS Stadtforschung
Homepage, Aushang), um die Akteure dauerhaft übereinander zu informieren und
sie zu eigener Beteiligung zu motiv ieren.
Dringend notw endig sind neben der Festigung der Kontakte, die bereits bestehen
auch die Kontaktaufnahme und die Abstimmung mit den Institutionen, die bisher
kaum in den lokalen Kontex t integriert sind. Allen v oran ist hier der Sportv erein
Tasmania zu nennen. Da ein Großteil der Sportförderung über ehrenamtlich
arbeitende Mitarbeiter organisiert w ird, müssen hier personelle Unterstützungen
angeboten w erden, damit ein erw eitertes Angebot für Kinder und Jugendliche, aber
auch die Erw achsenen des Gebiets aufgebaut w erden kann.
Wichtig ist auch eine Intensiv ierung der Kontakte zu den Migrantenv ereinen v or
Ort. Die Gruppen, die noch nicht durch eigene Initiativ en repräsentiert w erden,
sollten außerdem bei der Neugründung gefördert w erden (z.B. durch Unterstützung
bei der Raumsuche).
Die Initiativ en, die bisher w enig lokal agieren, sollten besser in das Netzw erk
integriert w erden. Sie sind sow ohl aufgrund ihrer Arbeitsinhalte als auch der
Kontakte, die sie selbst „nach außen“ haben, interessant für die Gesundheitsförderung im Gebiet (z.B. Netzw erk behinderter Frauen, RuT).
Auch die Ärzte und Apotheken, die bisher kaum in das Netzw erk eingebunden
sind, könnten über Informationsw eiterleitung und gemeinsame Aktionen erreicht
w erden, z.B. Aktionen zu Vorsorge-Themen o.ä.
Die Volkshochschule v erfolgt bisher keinen sozialräumlichen Ansatz. Daher ist sie
lokal kaum präsent, obw ohl sie eine Reihe v on Kursen in der Carl-Legien-Schule
anbietet. Sie sollte in Zukunft dringend enger in die Kontakte zu den Akteuren in
Quartier eingebunden w erden. So lassen sich einerseits die Bedarfe der Bew ohner
an die VHS v ermitteln, die dann ihr Angebot darauf abstimmen kann. Diese
w iederum sollte für den Besuch der Kurse auch stärker v or Ort w erben, z.B. über
die Vereine. Außerdem könnte die VHS in Zusammenarbeit mit den Vereinen und
Initiativ en v or Ort Kurse anbieten, um sich erst einmal der Klientel v orzustellen. Die
VHS Neukölln hat seit Jahren eine enge Kooperation mit dem griechischen Frauenund Familienzentrum To Spiti im Nachbarquartier. In diesem Rahmen w erden
Kurse für Griechen, Deutsche und andere Interessierte angeboten, die stark auf die
griechische Kultur eingehen, z.B. durch Angebote zu griechischen Tänzen. Diese
Form der Kooperation könnte man auch auf das Gebiet Schillerpromenade
ausbauen.
27
TOPOS Stadtforschung
4. Analyse der Zielgruppen und ihrer
Gesundheitsförderungs-Bedarfe
Das folgende Kapitel stellt die Ergebnisse der Analy se v or. Zunächst w ird die für
die Gesundheitsförderung relev ante Zerlegung in Zielgruppen erläutert. Dann w ird
ein Überblick über die Sozialstruktur gegeben. Dem w iederum folgt die Darstellung
der Bedarfe der Zielgruppen entlang der in Kapitel 2.3.2 genannten Inhalte der
Gesundheitsförderung: Bew egung, Ernährung, gesundheitliche Aufklärung,
Vorsorge und Lebenskompetenz. Dem w ird innerhalb der Abschnitte das im Gebiet
v orhandene zielgruppenspezifische Angebot gegenübergestellt, w odurch der
unmittelbare Handlungsbedarf für die Gesundheitsförderung ermittelt w erden kann,
der schließlich in die Empfehlungen zu den Handlungsbedarfen in Kapitel 6 mündet.
4.1. Zielgruppen
4.1.1.
a.)
Kriterien der Zielgruppenbildung
Bedarfe
Die Bedarfe an Gesundheitsförderungsmaßnahmen ändern sich in Abhängigkeit
v on
• Lebensalter
• Geschlecht
• kulturellem Hintergrund
• indiv idueller Lebenssituation (Familie, Einkommen).
Über die Lebensspanne hinw eg v erändern sich körperliche Konstitution sow ie
soziale und psy chische Entw icklungsaufgaben. Gesundheitsförderung muss
Programme und Unterstützungsmöglichkeiten bieten, die auf altersspezifische
Gesundheitsthemen, Problemlagen, Ressourcen und Belastungen abgestimmt
sind.
Zw ischen den Geschlechtern bestehen deutliche Unterschiede im Gesundheitszustand und dem Gesundheitsv erhalten, die geschlechtsspezifische
Maßnahmen erfordern. Für Frauen besteht Förderungsbedarf hinsichtlich
Bew egung, Selbstbehauptung sow ie psy chischer Verarbeitung erlebter Gew alt. Bei
Männern stehen Körper- und Krankheitsw ahrnehmung sow ie die Begegnung v on
Suchtmittelmissbrauch im Vordergrund.
Für Menschen mit Migrationshintergrund sind teilw eise spezifische gesundheitliche
Themen, fehlende Krankenv ersicherung aufgrund ihres Aufenthaltstatus oder
sprachliche Defizite bedeutsam, w eshalb kulturspezifische Angebote relev ant
sind.
Unterschiede in Erw erbs- und Haushaltsstrukturen erfordern lebenslagenspezifische Angebote. Arbeitslose und Alleinerziehende w eisen ein hohes
gesundheitliches Risiko aufgrund ihrer belastenden Situation auf. Beide
Bev ölkerungsgruppen w eisen mehr psy chische Störungen, körperliche
28
TOPOS Stadtforschung
Erkrankungen und ein schlechteres Gesundheitsv erhalten auf und brauchen mehr
bzw . andere Angebote der Gesundheitsförderung als Erw erbstätige oder Paare mit
Kindern.
b.)
Zugang
Der mögliche Zugang zu den Zielgruppen stellt ein entscheidendes Kriterium zu
deren Einteilung dar. In der Regel sind dies Institutionen im Stadtteil, die v on den
Menschen aufgesucht w erden – w ie bspw . Schulen/Kitas, kulturelle und
Sportv ereine, die Gemeinde, Jugendhilfeeinrichtungen oder Beratungsstellen.
Neben dem Zugang über frequentierte Institutionen ist in der Gesundheitsförderung
aufsuchende Arbeit w ie bspw . das Stadtteilmütterprojekt oder der peer-to-peerAnsatz bei Jugendlichen w ichtig. Unterscheidungslinien für den optimalen Zugang
sind in der Regel sprachliche und kulturelle Besonderheiten.
c.)
Verfüg- und Vergleichbarkeit der Daten
Für die faktische Operationalisierung der Zielgruppen und die Bestimmung ihrer
Größenordnungen ist mit entscheidend, nach w elchen Unterscheidungskriterien
Daten v orliegen. So ist es v ergleichsw eise w enig aufw endig, Daten zur
Bev ölkerungsstruktur nach Alter und Nationalität über das Statistische Landesamt
zu erhalten. Aber bereits die Haushaltsstruktur w ird in einem kleinräumlichen
Gebiet w ie dem Quartier Schillerpromenade über die amtliche Statistik nicht mehr
erfasst.
Darüber hinaus erlaubt die Verw endung üblicher Unterscheidungsmerkmale den
Vergleich mit anderen Gebieten und v erbessert die Anschlussfähigkeit an andere
Berichtssy steme.
4.1.2.
a.)
Resultierende Zielgruppen
Familien
Die Zielgruppe der Familien umfasst alle Haushalte mit Kindern im Grundschulalter
bis zu 12 Jahren. Erreicht w erden Mütter und Väter unterschiedlichen Alters,
Säuglinge und Kinder bis zum Ende des Grundschulalters. Die w eitere Betrachtung
differenziert nach dem kulturellen Hintergrund. Eine speziell zu fördernde
Untergruppe stellen die Alleinerziehenden dar. Der Zugang zu den Familien läuft
häufig über die Kinder, da diese meist täglich in Kindertagesstätten und ab der
Schulpflicht in der Schule sind. Ansprechpartnerin für die Familie sind meist die
Mütter. Väter sind oft nicht erziehungspräsent und müssen in dieser Gruppe
gesondert angesprochen w erden.
b.)
Jugendliche
In der Zielgruppe der Jugendlichen w erden Mädchen und Jungen in der Phase der
Pubertät/Adoleszenz im Alter v on 12 bis 18 Jahren mit v erschiedenem kulturellen
Hintergrund zusammengefasst. Diese Zielgruppe w urde gesondert definiert, da
Jugendliche die Entw icklungsaufgabe der Identitätsfindung über die Ablösung v om
Elternhaus bew ältigen müssen und meist nicht mehr über die Familie erreicht
w erden können. Der Zugang zu der Gruppe ist teilw eise über die Schule,
29
TOPOS Stadtforschung
Sportv ereine und v .a. über Jugendhilfeeinrichtungen möglich. Geschlechtsspezifische Ansätze w erden sehr w ichtig.
c.)
Haushalte ohne Kinder
Die Zielgruppe der Haushalte ohne Kinder ist die inhomogenste Gruppe und
umfasst die Altersspanne v on 19 bis zu den Hochbetagten über 80 Jahren. Erreicht
w erden Paare ohne Kinder, Paare, deren Kinder bereits aus dem Haus sind,
Singlehaushalte, Wohngemeinschaften und Familienv erbände ohne kleinere Kinder.
Als sinnv olle Unterteilung entlang der Bedarfe hat sich in der Untersuchung die
Untergliederung in jüngeres und höheres Erw erbsalter sow ie Senioren ergeben.
Die Zugänge sind sehr unterschiedlich in Abhängigkeit dav on, w elche Institutionen
v on den Menschen aufgesucht w erden und reichen v on div ersen Vereinen über
Beratungsstellen und Gruppen im Gebiet.
Da der Fokus der Studie auf Kindern, Jugendlichen und Eltern lag, w urden diese
Gruppen jedoch nicht in der gleichen Tiefe behandelt.
d.)
Besondere Lebenslagen
In den Ex pertengesprächen stellte sich heraus, dass anhand spezieller
Lebenslagen gesonderte Zielgruppen definiert w erden müssen. Diese speziellen
Problemlagen sind gegenüber der gemachten Unterscheidung entlang Alter,
Geschlecht, kulturellem Hintergrund und Familiensituation für die Betroffenen
dominant und/oder erfordern eine spezifische Förderung.
So sind muslimische Frauen und Mädchen häufig in ihren Bew egungsräumen
eingeschränkt und brauchen gesonderte Ansprache und teilw eise spezielle
Förderung. Roma und Sinti w urden in den Gesprächen häufig als
„Problemgruppe“ genannt. Sie sind oftmals einem besonders starken Rassismus
aller anderen Gruppen ausgesetzt und sehr schw er erreichbar.
Arbeitslosigkeit stellt eines der Hauptprobleme des Gebiets dar, w eshalb
Arbeitslose bei den gesundheitlichen Folgen gesondert zu fördern sind. Hier
spielen mangelnde Tagesstrukturierung und starke psy chische Belastung mit
einhergehender Suchtproblematik eine große Rolle.
Im Kontex t der Suchtmittelabhängigkeit stehen Alkoholprobleme im Vordergrund,
die bis auf muslimische Bew ohner alle Bev ölkerungsgruppen betreffen und im
öffentlichen Raum des Gebiets sehr präsent sind.
Darüber hinaus haben Menschen mit Behinderungen einen besonderen
Förderungsbedarf. Diese Bedarfe sind jedoch indiv iduell stark v erschieden, so
dass lediglich die Herstellung einer w eitestgehenden Barrierefreiheit Aufgabe der
allgemeinen Gesundheitsförderung durch das QM sein kann.
30
TOPOS Stadtforschung
4.2. Sozialstruktur und Größenordnungen der Zielgruppen im
QM-Gebiet Schillerpromenade
Für die Entw icklung und Umsetzung eines Gesundheitskonzepts ist es nicht nur
notw endig, die einzelnen Zielgruppen zu identifizieren, die im Rahmen des
Konzepts angesprochen und eingebunden w erden sollen, sondern auch die
jew eiligen Größenordnungen der Zielgruppen festzustellen, für die im Rahmen des
Konzepts Maßnahmen v orzusehen sind. Zw ischen Größe der Gruppe, dem
Umfang des (gesundheitsrelev anten) Problems und dem Umfang der notw endigen
Maßnahmen besteht ein unmittelbarer Zusammenhang. Daher ist es unabdingbar
zu w issen, w elche Arten v on Haushalten es in Abhängigkeit v on der Größe, der
Herkunft, der finanziellen Situation und der Berufstätigkeit in w elchen
Größenordnungen gibt, um den Umfang v on Maßnahmen sow ie den Zugangsw eg
zu den Gruppen zu bestimmen.
Eine aktuelle Sozialstrukturanaly se des Quartiers Schillerpromenade liegt nicht v or.
Das v orhandene statistische Material des Statistischen Landesamts für das Gebiet
bietet Einw ohnerdaten nach Alter und Nationalität. Aussagen über Haushalte, deren
Struktur nach Größe, Ty p, Einkommen und Erw erbstätigkeit, die die Grundlage der
Sozialstruktur sind, liegen nicht v or. Die Ergebnisse zw eier Haushaltsbefragungen,
die in Zusammenhang mit der Festsetzung des Gebiets als Erhaltungsgebiet mit so
genanntem „Milieuschutz“ (§ 172 Abs. 1, Satz 1 Nr. 2 BauGB) 1995 und 1999
durchgeführt w urden, geben zw ar Anhaltspunkte, sind aber w egen des zeitlichen
Abstands und der Tatsache, dass das Erhaltungsgebiet mit dem heutigen
Quartiersmanagementgebiets nicht deckungsgleich ist, nicht direkt zu übertragen.
Um das Ziel der Quantifizierung der Zielgruppen dennoch zu erreichen, w urde
mittels einer Modellrechnung die gegenw ärtige Sozialstruktur aus v orhandenen
Statistiken und Materialien rekonstruiert. Dafür w urde auf die Einw ohnerdaten des
Statistischen Landesamtes, auf die Befragungsergebnisse der Untersuchung zur
Erhaltungssatzung, auf Arbeitslosendaten auf Verkehrszellenebene sow ie auf
aktuelle Sozialstrukturerhebungen in v ergleichbaren Berliner Altbauquartieren mit
hohem Migrantenanteil zurückgegriffen. Allerdings lagen keine Informationen v or,
w ie v iele der jetzt in der Schillerpromenade lebenden Personen erst in den letzten
Jahren die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen haben. Die Bandbreite der
Deutschen bzw . der deutschen Haushalte beinhaltet daher auch solche mit
Migrationshintergrund. Unter denen ist w iederum der Anteil gut integrierter
besonders hoch.
4.2.1.
Operationalisierung der Zielgruppenkriterien
Die Zielgruppen w urden über folgende Kriterien bestimmt:
1. den speziellen Bedarf, der sich durch die jew eilige Lebensphase ergibt,
2. durch die Möglichkeiten, die die Form des Zusammenlebens eröffnet,
3. die kulturellen Faktoren und
4. die Möglichkeiten, das Leben selbst bestimmt in unserer Gesellschaft zu
gestalten.
31
TOPOS Stadtforschung
Um zu statistisch fundierten Größenordnungen für die so gebildeten Zielgruppen zu
kommen, bedarf es der Operationalisierung der Begriffe:
1. Die Lebensphase w ird durch sieben Altersgruppen erfasst:
- 0 bis unter 6 Jahre
- 6 bis unter 12 Jahre
- 12 bis unter 18 Jahre
- 18 bis unter 35 Jahre
- 35 bis unter 45 Jahre
- 45 bis unter 65 Jahre
- 65 und älter
2. das Zusammenleben durch die Haushaltsty pen
- Einpersonenhaushalte
- Paare ohne Kinder
- Erw achsenenhaushalte
- Paare mit einem Kind
- Paare mit 2 und mehr Kindern
- Alleinerziehende
3. die kulturellen Faktoren14 durch die Nationalität und
- Deutsche
- Türken
- Arabische Staaten
- Ost- und südosteuropäische Herkunft
- übrige
4. den Selbstbestimmungsgrad durch den Erw erbsstatus erfasst
- Einkommensquelle aus Erw erbsarbeit
- Transfereinkommen
14
Durch die oben geschilderte Datenlage hinsichtlich der Einbürgerungen stellen die Angaben zu
Haushalten und Personen mit migrantischem Hintergrund eine Untergrenze dar.
32
TOPOS Stadtforschung
4.2.2.
Alterstruktur nach Nationalität
Im QM-Gebiet Schillerpromenade leben zur Zeit ca. 20.000 Menschen in 11.000
Haushalten. Der Anteil v on Kindern und Jugendlichen ist hoch, Menschen im
Rentenalter hingegen sind selten.
Abbildung 6
Einwohner nach Alter
133 0
1 68 8
92 6
10 56
0-6
6-1 2
47 22
12 -18
18 -35
35 -45
45 -65
65 un d ä lte r
6 29 5
40 64
35% der Bew ohner gehören zur ausländischen Bev ölkerung. Deutsche sind bei
den Erw achsenen - v or allem bei den älteren - in der Mehrheit.
Die Altersstrukturen der v erschiedenen Nationalitäten unterscheiden sich allerdings
grav ierend. Die arabische Bev ölkerung hat sehr hohe Anteile v on Kindern und
Jugendlichen aus allen Altersgruppen. Bei der türkischen Bev ölkerung macht sich
das Hereinw achsen der Erw achsenen in die höheren Altersjahrgänge stark
bemerkbar. Personenzahl und prozentuale Anteile der Jahrgangsgruppen 45 bis 65
und der Personen im Rentenalter ab 65 nehmen kontinuierlich – w ie in ganz Berlin
– zu. Entsprechend v erringert sich die Zahl der Menschen in den mittleren
Jahrgängen und damit auch die Zahl der Geburten. Die sehr geringe Zahl der
türkischen Kinder unter sechs Jahre ist aber zusätzlich ein Ergebnis der
Einbürgerungsw elle des letzten Jahrzehnts und der rechtlichen Regelung, nach der
die hier geborenen Kinder v on Geburt an die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten
können. Bei der Bestimmung der Größenordnung v on Zielgruppen muss daher
dieser Tatbestand beachtet w erden, w enn etw a die Zahl der Kinder nach Herkunft
bestimmt w ird.
Abbildung 7
1688
4722
Altersstruktur nach Nationalität
1320
368
1507
3215
209
583
69
516
144
472
598
171
2679
2653
76
324
364
1385
4064
14
84
395
885
6295
1009
3660
100
112
1056
926
1330
554
473
996
Gesamt
502
453
334
221
125
163
76
Ausländer
Deutsche
102
112
70
arabisch
türkisch
65 un d älter
45-65
35-45
18-35
12-18
6-12
0-6
79
66
63
übrige Ausländer
ehem. Jug osl
33
TOPOS Stadtforschung
Auffällig ist der hohe Anteil der Kinder unter sechs Jahre an der Bev ölkerung. Die
Jahrgangsstärken dieser Altersgruppe liegen um ein Drittel über denen der Kinder
im Grundschulalter und der Jugendlichen. Teilw eise ist dies ein Ergebnis der
Abw anderung deutscher Eltern mit ihren Kindern in den letzten Jahren. Der hohe
Anteil deutscher Kinder im Vorschulalter15 bietet aber auch ein Potenzial für die
zukünftige Entw icklung des Gebiets, w enn diese Gruppen stärker ans Gebiet
gebunden w erden können.
Abbildung 8
Einwohner nach Alter und Nationalität
4
Ta u se nd
3
2
Ausl änder
D eutsche
1
0
0-6
4.2.3.
6-12
12-18
18-35
35- 45
45- 65
65 u. ält
Haushalte nach Größe und Typ
Die meisten Haushalte – über 50% - sind die Einpersonenhaushalte. Die meisten
Menschen w ohnen aber nicht allein, sondern zu zw eit oder in größeren Familien.
Abbildung 9
Haushalte und Personen
1 Person
2 Pers on
3 Person
4 Person
5 u.m. Person
15
1 Person
2 Person
3 Pers on
4 Person
5 u.m. Person
Haushal te
5060
3960
1320
550
110
Personen
5060
7920
3960
2200
572
Ein Teil der deutschen Kinder unter sechs Jahren hat ausländische Eltern, die aufgrund der
Möglichkeiten des veränderten Ausländerrechts für ihr Kind die deutsche Staatsangehörigkeit
gewählt haben.
34
TOPOS Stadtforschung
Der Anteil der Einpersonenhaushalte ist bei den Deutschen nochmals besonders
hoch.
Abbildung 10 Haushaltsgröße nach Nationalität
57
37 36
33
%
31
d eutsch
27
a usl ändisc h
türki sch
18
16
12
11
10
4
4
3
1
1 Person
3 Pe rson
2 Person
5 u.m. Pe rs on
4 Person
Deutsche leben hauptsächlich in kleinen, kinderlosen Haushalten. Auch in den
deutschen Haushalten mit Kindern überw iegen die Haushalte mit einem Kind. Bei
den Paaren mit einem Kind und den Alleinerziehenden überw iegen deutsche
Haushalte. In ausländischen Haushalten leben dagegen besonders häufig mehrere
Kinder.
Abbildung 11 Haushalte nach Haushaltstyp und Nationalität
nic htdeutsc h
deut sc h
alle
6
Taus end
5
4
3
2
1
0
All ei nste
Paar o.K.
Erwachsenenhaush.
Paar m. 1 Kind
Paar m. 2 u.m. K.
All ei ner z.
A ll ei nstehend
P aar o.K .
E rwachsenenhaush.
P aar m. 1 K ind
Paar m. 2 u. m. K .
All ei ner z
nichtdeutsch
1210
900
260
320
430
180
deutsch
3880
2390
70
620
190
660
alle
5090
3290
330
940
620
840
35
TOPOS Stadtforschung
4.2.4.
Haushalte nach Herkunft und Erwerbsstatus
Trotz hoher Arbeitslosigkeit leben die meisten Menschen im Gebiet Schillerpromenade – Deutsche w ie Ausländer – v on Erw erbstätigkeit. Nur etw a ein Fünftel
der Haushalte bezieht kein Erw erbseinkommen. Allerdings sind in Gebieten mit
einer ähnlichen Sozialstruktur die Erw erbseinkommen häufig nicht sehr hoch.
Trotzdem sind sie höher als Transfereinkommen aus der Arbeitslosenv ersicherung
oder der Sozialhilfe.
Das Verhältnis zw ischen Beziehern v on Arbeitseinkommen und solchen v on
Transfereinkommen ist aber bei den größeren Haushalten mit mehreren Kindern
und den Alleinerziehenden deutlich ungünstiger. Hier ist das Verhältnis nur noch
zw ei zu eins.
Abbildung 12 Haushalte nach Typ und Erwerbsstatus
5
Ta use nd
4
3
2
1
0
All ei nstehend
Paar o.K.
Erwachsenenhaush.
Paar m. 1 K.
Paar m. 2 u.m. K.
All ei nerz.
Nichterw.hh
1080
420
50
140
220
320
Erw.haush.
4010
2870
280
800
400
520
Dieses Verhältnis v erschlechtert sich nochmals bei den Haushalten mit
ausländischer Herkunft. Hier sind fast die Hälfte der großen Haushalte und der
Alleinerziehenden ausschließlich v on Transfereinkommen abhängig.
36
TOPOS Stadtforschung
Abbildung 13 Haushalte nach Typ, Nationalität und Erwerbsstatus
3500
3000
2500
2000
ausl . Ni chterwerbshaushal t
1500
deut. Ni chterwerbshaushal t
1000
ausl . Er wer bs-haushalt
deut. Er wer bs-haushalt
500
All e inerz.
Pa ar m. 2 u .m. K.
Pa ar m. 1 K.
Erwa chse ne nhau sh .
Paar o.K.
All ei nsteh en d
0
Haushalte nach Auslän- deutsche Auslän- deutsche
Nationalität und dische
Nichtdische ErwerbsErwerbsstatus
Nichterwerbs- Erwerbs- haushalte
erwerbs- haushalte haushalte
haushalte
Alleinstehende
300
780
910
3100
Paare ohne
180
240
720
2150
Kind
Erwachsenen40
10
220
60
haushalte
Paare m. 1 Kind
80
60
240
560
Paare m. 2 u.
170
50
260
140
mehr Kindern
Alleinerziehend
90
230
90
430
e
Gesamt
860
1370
2440
6440
alle
5090
3290
330
940
620
840
11110
Damit ist auch der Anteil der Kinder, die in solchen Familien leben deutlich höher.
37
TOPOS Stadtforschung
Abbildung 14 Personen nach Haushaltstyp, Nationalität und
Erwerbsstatus
5
4
Ta usend
3
ausl. Nichter wer bs-haushal t
deut. Nicht-erwerbshaushal t
ausl. Erwerbshaushalt
deut. Erwerbshaushalt
2
1
All ein erz.
Pa ar m. 2 u .m. K.
Paa r m. 1 K.
Erwa chse ne nhau sh.
Paa r o .K.
All ein steh en d
0
Personen nach Auslän- deutsche Auslän- deutsche
Nationalität und dische
Nichtdische ErwerbsErwerbsstatus
Nichterwerbs- Erwerbs- haushalte
erwerbs- haushalte haushalte
haushalte
Alleinstehende
300
780
910
3100
Paare ohne
360
480
1440
4300
Kind
Erwachsenen120
30
660
180
haushalte
Paare m. 1 Kind
240
180
720
1680
Paare m. 2 u.
680
200
1040
560
mehr Kindern
Alleinerziehend
200
530
200
1000
e
Gesamt
1900
2200
4970
10820
alle
5090
6580
990
2820
2480
1930
19890
38
TOPOS Stadtforschung
4.2.5.
Kinder nach Haushaltstyp, Herkunft und Erwerbsstatus
Kinder, deren Eltern keine Erw erbsarbeit haben, leben besonders oft in großen
ausländischen Familien und in Haushalten v on deutschen Alleinerziehenden.
Kinder in
Deutsches Ausländi- Deutsches Ausländi- Deutsche AusländiHaushalten
Paar mit 1 sches Paar mit 2 sches
Alleinersche
ohne ErwerbsKind
Paar mit 1 oder mehr Paar mit 2 ziehende Alleinereinkommen
Kind
Kindern oder mehr
ziehende
nach HausKindern
haltstyp
Säuglinge
3
4
5
19
13
5
1-6
17
22
25
95
64
24
6-12
21
26
31
114
77
29
12-18
21
26
31
114
77
29
Gesamt
62
79
92
342
230
88
alle
Kinder in
Deutsches Ausländi- Deutsches Ausländi- Deutsche AusländiHaushalten mit Paar mit 1 sches Paar mit 2 sches
Alleinersche
ErwerbsKind
Paar mit 1 oder mehr Paar mit 2 ziehende Alleinereinkommen
Kind
Kindern oder mehr
ziehende
nach HausKindern
haltstyp
Säuglinge
31
13
15
29
24
5
1-6
154
66
76
143
119
24
6-12
185
79
92
171
143
29
12-18
185
79
92
171
143
29
Gesamt
555
237
275
514
428
88
alle
Abbildung 15 Kinder
in
Nichterwerbshaushalten
Haushaltstyp, und Nationalität
nach
50
248
298
298
893
116
582
699
699
2096
Alter,
120
100
80
Säuglinge
60
1-6
6-12
12-18
40
20
A llei nerz. a usl.
A ll einerz. deut .
P aar 2 u.m . K .ausl.
P aar 2 u.m . K . de ut.
P aar 1 K . ausl.
P aar 1 K . deu t.
0
39
TOPOS Stadtforschung
4.2.6.
Bestimmung der Größenordnungen der Bedarfsgruppen
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich die Größenordnungen der
Bedarfsgruppen recht gut bestimmen lassen. Daraus resultieren teilw eise
überraschende Ergebnisse. Die Zahl der Säuglinge in Nichterw erbshaushalte
beträgt lediglich ca. 50. Die meisten v on ihnen leben in großen ausländischen –
v or allem arabischen – Familien und bei deutschen Alleinerziehenden. Mit der
Kenntnis dieser Größenordnungen lassen sich Projekte zur Gesundheitsförderung
dieser Altersgruppen bedarfsgerecht entw ickeln und notw endige Projektkapazitäten
festlegen.
Die Größenordnungen der w ichtigsten Zielgruppen lassen sich aus den oben
stehenden Tabellen bereits w eitgehend ablesen. So bietet die nach Altersgruppen
und Herkunft differenzierte Tabelle bereits die Angaben, w enn einzelne
Altersgruppen w ie z.B. Jugendliche getrennt nach Herkunft angesprochen w erden
sollen. Für die Zielgruppe der Haushalte mit Kindern unter 12 Jahren, eine der
aufgrund der gesundheitlichen Problematik und der Zugänglichkeit w ichtigsten
Zielgruppe, ist eine Differenzierung in nachstehender Tabelle v orgenommen
w orden. Daraus lässt sich dann die Größenordnung spezieller Zielgruppen
ablesen. So ist z.B. bei Projekten, die sich speziell an arabische Familien w enden
soll, mit 150 Haushalten zu rechnen, v on denen 100 ausschließlich v on
Transfereinkommen auskommen müssen.
Größenordnung der
Zielgruppen:
Haushalte mit
Kindern unter
12 Jahre
Alle
Erwerbshaushalte
Nichterwerbshaushalte
alle
deutsch
ausländisch
türkisch
arabisch
sonstige
ausländische
1.600
1.150
950
750
650
400
230
150
150
50
250
200
450
200
250
100
100
50
40
TOPOS Stadtforschung
4.2.7.
Zusammenfassung
Nach der detaillierten Analy se w erden abschließend die Größenordungen der im
Folgenden v erw endeten Gruppen dargestellt.
Haushalte mit Kindern
bis 12 Jahren
Jugendliche von
12 bis 18 Jahren
Haushalte ohne Kinder
Personen
6.250 insgesamt
1.050 insgesamt
12.700 insgesamt
1.900 Ausländer
500 Ausländer
3.800 Ausländer
20.000
Kinder bis 12 Jahre
220 türkisch
Senioren
2.250 insgesamt
100 arabisch
1.700 gesamt
800 Ausländer
100 ehem. Jugoslawien
370 Ausländer
Haushalte
2.300 Haushalte
8.700 Haushalte
11.000
1.620 Erwerbshaushalte
7.150 Erwerbshaushalte
590 ausländische Erwerbshaushalte
680 Nichterwerbshaushalte
340 ausländische Nichterwerbshaushalte
1.850 ausländische
Erwerbshaushalte
1.550 Nichterwerbshaushalte
520 ausländische
Nichterwerbshaushalte
41
TOPOS Stadtforschung
4.3. Bedarfe der Familien
Die Befragung der Eltern hat gezeigt, dass unterschiedliche Maßnahmen ergriffen
w erden, um die Gesundheit der Familien zu erhalten und zu unterstützen (v gl.
Abbildung 16). Allen v oran steht die gesunde Ernährung und die Bew egung der
Kinder, sei es auf dem Spielplatz oder durch Sport. Dies zeigt, dass der
Zusammenhang v on gesunder Ernährung w ie auch Bew egung und körperlicher
Gesundheit v ielen Familien bew usst ist.
Abbildung 16 Unternehmungen der Familien zum Erhalt der Gesundheit
0%
10%
2 0%
30%
40%
50%
60%
7 0%
80%
90%
100%
Bewegun g/ Sport
Gesund es Essen
Gemeins. Ausfl üge
Spi el- und Sportplatz
Obst/ Gemüse
Kräfti ges Essen und Flei sch
Nahrungsergänzu ngen
re gelm. Arz tbe such
Sc hwimmen
Bio-Erzeugni sse
Fa hrradfahren
sehr h äufi g
4.3.1.
häufig
manchmal
sel te n
ni e
Ernährung
Das Thema Ernährung w ird - neben Bew egung - v on fast allen Ex perten als
ebenso relev ant w ie problematisch betrachtet. Für alle befragten Familien ist
gesunde Ernährung ein Thema v on Interesse – unabhängig v om kulturellen
Hintergrund.
Die Erfahrungen der Ex perten aus den Schulen und Kindertagesstätten lassen auf
bestehende Defizite im Bereich Ernährung schließen. Hier w ird sow ohl v on einer
Unterv ersorgung bei Kindern aus finanziell sehr schw achen Familien als auch v on
einseitiger Ernährung mit billigen Sattmachern und Fehlernährung mit einem
Übermaß an Fett und Zucker berichtet. In einigen Familien (v .a. in den deutschen)
w ird w enig oder gar nicht gekocht, besonders sehr jungen Eltern fehlen häufig die
nötigen Kenntnisse. Hier w ird außerdem selten Obst und Gemüse gegessen.
Arbeitslosigkeit der Eltern und die damit einhergehende mangelnde Tagesstruktur
führt oft zu sehr unregelmäßiger (Fastfood-)Ernährung.
In v ielen Familien mit Migrationshintergrund hingegen w ird sehr v iel mit Gemüse
gekocht. Dennoch ist auch in türkischen oder arabischen Familien die Ernährung
häufig zu fettreich oder süß, w as sich darin zeigt, dass besonders türkische Kinder
v on Adipositas betroffen sind.
42
TOPOS Stadtforschung
Im Gebiet gibt es Versuche, in der Kita selbst gesundes Essen anzubieten und die
Kinder mit „gesunden“ Lebensmitteln v ertraut zu machen, da sie v iele
Gemüsesorten v on zu Hause gar nicht kennen. Die Kita der Genezareth-Gemeinde
bietet trotz knappem Budget Bio-Produkte und eine v egetarische Ernährung für die
Kinder an. Diese „alternativ e“ Herangehensw eise schafft zugleich den Ansatz für
ein Gespräch mit den Eltern über das Thema Ernährung, denn v ielen w ird erst
durch einen Anstoß v on außen bew usst, w ie w ichtig dies für die Gesundheit ihrer
Kinder ist. Der Kampf gegen Fast-Food, Chips und Süßgetränke w ird insbesondere
v on den Kitas intensiv betrieben, w eil sie den engsten Kontakt mit ihrer Zielgruppe
haben und am stärksten mit dieser Problematik konfrontiert sind.
Die meisten Eltern w ollen sich und v .a. ihre Kinder gesund ernähren, daher besteht
grundsätzlich Offenheit für dieses Thema. Die Erfahrungen zeigen aber, dass
Projekte, die auf Defizite in diesem Bereich zielen, sehr spezifisch entlang der
Interessen und (Essens-)Gew ohnheiten der Familien gestaltet w erden müssen,
w enn sie ihr Ziel erreichen sollen. Reine Informationsansätze mit Fly ern oder
Ähnlichem w erden nicht angenommen, hingegen sind die Eltern – meist die
Mütter – gut zu erreichen, w enn in den Kitas gemeinsam gekocht w ird.
Insbesondere Ansätze, die fördern, dass Rezepte aus den v erschiedenen Ländern
und Kulturen v on ihnen selbst eingebracht w erden, stoßen auf großes Interesse.
Deutlich zeigte sich, dass v .a. für sozial schw ache Familien die Gew ährleistung
v on ausgew ogener und regelmäßiger Ernährung schw ierig ist. Die Familien geben
an, dass ihnen besonders finanzielle Mittel fehlen, um ihre Familien gesund zu
ernähren. Andere Gründe w ie Informationen, Zeit und Beratung w erden hingegen
nur selten genannt (v gl. Abbildung 17) Als Anregungen zu einer v erbesserten
Ernährung im Gebiet w ird v on einigen Eltern ein erw eitertes Angebot an qualitativ
hochw ertigen Nahrungsmitteln und Bio-Produkten in den lokalen Läden genannt.
Auch w erden eine Food-Coop sow ie ein Wochenmarkt mit Produkten aus dem
Berliner Umland v orgeschlagen.
Abbildung 17 Fehlendes für gute Ernährung
0%
2 0%
40 %
6 0%
80 %
10 0%
Finanz en
Informationen
Zeit
Beratung
s ehr stark
etwas
fehlt nicht
Bei den Familien besteht Bedarf an Ernährungsberatung (finanziell günstige
gesunde Ernährung, Stillberatung, ausgew ogene Ernährung für Säuglinge und
Kleinkinder etc.), an Projekten (w ie Frühstücksprojekte für die Kinder, Kochkurse
mit integrierter Ernährungsberatung, Weiterbildungen für Multiplikatoren etc.) und
43
TOPOS Stadtforschung
Angeboten (billiges Essen in Nachbarschaftskontex t, kostengünstige qualitativ
hochw ertige Nahrungsmittel im Gebiet etc.).
4.3.2.
Bewegung
Wie in Kapitel 4.3.4 beschrieben, gibt es im Gebiet ein ausreichendes Angebot an
Spielplätzen, die allerdings insbesondere v on den schw ächeren Nutzergruppen zu
w enig frequentiert w erden. Anreize zu stärkerer Nutzung der öffentlichen
Bew egungs- und Spielräume für Kinder w erden v on den Kitas immer w ieder
gesetzt, allerdings müsste dies noch w eiter ausgebaut und v erstetigt w erden. Auch
außerhalb der Kita-Betreuungszeit müssen die Spielplätze für Eltern mit kleinen
Kindern ein attraktiv er Aufenthaltsort sein.
Die Kitas v ersuchen außerdem ihre Räumlichkeiten und ihr Außengelände
bew egungsfreundlich zu gestalten und Projekte zur Bew egungsförderung in den
Kita-Alltag zu integrieren. Die Kita „Lernen und Lachen“ führt in Kooperation mit der
AOK w öchentlich ein Bew egungsförderungsangebot durch. Auch die Kita der
Genezareth-Gemeinde hat als einen Schw erpunkt ihrer Arbeit Bew egungsförderung
gew ählt und w eicht aufgrund der beschränkten Räumlichkeiten oft auf den
Gemeindesaal aus. Auch in den anderen Kitas besteht durchw eg der Wunsch, im
Bereich Bew egungsförderung mehr zu tun. Allerdings stoßen die Kitas dabei an
ihre Grenzen, sow ohl räumlich als auch finanziell. Insbesondere die Kita des
deutsch-türkischen Vereins ist diesbezüglich unterv ersorgt und dringend auf
Unterstützung oder Kooperation mit einer anderen Einrichtung angew iesen.
Auch v on den Schulen im Gebiet w ird das Thema Bew egungsförderung an der
einen oder anderen Stelle aufgegriffen. Die Karl-Weise-Grundschule ist bemüht,
über den Schulsport hinaus Angebote zu Sport und Bew egung zu machen und
stellt dazu auch ihren Schulhof und die Sporthalle zur Verfügung (u.a. für das
Projekt „Kinder w eg v on der Straße“). Auf Initiativ e einer Bew ohnerin ist hier ein
Winterspielplatz entstanden, der allerdings eher für kleinere Kinder interessant ist.
Das Problem der Raumnot steht für die Schulen im Gegensatz zu den Kitas nicht
im Vordergrund, eine kontinuierliche Finanzierung angestoßener Projekte ist hier
w ichtig.
Neben den frei zugänglichen Flächen im öffentlichen Raum gibt es zw ar noch
w eitere Angebote für Bew egung und Sport w ie den Sportpark Neukölln oder den
Fußballplatz
an
der
Oderstraße.
Diese
können
aber
w egen
Zugangsbeschränkungen (Vereine) nur begrenzt bis gar nicht genutzt w erden. Das
Neuköllner Eisstadion oder das Sommerbad Neukölln kosten Eintritt, der nicht für
alle Bew ohner erschw inglich ist.
Die Ergebnisse der Elternbefragung stehen zum Teil im Gegensatz zu den
Erfahrungen der Ex perten. Viele Eltern berichten, dass sich ihre Kinder sehr v iel
bew egen, w as sie v .a. auf die Spielplätze beziehen (v gl. Abbildung 18). Die
Elternbefragung ergab, dass etw a die Hälfte der Kinder regelmäßig Fahrrad fährt.
Diese Zahl w ird v on den Ex perten allerdings als deutlich geringer eingeschätzt,
w eil die Kinder und Jugendlichen im Gebiet so gut w ie gar nicht Radfahren, meist
nicht einmal ein Fahrrad zur Verfügung haben. Es zeigt sich auch, dass
44
TOPOS Stadtforschung
organisierte Angebote w ie Vereinssport, Tanzkurse o.ä. nur v on einer kleinen
Minderheit genutzt w erden.
Abbildung 18 Bewegung der Kinder
0%
20 %
4 0%
6 0%
80%
1 00%
ins gesam t
Spiel- oder Sportplatz
S portunterricht
Sportverein/Tanzk urs
Radfahren
S chwimm en
sehr häufig
häufig
manc hmal
selten
nie
Mädchen und Frauen sind insgesamt in der Ausgestaltung ihres Bew egungsv erhaltens stärker eingeschränkt. In den Kinder- und Jugendeinrichtung bzw . den
Vereinen v or Ort ist dies bekannt und die Institutionen v ersuchen teilw eise darauf
im Rahmen ihrer Möglichkeiten einzugehen. So findet im Tow er u.a eine
Tanzgruppe statt.
Ein breites Spektrum an Bew egungs- und Entspannungsangeboten für Erw achsene
besteht auch v on Seiten der Volkshochschule, die mehrere Kurse in den Räumen
der Carl-Legien-Schule anbietet. Weitere Kurse finden in der nahen Boddin- und der
Morusstraße statt. Bisher w erden bildungsferne und einkommensschw ache
Schichten v on den Angeboten der VHS allerdings kaum erreicht. Dies steht in
einem Widerspruch zur Bekanntheit, die die VHS aufgrund ihres v ielfältigen
Angebots an Deutschkursen für Migranten unter den Bew ohner Neuköllns mit
Migrationshintergrund haben müsste. Bisher gelingt es offensichtlich noch nicht gut,
Personen, die zu einem früheren Zeitpunkt bereits das Sprachangebot der VHS
genutzt haben, auch als Teilnehmer anderer Kurse zu gew innen.
Die Männer w urden v on keinem der befragten Ex perten als unterv ersorgt
betrachtet. Es w ird dav on ausgegangen, dass sie sich am ehesten in die
ortsansässigen (Fußball-)Vereine und in Fitnessstudios orientieren.
Ein Defizit an ausreichender Bew egung besteht also hauptsächlich für die Mütter
und die Kinder. Besonders betroffen v on Bew egungsmangel sind Alleinerziehende
aufgrund fehlender Kinderbetreuungsmöglichkeiten bzw . ihrer hohen Zeitbelastung
sow ie muslimische Mädchen und Frauen w egen ihres kulturell bedingt eingeschränkten Bew egungsradius.
45
TOPOS Stadtforschung
4.3.3.
Gesundheitliche Aufklärung
Durchgängig berichten die Ex perten bei den Familien v on einem großen
Informationsdefizit – aber auch einem großen Interesse gegenüber gesundheitlichen
Belangen, w as sow ohl für die deutschen Haushalte als auch die Familien mit
Migrationshintergrund zutrifft. Defizite bestehen in erster Linie im Wissen um die
kindlichen Entw icklungsstufen und altersadäquate Spielmöglichkeiten, um Kinderkrankheiten, Vorsorgeuntersuchungen, Impfungen, Patientenrechte sow ie dem
Leistungskatalog der Krankenkassen oder Unterstützungsmöglichkeiten im Falle
der fehlenden Krankenv ersicherung. Im Bereich Informationsv ermittlung und daraus
folgend auch den Zugangsmöglichkeiten zum Gesundheitsw esen w urde v on den
Ex perten immer w ieder das Thema Sprachkompetenz als entscheidendes
Hindernis erw ähnt. Für manche Familien mit Migrationshintergrund bestehen
spezielle Aufklärungsbedarfe. So sind für die arabische Kultur bspw .
Erbkrankheiten ein w ichtiges Thema und findet in den bestehenden
Beratungsangeboten kaum Berücksichtigung.
Die v orhandenen Angebote zur gesundheitlichen Aufklärung lassen sich generell in
Angebote medizinischer (Ärzte, KJGD) und sozialer Institutionen (Vereine,
Stadtteilmütter) unterteilen. Neben den Ärzten im Quartier kommt dem Kinder- und
Jugendgesundheitsdienst eine besondere Bedeutung zu. Die Beratungsleistungen
beziehen sich nicht ausschließlich auf den ärztlichen/medizinischen Bereich w ie
Pflege, Ernährung, Stillen u.ä.. Auch in pädagogischen, w irtschaftlichen und
sozialen Fragen erhalten die Familien Unterstützung und w erden ggf. an andere
Stellen im Quartier w eiterv ermittelt. Insbesondere minderjährige oder
drogenabhängige Mütter w erden v om Kinder- und Jugendgesundheitsdienst
(KJGD) mit festgelegter Regelmäßigkeit betreut. Auch im Interkulturellen
Elternzentrum ist der Bereich Beratung sehr v ielfältig. Von allgemeiner und
motorischer Entw icklung über Sex ualentw icklung und -aufklärung bis hin zu
Themen w ie psy chosoziale Entw icklung oder Wechseljahre reicht das Spektrum,
das v on den Stadtteilmüttern abgedeckt w ird. Bei UGRAK erhalten türkische
Frauen muttersprachliche Beratung zu gesundheitsrelev anten Themen. In
Kooperation mit dem Feministischen Frauengesundheitszentrum (FFGZ) w erden
zu bestimmten Themen auch Veranstaltungen angeboten, obw ohl diese nicht über
die Regelfinanzierung abzurechnen sind. Das Interesse der Frauen an
gesundheitlichen Themen ist sehr groß. Der palästinensische Wohltätigkeitsv erein
Al Huleh bietet ebenfalls Beratungen an, früher boten Ärzte auch w öchentlich
Beratungen v or Ort an. Neben den gängigen Gesundheitsthemen w ird hier speziell
der Bereich Erbkrankheiten thematisiert.
Die Befragung zeigt, dass die herkömmlichen Wege der Informationsv ermittlung zu
Gesundheitsthemen – die Arzte und Apotheken sow ie Bücher und Broschüren –
v on v ielen Eltern genutzt w erden (v gl. Abbildung 19). Auch das Fernsehen ist als
Informationsquelle sehr beliebt. Es fällt aber deutlich auf, dass eine Vielzahl der
Befragten sich v .a. mit Bekannten über Gesundheitsthemen austauscht.
Gleichzeitig ist festzustellen, dass nur w enige Eltern professionelle Beratungsstellen
oder Veranstaltungen aufsuchen, um sich über Gesundheitsthemen zu informieren.
46
TOPOS Stadtforschung
Abbildung 19 Informationsquellen zu Gesundheitsthemen
0%
10 %
2 0%
30 %
4 0%
50 %
60%
70%
80%
90%
100 %
Bücher und B roschüren
Fernsehen
Ges präche mi t Bekannten
Beratungs stel len / Veranstaltungen
Internet
Arzt und Apotheke
s ehr häufi g
häufi g
manchmal
sel ten
ni e
Es besteht der Bedarf an schriftlicher und mündlicher muttersprachlicher Information
und Beratung zu o.g. Themen. Eine w ichtige Rolle spielen hier v ertrauensv olle
Beziehungen, w as durch ein Multiplikatorenkonzept (Gesundheitslotsen,
Stadtteilmütter) gew ährleistet w erden kann, das für div erse Sprachen w eiter
ausgebaut w erden sollte. Für Menschen mit unsicherem Versicherungsstatus (oft
arabische Familien oder Heiratsmigrantinnen in der Trennungssituation) sollte eine
gesonderte Form der Beratung bzw . Vermittlung angeboten w erden.
4.3.4.
Vorsorge
Vorsorgeuntersuchungen w erden sow ohl für die Kinder, als auch v on den
Erw achsenen zu w enig in Anspruch genommen. Besonders problematisch ist dies
in Familien mit Migrationshintergrund. Bei den Kindern ist teilw eise ein schlechter
Zahnstatus festzustellen, w as auf unzureichende Mundhy giene hinw eist. Sehr
schlecht ist die Inanspruchnahme der Vorsorgeuntersuchung bei Jugendlichen, die
noch in die Zuständigkeit der Eltern fallen und deshalb an dieser Stelle genannt
w erden.
In einigen Kitas und über die Stadtteilmütter läuft das Projekt „Ich geh zur U! Und
du?“, w as Eltern dazu motiv ieren soll, die Früherkennungsuntersuchungen für ihre
Kinder stärker in Anspruch zu nehmen. Problematisch sind hier besonders die
späteren Untersuchungen, w enn die Kinder nicht mehr im Säuglingsalter sind.
Dazu w urde auch Informationsmaterial in türkischer Sprache erstellt. Der
Aufforderungscharakter der Kampagne hat allerdings bisher noch nicht den
gew ünschten Erfolg. Des Weiteren ex istieren Angebote zur Zahnprophy lax e. Die
Kinder, bei denen Entw icklungsdefizite und ein Integrationsstatus festgestellt
w urden, können beim KJGD mit v erschiedenen Therapieangeboten zur
Entw icklungsförderung v ersorgt w erden. Viele Elternw erden aber erst zur
Schuleingangsuntersuchung dort v orstellig. In Zusammenhang mit ihrem
Aufenthaltsstatus haben einige Familien keine Krankenv ersicherung und nehmen
meist erst sehr spät medizinische Leistungen in Anspruch, obw ohl dies beim
KJGD möglich w äre. Es ist zu befürchten, dass bev orstehende Umzug des KJGD
die Inanspruchnahme v on Vorsorgeangeboten w eiter sinken w ird.
47
TOPOS Stadtforschung
Es besteht ein Informationsbedarf über Nutzen der gesundheitlichen Vorsorge in
v erschiedenen Sprachen sow ie Motiv ationsbedarf, diese auch w ahrzunehmen.
Ex istierende Kampagnen („Ich geh zur U! Und du?“) sollten im Quartier w eiter
bekannt gemacht und lokal fest v erankert w erden.
4.3.5.
Lebenskompetenz
Immer w ieder w urde v on der zunehmenden Bedeutung psy chischer Probleme
v on Eltern (v .a. der Mütter) und Kindern berichtet. Unklares Erziehungsv erhalten,
Überforderung der Eltern, Kommunikationsprobleme sow ie hohe Belastung und
Stress sind in den Familien zu beobachten. In Familien mit Migrationshintergrund
bestehen Schw ellenängste gegenüber Behörden und Institutionen, w as teilw eise
dazu führt, dass notw endige Belange des Alltags gar nicht oder nicht fristgemäß
erledigt w erden. In Familien mit Migrationshintergrund sprechen die Eltern teilw eise
gar kein Deutsch, besonders bei arabischen Familien w ird v on Analphabetismus
berichtet.
Was das Thema Sucht angeht, so w ird in v ielen der im Gebiet lebenden Familien
geraucht. Suchtmittelmissbrauch und -abhängigkeit der Eltern - v or allem
Alkoholprobleme - spielt in erster Linie bei besonders jungen Familien und Familien
mit deutschem oder osteuropäischem Hintergrund eine Rolle. Als Problem in
Familien mit Migrationshintergrund w urde häufig die Spielsucht genannt.
Lebenskompetenzförderung im Sinne der Unterstützung bei der Bew ältigung v on
psy chischen und sozialen Problemen kommen v iele der im Gebiet ansässigen
sozialpädagogischen Beratungsstellen nach. Hier können die jew eils angesprochenen Zielgruppen Unterstützung bei ihren speziellen Problemlagen w ie häuslicher
Gew alt, Drogenproblemen etc. erhalten. Unklar ist, w ie stark in dieser
Unterstützung eine Anleitung zur Eigenkompetenz konzeptionell enthalten ist. Die
professionelle Anleitung zur Selbsthilfe – ein w ichtiger Baustein v on
Lebenskompetenzförderung – ist hauptsächlich für Frauen im Gebiet v erankert.
Hier gibt es Selbsthilfegruppen zu häuslicher Gew alt, Älter w erden, Leben mit
Behinderung und Coming-Out. Als solche können auch die Mobilitätsförderung für
muslimische Frauen über Fahrradkurse sow ie organisierte Ausflüge und die v on
UGRAK angebotenen Deutschkurse gew ertet w erden.
In fast allen lokalen Kitas w ird für die Kinder, teilw eise auch für die Eltern
Sprachförderung angeboten. An der Volkshochschule können Kurse zur
Stressbew ältigung in Form v on Entspannungskursen besucht w erden. Über eine
Stärkung der Lebens- und Erziehungskompetenz der Eltern w ürde auch die
Kompetenz der Kinder gestärkt.
Teil der Gesundheitsförderung im Gebiet sollten Präv entionsprogramme gegen
Suchtmittelabhängigkeit / Rauchen für Kinder (durch Stärkung der
Lebenskompetenz sow ie Sport und Bew egung) und Beratung bei der
Raucherentw öhnung
der
Eltern
sein.
Derartige
klassische
Lebenskompetenzprogramme zur Stärkung des Selbstbew usstseins v on Kindern
sind im Gebiet nicht v orhanden.
Besonderer Bedarf besteht an einer Alkoholberatungsstelle.
48
TOPOS Stadtforschung
4.4. Bedarfe der Jugendlichen
Insgesamt hat die Schülerbefragung ergeben, dass etw a die Hälfte der Schüler sich
gut oder sehr gut fühlt (v gl. Abbildung 20). Auch w enn mehr Jungen angeben,
dass es ihnen in der letzten Zeit sehr gut ging, ist insgesamt das Wohlbefinden bei
den Mädchen besser, w enn man diejenigen mitzählt, die sich gut und mittelmäßig
fühlen. Dass das Wohlbefinden eher schlecht ist, w ird deutlich öfter v on den
Jungen angegeben.
Abbildung 20 Allgemeines Wohlbefinden der Schüler
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
weiblich
männlich
s ehr gut
gut
mittelmäß ig
nicht gut
sc hlecht
Auch bei dem Interesse für das Thema Gesundheit kann man ein Ungleichgew icht
zw ischen den Mädchen und Jungen feststellen. So haben Mädchen tendenziell ein
größeres Interesse als die Jungen (v gl. Abbildung 21), dennoch ist auch bei den
Jungen ein großes Interesse zu v erzeichnen. Interessanterw eise v erw eisen nur
v ergleichsw eise w enige befragte Schüler auf die Verantw ortlichkeit der Eltern.
Somit lässt sich auch erklären, dass über 80% der Mädchen und immerhin fast
70% der Jungen angeben, dass sie gerne mehr über Gesundheit lernen w ürden.
Abbildung 21 Wichtigkeit des Themas Gesundheit für die Schüler
0%
10 %
2 0%
3 0%
40 %
5 0%
60 %
7 0%
8 0%
90 %
1 00 %
weiblic h
männlic h
sehr
4.4.1.
bis sc hen
k ümmere mic h nic ht
Eltern achten darauf
Ernährung
Nach Ansicht der Ex perten ist die Ernährung v on v ielen Jugendlichen
unregelmäßig, unausgew ogen und stark v on Fastfood bestimmt. Fragt man sie
allerdings nach ihren Lieblingsgerichten, stehen (w ie v ermutlich bei fast allen
Jugendlichen und auch v ielen Erw achsenen) Pizza, Spaghetti und Co. ganz oben.
(v gl. Abbildung 22). Pommes, Hamburger und andere Fast-Food-Gerichte nehmen
49
TOPOS Stadtforschung
in der Hierarchie erst den dritten Platz ein. Obst und Gemüse sow ie Süßigkeiten
w erden aber nur v on w enigen als Lieblingsgerichte angegeben.
Abbildung 22 Lieblingsgerichte der Schüler
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
weiblich
S paghet ti,
orient. -asiat .
Pizza und Co.
Gericht e
Fast-Food:
P ommes,
Burger etc.
männli ch
Gerichte:
Obst / Gem üse
Süß es:
Fl eisch,
Salat
Mil chreis, E is
Aufl auf,
etc.
Kart offeln etc.
Es fällt auf, dass es keine besonderen geschlechtsspezifischen Unterschiede in
den Ernährungsgew ohnheiten gibt. Dies w ird auch v on den Ex perten bestätigt.
Allerdings berichten sie v on einem übermäßigen Konsum an zuckerhaltigen
Getränken und Snacks w ie Chips oder Chinanudeln, die roh „geknabbert“ w erden.
Bei den Jugendlichen ist ebenso w ie bei den jüngeren Kindern zu beobachten,
dass sie häufig ohne Frühstück zur Schule kommen und v on zu Hause keine
adäquate Verpflegung für den Vormittag mitbringen. Viele Jugendliche v ersorgen
sich daher unterw egs mit Süßigkeiten, Chips und süßen Getränken. Dies w ird
auch v on den Betreuern in den Jugendeinrichtungen bestätigt. Dennoch sind nur
v ereinzelte Jugendliche v on Adipositas betroffen, Übergew icht ist nach
Einschätzung der Ex perten bei den Jugendlichen im Gebiet kein besonderes
Problem. Einige der besonders sport- und fitnessorientierten Jungen konsumieren
Anabolika, w as als gesundheitliches Risiko gew ertet w erden muss.
Begegnet w ird dieser Problematik mit alternativ en, gesunden Angeboten in den
Einrichtungen selbst. In der Cafeteria der Kurt-Löw enstein-Oberschule gibt es beispielsw eise keine Cola oder Fanta, sondern Säfte und Ay ran. Die Jugendeinrichtungen „Outreach“, „Schilleria“ und Warthe 60 thematisieren die Ernährung
der Jugendlichen regelmäßig und haben die Erfahrung gemacht, dass die meisten
v on ihnen am ehesten über Aktiv -Angebote w ie gemeinsames Kochen zu
erreichen sind, denn sow ohl die Mädchen als auch Jungen kochen gerne, w enn
sie dabei begleitet und angeleitet w erden. Alle drei Einrichtungen organisieren daher
w öchentlich ein gemeinsames Kochen. Die Schilleria w ird dazu durch
Lebensmittelgabe v on der Berliner Tafel unterstützt.
Bei den Jugendlichen besteht bei der Ernährung ein Bedarf an jugendgerechter
Information über gesunde Ernährung und konkrete Kochanleitung z.B. in Form v on
50
TOPOS Stadtforschung
Kochkursen. In dieser Altersgruppe läge hier bereits die Förderung der späteren
Eltern. Wichtig für Jugendliche ist die altersadäquate Transportierung der Themen –
ein Slogan w ie „kochen ist cool“ w äre denkbar. In den v on ihnen besuchten
Jugendhilfeeinrichtungen sollten die Multiplikatoren in gesunder Ernährung geschult
w erden und regelmäßige Kochev ents für und mit den Jugendlichen angeboten
w erden. Die Anabolika konsumierenden Jungen sollten über die gesundheitlichen
Schädigungen durch diese Nahrungsergänzung aufgeklärt w erden.
4.4.2.
Bewegung
Im Bereich der Bew egung ist ein starker Geschlechtsunterschied zu beobachten.
Die Jungen treiben meist gerne und häufig Sport, allen v oran Ballsportarten, v .a.
Fußball (v gl. Abbildung 23). Aber auch Kampfsportarten und Fitness sind bei ihnen
sehr beliebt, w obei sie aber nicht auf gesundheitliche Ausw irkungen achten
(Body building statt Fitness). Die Mädchen üben auch gerne Ballsportarten aus,
sogar Fußball ist für eine Reihe v on Mädchen interessant. Sie haben aber auch
noch andere Interessen, die v on den Jungen kaum genannt w erden: Gy mnastik,
Turnen und Tanz sow ie Fahrradfahren und Inline-Skaten.
Abbildung 23 Beliebte Sportarten bei den Schülern
80, 0
70,0
60, 0
50,0
40, 0
30, 0
20,0
10, 0
sonst iges
Fahrrad/ Inli ner
männlich
Laufen/Joggen
Schwim men
Gymnasti k/ Turnen/ Tanz
weiblic h
F it ness
Kam pfsport
sonst iger Bal lsport
Fußball
0,0
Dennoch kann dies nicht darüber hinw egtäuschen, dass bei den Mädchen im
Jugendalter eine zunehmende Bew egungsunlust zu beobachten ist. Darüber hinaus
beginnen speziell für konserv ativ erzogene muslimische Mädchen mit der Pubertät
Verbote, die sie stark in ihren Bew egungsräumen und Bew egungsmöglichkeiten
einschränken. Auch die Teilnahme am Schulsport ist dadurch häufig
eingeschränkt. Die Kurt-Löw enstein-Schule kooperiert auf diesem Gebiet mit dem
Hochschulsport und bietet Sport getrennt geschlechtlich an, um den Mädchen zu
ermöglichen, sich in v ertrauter Runde auch ohne Kopftuch zu bew egen.
Die männlichen Jugendlichen im Gebiet sind die Gruppe, die die v orhandenen
öffentlichen Sportmöglichkeiten am stärksten nutzt. Mädchen oder jüngere Kinder
51
TOPOS Stadtforschung
w erden häufig v on diesen v erdrängt und nehmen diese Sportmöglichkeiten dann
nicht mehr in Anspruch. Von Seiten des Jugendclubs Outreach gibt es regelmäßige
organisierte Sportangebote (Breakdance, Fußball, Basketball), die ebenfalls v iel
genutzt w erden.
Für Mädchen und w eibliche Jugendliche bietet das Mädchen-Cafe Schilleria die
Möglichkeit, organisierte und damit geschützte Bew egungsangebote zu nutzen, die
den Wünschen und Vorstellungen dieser Alterklasse entsprechen. Wettkampforientierter Sport ist hier nicht gefragt, das Interesse geht mehr hin zu freizeitsportlichen Aktiv itäten w ie Radfahren, Inline-Skaten und Schw immen. Die
Organisation dieser Angebote ist aber für die Schilleria schw ierig, bspw . auch
aufgrund der Verkehrssituation so aufw endig, dass sie seltener durchgeführt
w erden, als es dem eigentlichen Bedarf entspräche. Es besteht der Wunsch nach
einem selbst organisierten Verleih v on Fahrrädern und anderen Bew egungsmaterialien.
Bedarf besteht bei der Bew egungsförderung also in erster Linie bei den Mädchen.
Gefordert sind in diesem Alter geschlechtsgetrennte Angebote, die in geschützten
Räumen stattfinden. Dafür sollten speziell ausgebildete Kursleiterinnen gew onnen
und die erforderlichen Räume (ungenutzte Turnhallen, Schulhöfe etc.) gefunden
w erden.
Bei den Jungen steht die Anleitung zu gesundheitsgerechter Bew egung im
Vordergrund. Eine gute Verbindung lässt sich dabei zw ischen den Themen
Bew egung und Förderung v on Lebenskompetenz finden.
Für beide Geschlechter sollten die nicht-organisierte Bew egungsmöglichkeiten
v erbessert w erden über die Öffnung v on mehr Flächen, die Bereitstellung v on
Bew egungsinstrumenten (Fahrräder, Inliner etc.) oder die Organisierung v on
gezielten Bew egungsangeboten w ie Tanzw ettbew erbe oder Theater-/ Zirkusw orkshops etc.
4.4.3.
Gesundheitliche Aufklärung
Die entscheidenden Themen im Jugendalter sind Drogen/Sucht, sex uelle
Aufklärung und Verhütung (Schw angerschaft sow ie sex uell übertragbare
Krankheiten). Im Bereich der Sex ualaufklärung ist w ieder der deutliche
Geschlechtsunterschied zu beobachten. Während die Jungen mit ihnen v ertrauten
Menschen durchaus über diese Themen sprechen, ist für die Mädchen dieses
Thema stark tabuisiert und „darf“ nicht angesprochen w erden. Dies ist besonders
stark bei den muslimischen Mädchen ausgeprägt, w irkt sich aber auch auf die
anderen aus, da sie nicht als „Schlampen“ dastehen w ollen. Hier bestehen nach
Aussagen der Ex perten massiv e Informationsdefizite, die im Ex tremfall auch zu
sehr frühen Schw angerschaften führen.
Die Befragung zeigt, dass die Schüler eine Reihe v on Ansprechpartnern zu
Gesundheitsthemen haben, die sie bei Bedarf fragen können (v gl. Abbildung 24).
Dies sind sow ohl die Mitglieder der eigenen Familie als auch Ärzte bzw . bei den
Mädchen Ärztinnen. Es fällt auch der recht hohe Anteil an Schülern auf, die sich mit
solchen Themen an ihre Lehrer w enden w ürden. Zw ischen Jungen und Mädchen
52
TOPOS Stadtforschung
besteht der Unterschied v .a. darin, dass die Mädchen noch häufiger Ärzte und
andere Verw andte zu Rat ziehen w ürden, w eniger gerne reden sie offensichtlich
mit ihren Brüdern über diese Themen. Diese w iederum w ürden ihre Schw estern
ebenso oft w ie die w eiblichen Befragten zu Gesundheitsthemen ansprechen.
Abbildung 24 Ansprechpartner für die Schüler bei Gesundheitsthemen
1 00
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
Freunde
Arzt
Lehrer
weiblich
Betreuer
Jugendclub
B ruder
männlich
Schwester
andere
Verwandte
habe
niemanden
Insgesamt besteht hoher Bedarf an sensibler Sex ualaufklärung, v .a. für die
Mädchen. Denkbare Lösungsansätze w ären, diese Themen bereits in der Grundschule im Unterricht in einem Alter zu behandeln, w enn sie noch nicht so
schambesetzt sind. Daneben w äre ein Peer-to-Peer-Ansatz denkbar, bei dem
(ältere) Jugendliche die Themen für (jüngere) Jugendliche aufbereiten.
4.4.4.
Vorsorge
Die Inanspruchnahme der J-Untersuchung im Jugendalter w ird v on den meisten
Ex perten nicht ex plizit thematisiert. Vermutlich nehmen kaum Jugendliche
Vorsorgeuntersuchungen w ahr. Insbesondere Mädchen suchen zu selten
gy näkologische Prax en auf. Von den Akteuren w urde ein mangelndes Wissen in
Bezug auf gesundheitliche Vorsorge benannt. Auch hier kommen Sprache und
fehlende Mobilität als Barrieren zum Tragen.
Es besteht in erster Linie Informationsbedarf darüber, dass es (v on Eltern
unabhängige) Vorsorgeuntersuchungen für Jugendliche gibt. Daneben sollte über
Sex ualität und Verhütungsmethoden aufgeklärt w erden. Eine Beratung über die
Möglichkeiten, unabhängig v on den Eltern einen Arzt/ eine Ärztin aufzusuchen,
Schw eigepflicht der Ärzte etc. w äre für v iele der Jugendlichen w ichtig.
53
TOPOS Stadtforschung
4.4.5.
Lebenskompetenz
Die Entw icklung v on Lebenskompetenz ist eine zentrale Aufgabe w ährend der
Jugend. Dabei geht es w esentlich um das Vertrauen in eigene Fähigkeiten und das
Gefühl, sein Leben entscheidend beeinflussen zu können. Insofern ist es
bedenklich, dass v iele der Jugendlichen im Gebiet unter Perspektiv losigkeit leiden.
Bei Jugendlichen aus Haushalten mit Migrationshintergrund kommt oftmals
erschw erend eine unzureichende Sprachkompetenz und/oder kulturelle
Zerrissenheit hinzu.
Folgen sind Verhaltensauffälligkeiten, mangelndes Identitätsgefühl, Delinquenz,
psy chische Verstimmungen, Suchtmittelmissbrauch und (auto-)aggressiv es
Verhalten.
Die mit den Jugendlichen arbeitenden Ex perten berichteten, dass sehr v iele
Jugendliche rauchen. Beim Konsum anderer Drogen ist sow ohl ein Geschlechtsals auch ein kultureller Unterschied zu beobachten. Jugendliche mit muslimischem
Hintergrund konsumieren kaum Alkohol oder illegale Drogen. Bei den deutschen
und osteuropäischen Jungen ist diese Problematik aber relativ stark, bei den
Mädchen etw as w eniger stark v orhanden. Dabei spielen Cannabis, Alkohol und
Party drogen die bedeutendste Rolle. In den letzten zw ei Jahren w urde für die
Jungen v on einem zunehmenden Konsums v on Tilidin, einem opiathaltigen
Schmerzmittel, berichtet. Die Mädchen der Altersgruppe sind nach Eindruck der
Ex pertinnen erstaunlich w enig v on Essstörungen betroffen und haben ein relativ
gutes Verhältnis zu ihrem Körper.
Bei den Jungen spielen
Rückenschmerzen) eine Rolle,
Auseinandersetzungen (zw ischen
bei den Mädchen bestehen zum
kulturellen Gruppen.
psy chosomatische Probleme (Kopf- und
außerdem sind sie mitunter in phy sische
den kulturellen Gruppen) v erw ickelt. Aber auch
Teil starke Ressentiments gegenüber anderen
Einige der ex istierenden Angebote für Jugendliche w ie bspw . die Schuldistanziertenarbeit an der Kurt-Löw ensteinschule oder die Schülerfirma sind im
w eitesten Sinne als Lebenskompetenzförderung zu v erstehen. Speziell die
geschlechtsspezifischen Angebote v on Schilleria und Outreach bieten
Unterstützung im Bereich der Identitäts- und Selbstw ertfindung an. In der Schilleria
w erden Mädchen im Rahmen des Modellprojekts „Peers in the City “ über das
Bildungsteam Berlin als Multiplikatorinnen für die Bereiche Beziehung und
Sex ualität ausgebildet. Ein Mitarbeiter v on Outreach bietet als gesondertes Angebot
für delinquente Jungen das Einzeltraining DenkZeit an, das aber mit 40
Einzelsitzungen sehr aufw ändig ist. Das Modellprojekt zur Gew altpräv ention
Warthe 60 erreicht Mädchen und Jungen gemeinsam und v ersucht sow ohl in der
offenen Arbeit als auch in gezielter Gruppenarbeit den Problemen w ie Aggressiv ität
und Gew altneigung zu begegnen.
Der Bedarf im Kontex t der Suchtmittelabhängigkeit bei Jugendlichen im Gebiet liegt
in erster Linie in der Präv ention des Rauchens und der Unterstützung bei der
Entw öhnung v on Zigaretten. Allgemein sollten Jugendliche über die Unterstützung
54
TOPOS Stadtforschung
in ihrer Identitätsfindung, Selbstbehauptungsförderung und Sport/Bew egung in ihrer
Fähigkeit gestärkt w erden, sich gegenüber Suchtmitteln abgrenzen zu lernen.
Es besteht v .a. für Mädchen der Bedarf der Steigerung ihrer Mobilitätskompetenz –
also zu lernen, sich neue und andere als die v ertrauten Räume anzueignen.
Mädchen benötigen die Förderung der Selbstbehauptungsfähigkeiten – Jungen eher
das Erlernen v on Entspannung und Aggressionsabbau. Für beide Geschlechter ist
das kennen lernen des eigenen Körpers und seiner Signale w ichtig, um mögliche
Krankheitsanzeichen deuten zu lernen. Erforderlich w äre eine gesundheitliche
Erstkontakt-/Anlaufstelle speziell für Jugendliche, die Aufklärung über die
v orhandenen Angebote im Gebiet bietet. In diesem Kontex t sollte auch die
gesundheitliche Sprachkompetenz gefördert w erden.
55
TOPOS Stadtforschung
4.5. Bedarfe der Haushalte ohne Kinder
Wie eingangs erw ähnt lag das Schw ergew icht der Analy se auftragsgemäß
v orw iegend auf den Haushalten mit Kindern und Jugendlichen. Die Gruppe der
Haushalte ohne Kinder ist sehr heterogen und w urde deshalb nach der (Möglichkeit
zur) Beteiligung am Erw erbsleben in zw ei Altersgruppen unterteilt, für die
zusammenfassend die Bereiche der Gesundheitsförderung dargestellt w erden.
4.5.1.
Senioren
Im Vordergrund steht bei den Älteren die längstmögliche Erhaltung der Selbstständigkeit sow ie eine stark zu beobachtende Vereinsamung und Isolation.
Die Multimorbidität - schw ere Mehrfacherkrankungen, die die Betroffenen in der
Ausübung ihrer täglichen Verrichtungen stark beeinträchtigen - gew innt gerade im
höheren Alter an Bedeutung, ein konstruktiv er Umgang mit Alterungsprozessen,
Abschied und Tod muss entw ickelt w erden.
Nach Aussagen der Ex perten haben v iele der alten Menschen im Gebiet nur
unzureichendes Wissen um gesunde und altersadäquate Ernährung. Aufgrund ihrer
schlechten finanziellen Situation entscheidet oft auch nicht die Qualität der
Lebensmittel, sondern der Preis. Ältere Menschen, die nicht (mehr) selbst kochen
(können), sind zudem auf ex terne Versorgungsangebote angew iesen.
Wie v on den Ex perten berichtet w urde, bew egen sich die Senioren zu w enig.
Einige v erlassen aus Angst oder Abneigung gegenüber der Verschmutzung nur
w enig ihre Wohnung.
Demgegenüber ist das Angebot an Begegnungsstätten und spezifischen
Förderangeboten im Gebiet gering. Für alte Menschen sollten deshalb Angebote
geschaffen w erden, die Vereinsamung entgegenw irken und den Menschen eine
Aufgabe geben können.
Da immer mehr Menschen mit Migrationshintergrund im Gebiet älter w erden und
keine auf ihre Bedürfnisse ausgerichteten spezifischen Angebote ex istieren, w äre
es w ichtig, kulturspezifische Maßnahmen für ältere Menschen zu initiieren.
Denkbar w ären kultur- und sprachsensible Kompetenztrainings für Senioren, die
Initiierung v on Selbsthilfegruppen, spezielle Bew egungsangebote, Ernährungsberatung sow ie gesundheitliche Aufklärung in Form einer Vortragsreihe mit
anschließendem Senioren-Café über relev ante mit dem Altern im Zusammenhang
stehenden Themen.
4.5.2.
Menschen im Erwerbsalter
Diese Single-, Paar- und Mehrpersonenhaushalte tauchten in den Beschreibungen
der Ex perten nur in Form der sog. „Problemgruppen“ w ie Alkohol- und Drogenabhängige, Arbeitslose mit starken psy chischen und sozialen Problemen etc. auf,
deren Probleme unter den gesonderten Bedarfen besprochen w erden.
Gerade Erw erbstätige sind w erktags im Gebiet kaum und in den Beratungsstellen
praktisch gar nicht präsent. Die Ex perten konnten folglich auch w enige Aussagen
56
TOPOS Stadtforschung
zu deren Bedarfen hinsichtlich der Gesundheitsförderung machen. Dennoch sollte
diese Gruppe bei Maßnahmen der Gesundheitsförderung auch deshalb
berücksichtigt w erden, damit diesen das Gebiet stabilisierenden Bew ohnern ein
attraktiv es Angebot gemacht w ird, w as sie zum Bleiben bew egt. Viele
Präv entionsangebote der Kassen zielen beispielsw eise auf die Steigerung der
Kompetenzen zur arbeitsw eltbedingten Stressbew ältigung. Solche Angebote ins
Gebiet zu holen, w äre dafür ein Ansatz.
4.6. Besondere Einzelbedarfe
4.6.1.
Muslimische Frauen und Mädchen
Besonders schw er erreichbar sind traditionell lebende muslimische Frauen und
Mädchen. Ihre Bew egungsräume und -möglichkeiten sind aufgrund v on Verboten,
aber auch aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse ex trem eingeschränkt. In
türkischen und arabischen Familien sind einige Frauen durch Heiratsmigration nach
Deutschland gekommen, sprechen kaum Deutsch und leben aufgrund des an den
Mann gekoppelten Aufenthaltsstatus in einer sehr abhängigen Situation.
Für traditionell muslimische Frauen und Mädchen sollte ein spezielles, den
kulturellen Rahmenbedingungen gerecht w erdendes Angebot bereitgestellt w erden.
Dies umfasst strikte Geschlechtertrennung und eine muttersprachliche Ausrichtung.
Ein „erlaubter“ Zugang ist häufig über die Themen der Kinder und ein
eingegrenztes Angebot an Bew egungsformen und Möglichkeiten. Als sehr
erfolgreich w urden Fahrradkurse oder gemeinsame Ausflüge der Frauen in andere
Teile Berlins geschildert. Muslimische Mädchen in und nach der Pubertät sind
häufig noch gut über die Schulen zu erreichen, da dies ein Ort ist, den sie
aufzusuchen dürfen. Aufgrund der Einschränkungen zu Hause nehmen sie
Angebote an der Schule v ergleichsw eise häufig w ahr.
Die „Problemgruppe“ muslimischer Frauen spricht insbesondere der Verein
UGRAK mit seinen Bew egungsangeboten an. Die Mitarbeiterinnen organisieren
Kurse für Rückengy mnastik, Tanzen oder Möglichkeiten um Fahrrad fahren oder
Schw immen zu lernen. Ein ähnlich geartetes Angebot w äre auch für die Gruppe
der arabischen Frauen w ünschensw ert, ebenso für andere Ethnien.
Als Problem für v iele Frauen im Gebiet w urde uns v on Seiten der Ex perten die
steigende Anzahl an Angststörungen und Depressionen genannt – die sich
w iederum negativ auf die Entw icklung der Kinder ausw irken. Für Frauen, die die
deutsche Sprache nicht beherrschen, ist es sehr schw ierig, eine muttersprachliche
Beratung oder Psy chotherapie und damit eine adäquate Unterstützung bei
psy chischen Störungen zu bekommen. Die Bereitstellung v on entsprechenden
Adressen ist eine w ichtige Aufgabe der Koordinationsstelle.
4.6.2.
Alkoholismus
Im Gebiet ist ein starker Missbrauch v on Alkohol bzw . Alkoholabhängigkeit zu
beobachten.
Kinder
alkoholabhängiger
Menschen
zeigen
teilw eise
Vernachlässigung und psy chische Probleme. Eine Beratungs- oder
Betreuungsstelle für Abhängige und Angehörige ist im Gebiet nicht v orhanden. Wie
57
TOPOS Stadtforschung
bereits erw ähnt besteht hier Handlungsbedarf, der jedoch nur v on entsprechenden
Ex perten geleistet w erden kann.
4.6.3.
Menschen mit Behinderungen
Grundsätzlich ist es Ziel der Gesundheitsförderung, die Mobilität und gesellschaftliche Teilhabe v on Menschen mit Behinderung zu unterstützen. Menschen
mit Behinderungen haben meist spezifisch auf ihre jew eilige Gesundheitssituation
bezogene Informations- und Unterstützungsbedarfe. Daher kann dieses Thema im
Rahmen einer allgemeinen Gesundheitsförderung nur in dem übergeordneten Punkt
Barrierefreiheit behandelt w erden. „Barrierefreiheit“ meint in diesem
Zusammenhang die phy sischen und organisatorischen Voraussetzungen des
Zugangs zu Beratungsstellen, Informationen, etc. Deshalb betrifft sie nicht nur die
Gestaltung v on Gebäuden und Außenraum, sondern auch die entsprechende
Aufbereitung v on Informationsmedien w ie z.B. des Internets.
Auf die Bedürfnisse v on Frauen mit Behinderung w ird im Quartier durch RuT (Rat
und Tat – offene Initiativ e lesbischer Frauen) und das Netzw erk behinderter Frauen
sehr umfassend eingegangen.
Im QM-Gebiet besteht das Problem, dass die U-Bahn-Stationen Leine- und
Boddinstraße nicht barrierefrei sind. Dies zw ingt gehbehinderte Besucher, auf den
Bus oder das eigene Auto auszuw eichen. Ein Aufzug w äre auch für Senioren und
Eltern mit Kinderw agen eine Erleichterung.
Im Rahmen der Befragung w urde der Wunsch geäußert, ähnlich einem Stadtplan,
der barrierefreie Angebote bündelt, eine Bestandsaufnahme über Barrierefreiheit im
Quartier zu machen und diese zu v eröffentlichen.
Die speziellen Bedarfe der Menschen mit Behinderung im QM-Gebiet w aren im
Rahmen dieses Gutachtens nicht zu erheben. Dies w äre Aufgabe einer speziellen
Ex pertise, die es zeitnah anzufertigen gälte.
4.6.4.
Arbeitslosigkeit
Vordringliches soziales Problem im Gebiet ist die hohe Arbeitslosigkeit, die mit
einem Verlust an gesundheitsrelev anten Ressourcen einhergeht. Ressourcen der
Erw erbsarbeit sind Einkommen und Berufsprestige, die entstehenden sozialen
Kontakte sow ie Sinnstiftung und Herausforderungen durch die Arbeit.
Arbeitslosigkeit bedeutet für die meisten Menschen ein hohes gesundheitliches
Risiko. Zahlreiche Studien berichten v on einem deutlich höheren Ausmaß
psy chischer Störungen, Suchtmittelabhängigkeit, ungesünderer Ernährung und
mangelnder Bew egung sow ie einer allgemein erhöhten Morbidität. Die
Ex pertengespräche haben diese Ergebnisse auch für das Gebiet
Schillerpromenade bestätigt.
Im Gebiet gibt es bisher keine Struktur, die sich mit den gesundheitlichen Folgen
der Arbeitslosigkeit auseinandersetzt. In Zusammenarbeit mit den Krankenkassen
könnten aber möglicherw eise derartige Modellprojekte – über gesonderte Mittel –
für den Bezirk akquiriert w erden.
58
TOPOS Stadtforschung
4.6.5.
a.)
Personen mit unsicherem Aufenthaltsstatus
„Duldungsketten“
Im Gebiet leben seit v ielen Jahren Bew ohner, die aus ihren Heimatländern
geflüchtet sind und keinen gesicherten Aufenthaltsstatus besitzen (v orw iegend
arabische Familien aus Palästina). Damit bleiben auch eine Arbeitgenehmigung und
der Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt v erw ehrt, w as für die Familien eine
geringe Ausstattung mit finanziellen Ressourcen und w eniger gute Chancen auf
Integration in die Aufnahmegesellschaft bedeutet.
Auch w enn die Kinder häufig bereits in Deutschland geboren sind und hier zur
Schule gehen, sind die Familien ständig v on Abschiebung bedroht, w as einen
starken Druck ausübt. In arabischen Familien sind die Väter zum Teil längerfristig
abw esend, da sie in anderen europäischen Regionen nach Arbeit suchen bzw .
arbeiten. Auch dieser Situation und der damit einhergehenden gesundheitlichen
Belastung, kann im Rahmen der Arbeit der Koordinationsstelle kaum adäquat
begegnet w erden.
b.)
Sinti und Roma
In den Gesprächen mit den lokalen Ex perten w urden Roma- und Sintifamilien aus
dem ehemaligen Jugoslaw ien oder Rumänien als besonders schw er integrier- und
erreichbare Gruppe genannt. Es handelt sich um eine zahlenmäßig relativ kleine
Gruppe, deren Größe v on den Ex perten allerdings unterschiedlich eingeschätzt
w ird. Vermutlich umfasst sie etw a 50 Personen. Aufgrund der hohen Fluktuation
innerhalb der Gruppe der Roma und Sinti sind sie auch mit niedrigschw elligen
Angeboten nicht zu erreichen. Dazu kommt die Problematik, dass die Frauen sehr
häufig Analphabetinnen sind und aufgrund v on unsicherem Aufenthaltsstatus,
Diskriminierung und Angst medizinische Vorsorgeangebote nicht in Anspruch
nehmen. Zusätzlich bestehen w eitere Defizite bei Ernährung und Bew egung, v iele
Eltern sind mit ihren Erziehungsaufgaben überfordert, Gew alt und Alkoholismus ist
immer w ieder ein Thema in den Familien, die daher auch häufig zersplittert sind.
Aufgrund fehlender Integration und kultureller Besonderheiten ist die Bedeutung des
Zugangs über Vertrauenspersonen und muttersprachlicher Angebote bei dieser
Gruppe besonders hoch. Bisher gab es im Quartier allerdings keine Angebote, die
dies gew ährleisten konnten.
Derzeit w ird v on der RAA Berlin (Regionale Arbeitsstellen für Ausländerfragen,
Jugendarbeit und Schulen e.V.) in der Weisestraße ein Mutter-Kind-Treffpunkt
aufgebaut, der sich speziell an Roma und Sinti w endet. Hier können sich Eltern
über div erse Themen (v .a. zur Entw icklungsförderung v on Kindern) informieren.
Um hierfür auch aufsuchende Strukturen aufzubauen, sollen v ier
Elternbegleiterinnen ausgebildet w erden, die die Gruppe der Roma und Sinti über
Themen w ie Ausbildung, Konfliktpräv ention sow ie Angebote der Sozial- und
Jugendhilfe aufklären w erden. Von Seiten der RAA w urde Interesse an einer
Zusammenarbeit mit der Koordinationsstelle zum Thema Gesundheit geäußert.
Diese Stelle sollte in das lokale Netzw erk eingebunden w erden. Es ist zu hoffen,
dass ein guter Informationsaustausch mit dieser Stelle die bestehenden
Informationsdefizite über die spezielle Situation dieser Gruppe im Quartier abbaut
59
TOPOS Stadtforschung
und auch zur besseren Versorgung mit Angeboten zur Gesundheitsförderung
beiträgt.
4.6.6.
Durch breitenwirksame Angebote alle Bewohner stärken
In einer Analy se der Bedarfe an Gesundheitsförderungsmaßnahmen tauchen
zw angsläufig in Gesprächen immer w ieder nur die Gruppen auf, die sichtbare
Probleme in gesundheitsrelev anten Gebieten aufw eisen. Im Bezirk leben aber v iele
Menschen, die sozial einigermaßen gut gestellt sind und keine besonderen
gesundheitsrelev anten Probleme haben. Eine umfassende Gesundheitsförderung
im Stadtteil muss auch Angebote bereitstellen, die v on diesen Menschen
angenommen und genutzt w erden. Dies w ird durch die Offenheit der Angebote für
alle sow ie eine das ganze Quartier umfassende Bew erbung der Maßnahmen
gew ährleistet. Manche Angebote – w ie Ernährungsberatung für Säuglinge oder
spezielle Entspannungskurse – w erden bestimmt eher Familien und
Einzelpersonen aus der Mittelschicht ansprechen.
Daneben ist es in der Planung v on Gesundheitsangeboten w ichtig, eine
ausreichende Zahl an kontinuierlich Teilnehmenden zu erreichen, damit das
Angebot Bestand haben kann. Nach den Erfahrungen aus dem Gesundheitsraum
Reuterkiez sind es häufig eher Personen aus der Mittelschicht, die diese Konstanz
aufrechterhalten. Oft w erden Zugehörige der genannten Problemgruppen überhaupt
und erst nach und nach erreicht, w enn sich ein Angebot dauerhaft etabliert und
„herumspricht“.
60
TOPOS Stadtforschung
Teil II – Konzept für die Gesundheitsförderung
5. Gesundheitsförderung im QM-Gebiet
Gesundheit ist ein Querschnittsthema. Im Sinne der Förderung eines gesundheitsbew ussten Lebensstils der Bev ölkerung im QM-Gebiet Schillerpromenade gilt es
Gesundheit in möglichst v ielen Lebensbereichen zu v erankern. Vor diesem
Hintergrund w ird für die Umsetzung der Gesundheitsförderung im QM-Gebiet eine
Strategie empfohlen, die aus zw ei zentralen Bausteinen besteht. Das Strategiekonzept sieht v or, dass
1. das QM in Form einer Koordinationsstelle eine koordinierende Stellung
einnimmt und
2. die Ausrichtung und Umsetzung der Programme den lokalen Akteuren
überlassen bleibt.
Der einfache Grund für diese Aufteilung liegt auf der einen Seite in der Erreichbarkeit
der Zielgruppen, die über die bereits ex istierenden Akteure am ehesten zu
gew ährleisten ist. Auf der anderen Seite erleichtert die Koordination das Sammeln
v on Informationen und unterstützt die Umsetzung der Maßnahmen.
5.1. Organisation der Gesundheitsförderung im QM-Gebiet
Die Bausteine einer nachhaltig w irkenden Gesundheitsförderung w urden bereits
eingangs anhand der Lernspirale des Public Health Action Cy cles v orgestellt (s.
Kapitel 1.2). Zur Umsetzung der hier entw ickelten Strategie und ihrer w eiteren
Anpassung sow ie konkreter Maßnahmen soll eine Koordinationsstelle eingerichtet
w erden, die den gesamten Prozess betreut. Sie soll nicht eigene Projekte
durchführen, sondern Projekte der Partner initiieren, unterstützen und ev aluieren.
Damit unterstützt sie als „Nabe des Rades“ der Gesundheitsförderung
koordinierend den gesamten Prozess v on der Analy se bis zur Umsetzung.
Abbildung 25 Das „Rad der Gesundheitsförderung“ im QM-Gebiet
Analysieren
Evaluieren
Koordinieru ngsstelle
Strukturieren
Umsetzen
61
TOPOS Stadtforschung
5.2. Leitlinien des Gesamtprojekts
Für das Projekt „Ein Stadtteil schw ingt sich auf!“ lassen sich folgende Leitlinien
formulieren, die durch die Summe der einzelnen Maßnahmen erreicht w erden
sollten:
5.2.1.
Gesundheit ist ein Thema für alle Gruppen der Schillerpromenade
Gesundheit ist ein übergreifendes Thema, das sich an alle Gruppen gleichermaßen
w endet und das allen gleichermaßen erkennbare Vorteile bietet. Damit können
v erstärkt auch solche soziale Gruppen angesprochen w erden, die bei den
problemzentrierten Projekten im sozialen Bereich kaum oder gar nicht
angesprochen w erden. Dies stabilisiert das Gebiet.
5.2.2.
Gesundheitsförderung ist Aufgabe eines Netzwerks lokaler Akteure
Wesentlich für die Verbreitung der Idee eines gesundheitsbew ussten Lebensstils ist
es, den Partnern eines „Netzw erks für Gesundheit“ den Bezug ihrer Aktiv itäten
zum Thema Gesundheit und ihrer Möglichkeiten zum Beitrag zur
Gesundheitsförderung durch entsprechende Information und Wissensv ermittlung zu
v erdeutlichen.
5.2.3.
Das bestehende Netzwerk durch Koordination stärken
Wie die Analy se der Zielgruppen gezeigt hat, besteht im QM-Gebiet v ielfältiger
Bedarf an Maßnahmen zur Gesundheitsförderung. Gleichzeitig hat die Analy se des
Netzw erks gezeigt, dass bereits v iele Aktiv itäten und Institutionen ex istieren, die in
Kontakt mit den genannten Zielgruppen stehen. Für die Gesundheitsförderung w ird
deshalb empfohlen, das bestehende Netzw erk durch Koordination zu stärken.
5.2.4.
Lücken im Netzwerk schließen
Wie in der Analy se dargestellt und in den folgenden Empfehlungen aufgegriffen,
können nicht alle Zielgruppen mit Bedarf durch das bestehende Netzw erk erreicht
w erden. Solche Lücken gilt es gezielt zu schließen, indem v ersucht w ird, diese
Gruppen im Gebiet direkt anzusprechen, die bestehenden Akteure zum Anbieten
entsprechender Maßnahmen zu bew egen und/oder mit bestehenden Einrichtungen
außerhalb des Gebiets zu kooperieren.
5.2.5.
Das Projekt durch Leitprojekte sichtbar machen
In Kapitel 7 w erden fünf Projekte v orgestellt, mit denen die Gesundheitsförderung
durch das Quartiersmanagement auf den Weg gebracht und nachhaltig v erankert
w erden kann.
5.2.6.
Qualität durch Evaluation sichern
Durch die Ev aluation w erden w ichtige Kenntnisse über Stärken und Schw ächen
eines Projektes oder einer Maßnahme gew onnen. Dadurch v erbessern sich die
Grundlagen für projektbezogene Entscheidungen und w ird die Basis für die
Erhöhung der zukünftigen Effektiv ität und Effizienz geschaffen.
62
TOPOS Stadtforschung
5.3. Leitlinien der Einzelprojekte
In Ergänzung zu den Leitlinien des Gesamtprojekts lassen sich Kriterien für die
Ausw ahl und Bew ertung v on Projekten formulieren. Maßnahmen und Aktiv itäten,
deren Wirksamkeit belegt ist und die geeignet sind, die Ziele der Gesundheitsförderung in einer gegebenen Situation zu erreichen w erden als „Good Practice“
(„Gute Prax is“) bezeichnet. Im Gegensatz zu der aus der Wirtschaft bekannten
„Best Practice“, w as für Maßnahmen höchster Effizienz steht, genügt für Good
Practice der Nachw eis der Wirksamkeit.
Die w ichtigsten Good-Practice-Kriterien w erden im Folgenden v orgestellt. Wichtig
dabei: ein Projekt muss nicht allen Kriterien genügen. Es ist bspw . ebenso w ichtig,
dass auch die Projekte umgesetzt w erden, die nur in einzelnen Kriterien v orbildlich
sind. Folglich gibt es auch keine strenge Hierarchie der anzulegenden Kriterien.
5.3.1.
Zielgruppenorientierung
Um alle Bew ohner eines Stadtteils zu erreichen, müssen Handlungsstrategien an
den jew eiligen Lebensbedingungen orientiert w erden. Dies erfordert zunächst eine
Analy se der Zielgruppen der Gesundheitsförderung entlang der teilw eise auch
kulturell bedingten Lebensw eisen sow ie deren strukturellen Gegebenheiten. Für die
Entw icklung und Vermittlung v on Interv entionsansätzen w ird die Bedeutung der
interkulturellen Kompetenz in der gesundheitsw issenschaftlichen Literatur herv orgehoben. Hierbei geht es nicht nur um die sprachliche Verständigung, sondern
auch um die unterschiedlichen kulturellen oder lebensstil-geprägten Vorstellungen
und Ausdrucksw eisen v on Gesundheit und Krankheit. Der kulturelle oder religiöse
Hintergrund ist häufig maßgeblicher Ansatzpunkt der Förderung.
5.3.2.
Strukturelle Bedingungen verbessern
Die Möglichkeiten, sich gesundheitsbew usst zu v erhalten, sind w esentlich v on
den Strukturen des Umfelds geprägt. Hier gilt es, die v orhandenen Strukturen
hinsichtlich bestehender Möglichkeiten und Hemmnisse zu analy sieren, Defizite
abzubauen und Potenziale zu stärken. Besonderes Augenmerk gilt dabei den
Nutzungskonkurrenzen zw ischen v erschiedenen Gruppen sow ohl im
institutionellen als auch im öffentlichen Raum.
5.3.3.
Kompetenzen bündeln
Bei der Realisierung eines Projektes sollten idealerw eise die im Gebiet
v orhandenen Kompetenzen der lokalen Akteure zusammengebracht und auf das
Förderziel ausgerichtet w erden. Dies schließt auch die Zielgruppen mit ihren
Anliegen ein. Dadurch w erden ein größerer Austausch und eine w eitergehende
Wirkung mit lokalem Bezug sichergestellt.
5.3.4.
Nachhaltigkeit
Nachhaltigkeit in gesundheitsfördernden Projekten hat zw ei Dimensionen: das
Ergebnis und die Strukturen. Letzteres ist dann erfüllt, w enn eine v on der Unterstützung der Koordinationsstelle unabhängige Kontinuität eines Projektes erreicht ist,
63
TOPOS Stadtforschung
d.h. w enn eine dauerhafte Fortführung gesichert und selbsttragende Strukturen
entw ickelt w erden.
Ein Projektergebnis ist dann nachhaltig, w enn die intendierten Wirkungen eines
Angebots nach Ablauf desselben w eiterhin bestehen bzw . ein Projekt Wirkungen
über seine begrenzte Dauer hinaus erzeugt.
5.3.5.
Ansprache von Multiplikatoren
Als w esentliche Stütze für die nachhaltige Verankerung gesundheitsfördernder
Strukturen haben sich so genannte Multiplikatoren erw iesen. Multiplikatoren in der
Gesundheitsförderung sind alle Personen oder Gruppen, die professionell oder
ehrenamtlich auf Gesundheitsförderung und Präv ention bei den Zielgruppen
hinw irken (z.B. Familienberater, Politiker, Lehrer, Sozialarbeiter, Sozialpädagogen,
Gesundheitsförderer, Ärzte usw .).
Projektangebote können sich z.B. über Fortbildungsv eranstaltungen für Sozialarbeiter oder Lehrer zum Thema Suchtpräv ention direkt an Personengruppen
w enden, v on denen angenommen w ird, dass sie einen hohen Multiplikationseffekt
haben. Es kann jedoch auch das Ziel eines Projektes sein, Betroffene, in diesem
Fall sozial Benachteiligte, im Laufe der Projektdurchführung zu Multiplikatoren zu
machen und in diesem Sinne zu schulen (z.B. „Ex -User“ beraten
Drogenabhängige; jugendliche Besucher eines Jugendzentrums w erden zu
„Peers“).
5.3.6.
Niedrigschwelligkeit
Ein w eiteres Kriterium sind die Zugangsbarrieren für die Zielgruppe. Herkömmliche
Beratungsangebote mit so genannter „Kommstruktur“ sind häufig so angelegt, dass
diejenigen Personen, die besonders dringend Unterstützung und Hilfestellungen
benötigen, nicht erreicht w erden.
Je niedrigschw elliger ein Projekt ausgelegt ist, umso besser. Im Idealfall – w ie z.B.
bei den Stadtteilmüttern – sind die Projekte aufsuchend, begleitend und/oder
nachgehend angelegt.
Das unmittelbare „Auf-die-Gruppen-zugehen“ gelingt am besten durch das Aufsuchen der Zielgruppe in ihrer Lebensw elt, z.B. Schüler/Jugendliche in der Schule
oder in Freizeiteinrichtungen, Kinder im Vorschulalter in Kindertagesstätten,
Wohnungslose und Drogenabhängige in Szenetreffs oder durch Streetw orker auf
der Straße, Beschäftigte in Betrieben oder alleinerziehende Mütter auf dem
Spielplatz oder beim Kinderarzt.
Darüber hinaus soll die Erreichbarkeit der Zielgruppen durch unkomplizierte
Terminabsprachen und zielgruppenorientierte Öffnungszeiten v on Einrichtungen
gefördert w erden. Offene Angebote tragen dazu bei, Kontakte zu erleichtern.
5.3.7.
Beteiligung der Betroffenen
Grundsätzlich ist ein möglichst partizipativ er Charakter der Projekte anzustreben.
Partizipation in diesem Sinne umfasst die Formulierung v on Wünschen,
64
TOPOS Stadtforschung
Bedürfnissen und Kritik, die Beteiligung an Entscheidungen, die Beteiligung an
Regelerstellungen sow ie die aktiv e Einbeziehung aller Beteiligten in die Planung,
Umsetzung und Ev aluierung der Angebote.
Einschränkend ist jedoch anzumerken, dass Partizipation in der Gesundheitsförderung je nach Art und Umfang des Projektes, Zusammensetzung und
Motiv ation der Zielgruppen zw ar erstrebensw ert, aber auch überfordernd und damit
hemmend sein kann. Es gilt also, ein gelungenes Maß an Leitung und Partizipation
zu finden.
Um die Fähigkeiten der Zielgruppe für partizipativ e Prozesse zu erhöhen, sollten
die notw endigen Kompetenzen geschult w erden.
5.3.8.
Empowerment
Empow erment in der Gesundheitsförderung ist die Befähigung und Stärkung der
Menschen zur gesundheitsfördernden Gestaltung ihrer Lebensbedingungen. Dies
hilft den Menschen, mehr Einfluss auf ihre eigene Gesundheit und ihre Lebensw elt
auszuüben und ermöglicht ihnen zugleich, Entscheidungen in ihrem Lebensalltag
zu treffen, die ihrer Gesundheit zugute kommen. Diese Fähigkeiten auszubauen ist
ein primäres Ziel der Gesundheitsförderung.
Projekte der Gesundheitsförderung sollten die Entw icklung v on Persönlichkeit und
sozialen Fähigkeiten durch Information, gesundheitsbezogene Bildung sow ie die
Verbesserung sozialer Kompetenzen im Umgang mit Gesundheit und Krankheit
unterstützen.
Da Gesundheit ein Querschnittsthema ist, können Projekte sow ohl in Schulen als
auch zu Hause, am Arbeitsplatz und innerhalb der religiösen Gemeinschaft
ansetzen. Öffentliche Körperschaften, Priv atw irtschaft und gemeinnützige
Organisationen können hier ebenso einbezogen w erden w ie die traditionellen
Bildungs- und Gesundheitsinstitutionen.
5.3.9.
Setting-Ansatz
Der Begriff „Setting“ bezeichnet ein überschaubares sozial-räumliches Sy stem (w ie
Betrieb, Schule, Krankenhaus, Stadtteil etc.), in dem Menschen ihren Alltagstätigkeiten nachgehen. Hierv on gehen w ichtige Impulse auf die Wahrnehmung v on
Gesundheit, auf Gesundheitsbelastungen und/oder Gesundheitsressourcen sow ie
auf alle Formen der Bew ältigung v on Gesundheitsrisiken (Balance zw ischen
Belastungen und Ressourcen) aus. Settingorientierte Interv entionen richten sich an
die strukturellen Bedingungen des Settings und an die inv olv ierten Personengruppen.
Projekte sollten v ersuchen, die kontex tbezogenen Verhältnisse oder die
Verhaltensmuster in Richtung auf gesundheitsfördernde Strukturen zu v erändern.
5.3.10. Integriertes Handlungskonzept
Ein integriertes Handlungskonzept liegt dann v or, w enn bei der Realisierung eines
Projektes oder Vorhabens alle zur Planung und Umsetzung notw endigen Akteure,
65
TOPOS Stadtforschung
z.B. aus Politik, Verw altung oder Prax is, einbezogen sind. Dies schließt auch die
Zielgruppen der Projekte ein. Anders als bei den Beteiligten geht es hier darum,
Hindernisse bei der Umsetzung bereits im Vorfeld auszuräumen.
Integrierte Handlungskonzepte sind gegenüber Einzelmaßnahmen w esentlich
komplex er und stoßen sow ohl Kommunikations- und Koordinations- als auch Lernprozesse zw ischen den Akteuren an. Gleichzeitig w ird durch die Beteiligung das
Risiko v erringert, dass Akteure ausscheren oder „querschießen“. Im Quartiersmanagement-Gebiet Schillerpromenade haben sich integrierte Handlungskonzepte
bereits bew ährt.
5.3.11. Innovative Ansätze
In Gesundheitsförderung und Präv ention sind diejenigen Projekte und Maßnahmen
innov ativ , die durch Anw endung neuer (Kombinationen v on) Ideen, Techniken und
Methoden neuartige Lösungen für bestimmte Probleme und Herausforderungen
praktizieren.
Innov ativ e Projekte sind nicht per se w ertv oller als kontinuierlich arbeitende
Projekte oder Regelangebote. Als „Ex perimente“ dienen sie jedoch dazu, neue
Ansätze zu entw ickeln, mit denen die angestrebten Ziele besser oder effizienter
erreicht w erden können. Insofern ist hier eine Offenheit gegenüber neuen Ansätzen
w ünschensw ert.
Gerade bei innov ativ en Projekten ist eine gute Ev aluation erforderlich, um sie mit
den bisherigen Lösungen v ergleichen zu können.
66
TOPOS Stadtforschung
6. Handlungsbedarfe der Gesundheitsförderung im
QM-Gebiet
Aus den festgestellten Defiziten und den Strukturen im QM-Gebiet leiten sich die im
Folgenden v orgestellten Handlungsempfehlungen für die Gesundheitsförderung ab.
Sie stellen gegenüber den in der Analy se dargestellten Bedarfen der einzelnen
Zielgruppen eine Priorisierung dar.
Innerhalb der Empfehlungen w ird zunächst der Handlungsbedarf benannt, aus dem
die Ansatzpunkte für die Verbesserung abgeleitet w erden. Dabei w ird auch
betrachtet, w elche Angebote in diesem Bereich schon im Quartier ex istieren und
gleichzeitig anhand der Größe der jew eiligen Zielgruppe bestimmt, inw iefern diese
v ersorgt oder unterv ersorgt ist. So lässt sich zu einem ersten Überblick
beschreiben, dass v on den etw a 20.000 Bew ohnern des Quartiers etw a 1.300
unter 6 Jahre alt sind, knapp 1.000 6-12 Jahre und w eitere 1.000 im Alter v on 1218 Jahren. Die Gruppe im Erw erbsalter umfasst etw a 15.000 Personen und 1.700
Personen sind über 65 Jahre alt.
Schließlich w ird für die Umsetzung auf bereits im Quartier bestehende Projekte
sow ie auf Beispiele aus Good-Practice-Projekten zurückgegriffen.
6.1. Bewegungsförderung
Der Bew egung kommt im Bereich der Gesundheitsförderung eine zentrale
Bedeutung zu. Gleichzeitig w urde im QM-Gebiet für alle Zielgruppen mit Ausnahme
der männlichen Jugendlichen ein Bew egungsmangel konstatiert.
6.1.1.
Räume für Bewegung erschließen
Für das QM-Gebiet Schillerpromenade w urde eine für ein innerstädtisches Gebiet
relativ gute Versorgung mit neu gestalteten Spielplätzen und Aufenthaltsorten im
Freien festgestellt (Wartheplatz und Schillerpromenade). Möglichkeiten für Erholung
und bew egungsorientierte Aktiv itäten fern v on befahrenen Straßen gibt es im Gebiet
selbst allerdings – abgesehen v on den Flächen des Sportpark Neuköllns – nicht.
Der Zugang zu den Sportflächen des Vereins Tasmania an der Oderstraße ist
dagegen an eine Vereinsmitgliedschaft gebunden, w eshalb die meisten Bew ohner
des Gebietes diese nicht nutzen können.
Daher kommt den Parks der Umgebung eine besondere Bedeutung zu. Mit der
Hasenheide befindet sich eine größere Parkanlage mit v ielfältigen Nutzungsmöglichkeiten in unmittelbarer Nähe zum Gebiet. Gerade für schw ächere Nutzer
des öffentlichen Raumes (z.B. Senioren) ist der Park jedoch aufgrund seines
negativ en Images angstbesetzt. Diesen Raum „zurückzuerobern“ (z.B. mit
Aktionen w ie „Die Hasenheide gehört uns“) w äre ist eine deutliche Verbesserung
für die Bew egungsmöglichkeiten. Auch der südlich der S-Bahn gelegene CarlWeder-Park bietet attraktiv e Flächen für Aufenthalt und Erholung, er w ird aber v on
den Bew ohnern des Quartiers Schillerpromenade bisher gar nicht w ahrgenommen.
Dieser Park muss daher noch stärker in das Bew usstsein der Bew ohner gerückt
w erden.
67
TOPOS Stadtforschung
Sow ohl für die Spielplätze und Aufenthaltsorte im Quartier selbst als auch für die
Hasenheide zeigt sich, dass der Zustand des öffentlichen Raums und die
bestehenden Nutzungskonkurrenzen dazu führen, dass das Potential an Flächen
v .a. v on den schw ächeren Nutzergruppen noch nicht ausreichend ausgeschöpft
w ird. Auch die zur Verfügung stehenden Ressourcen an Innenräumen, in denen
sich Kinder, Jugendliche und Erw achsene bew egen können, sind begrenzt. Um
mehr Möglichkeiten für (unorganisierte) Bew egung zu schaffen, sollten w eitere
Räume für die Bew egung erschlossen w erden.
Ein w ichtiger Ansatzpunkt für eine Erhöhung der Flächenangebote ist die Öffnung
der v orhandenen Sportflächen im Sportpark Neukölln für die Gebiets-Bew ohner.
Hierzu sollten Absprachen mit dem Verein Tasmania und dem Sportamt getroffen
und außerhalb der Nutzungszeiten ex terne Betreuungsangebote gemacht w erden.
Des Weiteren sollte die Nutzung v on Gemeinderäumen, Sporthallen der Schulen
und Räumlichkeiten anderer Akteure w eiter ausgebaut w erden.
Ein w eiteres großes Potential bietet sich durch die anstehende Umnutzung der
Friedhofsflächen im Süden des Quartiers. Hierfür bedarf es Absprachen mit dem
zuständigen Kirchenkreis, die eine dauerhafte Nutzung als Freifläche für die
Bew ohner garantiert. Von Seiten des QM ex istieren schon Planungen für die
Nutzung als Freizeitflächen. Zusätzliche Möglichkeiten ergeben sich zukünftig
durch die geplante Aufgabe des Flughafens Tempelhof, w odurch eine 450 ha
große Grünfläche für andere Nutzungen frei w ird. Auch hier sind die Bedürfnisse
der umliegenden Anw ohner in die Planungen einzubeziehen.
Weitere Bew egungsräume bieten die Straßen im Gebiet. Insgesamt w urde nur ein
geringer Verkehr festgestellt, w as die Option zu w eiteren Maßnahmen der
Verkehrsberuhigung eröffnet. Beeinträchtigend w irken die Vermüllung und der
Hundekot im Gebiet, unter der mit den Senioren und Familien mit kleinen Kindern
zw ei besonders anzusprechende Zielgruppen leiden. Bereits ex istierende
Initiativ en zur Beseitigung sollten gestärkt w erden.
Eltern, Kindern und ältere Menschen sollten unterstützt w erden Orte zu nutzen, die
sie gerne besuchen möchten, aber w egen Nutzungskonkurrenz (v .a. auf den
Spielplätzen und Grünflächen) eher meiden. Nutzungskonkurrenzen im öffentlichen
Raum (Alkoholiker, ältere Jugendliche) müssten thematisiert und bis zur
Problemlösung moderiert w erden.
Good Practice-Beispiele:
• Winterspielplatz in der Karl-Weise-Grundschule: Nutzung der Turnhalle zum
Spielen und Toben für kleinere Kinder einen Tag in der Woche.
• Outreach nutzt nach Absprache mit Tasmania jeden Samstagabend zw ischen
17-21h den Kunstrasenplatz im Stadion Neukölln zum Fußballspielen. Dieses
Angebot w ird regelmäßig v on 15 bis 40 männlichen Jugendlichen aus dem
Stadtteilladen und der Straßensozialarbeit genutzt. Die Betreuung w ird v on den
Mitarbeitern v on Outreach gew ährleistet.
68
TOPOS Stadtforschung
• Im Sommer 2005 gab es mehrere Samstage hintereinander eine Aktion 'Die
Hasenheide gehört uns!' gemeinsam mit den Bew ohnern, w o z.B. gemeinsam
Bunker ausgegraben w urden.
• In der Kreuzberger Graefestraße ist eine Kreuzung durch diagonal angeordnete
Poller für den Durchgangsv erkehr nicht mehr befahrbar, gleichzeitig für
Fußgänger und Radfahrer passierbar und alle Teile der Straße w eiterhin für
Pkw erreichbar. Im Gebiet w urde der Verkehr durch Geschw indigkeitsbremsen
v erlangsamt. Dadurch ist die gesamte Straße beruhigt und lädt zum Aufenthalt
ein.
• Im Schöneberger Volkspark w ird dem Hundekot relativ erfolgreich durch einen
großen abgezäunten Hundebereich mit Hundetoilette, Hundespielen und
Sitzmöglichkeiten für die Hundehalter begegnet.
6.1.2.
a.)
Zielgruppenspezifische Bewegungsangebote
Eltern-Kind-Bewegungsförderung
Zu den im besonderen Maße bei der Bew egung zu fördernden Gruppen gehören
Eltern mit (kleinen) Kindern. Über v iele Familien im Gebiet w urde berichtet, dass
sow ohl die Eltern als auch die Kinder sich zu w enig bew egen.
Gemeinsame Bew egung v erbessert für beide die körperliche Aktiv ität und das
allgemeine Wohlbefinden. Gleichzeitig fördert es Eltern-Kind-Interaktion und
unterstützt Eltern darin, altersentsprechende Bew egungsspiele kennen zu lernen
und eigene Ideen zu entw ickeln, die sie im Alltag umsetzen können. Bei den
Kindern hat eine bessere motorische Entw icklung außerdem positiv e
Ausw irkungen auf die Gesamtentw icklung. Derartige Angebote fördern nebenbei
auch die Bildung sozialer Netzw erke unter den Frauen, Eltern und Familien im
Stadtteil.
Ansatzpunkte hierfür sind gezielte Kurs-Angebote w ie Eltern-Kind-Turnen, Baby Schw immen oder Eltern-Kind-Schw immen. Für v iele Frauen sind
niedrigschw ellige Angebote v or Ort, z.B. im Kindergarten oder in der Schule ihrer
Kinder sinnv oll. So können sie einfacher erreicht w erden und an bekannten und
v ertrauten Orten an Bew egung herangeführt w erden. Bei den Angeboten für die
Mütter ist eine Kinder-Betreuung v on Bedeutung. Über Variationen, die besondere
Interessen der Gebietsbev ölkerung aufgreifen, könnten auch Väter stärker
eingebunden w erden (z.B. Vater-Kind-Fußball).
Bisher gibt es keine Bew egungsangebote für Eltern und Kinder gemeinsam im
Quartier Schillerpromenade, sie müssen daher neu aufgebaut w erden. Insgesamt
zeigt die Analy se, dass etw a 220 Säuglinge und 1.100 Kinder zw ischen einem
und sechs Jahren in der Schillerpromenade leben (nach Schätzungen w ären das
etw a 600-700 Haushalte, in denen Kinder bis 6 Jahre leben. Es gibt eine Reihe
v on Einrichtungen, an denen solche Kurse gut angeboten w erden könnten, da
hierdurch v iele Eltern erreicht w erden w ürden: an den Kitas, über UGRAK und AlHuleh, im Interkulturellen Elternzentrum und speziell für Väter mit ihren Kindern
auch über das Projekt „Super-Väter“.
69
TOPOS Stadtforschung
Teile dieses Bedarfes w erden mit dem Schw erpunkt Bew egung im Leitprojekt
„Gesunde Kitas“ erreicht.
Good Practice-Beispiel:
•
b.)
Im Gesundheitsraum Reuterkiez gibt es eine offene Mutter-Kind Gruppe, die
v on einer Sozialarbeiterin, einer Logopädin und einer Krankenschw ester
betreut w ird. Durch angeleitete Spiele mit den Kindern und die Vermittlung v on
Information (Gesundheit, Ernährung, Umgang mit dem Baby ) an die Eltern
bekommen diese mehr Sicherheit im Umgang mit ihren Kindern bei gleichzeitiger Förderung der Mutter-Kind-Interaktion. Außerdem können die Mütter
hier andere Frauen aus ihrem Wohngebiet kennen lernen, w as den Austausch
und den sozialen Zusammenhalt fördert.
Bewegungsangebote für jugendliche Mädchen
Im Gebiet w urde insgesamt ein erhebliches Bew egungsdefizit für w eibliche
Jugendliche festgestellt, insbesondere im Vergleich zu den männlichen
Jugendlichen. Die w eibliche Sozialisation bedingt bei Mädchen ab der Pubertät
häufig Denk- und Verhaltensmuster, die als Barrieren für körperliche Aktiv ität
w irken. Diese „Bew egungsunlust“ w ird auch durch den Mangel an geeigneten
Orten und Angeboten für mädchengerechte Bew egung und Sport herv orgerufen. Im
öffentlichen Raum besteht zudem eine Konkurrenz mit männlichen Nutzern, so
dass sich Mädchen stark durchsetzen müssten, um z.B. in den Fußballkäfigen zu
spielen. Üblicherw eise w erden Mädchen als Mitspielerinnen in bestehenden
Gruppen nicht akzeptiert. Dies ist den Mädchen durchaus bew usst, w eshalb sie
sich aktiv v om Sport abw enden.
Es gilt Orte und Angebote zu schaffen, die den alters- und geschlechtspezifischen
Interessen der Mädchen entsprechen: Basketball, Volley ball, Gy mnastik und Tanz,
Fahrradfahren und Inline skaten. Ziel bei den Bew egungsangeboten ist, dass die
Mädchen Spaß an der Bew egung haben und geschlechtsstereoty pe Denkmuster
(„Mädchen machen … nicht“) aufbrechen (w ie z.B. im Fußball). Sie sollen Sport
und Mobilität als positiv und bereichernd erleben, um dies auch später bei ihren
Kindern, v .a. den Töchtern, stärker zu fördern.
Die Angebote müssen teilw eise in (v or Jungen und Eltern) geschützten Räumen
stattfinden, da sie sonst Gefahr laufen, nicht angenommen zu w erden. Da dies den
Mitarbeitern der Jugendeinrichtungen bew usst ist, w ird auch im neuen Jugendclub
an der Oderstraße mit seinen Flächen für freizeitsportliche Betätigung ein
Mädchentag stattfinden.
Es gibt bisher allerdings noch keine relev anten Sport- und Bew egungsangebote für
jugendliche Mädchen im Quartier. Sow ohl v om Mädchencafé Schilleria als auch
v on der Warthe 60, die einen Mädchentag hat, bestehen schon lange
Bemühungen, diesen Bereich auszubauen. Bisher konnten hier aber nur einige
unregelmäßige Ausflüge zum Eislaufen oder Schw immen angeboten w erden, die
den Bedarf bei w eitem nicht decken können (im Quartier leben etw a 500 Mädchen
zw ischen 12-18 Jahren, mindestens die Hälfte dav on mit Migrationshintergrund).
Um die Angebote in diesem Bereich längerfristig auszubauen, w urde v on Schilleria
70
TOPOS Stadtforschung
und MaDonna ein Projektentw urf formuliert, der in das Leitprojekt „Girls Mov e“
eingeflossen ist.
Good Practice-Beispiele:
• Das Mädchenzentrum „Wilde Hütte“ bietet in Mädchensportzentren Angebote für
eine aktiv e, sportliche Freizeitgestaltung an.
• In Schöneberg bietet der Verein SelbstVerteidigung für Frauen (SVF) Kurse in
„Selbstv erteidigung und Selbstbehauptung“ an, die die Mädchen v or sex ueller
Gew alt schützen sollen und die Selbstsicherheit und das Selbstbew usstsein
v on Mädchen stärkt.
• Die Sport-Jugend Hessen schult Trainer und Sportlehrer in den Möglichkeiten
der pädagogischen Einflussnahme speziell auf „schw ierige“ Mädchen und
junge Frauen.
• In Hamburg haben 80 Mädchen den Mädchenstadtteilplan „girlzone“ erarbeitet
und Forderungen an einen „mädchentauglichen“ Stadtteil formuliert.
c.)
Bewegungsangebote für muslimische Frauen und Mädchen
Eine bezüglich der Bew egung ex trem eingeschränkte Gruppe sind die Mädchen
und Frauen mit muslimischem Hintergrund. Zu den genannten Bew egungseinschränkungen der Frauen kommen noch durch das kulturelle Rollenv erständnis
bedingte Einschränkungen. Wenn die Frauen das Kopftuch abnehmen oder
Sportbekleidung tragen, dürfen nach dem Bedeckungsgebot keine Männer
zusehen. Dies bezieht sich nicht nur auf sportliche Betätigung, sondern auch auf
gesunde Alltagsbew egung und die eigene Mobilität im Stadtteil und somit die
Teilhabe am öffentlichen Leben.
Zentraler Ansatzpunkt ist zunächst ein spezifisches Angebot, das den kulturell
bedingten Denk- und Verhaltensmustern gerecht w ird. Dazu gehören strikt
geschlechtergetrennte Angebote. Einschränkungen durch den Familienv orstand
können bei Müttern durch den Bezug zu den Kindern, bei Schülerinnen durch eine
Schulv erpflichtung erreicht w erden.
Um parallel die Akzeptanz der Eltern für die Bew egungsförderung ihrer Töchter zu
erhöhen, sollten v erstärkt Kursleiterinnen und Honorarkräfte mit Migrationshintergrund beschäftigt w erden. Um mittelfristig den Zugang zu Bew egungsangeboten zu erleichtern, sollte in den Familien über eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit zum Thema Gesundheit für mehr Akzeptanz für Bew egung und Sport der
Frauen gew orben w erden. Zugang dafür bieten Schulen oder Einrichtungen im
Gebiet w ie z.B. das Interkulturelle Elternzentrum, die Stadtteilmütter oder die
interkulturellen Vereine.
Über UGRAK w urden schon einige Angebote realisiert, die bei den Frauen auf
reges Interesse stoßen (z.B. Schw immen, Radfahren, (Rücken)Gy mnastik). Über
das interkulturelle Elternzentrum w ird aktuell ein Taekw ondo-Kurs angeboten, der
aufgrund des Wunschs der Frauen sogar startete, ohne dass ein geeigneter SportRaum gefunden w urde. Auch für UGRAK stellt sich v ielfach das Problem, dass sie
w egen Finanzierungsproblemen Kurse in ungeeigneten Räumen abhalten müssen.
71
TOPOS Stadtforschung
Die große Nachfrage zeigt, dass bei v ielen Frauen das Bedürfnis nach sportlicher
Bew egung besteht. Insgesamt leben im Quartier mindestens 250 jungendliche
Mädchen (12-18 Jahre), etw a 2.800 Frauen im Alter v on 18-65 Jahren und
immerhin fast 200 Frauen über 65 Jahren mit Migrationshintergrund. Die w enigen
ex istierenden Angebote können also nur als Beginn des Ausbaus v on Bew egungsangeboten für diese Gruppe angesehen w erden. Es ist beim Ausbau dieses
Bereichs ratsam, auf die bestehenden Angebote und Zugänge zu den Frauen
aufzubauen und w eitere Kurse über das Interkulturelle Elternzentrum und UGRAK
anzubieten. Um auch Frauen mit arabischem Hintergrund anzusprechen, sollten
auch Angebote über Al-Huleh gemacht w erden.
In diesem Bereich sollten unbedingt auch die Kontakte zw ischen den lokalen
Institutionen und der Volkshochschule intensiv iert w erden, damit hier Kooperationsprojekte gestartet w erden können, die den Nutzerinnen die Angebote der VHS auch
näher bringen können.
Good Practice-Beispiele:
• Für türkische Frauen gibt es Bew egungsangebote bei der türkischen
Beratungsstelle UGRAK.
• Die Kurt-Löw enstein-Schule bietet Sport nach Geschlechter getrennt an, um den
Mädchen zu ermöglichen, sich in v ertrauter Runde auch ohne Kopftuch zu
bew egen.
• In Bremen fand ein Aktionstag „Sport und Gesundheit“ für Frauen und Mädchen
in einer Moschee statt, bei dem ohne Männer v erschiedene Sportarten
ausprobiert w erden konnten.
• Die VHS Neukölln kooperiert mit dem griechischen Verein To Spiti, um
gemeinsam Kurse anzubieten w ir z.B. Gy mnastik für Frauen, Griechische
Tänze, Gesundheitskurs für Frauen.
d.)
Bewegungs- und Mobilitätsförderung für Senioren
Die Gespräche mit den Ex perten machten deutlich, dass sich die älteren Bew ohner
des QM-Gebietes zu w enig bew egen. Dies bezieht sich einerseits auf körperliche
Betätigung, andererseits aber auch auf den Rückgang an Mobilität und somit auch
die Präsenz im öffentlichen Raum und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.
Viele Senioren ziehen sich in ihre Wohnungen zurück, w as dann zu zunehmender
sozialer Isolation führt, besonders, w enn der Partner v erstirbt und andere
Familienangehörige nicht in der Nähe w ohnen.
Daher bedarf es dringend Angebote, die Senioren zu mehr Bew egung motiv ieren.
Dies sollten sow ohl Bew egungsangebote für die „rüstigen Rentner“ sein als auch
Maßnahmen, die die Mobilität der Hochbetagten fördern.
Es geht darum, altengerechte Angebote zu schaffen und Mobilitätsbarrieren im
Alltag zu beseitigen. Übergeordnet sollten die Angebote zu einer besseren sozialen
Einbindung der älteren Bew ohner führen. Außerdem sollte in Zusammenarbeit mit
den interkulturellen Vereinen auf die besonderen Bedürfnisse v on Senioren mit
Migrationhintergrund eingegangen w erden.
72
TOPOS Stadtforschung
Insgesamt w ohnen etw a 1.700 Personen über 65 Jahren im Quartier Schillerpromenade, über 350 v on ihnen sind nichtdeutscher Herkunft. Für diese Menschen
müssen dringend div erse Angebote, die zu Bew egung und Mobilität motiv ieren,
geschaffen w erden. Die Krankenkassen haben eine Reihe v on Angeboten für ältere
Menschen. Diese sind aber üblicherw eise stark auf die deutsche Mittelschicht
ausgerichtet, so dass sie v on v ielen Bew ohnern des Quartiers überhaupt nicht
angenommen w ürden. Auch die w enigen Kurse der VHS können für die Anzahl der
Bew ohner gar nicht ausreichen, selbst w enn sie v on den Bew ohnern nachgefragt
w ürden.
Ansatzpunkte für eine Bew egungs- und Mobilitätsförderung sind zunächst
altersspezifische Kursv eranstaltungen zum Thema Bew egung (z.B. NordicWalking, Schw immen oder (Rücken)Gy mnastik). Daneben kann in starkem Maße
über soziale Veranstaltungen Bew egung gefördert w erden (Gemeinsame
Spaziergänge, Wandertage mit kulturellem Höhepunkt („Wir laufen zum Reichstag“
o.ä.), Fahrradtouren für ältere Leute, Hamam-Besuche für Muslime oder ein
Tanztee im Gemeindehaus).
Insgesamt ist die Schaffung v on Begegnungsorten für Senioren sehr w ichtig. Des
Weiteren sollten Projekte unterstützt w erden, die die Sicherheit und Sauberkeit im
öffentlichen Raum erhöhen, so dass ältere Bew ohner sich w eniger in ihre
Priv aträume zurückziehen. Hier setzt das Leitprojekt „Gesund älter w erden in der
Schillerpromenade“ an.
Good-Practice-Beispiele:
• Im Bereich des Senioren- und Gesundheitssports w urde bei den Neuköllner
Sportfreunden eine Koronarsportgruppe ins Leben gerufen, in der Menschen die
Folgen eines Herzinfarkts zu überw inden v ersuchen (ausgezeichnet mit dem
"Gütesiegel Gesundheitssport" des Landessportbundes und der Ärztekammer
Berlin).
• Die Kampagne „Bew egung und Gesundheit“ des Bundesgesundheitsministeriums setzt sich für mehr Bew egung im Alltag ein. Das Ziel w ird mit der
Kampagne „Jeden Tag 3000 Schritte w eiter“ unterstützt, in der öffentlichkeitsw irksam Schrittzähler an die Bev ölkerung v erteilt w erden.
• Das Deutsche Rote Kreuz bietet in Hamburg in Zusammenarbeit mit der
Sportv ereinigung der Polizei Selbstv erteidigungskurse für Senioren an, die sich
auf der Straße nicht mehr sicher fühlen.
73
TOPOS Stadtforschung
6.2. Ernährung
Neben der Bew egung spielt die Ernährung in der Gesundheitsförderung eine
w esentliche Rolle. Auch hier bestand für alle Zielgruppen im Gebiet Handlungsbedarf.
6.2.1.
Gesunde Lebensmittel „in den Kiez bringen“
Übergeordnetes Ziel ist es zunächst, möglichst hochw ertiges Essen v erfügbar zu
machen. Damit ist auf der einen Seite das Angebot an Nahrungsmitteln im Gebiet
gemeint, zum anderen das zubereitete Essen, das in Institutionen angeboten w ird.
Hier bestehen im QM-Gebiet Verbesserungsmöglichkeiten. Zw ar ist die Versorgung
mit Lebensmittelläden ausreichend, allerdings sind das überw iegend Discounter im
Billigsegment, so dass die Bew ohner eine Verbesserung bei der Versorgung mit
erschw inglichen frischen und gesunden Lebensmitteln w ünschen. Der
Wochenmarkt, der v on 1910 bis zum Anfang der 90er Jahre entlang der Schillerpromenade ex istierte, w urde mangels Kundschaft aufgegeben, w as die
Versorgung mit frischem Obst und Gemüse v erschlechtert.
In den lokalen Institutionen w ie Kita- und Schulküchen, Jugendclubs etc., in denen
die Bew ohner v erpflegt w erden, w erden bisher aufgrund des Kostendrucks nicht in
ausreichendem Maße gesunde und frische Lebensmittel zubereitet. Es gibt zw ar
einzelne Initiativ en v on Institutionen v or Ort (z.B. gesundes Essen und Getränke in
der Kantine der Löw enstein-Schule oder Bioessen in der Kita der GenezarethGemeinde), dennoch ist im Quartier insgesamt noch Verbesserungsbedarf.
Neben Maßnahmen zur Verbesserung des Angebots bedarf es breit angelegter
Informationen über gesunde Ernährung - insbesondere für den schmalen
Geldbeutel. Dabei sind die kulturellen Unterschiede in den Essensgew ohnheiten zu
berücksichtigen.
Good Practice-Beispiele:
• Die Gesundheitskampagne „5 am Tag“ der Deutschen Krebsgesellschaft e.V.
setzt sich für einen täglichen Pro-Kopf-Konsum v on 650 g Obst und Gemüse
ein und stellt v iele Informationsmaterialien zur Verfügung
• Das Modellprojekt „Regional-ökologische Schulv erpflegung“, das derzeit v on
der Univ ersität Kassel mit Förderung des Bundesministeriums für
Verbraucherschutz, Ernährung und Landw irtschaft durchgeführt w ird, zeigt,
dass gesunde Schulv erpflegung mit Lebensmitteln aus regionalen Bioprodukten
möglich ist.
• In dem Modellprojekt „Gesund Einkaufen“ (durchgeführt im Lehrgang
„Gesundheit und Hausw irtschaft“ im Bildungsw erk Kreuzberg) bekommen
Bew ohner v on einem Einkaufcoach (Ökotrophologe) Ratschläge, w ie man in
den lokalen Läden gesund einkaufen kann. Nach dem gemeinsamen Einkauf
w urde das Essen gemeinsam zubereitet und gegessen. Dieser Kurs w urde für
Migrantinnen mit geringen Deutschkenntnissen angeboten. Hier erw ies es sich
als sinnv oll, die Einkaufstouren mit einem Deutschunterricht zu kombinieren.
74
TOPOS Stadtforschung
6.2.2.
Ernährungscoaching für verschiedene Zielgruppen
Neben der Ausw eitung der Angebotsstruktur geht es im QM-Gebiet jedoch v or
allem darum, das Bew usstsein für gesunde Ernährung zu stärken und die
Möglichkeiten dazu aufzuzeigen. Eine solche Ernährungsberatung muss
zielgruppengerecht gestaltet w erden. Hierfür ist es besonders w ichtig, die
speziellen Altersbedarfe und kulturellen Ernährungsgew ohnheiten einzubeziehen.
Der Begriff des „Coachings“ unterscheidet sich v on dem der Beratung dadurch,
dass die Beratung nicht theoretisch erfolgt, sondern die Informationen konkret in
gemeinsamen Kochaktionen in den geeigneten Institutionen unter ernährungsberatender Anleitung v ermittelt w erden. Darüber ist die sinnliche Erfahrung möglich
und kulturelle Besonderheiten können besser und prax isnäher aufgegriffen w erden.
a.)
Eltern von Säuglingen und Kleinkindern
Für das QM-Gebiet w urde seitens der Ex perten berichtet, dass gerade junge
Familien häufig nicht ausreichend über Ernährung Bescheid w issen. Dabei ist das
Thema Ernährung schon im frühen Säuglingsalter überaus relev ant. Für eine
möglichst gute körperliche und geistige Entw icklung des Kindes und zur
Vermeidung v on Allergien im späteren Kindes- und Jugendalter ist eine gut
abgestimmte Nahrungszufuhr entscheidend. Daher ist es w ichtig, für Eltern v on
Neugeborenen Informationen und Beratungen anzubieten, w ie sie die Ernährung im
ersten Lebensjahr gestalten können. Ein solches Beratungsangebot, in dem
konkretes Wissen v ermittelt w ird, ist v .a. auch für die besser situierten Familien
ansprechend, da diese oft stärker für das Thema Allergien sensibilisiert sind.
Eingebunden w erden sollte dieses spezielle Ernährungsangebot in die Kampagne
für w erdende und junge Eltern, die im Rahmen der Maßnahmen zur
Lebenskompetenz dargestellt w ird.
Erste Ansätze für eine solche Beratung gibt es v on den Hebammen, die die Familie
einige Wochen v or und nach der Geburt begleiten. Sie sind allerdings nicht mehr
regelmäßige Ansprechpartner, w enn die Phase des Stillens nach dem ersten
halben Jahr v orbei ist und sich die Frage der richtigen Ernährung konkret stellt.
Im Quartier gibt es etw a 220 Säuglinge, insgesamt sind es etw a 440 Kinder bis
zum v ollendeten zw eiten und 660 bis zum v ollendeten dritten Lebensjahr.
b.)
Jugendliche
Die Ernährung der Jugendlichen im Gebiet w urde v on den Ex perten als einseitig
und schlecht bew ertet. In der Befragung w urde seitens der Jugendlichen jedoch
durchaus ein Interesse an v ollw ertiger Küche bekundet.
Um Jugendlichen gesunde Ernährung näher zu bringen, kann darauf
zurückgegriffen w erden, dass diese gerne gemeinsam kochen. Besonders w ichtig
ist es bei dieser Zielgruppe, das Thema jugendgerecht aufzuarbeiten, da in diesem
Alter Gesundheit selbst keine starke Motiv ation darstellt. Themen w ären hier die
Förderung v on Fitness bei den Jungen und die Unterstützung reiner Haut oder
schlanker Figur bei den Mädchen. Erforderlich ist dabei, dass die Jugendlichen
stärker über den Spaß am gemeinsamen Kochen, an spezifischen Ev ents o.ä.
75
TOPOS Stadtforschung
angesprochen w erden, so w ie es in den Jugendeinrichtungen im Gebiet schon
angefangen w urde. Gemeinsames Kochen w ird in allen Einrichtungen gemacht
und sow ohl v on w eiblichen als auch männlichen Jugendlichen gut angenommen.
Da die Mitarbeiter dabei die Multiplikatoren sind, sollten sie hinsichtlich gesunder
Ernährung w eitergebildet w erden. Gesunde Nahrungsmittel sollten außerdem
kostengünstig zugänglich sein. Ein w eiteres Potential ist in diesem Zusammenhang
die Schülerfirma der Kurt-Löw enstein-Schule, die im Rahmen des Arbeitslehreunterrichtes die Schülerfirma „Kins“ betreibt, die auch Veranstaltungscatering
macht.
Im Rahmen der Aufklärungsarbeit sollten jugendspezifisch ausgerichtete Materialien
zum Thema entw orfen (in Richtung „kochen ist cool“) und regelmäßige Ev ents in
den Jugendeinrichtungen v eranstaltet w erden. Im Gebiet leben derzeit etw a 1.000
Jugendliche zw ischen 12 und 18 Jahren, für die solche Angebote interessant sein
könnten.
c.)
Senioren
Um bei guter Gesundheit zu bleiben, müssen ältere Menschen besonders darauf
achten, dass sie sich richtig ernähren. Fehlernährung ist bei ärztlichen Untersuchungen die häufigste Diagnose bei betagten Menschen. Eine ungenügende
Flüssigkeitszufuhr sow ie Mangelernährung können zur Verschlechterung des
allgemeinen Gesundheitszustandes führen. Müdigkeit und eine abnehmende
Konzentrationsfähigkeit treten ebenfalls öfter auf. Im Alter kann es zu Funktionseinschränkungen v on Organen kommen, die Einfluss auf die Ernährung nehmen
können und daher bei der Ausw ahl der Lebensmittel berücksichtigt w erden sollten.
Hinzu kommt, dass auch einige Medikamente, die besonders v on älteren
Menschen eingenommen w erden, eine Fehlernährung unterstützen können (da die
Ernährung auf die Nebenw irkungen abgestimmt w erden müsste). Da die
Bedingungen teilw eise indiv iduell sehr unterschiedlich ausgeprägt sind, sollte für
Senioren neben gemeinsamen Kochaktionen indiv iduelle Ernährungsberatung im
Gebiet v erankert w erden. Daneben sind allgemeine Informationsv eranstaltungen
sow ie gutes Informationsmaterial zu der Thematik w ichtig (Broschüren o.ä.).
Bisher ex istieren keine Angebote zu diesen Themen. Insgesamt leben im Gebiet
aber 1.700 Personen über 65 Jahren, fast 400 v on ihnen sind nichtdeutscher
Herkunft. Für diese Gruppe sollten dringend Angebote gemacht w erden. Dabei sind
kulturspezifische bzw . kulturübergreifende Angebote zu initiieren, damit auch die
w achsende Gruppe der Senioren mit Migrationshintergrund ihre Beachtung findet.
Good Practice-Beispiele:
• Das v on Gesundheit Berlin für den Bundesv erband der Betriebskrankenkassen
(BKK) entw ickelte deutsch-türkische Kochbuch „Gesund essen mit Freude Zev k ile Saglikli Yemek" unterstützt kultursensible und handlungsorientierte
Ernährungskurse.
• Das „Haus des Kindes“ in Berlin-Charlottenburg bietet Ernährungsberatung für
Eltern v on Säuglingen mit dem Ziel, ernährungsbedingte Allergien zu
v ermeiden.
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TOPOS Stadtforschung
• Die Jugendkampagne „Talking Food“ bereitet das Thema Ernährung jugendspezifisch auf und bietet unterschiedliche Unterrichtsmaterialien für Lehrer zu
Themen w ie Essgew ohnheiten und Schlankheitsideal bei Mädchen.
• Im Kochw orkshop „Korrekt Kochen!“ der Pow erbreak e.V. in Frankfurt/Main
w erden Schüler v on Berufsfachschülern des Berufsfelds Hausw irtschaft und
Ernährung angeleitet, ein Menu mit Vorspeise, Hauptspeise und Dessert
v orzubereiten, w as nachher gemeinsam v erspeist w ird. Durch den peer-topeer-Ansatz w erden die Jugendlichen besser erreicht als durch Erw achsene.
• Im Modellprojekt „Gesunde Ernährung für Jugendliche“ w ird mit sozial
benachteiligten Jugendlichen in Jugendeinrichtungen gemeinsam gekocht. Die
Mitarbeiter der Einrichtungen w erden v on Ex perten der Deutschen Gesellschaft
für Ernährung je nach ihrem Bedarf beraten.
• Die Kampagne „Fit im Alter – Gesund Essen, besser leben“ der Deutschen
Gesellschaft für Ernährung (DGE) und der Verbraucherzentrale Berlin bietet
kostenlose ex terne Schulungstermine an (z.B. in Schöneberg). Neben
Gesprächen mit Ernährungsberatern, w o auch ein persönliches
Ernährungsprofil erstellt w ird, gibt es ein Ernährungstraining zum selbst testen
und schmecken.
6.3. Gesundheitliche Aufklärung
Wissen über Gesundheit und eine gesundheitsförderliche Lebensw eise zu
v ermitteln ist die w esentlichste Aufgabe, um ein Bew usstsein der Menschen für
gesundheitliche Fragestellungen zu erreichen.
6.3.1.
Allgemeine gesundheitliche Aufklärung als Aufgabe der
Koordinationsstelle
Von den Ex perten w urden erhebliche Wissensdefizite der Bew ohner festgestellt.
Gleichzeitig w urde in der Befragung seitens der Bew ohner ein deutliches Interesse
an gesundheitlichen Belangen geäußert.
Um den Wissensdefiziten zu begegnen und das Interesse an Informationen zu
bedienen, ist es erforderlich, den Bew ohnern einen zielgruppenspezifischen
Zugang zu Informationen zu v erschaffen. Zw ar sind z.B. in den Medien oder im
Internet grundsätzlich v iele Informationen erhältlich und auch im Bezirk Neukölln
gibt es einige Stellen zur Information über Gesundheitsthemen, diese w erden
allerdings v on den jew eiligen Zielgruppen nicht kompetent oder überhaupt nicht
genutzt.
Bei den bezirklichen Angeboten liegt es nach Aussage der Ex perten daran, dass
Zugangsbarrieren bestehen, die die Inanspruchnahme durch v iele Gruppen
v erhindert. Dazu gehören beispielsw eise die Entfernungen, der „Amtscharakter“
oder die Notw endigkeit der telefonischen Voranmeldung. Die Vielfalt der Angebote
und Wegw eiser zum Thema Gesundheit für besondere Zielgruppen und
Lebenslagen ist den Bürgern häufig nicht bekannt.
77
TOPOS Stadtforschung
Neben sprachlichen Barrieren v ieler Bew ohner gilt es den Anspruch einer gesundheitsbew ussten Lebensw eise mit den Möglichkeiten im Gebiet Schillerpromenade
zu v erbinden und diese für die Bedarfe und Interessen der genannten Zielgruppen
aufzubereiten. Neben der Koordinationsstelle, die das Thema Gesundheit im Gebiet
gegenüber den lokalen Akteuren v ertritt, sollte das Thema allgemeine gesundheitliche Aufklärung der Bev ölkerung durch eine eigene Struktur der Koordinationsstelle angeboten w erden. Darauf leitet sich die Empfehlung für das Leitprojekt
„Gesundheitslotsen“ ab.
Die Koordinierungsstelle und Bürgerberatung sollte zu einem zentralen
Informationsknotenpunkt für den Bereich gesundheitliche Aufklärung im Stadtteil
ausgebaut w erden. Es sollte ein offenes Angebot für Bew ohner und lokale Akteure
geschaffen w erden, die sich dort zu bestimmten Handlungsfeldern im Bereich
Gesundheitsförderung spezieller informieren können. Darüber hinaus sollte in
eigenen Projekten w ie dem Leitprojekt „Netzw erk gesunde Kitas“ das Thema
Gesundheitsförderung offensiv v ertreten w erden.
Good Practice-Beispiele:
• Das Modellprojekt „Gesundheitsförderung für Frauen“ des Feministischen
Frauengesundheitszentrums Frankfurt/Main führt in Projekten in sozialen Brennpunkten Informations- und Gesprächsreihen im Rahmen v on Frauenfrühstücken
durch, v eranstaltet Wochenendtagungen „Gesundheit im Stadtteil“ (mit
integrierter Kinderbetreuung) und schult die Mitarbeiterinnen v or Ort.
• Bei den Gesundheitstagen im Sprengelkiez im Oktober 2005 w urden insgesamt
13 v erschiedene Informationsv eranstaltungen angeboten. Alle Veranstaltungen
w urden auch ins Türkische übersetzt.
6.3.2.
Gesundheitliche Aufklärung vor dem relevanten Zeitpunkt
ansetzen
Präv ention beginnt, bev or ein Ereignis eintritt. Entsprechend gilt es, Informationen
der Gesundheitsförderung an die Zielgruppen heranzutragen, bev or diese v on
einem gesundheitlichen Problem betroffen sind. Denn nur w enn die Informationen
im Vorfeld v erfügbar sind, sind die Menschen v orbereitet und können dem Problem
kompetent begegnen.
Um dem Informationsdefizit im Gebiet zu begegnen und eine „kompetente
Bew ohnerschaft“ zu erreichen, gilt es die Zielgruppen auch mit Informationen zu
zukünftig relev anten Fragestellungen zu v ersorgen. Dies gilt gleichermaßen für das
Wissen um Sex ualität und Verhütung oder Drogenpräv ention bei größeren Kindern,
für eine kommende Elternschaft bei Jugendlichen oder die Vorbereitung auf das
Alter bei Menschen im erw erbsfähigen Alter. Derzeit ex istiert keine Stelle, die
solche Informationen gezielt bündelt und den einzelnen Gruppen v ermittelt.
Good Practice-Beispiele:
• In Hessen w urden 34 Migranten zu interkulturellen Gesundheitslotsen
ausgebildet, um ihr Wissen über das deutsche Gesundheitssy stem und die
Krankenkassen an ausländische Bürger w eiterzugeben. Dieses Projekt w ird
78
TOPOS Stadtforschung
u.a. v om Land Hessen, den Betriebskrankenkassen und dem Arbeitskreis für
Transkulturelle Medizin, Migration und Gesundheit der Univ ersität Gießen
durchgeführt. Die Schulungen übernimmt das Ethnomedizinische Zentrum
Hannov er, Referenten sind z.B. Zahnärzte und Apotheker aus der Stadt.
• Vom Fachteam Kinderschutz des Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg
w erden an den Grundschulen für Mädchen und Jungen der Grundschulklassen
4 und 5 unter dem Motto „Gefühle in meinem Körper“ sex ualpädagogische
Workshops zu den Themen Gefühle, Liebe, Sex ualität, Beziehungen und
Geschlechterrollen durchgeführt.
• Die 46 Elternbriefe des „Arbeitskreises Neue Erziehung“ w erden den Eltern ab
dem Zeitpunkt der Geburt ihres Kindes bis zum achten Lebensjahr nach Hause
zugesendet. Hierin w erden jew eils dem Alter und Entw icklungsstand des
Kindes entsprechend die aktuellen Themen behandelt und Wissen zur
Kindererziehung v ermittelt.
• Zusammen mit dem Treffpunkt Senior Stuttgart führt die Ev angelische Akademie
Bad Boll seit über 30 Jahren Kurse für Menschen am Ende ihrer Berufstätigkeit
und ihre Lebenspartner/-innen zur Vorbereitung auf den Ruhestand durch. Der
Schw erpunkt dieser Kurse hat sich dabei v on sachorientierten Inhalten w ie der
Rentenberatung zu einem persönlichkeitsorientierten Schw erpunkt hin v erlagert.
6.4. Versorgung und Inanspruchnahme
6.4.1.
Verstärkte Inanspruchnahme der Vorsorgeuntersuchungen
Vorsorgeuntersuchungen spielen eine w ichtige Rolle, um einen medizinischen
Interv entionsbedarf rechtzeitig festzustellen und (schw eren) Erkrankungen
möglichst frühzeitig zu begegnen. Vor diesem Hintergrund ist es im QM-Gebiet
problematisch, dass angebotene Untersuchungen nicht w ahrgenommen w erden.
Um die Inanspruchnahme v on Vorsorgeangeboten zu erhöhen, sind Informationen
zu den v orhandenen Angeboten zielgruppenspezifisch aufzubereiten und Zugangsbarrieren abzubauen. So ist es für Jugendliche w ichtig, dass Beratungen
unabhängig v on den Eltern stattfinden können. Bei muslimischen Frauen bestehen
Hemmschw ellen, gy näkologische Prax en aufzusuchen, denen durch eine
ausschließlich v on muslimischen Frauen geführte Prax is begegnet w erden könnte.
Die U- und J-Untersuchungen w erden insgesamt zu w enig w ahrgenommen. Deren
gesundheitliche Relev anz gilt es zu v erdeutlichen. Andere niedrigschw ellige
Angebote w ie Blutfett- und Blutzuckerbestimmung oder Blutdruckmessung in der
Apotheke erleichtern ebenfalls den Zugang.
Bei diesem Thema müssen nicht primär neue Angebote geschaffen sondern die
Bew ohner motiv iert w erden, bestehende Angebote auch zu nutzen. Hierzu w erden
z.B. über die Kitas und die Stadtteilmütter Informationen v erteilt, die bisher
allerdings noch nicht zum gew ünschten Erfolg führten. Diese gilt es daher
kontinuierlich
w eiterzuführen
bzw . durch neue Informations- und
Motiv ationsmodelle zu ergänzen oder zu ersetzen.
79
TOPOS Stadtforschung
Good Practice-Beispiele:
• Die Stadtteilmütter führen das Projekt „Ich geh zur U! Und du?“ durch, für das
auch Informationsmaterial in türkischer Sprache erstellt w urde. Dies hatte
allerdings bisher noch keinen spürbaren Erfolg.
• Die Kampagne „Dr. Schnupper – Gesundheitsförderung für Kinder“ zielt u.a mit
Comics in mehreren Sprachen auf eine bessere Inanspruchnahme v on
Vorsorgeprogrammen.
• Patienteninformationen in deutscher, englischer, türkischer und russischer
Sprache hält das internetgestützte Informationsangebot „Patienteninfo Berlin“
bereit.
6.4.2.
Betreuungsangebote für Senioren mit Migrationshintergrund
Im QM-Gebiet Schillerpromenade gibt es eine zunehmende Anzahl v on Senioren
mit Migrationshintergrund, die Betreuung und Versorgung benötigen. Auch w enn
Migranten tendenziell noch besser in den familiären Kontex t eingebunden sind als
deutsche Senioren, w erden dennoch oft zusätzliche Versorgung und Betreuung
v on außerhalb benötigt. Diese Bedarfe w erden in Zukunft noch zunehmen, da in
Deutschland immer mehr Menschen mit Migrationshintergrund alt w erden. Bisher
sind aber die Versorgungsdienste und Altenheime nur unzureichend auf die
Bedürfnisse v on Migranten ausgerichtet. Daher gilt es, diese interkulturell zu öffnen
und neue Einrichtungen zu schaffen, deren Ausstattung und Versorgung sich
speziell auf die Lebensw eise und die Ansprüche v on Senioren mit
Migrationshintergrund einstellen.
Allgemein sollten Ernährungs-, Bew egungs- und Freizeitangebote für ältere
Menschen auch für Senioren mit Migrationshintergrund angeboten w erden. Pflegeund Altenhilfeeinrichtungen sollten Bedürfnisse v on Senioren mit Migrationshintergrund besser integrieren und ihr Angebot kultursensibel ausbauen. Dabei geht
es bspw . um eine Essensv ersorgung mit Speisen aus dem Herkunftsland sow ie
türkisch, arabisch oder serbokroatisch sprechendes Personal. Auch für NordNeukölln w ird perspektiv isch ein Altenheim insbesondere für türkische Migranten
erforderlich sein.
Angebote in diesem Bereich fehlen bisher v öllig. Dabei leben im Gebiet etw a 1.700
Menschen, die über 65 Jahre alt sind, w ov on fast 400 nichtdeutscher Herkunft
sind. Diese Zahl w ird in den nächsten Jahren noch deutlich ansteigen. Hier gilt,
das Angebot der bestehenden Träger auszubauen und durch Personal mit
Migrationshintergrund zu ergänzen. Möglicherw eise sind neue Träger anzusiedeln.
Hierbei sind die Migrationsv ereine v or Ort unbedingt einzubeziehen.
80
TOPOS Stadtforschung
Good Practice-Beispiele:
• Die Koordinierungsstelle „Rund ums Alter“ hat im Frühjahr 2006 15 türkische
Migranten zum Thema Pflegebedürftigkeit geschult, damit diese ihr erw orbenes
Wissen an ihre Landsleute w eitergeben können. Ein Nebeneffekt dieser
Kontakte ist, dass die Koordinierungsstelle Anregungen und Ideen aus der
Bev ölkerung aufnehmen kann, damit sie die Altenhilfe für Menschen aus der
Türkei v erbessern kann.
• Im Modellprojekt „Mit Migranten für Migranten - Interkulturelle Gesundheitslotsen
in Hessen“ w erden Personen mit Migrationshintergrund ausgebildet, um
ausländische Bürger über das deutsche Gesundheitssy stem aufzuklären und
Wissen zu Themen w ie Vorsorgeuntersuchungen und Gesundheitsförderung zu
v ermitteln.
• Das Caritas-Projekt „Altw erden in der Fremde“ unterstützt durch Fachberatung
und Fortbildungen Mitarbeiter in Krankenhäusern und Einrichtungen der
Altenpflege, damit sie Patienten mit unterschiedlicher kultureller Herkunft
angemessen betreuen und pflegen können.
• Das AWO-Projekt „Fachberatung älterer ImmigrantInnen“ v ersteht sich als
Vermittlungsstelle zw ischen älteren Migranten und ihren Angehörigen einerseits
und den Institutionen der Altenhilfe andererseits. Kernpunkt der Arbeit ist der
Aufbau und die Pflege eines Netzw erkes zw ischen Einrichtungen der Altenhilfe,
spezifischer Migrationsberatungsdienste und Selbsthilfe v on Migranten (bspw .
Vereinen).
• Seit 1997 gibt es in Duisburg mit dem „Haus am Sandberg“ des DRK ein
multikulturelles Seniorenzentrum, in dem Pflegepersonal multiethnisch zusammengesetzt ist und Gebetsräume für Christen und Moslems v orhanden sind.
• In Berlin-Kreuzberg w ird Ende 2006 das bundesw eit erste Altenheim ausschließlich für türkische Senioren eröffnen. Hier w erden die Umgangssprache,
die Küche und das Kulturprogramm türkisch geprägt sein. Beim Waschen und
der Körperpflege w erden die Bew ohner nur v on Personal des gleichen
Geschlechts v ersorgt w erden.
6.5. Lebenskompetenz
Ein w esentlicher Ansatz der Gesundheitsförderung ist es, den Menschen
Kompetenzen zu v ermitteln, um mit den Belastungen im täglichen Leben besser
umgehen zu können und dadurch deren negativ en gesundheitliche Ausw irkungen
abzumildern.
Wie in der Analy se deutlich w urde, sind v iele Bew ohner des QM-Gebiets aufgrund
ihrer beruflichen, familiären und sozialen Situation v ielfältigen Belastungen
ausgesetzt. Viele der erforderlichen Unterstützungsangebote haben zw ar einen
Bezug zur Gesundheit, dieser steht jedoch häufig nicht im Vordergrund.
81
TOPOS Stadtforschung
Als v ordringlichsten Handlungsbedarf im Bereich Lebenskompetenzförderung, die
einen direkten Gesundheitsbezug haben, w erden Maßnahmen zur Stressreduktion
sow ie integrierte Angebote für die Zielgruppe der w erdenden und jungen Eltern
empfohlen. Weiterhin besteht sehr dringender Handlungsbedarf für die Betroffenen
v on Alkoholproblemen und deren Angehörigen, die durch die Koordinationsstelle
aber nur in Form einer Initiativ e und nicht v on konkreten Maßnahmen angegangen
w erden kann.
6.5.1.
Gezielte Angebote zur Stressbewältigung für Erwachsene im
Erwerbsalter
Viele Menschen im Gebiet sind aufgrund ihrer Lebensumstände stark durch Stress
belastet und benötigen ein Angebot, das ihnen dahingehend Unterstützung bietet.
Dies können Belastungen sein, die das Leben in der Innenstadt zw angsläufig mit
sich bringt oder aber auch Probleme und Schw ierigkeiten in der persönlichen
Lebenssituation: Lärm, zu kleine Wohnungen, w enig Urlaub und Erholung,
Familien und Beruf, finanzielle Schw ierigkeiten, Stress durch Arbeitslosigkeit,
Probleme in der Familie usw . Hierv on sind besonders Eltern mit mehreren
Kindern, Arbeitslose und Alleinerziehende betroffen.
Ansatzpunkte hierfür sind Kurse, die zum einen an den Ursachen des Stresses
ansetzen w ie Zeitmanagement-Kurse oder eine bessere Entlastung durch
Kinderbetreuung für alleinerziehende Mütter. Auf der anderen Seite kann über ein
entsprechendes Kursangebot mit den Folgen umgegangen w erden. In diese
Kategorie fallen Kurse zur Entspannung oder zur Bew egung (Yoga, Thai Chi,
Progressiv e Muskelentspannung oder autogenes Training).
Auch w enn die Angebote die Bedarfe bestimmter Zielgruppen ansprechen sollen,
erscheint es angebracht, diese Kurse zunächst w enig zugespitzt anzubieten. Nach
Erfahrung der Ex perten lassen sich Angebote nur dann aufrechterhalten, w enn
gerade in der Anlaufphase breite Bev ölkerungsschichten angesprochen w erden.
Zusätzlich ergeben sich durch die Einbeziehung v on Erw erbstätigen unter
Umständen v erbesserte Finanzierungsmöglichkeiten zum Beispiel als Präv entionsangebote der Krankenkassen, die Erw erbstätig stärker fördern als Arbeitslose. Es
gibt einige Angebote in diese Richtung durch die VHS, diese w erden aber bisher
gerade v on bildungsfernen Gruppen und Bew ohnern mit Migrationshintergrund nicht
nachgefragt. Daher bietet es sich an, solche Kurse in enger Zusammenarbeit mit
den Vereinen (z.B. UGRAK) oder für Eltern auch über die Kitas und Schulen im
Gebiet anzubieten. Insgesamt w ohnen im Gebiet etw a 15.000 Personen im
Erw erbsalter und 1.700 Bew ohner über 65 Jahren. Außerdem gibt es ca. 850
Alleinerziehenden-Haushalte, v on denen über 300 nicht über eigenes Einkommen
v erfügen.
Good Practice-Beispiele:
• Die Volkshochschule Neukölln bietet ein umfangreiches Kursprogramm zur
Entspannung an. Allerdings w erden die Angebote bisher nur unzureichend
nachgefragt.
82
TOPOS Stadtforschung
• Im Gesundheitsraum Reuterkiez des KJGD w erden kostengünstige Entspannungskurse für Frauen und beide Geschlechter angeboten, die sow ohl v on
gebildeten als auch sozial schw ach gestellten Bew ohnern aufgesucht w erden.
• Im Gesundheitshaus Bismarck w erden Kurse in autogenem Training für Schüler
im Alter v on 7-12 Jahren sow ie Wahrnehmungs- und Entspannungsübungen für
Kinder im Vorschulalter angeboten.
• Im Rahmen des Delmenhorster Projekts „Erw erbslosigkeit und Gesundheit“ in
Kooperation mit der AOK Niedersachsen, der Univ ersität Bremen und des
Vereins „Förderer der regionalen Arbeits- und Gesundheitsforschung e.V.“ w ird
an interessierte Arbeitslose das Scheckheft „Zw ischenZeiten“ v erteilt, das
Gutscheine für Bew egungs- und Entspannungskurse, Ermäßigungen für
Qualifizierungsangebote bei regionalen Bildungsanbietern sow ie konkret auf den
Bew erbungsprozess bezogene Hilfen enthält.
6.5.2.
Integrale Angebote für werdende und junge Eltern
Im QM-Gebiet w aren insbesondere die Informationsdefizite w erdender und junger
Eltern als Problem benannt w orden. Gleichzeitig ist diese Gruppe v erstärkt an
Informationen interessiert. Da gerade in dieser Phase neue Lebensmuster
einstudiert w erden, ist die Förderung w erdender und junger Eltern ein
aussichtreicher Ansatzpunkt, das Gesundheitsv erhalten nachhaltig zu v erändern.
Um das Querschnittsthema Gesundheit im neuen Lebensabschnitt zu v erankern,
sind ganzheitliche Angebote der erfolgv ersprechendste Ansatz. Diese sollten
gerade die Themen aufgreifen, die in der medizinischen Betreuung zu kurz
kommen, für w erdende Eltern aber überaus relev ant sind. Im Zusammenhang mit
Schw angerschaft und Geburt bestehen große Unsicherheiten, angefangen bei der
sozialen Absicherung bis hin zu Kinderkrankheiten und einer richtigen Ernährung
des Säuglings. Daher soll ein umfassendes Angebot für Eltern geschaffen w erden,
w as schon in der frühen Schw angerschaft ansetzt und sie thematisch im ersten
Elternjahr begleitet. Auch hier muss auf den jew eiligen kulturellen Hintergrund
sow ie eine muttersprachliche Ausrichtung der Angebote geachtet w erden. Für den
Kontakt zu den w erdenden Eltern sollte v or allem auf Vertrauenspersonen gesetzt
w erden: Arztprax en, Elternzentren, Hebammen und Multiplikatoren w ie die
Stadtteilmütter.
Bisher gibt es kein konkretes Angebot für w erdende und junge Eltern. Hier sollten
unbedingt neue Strukturen aufgebaut w erden. Immerhin gibt es etw a 220 Säuglinge
im Gebiet. Da die Altersstruktur der Bew ohner jung ist, müsste es demnach etw a
150 w erdende Mütter/Eltern geben, für die das Leitprojekt „Eltern sein“ gedacht ist.
Good Practice-Beispiele:
• Der Kinderschutzbund fördert im Rahmen des Projekts „Starke Eltern – Starke
Kinder“ mit einem sehr kostengünstig angebotenen Kurs die Erziehungskompetenz. Themen sind Wert- und Erziehungsv orstellungen sow ie Kommunikationsregeln in der Familie, die Identität als Erziehende und die Stärkung des
83
TOPOS Stadtforschung
Selbstv ertrauens. Hiermit sollen die Eltern v .a. auch in ihrer Fähigkeit zur
Konfliktlösung gestärkt w erden.
• Das Kreuzberger Vernetzungsprojekt „Gesundheitsförderung v or und nach der
Geburt“ bündelt unterschiedliche Angebote für w erdende und frischgebackene
Eltern. Informationen w urden ins Türkische übersetzt und zahlreiche Projekte
angestoßen: Beratungsprojekt für türkische Schw angere und deren Familien,
Geburtsv or- und Nachbereitungskurse, Pekip-Gruppen und Eltern-KindSelbsthilfegruppen, Gesprächs- und Vortragsreihe für die Zeit v or und nach der
Geburt, Wegw eiser für Schw angere und junge Familien in Kreuzberg etc.
• Im Gesundheitshaus Bismarck ex istiert ein offener Baby -Treff, bei dem sich
einmal w öchentlich Mütter mit ihren Säuglingen bis zu einem Jahr treffen. Ein
Ziel ist es, Mütter in einer schw ierigen Lebenssituation (blinde Mütter, kranke
Säuglinge) einzubinden, w orüber auch die sozialen Kompetenzen der anderen
Mütter gefördert w erden.
• Die
Gesellschaft
für
Geburtsv orbereitung,
Familienbildung
und
Frauengesundheit bietet nicht nur eine umfassende Begleitung v on Frauen und
Familien in der Schw angerschaft, bei der Geburt, am Familienanfang.
6.5.3.
Beratung bei Alkoholproblemen
Die Analy se der Probleme und Bedürfnisse der Bew ohner im Quartier zeigt, dass
im Gebiet eine starke Alkoholproblematik v orhanden ist. Dies betrifft v orllem
deutsche und osteuropäische Haushalte. Alkoholiker stellen im öffentlichen Raum
eine erhebliche Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeiten für andere Gruppen
dar. Da im ganzen Neuköllner Norden keine Alkohol-Beratungsstelle ex istiert,
besteht in diesem Bereich ein großes Defizit für das Gebiet Schillerpromenade.
Ansatzpunkt hierfür sind Strukturen, die im Stadtteil zum einen niedrigschw elligen
Zugang zu den Betroffenen herstellen, etw a in Form einer regional zuständigen
Alkoholberatungsstelle. Darüber hinaus sollten dadurch die Angehörigen - Partner,
Verw andte, Freunde und v or allem Kinder v on Alkoholkranken - angesprochen
und beraten w erden.
Bisher gibt es im gesamten Neuköllner Norden keine Beratungsstelle für
Alkoholkranke. Auch eine Anlaufstelle für die Angehörigen ex istiert nicht. Insgesamt
erfordert diese Beratung jedoch Ex pertenw issen und -erfahrung, die über den
Rahmen der lokalen Gesundheitsförderung hinausgehen. Zumindest bei der
Vermittlung können die v orgeschlagenen „Gesundheitslotsen“ Betroffene und
Angehörige unterstützen.
Allgemein w ird ausgegangen v on einem Anteil v on 3-5% der Bev ölkerung, die
alkoholkrank ist16. Das w ären im Quartier Schillerpromenade mit einer
Einw ohnerzahl v on 20.000 etw a 600-1000 Personen, die alkoholkrank sind. Wenn
16
Brockhaus Infothek: Alkoholkrankheit
(http://www.downloadshop.bifab.de/product_info.php?products_ id =1266).
84
TOPOS Stadtforschung
man 10% als stark suchtgefährdet einschätzt17, kommt man sogar auf eine Zahl
v on 2.000 Betroffenen. Auch w enn diese Zahl etw as hochgegriffen scheint, ist
dav on auszugehen, dass auch sehr v iele Familienangehörige und damit auch
Kinder und Jugendliche v on dem Problem direkt betroffen sind.
6.5.4.
Sport als Zugang zu männlichen Jugendlichen nützen
Im QM-Gebiet w urden seitens der Ex perten die gesundheitlichen Probleme der
männlichen Jugendlichen eher im psy chologischen Bereich angesiedelt.
Mangelndes Sozialv erhalten und Kommunikationsfähigkeiten schlagen sich in
(auto-)aggressiv em Verhalten nieder. Dies w iederum behindert die Nutzung v on
Angeboten im öffentlichen Raum durch schw ächere Gruppen.
Da Sport bei ihnen einen sehr hohen Stellenw ert einnimmt, bietet er einen idealen
Zugang, um (Lösungs-)Kompetenzen zu v ermitteln, die ihnen helfen,
psy chosoziale Belastungen abzubauen. Bei Jungen ist Sport nicht nur aus
körperlichen, sondern auch aus sozialen Gründen eine w ichtige Beschäftigung im
Alltag. Die Einbindung in feste Strukturen des Sports und die damit v erbundenen
Anforderungen stellen eine effektiv e Maßnahme der Drogen- und Gew altpräv ention
dar. Bei Mannschaftssportarten fördert die Einbindung in ein Team außerdem
soziales Lernen.
Bisher ist der Bereich Sport für männliche Jugendliche noch nicht genügend
ausgebaut. Auch w enn bei Outreach einmal w öchentlich Breakdance und
Basketball angeboten w ird und im Sommer regelmäßig auch Fußball, w erden
hierdurch insgesamt nur w enige männliche Jugendliche des Gebiets erreicht. Die
Angebote der Warthe 60 richten sich v ornehmlich an so genannte „Lücke“-Kinder.
Insgesamt leben aber etw a 500 Jungen zw ischen 12 und 18 Jahren im Gebiet,
mindestens 250 v on ihnen nichtdeutscher Herkunft. Daher sollte dieser Bereich
w eiter ausgebaut w erden. Hierzu kann die Nähe des neuen Jugendclubs zu den
Sportflächen im Stadion Neukölln gut genutzt w erden.
Good-Practice-Beispiele:
• Der Kreuzberger Verein BSC Eintracht/Südring führt „Tage gegen Gew alt und
Rassismus auf dem Fußballplatz“ durch, bei dem Jugendliche theoretisch in
einem Open-Space-Workshop Strategien gegen Gew alt und Rassismus
erarbeiten und diese in einem anschleißenden Fußball-Turnier praktisch
umsetzen.
• Der Verein „Keine Macht den Drogen“ setzt bei seinen Präv entionskampagnen
v or Drogen auf Sportler als Leitbilder.
17
Gesundheitsberichterstattung des Bundes: Alkoholkrankheit http://www.gbe-bund.de/glossar/
Alkoholkrankheit
85
TOPOS Stadtforschung
7. Leitprojekte der Gesundheitsförderung im QMGebiet
Mit den folgenden sieben Projekten soll die Gesundheitsförderung im Stadtteil auf
den Weg gebracht w erden. Dadurch w ird das Projekt „Ein Stadtteil schw ingt sich
auf!“ für Bew ohner und Akteure sichtbar. So w ie das Gesamtprojekt eine
zusätzliche Qualität in den Stadtteil bringt, sollen auch die Einzelprojekte
zusätzliche Angebote schaffen, um gleichermaßen den Gesundheitszustand der
Bew ohner als auch deren Identifikation mit dem Stadtteil zu v erbessern.
In dieser Weise füllt das Projekt „Gesundheitslotsen“ die Lücke zw ischen
allgemeiner gesundheitlicher Information und dem persönlichen Arztbesuch.
Informationen zu persönlich interessierenden Gesundheitsfragen und
Behandlungsmöglichkeiten, mit denen sow ohl allgemeine Informationen als auch
die Hinw eise der Ärzte ergänzt w erden, w erden bisher nicht angeboten.
Das Projekt „Eltern sein“ zielt ebenfalls darauf, eine Informations- und
Aktiv itätslücke zu schließen, die staatliche Gesundheitsv orsorge und ärztliche
Gesundheitsv ersorgung gelassen haben. Wie die Beispiele aus anderen Bezirken
bzw . Städten zeigen, besteht in diesem ein großes Reserv oir an Eigeninitiativ e
und Selbstorganisation.
Der Zusammenhang v on Ernährung, Kochen und Gesundheit ist zw eifellos bereits
lange bekannt. Eine aktiv e Förderung des Kochens als Mittel zur Verbesserung der
Gesundheit w ird allerdings in Berlin bisher nur in Modellprojekten betrieben und
stellt eine w ichtige Ergänzung des Angebots dar.
Die Projekte „Girls Mov e“ und „Stadtteilmütter“ sind im Gebiet bereits v erankert
oder w erden demnächst umgesetzt. Die in den Leitprojekten v orgelegten
Vorschläge stellen eine mögliche Ergänzung hinsichtlich der Gesundheitsthematik
dar. Diese Erw eiterung auf das Thema Gesundheit sollte auch durch das Projekt
„Gesund altern“ für das v om Quartiersmanagement v orbereitete Projekt „Älter
w erden in der Schillerpromenade“ erreicht w erden.
Die Vernetzung der Kindertagesstätten im Gebiet in „Gesunde Kitas in der
Schillerpromenade“ bringt ebenfalls einen zusätzlichen Gesundheitsaspekt in die
Zusammenarbeit der Einrichtungen.
Insgesamt handelt es sich bei den Projekten um neue bzw . ergänzende
Vorschläge, durch die das Thema Gesundheitsförderung angegangen w ird und mit
diesem Regionalbezug und dieser thematischen Ausrichtung w eder v om Bezirk
noch v om Quartiersmanagement geleistet w erden können.
86
TOPOS Stadtforschung
7.1. Gesundheitslotsen
In der Analy se w urde festgestellt, dass mehrere Personengruppen v ielfältige
Unterstützung bei gesundheitlichen Fragestellungen benötigen. Im Gegensatz zu
den anderen Leitprojekten, die sich an die Bedarfe einzelner Zielgruppen richten, ist
das Projekt „Gesundheitslotsen“ nicht auf eine spezielle Zielgruppe bezogen,
sondern richtet sich an alle Bew ohner des Stadtteils.
Die Gesundheitslotsen sollen die Rolle eines Fall-Managers in allen Gesundheitsfragen übernehmen. Anders als die Koordinationsstelle, die das Netzw erk und
Projekte koordinieren soll, bieten sie direkte indiv iduelle Hilfe für die Menschen im
Gebiet. Sie beraten Menschen mit einem gesundheitlichen Problem auf dem Weg
zur richtigen Einrichtung ohne selbst Gesundheitsberatungen durchzuführen. Dazu
gehört es auch, Kontakte zu v ermitteln und den (Behörden-)Weg zu betreuen. Gute
Erfahrungen w urden beispielsw eise in Hessen mit den interkulturellen Gesundheitslotsen gemacht, die insbesondere Migranten das deutsche Gesundheitsw esen
erklären.
Neben der Betreuung rund um das deutsche Gesundheitsw esen (z.B. Klärung der
Kostenübernahme bei ungeklärtem Versicherungsstatus, Anspruch auf Vorsorgeuntersuchungen) sollen die Gesundheitslotsen in der Schillerpromenade ein
allgemeines offenes Angebot zur Vermittlung in allen Gesundheitsfragen sein. Sie
können die Rolle einer ersten Anlaufstelle rund um das Thema Gesundheit für die
Bew ohner übernehmen, die den beratenden und behandelnden Institutionen
v orgeschaltet ist. Ein solches sehr allgemeines Angebot senkt die Schw elle ab,
um mit „unangenehmen“ Problemen eine Beratungsstelle aufzusuchen (Sex ualität,
Alkoholismus (der Angehörigen), psy chische Probleme), für die im QM-Gebiet
Strukturen fehlen. So kann auch eine überregionale Versorgung auf das Gebiet
bezogen w erden. Mittelfristig zielt das Projekt darauf ab, die Kompetenzen der
Bev ölkerung in Gesundheitsfragen zu v erbessern.
Aus Sicht des Gesamtprojektes haben die Gesundheitslotsen zw ei w eitere
w ichtige Effekte: Sie machen zum einen das Projekt „ein Stadtteil schw ingt sich
auf“ direkt für alle Bew ohner sichtbar und sind mit einem greifbaren Nutzen für Alle
v erbunden. Zum zw eiten sind sie das „Ohr am QM-Gebiet“ für die
Gesundheitsprobleme der Bev ölkerung. Sie können dadurch für die w eitere
Ausw ahl und Gestaltung v on Projekten w ichtige Informationen liefern.
Daher bietet es sich auch an, dass diese Stelle gemeinsam mit dem Projekt „Eltern
sein“ in den Räumlichkeiten der Koordinationsstelle angesiedelt w ird. Diese kann
dann den Empfangsdienst leisten.
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TOPOS Stadtforschung
7.2. Angebote für junge Eltern: „Eltern sein“
Das Projekt zielt v or allem auf Eltern mit Kindern im 1. Lebensjahr.
Das Gebiet Schillerpromenade ist nach w ie v or ein Gebiet mit einem hohen
Kinderanteil. Dabei w achsen, trotz der v ielfältigen sozialen Probleme und des
hohen Anteils v on Kindern in Familien mit Migrationshintergrund, noch v iele Kinder
in sozial stabilen deutschen Familien auf. Ein Merkmal dieser Familien ist ein
großes Interesse an und eine stark entw ickelte Sensibilität für Themen der
phy sischen und psy chischen Gesundheit und der Entw icklung des Kindes bei
w achsender Unsicherheit hinsichtlich des richtigen Vorgehens. Diese Unsicherheit
ist besonders stark in den ersten Lebensmonaten des Kindes, w o es häufig für die
Eltern keinen direkten Ansprechpartner für solche Fragen gibt, w eil das Kind noch
in keiner Kita ist und beim Kinderarzt meist keine Zeit für die Besprechung v on
allgemeinen Themen bleibt, die nicht im direkten Zusammenhang mit Krankheiten
stehen. Für diese Altersgruppe hat es gerade auf den Gebieten der Ernährung in
Verbindung mit der Vermeidung v on Allergien und der Bew egungsförderung als
Voraussetzung für die geistige Entw icklung in den letzten Jahren erhebliche
Erkenntnisfortschritte gegeben, die aber noch nicht allgemein bekannt und in die
Prax is umgesetzt w orden sind. Hier soll daher ein umfassendes Beratungs-, Kursund Selbsthilfeangebot initiiert w erden.
Diese Zielgruppe ist meist nicht nur interessiert, sondern auch aktiv und
selbständig und hat keine nennensw erten Schw ellenängste gegenüber Institutionen.
Sie können daher über die klassischen Informationsmittel w ie Zeitungsartikel,
Broschüren oder Fly er bei Kinderärzten, Hebammen und Kinderkliniken auf die
entsprechenden Angebote hingew iesen w erden. Eltern-Kind-Gruppen (Stillgruppen)
eignen sich an dieser Stelle besonders, um junge Eltern anzusprechen.
Das Angebot sollte v ier Elemente umfassen:
•
offene Beratung in eigenen Räumen,
•
Betreuung fester Gruppen v on Eltern und Kindern („Stillgruppen“, „Pekip“ u.ä.)
•
Initiierung und Beratung v on selbst organisierten Eltern-Kind-Gruppen
•
Vortragsreihe zu aktuellen Themen.
Es w ird eine Beratungsstelle in eigenen Räumen eingerichtet, die zu festen
Sprechzeiten erreichbar ist. Sie bietet Einzelberatungen an und organisiert betreute
Eltern-Kind-Gruppen (3 Gruppen à 10), die nach einiger Zeit - in der Regel nach
einem halben Jahr – in selbst organisierte Gruppen übergehen können und dann
nur noch punktuell betreut w erden. Schließlich sorgt die Beratungsstelle für
regelmäßige aktuelle Gesundheitsinformationen über die Organisation einer
Vortragsreihe, die Bereitstellung v on Informationsmaterial und durch regelmäßige
Beiträge in der Promenadenpost.
Auch hier bietet es sich an, Ort und Trägerschaft in enger Kooperation mit dem
Projekt Gesundheitslotsen in den Räumen der Koordinationsstelle zu organisieren.
88
TOPOS Stadtforschung
7.3. Ernährungsberatung „Gesunde Küche“
Bei praktisch allen Gruppen w urde ein Bedarf an Beratung zu gesunder Ernährung
festgestellt. Besonders dringend w ar er jedoch bei Jugendlichen, jungen deutschen
Familien und Senioren.
Es geht beim Thema Ernährung darum, konkretes Wissen zu v ermitteln (w as ist
gesund, w ie kann man gesunde Mahlzeiten einfach zubereiten…) und gleichzeitig
die Motiv ation zur gesunden Ernährungsw eise und den Spaß am Kochen zu
fördern. Dies w ird am besten durch gemeinsames Kochen und Essen erreicht.
Daher w ird empfohlen, eine Art „Modellküche“ einzurichten, die v on qualifiziertem
Personal geleitet w ird (in gesunder Ernährung ausgebildeter Koch oder
Ernährungsberater mit Kochfähigkeiten) und in der die unterschiedlichen Gruppen
an div ersen Kursen und Ev ents teilnehmen können.
Wichtig ist es, ein kultursensibles Konzept zu erstellen, w as auch die Bew ohner
nichtdeutscher Herkunft anspricht. Das Angebotsspektrum soll daher auch auf die
Bedürfnisse v on Menschen mit Migrationshintergrund eingehen, z.B. durch Kurse
zu türkischen oder arabischem Essen, besonderes Herv orheben v on Mahrzeiten
zu Feierlichkeiten der einzelnen Migrantengruppen usw . Daher ist auch eine enge
Kooperation mit den Vereinen und Initiativ en des Quartiers angedacht.
Da seitens der Zielgruppen der Preis häufig als Hindernis für bessere Ernährung
genannt w urde, sollte die Ernährungsberatung bereits den Einkauf thematisieren.
Dies gilt auch für Institutionen, die v on der Küche beraten w erden können.
Ein w eiterer innov ativ er Aspekt ist ein Essensraum, in dem das zubereitete Essen
in angenehmer Atmosphäre v erzehrt w erden kann. Es ist v orgesehen, den Raum
im Sinne einer „Kiezkantine“ für die Bew ohner des Quartiers zu öffnen und
preisw ert gesunde Mahlzeiten zur Verfügung zu stellen. Dadurch w erden zum
einen zusätzliche Personen „angelockt“ und an gesunde Ernährung herangeführt,
zum anderen ein konkreter Beitrag zur Verbesserung der Versorgung (z.B. der
Senioren) geleistet.
Ein w eiteres Angebot der „Gesunden Küche“ ist die Ernährungsberatung v or Ort.
Die Mitarbeiter beraten die Institutionen im Quartier (z.B. Kitas, Schulen oder
Vereine) v or Ort und bieten Informations- und Koch-Veranstaltungen zu Themen
w ie Diabetes, Allergien und Unv erträglichkeiten, Übergew icht und Abnehmen etc.
an.
Darüber hinaus könnten v on der „Gesunden Küche“ Ev ents zum Thema Essen
organisiert w erden; denkbar w ären ein Stadtteilfest (v ergleichbar dem Suppenfest
im Wrangelkiez oder der Langen Tafel in der Bergmannstraße), ein moderiertes
Kochduell o.ä.
Um nachhaltig positiv auf die Ernährungsgew ohnheiten im Quartier zu w irken ist
v orgesehen, dass die Stelle eng mit der Koordinationsstelle sow ie den div ersen
Akteuren im Quartier zusammenarbeitet (z.B. den Stadtteilmüttern, dem
Elternprojekt, dem Projekt gesunde Kitas etc.).
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TOPOS Stadtforschung
Organisatorisch w äre es sinnv oll, bestehende Räumlichkeiten zu nutzen. So bietet
sich beispielsw eise das interkulturelle Elternzentrum an, das über Küche und
entsprechende Räumlichkeiten v erfügt. Es ist insbesondere v orgesehen, das
Personal durch ehrenamtliche Senioren, Arbeitslose (MAE), Jugendliche oder
Auszubildende zu ergänzen. So können die Kosten niedrig gehalten und die
Bew ohner des Gebietes in die Aktiv itäten einbezogen w erden.
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TOPOS Stadtforschung
7.4. Bewegungsförderung für weibliche Jugendliche: „Girls
Move“
Eines der dringendsten Probleme im Gebiet ist der Bew egungsmangel bei
w eiblichen Jugendlichen. Dies zeigt sich in v erstärkter Form bei den Mädchen mit
Migrationshintergrund, die häufig nicht nur v on w eiblichen Rollenbildern und
Schönheitsidealen, sondern auch durch ihre Eltern v on Sport und Bew egung
abgehalten w erden. Gleichzeitig sind Mädchen auf öffentlich zugänglichen Sportund Bew egungsflächen stark benachteiligt, w eil sie dort mit männlichen
Jugendlichen konkurrieren und dabei in der Regel den Kürzeren ziehen.
Mangelnde Sportmöglichkeiten und andere Orientierung äußern sich in einer
zunehmenden Bew egungsunlust.
Bisher ex istieren keine nennensw erten Bew egungsangebote für Mädchen
außerhalb des Schulsports. Die Angebote v om Mädchencafé Schilleria und der
Warthe 60 beschränken sich derzeit noch auf unregelmäßige Ausflüge z.B. auf die
Eisbahn oder zum Schw immen. Auch Versuche w ie die Förderung v on Tanz und
Selbstv erteidigung konnten bisher nicht qualifiziert und regelmäßig durchgeführt
w erden.
Um dieses Bereich sy stematisch auszubauen, haben die beiden Mädchencafés
Schilleria und MaDonna (aus dem Rollberg-Viertel) gemeinsam einen
Projektentw urf formuliert („Heraus aus dem Haus – Mädchen erobern den Kiez!“).
Dieses Projekt w endet sich ex plizit an Mädchen mit Migrationshintergrund, die
diese Einrichtungen besuchen. Es sieht v or, sie durch spezifische
niedrigschw ellige Angebote an Sport und Bew egungsspiele heranzuführen. Durch
offene Angebote können sie unterschiedliche Sport- und Bew egungsarten
ausprobieren. Um bei den Eltern die Akzeptanz für bew egungsorientierte Aktiv itäten
der Töchter zu fördern, ist eine gezielte Öffentlichkeits- und Elternarbeit
v orgesehen.
Dieses Projekt w äre für die Mädchen aus dem Quartier Schillerpromenade
ausgesprochen hilfreich. Es ist in seiner bisherigen Konzeption bisher allerdings
v .a.
auf
sozialpädagogische
Ziele
ausgerichtet.
Hier
gilt es
Gesundheitsfragestellungen stärker ins Zentrum zu rücken. Dies sollte durch eine
Einbeziehung v on qualifiziertem Personal geschehen, die zum einen Angebote
durchführen, zum anderen sow ohl den Mädchen als auch den Mitarbeiterinnen
Wissen darüber v ermittelt, w elche Aspekte v on Gesundheit durch Bew egungsförderung berührt w erden (Verhinderung v on Adipositas, Herz-Kreislauf- und
Rückenerkrankungen, Stärkung des Selbstbew usstseins etc.). Die Mitarbeiterinnen
müssen für die qualifizierte Durchführung der Bew egungsangebote durch
sportpädagogisch geschultes Personal unterstützt w erden.
Es ist im Vorfeld detailliert zu überlegen, ob durch das Angebot über das
Mädchencafé Schilleria auch Mädchen mit arabischem Hintergrund erreicht
w erden. Diese treffen sich bekanntlich eher im Mädchencafé MaDonna im
Nachbarquartier. Daher ist zu prüfen, w ie diese Mädchen am besten in die
Angebote eingebunden w erden können. Ev entuell sollten einzelne Module des
Projekts auch direkt über MaDonna angeboten w erden. Außerdem w äre eine
91
TOPOS Stadtforschung
Kooperation mit der Warthe 60 sinnv oll, durch die auch v iele Mädchen erreicht
w erden, allerdings gibt es hier nur einen ex pliziten Mädchentag in der Woche.
Auch eine Kooperation mit dem neuen Jugendclub an der Oderstraße liegt nahe,
w o es auch einen Mädchentag geben soll und außerdem ein
bew egungsfreundliches Außengelände zur Verfügung steht. Um mit den Angeboten
ein möglichst breites Spektrum v on Bew ohnerinnen in dieser Altersklasse zu
erreichen, sollten Informationen über die Angebote auch über die Schulen v ermittelt
w erden. Hier ist ein enger Kontakt sinnv oll, w eil z.B. auch die Sporthallen der
Schulen genutzt w erden können.
Die einzelnen Angebote des Projektes bestehen aus:
• Niedrigschwelligen offene Sportangebote, die z.B. in der Sporthalle der
nahen Karl-Weise-Schule durchgeführt w erden können: Volley ball, Basketball,
Völkerball, Klettern, Tanz, Breakdance und andere Sportarten, die die Mädchen
gerne machen. Hierzu sollten neben „geschützten“ Räumen auch die Flächen
am neuen Jugendclub in der Oderstraße genutzt w erden.
• Verleih v on Inlineskates, Fahrrädern und Bew egungsspielzeug, das in einem
Container v erw ahrt w erden kann (sow ie die Instandhaltung). Diese Angebote
können auch anderen Nutzergruppen zur Verfügung gestellt w erden.
• Gemeinsamer Besuch des Schw immbads oder der Eislaufbahn, Ausflüge mit
dem Fahrrad oder zum Reiterhof.
• Gezielte Öffentlichkeitsarbeit durch Präsentation auf Kiezfesten und Ev ents
sow ie durch Plakate und Transparente im öffentlichen Raum. Um dies zu
unterstützen sollte bei Bedarf auch ein Teil der Bew egungsangebote im
öffentlichen Raum, z.B. auf der Schillerpromenade stattfinden. Hierfür stehen ein
Basketballfeld und Tischtennisplatten zur Verfügung.
• Kontaktaufnahme zu den Eltern, z.B. durch Einladungen zu Vorführungen
oder (Sport)Festen der Mädchen. Hier sollte gezielt der persönliche Kontakt zu
den Eltern gesucht w erden, um die Akzeptanz für bew egungsorientierte
Aktiv itäten der Mädchen zu fördern.
Ein Antrag für das Projekt liegt bereits in ausgearbeiteter Form v or. Dieser w urde
bei „Mädchen stärken“ - einem gemeinsamen Programm der Deutschen Kinderund Jugendstiftung und Nike - eingereicht, konnte aber bei der Projektv ergabe nicht
berücksichtigt w erden. Daher soll die Koordinationsstelle bei der w eiteren
Antragstellung bei anderen Förderern unterstützen.
Ein w eiterer Schritt in diese Richtung sind die v orgesehenen Mädchentage
Jugendtreff Oderstraße. Hierfür w ird zurzeit ein Organisations- und Finanzierungskonzept ausgearbeitet.
92
TOPOS Stadtforschung
7.5. Stadtteilmütter auf neue Gruppen ausweiten
In der Gesundheitsförderung für sozial benachteiligte und bildungsferne Familien
sow ie Familien mit Migrationshintergrund ist Niedrigschw elligkeit eine w ichtige
Vorraussetzung zum Erreichen der Zielgruppe. Besonders Familien, deren Kinder
noch zu jung für die Schule sind und nicht die Kita besuchen, sind aber für
Fördermaßnahmen schw er zu gew innen, da sie keinen regelmäßigen Kontakt zu
einer Institution haben. Dies ist v .a. bei Familien mit Migrationshintergrund der Fall,
da hier die Schw ellenängste häufig besonders hoch sind.
Diesem Problem begegnet seit etw a eineinhalb Jahren das Projekt Stadtteilmütter
des interkulturellen Elternzentrums. Mittlerw eile gibt es 23 Frauen mit türkischem
Hintergrund, die als Stadteilmütter tätig sind. Sie w urden in einem neunmonatigen
Lehrgang geschult und machen seitdem Hausbesuche bei Familien mit kleinen
Kindern, die durch die Kitas nicht erreicht w erden. Bisher w urden etw as 100
Familien mit türkischem Migrationshintergrund jew eils zehnmal v on einer
Stadtteilmutter besucht, die sie über v ielfältige Themen der Bereiche Erziehung und
Gesundheit informiert (Schulsy stem, Suchtv orbeugung, Sex ualentw icklung und
Verhütung, Kinderentw icklung, sprachliche und motorische Entw icklung, Verhütung
v on Kinderunfällen, Rechte des Kindes, Medienerziehung, gesunde Ernährung).
Bisher w urden nur türkische Familien erreicht. Die zw eite Gruppe v on zehn
w eiteren Stadtteilmüttern w ird derzeit ausgebildet. Dies sind v ornehmlich arabisch
sprechende Frauen, aber auch eine Kurdin und eine Deutsche, die ab Juli
anfangen w erden, Familien im Gebiet zu besuchen.
Aufgrund der Themenpalette, die bei den Beratungen angesprochen w erden, ist
dieses Projekt auch aus gesundheitspolitischer Sicht ein überaus w ichtiges Projekt
für den Stadtteil. Außerdem zeigen die positiv en Resonanz der Eltern und die
Vielzahl neuer Anmeldungen den Bedarf eines solchen aufsuchenden Angebots.
Ende 2005 w urde es positiv ev aluiert, w eshalb es nun auch in anderen Quartieren
in Neukölln gestartet w ird. Das Projekt sollte unbedingt gestärkt und auf andere
Gruppen im Quartier ausgew eitet w erden. Dies könnte v .a. durch die w eitere
Schulung v on deutsch-, serbokroatisch- und russischsprachigen Frauen
geschehen. Inw iefern sich bei diesen Gruppen aufsuchende Angebote, v .a. in der
Anzahl v on zehn Hausbesuchen eignen, gilt es zu prüfen. Im Zw eifelsfall sollte das
Modell für die einzelnen Nutzergruppen modifiziert w erden.
Seit Mitte 2006 w ird das Projekt durch den Bezirk Neukölln finanziert und auch auf
andere Quartiere ausgew eitet. Damit ist eine Finanzierung bis Ende 2008 gesichert.
93
TOPOS Stadtforschung
7.6. Lokales Netzwerk „Gesunde Kitas in der
Schillerpromenade“
Die Analy se zeigt, dass bei Kindern im Vorschulalter in den Bereichen Bew egung
und Ernährung Handlungsbedarf besteht. Darüber hinaus benötigen v iele Eltern
allgemeine Informationen zur Kindesentw icklung und den damit v erbundenen
gesundheitlichen Fragen. Gleichzeitig gilt es die Inanspruchnahme v on
Vorsorgeuntersuchungen zu v erbessern.
Den w ichtigsten Zugang zu den Kernzielgruppen Kinder und Eltern stellen die Kitas
dar. Das Kita-Personal v ersucht bereits in v ielfältiger Weise über die Arbeit mit den
Kindern hinaus ihren engen v ertrauensv ollen Kontakt zu den Eltern zu nutzen, um
die Gesundheit der Kinder zu stärken. Da dies aber nicht zu ihrer Kernaufgabe
gehört, arbeiten sie dabei stets an ihrer zeitlichen und finanziellen Grenze.
Um die Kitas an dieser Stelle zu entlasten und gleichzeitig Qualität und
Nachhaltigkeit in der Bearbeitung gesundheitlicher Themen zu gew ährleisten, w ird
empfohlen, einen Zusammenschluss der ortsansässigen Kindertagsstätten zu
einem lokalen Netzw erk „Gesunde Kitas in der Schillerpromenade“ zu initiieren.
Dieses sollte zunächst v on ex terner Seite aus geleitet w erden und sich spätestens
mit Ablauf des Gesamtprojektes selbst organisieren und tragen.
Erfahrungen aus dem ähnlich gelagerten „Netzw erk gesunde Kita“ des Landes
Brandenburg zeigen, dass die beteiligten Akteure hierbei in v ielfältiger Weise
profitieren können. So entlasten die Kitas sich z.B. durch regelmäßigen
Erfahrungsaustausch v on Mehrarbeit im Bereich der Informationsbeschaffung. Im
QM-Gebiet Schillerpromenade können sie sich darüber hinaus ganz konkret durch
Austausch oder Verleih v on Räumen und Materialien unterstützen.
Das Projekt sieht v or, die v orhandenen Angebote in den drei Handlungsfeldern
Bew egung, Ernährung, und gesundheitliche Aufklärung aufzugreifen und
gemeinsam zu v erbessern bzw . entsprechende neue Angebote in Leben zu rufen.
Zu Beginn w erden die Ressourcen und Kapazitäten der einzelnen Kitas durch
ex terne Ex perten erhoben. Die bereits bestehende Arbeit und bereits angelaufene
Projekte w erden in ihrer Wirkung und Nachhaltigkeit erfasst. Darauf aufbauend w ird
seitens der Ex perten gemeinsam mit dem Kita-Personal nach Möglichkeiten
gesucht, die bestehenden Angebote zu v erbessern oder auszubauen und damit die
v orhandenen Ressourcen zu stärken.
Die konkreten Zielsetzungen in den einzelnen Handlungsfeldern lassen sich
folgendermaßen zusammenfassen:
1. Bew egung
Die Erzieherinnen w erden durch Schulung befähigt, Angebote zur Bew egungsförderung selbst zu planen und zu gestalten. Entsprechende Angebote, bei
denen ein Übungsleiter die Schulung im Rahmen der Kita-Arbeit durchführt,
w erden durch die Landessportv erbände oder die Krankenkassen unterstützt.
94
TOPOS Stadtforschung
2. Ernährung
Die gesunde Ernährung sollten zum einen im Versorgungsangebot der Kitas
berücksichtigt w erden. Zum anderen sollten die Erzieherinnen darin geschult
w erden, w ie zentrale Aspekte gesundheitsbew usster Ernährung in
kindgerechter Form w eiterv ermittelt w erden können.
3. Gesundheitliche Aufklärung
Neben den Eltern sind die Erzieherinnen die w ichtigsten Begleiter der Kinder in
den ersten Lebensjahren. Sie sollten darin geschult w erden, die
gesundheitliche Situation und Entw icklung der Kinder zu beobachten und zu
beurteilen. Andere Themen der Schulungen sollten Möglichkeiten zur sensiblen
Kommunikation mit den Eltern und zur Motiv ation zur Inanspruchnahme der UUntersuchungen sein.
Dieses Wissen erleichtert neben der Umsetzung der Gesundheitsziele die Arbeit mit
den Eltern, w eil die Erzieherinnen den Eltern in deren Beratung kompetenter
gegenüber treten können. Um sich bei den neuen Aufgaben zu entlasten, sollten
darüber hinaus die Kitas im Rahmen der Netzw erkarbeit zu aktiv er Elternarbeit
angeleitet w erden.
Für das Projekt ist eine zentrale Koordination erforderlich. Dieser zentrale
Ansprechpartner ist für den Netzw erkauf- und -ausbau v erantw ortlich und
organisiert und moderiert die Netzw erkv eranstaltungen. Es w erden regelmäßige
Netzw erktage v eranstaltet, auf denen zunächst einmal die zentralen
Handlungsfelder festgelegt und die Ziele der gemeinsamen Arbeit definiert w erden.
Langfristig dienen diese Veranstaltungen dem Austausch der Netzw erkmitglieder
untereinander und ggf. zur Fortbildung zu spezifischen Themen.
Die Koordinierung des Netzw erkes kann durch die zentrale Koordinierungsstelle
geleistet w erden.
95
TOPOS Stadtforschung
7.7. Integrierte Gesundheitsförderung für Senioren: „Gesund
älter werden in der Schillerpromenade“
Die Analy se zeigte bei Senioren einen erheblichen Förderbedarf. Im Gebiet
Schillerpromenade fehlt es neben allgemeinen Angeboten zur Alltags- und
Freizeitgestaltung an gesundheitsrelev anten Ernährungs-, Bew egungs- und
Informationsangeboten für ältere Menschen. So gibt es im Quartier selbst oder in
erreichbarer Nähe keine Seniorenfreizeitstätte.
Um die Situation der Senioren zu v erbessern, konzipiert das Quartiersmanagement
Schillerpromenade derzeit ein Projekt „Älter w erden in der Schillerpromenade“, das
sich ab Herbst 2006 intensiv den älteren Bew ohnern des Quartiers w idmen w ird.
In diesem Projekt geht es jedoch v orrangig um soziale und bauliche Aktiv itäten im
Rahmen des Quartiersmanagements. Um die Gesundheitsförderung mit den dafür
w esentlichen sozialen und phy sischen Komponenten zu v erbinden w ird
empfohlen, das Projekt um den gesundheitsfördernden Aspekt zu erw eitern - „Älter
w erden“ sollte zu „Gesund älter w erden“ erw eitert w erden. So w ird sichergestellt,
dass die Gesundheitsförderung als Querschnittsthema in alle Teilbereiche integriert
w ird.
Ausreichend Bew egung ist im Alter v on hoher Bedeutung für den Erhalt der
körperlichen und geistigen Fähigkeiten. Folglich geht es hierbei um Möglichkeiten,
Bew egung im Rahmen v on Sportangeboten, aber auch im Alltag zu schaffen bzw .
zu erhalten. Angebote für Bew egung und Sport für ältere Menschen sind nur sehr
v ereinzelt v orhanden. Lediglich die Neuköllner Volkshochschule bietet für jüngere
Senioren einige Kurse in der Boddinstraße an (z.B. Fitness und Gy mnastik für
Menschen ab 50). Für Hochbetagte und körperlich zunehmend eingeschränkte
Bew ohner, die eine gezielte Bew egungsförderung benötigen, fehlen derartige
Angebote.
Die Bew egung im Alltag hängt bei Senioren in hohem Maße v om Zustand des
Umfeldes ab. Im öffentlichen Raum fühlen sie sich durch die Verschmutzung der
Straßen und Plätze und die Nutzungskonkurrenzen v erunsichert und unw ohl und
ziehen sich zunehmend zurück. Dieser Rückzug führt im Ex tremfall zu Isolation
und damit v erbundenen psy chischen Problemen. Um die Bew egung in der
Wohnung zu fördern, bedarf es gerade in höherem Alter der entsprechenden
barrierefreien Gestaltung. Auch hier kann das Projekt beratend tätig w erden.
Die Analy se deckte einen deutlichen Bedarf an Ernährungsberatung und -angeboten
auf. Hier w ären Vermittlung v on Wissen über eine altergerechte Ernährung sow ie
Anreizen bzw . Unterstützung beim Einkauf und Kochen erforderlich.
Insgesamt w urde ein großer Informationsbedarf festgestellt. Viele ältere Menschen
v erfügen
über
nur
geringe
Kenntnisse
über seniorenspezifische
Gesundheitsthemen, ihre Rechte und mögliche Hilfsangebote. Betroffene oder
Angehörige sind oftmals nicht ausreichend auf das Älterw erden v orbereitet und sind
mit den hierbei auftretenden Problemen unsicher und überfordert.
Die genannten Problematiken gelten v erschärft für Senioren mit Migrationshintergrund, die in immer stärkerem Maße im Gebiet alt w erden. Zur ausgeprägten
96
TOPOS Stadtforschung
Sprachproblematik kommt noch hinzu, dass oft gegenüber den auf deutsche
Senioren ausgerichteten Institutionen Vorbehalte und Schw ellenängste bestehen. Es
fehlen folglich besonders für diese Bew ohner passende Angebote.
Im Quartier gibt es mit der Beratung der Genezareth-Gemeinde nur eine Stelle, an
die sich Senioren mit Problemen und Fragen w enden können. Diese allgemeine
Sozialberatung bietet jedoch kein spezielles Beratungs- oder Betreuungsangebot,
da die Beratungsstelle für einen w eiten Personenkreis gedacht ist. Ein ex pliziter
Gesundheitsbezug fehlt v öllig.
Das Projekt sollte im Sinne eines „health mainstreamings“ die Gesundheit als
Querschnittsthema in allen für die Senioren zu gestaltenden Bereichen v ertreten.
Organisatorisch könnte dies über eine zentrale Verantw ortlichkeit der Koordinationsstelle realisiert w erden, die sich themenbezogen v on Beratern und Coaches
unterstützen lässt. Auch eine fester angelegte Kooperation z.B. mit der
Koordinationsstelle für ambulante Rehabilitation („Rund ums Alter“) in der nahe
gelegenen Werbellinstraße w äre denkbar.
97
TOPOS Stadtforschung
8. Konzept für die Koordinationsstelle
8.1. Aufgaben
Die Koordinationsstelle ist die zentrale Institution der Gesundheitsförderung im
QM-Gebiet. Sie ist Anlaufstelle für Netzw erkpartner und Bürger, die sie mit ihren
Wünschen und Bedürfnissen rund um das Thema Gesundheit aufsuchen können,
sie mit Informationen v ersorgt und sie in ihren Aktiv itäten unterstützt. Sie initiiert und
führt Projekte durch, die Informationen zum Thema Gesundheit im Gebiet v erbreiten
und v erankern können.
Um diese Ex pertenrolle übernehmen zu können, steht die Koordinationsstelle in
Kontakt zu anderen Ex perten der Gesundheitsförderung und kümmert sich selbst
um eine eigene entsprechende Weiterbildung. Eine ihrer zentralen Aufgaben ist es,
das Wissen um Gesundheitsförderung als Querschnittsthema Multiplikatoren durch
Schulungen und Coachings nahe zu bringen.
Als zentraler Netzwerkknoten für die Koordination der Aktiv itäten spielt die
einzurichtende
Koordinationsstelle
eine
tragende
Rolle
für
die
Gesundheitsförderung. Sie ist der „Promotor“ des Themas Gesundheit im QMGebiet. Damit die Fäden auch tatsächlich bei der Koordinationsstelle
zusammenlaufen, ist eine kontinuierliche Kommunikation mit den Partnern im
Netzw erk zw ingend erforderlich. Dazu gehört auch die Einrichtung einer zentralen
Projekt- und Partnerdatenbank oder die Organisation v on Netzw erktreffen.
Als zentrale Einrichtung der Gesundheitsförderung kommt der Koordinationsstelle
die inhaltliche Aufgabe zu, die Strategie und das Konzept (w eiter) zu entwickeln.
Wesentlich ist dabei, aus dem Kontakt mit Bürgern, Netzw erkpartnern und
Ex ternen neue Themen aufzugreifen und Good-Practice-Erfahrungen auf das Gebiet
zu übertragen. Gegenüber den Netzw erkpartnern gehört insbesondere dazu, die
Strategie in umsetzbare Teilziele oder Maßnahmen zu zerlegen und diese als
Projektideen den Netzw erkpartnern zu v ermitteln.
Darüber hinaus kann die Koordinationsstelle Kompetenzen bündeln, die sonst jeder
Netzw erkpartner aufbauen müsste. Dazu gehört zunächst einmal die
Mittelakquise über Fördermittel, Sponsoring und ähnliches. Auch in der
Außendarstellung in der Öffentlichkeitsarbeit und Gremienarbeit kann die
Koordinationsstelle die Netzw erkpartner entlastend unterstützen.
Neben der Entw icklung und Unterstützung v on Projekten fällt schließlich die
Evaluation der Projekte in den Aufgabenbereich.
Bei der Zusammenstellung des Aufgabenspektrums kristallisierten sich v ier
Aufgabenschw erpunkte heraus. Dazu gehören
• der zentrale Bereich der Gesundheitsförderung, in dem zum einen die
Erfordernisse und Möglichkeiten den v erschiedenen Gruppen v ermittelt und
zum anderen das Gebiet w issenschaftlich betreut w erden,
• der Bereich Netzwerkkoordination für die Einbindung der v erschiedenen
Gruppen und übergreifende Tätigkeiten.
98
TOPOS Stadtforschung
• ein kaufmännischer Bereich mit der Betreuung der Finanzen und allgemeinen
organisatorischen Tätigkeiten,
• der Bereich Public Relations mit Öffentlichkeitsarbeit und Veranstaltungsmanagement
Angesichts dieses umfangreichen Spektrums erscheint es nur schw er möglich und
w enig effizient, sämtliche Fähigkeiten in der Koordinationsstelle v orzuhalten. Die
gezielte Vergabe v on Ex pertisen und anderen Aufträgen ist im Budget zu
berücksichtigen.
Wie anhand dieser Aufgaben deutlich w ird, ist der Aufbau einer schlagkräftigen
Struktur der lokalen Gesundheitsförderung w eder v om Quartiersmanagement noch
v om Bezirk zu leisten. Die Koordinationsstelle spielt aufgrund der fachlichen und
räumlichen Ex pertise hierfür eine zentrale Rolle. Sie ist das Kernstück des
v orliegenden Konzepts, an das sich die anderen Aktiv itäten „andocken“ können.
Diese anspruchsv olle Aufgabe erfordert eine qualitativ und quantitativ gute
Ausstattung, w enn eine Erfolg v ersprechende Gesundheitsförderung installiert und
eine nachhaltige Wirkung erzielt w erden soll. Deshalb w ird im Folgenden
ausführlich
Aufgabenstellung
und
Qualifikationsprofil
der
einzelnen
Aufgabenbereiche dargestellt.
8.2. Organisation und Ausstattung
In diesem Kapitel erfolgt eine überschlägige Einschätzung des Ausstattungsbedarfs
der Koordinationsstelle.
Ein Thema dieses Abschnitts ist die erforderliche Personalausstattung. Bei der
Besetzung der Koordinationsstelle w ird v om Umfang einer v ollen Stelle
ausgegangen. Da aber auch Teilzeit-, freiberufliche Lösungen oder Vergabe sow ie
Kombinationen dav on denkbar sind, w ird im Folgenden v on einem Team
ausgegangen. Bei den Qualifikationen w ird deshalb zw ischen Schlüsselqualifikationen, die alle Teammitglied mitbringen müssen, und fachspezifischen
Qualifikationen unterschieden, die einzelne Teammitglieder einbringen müssen.
Zw eiter Punkt ist die erforderliche Ausstattung mit Räumlichkeiten. Neben den
Räumlichkeiten, die der Koordinationsstelle ständig zur Verfügung stehen sollten
w ird hier auch der erforderliche Zugriff auf größere Räumlichkeiten benannt.
8.2.1.
a.)
Erforderliche Qualifikationen der Mitarbeiter
Schlüsselqualifikationen
Der Aufbau der Koordinationsstelle im QM-Gebiet ist ein anspruchsv olles Projekt.
Organisatorisches Geschick, die Fähigkeit und Bereitschaft zu improv isieren und
sich flex ibel auf sich v erändernde Situationen einstellen zu können sow ie
Erfahrungen in der Projektarbeit sind ebenso w ie Teamfähigkeit
Voraussetzungen für die Mitarbeit im Team. Um das Gebiet in seiner Situation
richtig einzuordnen zu können, sind profunde Kenntnisse des Gebiets
Schillerpromenade oder v ergleichbarer Gebiete erforderlich.
99
TOPOS Stadtforschung
Ziel des Konzeptes ist es, den Partnern im Netzw erk Möglichkeiten zur
Umsetzung v on Projekten zu geben und sie zu befähigen, eigene Projekte im
Stadtteil umzusetzen. Es gilt, tragfähige Netzw erkstrukturen zu entw ickeln und als
Schnittstelle zw ischen Nutzern, Anbietern, Ex perten und Entscheidungsträgern zu
v ermitteln. Dies erfordert hohe soziale Kompetenz. Das Konzept der Aktiv ierung
v on Netzw erkpartnern setzt seitens der Koordinationsstelle ein hohes Maß an
Kommunikationsfähigkeit und Offenheit gegenüber den v erschiedenen in den
sozialen und gesundheitlichen Bereichen tätigen Personen v oraus. Hierfür w ären
Sprachkenntnisse v orzugsw eise der türkischen und arabischen Sprache hilfreich.
Da es in der Gesundheitsförderung im Gebiet darum geht, Partner für Angebote zu
gew innen, ist die Begeisterung und Motivation von Partnern außerordentlich
w ichtig. Dazu bedarf es der Fähigkeit, komplex e gesundheitliche Sachv erhalte
v ermitteln und sie in für die Partner handhabbare Teilschritte zerlegen zu können.
Die Koordinationsstelle muss in der Lage sein, in unterschiedlich besetzten
Gremien Prozesse abzustimmen und umsetzbare Ergebnisse zu erzielen. Da dies
unter Einbeziehung der unterschiedlichen Zielgruppen erfolgen soll, w ird die
sichere Moderation großer und kleiner Gruppen aller Altersgruppen
v orausgesetzt. Interkulturelle Kompetenz im Sinne einer v orurteilsfreien Begegnung
mit anderen Kulturen ist zw ingend erforderlich. Kenntnisse der türkischen und
arabischen (Sprache und) Kultur sind v orteilhaft.
Notw endig sind zudem Erfahrungen in der Netzwerk- und Gremienarbeit.
Dabei gilt es, bei allen Restriktionen hinsichtlich der Reichw eite die
Gesamtkonzeption der lokalen Gesundheitsförderung immer w ieder positiv zu v ermitteln. Dazu müssen alle Teammitglieder aus ihren bisherigen Tätigkeiten
zumindest einen Bezug zu lokaler Gesundheitsförderung nachw eisen können,
direkte Erfahrungen sind w ünschensw ert.
Allgemeine Anforderungen:
• Bezug zu Gesundheitsförderung
• Kenntnisse des Gebiets oder v ergleichbarer Gebiete
• Moderationserfahrungen
• Erfahrungen in der Netzw erk- und Gremienarbeit
• Teamfähigkeit
• Kommunikationsfähigkeit
• Offenheit im Umgang mit anderen Kulturen
• Fähigkeit zu motiv ieren
• Orientierung auf umsetzbare Ergebnisse
• Flex ibilität
b.)
Fachspezifische Qualifikationen
Bei der Zusammenstellung des Aufgabenspektrums kristallisierten sich v ier
Aufgabenschw erpunkte heraus. Dazu gehören
100
TOPOS Stadtforschung
• der zentrale Bereich der Gesundheitsförderung, in dem zum einen die
Erfordernisse und Möglichkeiten den v erschiedenen Gruppen v ermittelt und
zum anderen das Gebiet w issenschaftlich betreut w erden,
• ein kaufmännischer Bereich mit der Betreuung der Finanzen und allgemeinen
organisatorischen Tätigkeiten,
• der Bereich Public Relations mit Öffentlichkeitsarbeit und Veranstaltungsmanagement
• der Bereich Netzwerkkoordination für die Einbindung der v erschiedenen
Gruppen und übergreifende Tätigkeiten.
ba.)
Gesundheitsförderung
Die gesundheitsw issenschaftliche Begleitung und Aufbereitung gesundheitsrelev anter Themen ist der Dreh- und Angelpunkt der Koordinationsstelle. Zentrale
Aufgabe ist die Vermittlung der Förderziele und das Eintreten für die
Belange der Gesundheitsförderung in der Öffentlichkeit ebenso w ie gegenüber
Planung und Verw altung.
Diese Stelle ist v orzugsw eise mit einem Gesundheitsw issenschaftler mit sozialw issenschaftlichem Hintergrund zu besetzen. Für diese Aufgabe sind Kenntnisse
des Zusammenhangs von sozialer Lage und Gesundheit unerlässlich.
Als Anforderungsprofil w erden insbesondere das Interesse und die Fähigkeit
erw artet, den beteiligten Netzw erkpartnern und der interessierten Öffentlichkeit
gesundheitsrelevante Zusammenhänge zu vermitteln. Dazu gehören neben
praktischen Erfahrungen in Koordinationsaufgaben idealerw eise auch die mediengerechte Aufbereitung gesundheitsw issenschaftlicher Fragestellungen ebenso w ie
die Durchführung v on (Weiterbildungs-)Veranstaltungen z.B. mit Multiplikatoren.
Ein w esentlicher Ansatzpunkt der Gesundheitsförderung ist es, gebietsspezifische
oder neue Themen aufzugreifen. Dafür bedarf es eines engen Kontakts zu den
Partnern und Bürgern des Gebiets. Darüber hinaus gilt es, in anderen Gebieten
erfolgreiche Projekte möglichst auf das Quartiersmanagementgebiet
anzupassen. Deshalb ist diese Person für den Erfahrungsaustausch und die
Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen der Gesundheitsförderung sow ie die
Übertragungsv ersuche zuständig. Hilfreich sind zudem bereits bestehende
Kontakte zu gesundheitsw issenschaftlichen Einrichtungen, Univ ersitäten, den
beteiligten Verw altungen auf Senats- und Bezirksebene sow ie Partnern des
Netzw erks.
Zur inhaltlichen Betreuung des Gebiets gehört es, im Rahmen der Evaluation die
Entw icklung im Gebiet zu beobachten, Veränderungen festzuhalten und neue
Themen aufzugreifen. Zu den Aufgaben gehört es, die die Bew ertung der Projekte
v orzunehmen und für die Entscheidungsgremien aufzubereiten. Darüber hinaus ist
die Berichterstattung über die Koordinationsstelle im Sinne der Selbstev aluation zu
entw ickeln und umzusetzen.
101
TOPOS Stadtforschung
Gesundheitsförderung:
• Vermittlung gesundheitsw issenschaftlicher Zusammenhänge an Multiplikatoren,
Netzw erkpartner, Entscheidungsträger, Medien und Bev ölkerung
• Entw icklung v on zielgruppenspezifischen Angeboten
• Vertretung der Gesundheitsförderung aus inhaltlicher Sicht
• Beobachtung und Bew ertung der Entw icklung im Gebiet (Monitoring,
Ev aluation)
• Austausch mit anderen Gesundheitsseinrichtungen
bb.)
Kaufmännischer Bereich
Ein w eiteres w esentliches Aufgabenfeld für das Funktionieren der
Koordinationsstelle ist der kaufmännische Bereich. Diese Person unterstützt die
Aktivitäten der anderen Bereiche, indem sie die Finanzen und das Organisatorische übernimmt.
bc.)
Finanzierung
Im Bereich der Finanzierung kommt der kaufmännischen Leitung in erster Linie die
Aufgabe der Mittelakquise zu. Hierzu gehört insbesondere die Eruierung, Akquise
(Beantragung) und Verw altung möglicher Fördermittel entsprechend der
Vorgaben der Fördermittelgeber und die Verw altung der eingesetzten
Personalfördermittel. Erfahrungen mit Förderprogrammen des Landes Berlin, der
Bundesrepublik und der Europäischen Union sow ie der Kassen sind deshalb
erforderlich. Dasselbe gilt für die Möglichkeiten des Fundraisings. Das
Akquirieren v on (priv aten und öffentlichen) Sach- und Geldmitteln für das
Quartiersmanagementgebiet bis hin zur ordnungsgemäßen Verw endung fällt in den
Aufgabenbereich dieser Stelle. Damit ist diese Person für den Bereich der Inv estor
Relations (IR) v erantw ortlich, Hier w ird eng mit dem Bereich Public Relations (PR)
zusammengearbeitet.
Als diejenige Person, die die Mittel v erw altet, ist sie für die ordnungsgemäße
Buchhaltung und Kassenführung v erantw ortlich.
bd.)
Personalentw icklung
Im Laufe der Weiterentw icklung der Gesundheitsförderung ist der Einsatz w eiterer
(geförderter) Arbeitskräfte denkbar. Während die Besetzung Sache des gesamten
Teams ist, fällt die Personalv erw altung und -entw icklung ins kaufmännische
Ressort. Dazu gehört insbesondere Akquisition und Verw altung der Mittel für
geförderte Arbeitsplätze.
Neben geförderten Arbeitsplätzen können und sollen für junge Menschen
Möglichkeiten geschaffen w erden, ihren Ziv ildienst, ein freiw illiges soziales Jahr
oder ein Praktikum im Gebiet zu absolv ieren.
102
TOPOS Stadtforschung
be.)
Organisation des Back-Office
Die zentrale organisatorische Aufgabe ist - in Abstimmung mit den anderen
Mitgliedern der Koordinationsstelle – der Aufbau einer funktionsfähigen
Bürostruktur („back office“). Dazu zählt der Aufbau des Sekretariats. Neben der
Betreuung des Büros fällt darunter auch die Betreuung des Personals in finanzieller
und organisatorischer Hinsicht.
Kaufmännische Tätigkeitsbereiche:
• Akquise und Verw altung v on Fördermitteln
• Buchhaltung und Kassenführung
• Controlling
• Fundraising
• Aufbau des Büros
• Organisatorische Unterstützung der anderen Bereiche
c.)
Netzwerkkoordination
Maßgeblicher Bestandteil des Gesundheitsförderungskonzepts ist die Ansprache
der Gebietsbew ohner über die Netzw erkpartner. Dazu bedarf es einer Koordination
der Aktiv itäten im Gebiet. Darüber hinaus gilt es, neue Ideen ins Netzw erk hineinzutragen.
Die Koordinationsstelle ist die Schnittstelle zw ischen Quartiersmanagement, den
Bürgern, der Verw altung und den anderen am Gebiet Beteiligten. Für die
Beteiligung ist dies die zentrale koordinierende und begleitende Tätigkeit bei
den einzelnen Aktiv itäten der Gesundheitsförderung. Dazu gehört auch, die Akteure
beim Aufbau v on Angeboten der Gesundheitsförderung zu unterstützen. Um
jederzeit einen Überblick über die Angebote und deren Träger zu haben, muss eine
entsprechende Datenbank eingerichtet und gepflegt w erden.
Grundlage für diese umfassende Form der Koordination ist der Aufbau stabiler und
v ertrauensv oller Beziehungen mit den Partnern des Netzw erks und den
Entscheidern v om Quartiersmanagement über den Bezirk und die
Senatsv erw altung. Dazu ist es notw endig, dass kontinuierlich zu den
v erschiedenen Gruppen Kontakte aufgebaut und gepflegt w erden. Seitens der damit
beauftragten Person sind Erfahrungen in der Durchführung von Workshops
und Beteiligungsrunden erforderlich. Dabei ist ein möglichst breites Spektrum
an Moderationstechniken w ünschensw ert. Von daher ist ein hohes Maß an
Kommunikationsfähigkeit und ein breites Spektrum an Kenntnissen erforderlich
(„Generalist“). Kontakte zu lokalen Akteuren (Vereine, Verbände, Politiker, etc.)
sind v on Vorteil.
Als eine geeignete Form der Kontaktaufnahme und Interessenermittlung bei den
Nutzern w erden Umfragen und demografische Erhebungen angesehen.
103
TOPOS Stadtforschung
Hierbei können auch w eniger kontaktfreudige Personen angesprochen und deren
Gestaltungsinteressen erfasst w erden.
Es erfolgt eine sehr enge Zusammenarbeit mit dem Bereich Public Relations, um
v ielfältige Kontakte zu aktiv ieren und mit dem kaufmännischen Bereich, um zum
Beispiel Firmenkontakte für die finanzielle Förderung des Gebiets zu nutzen.
Tätigkeitsbereiche Koordination:
• Einbindung der lokalen Akteure (Vereine, Verbände etc.)
• Koordination der Aktiv itäten
• Unterstützung der Akteure beim Aufbau v on Angeboten der Gesundheitsförderung
• Anlegen und Pflegen der Angebots-Datenbank
• Organisation, Begleitung und Moderation v on Koordinationsv eranstaltungen
• Fund-Raising und Sponsoren-Akquise
d.)
Bereich Public Relations
Den Beziehungen zur Öffentlichkeit - den Public Relations - kommt für die
Vermittlung der Gesundheitsziele eine w esentliche unterstützende Rolle zu.
Zentrale Aufgabe der Koordinationsstelle ist die Schaffung einer Plattform für das
Netzw erk für Gesundheit, die v on der Koordinationsstelle öffentlichkeitsw irksam
nach außen v ertreten w erden muss.
Ohne ein entsprechendes Konzept der Öffentlichkeitsarbeit w ird das Thema in
seiner Querschnittsfunktion nicht w ahrgenommen w erden. Erfahrungen im Bereich
der Vermittlung von gesundheitlichen Zusammenhängen und sind dafür
Voraussetzung.
da.)
Öffentlichkeitsarbeit
In den Bereich der Öffentlichkeitsarbeit gehören alle Formen v on Publikationen ob
als Print- oder elektronische Medien (Fly er, New sletter, etc.). Grundlage dafür
bildet ein in Abstimmung mit dem QM zu erarbeitendes KommunikationsKonzept.
Dies beinhaltet zunächst die Festlegung der kommunikativ en Positionierung. Das in
diesem Zusammenhang zu erstellende Corporate Design legt zentrale Gestaltungsmerkmale für die öffentlichkeitsw irksamen Außendarstellungen fest. Dazu
gehört neben (mehrsprachigen) Broschüren, Tafeln, Plakaten auch der
Internetauftritt.
Ein w esentlicher Bestandteil der Öffentlichkeitsarbeit ist die Medienarbeit. Sie
umfasst den Aufbau und die Betreuung der Beziehungen zu den Medienv ertretern
ebenso w ie das eigenständige Verfassen v on Pressemitteilungen und die
regelmäßige Darstellung des Fortgangs des Projekts in der „Promenadenpost“.
104
TOPOS Stadtforschung
db.)
Veranstaltungsmanagement
Öffentlichkeitsw irkung w ird nicht zuletzt über Veranstaltungen erzielt. Zur Verbreitung des Förderungsgedankens fallen hierunter in erster Linie Veranstaltungen
zur Gesundheitsförderung w ie zum Beispiel Workshops, für die diese Person
die Konzepte entw ickelt.
Schließlich gehört das Event-Management w ie die Organisation v on Feiern und
anderen Aktiv itäten zu den Aufgaben des PR-Spezialisten. Hierbei sind kreativ e
Vorschläge gefragt, die eine Vielzahl v on Personen anspricht, die dem Gebiet
v erbunden sind (Nutzer aus ganz unterschiedlichen Bereichen, Sponsoren,
Vertreter der Öffentlichkeit). Weiterhin ist die Teilnahme der Koordinationsstelle an
„Kiezev ents“ w ie Straßenfesten in Form v on Ständen und ähnlichen Aktionen zu
organisieren.
Für diese Tätigkeit sind praktische Erfahrungen in der Planung, Koordination und
Umsetzung v on Veranstaltungen erforderlich.
Tätigkeitsbereiche Public Relations:
• Gestaltung des Image-Konzepts
• Herausgabe unterschiedlicher Publikationen
• Konzeption und Realisierung v on Veranstaltungen zur Gesundheitsförderung
• Ev ent-Management
• Medienarbeit
105
TOPOS Stadtforschung
8.3. Checkliste Anforderungen
Mit folgender Darstellung w ird ein präzises Anforderungsprofil der einzelnen
Bereiche gegeben. Es w ir hier nicht nach der v orgeschlagenen Halbierung
v orgegangen, um auch bei anderen Lösungen die erforderlichen Profile prüfen zu
können.
Gesundheitsförderung
Bedeutung18
8.3.1.
3
2
4
3
2
1
3
2
1
Netzwerkkoordination
4
3
2
1
Betriebswirt
Journalist /
Kommunikationswissenschaftler
abgeschlossenes
Hochschulstudium
Kompetenzen und Interessen
X
Vermittlungsfähigkeiten
X
X
Breites
Allgemeinwissen
interkulturelle
Kompetenzen
X
X
Wirtschaftliches
Bezug zu
Gesundheitsförderung
X
X
Computer- und ITKenntnisse
X
X
Kreativität
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
Leistungsverhalten
Organisation
X
Zeitmanagement
X
X
X
Verantwortungsbewusstsein
X
Flexibilität
X
Zielorientierung
X
18
4
Gesundheitswissenschaftler mit sozialwissenschaftlichem
Hintergrund
einschlägige
Fachkenntnisse
8.3.3.
1
Public Relations
Formale Voraussetzungen
Ausbildung / Abschluss
8.3.2.
4
Kaufmännischer
Bereich
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
Die Einschätzung der Bedeutung folgt der Einteilung:
4 - unabdingbare Voraussetzung
3 - sehr wichtig
2 - wichtig
1 - weniger wichtig
106
TOPOS Stadtforschung
Gesundheitsförderung
Bedeutung18
8.3.4.
4
2
1
Public Relations
4
4
3
X
Kommunikationsfähigkeit
X
Informationsfähigkeit
X
Durchsetzungsvermögen
Eigeninitiative
X
X
X
X
1
3
2
1
4
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
3
2
1
X
X
X
Erfahrungen
Leitungserfahrung
X
Teamarbeit
X
Netzwerkarbeit
X
X
Gremienarbeit
X
X
X
X
X
X
X
Präsentation
X
X
Gesundheitsförderung
X
X
X
X
Akquise
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
Event-Management
X
X
Moderation
8.3.6.
2
Netzwerkkoordination
Sozial- und Führungsverhalten
Teamfähigkeit
8.3.5.
3
Kaufmännischer
Bereich
X
X
X
X
X
X
Weiteres
Sprachkompetenzen
X
X
Kontakte
X
X
Flexibilität hinsichtlich
der Arbeitszeiten
X
X
X
X
X
X
X
X
107
TOPOS Stadtforschung
9. Qualitätsmanagement: das Evaluationskonzept
Ev aluation umfasst das sy stematische Sammeln, Analy sieren und Bew erten v on
Informationen über Aktiv itäten, Eigenschaften und Ergebnisse v on Projekten,
Personen und „Produkten“. Durch die Ev aluation w erden w ichtige Kenntnisse über
Stärken und Schw ächen eines Projektes oder einer Maßnahme gew onnen.
Dadurch v erbessern sich die Grundlagen für projektbezogene Entscheidungen und
w ird die Basis für die Erhöhung der zukünftigen Effektiv ität und Effizienz
geschaffen.
Die Ev aluation kann sehr unterschiedlichen Zw ecken (gleichzeitig) dienen, die
Einfluss auf die eingesetzte Vorgehensw eisen und Methoden haben:
• Entscheidungshilfe bezüglich der Weiterführung v on Projekten
• Verbesserung v on Strategien und Maßnahmen
• Projektsteuerung
• Legitimation bei der Verw endung öffentlicher Gelder oder gegenüber Zielgruppen
und Fachöffentlichkeit
• Untersuchung w issenschaftlicher Fragestellungen.
Im Rahmen des Konzepts für das QM-Gebiet sind zwei Ebenen der Evaluation
zu unterscheiden:
1. die (Fremd-)Ev aluation v on Projekten und Konzepten, die v on den
Netzw erkpartnern durchgeführt w erden, durch die Koordinationsstelle
Die Umsetzung der Gesundheitsförderung soll dezentral durch die Akteure des
Netzw erks im QM-Gebiet erfolgen. Als eine Aufgabe der Koordinierungsstelle
w urde in Kapitel 7 die Bew ertung und Qualitätssicherung inhaltlicher Konzepte
und Projekte zur Gesundheitsförderung beschrieben. Zur (Fremd-)Ev aluation
durch die Koordinierungsstelle gehört neben der Identifizierung v on
gesundheitsfördernden Projekten die Ev aluation der Programmdurchführung
sow ie der Programmw irksamkeit und Programmeffizienz.
2. die Selbstev aluation der Koordinierungsstelle
Die Koordinationsstelle ist der zentrale Netzw erkknoten. Von der Qualität ihrer
Arbeit w ird der (Miss-)Erfolg des Gesamtprojekts abhängen. Gleichzeitig
unterliegt die Koordinationsstelle als Einrichtung des Quartiersmanagements
dem Erfordernis, ihre Arbeit gegenüber anderen so zu dokumentieren, dass
ihre Arbeit auch bew ertet w erden kann. Je nach Entw icklung und
Prozessphase der Koordinierungsstelle w erden unterschiedliche Fragen,
Aufgaben und Arbeitsschritte im Mittelpunkt stehen.
9.1. Grundlegende Formen der Evaluation
Die (Fremd-)Ev aluation v on Projekten durch die Koordinationsstelle und die
Selbstev aluation dieser Stelle erfordern unterschiedliche Ev aluationsformen. ALs
108
TOPOS Stadtforschung
grundlegende Unterscheidungen w erden hier die summativ e und die formativ e
Ev aluation beschrieben.
Unabhängig v on der Form der Ev aluation sind folgende drei Ebenen v on Qualität
zu unterschieden:
1. Strukturqualität: Ausstattung eines Projektes oder Leistungserbringers mit
Finanzmitteln, Räumen, Arbeitsmitteln, Mitarbeitern etc.
2. Prozessqualität: Die Art und Weise der Projektdurchführung oder Leistungserbringung
3. Ergebnisqualität: die erreichten Effekte eines Projektes oder einer
Maßnahme
9.1.1.
Summative Evaluationen
Summativ e Ev aluationen beurteilen Projekte nicht begleitend w ährend der
Durchführung, sondern bew erten sie abschließend bei Projektende. Dabei steht die
Frage nach der Wirksamkeit und gegebenenfalls nach dem Nutzen der
Maßnahmen der Koordinierungsstelle im Mittelpunkt. Eine summativ e Ev aluation
kann der Entscheidungsfindung dienen, w enn es darum geht, ob die Arbeit der
Koordinierungsstelle nach der Modellphase w eitergeführt oder eingestellt w erden
soll. Aufgrund der Tragw eite solcher Entscheidungen sollten summativ e
Ev aluationen möglichst ex tern durchgeführt w erden (Fremdev aluation) oder es
sollten zumindest ex terne Ev aluatoren hinzugezogen w erden. Insofern sind sie das
geeignete Verfahren für die Bew ertung v on Projekten der Netzw erkpartner durch
die Koordinationsstelle.
9.1.2.
Formative Evaluationen
Formativ e Ev aluationen w erden begleitend zum Projektv erlauf durchgeführt und
dienen in erster Linie der laufenden Optimierung der Projekte. Die Ev aluationsresultate zu Abläufen und ersten Ergebnissen fließen laufend als Feedback in die
Prax is zurück. Die formativ e Ev aluation w ird insbesondere in der
Entw icklungsphase der Koordinierungsstelle im Vordergrund stehen. Es geht u.a.
darum, v erbesserungsbedürftige sow ie hinderliche Prozesse und Bedingungen zu
identifizieren (Prinzip der Fehlerv ermeidung), aber auch förderliche Prozesse und
Bedingungen aufzuzeigen, die einer Optimierung der Koordinierungsstelle dienlich
sind.
Die Selbstev aluation der Koordinierungsstelle sollte in Form einer formativ en
Ev aluation erfolgen.
9.2. Selbstevaluation der Koordinationsstelle
Die Selbstev aluation w ird v on Mitarbeitern der Koordinierungsstelle durchgeführt.
Die Vertrautheit mit dem Projekt erlaubt ein schnelles Erfassen der zentralen
Aspekte. Voraussetzung ist allerdings, dass genügend zeitliche, personelle und
109
TOPOS Stadtforschung
materielle Ressourcen eingeplant w erden. Die zu budgetierenden Kosten einer
Selbstev aluation liegen in der Regel bei etw a 5% der gesamten Projektkosten.
Je besser die Abstimmung der einzelnen Aufgaben und Arbeitsschritte ist und je
fundierter theoretisch und methodisch geplant, durchgeführt und ausgew ertet w ird,
umso eher können Ev aluationsergebnisse erw artet w erden, aus denen sich
sinnv olle Implikationen zur Weiterentw icklung und Qualitätssicherung der
Koordinierungsstelle ableiten lassen. Die so ermittelten Daten können u.a. auch als
Grundlage der Berichterstattung gegenüber dem Quartiersmanagement und Dritten
v erw endet w erden. Eine Checkliste für die Inhalte einer Selbstev aluation finden
sich in Kapitel 9.4.1.
9.3. Kriterien der Evaluation von Projekten im Stadtteil
Wie in Kapitel 8 dargestellt, sollte die Ev aluation v on Projekten zur Gesundheitsförderung im Stadtteil durch die Koordinationsstelle in Form einer summativ en
Ev aluation durchgeführt w erden. Im Bereich Ev aluation liegt es nahe, differenziert
nach dem Zeitpunkt bzw . nach v erschiedenen Stadien bzw . Prozessphasen zu
unterscheiden, die ein Projekt v on der Entw icklung der Konzeption über seine
Erprobung und Umsetzung bis hin zu den möglichen Wirkungen durchläuft. So
können Aufgaben und Arbeitsschritte transparenter w erden, sow ie im Hinblick auf
die Besonderheiten bestimmter Projekte Differenzierungen v orgenommen w erden.
Eine Bew ertung kann gleichermaßen zur Vorab-Beurteilung w ie zur
abschließenden Beurteilung herangezogen w erden.
Die nachfolgend v orgestellten Kriterien orientieren sich an der intensiv en
Diskussion v on Wissenschaft und Prax is, die auf das QM-Gebiet angew endet
w ird. Die Kriterien spiegeln auf der einen Seite das umfassende Konzept v on
Gesundheitsförderung der WHO w ider, das bei der Stärkung der
Gesundheitsressourcen und Potenzialen der Menschen auf allen Ebenen ansetzt.
Gleichzeitig berücksichtigen die Kriterien auch das w achsende Interesse v on
Zuw endungsgebern, Fachöffentlichkeit, und Zielgruppen an der Qualität v on
Projekten und der Legitimität der Verw endung öffentlicher Mittel.
Wichtig dabei: ein Projekt muss nicht allen Kriterien genügen. Es ist bspw . ebenso
w ichtig, dass auch die Projekte umgesetzt w erden, die nur in einzelnen Kriterien
v orbildlich sind. Folglich gibt es auch keine strenge Hierarchie der anzulegenden
Kriterien. Lediglich auf die ersten beiden Punkte – die Formulierung einer
Konzeption und die Dokumentation und Ev aluation – kann nicht v erzichtet w erden.
a.)
Konzeption: Zielgruppen und Zielsetzung
Zentrale Voraussetzung für ein unterstützungsfähiges Projekt ist, dass eine
Konzeption v orliegt, aus der ein klarer Bezug zur Gesundheitsförderung und/oder
Präv ention herv orgeht. Dazu gehört eine eindeutige Formulierung der zu
erreichenden Ziele und des zu erreichenden Personenkreises.
Eine w esentliche Unterstützung der Koordinationsstelle besteht darin, bei der
Formulierung des Gesundheitsbezugs und der Gesundheits(förderungs)ziele zu
110
TOPOS Stadtforschung
unterstützen. Grund dafür ist, dass v iele Projekte nicht primär dem Gesundheitsbereich zugehören. Viele Gesundheitsdeterminanten liegen aber außerhalb des
Gesundheitsw esens (z.B. Arbeit, Wohnen, Verkehr) und können daher gerade
durch Aktiv itäten außerhalb des Gesundheitsw esens beeinflusst w erden. Die
betreffenden Projekt-/Maßnahme-Verantw ortlichen sind oft nicht mit den Konzepten
und Begrifflichkeiten des Gesundheits-(förderungs)-Bereichs v ertraut und v on daher
oft nicht in der Lage, einen direkten Zusammenhang zur Gesundheitsförderung klar
zu formulieren.
Zur Konzeption gehört die Definition des Personenkreises, auf den ein Projekt oder
eine Strategie usw . abzielt. Neben der Eingrenzung auf Gruppen oder Personen ist
schlüssig darzulegen, w ie die Gruppe erreicht und w as mit der Gesundheitsförderung in dieser Gruppe bew irkt w erden soll.
b.)
Dokumentation und Evaluation
Für die Beurteilung des Projekts ist ein Dokumentations- und Ev aluationskonzept
v orzulegen. Für v iele Einrichtungen ist es jedoch schw ierig ein solches Konzept
zu formulieren, da es schw er fällt, so umfassende Ziele w ie Gesundheit,
Verbesserung der Lebensqualität oder Initiierung v on Innov ationen in überprüfbare
Nahziele zu transformieren.
Deshalb sollte die Koordinationsstelle bei der Formulierung dessen, w as zur
Ev aluation herangezogen w ird, auf der einen Seite unterstützen, auf der anderen
Seite aber auch dafür sorgen, dass gew isse Standards eingehalten w erden.
c.)
Relevanz für das Gesamtkonzept
In Kapitel 6 w urden die v ordringlichen Handlungsbedarfe für das QM-Gebiet
Schillerpromenade formuliert. Diese Bedarfe stellen die Hintergrundfolie für die
Beurteilung der Relev anz eines v orgeschlagenen Projekts dar.
Die Relev anz ist jedoch nur als Kriterium für den Einsatz der Koordinationsstelle zu
v erstehen. Durch die dezentrale Struktur steht die Koordinationsstelle den Anbietern
v on Projekten nur beratend und unterstützend zur Verfügung. Insofern ist die
Relev anz allenfalls als Maß dafür einzusetzen, auf w elche Aktiv itäten sich die
Koordinationsstelle konzentrieren soll.
d.)
Inhaltliche Kriterien
Die inhaltlichen Kriterien zur Bew ertung der Projekte w urden bereits in Kapitel 5.3
detailliert beschrieben.
•
Nachhaltigkeit
•
Ansprache v on Multiplikatoren
•
Niedrigschw elligkeit
•
Partizipation
•
Empow erment
•
Setting-Ansatz
•
Integriertes Handlungskonzept / Vernetzung
111
TOPOS Stadtforschung
•
Innov ation
•
Kosten-Nutzen Relation
Anhand der nachfolgenden Checkliste mit den Good Practice Kriterien kann die
Koordinierungsstelle die Bew ertung v on Projekten und Maßnahmen durchzuführen.
112
TOPOS Stadtforschung
9.4. Checklisten Evaluation
9.4.1.
Checkliste Selbst-Evaluation
Anhand der folgenden Checkliste sichergestellt w erden, dass alle Aktionen,
Entscheidungen, Veränderungen v on Beginn an sy stematisch festgehalten und
notiert w erden. Die Checkliste stellt dar, w elche Items in jeder Selbstev aluation
enthalten sein sollten.
Beschreibung des Projektverlaufs:
Was sind Ziele der Koordinierungsstelle? Was w ill man erreichen?
Für w en (Zielgruppen)? In w elchem Setting? Als Antw ort auf w elche
Probleme?
Wie sollen die Ziele erreicht w erden?
Welche Strukturen und Organisationsformen sind v orgesehen?
Zum Projektverlauf:
Chronologische Aufzählung w ichtiger Tätigkeiten, Entscheidungen und
Veränderungen (Öffentlichkeitsarbeit, Gremienarbeit..)
Beschreibung und Auflistung hergestellter Kontakte; mit wem? In welcher
Form? Wozu?
Einfache Statistiken w ie z.B. Anzahl Veranstaltungen, Anzahl Besucher,
Auslastungszahlen etc.
Beschreibung und Auflistung der Outputs, d.h. Leistungen, die erbracht
w urden (z.B. Anzahl durchgeführter Runder Tische, Workshops, Anzahl
betreuter Akteure, etc.)
Beschreibung und Auflistung der Nachfrage, z.B. Anzahl der Akteure,
Klienten, die um eine Leistung nachsuchen
Beschreibung v on Projektorganisation und Zusammenarbeitsformen mit
ex ternen Partnern
Personelle und finanzielle Ressourcen, die zur Verfügung standen bzw .
eingesetzt w urden
Beschreibung der größeren Schw ierigkeiten, die im Projektv erlauf
auftraten (unv orhersehbare Veränderungen der Rahmenbedingungen,
Zielkonflikte etc.) und w ie diese angegangen w urden
Bilanz, Schlussfolgerungen:
Hat die Koordinierungsstelle erreicht, w as sie erreichen sollte?
Wie?
Warum oder w arum nicht?
Was w ar förderlich? Was w ar hinderlich?
Was sind die Stärken der Koordinierungsstelle?
113
TOPOS Stadtforschung
Und w as die Schw ächen?
Welche Schlüsse zieht das Projekt aus den gemachten Erfahrungen?
Empfehlungen und Planungen für die Zukunft :
Welche Empfehlungen/Handlungsanw eisungen ergeben sich für w elche Beteiligten
bezüglich
der Zukunft der Koordinierungsstelle? Projekte?
dem Aufbau eines ähnlichen Projektes in einem anderen Stadtteil?
9.4.2.
Checkliste Evaluation der Projekte
sehr gut
gut
befriedigend
ausreichend
mangelhaft
Gewichtung
1
2
3
4
5
in %
Konzeption: Zielsetzung
100%
Konzeption: Zielgruppen
100%
Dokumentation und
Evaluation
100%
gewichtete
Note
Note x
Gewichtung
Relevanz
Nachhaltigkeit
Ansprache von
Multiplikatoren
Niedrigschwelligkeit
Partizipation
Empowerment
Setting-Ansatz
Integriertes
Handlungskonzept
Innovation
SUMME
Durchschnitt:
Summe gewichtete Note /
Summe Gewichtung
114
TOPOS Stadtforschung
10. Anhang
10.1. Weiterführende Literatur zum Thema
Badura, B. (1983): Sozialepidemiologie in Theorie und Praxis. In: Europäische
Monografien zur Gesundheitserziehung, Band 5. Köln: BZgA. S. 29-48.
Bär, G./ Buhtz M./ Gerth H. (2004): Der Stadtteil als Ort von Gesundheitsförderung Erfahrungen und Befunde aus stadtteilbezogenen Projekten. In:
Rosenbrock. R./Bellwinkel, M./Schröer, A. (Hg.): Primärprävention im Kontext
sozialer Ungleichheit. Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, S. 233-293.
Bengelmann, J. / Strittmatter, R./ Willmann, H. (2001): Was erhält Menschen gesund?
Antonovskys Modell der Salutogenese – Diskussionsstand und Stellenwert.
Köln: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.
Blümel, S. (2005): Gesundheitsförderung durch Lebenskompetenzprogramme in
Deutschland. Grundlagen und kommentierte Übersicht. Köln:
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.
Gerber, U. / von Stünzner, W. (1999): Entstehung, Entwicklung und Aufgaben der
Gesundheitswissenschaften. In: Hurrelmann, K.: Gesundheitswissenschaften. S. 9-64.
Hurrelmann, K. (Hg.) (1999): Gesundheitswissenschaften. Berlin: Springer.
Lampert, T. / Saß, A.-C. / Häfelinger, M. / Ziese, T. (2005) Armut, soziale Ungleichheit und
Gesundheit. Expertise des Robert Koch-Instituts zum 2. Armuts- und
Reichtumsbericht der Bundesregierung. Berlin: RKI
Lohhaus, A./ Jerusalem, M. / Klein-Heßling, J. (Hrsg.) (2006): Gesundheitsförderung im
Kindes- und Jugendalter Göttingen: Hogrefe.
Mielck, A. (2000):Soziale Ungleichheit und Gesundheit. Empirische Ergebnisse,
Erklärungsansätze, Interventionsmöglichkeiten. Bern.
Naidoo, Jennie / Wills, Jane (2003): Lehrbuch der Gesundheitsförderung, Köln:
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.
Ovretveit, J. (2002):Evaluation gesundheitsbezogener Interventionen, Zielsetzung der
Evaluation, Theorie und Perspektiven (S.57),Handbuch Gesundheitswissenschaften ,Bern: Verlag Hans Huber.
Rosenbrock, Rolf / Gerlinger, Thomas (2004): Gesundheitspolitik. Bern: Verlag Hans
Huber.
Schnabel, P.-E. / Hurrelmann, K. (1999): Sozialwissenschaftliche Analyse von
Gesundheitsproblemen. In: Hurrelmann, K.: Gesundheitswissenschaften. S.
99-123.
Stender, K.-P. (1998): Wann ist eine Stadt gesund? In: Heinemann, H. (Hg.):
Stadtentwicklung und Gesundheit. Frankfurt/Mein: VHS. S. 201-211.
Trojan, A. / Stumm, B. / Süß, W. / Zimmermann, I. (1998): Soziale Stadtentwicklung: eine
intersektorale Aufgabe für die Gesundheitsförderung. In: Heinemann, H.
(Hg.): Stadtentwicklung und Gesundheit. Frankfurt/Mein: VHS. S. 11-41.
Wright, M. (2000): Partizipative Qualitätssicherung und Evaluation für
Präventionsangebote in Settings. In : Rosenbrock, Bellwinkel, Schroer (Hg.)
BKK S.299 ff.
115
TOPOS Stadtforschung
10.2. Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1
Public Health Action Cy cle (Lernspirale)................................. 5
Abbildung 2
Das Krankheits-Gesundheits-Kontinuum ................................11
Abbildung 3
Erw eiterung der Gesundheitsförderung gegenüber der
Präv ention .......................................................................13
Abbildung 4
Dimensionen der lokalen Gesundheitsförderung......................14
Abbildung 5
Quartiersanaly se QM-Gebiet Schillerpromenade.....................20
Abbildung 6
Einw ohner nach Alter.........................................................33
Abbildung 7
Altersstruktur nach Nationalität.............................................33
Abbildung 8
Einw ohner nach Alter und Nationalität...................................34
Abbildung 9
Haushalte und Personen.....................................................34
Abbildung 10
Haushaltsgröße nach Nationalität .........................................35
Abbildung 11
Haushalte nach Haushaltsty p und Nationalität.........................35
Abbildung 12
Haushalte nach Ty p und Erw erbsstatus................................36
Abbildung 13
Haushalte nach Ty p, Nationalität und Erw erbsstatus ...............37
Abbildung 14
Personen
nach
Haushaltsty p,
Nationalität und
Erw erbsstatus ..................................................................38
Abbildung 15
Kinder
in
Nichterw erbshaushalten
nach
Alter,
Haushaltsty p, und Nationalität..............................................39
Abbildung 16
Unternehmungen der Familien zum Erhalt der Gesundheit .......42
Abbildung 17
Fehlendes für gute Ernährung..............................................43
Abbildung 18
Bew egung der Kinder ........................................................45
Abbildung 19
Informationsquellen zu Gesundheitsthemen............................47
Abbildung 20
Allgemeines Wohlbefinden der Schüler..................................49
Abbildung 21
Wichtigkeit des Themas Gesundheit für die Schüler ................49
Abbildung 22
Lieblingsgerichte der Schüler...............................................50
Abbildung 23
Beliebte Sportarten bei den Schülern.....................................51
Abbildung 24
Ansprechpartner für die Schüler bei Gesundheitsthemen..........53
Abbildung 25
Das „Rad der Gesundheitsförderung“ im QM-Gebiet ...............61
116
TOPOS Stadtforschung
10.3. Befragte Experten
Institution
Experten aus Vereinen / Institutionen etc.
Kinder- /
Jugendeinrichtungen
Kindertagesstätten und
Schulen
Medizinische
Versorgung etc.
QM
Ansprechpartner
Datum
Quartiersmanagement
Fr. Schmiedeknecht /
Hr. Jeschke
20.03.2006
Allgemeinarzt und Innere Medizin
Dr. Mentzel
21.03.2006
Kinder- und Jugendgesundheitsdienst
Dr. Gundert
06.03.2006
Kinder- und Jugendgesundheitsdienst Sozialarbeit
Fr. Sareyka
13.03.2006
Gesundheitsraum Reuterkiez
Fr. Stolzenberg
28.03.2006
Kindertagesstätte
Türkisch-Deutsches Zentrum
Fr. Langenfeld
11.04.2006
Kindertagesstätte Lichtenrader Straße
Fr. Flemming
06.03.2006
Kindertagesstätte der ev.
Kirchengemeinde Genezareth
Fr. Meyer /
Fr. Hoffmeister
10.03.2006
Karl-Weise-Grundschule - Rektorat
Hr. Hartung
15.03.2006
Kurt-Löwenstein-Schule
Hr. Pawollek /
Hr. Kleinert /
Hr. Rzesnik
07.03.2006
Kinderclubhaus „Am Tower“
Fr. Krause
13.04.2006
Mädchencafé Schilleria
Fr. Neunhöffer
24.02.2006
Jugendstadtteilladen Outreach
Hr. Legde
14.02.2006
Warthe 60 – Modellprojekt
Gewaltprävention
Fr. Azad
08.06.2006
Interkulturelles Elternzentrum
Fr. Macher / Hr. Saleh
15.03.2006
UGRAK – Treffpunkt und Beratung für
Frauen aus der Türkei
Fr. Bayraktar
14.03.2006
Palästinensischer Wohltätigkeitsverein AlHuleh e. V.
Hr. El-Jomaa
07.03.2006
AWO - Psychosoziale Beratungsstelle für
Frauen (Berlin-Neukölln)
Fr. Renka
08.06.2006
Otto-Suhr-Volkshochschule
Hr. Kerkhoff
15.03.2006
Genezareth-Gemeinde - Sozialarbeit
Fr. Latkowski
08.03.2006
Netzwerk Behinderter Frauen
Fr. Schweitzer
26.04.2006
Rund ums Alter - Koordinationsstelle für
ambulante Rehabilitation
Fr. Kronseder
27.04.2006
Medizinische Versorgung
Rektorat und Sozialpädagogik/
Schuldistanziertenarbeit
Projekt „Stadtteilmütter“ / „Super-Väter“
Bereich Gesundheit, Psychologie und
Pädagogik
117