November 2011 Internes Mitteilungsblatt Internes Mitteilungsblatt
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AGORA November 2011 FilmKulturTag Fotos: Daniel Nussbaumer I talianità : Rückblick · Schreibwettbewerb · Kulturveranstaltungen · Bildungsreisen · W ir stellen vor Internes Mitteilungsblatt erscheint in loser Folge Redaktion: Ulrich Maier und Andrea Gerber Agora 08/11 Inhaltsverzeichnis Laufendes Schuljahr / Aktuelles Jahresschwerpunktthema „Italianità“: Jahresrückblick Zitate zu „Itailianità“ Schreibwettbewerb 3 7, 13, 25, 31 8 FilmKulturTag 14 „Grenzenlose Liebe“ 19 Hansjörg Schneider liest am Gym 22 Bildungsreise 3Wa 24 Personelles Wir stellen vor… Jürg Hostettler 26 Nicola Meier Jäggi 27 Mediothek 28 Diverses Aufruf Gigathlon 31 Zitat des Monats Redaktionsschluss nächste Ausgabe 32 Vorschau nächste Ausgabe 32 2 Agora 08/11 Laufendes Schuljahr / Aktuelles ITA2011ITÀ Italianità am Gym Muttenz Jahres-Rückblick einiger Italianità-Höhepunkte mit Ideen zum Weitermachen • 1. Februar, Start mit Pasta-Buffet in der Mensa: SchülerInnen, LehrerInnen und Mitarbeitende des Gym Muttenz erscheinen z.T. „italienisch gekleidet“ und erhalten ein italienisches Menu, umrahmt mit entsprechender Dekoration, Musik und einem Info-Tisch. Ein feierlicher Beginn anlässlich 150 Jahre Italien. Die Gruppe ZOOM schliesst sich an mit einer Aktion über gesunde (mediterrane) Ernährung. Angetrieben durch das Schwerpunkt-Thema kommen einige entsprechende Sprachkurse, Ergänzungsfachkurse und Projekte zustande. Stellwände, Flyer, die KulturAgenda und die Website informieren… • 4. Februar, Einweihung der „Italianità-Vitrine“ in der Mediothek: Der Ergänzungsfachkurs „Vom Tell zu Garibaldi, vom Heidi zum Totti“ präsentiert CD’s, DVD’s, Reiseführer, Kochbücher und Romane zum Thema. Die Mediothek macht unter „Aktuelles“ auf Medien zum Thema aufmerksam. • 25. Februar, „Step into action“ am Dreispitz, Basel: Unter „Italianità“ werden auch Themen wie Rassismus, internationale Zusammenarbeit und Migration angegangen. Insofern lässt sich der Besuch mehrerer Klassen des Gym Muttenz bei diesen interaktiven Workshops internationaler Organisationen leicht mit dem Jahresthema verbinden. 3 Agora 08/11 • März: Schüler-Graffiti zur Italianità im 1. Stock des Gym: Ein grosses „Italianità-Graffiti“ im Gang des ersten Stocks hält das Schwerpunktthema visuell auf nachhaltige Weise präsent. Das Graffiti zeigt neben dem „Italianità“-Schriftzug (links) die Künstlernamen der beiden jungen Graffiti-Künstler „Joas1“ (mitte) und „Kord1“ (rechts). • 27. März, Podiumsdiskussion zum Thema Migration: Wer sich von der „Italianità“ angesprochen fühlt, geht vielleicht auch an ein politisches Podium, bei dem über Vor- und Nachteile der Migration diskutiert wird. • 1. April, über 50 Gäste aus Italien zu Besuch am Gym Muttenz: Schülerinnen und Schüler aus ganz Italien und die begleitenden Lehrpersonen besuchen auf ihrer einwöchigen Schweiz-Tour unser Gymnasium. Die italienischen Gymnasiasten haben bei einem Wettbewerb gewonnen, der von der Schweizer Botschaft zusammen mit dem italienischen Bildungsministerium lanciert wurde. Sie hatten Kurzfilme über die italienisch-schweizerischen Beziehungen produziert. Nach dem gemeinsamen Mittagessen in der Mensa begrüssen wir die Gäste im Foyer mit einer kurzen Rede und einer Breakdance-Kostprobe, bevor wir ihnen die Schule zeigen. Es folgt ein gemeinsamer Rundgang in der Stadt und schliesslich gibt es ein Abendessen in einem Cliquenkeller. Die Beiträge und Filme, sowie Informationen zum Wettbewerb, der auch nächstes Jahr weiter geführt wird, sind online: www.italiasvizzera150.it. Hier finden sich auch zwei Dokumentationen zum Besuch am Gym Muttenz: http://www.italiasvizzera150.it/concorso.cfm. 4 Agora 08/11 • 14. April, Chorkonzert in der katholischen Kirche in Muttenz: Das „Italianità“Konzert findet mit dem Jugendsinfonieorchester der AMS Muttenz statt. Passend zur 150Jahrfeier werden u.a. Werke des italienischen Komponisten präsentiert, den jeder Italiener mit dem Risorgimento verbindet: Giuseppe Verdi. Zuvor können Lehrpersonen und Mitarbeitende an einem „italienischen Triathlon“ teilnehmen (Weinprobe, Essen, Concerto – organisiert von Adrian Marbacher). • Im April, „Spuren der Italianità“ auf grosser Landkarte im Foyer des Gym: Lanciert von Jürg Hostettler entsteht ein Bild, das zeigt, woher die Schülerinnen und Schüler, Mitarbeitende und Lehrpersonen unserer Schule kommen und welche Impressionen zur „Italianità“ ihnen zuhause oder unterwegs zum Gym Muttenz begegnen. Die Landkarte "Italianità nella nostra regione" geht den Spuren einer der wichtigsten Immigrationen nach und soll aufzeigen, wie unsere Region von der italienischen Präsenz profitiert hat. (siehe letzte Seite) • 24. Juni, italienisches Pasta-Essen der Klasse 1IW für alle: Mit Hilfe italienischer Verwandter und ihres Italienischlehrers Reto Boerlin serviert die Klasse 1IW für alle ein feines, geselliges Mittagessen auf dem Gym-Vorplatz und spendet den Erlös dem Waisenhaus Basel. • 25. Juni bis 1. Juli, Wahlfachwoche – drei Schülergruppen reisen nach Rom. Eine der Gruppen besucht u.a. die Schweizer Schule Rom. Weitere Reisen nach Italien, ins Tessin oder italienischsprachige Bündnerland folgen… • 22. August, Start des Freifachs „Internationale Beziehungen“: Inspiriert und beflügelt durch das Schwerpunkt-Thema nimmt die Gruppe ihre Arbeit auf und beschäftigt sich u.a. mit „Italianità-Themen“. Im Januar werden sie die Regio Model UN in Basel, im März die Students‘ United Nations in Genf besuchen. • 16. September, Kino-Event im Foyer mit Spaghetti-Western: Der Ergänzungsfachkurs „Vom Tell zum Garibaldi“ zeigt den KinoKlassiker „C’era una volta il West“ u.a. mit Henry Fonda, Claudia Cardi5 Agora 08/11 nale und Charles Bronson. Musik: Ennio Morricone. In der Pause gibts eine italienische Verpflegung. • 19. Oktober, Stadtrundgang auf den Spuren der italienischen Einwanderung: Lehrpersonen und Mitarbeitende des Gym Muttenz verfolgen angeleitet von Jürg Hostettler Spuren der italienischen Einwanderung in Basel. Der amüsante und informative Rundgang beginnt vor der Kaserne und endet in einer italienischen Pizzeria. • 2. November, Podium über „Grenzenlose Liebe“: Der Ergänzungsfachkurs „Vom Garibaldi zum Tell“ bietet zum Abschluss des Kurses und des Schwerpunktjahres eine Podiumsdiskussion über „grenzen- und kulturübergreifende Beziehungen“ im Gym-Foyer (siehe separater Bericht in dieser Ausgabe). • 4. November, Apéro zum Abschluss: Im „Italianità-Zimmer 46“ feiern einige SchülerInnen, Lehrpersonen und Mitarbeitende das Ende des Ergänzungsfachkurses und des „Italianità-Jahres“ mit feinen italienischen Häppchen, Musik, Zitaten zum Thema, Medientischen und einer Galerie mit italienischen Filmplakaten. Was bleibt, geht weiter oder könnte noch kommen? Der Jahresschwerpunkt „2011 – Italianità am Gym Muttenz“ sollte vom 1. Februar bis anfangs November dauern und ist damit Geschichte. Leider konnten wir das Ende der unsäglichen Ära Berlusconi nicht mehr während des Projekts feiern. Immerhin lieferten uns die katastrophalen politischökonomischen Zustände in Italien reichlich Gesprächsstoff und Anregungen für den Unterricht. Wir haben versucht, den zweitwichtigsten Handelspartner der Schweiz mit seiner reichhaltigen Kultur und Geschichte näher zu bringen. Die 6 Agora 08/11 wunderschöne italienische Sprache und deren Erlernen wollten wir fördern, aber auch Themen, die wir im weiteren Sinne zur „Italianità“ zählten, wie Migration, Rassismus, Solidarität, Heimat und Fremdsein wollten wir an unserer Schule vertieft behandeln. Auch der soziale, festliche Aspekt kam nicht zu kurz. Bleibende Spuren an unserer Schule, zumindest solange das Gebäude noch stehen wird, sind sicher die Ausstellungen und Anregungen. Da dieser Jahresschwerpunkt als Pilotprojekt diente, sollte er zur Nachahmung anregen. In diesem Sinne hoffen wir auf ein neues Thema im 2013 oder 2014, sofern es dem Spardruck trotzen kann. für die Projektgruppe: Andrea Gerber und Jan Pagotto ***** Es folgt in der ganzen Ausgabe verteilt eine Reihe zum grössten Teil persönlich kommentierter Zitate, mit welchen sich die Teilnehmenden vom Ergänzungsfach "Von Tell zu Garibaldi, von Heidi zu Totti" vom Italianità-Projekt verabschieden möchten. Die beiden schönsten Dinge sind die Heimat, aus der wir stammen, und die Heimat, nach der wir wandern. Heinrich Jung-Stilling (1740 - 1814) Mir gefällt dieses Zitat, weil es aufzeigt, dass wenn man zum Beispiel mal auswandert, dass dieser Ort dann auch zur Heimat wird - einfach zu einer zweiten. Laut Definition bedeutet Heimat, eine Beziehung zwischen Mensch und Raum und damit ist der Ort (das Land) gemeint, wo man geboren ist. Jedoch heisst es zugleich, dass es ein Platz ist, wo man sich wohl und sicher fühlt... Passend dazu ein lateinischer Spruch: „Ubi bene, ibi patria.“ (deutsch: „Wo es mir gut geht, da ist mein Vaterland, meine Heimat.“) Das Zitat zeigt irgendwie, dass man sich nirgends fremd fühlen soll/kann. Melinda Flückiger, 4IS ***** „Einander kennenlernen heisst lernen, wie fremd man einander ist.“ Die Aussage dieses Zitates gefällt mir besonders gut. Am Anfang einer Beziehung sieht man nur an, nicht aber in das Innere eines Menschen. Man versteht vielleicht die Traditionen und die Mentalität des Partners/ der Partnerin nicht, möchte aber diese unbedingt kennenlernen. Aber durch das Kennenlernen entstehen leider manchmal auch befremdende Momente. Die Kunst besteht nun darin, dass sich Menschen gegenseitig bereit erklären, Neues zu erleben sowie entdecken. Erst dadurch ist man fähig, diese Fremde, welche zwischen Menschen steht, zu besiegen. Anita Stocker, 4IMR ***** 7 Agora 08/11 „Alle Wege führen nach...“ Schreibwettbewerb FMS / Gym Muttenz 2011 Es folgen die verbleibenden Siegertexte des Lesewoodstocks vom 21. Juni 2011. Alle Wege führen fort, und keiner zurück von Johannes Abraham, 4MIR Mike, 40, Paris Da ist es ja, unser Foto, in schwarz-weiss. Wir drei sehen nicht so aus, aber wir sind, wir waren Brüder, das heisst, wir wären gewesen, wenn wir nicht verschiedene Eltern gehabt hätten. Eine Erinnerung, mehr nicht. Wie gern spränge ich in dieses verstaubte Bild und verharrte da als fröhlich lachender, blondgelockter Junge, glücklich. Einunddreissig Jahre ist es schon her, dass Phils alter Herr diesen Moment einfing. Er muss ein stolzer Vater gewesen sein, auch wenn es nicht zu seinen Gewohnheiten gehörte, Gefühle jeglicher Art an den Tag zu legen. Hat der Alleinerziehende doch bis zum letzten Atemzug sein Leben ganz dem Sohn gewidmet, der den Kampfgeist des Vaters geerbt hat. Hart im Nehmen und starken Willens versuchte dieser alles: Ein Fussballstar zu werden, Eddie im Armdrücken niederzuzwingen, sich die Haare blond zu färben, im Regen mit zwei Kieselsteinen Feuer zu machen; er versuchte sich an jeder Herausforderung, an jeder Frau im Dorf, ja sogar an der Kunst der Mathematik. Oft scheiterte er kläglich, doch tat das seinem Enthusiasmus nie Abbruch. Ein 8 Agora 08/11 Genie war er nicht, das war ja Eddie, aber das störte Phil nicht im Geringsten, denn er las Winnie the Pooh und konnte diesen auch passend zur jeweiligen Lebenslage zitieren. So wäre seine Antwort auf meinen frechen Kommentar die Folgende: „Winnie the Pooh, Kapitel 1, da sagt er: Some have brains, and some haven't. Es braucht was von jeder Sorte, Mike!“ Eddie gehört da zur ersten Kategorie, denn dieser hatte nicht nur äusserlich Ähnlichkeiten mit einem Elefanten, sondern auch ein Gehirn wie einer. Ein grosser Erzähler war er nicht, das war ja Phil. Zu Fremden sprach Eddie aus Prinzip nicht. Nur uns gab er seine warme, beinahe herzliche Seite zu erkennen, die er sonst in seinem Innern hermetisch abriegelte. Ich hätte Phil damals nicht alleine ziehen lassen dürfen. Phil, 21, Atlantik Ein Glück habe ich das Foto noch gefunden. So eine Überfahrt kann schon grässlich langweilig sein. Ich fühle mich wie in einem schwimmendem Käfig. Ach Eddie... Du musst schon warten bis der Winter vorbei ist, bevor du deine Tomaten setzt... Ich glaub jetzt hab ich kapiert was du gemeint hast! Über alles was er sagt, muss ich erst mindestens eine Woche schlafen, bis ich dahinter komme, was mir diese Intelligenzbestie da mitzuteilen versucht. Zum Glück sagt er so wenig! Da haben sie am Hafen noch mal gelauert, diese elenden Schlawiner. Als ob mir der erste Abschied nicht schon schwer genug gefallen wäre. Mike hat wieder geheult, wie bei der Beerdigung seines Chihuahuas, der vor elf Jahren die Pfoten gestreckt hat, dem letzten Unglück seines Lebens. Ich weiss ja nicht ob er es weiss, aber soviel Glück wie er hat wohl keiner, weder hier, noch im Hundertmorgenwald. Er mag ein Mädel, sie liebt ihn natürlich schon längst. Er braucht auch keinen Job. Der Job braucht ihn. Ich gehe jede Wette ein, dass, wenn er es wirklich drauf anlegte, er es schaffen würde, mich drüben in New York mit einem Automobil am Hafen zu erwarten, bevor ich auch nur einen Fuss an Land gesetzt habe. Früher hatte er auch noch ein Engelsgesicht und diese Augen... Man konnte ihm wegen nichts böse sein! Sogar Eddies Augen haben bei meiner Abreise ganz verdächtig geglänzt. Ich vermiss' sie jetzt schon. Ist ja nur für ein paar Jahre, dann bin ich steinreich und zu meinem fünfundzwanzigsten gibts dann Party ohne Ende! 9 Agora 08/11 Eddie, 64, London Ist hohes Alter nun Segen oder Strafe? Wie jung wir damals waren. Wäre uns das fröhliche Lachen im Hals erstickt, hätten wir um unser Schicksal gewusst? Ob Mike wohl damals schon des Lebens Ende herbeisehnte? Wahrscheinlich nicht. Phil, der Visionär, ihm steht der Ehrgeiz ins Gesicht geschrieben. Er ist zu optimistisch. Er hätte auch bei seinen letzten Atemzügen nicht geglaubt, dass er ein Einwegticket auf den Meeresgrund in Hamburg für viel Geld gekauft hat. Er hatte so lange für diese Reise gespart. Eine Beerdigung ohne Sarg. Seitdem war Mike nicht mehr derselbe, und ich behaupte nicht, dass ich unverändert von diesem Friedhof gegangen bin. Wir verloren uns aus den Augen. Er von seinem Glück mal hier, mal dahin getrieben, ich erst wegen meinen Studien und dann wegen den Vorlesungen von einer Universität zur anderen. Letzten Dienstag hatte er genug. Genug von was? Er hatte alles. Vielleicht war es ihm zu viel. Das Foto lag heute Morgen in meinem Briefkasten: Gruss, Mike... ***** Schuldig im Sinne der Gesellschaft von Nadine Felber, 4IS Es ist schon merkwürdig, wie man auf einmal ein Spielball der Gesellschaft werden kann, ohne ihr auch nur das geringste Leid angetan zu haben. Solche Dinge passieren tagtäglich in dieser vernetzten, aber letztlich festgefahrenen Welt, und es fällt einem doch immer erst auf, wenn man selbst betroffen ist. Nun, dieses Mal hat es mich erwischt. Acht Jahre Freiheit werden mich das Schweigen meiner Mitmenschen kosten, aus dem die Allgemeinheit – oder besser, das Gericht – seine Schlüsse zog und mich als gefährliches Individuum einstufte. Immerhin sitze ich nicht im Gefängnis, sondern in einem Massnahme-Zentrum, denn mein Anwalt hat es tatsächlich fertig gebracht, mich als psychisch krank darzustellen, so dass mir eine Sonderbehandlung zugesprochen wurde. So wurde ich vom niederträchtigen, aber doch 10 Agora 08/11 durchschnittlichen Liebhaber, der seine Freundin aus purer Eifersucht vor den Lastwagen stiess, zu einem armen, kranken Opfer der modernen Welt, der aus der Beschränktheit seines Geistes heraus gar keine Alternative zu seinem Handeln ersinnen konnte. Zu dieser Entwicklung gibt es eigentlich nicht viel zu sagen, sie scheint mir sogar plausibel, denn ich war in meinen jungen Jahren tatsächlich depressiv und schmerzmittelabhängig, also kann ich es den Herrn Justizvollstreckern gar nicht verübeln, dass sie von meiner Vergangenheit auf die Gegenwart schlossen. Doch Tatsache ist, dass sie sich allesamt täuschen. Ja, ich war krank während meiner Studienzeit, aber man muss auch wissen, dass ich damals erfolgreich eine Therapie abschloss und als gesund befunden worden war. Mittlerweile sind fast zehn Jahre vergangen, Jahre eines ganz normalen Lebens, gelebt in der einförmigen Masse aller anderen Leben, so unspektakulär wie das morgendliche Müsli zum Frühstück. Dann lernte ich Lara kennen, eine Escortdame aus Zürich, die mir mein Herz aus der Brust stahl wie ihren Klienten das Geld aus der Brieftasche. Sie war unbeständig, flatterhaft und eine professionelle Verführerin, doch ich liebte sie von Herzen und empfing sie mit offenen Armen, wenn sie von den teuren Hotelzimmern zurück in unsere einfache Wohnung kam. Auch ihr Beruf wird wohl ein Grund gewesen sein, weswegen man mich wegen Totschlags verurteilte, denn man nimmt oft an, Prostituierte seien Opfer, die von der Gesellschaft in dieses Milieu getrieben worden seien, geplagt von einer traumatischen Vergangenheit und eifersüchtigen Männern. Den wenigsten kommt in den Sinn, dass einige dieser Damen tatsächlich Spass an ihrem Beruf finden. Lara schmiss sogar ihr Germanistikstudium für den Escortservice, da sie im Spiel der käuflichen Liebe mehr Erfüllung fand als in den Wirren der deutschen Sprache. Mich faszinierte die Leichtigkeit, mit der sie durch dieses Gewerbe tanzte, obwohl es ebenso ein Tabuthema war wie meine überwundene Tablettensucht. Wir kultivierten Menschen neigen dazu, den Dreck unter den Sohlen unserer fortschrittlichen Zivilisation einfach zu ignorieren, und falls mir doch einmal in einen grossen stinkenden Haufen davon treten, empören wir uns ein Weilchen darüber und schmieren die Sauerei dann unauffällig am Bordstein ab. Auch mich und Lara hatte man auf diese Weise entsorgt. Ich überwand die daraus entstehenden Minderwertigkeitskomplexe erst durch zahlreiche Sitzungen bei meinem 11 Agora 08/11 schmächtigen Psychiater namens Dr. Boxer, und Lara holte sich ihr Selbstwertgefühl durch die Aufmerksamkeit des anderen Geschlechts. Doch mittlerweile ist mir klar geworden, dass sich tief in ihrem ach so leichtem Herzen eine schwere Last verbarg, die ich nicht wahrgenommen hatte. Ihr wahres Wesen offenbarte sich mir erst in jenem Moment, als sie sich an der Kreuzung zwischen Hauptstrasse und Gerberweg urplötzlich aus meinen Armen riss und auf die Strasse hinaus sprang, wo sie der heranbrausende Laster unweigerlich erfasste. Alles ging so schnell, dass ich es bis heute noch nicht glauben kann, ihr letzter Kuss, noch warm auf meinen Lippen, und dann ihr zertrümmerter Körper auf dem schwarzen Asphalt. Sie bereitete unserem gemeinsamen Lebensweg ein jähes und grausames Ende, stiess mich ohne Vorwarnung auf den nebligen Pfad der Einsamkeit, der in eine trostlose, schwarze Zukunft führt. Sie verliess mich ohne Abschiedsbrief, ohne Hinweis, ohne Trost. Die Laterne auf der Strasse meines Daseins war erloschen, und so fand ich nicht einmal mehr die Kraft, vor Gericht für die Wahrheit zu kämpfen. Man wusste von meiner „obskuren Vergangenheit“ und ihrem „zweifelhaften Beruf“, also schien es am wahrscheinlichsten, dass ich sie im Affekt vor das Fahrzeug gestossen hatte. Ich erhob keinen Prostest gegen diese Version meiner Geschichte, denn letztendlich hätte ich ohnehin keine Chance gehabt, gegen den breiten Strom der ordinären Vorstellungen anzukommen. Kaum einer kommt darauf, unsere Scheuklappenmentalität zu hinterfragen, denn wenn es einmal passieren sollte, dass man von dem ausgetretenen Pfad der Normen abkommt, fällt man nicht selten in eine tiefe Schlucht, wo das Echo der bohrenden Fragen widerhallt, die an der Oberfläche ungehört geblieben waren. Heutzutage fragt man nicht, man wundert sich nicht, man trottet einfach mit der Herde mit, selbst wenn sie auf einen Abgrund zusteuert. Ich seufzte und blickte mich um in dem Raum, der nun für acht Jahre mein Zuhause sein würde. Anscheinend zählt heutzutage nicht mehr, wohin uns die Wahrheit am Ende führt, sondern nur noch, auf welchem Weg die Mehrheit wandert. ***** 12 Agora 08/11 "N'oubliez pas que vous êtes unique... comme tout le monde." Marcella Galante, 4IMR ***** Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter. Johann Wolfgang von Goethe Dieses Zitat spricht den Umgang mit Fremden direkt an und verweist zugleich auf etwas ganz Grundsätzliches. Denn Fremde verkörpern in einer neuen Umgebung meist eine Minderheit, sie unterscheiden sich und sind nicht mit der Gesellschaft verflochten. Während des zweiten Weltkrieges wurde die Verfolgung von Randgruppen auf eine grausame Weise vollzogen und es ist unsere Verpflichtung aus diesen Geschehnissen zu schlussfolgern, dass die Rechte und die Achtung dieser Personengruppen eine unabdingbare Voraussetzung für den Bestand eines Rechtstaates verkörpert. Fabian Kern, 4Wd ***** „Si l’étranger n’est pas ton frère, Dieu n’est pas ton père.“ Aufgelesen während eines heissen Südfrankreich-Aufenthaltes an einem Kirchenportal. Keine Lebensmaxime, aber Ausdruck dafür, dass viele Menschen, wenn sie frei wählen könnten, sich eine solidarischere Gesellschaft wünschten. Seraina Gartmann ***** 13 Agora 08/11 25. Oktober: Bericht über den 4. FilmKulturTag des Gymnasiums Muttenz, organisiert vom Wahlkurs „Filme der ganzen Welt“ „Schön, dass die Filme etwas seltsam waren!“ Mit Literatur befasst man sich am Gymnasium täglich. Man lernt, sich auf Literatur einzulassen, Literatur als Kunstgattung zu verstehen, bekommt einen Eindruck von ihrer Vielfalt, lernt verschiedene Methoden der Literaturanalyse kennen, erfährt, wie Literatur hilft, Menschen, Gesellschaft und das eigene Leben besser zu verstehen. Filme werden an den Schulen fast nur als Informationsmedium genutzt. Doch das Gymnasium Muttenz spielt eine Pionierrolle darin, den Film auch als Kunstgattung ernst zu nehmen. Viele Lehrpersonen unserer Schule sind Filmliebhaber und ausgesprochene Filmkenner und geben dem Film in ihrem Unterricht einen eigenen Platz. Jedes Jahr finden Wahlkurse zum Thema Film statt, und alle zwei Jahre führen wir den FilmKulturTag durch. Die Leute von den Kult-Kinos und vom Stadtkino haben uns auch dieses Jahr wieder bestätigt, dass dieses Filmfest einzigartig sei. Auch andere Schulen organisieren unterdessen solche Kinotage, aber die Ernsthaftigkeit und das Engagement der SchülerInnen aus Muttenz habe sie auch dieses Jahr beeindruckt und sei einmalig. 14 Agora 08/11 510 SchülerInnen und 30 Lehrpersonen haben sich also einen ganzen Tag lang auf die Filmkunst eingelassen. Und waren bereit, auch langsame, sperrige, nicht auf Anhieb leicht verständliche Filme anzusehen und sich darüber Gedanken zu machen. Am meisten Freude gemacht haben uns diejenigen, die bekannten, dass sie mit einzelnen Filmen Schwierigkeiten hatten, dass sie aber durch private Gespräche oder durch die Diskussionsveranstaltungen nach der Mittagspause diese Filme besser verstanden, zum Teil sogar schätzen gelernt haben. Ein echter Bildungserfolg also! Und aus den Reaktionen haben wir die Gewissheit erhalten, dass viele, die zuvor Film nur als Unterhaltungsmedium kannten, mit einem gewissen Erstaunen die Erfahrung gemacht haben, dass anspruchsvollere Filme ganz neue Welten öffnen können. 15 Agora 08/11 Der FilmKulturTag ist zustandegekommen und zu einem Erfolg geworden dank dem Engagement der 18 SchülerInnen aus dem Wahlkurs „Filme der ganzen Welt“. Sie haben sich ein Jahr lang in die Filmkunst eingesehen, sich in grossem Zeitaufwand viele Filme angeschaut und sich die Kompetenzen erworben, Filme zu analysieren. Der Erfolg des FilmKulturTages hängt vom Zusammenspiel verschiedener Faktoren ab: - Die 12 Filme sind von MitschülerInnen ausgewählt worden. - MitschülerInnen stellen sich vor den vollen Saal und geben eine persönlich gefärbte Einführung in den Film, der gleich zu sehen sein wird. - In Dossiers haben diese MitschülerInnen weitere Hintergrundinformationen zu den Filmen zusammengestellt und geben ihre persönlichen Interpretationshilfen. - Die Diskussionsgruppen werden von SchülerInnen gebildet und geleitet. - Die drei Filmfachleute Alexandra Stäheli, Franziska Trefzer und Michael Sennhauser stellen sich den Diskussionsfragen. Eine besondere Freude war, dass Anni Lanz sich zum zweiten Mal für die Diskussionsrunden zur Verfügung stellte. Wer sie erlebt, ist beeindruckt. 16 Agora 08/11 - Die Teilnehmenden können aufgrund eines Programms aus den 12 Filmen ihre ganz individuelle Wahl treffen und erhalten personalisierte Billette. - Die ganze Schule trägt den FilmKulturTag mit und nimmt die Schulunterbrechungen und die „Belagerung“ des Schulhauses mit Filmwänden wohlwollend hin. - Die kult.kinos und das Stadtkinos stellen uns ihre tollen Säle und ihre Infrastruktur zur Verfügung. Suzanne Schweizer, eine der beiden Leiterinnen der kult.kinos, organisiert uns die Filme und verhandelt so geschickt, dass sie für uns überhaupt finanzierbar werden. - Die Schule und das kis.bl (Kulturelles in Schulen BL) stellen die finanziellen Mittel zur Verfügung. Allen Beteiligten ein ganz herzliches Dankeschön! Natürlich gab es auch ein paar Dinge, die uns an diesem Tag weniger gefreut haben. So war es ein Schock, dass „Mifune“ in einer deutschen Synchronfassung gezeigt wurde – ein kultureller Frevel. Das Mittagessen war, sagen wir es zurückhaltend, keine reine Freude (wir waren aber froh, dass es überhaupt etwas zu essen gab – drei Tage vorher hatten wir eine unvermittelte Absage zu verdauen). Es gab vereinzelt SchülerInnen, welche Mühe hatten, sich zu konzentrieren, und einzelne mussten erst darauf hingewiesen werden, dass Filmbetrachten eine ernsthafte Beschäftigung ist und nicht kombiniert werden kann mit SMS-Abfragen und ähnlichem. Aber schliesslich dient ein solcher Tag ja auch dazu, solche Dinge zu lernen. Ganz im Gegensatz dazu standen viele höchst erfreuliche Erlebnisse. Nur zwei seien hervorgehoben: Der japanische Film „Nokan“, ein langsamer Film, in dem es um die rituelle Waschung von Leichnamen geht, ist vor einem Publikum gelaufen, das ohne jede Ausnahme die vollen zwei Stunden bei höchster Konzentration blieb – wir haben noch nie eine Filmvorführung auf diesem Niveau erlebt. Und zwei Stunden nach dem Ende der Veranstaltungen trafen wir ein paar Schüler, welche die Veranstaltung mitorganisiert haben, an der Kinokasse an: Sie wollten sich einen weiteren Film anschauen gehen. 17 Agora 08/11 Zum Abschluss ein paar kurze Rückmeldungen, die uns besonders gefreut haben: „Ich fand gut, dass man aus soviel verschiedenen Filmen auswählen konnte, die alle auf ihre eigene Art besonders und anders sind.“ „Mir hat gefallen, dass ich die Möglichkeit erhalten habe, Filme kennenzulernen, die ich nie von mir aus sehen würde!“ „Ich fand es schön, dass die Filme etwas seltsam waren.“ „Eine wunderbare Abwechslung zum Schulalltag und dazu lehrreich!“ „War ein guter Tag!“ „Wie schön, dass wir an unserer Schule so etwas Schönes wie den FKT haben!“ „Weitermachen!“ „Wiederholen!“ „Der Filmtag sollte mehrmals im Jahr stattfinden. Selten war Schule so intellektuell.“ Alfred Schlienger und Bernhard Bonjour ***** 18 Agora 08/11 2. November: Podiumsdiskussion „Grenzenlose Liebe?“ Noch einmal wurden die sieben Teilnehmenden des Ergänzungsfachkurses „Vom Tell zum Garibaldi. Vom Heidi zum Totti“ ins kalte Wasser geworfen und traten in Zusammenhang mit dem „Italianità-Jahr“ ins Rampenlicht der Schule, um als Abschluss ihres Kurses eine grosse Podiumsdiskussion im Foyer unseres Gym vorzubereiten und durchzuführen. Idil Schneider-Bulut, Dalia Herzog und Fabian Kern Es moderierten Dalia Herzog und Fabian Kern, Anschlussfragen stellten Anita Stocker und Dennis Visca, während Stephanie Gygax und Melinda Flückiger sich um die Mikrofone und den Kontakt zum Publikum kümmerten. Als Gäste nahmen Idil Schneider-Bulut, Mathelehrerin am Gym Muttenz, und ihr Mann Bruno Schneider teil, der als Musiker viel reist und mit Idil und den drei Kindern in Basel lebt. Ferner kamen Sabina Heuss, Ethnologin und ExSchülerin am Gym Muttenz, die mehrere Jahre in Rom wohnte und arbeitete, und Massimiliano Pace, „Ur-Römer“ und Architekt, der inzwischen mit Sabina und den zwei Kindern in Muttenz lebt. Ebenso im Podium sassen der in einer Fernbeziehung stehende Berner Gideon Hönger, der als medizinischer Forscher in Basel lebt und arbeitet, und zwei Schülerinnen aus vierten Klassen, 19 Agora 08/11 nämlich Marcella Galante, die auch den Ergänzungsfachkurs besuchte (Eltern aus Mauritius und Italien) und Laura Warria (Eltern aus Kenia und der Schweiz, serbischer Partner). Als Experte konnten wir Dieter Roth aus Niederdorf einladen, der sich als Jurist auf Ausländerrecht spezialisierte und mit seiner aus dem Kongo stammenden Frau und ihrem gemeinsamen Kind zusammen lebt. Im Publikum sassen etwa 120 Schülerinnen und Schüler, Lehrende und Mitarbeitende, die durch die Werbung mit dem Foto von Anita Ekberg und Marcello Mastroianni im Römer Trevi-Brunnen neugierig gemacht und angelockt worden waren. Der Anlass fand im Rahmen von „Kultur über Mittag“ statt. Laura Warria, Marcella Galante und Bruno Schneider Zur Einstimmung bekamen die Gäste einen Clip zu sehen, der durch ein weltweites Musikprojekt entstand: „Stand by me“, der Hit von Ben E. King, wurde von Musikern aus verschiedenen Erdteilen interpretiert und zusammen gemixt. Danach begrüssten Seraina Gartmann und Jan Pagotto, erklärten, welche Ideen hinter diesem Podium stecken, stellten die Gäste vor und dankten ihnen für ihr Kommen, indem sie gleich zu Beginn Honig von Werner Ritters „Schulbienen“ und Weisswein vom naheliegenden Rebberg Markus Bachmanns überreichten. Die Moderation übernahm sogleich mit den ersten Fragen und ver20 Agora 08/11 suchte von Anfang an auch die Teilnehmenden zu aktivieren. Die Diskussion wurde in drei Themenkomplexe gegliedert, um Fragen und Antworten zu strukturieren: „Arbeit und Perspektiven“, „Freunde und Familie“ und „Liebe“ lauteten diese Gesprächsthemen. Die Podiumsgäste sprachen sehr offen über ihre Erfahrungen, über Vor- und Nachteile einer Kulturen, Sprachen und Grenzen übergreifenden Beziehung, während sich das Publikum durch Fragen und das Einbringen eigener Erfahrungen beteiligte. So kam ein abwechslungsreiches Gespräch zustande, das gleichwohl subjektive, persönliche Einblicke als auch verallgemeinerbare Erkenntnisse thematisierte. Politische Aussagen und das Aufzeigen rechtlicher Hintergründe standen neben humoristischen, zwischenmenschlichen Bemerkungen, die immer wieder die Diskussion auflockerten. Massimiliano Pace und Gideon Hönger Das aufmerksame Publikum konnte zum Schluss noch Tipps für „grenzenlos Verliebte“ entgegen nehmen, bevor die souveräne Gesprächsleitung die Veranstaltung pünktlich und nach einem tosenden Applaus des Publikums beendete. Text: Jan Pagotto Fotos: Andrea Gerber ***** 21 Agora 08/11 8. November: Hansjörg Schneider liest am Gym Muttenz Am Dienstag, dem 2. November, las der berühmte Basler Kriminalschriftsteller Hansjörg Schneider in der Aula der FHNW. 350 Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums und der FMS haben diesen besonderen Anlass erleben dürfen. Die Veranstaltung wurde von der Literaturgruppe der Kulturkommission, Fränzi Lüthi und Martin Dean, organisiert. Ob Hunkeler denn Ähnlichkeiten mit ihm habe, wurde Schneider von Gesprächspartner Dean gefragt. Nein, er sei ja im echten Leben kein Polizist und könnte das auch nie sein! So entschieden war Schneiders Antwort, dass er nachher genüsslich die Vorteile davon ausbreiten konnte, sich als Autor mit seinen Figuren zu identifizieren: Wenn er beim Schreiben nicht weiterwisse, gehe er einfach vor die Türe oder ins Elsass – mit den Augen Hunkelers. Einen Einblick in sein neuestes Werk „Hunkeler und die Augen des Ödipus“ hat Schneider dem Publikum ganz zu Beginn gewährt und einige Kapitel aus dem Theaterkrimi, der am Theater Basel spielt, vorgelesen. Im folgenden Gespräch mit Martin Dean ging es vor allem um die Arbeit als Autor: Das Schreiben, so 22 Agora 08/11 Hunkeler, sei ein grosses Geschenk für ihn. Für uns heute ist es sicher schwer vorstellbar, dass der Autor alle seine Bücher von Hand in Schreibheften verfasst um sie dann mit einer Schreibmaschine „ins Reine“ zu schreiben. Zum Abschluss wurde Hansjörg Schneider eine Mappe mit Kunstdrucken überreicht, die die Klasse 2AM in einem Unterrichtsprojekt in den Fächern BG (Stefan Haltinner) und Deutsch (Thomas Labhart) gestaltet und produziert hatte. Schneider war natürlich hocherfreut: „Na, händermer öppis baschtlet!?“ Der schöne und gelungene Anlass wurde überschattet von einem lauten und dauernd schwatzenden Publikum. Text: Timo Kröner 23 Agora 08/11 ***** Fotos: Daniel Nussbaumer 24. – 30. September: Bildungsreisen 3Wa: Barcelona – Kultur, Kunst und Vielseitigkeit (Philipp Weber, Alex Bieger) Das wird uns in Erinnerung bleiben: • Strandverkäufer, die uns abwechselnd Bier, Massagen, Tattoos und sontige (lebensnotwendige) Dinge andrehen wollten. • Dass man in jenem Hostel in der Nacht nicht unbedingt zu laut sein sollte, da Löcher in den Wänden zwar die Kommunikation untereinander erleichtern, jedoch auch die Lehrpersonen (ungewollt) am Gespräch teilnehmen können. • Dass man mit leichtgläubigen Schweizern (ebenfalls auf Bildungsreise) ziemlich leicht ein Erinnerungsfoto schiessen kann, wenn man jenen als VIP vorgestellt wird. • Der Fussball ist in Barcelona auch Kultur (und eine Kunst zugleich?) Das wird unseren Begleitpersonen in Erinnerung bleiben: • Eben diese nächtlichen Konversationen • Party kann für Jugendliche auch als ein Unterthema zur Vielseitigkeit und Kultur einer Stadt verstanden werden. • Interessante Gespräche über Kultur und Kunst Drei Erkenntnisse aus unserem Thema: • Die Architektur Antoni Gaudis ist in der ganzen Stadt präsent. Herauszuheben ist hier die Sagrada Familia, die von Gaudi entworfen wurde. Die Basilika wird allerdings erst in ferner Zukunft fertig gestellt werden. • Ebenfalls zu erkennen: Die wirklich „spanischen“ Restaurants finden sich in den vielen Seitenstrasse Barcelonas. An den Hauptstrassen finden sich meistens gewöhnliche Gasthäuser. • Naturwissenschaften sind mehr als nur trockene Theorie und Formeln. Im Naturwissenschaftlichen Museum in Barcelona konnten wir etliche Versuche rund um die Physik, Mathematik oder aber auch der Geologie selber durchführen, was uns einen vertieften Einblick in die Gegebenheiten der Erde gab. Der beste Spruch der Bildungsreise: • Ganz einfach: „Ombre TV“ ***** 24 Agora 08/11 „Dem Denken sind keine Grenzen gesetzt. Man kann denken, wohin und soweit man will.“ Ernst Jandl Ich mag den bitterbösen „Sprachenkunstler“. Diese prägnante Aussage hat mich durch ihre Wendung überrascht. Ausserdem sehe ich durch den Zynismus auch Hoffnung, was mir für Jandl typisch erscheint. Jan Pagotto ***** Eines Menschen Heimat ist auf keiner Landkarte zu finden – nur in den Herzen der Menschen, die ihn lieben. Unbekannt, Stephi Gygax, 4IS ***** "Niemand darf seine Wurzeln vergessen. Sie sind Ursprung unseres Lebens." Federico Fellini Das ist eine Tatsache. Wie bei einer Pflanze die Wurzeln Ursprung des Lebens sind, so ist es für einen Menschen die Heimat. Man kann sie nicht einfach vergessen oder weglassen, abschneiden. Sie ist ein Teil von uns und prägt unser Denken und Handeln. Hierbei denke ich an ein Lied von Andrea Bocelli, das „Vivere“ heisst. Unter anderem heisst es dort: non si può vivere senza passato! Ohne Vergangenheit kann man nicht leben, die Vergangenheit ist ein Teil von uns und die Heimat gehört möglicherweise zur Vergangenheit, aber sie gehört zu uns. Dennis Visca, 4Wb 25 Agora 08/11 ***** Personelles Wir stellen vor… Jürg Hostettler, Français, Italiano Mein Werdegang: Gymnasium Oberwil (BL), Studium der Romanistik an der Uni Basel, un anno di studio in Italia (Università di Bologna), une année d’études en France (Université de Toulouse), nun hier Meine Aufsteller: Mon copain, mis amigas y mis amigos, Originalität, leckeres Essen, Humor und Satire, Lina (filleule) & Fennec (chienne), ... Meine Ablöscher: Unehrlichkeit und andere Unwesen Meine Freizeit und meine Spleens: Freunde, Kunst und Kultur, Schwimmen, Japanisch lernen (pour me sentir plus proche de mes élèves...), Tanzen, Comics, Städte und –geschichte(n), Sprachen und schöne Ausdrücke, gute Bücher und Filme, Eighties Mucke, unverständliche Gedichte schreiben (poemi), ... Mein Motto: «I scream, you scream, we all scream for ice cream» Mein Wunsch: Die Zufriedenheit von Frau Dr. med. Dragovic («... sonst èch nème grossès Bohrrèr»)... und, ach ja ahimè, Friede auf Erden Mein Geheimtipp: ... mica lo dico ... Mein Web-Tipp: www.altbasel.ch (Stadtgeschichte von Basel) Mein Lieblings-„Dings“: I am Fisherman’s Friend Mein Lieblingsbuch : «Amphitryon» von Molière, Kleist, Giraudoux, ... egal «Déjame que te cuente ...» = «Komm, ich erzähl dir eine Geschichte» von Jorge Bucay (kleine witzige Geschichten für wenn man grad hadert mit dem Leben...) ***** 26 Agora 08/11 Nicola Meier Jäggi, Musik Mein Werdegang: Kantonsschule Wettingen, Studium an der Musikhochschule Basel in den Hauptfächern Sologesang (Schwerpunkt Oper; Studiengänge Gesangspädagogik und Meisterklasse) sowie Schulmusik IIa; anschliessend Abschluss des Höheren Lehramtes an der PH FHNW Meine Aufsteller: • Schülerinnen und Schüler, die etwas lernen, von dem sie dachten, das könnten sie nie, und dann plötzlich zu strahlen beginnen • Ein neues Wort von meinem Sohn • Eine grosse Schüssel Salat Meine Ablöscher: • Eine gehäutete Maus morgens um 05.30 Uhr auf dem Duschvorleger • Linksfahrer auf der Autobahn mit 90km/h • Schlechtgelaunte und unfreundliche Menschen • Menschen, welche Verhaltensweisen von anderen einfordern und sie selbst nicht einhalten Meine Freizeit: Zeit mit meiner Familie, Lesen, Kochen, lange Spaziergänge, unser Haus und unser Garten (da gibt’s nonstop etwas zu tun) Mein Motto: Erwarte nicht von anderen Menschen Verhaltensweisen, die du selbst nicht einhalten kannst. Mein Wunsch: Dass ich meinen Kindern wichtige Eigenschaften weitergeben kann, die ich an anderen Menschen schätze, damit sie zu selbständigen und liebevollen Menschen werden. Mein Geheimtipp: Ein Stück Brot in einer selbstgemachten Gemüsesuppe – macht die Suppe herrlich sämig und spart die Sahne Mein Web-Tipp: Sheetmusicdirect.com Mein Lieblings-„Dings“: Ein winziges Paar gestrickter Handschuhe, das ich seit meinem elften Lebensjahr an meinem Schlüsselbund trage. Schon unzählige Male verloren und repariert, aber immer bei mir. Mein Lieblingsbuch oder Lieblingsort: • Lieblingsbuch: „Body and soul“ von Frank Conroy • Lieblingsort: mein Elternhaus Mein Spleen: Unzählige Lidschatten („…also genau diesen Farbton habe ich aber noch nicht!“) ***** 27 Agora 08/11 Mediothek Literatur- und Filmtipps aus der Mediothek Belletristik Catalin Dorian Florescu wurde mit dem Schweizer Buchpreis 2011 geehrt Catalin Dorian Florescu erhält – wie am Sonntag, 20. November auf der Buch Basel bekanntgegeben wurde – für seinen Roman „Jacob beschliesst zu lieben“ den mit 50 000 Franken dotierten Schweizer Buchpreis 2011. Catalin Dorian Florescu wurde 1967 im rumänischen Temesvar geboren und lebt seit 1982 in der Schweiz. Er studierte an der Universität Zürich und arbeitete von 1995 bis 2001 als Psychotherapeut. Seither ist er freier Schriftsteller. Schon Florescus erster Roman, „Wunderzeit“, über einen gehbehinderten rumänischen Knaben, der aus medizinischen Gründen mit seinem Vater in den Westen darf, war ein Erfolg und wurde mit dem Hermann-Lenz-Stipendium ausgezeichnet. In seinem neuen Roman erzählt Catalin Dorian Florescu die abenteuerliche Lebensgeschichte des Jacob Obertin aus dem schwäbischen Dorf Triebswetter im rumänischen Banat. Es ist eine Geschichte von Liebe und Freundschaft, Flucht und Verrat und darüber, wie die Fähigkeit eines Menschen zu lieben ihn über alles hinwegretten kann. Jacobs Geschichte – zeitlich zwischen dem Ende der 20er- und Anfang der 50er-Jahre angesiedelt – weitet sich zu einem Familienepos, in dem temporeich und in dichten, fantastischen Bildern das Schicksal der Obertins über 300Jahre hinweg erzählt wird, beginnend mit dem 30jährigen Krieg in Lothringen. Ende des 18. Jahrhunderts hatten sich Jacobs Vorfahren, wie viele Tausende Anderer aus Lothringen ein besseres Leben suchend, auf den gefährlichen Weg ins Banat gemacht, um ihr Glück zu finden und eigenes Land zu besitzen. Jacob wird mit dem Kampf um Macht und Besitz konfrontiert, wird vom eigenen Vater verraten und verliert seine erste Liebe. Doch immer wieder gibt es Menschen, die ihm helfen, die Wechselfälle der Geschichte – Diktaturen und Deportationen – mit ihren grotesken und katastrophalen Folgen zu überleben und einen neuen Aufbruch zu wagen. Jacob beschliesst zu lieben Roman Autor: Catalin Dorian Florescu Verlag: C.H Beck, 2011 Seiten: 402 S. Standort: Belletristik Signatur: FLOR 28 Agora 08/11 Eine der bewegendsten und besten Graphic Novels aller Zeiten ist endlich wieder auf Deutsch erhältlich: „Stuck Rubber Baby" ist das Lebenswerk des US-amerikanischen ComicKünstlers Howard Cruse und machte den Comic-Erzähler Anfang der 1990er Jahre weltberühmt. Der Comic-Roman erzählt eine komplexe, bildgewaltige Coming-of-Age bzw. Coming-out-Geschichte vor dem Hintergrund der Bürgerrechtsbewegung in den 60er Jahren im Süden der USA. Als Kulisse für seine autobiografisch angehauchte Erzählung diente Howard Cruse seine Heimatstadt Birmingham, Alabama (im Comic heißt sie Clayfield), in der die Civil Rights-Kampagne von Martin Luther King ihren Höhepunkt erreichte, u.a. durch das Bombenattentat auf die 16th Street Baptist Church. Diese Episoden verarbeitet Cruse in einer fiktiven Narration, deren Hauptaugenmerk aber auf dem sensibel erzählten sexuellen, politischen und letztlich menschlichen Erwachen des Protagonisten Toland Polk liegt. Cruse war es wichtig zu zeigen, dass Rassismus und Homophobie zwei Seiten desselben gesellschaftlichen Problems sind, seine Erzählung ist eine Kampfansage an Rassenhass und Schwulenfeindlichkeit gleichermaßen. Der Comicroman kann zu Recht zu einem Klassiker nicht nur der Comicliteratur, sondern auch zu einem Meilenstein im afroamerikanischen, studentischen und besonders homosexuellen Literaturdiskurs der USA gezählt werden. Stuck Rubber Baby Comic Autor: Howard Cruse Seiten: 206 S. Standort: Belletristik - Comic Signatur: CRUS 29 Agora 08/11 DVD-Spielfilm Le Nom des Gens (= der Name der Leute) Signatur: NAME eine Komödie von Michel Leclerc Ein stiller Ornithologe mit jüdischen Wurzeln und eine fröhlich-unbekümmerte junge Frau algerischer Abstammung verlieben sich trotz großer charakterlicher Unterschiede ineinander. Eine tiefschürfende, aber auch leichthändige Liebeskomödie, bei der politische Positionen und historische Traumata wie Holocaust und Algerienkrieg in die Reflexion des linksliberalen Frankreichs ebenso einfließen wie Debatten um ethnische, religiöse und geschlechtliche Identitäten. Eine romantische Liebes-, Mentalitäts- und Kulturgeschichte, die durch klugen Witz und eine optimistische Grundhaltung besticht. DVD-Dokumentarfilm Nostalgia de la Luz (= Sehnsucht nach dem Licht) [DVD-Video] Signatur: NOST ein Film von Patricio Guzmán Dokumentarischer Essay, der anhand der Atacama-Wüste dem Verhältnis von Vergangenheit und Gegenwart in Chile nachspürt. Die klimatischen Besonderheiten machen diese Wüste zum begehrten Ort für astronomische Studien; zugleich spielten sich dort die düstersten Kapitel der chilenischen Geschichte ab: Im 19. Jahrhundert wurden die Arbeiter im Bergbau ausgebeutet, während der Militärdiktatur wurde hier ein berüchtigtes Konzentrationslager errichtet. Ein bemerkenswert reifes, transzendentes Spätwerk, das ein vielschichtiges Bild der chilenischen Gesellschaft nachzeichnet und sich dabei zur poetischen wie auch politischen Reflexion verdichtet. ***** 30 Agora 08/11 Diverses Schwimmerin/Schwimmer und Inlinerin/Inliner gesucht!!! Einen Startplatz für den Gigathlon 2012 im Raum Olten haben wir uns bereits gesichert. Das Streckenprofil findet ihr auf www.gigathlon.ch. Nun suchen wir dringend eine/einen Schwimmerin/Schwimmer und Inlinerin /Inliner, um unser erfolgreiches Giga Gym Muttenz-Team zu vervollständigen. Wir suchen Leute, bei denen die Freude am Sport und an der Teamleistung an erster Stelle steht. Der «Urban Saturday» führt die Gigathleten durch einzigartiges Naherholungsgebiet entlang der Aare am Jurasüdfuss weiter ins Baselland wieder zum Zentralort Olten. Am «Celebrating Sunday» bestreiten die Gigathleten die zweite Etappe durch die Hügel des Aargauer und Luzerner Mittelland zurück zur Ziellinie in Olten. Kontakt: Lucas Linder (Fächlein Ld) und Werner Ritter (Fächlein ri) Zitat des Monats / Redaktionsschluss "Ich bin ein katholischer Franzose mit armenischen Wurzeln, meine Frau ist protestantische Schwedin, ich habe einen algerischen Schwager, der Muslim ist, und einen jüdischen Enkel. Wir verstehen uns, weil wir nicht über die Religion des anderen diskutieren, sondern sie respektieren." Charles Aznavour Ich mag dieses Zitat, trotz seiner Länge, weil es perfekt die globalisierte Welt aufzeigt mit all ihren Konsequenzen. Es zeugt von einer Weltoffenheit, einem Verständnis für andere Nationalitäten, Werte und Traditionen. Die Religion steht im Zentrum dessen bin ich mir bewusst, doch die Akzeptanz und Toleranz ihr gegenüber kommt meiner Meinung auch sehr deutlich zum Ausdruck. Ein Zitat das einen schmunzeln lässt und dennoch viel Inhalt hat. 31 Agora 08/11 Dalia Herzog, 4AB Redaktionsschluss nächste Ausgabe: 13. Januar 2012 Vorschau nächste Ausgabe: Maturfeier · Basketballturnier · Exkursionen während Maturprüfungen Beiträge werden dankbar entgegengenommen: andrea.gerber@bl.ch Foto: Andrea Gerber ***** 32