Lymphödeme – Ursachen – Diagnostik

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Lymphödeme – Ursachen – Diagnostik
Lymphödeme – Ursachen – Diagnostik - Therapie
Lymphödem
Man unterscheidet zwei Arten von Lymphödemen: Ein primäres Lymphödem, bei dem eine
angeborene Schädigung des Lymphsystems vorliegt, und ein sekundäres Lymphödem, bei dem die
Schädigung des Lymphsystems erworben ist.
Primäre Lymphödeme
Definition
Beim primären Lymphödem handelt es sich um eine angeborene chronische Transportstörung der
Lymphe aus den Geweben die sich erst in späteren Lebensjahren manifestieren.
Ursachen eines Lymphödems
Etwa 34% aller Lymphödeme sind primäre Lymphödeme. In 94% sind die Beine betroffen. Das
primäre Lymphödem tritt vor allen beim weiblichen Geschlecht mit 80% auf. Über 1,5 Millionen
Menschen haben in Deutschland ein primäres Lymphödem. Der Abflussstörung der Lymphe liegen
angeborene Fehlbildungen des Lymphgefäßsystems zugrunde:
am häufigsten zu enge oder zu wenig Lymphgefäße (Hypoplasie oder Aplasie)
Erweiterung der Lymphgefäße mit Störung der Klappen (Lymphangiektasie)
Fehlanlage der Lymphknoten (Lymphknotenfibrose)
Klinik
Das seltene primäre Lymphödem an den Armen tritt einseitig auf, während das im Bereich der Beine
um 60% beidseitig in Erscheinung tritt. Bei beidseitiger Erkrankung können die Lymphödeme zu
unterschiedlichen Zeitpunkten auftreten. Das primäre Lymphödem entwickelt sich von körperfern nach
kopfwärts d.h. es tritt zunächst an den Zehen und den Vorfüßen auf. Mit zunehmender Schwere
werden die Unterschenkel und zuletzt die Oberschenkel mit einbezogen.
Die Manifestation kann in den verschiedenen Lebensaltern erfolgen und tritt vor allem bei Mädchen
und jungen Frauen ein. Es werden folgende Manifestationen unterschieden:
angeborenes Lymphödem, manchmal in Verbindung mit anderen Missbildungen
das Lymphödem der Pubertät
das häufige typische Lymphödem in dem 2. oder 3. Lebensjahrzehnt nach der Pubertät und bei
einer Schwangerschaft
das seltene späte Lymphödem nach dem 35. Lebensjahr
Schweregrade
Stadium I: Latent. Mechanische Insuffizienz des Lymphsystems ohne Ödembildung und ohne
Beschwerden.
Stadium II: Reversibel. Ödeme, die sich tagsüber bilden, gehen in der Nacht wieder zurück. Wenn in
diesem Stadium eine frühzeitige Diagnosestellung erfolgt, hat die mögliche Behandlung, die besten
Aussichten auf Erfolg.
Stadium III: Irreversibel. Keine selbständige Rückbildung mehr möglich.
Stadium IV: Elephantiasis. Extreme Ödemausdehnung mit Hautveränderungen und starken
Beschwerden.
Diagnostik
Die Diagnostik ergibt sich aus den typischen Erscheinungsbild mit Schwellung des gesamten Beines
einschließlich Fuß und Zehen, normaler Hautfarbe und Ausprägung von tiefen einschnürenden Falten
über dem Sprunggelenk und den Zehengelenken (Stemmer Zeichen). Bei der Betastung fühlt sich die
Haut verdickt an, lässt sich nicht in Falten abheben und eine Dellbarkeit ist nur im frühen
Krankheitsstadium vorhanden und eine Druckschmerzhaftigkeit fehlt.
An apparativen diagnostischen Untersuchungen haben die Ultraschalluntersuchung und die
Lymphszintigraphie die höchsten Aussagewerte. Bei beliebig wiederholbaren und nicht invasiven
Ultraschalluntersuchungen ist das Gewebe nicht zusammendrückbar und es finden sich keine
Spaltenfugen. Bei der Lymphszintigraphie stellen sich nach Belastung die Lymphgefäße und
Lymphknoten dar. Bei der venösen Diagnostik sind die Doppler- und Duplexuntersuchungen negativ.
Die direkte und indirekte Lymphographie spielen heutzutage keine Rolle mehr.
Krankheitsverlauf und Komplikationen
Das primäre Lymphödem kann jahrelang in einem Stadium verharren und durch ungünstige Einflüsse
wie Operationen und Unfälle in ein schweres Krankheitsstadium übergehen. Typische Komplikationen
des primären als auch sekundären Lymphödems sind:
Erysipel
Dermatomykosen
Lymphangiosarkom
Behandlung
Im Zentrum der Therapie beim primären Lymphödem steht die konservative Behandlung mit einer
komplexen physikalischen Entstauungstherapie. Die komplexe physikalische Entstauungstherapie
wirkt sowohl auf die Lymphbildung und Lymphtransport als auch auf die Lymphknoten. Die
Verbesserung des Lymphtransportes wird durch eine manuelle Lymphdrainage erzielt.
Das Prinzip der manuellen Lymphdrainage ist die Verschiebung der Lymphe in ödemfreie Gebiete von
wo aus sie durch normale Lymphkollektoren abtransportiert werden kann. Ein Grund für den erzielten
stärkeren Abtransport liegt in einer Art Sogwirkung durch eröffnete und erweiterte Verbindungen
(Anastomosen) zwischen den Lymphabflussgebieten. Eine weitere Säule der komplexen
physikalischen Entstauungstherapie ist die Kompressionstherapie zunächst durch Anlegen eines
Kompressionsverbandes der die durch die manuelle Lymphdrainage erreichte Entstauung konserviert
und optimiert. Nach Entödematisierung kann der Kompressionsverband durch einen
Kompressionsstrumpf oder eine Kompressionshose ersetzt werden.
. Sekundäre Lymphödeme
Die sekundären Lymphödeme treten etwa doppelt so häufig auf wie primäre Lymphödeme. Die
meisten sekundären Lymphödeme beginnen meist zentral d.h. am Oberarm und Oberschenkel im
Gegensatz zum primären Lymphödem das zunächst körperfern auftritt. Die erworbene Schädigung
das Lymphsystems kann die Folge sein von:
Operationen
Röntgenbestrahlung
Unfällen
Entzündung en (Erysipel)
Parasiten (Fillariosis)
Tochtergeschwülste (Metastasen)
Selbstschädigung
Die häufigsten sekundären Lymphödeme werden nach Operationen oft in Kombination nach
Bestrahlung gesehen. Da bösartige Tumore überwiegende Tochtergeschwülste (Metastasen) über
den Lymphweg bilden, wird bei einer Tumoroperation die zugehörigen ableitenden Lymphknoten aus
Gründen der Diagnose und der weiteren postoperativen Behandlung mit entfernt.
Klinik
Das Krankheitsbild lässt sich aufgrund der Krankengeschichte und des typischen Erscheinungsbildes
stellen mit körpernahem Beginn. Die Manifestation nach Operation oder Bestrahlung kann sofort
auftreten oder nach unterschiedlich langen Zeitintervallen. Bei einer relativ späten Entwicklung eines
sekundären Lymphödems muss ein Rezidiv eines Tumors in Erwägung gezogen werden.
Bezeichnend ist der teigige Charakter der Haut ohne Dellenbildung auf Fingerdruck.
Sekundäres Armlymphödem
Dies ist die häufigste Form des sekundären Lymphödems, das vor allem nach Brustkrebsoperationen
mit Ausräumung der Achsellymphknoten auftritt. Zu Beginn ist dieses Lymphödem auf den Oberarm
beschränkt. In schweren Fällen sind der ganze Arm und die Hand betroffen.
Das Risiko, dass ein sekundäres Lymphödem sich einstellt, ist abhängig von der angewandten
Operationstechnik und der Anzahl der entfernten Lymphknoten. Das Risiko für ein sekundäres
Lymphödem nach einer Brustoperation mit Entfernung der Achsellymphknoten und anschließender
Röntgenbestrahlung betrug früher 40%. Mit Einführung der brusterhaltenden Eingriffe konnte das
Risiko wesentlich vermindert werden. Durch neue Operationsmethoden mit Entfernung von einem
oder zwei Wächterlymphknoten (sentinel lymph node) ist das Risiko auf ca. 3% anzusetzen. Das
sekundäre Armlymphödem muss von einem vorübergehenden postoperativen Oberarmödem
unterschieden werden, das sich erfahrungsgemäß nach Wochen zurückbildet.
Sekundäre Beinlymphödeme
Die Ursache für die Ausbildung eines Beinlymphödems liegt meist in einer
Lymphknotenentfernung und Bestrahlung wegen eines bösartigen Tumor im Bereich des kleinen
Beckens oder der Leistenregion. So nach Operationen wegen eines Enddarm- oder
Blasentumors, bei Frauen wegen eines bösartigen Gebärmutter- oder Eierstocktumors und bei
Männern wegen eines bösartigen Hoden- oder Prostatatumors.
Therapie des sekundären Lymphödems
Die Behandlung des sekundären Lymphödems ist prinzipiell identisch mit der des primären
Lymphödems.
Zentraler Schwerpunkt einer physikalischen Behandlung ist die komplexe Entstauungstherapie.
Wir empfehlen, dass die manuelle Lymphdrainage im Durchschnitt je nach Ödemstärke 30-60
Minuten dauern sollte und unter ambulanten Bedingungen zweimal wöchentlich durchgeführt wird.
Beim einseitigen Lymphödem der Beine oder Arme ist eine Behandlung zur gesunden Seite
sinnvoll, um den Abfluss über Lymphgefäßverbindungen (Anastomosen) zu fördern. Die
Lymphödembehandlung erfolgt in zwei Phasen:
1. die Reduktionsphase, in der das Ödem vermindert wird
2. die Erhaltungsphase, in der die Reduzierung des Ödems gehalten wird
In der Reduktionsphase sollte die Kompressionsbehandlung durch Bandagierung erfolgen. Die
Bandagen müssen so angelegt sein, dass das Druckgefühl in Ruhe bei Bewegung verschwindet. Die
Kompressionsbestrumpfung der Beine und Arme in der Phase der Erhaltung wird in der Regel für
Arme eine Bestrumpfung der Klasse II und für die Beine eine Bestrumpfung der Klasse III verordnet.
Die Bestrumpfungen müssen individuell nach Maß vorgenommen werden.
Quellen:
Literatur:
Ödeme und Lymphdrainage; Autor: Ulrich Herpertz; Verlag: Schattauer