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”IT’S A MINDLESS
KIND OF BLISS.”
Die Ausgangsposition: Fünf Österreicher begeben sich von L.A. aus auf
Entdeckungsreise nach Costa Rica...
zitat aus „in search of captain zero“:
„Es war ein mit Gras beladenes Motorsegelboot
namens ,Ranaʼ’, das Christopher und ich versenkten, nachdem uns 1982 die US-Küstenwache in
internationalen Gewässern vor der Nordküste von
Puerto Rico den Weg abgeschnitten und dann drei
Tage lang verfolgt hatte.“
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Wenn Österreicher auf Reisen
gehen, nehmen sie gerne ein
Stück Heimat mit
text michael ginthör photo jakob polacsek
… um dem Mythos der Surfer-Dudes
auf den Grund zu gehen. Die Mittel: jede Menge Film- und
Fotokameras, zwei großvolumige US-Offroader als fahrbare
Untersätze und der fatale Hang zu philosophischen Kurzschlüssen. Das Problem: die Angelegenheit zu finanzieren
und heil durch 7.000 Meilen Zentralamerika kommen. Aber
was soll’s? Surfing is showing grace under pressure. So viel
ist sicher.
Angefangen hatte alles als eine von unzähligen Tagträumereien an einem von L.A. Countys reichlich überbevölkerten Stränden. Es könnte in Topanga gewesen sein, schwer
zu sagen, oder in County Line, in einer ewig langen Pause
zwischen zwei Zweifuß-Sets mit der Wahl, entweder auch
noch die nächsten zwei Stunden nach Sonnenuntergang
dort totzuschlagen, um nicht in die Rush Hour zu geraten,
oder aber im „Dume Room“ ein paar Whiskey zur Brust zu
nehmen, bloß um dabei festzustellen, dass die Lakers auch
nicht mehr wären, wer sie mal waren, und danach im Auto
zu übernachten in der Hoffnung auf einen ÜberraschungsSwell am nächsten Morgen.
Jedenfalls wurde uns klar, dass City-Surf in Malibu auf
Dauer keine Lösung war. Zur Regeneration zwar durchaus
sinnvoll (eine frühmorgendliche Session vor einem langen
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zitat aus „in search of captain zero“:
„Im Laufe des Abendessens hatte ich vorsichtig
versucht, ihn darauf anzusprechen, wie es zu
dieser offentsichtlichen Veränderung seiner Verhaltensweisen und Gewohnheiten hatte kommen können. Aber er hat mich unterbochen und gemeint,
er wolle nicht darüber reden, wobei er noch mit
einer befremdlichen Entschiedenheit hinzufügte, er hätte durch Crack viel über sich gelernt.“
Nach Costa Rica
zu fliegen wäre
wahrscheinlich
angenehmer
Wenn die 7,2-Liter-Diesel-Maschine Durst hat,
kriegt die Reisekasse
ein großes Loch und
David schlechte Laune
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Arbeitstag hilft und nichts holt einen so schnell vom Alltagsstress wieder runter wie eine Sunset-Session, auch
wenn es nur vier Fuß sind), dennoch: Wahres Dudetum
liegt woanders – und zwar südlich.
Philipp hatte einen Plan parat. Er hatte seine Studien um
ein Jahr ausgedehnt, um ausgerechnet in Pepperdine, einer
veritablen Schnösel-Uni in Malibu, seinen MLA zu machen.
Und der Mann hatte noch weiter vorausgedacht: Nach Abschluss seiner Studien, so sein Kalkül, würde er nach Costa
Rica fahren, um sein Auto dort für das Doppelte des Kaufpreises zu verscherbeln. Damit, so die einfache Milchmädchenrechnung, kriegte er drei Monate Surf in Mittelamerikas bekanntlich delikaten Surf-Revieren gratis als Draufgabe, quasi zur Belohnung.
„Sicher, Dude, mach mal”, war eine Zeit lang mein
Standpunkt, zumindest so lange, wie ich Costa Rica mit
Puerto Rico verwechselte. Und zumindest so lange, wie ich
überhaupt keine ordentlichen Wellen brauchte, weil jeder
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Auch wenn Österreicher sonst
gut mit Schluchten können,
hier wird nur kurz gestoppt
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Surfing is showing grace
under pressure
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Auf einem Road Trip lauern
viele Gefahren
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Motel California
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Der Regenbogen der Großstadt
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Wir hatten von Anfang an Glück: In meinem Horoskop
für das Jahr stand: „Gehen Sie auf eine ausgedehnte Seenund Bäderreise.“ Das war schwer misszuverstehen. Als
zweites Auto neben Philipps höher gelegtem Toyota-Pickup organisierten wir uns einen Chevy Suburban mit einer
7,2-Liter-Dieselmaschine bei einer Reichweite von gut 1.000
Kilometern. Unser gesamtes Film- und Surf-Equipment fand
in dem motorischen Ungetüm mit knapper Mühe und Not
Platz.
Unsere Reisevorbereitungen waren schnell erledigt: Die
mexikanischen Federales, hatten wir gehört, ließen sich in
der Ausübung ihrer Tätigkeit gerne von Pornomagazinen
beeinflussen, also rüsteten wir uns dementsprechend aus.
Außerdem fälschten wir Eurosport-Presseausweise, um mittelamerikanische Autoritäten da und dort milde zu stimmen.
Edwin hatte noch ein paar alte CB-Funkgeräte herumliegen
und wir waren alle mit den Bandit-Klassikern „Auf dem
Highway ist die Hölle los“ um Burt Reynolds aufgewachsen.
Wenn die Funkgeräte auch nicht wirklich gut funktionierten,
waren sie immerhin ein nettes Detail am Rande und Übermittler Zitate hoher Filmkunst.
Auch unser Travel-Guide konnte sich sehen lassen: Wir
waren bei unseren Recherchen auf den amerikanischen
Surf-Literaten Allan Weisbecker gestoßen. Weisbecker hatte in den 70ern einen schwunghaften Grashandel zwischen
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Witches Rock nimmt
die Ösis mit offenem
Herzen in Empfang
Meter stehend auf dem Board schon ein Himmelsgeschenk
für mich war. Aber das änderte sich. Bald wurde aus Philipps Gebrauchtwarenhandel ein Foto-Trip, für den wir uns
einen Sponsor suchen wollten und schließlich – womöglich
hatten wir eine gar nicht mal so schlechte Session in Zero’s
oder Leo Carillo hinter uns, wir scheinen an jenem Abend
im „Dume Room“ jedenfalls durchaus guter Dinge gewesen
zu sein – wurde aus dem Ganzen ein Dokumentarfilmprojekt mit allem Drum und Dran: zwei Autos, zwei Kameras,
Unterwasser-Equipment, the whole nine yards.
Die Sache war in meinen Augen eine durchaus wasserdichte Angelegenheit, zumindest für einen Surffilm: Zwei
Autos in LA zu kaufen und sie in Costa Rica zu verkaufen
schien als Rahmenhandlung perfekt, schön einfach und irgendwie machbar. Und falls uns eine Katastrophe zustieß,
würde die Geschichte nur umso besser. Für mich war die
Sache in jedem Fall eine ideale Gelegenheit, meine filmischjournalistischen Ambitionen mit einem ausgedehnten SurfTrip zu vereinbaren. Eine Win-win-Situation wie sie im Buche steht.
Und das sahen wohl auch unsere Sponsoren so: Viel
Geld gab's nicht für das abenteuerliche Unternehmen, aber
gerade genug, um das Ding mit Ach, Krach und einem dicken Bankminus durchziehen zu können. Die Dinge nahmen
ihren Lauf: Edwin, mit dem ich gerade an einem anderen
Filmprojekt arbeitete, nahm sich ein Herz, und David hatte
ohnehin fürs Erste die Nase voll von seinen Werbefilmen für
Wallmart & Co. Philipp brachte aus der alten Heimat noch
Jakob mit. Der wiederum hatte als einer der wenigen Österreicher Surf-Erfahrung auf allen Kontinenten bis auf Amerika. Es war also für ihn höchste Eisenbahn, den Deckel mal
draufzumachen.
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Frische Hühner an jeder
Ecke
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Surf Chick in
Pavones
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Stylo-Mexiko
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Siesta mexicana
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Durstiger Pick-up
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Nach diesem Fototermin
war die Kamera weg..!
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Jakob im Selbstporträt
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Muchacho chiquito
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Baja-Ferries
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Der Staub der Straße
wäscht sich am besten in
der Tube ab
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In Puerto Escondido beißt
nicht nur die Welle
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Selbst ist der Mann
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Michi sucht sein Feuerzeug
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Baja-Kaktus
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Offroader
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Palenque-Tempel
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Kamerafahrt
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Edwin und der spanische
Ex-Pro Pablo bereiten die
Stullen für die Fahrt vor
New York und Kolumbien betrieben, nur um
im Wasser zu bleiben. Und zwar solange, bis
ein gewaltiger Sturm sein Boot im Atlantik versenkte – mit 50 Tonnen Gras an Bord. Schaden: 200 Millionen Dollar. Weisbecker stieg
aus und heuerte bei „Miami Vice“ als Drehbuchautor an. Immerhin verfügte er über das
nötige Know-how.
Aber er hielt es in der Traumfabrik nicht lange aus; irgendwie musste er seinen Frieden
machen mit dem Ozean und den Idealen seiner Jugend. Also begab er sich auf einen SurfTrip nach Costa Rica und auf die Suche nach
seinem Ex-Geschäftspartner und Surf-Buddy
Christopher. Er fasste seine Reiseimpressionen
in dem Buch „In Search of Captain Zero“ zu-
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Cowboy Coffee to go!
Wagenburg in Baja California
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sammen – das Buch ist mittlerweile ein Klassiker und wurde gerade erst mit Sean Pann als
Allan Weisbecker unter der Regie von „Dogtown“-Regisseur Stacey Peralta verfilmt.
Wir benutzten es als Reiseführer, würden
Station machen, wo er Station gemacht hatte,
und nahmen uns vor, den guten Mann am
Ende unserer Reise zu besuchen, um mit ihm
über die sublimen psychologischen Sensationen des Surf-Sports zu palavern. Das, so dachten wir, würde unserer Reisegeschichte einen
netten Twist verpassen, die Sache etwas mit
Geschichte und Dramatik würzen und außerdem von durchaus journalistischem Wert sein.
Weisbecker wurde unser Colonel Kurtz, unser
Orientierungspunkt am Ende der Straße, ver-
steckt irgendwo tief unten in den schweigsamen Wäldern Mittelamerikas.
Unser Timing war perfekt. Wir brachten die
Wellen praktisch mit uns an die Breaks. Ein
verwirrter Trupp Kalifornier aus Santa Cruz hatte an einem Break im Norden Bajas gut drei
Wochen auf Swell gewartet. Als wir ankamen,
hatten sie gerade ihre letzte Ration psychedelische Pilze aufgebraucht. Die Wellen kamen
mit uns und mit uns gingen sie auch wieder.
Sorry, guys! Und wenn wirklich einmal Flaute
war, thematisierten wir das Warten als integralen Bestandteil des Surfer-Lebens filmisch. So
etwas wie die Anfangsszene in „Spiel mir das
Lied vom Tod“, in der ein Desperado eine Fliege mit dem Pistolenlauf fängt, schwebte uns
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Abend-Surf in Pavones
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Witches Rock
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Costa-ricanischer Turntable
Schließlich, als wir unser Strand-Stillleben
ausreichend gemolken hatten, belohnte uns
der Pazifik mit unserem letzten Nord-Swell für
eine ganze Weile. Wir gingen immer noch mit
den Rhythmen des nördlichen Pazifik synchron:
Winterstürme bei den Aleu-ten verursachten
vor: pure, zerdehnte, zähflüssige Zeit. Dabei
die Wellen, die wir im Süden Bajas genau wie
hätte der Film, ginge es nach Jakob, in seiner in Kalifornien die meiste Zeit über surften. Und
ganzen Länge so aussehen müssen: „Eigent- das bedeutete auch: Baja California ist – zuminlich sollten wir einen Anti-Surf-Film machen, dest Anfang Februar – immer noch ein Kaltda haben wir à la long mehr davon.“ Stimmt wasserrevier. Wir kassierten zwar einen ordentschon, rein vom Badespaßfaktor war das Film- lichen Swell, aber es zog uns bald weiter nach
projekt kontraproduktiv: Je besser die Footage, Süden. „Definitely trunkable“ heißt das Zaudesto mehr Menschen finden sich früher oder berwort – Wellenreiten in Badehosen statt in
später im Wasser. Und je besser die Wellen,
Wetsuits.
desto mehr Kameradienst.
Es ist ein steiniger Weg von Baja nach PuerWir mussten uns erst mal an den Rhythmus to Escondido im Süden Mexikos, in der Provinz
des Ozeans gewöhnen. Und das heißt aufste- Oaxaca gelegen. Baja ist noch durchaus „amehen in der Morgendämmerung, weil gegen
rikanisiert“, so etwas wie der Hinterhof von
zehn Uhr der Wind einsetzt. Bajas Nächte sind San Diego, ein einziges Surf-Revier mit jeder
kalt, so kalt, dass wir zu dritt in einem Zweimann-Zelt schliefen und zwar freiwillig – seither nannten wir uns Los Hermanos Calientes
(die warmen Brüder).
Menge Mex Juice für gelangweilte California
Dudes. Mainland Mexico hingegen ist eine wildere, originalere Gegend. Eine Gegend mit jeder Menge Horrorgeschichten, die allerdings
wiederum meist von Amerikanern stammen.
Selbst Weisbecker scheint einem Überfall laut
eigenem Zeugnis nur knapp entgangen zu sein.
Und auch die Big Wave Crew von Mavericks
auf dem Weg zum Tow-in-Surfen in Puerto hatte ordentlichen Respekt vor der Etappe. Bandit
Alley heißt ein Teilstück. „Wir fuhren nur tagsüber“, schrieb Big-Wave-Schwergewicht „Skindog“ Collins, ansonsten ein Mann ohne Nerven, „bad boys don’t get up early.“
Die Bandit Alley wurde ihrem Namen nicht
gerecht. Ganz im Gegenteil, ein kaputter Thermostat, repariert für acht Dollar – mehr Drama
war nicht. Der notorisch kalifornische Hang zur
Übertreibung scheint für den Mythos verantwortlich zu sein. Vielleicht auch nicht. Egal, wir
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Pavones Aerial
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Bist du Captain Zero?
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Party Time – Florian
schaut tief ins Glas
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Michi im Chevy
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Crazy Mushrooms
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David und Edwin – pure,
zerdehnte, zähflüssige Zeit
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Die Filmcrew Ed, Michi
und David in Palenque
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näherten uns Puerto Escondido, dem Surf-Epizentrum Mittelamerikas, dem härtesten und
schnellsten Beach-Break der Welt.
Puerto braucht einen Südswell. Eine halbe
Meile vor der Küste ist der Pazifik vor Puerto
noch anderthalb Meilen tief. Mit ungebremster
Wucht pressen sich die Wassermassen an den
Strand. Wir kamen gerade rechtzeitig zum ersten Südswell des Jahres. Die Wellen vor der
Playa Zicatela funktionieren wie Betonmischmaschinen: Sie saugen so viel Sand vom Meeresgrund, dass sie sich anfühlen wie ein Haus,
das zusammenbricht. Die Bilanz von Team
Austria war verheerend: ein Board kaputt, ein
Zeh angebrochen – Puerto war einfach eine
Nummer zu steil.
Und die Horrorgeschichten sind diesmal
nicht erfunden: In Puerto brechen sich Menschen das Genick! „Erst vor ein paar Jahren“,
erzählt uns Miguel Ramirez, der Mann, der die
unzähligen zerbrochenen Boards in Puerto wieder zusammenflickt, „ist ein Freund vor mir
hier gestorben. Es hat ihm einfach das Genick
abgerissen. Dabei war es nicht einmal groß:
sechs Fuß.“ Aber das kann schon reichen: Bei
Low Tide wird die Welle zu einer regelrechten
Guillotine. Miguel selbst geht nicht mehr raus.
Auch er hat sich seinen Nacken angeknackst.
Ein weiterer Wipe-out könnte auch für ihn das
Ende bedeuten. „Ich kann nur noch langsame
oder kleine Wellen surfen“, sagt er, „besser,
ich warte am Strand auf die zerbrochenen
Boards.”
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Weg vom Drogenschmuggler,
hin zum Longboard-Dude: Allan
C. Weisbecker in seinem Element
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zitat aus „in search of captain zero“:
„Der Wind hat sich gelegt, doch während sich
die Luft erwärmt, kommt ein leichter Zephir auf,
kitzelt die blauschwarze Meeresoberfläche und
vergeht dann in Küstennähe. Die frühe Morgenluft vermittelt das schwere, beklemmende Gefühl
der unentschlossenen Regenzeit...“
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Perfect
Pavones
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Playa
Negra
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Kickerduell gegen den Meister
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Nach einem bewegten Leben
gönnt sich Allan ein wenig
Entspannung
Puerto ist ein Fixpunkt im Leben eines Surfers, der auf sich hält. Ohne Puerto ist keine
Karriere vollständig. Selbst die Belle Etage
kommt immer wieder hierher zurück: Kelly Slater, Rob Machado, Sunny Garcia. Puerto bleibt
eine ewige Herausforderung und bringt immer
wieder ihre Legenden hervor: Coco Nogales
war der letzte Große; er tingelt mittlerweile mit
dem Big-Wave-Zirkus durch die Lande. Oscar
Moncada und David Rutherford Marquez sind
die jungen Wilden. Wer an der Playa Zicatela
aufwächst, braucht Hawaii nicht zu fürchten.
Die härtesten Wellen, die längsten Nächte, die
tiefsten Tubes gibt es vor der Haustür.
Für uns fing der heiße Ritt nach Puerto erst
so richtig an: Guatemala, Honduras, El Salvador, Nicaragua – alles klingende Namen, aber
auch mit dem gewissen Unsicherheitsfaktor
versehen. Gerade zwei Wochen vor unserer
Abreise waren zwei Touristen als vermisst gemeldet worden. Während Guatemala noch
nach gepflegtem Kulturtourismus, ein paar
harmlosen Steuerflüchtigen und internationalen Sprachschulen roch – man konnte hier
und da sogar einen ordentlichen Espresso bekommen –, wurde es weiter im Süden immer
schlimmer. Unser Zimmernachbar in Honduras
trug einen Revolver so groß wie ein Unterarm,
sein Gesicht zeigte Spuren von Missbrauch aller möglichen Substanzen, wir hatten ein Zim-
mer in einem ehemaligen Gefängnis und ich
konnte den Hausherren in gebrochenem Spanisch gerade noch davon abhalten, uns über
Nacht einzuschließen. Allein der Gedanke war
ein Horror. Über dem Bett hing ein verbeulter
Spiegel, auf dem Nachttisch waren ein paar
Kondome aufgefädelt. Das ganze Szenario hatte den freundlichen Charme eines mittelamerikanischen SM-Kerkers. Wir machten uns so
schnell wie möglich vom Acker.
Die Sache wurde nicht viel besser, vom pittoresken Charme Zentralamerikas einmal abgesehen: Viehherden, Geier, schlechte Straßen,
immer wieder ausgebrannte Lkw-Kadaver am
Straßenrand. Dazu der Lagerkoller und die Hitze, ständige Diskussionen mit irgendwelchen
Polizisten oder Soldaten. Keine große Sache,
eben Unannehmlichkeiten: hier ein paar Lempiras, dort ein paar Dollar – überflüssig zu erwähnen, dass es um unsere Finanzen nicht
zum Besten stand.
Irgendwie schlugen wir uns schließlich bis
nach Costa Rica durch, das gelobte Land: die
Schweiz Mittelamerikas. Die schlechte Nachricht war: Autos ab einem gewissen Alter wurden mittlerweile mit einer Importsteuer von 95
Prozent belegt. Sah ganz so aus, als wären ein
paar Schlaumeier vor uns schon auf die gleiche
Idee gekommen. Wir konnten froh sein, wenn
wir die Karren ´überhaupt an den Mann brach-
ten. Für unser „For Sale“-Poster benutzten wir
ein Foto, das den Chevy vor einem Duty-FreeShop zeigte – Galgenhumor oder eine besonders durchtriebene suggestive Marketingstrategie? Nach drei Monaten unterwegs kannten
wir den Unterschied selbst nicht mehr.
Dabei hatten wir noch nicht einmal die Hälfte unserer Mission erfüllt: Das illusorische Ziel,
irgendwo unter besonders günstigen Verhältnissen rein zufällig gebarrelt zu werden, hatten
wir uns mittlerweile aus dem Kopf geschlagen.
So einfach war die Sache nicht. Allan Weisbecker zu erreichen schien auch nicht ohne
Weiteres möglich: Irgendwie schienen die Telefonnetze im Dschungel vorübergehend zusammengebrochen zu sein. Wir machten uns auf
gut Glück auf die Reise an den südlichsten Zipfel Costa Ricas, hart an der Grenze zu Panama.
Pavones heißt der Ort: eine Cantina, zwei
Mini-Mercados, ein Telefon im ganzen Ort.
Dafür der längste Point Break der nördlichen
Hemisphäre: Fast eine Meile lang bricht die
Linkswelle an guten Tagen vom Point bis in
die übernächste Bucht. Und wir hatten den
notwendigen Swell selbstredend mitgebracht:
Endlos lange Rides, tropische, hypnotische
Atmosphäre... und schließlich gab sich sogar
Weisbecker die Ehre!
Nach drei Monaten Mittelamerika und ein
paar epischen Surf-Sessions hatten wir ihn
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Die gefürchtete Bandit Alley
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schließlich ausfindig gemacht, at the end of
the road: einen eleganten Herren in den besten
Jahren, einen Grandseigneur des Dudetums,
einen Stilisten auf dem Board und im Leben.
„Es gibt einen Punkt auf der Welle”, sagt er,
„an dem alles so ist, wie es sein soll. Ein meditativer Moment, man verliert den Sinn für Zeit,
das Gehirn wird völlig leer.“
Der Fachausdruck ist Vergegenwärtigung.
Weisbeckers Zuhause ist kein Ort, es ist ein Zustand, ein Zeit-Raum-Kontinuum, ein Moment
völliger Harmonie und Synchronizität mit den
Zyklen der Natur. Eini-ge dieser Momente teilten wir mit dem alten Meister und in diesen
Momenten wurde uns auch klar, worum es
sich bei unserer Forschungsreise in die Geheimnisse des Surf-Sports eigentlich gedreht
hatte. Jedenfalls um nichts, was man in Worten so leicht ausdrücken könnte. „Ich will nicht
wie ein Idiot klingen”, sagt Weisbecker, „es
gibt Dinge, die besser ungesagt bleiben. Was
soll man auch über einen Moment sagen, in
dem nichts in deinem Gehirn vorgeht? Der
Zauber wie in so vielen Dingen liegt im Tun. It’s
a mindless kind of bliss.”
Die schlechte Nachricht war: Von einer philosophischen Erkenntnis konnte nicht wirklich
die Rede sein. Die gute Nachricht: Das wenigstens hatten wir auf Band. Irgendwie hatten wir
von vornherein daran gezweifelt, so etwas wie
des Pudels Kern zu finden. Der Prozess zählt,
nicht das Resultat. Es ist alles Teil einer größeren, universellen Gleichung mit Variablen wie
Kosmos, Cash und Karma. Sich auf dem richtigen Punkt in der Welle zu befinden und einfach
nur den Ride zu genießen, genügt sich selbst
und mehr ist schlicht auch nicht zu holen. Und
so brachten wir auch unsere Autos nicht mit
der ultimativen Gewinnspanne an den Mann,
aber wir konnten zufrieden sein: Das Geld würde in die Fertigstellung des Films fließen. Immerhin war ein Italiener namens Aldo so richtig glücklich auf seiner Jungfernfahrt mit dem
alten Suburban: Und das wiederum bedeutete
eine Menge Karma-Punkte für uns. What goes
around comes around.
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Ösi-Power in Santa Teresa
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Das Nullsummenspiel
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On the road again
”IT’S A MINDLESS
KIND OF BLISS.”
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Allan C. Weisbecker
Nachdem der Film Zen&Zero beim x-dance Filmfestival in den USA ordentlich Preise in den Kategorien beste Regie und
bestes Buch abgeräumt hat, wird am 13. Mai die Europapremiere in München gefeiert. Im Anschluss an die Premiere wird
Zen&Zero weitere drei Wochen im Kino des Neuen Forums am Deutschen Museum in München zu sehen sein. Infos hierzu findet ihr unter www.zenandzero.com.
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