Typografie - Bildnerische Gestaltung
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Typografie - Bildnerische Gestaltung
Kantonsschule Enge BG-Arbeitsblätter Bildnerische Gestaltung / Projektketten DTP + SBT / Mario Leimbacher / bg.ken.ch / lem@ken.ch Seite 10 Typografie und Schriften Antiquaschriften A A A A A A Serifen Herkunft Antiqua (lat. antiquus „alt, einstig“) bezeichnet Schriftarten mit unterschieldichen Strichdicken und abschliessenden Endstrichen, den Serifen. Die unterschiedlichen Strichdicken stammen einerseits von den in Stein gemeisselten Schriften, wo die unterschiedlich breiten Meisselspitzen je nach Lage und Führung unterschiedliche Rillen erzeugten. Am Schluss einer Rille wurde als sauberer Abschluss oft eine Querrille geschlagen (Serife). Andererseits erzeugt auch die Feder (Füllfeder, Stahlfeder oder Gänsekiel) je nach Schreiblage und Druck unterschiedliche Strichdicken. Verwendung Die Antiquaschriften und ihre Mischformen sind die meistverwendeten Schriftarten in den westlichen Printmedien und gedruckten Texten. In langen Texten ermüden die Antiquaschriften das Auge weniger beim Lesen. Antiquaschriften gelten als: positiv: traditionsbewusst, seriös, distinguiert, wohlhabend negativ: ältlich, kompliziert, umständlich, antiquiert, verstaubt Times New Roman Bodoni MT Garamond Garamond Allegro Rockwell Seite aus De Aetna; gedruckt 1495 bei Aldus Manutius in Venedig Kantonsschule Enge BG-Arbeitsblätter Bildnerische Gestaltung / Projektketten DTP + SBT / Mario Leimbacher / bg.ken.ch / lem@ken.ch Seite 11 Antiqua- und Frakturschriften Textbeispiele: NZZ Zürich 2003 Tages Anzeiger, Zürich 1914 Gummibärchen Tages Anzeiger, Zürich 2009 Freilebende Gummibärchen gibt es nicht. Man kauft sie in Packungen an der Kinokasse. Dieser Kauf ist der Beginn einer fast erotischen und sehr ambivalenten Beziehung Gummibärchen-Mensch. Zuerst genießt man. Dieser Genuß umfaßt alle Sinne. Man wühlt in den Gummibärchen, man fühlt sie. Gummibärchen haben eine Konsistenz wie weichgekochter Radiergummi. Die Tastempfindung geht auch ins Sexuelle. Das bedeutet nicht unbedingt, daß das Verhältnis zum Gummibärchen ein geschlechtliches wäre, denn prinzipiell sind diese geschlechtsneutral. Nun sind Gummibärchen weder wabbelig noch zäh; sie stehen genau an der Grenze. Auch das macht sie spannend. Gummibärchen sind auf eine aufreizende Art weich. Und da sie weich sind, kann man sie auch ziehen. Ich mache das sehr gerne. Ich sitze im dunklen Kino und ziehe meine Gummibärchen in die Länge, ganz ganz langsam. Man will sie nicht kaputtmachen, und dann siegt doch die Neugier, wieviel Zug so ein Bärchen aushält. (Vorstellbar sind u.a. Gummibärchen-Expander für Kinder und Genesende). Forscherdrang und gleichzeitig das Böse im Menschen erreichen den Climax, wenn sich die Mitte des gezerrten Bärchens von Millionen Mikrorissen weiß färbt und gleich darauf das zweigeteilte Stück auf die Finger zurückschnappt. Man hat ein Gefühl der Macht über das hilflose, nette Gummibärchen. Und wie man damit umgeht: Mensch erkenne dich selbst! Jetzt ist es so, daß Gummibärchen ja nicht gleich Gummibärchen ist. Ich bevorzuge das klassische Gummibärchen, künstlich gefärbt und aromatisiert. Mag sein, daß es eine Sentimentalität ist. Jedenfalls halte ich nichts von neuartigen Alternativ-Gummibärchen ohne Farbstoff (»Mütter, mit viel Vitamin C«), und auch unter den konventionellen tummeln sich schwarze Schafe: die schwarzen Lakritz-Bärchen. Wenn ich mit Xao im Kino bin, red ich ihm so lange ein, daß das die besten sind, bis er sie alle ißt. Sie schmecken scheußlich und fühlen sich scheußlich an. Dagegen das schöne, herkömmliche Gummibärchen: allein wie es neonhaft vom Leinwandleuchten illuminiert, aber ganz ohne die Kühle der Reklameröhren! Die nächste prickelnde Unternehmung ist das Kauen des Gummibärchens. Es ist ein Katz-und-Maus-Spiel. Man könnte zubeißen, läßt aber die Spannung noch steigen. Man quetscht das nasse Gummibärchen zwischen Zunge und Gaumen und glibscht es durch den Mund. Nach einer Zeit beiße ich zu, oft bei nervigen Filmszenen. Es ist eine animalische Lust dabei. Was das schmecken angeht. wirken Gummibärchen in ihrer massiven Fruchtigkeit sehr dominierend. Zigaretten auf Gummibärchen schmecken nicht gut. Anführen sollte man auch noch: manche mögen die Kantonsschule Enge BG-Arbeitsblätter Bildnerische Gestaltung / Projektketten DTP + SBT / Mario Leimbacher / bg.ken.ch / lem@ken.ch Seite 12 Groteskschriften AO A A A A A Arial Gill sans Franklin gothik Bauhaus Futura Herkunft Grotesk bezeichnet Schriftarten mit einfachen, geometrischen Grundformen ohne wesentliche Strichdickenunterschiede. Der Begriff grotesk kommt von «seltsam, grotesque (franz.), wunderlich, grillenhaft, sonderbar, verzerrt, überspannt (aus ital. „grottesco“)». Diese negative Bezeichnung stammt aus dem Beginn des 20 Jh., als für gedruckten Text vorwiegend Antiquaund Frakturschriften verwendet wurden, und die Verwendung von neuen, einfachen Schriften einer neuen Typografengeneration (Bauhaus) als «grob» verurteilt wurde. Ursprünglich basierten die ersten griechischen und römischen Steininschriften wie die radikalen Groteskschriften auf einfache, geometrische Grundformen. Verwendung Groteskschriften sind geeignet für Titel, Schlagzeilen, da sie sich einfacher verändern lassen. In langen Texten ermüden die Groteskschriften das Auge beim Lesen. Groteskschriften gelten als: positiv: modern, funktional, sec, einfach, kühl, radikal negativ: billig (Boulevard), simpel, schnellebig, unseriös Kantonsschule Enge BG-Arbeitsblätter Bildnerische Gestaltung / Projektketten DTP + SBT / Mario Leimbacher / bg.ken.ch / lem@ken.ch Groteskschriften Textbeispiele: Seite 13 Kantonsschule Enge BG-Arbeitsblätter Bildnerische Gestaltung / Projektketten DTP + SBT / Mario Leimbacher / bg.ken.ch / lem@ken.ch Seite 14 Schreibschriften (Schnüerlischrift) A A Bradley Hand ITC A C721-Script Schreibschriften (Handschrift, Schnürlischriften) stammen aus der manuellen Handschrift und werden selten als Schriften für gedruckten Text verwendet. Da sie im Gegensatz zur richtigen Handschrift immer Abstänmde oder Unterbrüche zwischen den Buchstaben aufweisen und viel regelmässiger als richtige Handschrift erscheinen, täuschen sie nur schlecht darüber hinweg, dass sie auch aus fertigen Typen bestehen. Schreibschriften sollen eine persönliche Note geben und für Individualität und persönlichen Ausdruck stehen. DF Caligra Frakturschriften A A A Frakturschriften stammen aus der Zeit der Kalligrafie mit der Feder (Stahlfeder, Gänsekiel, Rohrfeder). Sie entstand um das 16. Jh. Die Fraktur (Fraktur=Bruch) entsteht, wenn ein aprupter Richtungswechsel ohne Bogen vorgenommen wird. Die Frakturschrift hat wie die Antiquaschrift häufig Serifen, die als Abstrich, als Anfangsstrich oder letzter Druck mit der Feder gesehen werden können. Häufig werden einzelne Linien doppelt geführt, was bei starkem Druck mit der Feder geschieht, wenn keine Tinte mehr zwischen den Federseiten fliesst. Frakturschriften werden heute fast ausschliesslich als Designschriften mit spezifischen Aussagen verwendet: Fraktur Old London EmbossedBlack - Zeitschriftentitel (traditionelle Verwendung als CD) - Musikszene, Heavy Metall, Punk u.a.