Hanspeter Bernhardt (2013). Das themenzentrierte

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Hanspeter Bernhardt (2013). Das themenzentrierte
Hanspeter Bernhardt (2013).
Die Stimme des Kindes:
Das themenzentrierte Kinder-Interview
in der Trennungs- und Scheidungsberatung
Vortrag auf der Wissenschaftlichen Jahrestagung „Kinder und Jugendliche in der Erziehungsberatung“ der Landesarbeitsgemeinschaft Bayern für Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung
am 25.6.2013 in München
© Dipl.-Psych. Hanspeter Bernhardt (Mediator BAFM/NCRC) – mailto: hpb@mediation-ims.de
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 2
Das ist ein Foto von
Mavis Hetherington
(wahrscheinlich aus dem Jahr 2000)
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 3
1979
programmatischer Beitrag
der prominenten Scheidungsforscherin
EM Hetherington (1979).
Divorce: A child's perspective.
American Psychologist, 34, 851 – 858
HPB (2013). Themenzentriertes KINT – 4
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 5
Hier heißt es:
„Dieser Artikel (…)
nutzt Forschungsergebnisse
anschließend als Grundlage dafür,
den Scheidungsprozess zu beschreiben,
wie er vom Kind erlebt wird.“
HPB (2013). Themenzentriertes KINT – 6
aber:
Es wird –
anders als im Titel angekündigt –
keine Untersuchung zitiert,
die die familiären
Scheidungserfahrungen
tatsächlich
aus der Perspektive von Kindern
beleuchtet
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 7
Trennungs- und Scheidungsberatung
• laut internationalen Erhebungen:
• Die Integration
der individuellen Auffassungen
von Scheidungskindern zu ihren Präferenzen
in die familiäre Diskussion
der Trennung- und Scheidungsfolgen
ist relativ selten

F Garwood (1990). Children in conciliation: The experience of involving children in conciliation.
Family and Conciliation Courts Review, 28, 43 – 51. J McIntosh (2000). Child-inclusive divorce
mediation: Report on a qualitative research study. Mediation Quarterly, 18, 55 – 69
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 8
Partizipation von Scheidungskindern
an der Trennungs- und Scheidungsberatung
die mir bekannten Zahlen schwanken
zwischen fünf und zwanzig Prozent
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 9
Das ist ein Foto von Liz Trindler
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 10
In der Einstellung
von psychosozialen Helfern
ist eine spezielle steuernde
Konstruktion des „Scheidungskinds“
nachweisbar,
die Liz Trindler (1997)
in ihren Untersuchungen
als „das Kind der Eltern“
(„the parent‘s child“) bezeichnet hat.
Was ist damit gemeint ?

L Trindler (1997). Competing constructions of childhood: Children's rights and children's wishes
in divorce. Journal of Social Welfare and Family Law, 19, 291 – 305
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 11
„Kind der Eltern“
als Komplex normativer Annahmen
• favorisierte Interventionen
mit Verzicht auf eine direkte Exploration des Kindes
• bei Konsultation:
indirekte Erhebung der Präferenzen des Kindes
• Beispiel: „drei Wünsche“
• Kunstfehler:
direkte Fragen nach den Präferenzen des Kindes
und zu deren Aufdeckung

L Trindler (1997). Competing constructions of childhood: Children's rights and children's wishes
in divorce. Journal of Social Welfare and Family Law, 19, 291 – 305
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 12
Zweifel, Bedenken und Vorbehalte
von psychosozialen Fachleuten
gegenüber einer direkten und systematischen
Partizipation von Scheidungskindern
am Arbeits- und Beratungsprozess
• protektive Haltung
gegenüber Kindern und der Eltern-Kind-Beziehung:
• kein Stress für die Kinder
• keine Kompromittierung der Eltern-Kind-Beziehung

JB Kelly (2002). Psychological and legal interventions for parents and children in custody and
access disputes: Current research and practice. Virginia Journal of Social Policy and the Law, 10,
129 – 163. AB Smith, N Taylor & P Tapp (2003). Rethinking children‘s involvement in decisionmaking after parental separation. Childhood, 10, 203 – 218. P Parkinson & J Cashmore (2008). The
voice of a child in family law disputes. New York: Oxford University Press
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 13
Kinder als ausgeschlossene Familien-Mitglieder
• Grundsätzlich lassen sich
zwei zentrale Aspekte
des Scheidungsgeschehens
unterscheiden,
von denen Kinder
ausgeschlossen werden können:
1. sie werden über die zu erwartenden
persönlichen und familiären Trennungs- und Scheidungsfolgen
im Unklaren gelassen
2. sie werden nicht zu ihren eigenen Vorstellungen
hinsichtlich der zukünftigen familiären Lebensverhältnisse
angehört

J Dunn, LC Davies, TG O’Connor & W Sturgess (2001). Family lives and friendships: The perspectives of children in step-, single-parent, and non-step families. Journal of Family Psychology, 15, 272 – 287. MM Gollop, AB Smith & NJ Taylor (2000). Children‘s involvement in custody
and access arrangements after parental separation. Child and Family Law Quarterly, 12, 383 –
399
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Kinder als ausgeschlossene Familien-Mitglieder
•
o
o
o
o
Beispiel: Aufklärung über das Trennungsgeschehen
23 % niemand
44 % Mutter
17 % Mutter und Vater
8 % Vater
• Beispiel: Umfang der Aufklärung
o 5 % volle Aufklärung
inkl. Ermunterung, Fragen zu stellen
o 32 % einige Aufklärung ohne nähere Details
und ohne Gelegenheit, Fragen zu stellen
o 45 % Information ohne Erklärungen
oder mit einsilbigen Erklärungen („Dein Vater zieht aus“)

Die Zahlenangaben stammen nicht aus Deutschland, sondern aus den USA und sollen lediglich
die Größenverhältnisse illustrieren. J Dunn, LC Davies, TG O’Connor & W Sturgess (2001).
Family lives and friendships: The perspectives of children in step-, single-parent, and non-step
families. Journal of Family Psychology, 15, 272 – 287. MM Gollop, AB Smith & NJ Tay-lor (2000).
Children‘s involvement in custody and access arrangements after parental separation. Child and
Family Law Quarterly, 12, 383 – 399
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Kinder als ausgeschlossene Familien-Mitglieder
Beispiel: Umgangsregelungen
• Umgangsregelungen
ohne Konsultation des Kindes
und/oder ohne Diskussion mit dem Kind
o Zwang zum Besuch des abwesenden ET
(gegen den Willen des Kindes)
o obwohl das Kind neue Partner/innen ablehnt, eigene soziale Aktivitäten
versäumt, die Besuche im Haushalt des abwesenden ET langweilig findet,
dort einem problematischen Verhalten des Erwachsenen ausgesetzt ist
bzw. sich dort nicht sicher fühlt, usw.
o sukzessive oder abrupte Reduktion
und auch komplette Sistierung der Kontakte zum abwesenden ET
o aufgrund von neuen Partnerschaften, Berufstätigkeit, Umzug, Sabotage,
usw.
o unflexible Besuchsregelungen
o aufgrund von geographischer Distanz, Berufstätigkeit, Kontrolle, Intoleranz, usw.
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altersbezogener Einfluss von Scheidungskindern
•
•
nicht unbedingt unmittelbar,
d.h. bei Trennung und Scheidung,
sondern im Verlauf der Nachscheidung
insbesondere
in einem Alter ab 12 Jahren
o maßgebliche Initiativen der Kinder
bei der Reduktion oder beim Abbruch von Kontakten,
wenn dieser problematisch erlebt wurde
o bei der Aufnahme oder Wiederaufnahme von Kontakten,
die vorher unterbrochen gewesen sind
o beim Wechsel des Lebensmittelpunkts
mit oder ohne familiengerichtliche Intervention

J Cashmore & P Parkinson (2008). Children‘s and parents‘ perceptions on children‘s participation in decision making after parental separation and divorce. Family Court Review, 46, 91 – 104.
MM Gollop, AB Smith & NJ Taylor (2000). Children‘s involvement in custody and access arrangements after parental separation. Child and Family Law Quarterly, 12, 383 – 399. V May & C Smart
(2004). Silence in court?: Hearing children in residence and contact disputes. Child and Family
Law Quarterly, 16, 305 – 316. C Smart & B Neale (2000). “It’s my life too” – Children’s perspectives on post-divorce parenting. Family Law, 30, 163 – 169
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 17
altersbezogener Einfluss von Scheidungskindern
•
aber:
•
Kinder
haben relativ wenig oder nichts
zu sagen
•
wenn sie jünger als 12 Jahre sind
•
und insbesondere bei strittigen Verläufen
•
laut empirischer Sozialforschung
sind juristische und psychosoziale Fachleute eher bereit,
die Sichtweisen von Kindern zu berücksichtigen,
wenn diese älter als 12 bzw. 14 Jahre sind

J Cashmore & P Parkinson (2008). Children‘s and parents‘ perceptions on children‘s participation in decision making after parental separation and divorce. Family Court Review, 46, 91 – 104.
C Crosby-Currie (1996). Children’s involvement in contested custody cases: Practices and
experiences of legal and mental health professionals. Law and Human Behaviour, 20, 289 – 311.
G Davies & J Pearce (1999). The welfare principle in action. Family Law, 29, 237 – 241
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Auffassungen von Scheidungskindern zur Partizipation
•
jedoch:
•
Schulkinder haben
(von Ausnahmen abgesehen )
offenbar eine prinzipielle Bereitschaft,
an den familiären Diskussionen
über die Scheidungsfolgen
teilnehmen zu wollen
•
Sie äußern in ihrer überwiegenden Mehrheit
den ausdrücklichen Wunsch,
eine Stimme zu haben und Gehör zu finden

F Garwood (1990). Children in conciliation: The experience of involving children in conciliation.
Family and Conciliation Courts Review, 28, 43 – 51. C Smart (1999). Family fragments?
Cambridge: Polity. J McIntosh (2000). Child-inclusive divorce mediation: Report on a qualitative
research study. Mediation Quarterly, 18, 55 – 69
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Auffassungen von Scheidungskindern zur Partizipation
•
•
Schulkinder aus Familien
mit einvernehmlicher Scheidung:
Wunsch, eine Stimme zu haben,
sodass ihre Anliegen von den Eltern
berücksichtigt werden können
•
kein Wunsch, sondern Abneigung,
das Ergebnis bestimmen zu wollen und dafür verantwortlich sein
•
Präferenz für Entscheidungen,
die kooperativ mit den Eltern getroffen werden

MM Gollop, AB Smith & NJ Taylor (2000). Children‘s involvement in custody and access arrangements after parental separation. Child and Family Law Quarterly, 12, 383 – 399. N Taylor (2006).
What do we know about involving children and young people in family law decision making? A
research update. Australian Journal of Family Law, 20, 154 – 178. P Parkinson, J Cashmore &
J Single (2005). Adolescents‘ views on the fairness of parenting and financial arrangements
after separation. Family Court Review, 43, 429 – 444P Parkinson & J Cashmore (2007). Judicial
conversations with children in parenting disputes: The views of Australian judges. International
Journal of Law, Policy and the Family, 21, 160 – 189. J Cashmore & P Parkinson (2008). Children‘s and parents‘ perceptions on children‘s participation in decision making after parental
separation and divorce. Family Court Review, 46, 91 – 104
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 20
Auffassungen von Scheidungskindern zur Partizipation
•
Schulkinder aus Familien
mit sog. hoch-strittiger Scheidung:
•
Präferenz für ein Recht des Kindes,
Lebensmittelpunkt
und Umgangsregelungen
selbst zu bestimmen
(autonome Wahlfreiheit)
•
weniger Sorgen,
in eine schwierige Situation zwischen den Eltern zu geraten
weniger Vertrauen in die Fürsorge bzw. Bereitschaft der Eltern,
die Anliegen und Bedürfnisse der Kinder zu berücksichtigen
weniger Respekt gegenüber den Gefühlen ihrer Eltern
•
•

MM Gollop, AB Smith & NJ Taylor (2000). Children‘s involvement in custody and access arrangements after parental separation. Child and Family Law Quarterly, 12, 383 – 399. N Taylor (2006).
What do we know about involving children and young people in family law decision making? A
research update. Australian Journal of Family Law, 20, 154 – 178. J Cashmore & P Parkinson
(2008). Children‘s and parents‘ perceptions on children‘s participation in decision making after
parental separation and divorce. Family Court Review, 46, 91 – 104
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 21
altersbezogener Einfluss von Scheidungskindern
•
•
Hauptdifferenz zwischen Eltern und Kindern:
stärkere Sorgen der Eltern
über eine Belastung der Kinder –
insbesondere dann,
wenn sie das Kind
als potentielles „Opfer von Manipulation“,
das unter dem Einfluss des anderen Elternteils stehe,
oder – weniger verbreitet –
das Kind als potentieller „Manipulator“ seiner Eltern
gesehen haben
•
aber:
nur eine Minderheit der Kinder
hat sich Sorgen um Druck oder Beeinflussung
durch ihre Eltern gemacht

J Cashmore & P Parkinson (2008). Children‘s and parents‘ perceptions on children‘s participation in decision making after parental separation and divorce. Family Court Review, 46, 91 – 104.
C Crosby-Currie (1996). Children’s involvement in contested custody cases: Practices and
experiences of legal and mental health professionals. Law and Human Behaviour, 20, 289 – 311.
G Davies & J Pearce (1999). The welfare principle in action. Family Law, 29, 237 – 241
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altersbezogener Einfluss von Scheidungskindern
•
Hauptdifferenz zwischen Eltern und Kindern:
•
größte Sorge der Kinder:
Loyalitätskonflikte
und Gefährdung der Beziehungen
•
Schulkinder
haben in der Regel
die Wirkung ihrer Stellungnahme auf die Eltern reflektiert
und nicht erwartet,
dass ihre Wünsche einfach in Erfüllung gehen
(Unterscheidung zwischen Wunsch
und Entscheidungskompetenz)

J Cashmore & P Parkinson (2008). Children‘s and parents‘ perceptions on children‘s participation in decision making after parental separation and divorce. Family Court Review, 46, 91 – 104.
C Crosby-Currie (1996). Children’s involvement in contested custody cases: Practices and
experiences of legal and mental health professionals. Law and Human Behaviour, 20, 289 – 311.
G Davies & J Pearce (1999). The welfare principle in action. Family Law, 29, 237 – 241
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 23
ergänzende Anmerkungen
•
aus einer frühen Untersuchung
von Susan Meehan (1982):
•
Interviews mit 14 Kindern
zwischen 8 und 12 Jahren,
die von Sachverständigen (Gutachtern)
mittels indirekter Fragen hinsichtlich ihre Präferenzen
exploriert worden sind
• Kritik an den indirekten Erhebungsmethoden:
o Kinder haben sich falsch verstanden gefühlt
o Kinder sind wütend darüber gewesen,
mit „Tricks“ manipuliert worden zu sein

S Meehan (1982). Child custody disputes: The experiences of children and the implications for
social policy. Unpublished Ph.D. thesis, Stanford University.
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 24
ergänzende Anmerkungen
•
Die Partizipation von Kindern
kann Loyalitätskonflikte der Kinder
erhöhen –
und zwar auch
bei indirekten Fragestellungen,
wenn die Antworten
von den Erwachsenen als Präferenz für einen ET
oder als Ablehnung eines ET interpretiert werden
•
Einige Kinder haben sich in der Folge schuldig gefühlt,
andere Kinder sind zufrieden gewesen
•
Ein Viertel der Kinder hat hinterher bedauert,
überhaupt Auskünfte gegeben zu haben

S Meehan (1982). Child custody disputes: The experiences of children and the implications for
social policy. Unpublished Ph.D. thesis, Stanford University.
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 25
• Schlussfolgerungen für die Praxis des Kinder-Interviews
•
Einladung
mit freiwilliger Teilnahme des Kindes
(kein Zwang)
•
Aufklärung des Kindes,
im Fall von Befürchtungen
nichts sagen zu brauchen
•
Vertraulichkeit des Interviews
und Autorisierung der Veröffentlichung durch das Kind
•
Exploration der Abhängigkeiten des Kindes
•
direkte Diskussion von Anliegen und Präferenzen
•
Sicherung,
wie die Äußerungen des Kindes gemeint sind:
Bedeutung
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 26
Kinder-Interview:
Fähigkeit der Eltern zur Perspektive-Übernahme
• Das Kinder-Interview
fokussiert auf die Fähigkeit der Eltern,
die Perspektive des Kindes einzunehmen
(reflektierende Funktion)
• Das Ausmaß dieser Fähigkeit der Eltern,
zwischen ihrer eigenen emotionalen Verfassung
und der inneren Verfassung ihres Kindes zu unterscheiden,
führt zur Sicherheit für das Kind
in seinen familiären Beziehungen, in seiner Entwicklung
und in seinem Gefühl eines Selbst.
• Im besten Fall
muss das Kind seine eigenen Gefühle nicht modifizieren,
(damit seine Eltern
besser mit Trennung/Scheidung zurecht kommen)
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 27
Kinder-Interview:
Fähigkeit der Eltern zur Perspektive-Übernahme
• konkrete Intention des Kinder-Interviews:
• Repräsentation der „dritten Agenda“
mit den Vorstellungen, Wünschen, Konflikten und Fragen
des Kindes
• in der Trennungs- und Scheidungsberatung
bzw. in der Trennungs- und Scheidungsmediation
• Erwartung,
dass die Erwachsenen in die Lage versetzt werden,
neben ihren eigenen Prioritäten und Realitäten
auch die Anliegen ihrer Kinder berücksichtigen können

R Marvin, G Cooper, K Hoffman & B Powell (2002). The Circle of Security project: Attachment
based intervention with caregiver-pre-school child dyads. Attachment and Human Development,
4, 107 – 124. JE McIntosh (2005). Because it‘s for the kids: Building a secure base for parenting
after separation. Canberra: Australian Government Attorney General‘s Department. JE McIntosh
(2007). Child inclusion as a principle and as evidence-based practice: Applications to family law
services and related sectors. AFRC Issues, 1, 1 – 23. A Slade (2005). Parental reflective functioning: An introduction. Attachment and Human Development, 7, 269 – 282
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 28
Das ist ein Foto von Jennifer McIntosh
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 29
Kinder-Interview: Voraussetzungen
• In der Regel werden Kinder dann
im Kontext einer Beratung oder Mediation konsultiert,
wenn die Kinder selbst
und beide Eltern damit einverstanden sein können
• Kinder sollen freiwillig teilnehmen
und – im Falle einer Ablehnung –
nicht gegen ihren Willen dazu gezwungen werden
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 30
Kinder-Interview: Voraussetzungen
• detaillierte Voraussetzungen
für eine Konsultation des Kindes
• ursprüngliche Fassung
von einem australischen Team
um und mit Jennifer McIntosh
• und zwar im Rahmen eines (Pilot-)Projekts:
„child-inclusive divorce mediation“

J McIntosh (2000). Child-inclusive divorce mediation: Report on a qualitative research study.
Mediation Quarterly, 18, 55 – 69. J McIntosh (2007). Child inclusion as a principle and as evidencebased practice: Applications to family law services and related sectors. AFRC Issues, 1, 1 – 23. JE
McIntosh & CM Long (2006). Children beyond dispute: A prospective study of outcomes from
child focused and child inclusive post-separation family dispute resolution. Final report. Canberra: Australian Government Attorney General’s Department. JE McIntosh, YD Wells & CM Long
(2007). Child-focused and child-inclusive family law dispute resolution: One year findings from a
prospective study of outcomes. Journal of Family Studies, 13, 8 – 25. JE McIntosh, DM Long &
YD Wells (2009). Children beyond dispute: A four year follow up study of outcomes from child
focused and child inclusive post-separation family dispute resolution. North Carlton: Family
Transitions
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 31
Kinder-Interview: Voraussetzungen
1. Die Eltern haben Trennungsabsichten
oder sind bereits getrennt bzw. geschieden
2. Die Differenzen und Auseinandersetzungen der Eltern enthalten
kind-bezogene Streitfragen
(finanzielle Meinungsverschiedenheiten
können zusätzlich vorliegen oder nicht)
3. Beide Eltern haben die ernsthafte Absicht,
den elterlichen Konflikt zu lösen
bzw. besser damit umzugehen
4. Beide Eltern
stimmen einer Konsultation ihres Kindes zu
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 32
Kinder-Interview: Voraussetzungen
5. Beide Eltern haben ein Verständnis
für die Immunität der gewonnenen Informationen
und können der Arbeitsbedingung zustimmen,
dieses Material nicht
in einem familiengerichtlichen Verfahren zu verwenden
(Dafür unterschreiben sie ein entsprechendes Revers)
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 33
Revers (für Eltern): Zeugnisverweigerungsrecht und Schweigepflicht
1. Die Eltern können anerkennen,
dass der Kinder-Interviewer
für den Fall eines Rechtsstreits zwischen den Eltern
ein eigenes Zeugnisverweigerungsrecht hat
2. Die Eltern verpflichten sich,
den Kinder-Interviewer weder einzeln noch gemeinsam
von seiner Verschwiegenheitspflicht zu entbinden
3. Die Eltern verpflichten sich außerdem,
die aus dem Kinder-Interview gewonnenen Informationen
nicht in einer (familien-)gerichtlichen Auseinandersetzung
und insbesondere nicht als Munition gegeneinander zu verwenden
München, den (Datum)
……………………………………
(Unterschrift der Mutter)
……………………………………
(Unterschrift des Vaters)
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 34
Kinder-Interview: Voraussetzungen
6. Das betroffene Kind ist im Schulalter.
(aber:
Für jüngere Kinder können
Modifikationen des Modells in Betracht kommen)
7. Das Kind ist über die Trennung
bzw. die Trennungsabsichten seiner Eltern aufgeklärt
8. Das Kind stimmt einer Teilnahme zu,
wenn es von seinen Eltern
und/oder vom Interviewer darauf angesprochen wird
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 35
Kinder-Interview: Voraussetzungen
9. Beide Eltern legen eine Bereitschaft an den Tag,
die Anliegen ihres Kindes anzuhören,
die eigene Sichtweise in Frage zu stellen
und darüber zu nachzudenken,
wie sie der Situation und den Anliegen ihres Kindes Rechnung
tragen können
10. Es kann deshalb angenommen werden,
dass das Kind von der Konsultation profitieren wird
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 36
Kinder-Interview: Voraussetzungen
11. Kinder,
die sich in einer therapeutischen Behandlung befinden,
werden nur dann beteiligt,
wenn das Interview nicht
mit der therapeutischen Arbeit interferiert
bzw. das Kind von der zusätzlichen Veranstaltung
nicht überfordert wird
12. Das Kinder-Interview wiederholt
keine andere professionelle Integration des Kindes,
wenn diese in der jüngeren Vergangenheit stattgefunden hat
(z.B. die Erhebungen im Rahmen
eines psychologischen Sachverständigen-Gutachtens)
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 37
Kinder-Interview: Voraussetzungen
• Kontra-Indikation:
• Eltern
mit ausgeprägter
Persönlichkeitsstörung
• weil ihre Absicht bzw. ihre Fähigkeit,
auf die Bedürfnisse ihrer Kinder
zu fokussieren
und/oder die Erfahrungen
des anderen Elternteils zu berücksichtigen,
massiv in Frage gestellt sind

M Friedman (2004). The so-called high-conflict couple: A closer look. American Journal of Family
Therapy, 32, 101 – 117
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 38
Kinder-Interview: Voraussetzungen
• sonstige
psychische Erkrankungen
(inklusive reaktiver Depression)
sollten von beiden Eltern
als behandelt
und deshalb als kontrolliert erlebt werden
• Nicht diagnostizierte
und nicht behandelte
psychische Erkrankungen
sind schlechte Voraussetzungen,
um von dieser kurzen Intervention
profitieren zu können.

JE McIntosh & CM Long (2006). Children beyond dispute: A prospective study of outcomes from
child focused and child inclusive post-separation family dispute resolution. Final report. Canberra: Australian Government Attorney General’s Department.
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 39
Kinder-Interview: Voraussetzungen
• sowohl freiwillige
als auch mandatierte Fälle
• d.h. auch Familien
mit sog. hoch-konflikthafter Scheidung
• aber:
• Exploration der Eltern
hinsichtlich häuslicher Gewalt
• Erfassung von Eltern
mit Fortsetzung
von Einschüchterung und Bedrohung
(sodass Überlegungen
zur physischen und psychischen Sicherheit der Eltern
angestellt werden können)
• Hier können
separate Formate und shuttle-Verkehr
in Frage kommen
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 40
Struktur und Agenda des Arbeitsprozesses
• Übersicht über den gesamten Arbeitsprozess
1. Vorgespräch mit Eltern und Berater(inne)n bzw. Mediator(inn)en
(Dauer zirka 1,5 Std.)
2. Auswertung des Vorgesprächs
und Vorbereitung des Kinder-Interviews
(Dauer zirka 0,5 Std.)
3. Kinder-Interview
(Dauer zirka 1,25 Std.)
4. Auswertung des Kinder-Interviews
(Dauer zirka 0,5 Std.)
5. feed-back an Eltern und Berater/innen bzw. Mediator(inn)en
inkl. Fragen und Diskussion
(Dauer zirka 1,5 bis 2,0 Std.)
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 41
Struktur und Agenda des Arbeitsprozesses
• Die Angaben zum zeitlichen Aufwand
gehen von einer Familie mit einem Kind aus.
• Bei hoch-konflikthafter Scheidung
bzw. bei einer Überweisung durch das Familiengericht
können separate Vorgespräche mit den Eltern
und auch separate Rückmeldungen
in Betracht kommen –
• und zwar insbesondere dann,
wenn die Eltern glauben,
sich nicht gemeinsam in einem Raum aufhalten zu können
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 42
Struktur und Agenda des Arbeitsprozesses
• Fiona Garwood (1990) aus einem schottische Projekt:
• laut eigener Auskunft haben die Kinder erwartet,
zu ihrer familiären Situation befragt zu werden
• aber:
• Unklarheit bzw. Unsicherheit
über Sinn und Zweck der Veranstaltung
(hinterher hat die Mehrheit der konsultierten Kinder
nicht erklären können,
warum das Interview veranstaltet worden ist)
• deshalb Sensibilisierung für
• Aufklärung des Kindes
• Agenda und Setting

F Garwood (1990). Children in conciliation: The experience of involving children in conciliation.
Family and Conciliation Courts Review, 28, 43 – 51
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 43
Kinder-Interview: vorbereitendes Gespräch mit den Eltern
• Erhebung der aktuellen familiären Situation und Verhältnisse
(einschließlich Lebensmittelpunkt des Kindes,
elterliche Arbeitsteilung, Umgangsregelung, usw.)
• Erhebung der Wünsche, Sorgen, Fragen und Differenzen der Eltern
hinsichtlich der kind-bezogenen Entscheidungen
• Exploration der Konfliktgeschichte (inkl. Beziehungsgewalt)
• Exploration der Motivation und der Ziele der Eltern
(Welche Antworten erwarten die Eltern vom Interview des Kindes?)
• Antizipation des „schlechtesten Falls“
(„Wie können Sie dann eine gute Mutter / ein guter Vater sein?“)
• Aufklärung der Eltern über die Dienstleistung,
ihre Voraussetzungen und ihre Grenzen
(mündlicher Bericht, Autorisierung durch das Kind,
Immunität der gewonnenen Informationen)
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 44
Kinder-Interview: vorbereitendes Gespräch mit den Eltern
spezielle Vorbereitungen mit den Eltern: Aufklärung des Kindes
• wer informiert das Kind ?
• wie wird das Kind informiert ?
• wer begleitet das Kind ?
• das Kind sollte wissen:
• wer der/die Interviewer/in ist
• wo das Interview stattfindet
• dass das Interview solo stattfindet
(ohne Geschwister und ohne Eltern)
• dass geredet wird
• was das Thema des Interviews ist
• dass das Kind nichts falsch machen kann
• dass das Kind die Erlaubnis der Eltern hat,
von der Familie zu erzählen
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 45
Kinder-Interview: Auswertung des Elterngesprächs
• Identifizierung der individuellen Sorgen der Eltern
• Identifizierung kritischer Punkte bzw. strittiger Fragen
(einschließlich der individuellen Positionen der Eltern)
• Herstellung einer Fall-Vignette
• Auswahl von Bildvorlagen
• schriftliche (Vor-)Formulierung
von mehreren nicht-suggestiven Fragen
• Auswahl von zwei, drei (kurzen) Testverfahren,
die an den Kontext des Kinder-Interviews angepasst worden sind
Arbeitsblätter 46
• Beispiele: Bären-Karten
© St. Luke's Innovative Resource (1992). The Bears.
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 47
Beispiel: Bildvorlage
© V Roseby & JR Johnston (1997).
High-conflict, violent, and separating
families: A group treatment manual
for school-age children. New York:
Free Press
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 48
Struktur und Agenda des Arbeitsprozesses
• Child-Parent Relationship Scale
• aus einem australischen Forschungsprojekt
• zur Erfassung der Wahrnehmung des Kindes
hinsichtlich der „emotionalen Erreichbarkeit“ seiner Eltern
• laut Forschung:
• emotionale elterliche Erreichbarkeit / Verfügbarkeit
ist ein bedeutsamer protektiver Faktor
für die Widerstandsfähigkeit des Kindes in schwierigen Zeiten
(Resilienz)


JE McIntosh (2003). Child-Parent Relationship Scale. Children in Focus Research Project. Unpublished
LP Katz & JM Gottman (1997). Buffering children from marital conflict and dissolution. Journal of
Clinical Child Psychology, 20, 434 – 438. A Slade (2005). Parental reflective functioning: An introduction. Attachement and Human Development, 7, 269 – 282
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 49
Struktur und Agenda des Arbeitsprozesses
• ein ursprünglich familientherapeutisches Verfahren
• „The Kvebaek Family Sculpture Technique“
• Erhebung
der wahrgenommenen emotionale Nähe bzw. Distanz
zwischen Kind und bedeutsamen Mitgliedern
seiner Herkunftsfamilie
• Das Verfahren wird im Kinder-Interview
in einer modifizierten Fassung,
d.h. als Papier-und-Bleistift-Verfahren,
angewendet.

R Cromwell, D Fournier & D Kvebaeck (1980). The Kvebaek family sculpture technique: A diagnostic and research tool in family therapy. Pilgrimage: Jonesboro.
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 50
Beispiele: Satz-Ergänzungen
• Ich wünsche mir, dass mein Vater …
• Ich wünsche mir, dass meine Mutter …
• Ich wünsche mir, dass ich …
• Das Beste an der Trennung ist …
• Das Schlechteste an der Trennung ist …
• Ich kann es meiner Mutter nicht erzählen,
aber wenn ich es so haben könnte, wie ich es will, dann …
• Ich kann es meinem Vater nicht erzählen,
aber wenn ich es so haben könnte, wie ich es will, dann …
• usw.
HPB (2013). Die Stimme des Kindes – 51
eine große Schüssel mit
Popcorn
(in unbegrenzter Menge)
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 52
Struktur und Agenda des Kinder-Interviews
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 53
Struktur und Auftakt des Kinder-Interviews
1. Orientierung des Kindes
in der fremden Situation
2. Herstellung eines Rapports
mit Hilfe
eines „neutralen Themas“
(Hobby, Geburtstag, Ferien, Haustier,
usw. Schulische Kompetenzen
eignen sich nur dann, wenn sie das
Kind nicht beschämen)
3. Aufklärung über die Intention des themenzentrierten Interviews
und die Rolle des Kinder-Interviewers
(Erhebung der Anliegen des Kindes und Hilfe für die Eltern, damit diese
gute Entscheidungen treffen können, die auch für das Kind gut sind)
4. Aufklärung über die Vertraulichkeit
sowie über die Funktion der Mitschriften
(Die Autorisierung ist für den Schluss des Interviews vorgesehen)
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 54
Struktur und Auftakt des Kinder-Interviews
5. Beginn des themenzentrierten
Interviews
•
am besten mit Fragen zur
aktuellen Familiensituation
oder zu den aktuellen
Lebensverhältnissen
•
Beispiele:
•
„Jetzt erzähl mir doch einmal, wer alles zu Deiner Familie gehört?“
•
„Jetzt erzähl mir doch einmal, wer wo wohnt?“
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 55
Struktur und Auftakt des Kinder-Interviews
• anschließend:
Fragen zu den Lebensverhältnissen,
zum Lebensmittelpunkt und zu den Umgangskontakten
• Beispiel:
• „Erzähl’ mir doch jetzt einmal,
was Du am Wochenende alles mit Deinem Vater gemacht hast.“
• Es ist besser,
dem Kind thematisch die Führung zu überlassen,
indem das, was Bedeutung für das Kind hat,
im weiteren Verlauf aufgegriffen und vertieft wird.
• Es ist nicht sinnvoll, ein Programm zu absolvieren.
• Intimere Fragen nach dem Erleben des Kindes
und seiner Wahrnehmung der familiären Beziehungen
können später gestellt werden
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 56
Besonderheiten: Abhängigkeiten
• Aufmerksamkeit
für die Abhängigkeiten des Kindes:
• deshalb:
Erhebung der Erwartungen der Eltern
(in den Augen des Kindes):
Weißt Du, was Dein Vater will bzw. was Deine Mutter will?
• Beispiele:
• Was ist der größte Wunsch Deines Vaters / Deiner Mutter?
• Was wäre Dein größter Wunsch?
• Was würde der Vater ändern, wenn er allein bestimmen könnte?
• Was würde die Mutter ändern, wenn sie allein bestimmen könnte?
• Was würdest Du ändern, wenn Du allein bestimmen könntest?
• usw.
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 57
Besonderheiten: Präferenzen
• bei Positionierungen und Präferenzen des Kindes
• Anerkennung dieser Präferenzen
(„So wäre es für Dich am besten“)
• aber anschließend:
Erhebung der zweitbesten und drittbesten Lösung
(für den Fall, dass sich die beste Lösung nicht realisieren lässt)
• hiermit:
Sondierung der inneren Spielräume des Kindes
für integrative familiäre Lösungen
• auch:
• Erhebung der Erwartungen des Kindes
zur Reaktion von Eltern und Geschwistern
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 58
Besonderheiten: invariante Fragen
• Drei Wünsche ?
o zur Erhebung von Wünschen
zur Veränderung des status quo
• Wie sieht ein schöner Tag mit Deiner Familie aus ?
o (Was wäre dann? Was würdet ihr tun? Was wäre dann anders?)
o zur Prüfung von Hoffnung bzw. Hoffnungslosigkeit
• Welchen Rat würdest Du anderen Kindern geben,
was sie machen könnten ?
o zur Erhebung der Bewältigung (coping) des familiären Stresses
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 59
Auswertung des Kinder-Interviews
•
Es wird anvisiert,
mindestens die folgenden Fragen
beantworten zu können:
1. Wie nimmt das Kind die Trennung der Eltern
und die elterlichen Konflikte wahr und wie versteht es sie ?
2. Wie erlebt das Kind die jeweilige Eltern-Kind-Beziehung
(Fürsorge und emotionale Erreichbarkeit) ?
3. Welche Belastungen
und welcher entwicklungspsychologische Stress
sind für das Kind identifizierbar ?
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 60
Auswertung des Kinder-Interviews
4. Wie lautet der zentrale Konflikt des Kindes
(einschließlich der Unterscheidung
von latenter Konfliktlage, coping und manifestem Verhalten) ?
5. Welche Einstellung und welche Anliegen hat das Kind
hinsichtlich seiner Lebensverhältnisse
einschließlich der Umgangsregelung ?
6. Hat das Kind Hoffnungen für eine bessere Zukunft
und, wenn ja, welche ?
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 61
Auswertung des Kinder-Interviews
7. Welchen entwicklungspsychologischen Bedürfnissen des Kindes
sollte bei den Konfliktlösungen
besonders Rechnung getragen werden ?
8. Welche inneren und äußeren Ressourcen
stehen dem Kind in dieser familiären Situation zur Verfügung ?
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 62
Auswertung des Kinder-Interviews
• Die auswertenden Fragestellungen sind vor allem dazu da,
die Rückmeldung an die Eltern zu organisieren:
• die Anliegen und Fragen des Kindes zu erfassen
• ein entwicklungspsychologisches
und familiendynamisches Konfliktverständnis
der Situation und des Verhaltens des Kindes zu entwickeln
• eine Prognose zur Anpassung des Kindes
an die Trennungsfolgen formulieren zu können

Für detailliertere Auswertungen kann auf Zusammenstellungen in der Literatur zurückgegriffen
werden. Vgl. JR Johnston & V Roseby (1997). In the name of the child: A developmental
approach to understanding and helping children of conflicted and violent divorce. New York:
Free Press. J McIntosh (2007). Child inclusion as a principle and as evidence-based practice:
Applications to family law services and related sectors. AFRC Issues, 1, 1 – 23
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 63
Rückmeldung an die Eltern
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 64
• Feedback-Sitzung mit den Eltern
(und mit den Berater(inne)n)
• Die Rückmeldung an die Eltern
hat eine komplexe Choreographie
• Der/die Kinder-Interviewer
kann als „Anwalt des Kindes“ auftreten
• Die Berater/innen können die Eltern
beim Verständnis und bei der Assimilation
der neuen Informationen unterstützen
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 65
Feedback-Sitzung mit den Eltern


1. Formulierung
der zentralen
Konflikterfahrung
des Kindes
2. Einführung
von Forschungswissen
zur Formulierung
einer Prognose
3. Bericht
über das aktuelle
Erleben des Kindes
6. Verschiebung
der Schuld
von den Personen
auf die
elterliche Beziehung
5. Einführung
der Notwendigkeit
einer Reduktion
des Konflikts
4. Exploration
der Wünsche und Ziele
der Eltern
für die Entwicklung
des Kindes
7. Definition
der Kriterien
für die
elterliche Allianz
8. Entwicklung
eines
Arbeitsbündnisses
B Hewlett (2007). Accessing the parental mind through the heart: A case study in child-inclusive
mediation. Journal of Family Studies, 13, 94 – 103
HP Bernhardt (2011). Konfliktmanagement in der Zusammenarbeit mit hoch-konflikthaften
Scheidungsfamilien: 4. Kinder-Interview. Unveröffentlichte Seminar-Unterlagen
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 66
Feedback-Sitzung mit den Eltern (und den Berater(inne)n)
1.
Formulierung
des zentralen
Konflikts
des Kindes
1.1.
Formulierung
des beobachtbaren
manifesten
Verhaltens
des Kindes
(das den Eltern
bekannt ist)
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 67
Feedback-Sitzung mit den Eltern (reframing)
1.2.
Formulierung
der latenten Konfliktlage
des Kindes
(die den Eltern unbekannt ist)
1.3.
Erklärungen im Rahmen
von Entwicklungspsychologie
und Familiendynamik
1.4.
Formulierung
Hoffnungen des Kindes
(wenn es welche gibt)
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 68
Merkmale der Intervention
• strategische Einführung
eines Konfliktverständnisses des Verhaltens des Kindes
• Erklärungen der Beobachtungen und Erhebungen
im Rahmen von Entwicklungspsychologie und Scheidungsdynamik
• Verzicht auf Attacken auf die Eltern als Personen
(Fokus auf „schlechter Beziehung“ statt „schlechten Personen“)
• implizite Einführung des Konzepts der „elterlichen Allianz“
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 69
Feedback-Sitzung mit den Eltern
2. Einführung
von Forschungswissen
durch Formulierung
einer
entwicklungspychologischen
Prognose
2. Einführung von Scheidungsforschung:
•
Einführung einer entwicklungspsychologischen Risiko-Prognose
(Wahrscheinlichkeit)
•
explizite Einführung des protektiven Faktors „elterliche Allianz“
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 70
Die schlechte Nachricht:
Damit ist das Kind ein sog. Risiko-Kind
Es
mit
doppelt
sind
einer
bis vierfach
erhöhten Wahrscheinlichkeit
internalisierte Symptome
und/oder
externalisierte Auffälligkeiten
zu erwarten
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 71
Stephanie Paul & Peter S Dietrich (2006).
München: Deutsches Jugendinstitut
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 72
Stephanie Paul (2008).
München: Deutsches Jugendinstitut
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 73
Die gute Nachricht:
laut empirischer Scheidungsforschung
Kinder
profitieren
nachweislich
von den Bemühungen ihrer Eltern,
besser mit den Konflikten umzugehen
bzw.
die Konflikte zu lösen
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 74
Die gute Nachricht:
laut empirischer Scheidungsforschung:
protektiver Faktor
elterliche Allianz
(die elterliche Zusammenarbeit,
die wechselseitige Unterstützung,
das elterliche Team, usw.)
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 75
Feedback-Sitzung mit den Eltern
4. Exploration der Ziele der Eltern für ihr Kind
• Exploration der Eltern
hinsichtlich ihrer Wünsche und Ziele
für die Entwicklung des Kindes:
• Aufwachsen, Schule/Ausbildung, Sozialverhalten,
Selbstbewusstsein, zukünftige Partnerschaften,
Beziehung zu den Eltern, intergenerationelle Unterstützung, usw.
• Exploration der idealen elterlichen Vorstellungen
als ethische Referenzgröße
(dabei sollen die Eltern
mit der Diskrepanz von Wunsch und Realität in Kontakt kommen)
feed-back 76
Feedback-Sitzung mit den Eltern
Mit dieser Intervention
erübrigen sich
mahnende professionelle Zeigefinger
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 77
Feedback-Sitzung mit den Eltern
6. Verschiebung
der Schuld
von den Personen
auf die
(elterliche) Beziehung
6. Verschiebung der Schuld:
von den Personen auf die (elterliche) Beziehung
•
Input: „schlechte Beziehung“ statt schlechte Personen
•
Kontrolle der Vorwürfe, Anklagen und Schuldzuweisungen
und Kontrolle der Reaktivität
•
Einsatz von Interventionen,
die die personalisierende Sichtweise der Eltern überwinden helfen:
insbesondere mit Fokus auf Kündigung der „elterlichen Allianz“ !
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 78
Feedback-Sitzung mit den Eltern
7. Definition
der Kriterien
des elterlichen Teams
7. Definition der Kriterien der Kriterien des „elterlichen Teams“
•
implizite Einführung eines „beobachtenden Ichs“
bzw. eines reflektierenden Standpunkts
•
Erhebung und Visualisierung der individuellen Kriterien der Eltern
(inkl. reframing)
•
(elementare menschliche Bedürfnisse wie Höflichkeit und Respekt
Wunsch, eine „gute Mutter“ / „ein guter Vater“ zu sein
Wunsch, eine bedeutungsvolle Rolle im Leben des Kindes zu spielen
Anerkennung von guten Absichten)
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 79
Feedback-Sitzung mit den Eltern
• Zugunsten von ersten Schritten
zur Überwindung polarisierter elterlicher Sichtweisen
• ist es in vielen Fällen ausreichend,
wenn der Kinder-Interviewer die Erfahrungen des Kindes
innerhalb eines entwicklungspsychologischen Rahmens
präsentiert,
• sodass der elterliche Konflikt
auch aus der Perspektive des Kindes reflektiert
• und sich der Arbeitsprozess (von Beratung bzw. Mediation)
• nicht nur an den Standpunkten der Erwachsenen orientiert,
sondern auch kind-fokussiert gestaltet werden kann.
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 80
Forschung zum Kinder-Interview bei Trennung und Scheidung
• australische Studie
mit Erhebungen vor der Intervention,
sowie 3 Monate, ein Jahr und vier Jahre nach der Intervention
• 169 Fälle,
die sich im Lauf der Zeit auf 139 Fälle reduziert haben
• Alter der Kinder zum Zeitpunkt ihrer Partizipation:
mindestens 5 Jahre – höchstens 16 Jahre
• Vergleichsgruppe:
Familien mit Trennungs- und Scheidungsmediation
ohne Kinder-Interview und nur mit allgemeiner Aufklärung

JE McIntosh, CM Long & YD Wells (2009). Children beyond dispute: A four year follow up study
of outcomes from child focused and child inclusive post-separation family dispute resolution.
North Carlton: Family Transitions
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 81
Auswahl statistisch signifikanter Ergebnisse
für Trennungs- und Scheidungsmediation mit Kinder-Interview
trotz hohen Konfliktniveaus der Eltern
beim Eintritt in die Mediation
1. weniger spätere juristische Aktivitäten
hinsichtlich elterlicher Sorge und Umgangsregelung
2. eine geringere Quote der Rückkehr in die Mediation
3. mehr Übernachtungen beim Vater
4. eine größere Stabilität bei den Regelungen
zur elterlichen Sorge, zum Lebensmittelpunkt und zum Umgang
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 82
Auswahl statistisch signifikanter Ergebnisse
für Trennungs- und Scheidungsmediation mit Kinder-Interview
5. größere Zufriedenheit mit den Regelungen
(bei Vätern und Kindern)
6. größere Reduktion der elterlichen Feindseligkeit
(bei Müttern und Vätern)
7. größeres Zutrauen des Vaters in seine elterlichen Kompetenzen
8. besserer Umgang mit den elterlichen Meinungsverschiedenheiten
(wenn diese nach der Mediation entstanden sind)
9. geringer Einfluss einer neuen Partnerin des Vaters
auf die elterlichen Meinungsverschiedenheiten
10. mehr elterliche Rückmeldungen,
etwas über ihr Kind gelernt zu haben
hpb@mediation-ims.de (2013). Die Stimme des Kindes – 83
Auswahl statistisch signifikanter Ergebnisse
für Trennungs- und Scheidungsmediation mit Kinder-Interview
11. weniger elterliche Konflikte (in der Wahrnehmung des Kindes)
12. geringeres Gefühl des Kindes,
in der Mitte zwischen den Eltern gefangen zu sein
(„caught in the middle“)
13. geringeres Gefühl des Kindes,
unter den elterlichen Konflikten zu leiden
14. stärkere Gefühle der emotionalen Nähe des Kindes zum Vater
15. geringeres Niveau von Verhaltensstörungen beim Kind
Danksagung 84
Das ist
ein Foto
von
Janet
Johnston
ehemalige
Direktorin
für
Forschung
im
Center
for the
Family in
Transition
(Corte
Madera,
CA)
Meine
wichtigste
Lehrerin
in Sachen
Scheidungskinder
und
KinderInterview