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AKTUELLES Bändchen - Wahn Livestrong, StandUp-SpeakUp, MakePovertyHistory - Das Angebot an Armbändchen ist derzeit schier unermesslich. Doch ist dieser Modetrend sinnvoll? Oder nur etwas für Schwache, die sich damit beweisen müssen? Zwei RAZ-Redakteure haben sich mit diesem Thema beschäftigt und Pro und Contra der bunten Bändchen abgewogen. Mal wieder ein Trend, der aus den USA zu uns rübergeschwappt ist. 40 Millionen Armbänder allein von Livestrong wurden bisher verkauft. Die 5 Millionen Exemplare des StandUp-SpeakUp-Armbands sind auch schon alle über die Ladentheke gegangen. Die Armbänder sind eine großartige Möglichkeit, eine Kampagne bekannt zu machen, jedoch wurde dies bereits gnadenlos überreizt. Inzwischen gibt es Bänder zu allem, Bänder mit „Be yourself“, „Carpe diem“ oder „Angel“, man kann sich sogar seine eigenen Armbändchen drucken lassen. Auch freut man sich in gewisser Weise, einen Mitmenschen zu sehen, der dasselbe Armband trägt wie man selbst, vorausgesetzt, der Träger ist sich der Aussage seines Bandes bewusst und Moritz Homann trägt es nicht nur, weil es zum seinem grünen Hemd passt. Leider gerät die Aussage der Armbänder immer mehr in den Hintergrund, schwachsinnige Bänder mit Aufdrucken wie „Princess“ oder „Angel“ werden getragen, hinter denen keine Botschaft, keine Organisation steht. Die Bänder sind in, also kauft man sich eins, am besten in der Lieblingsfarbe oder in allen Farben, damit man variieren kann. Andererseits kann man auch seine Einstellung wechseln Pro Man sieht sie immer häufiger – Menschen, die diese Armbänder tragen. Doch inwiefern sind sie wirklich von der Idee überzeugt, die dahinter steckt? Wollen sie durch das Tragen dieser Armbänder ernsthaft dazu beisteuern, dass Menschen geholfen wird? Dies trifft kaum zu, denn viele Jugendliche sind sich kaum im Klaren darüber, wogegen sich ihr Armband denn genau richtet. Man nehme beispielsweise ein weit verbreitetes Exemplar, das so genannte „StandUP – SpeakUP“- Armband von Nike. Nike nahm sich vor, u.a. auf Initiation von Prominenten (z.B. von Thierry Henry), eine Aktion gegen Rassismus im Fußball ins Leben zu rufen. Mit dem Verkauf dieser schwarz-weißen Bändchen, die – in einander geschlungen - das gewaltfreie und freundschaftliche S on Rietberg Zusammenspiel und –leben von Schwarz und Weiß im Fußball symbolisieren sollen, wollte man ein deutliches Zeichen gegen den Rassismus setzen und diejenigen Organisationen unterstützen, die ihn bekämpfen. Dadurch, dass viele Menschen mit diesem Zeichen um das Handgelenk gemeinsam der restlichen Welt zeigen sollten, dass sie sich gegen Rassismus zur Wehr setzten, wollte man klarstellen, dass man die Ansichten einer sehr kleinen Minderheit entschieden be- Contra - 30 - wie seine Unterwäsche: Montags bin ich gegen Rassismus, kämpfe und sie nicht toleriere. So weit die Theorie. dienstags der edle Spender der Livestrong-Krebsstiftung, Doch in der Praxis sieht vieles anders aus. Was einstmals am Mittwoch helfe ich den Armen in der Welt. Das ist mit dem Auftreten der ersten Nike – und Livestrong - Armnatürlich nicht Sinn der Sache. bänder begann, mit deren Erwerb man die Krebsstiftung Ein sog. „Charity-Armband“ kann einen selbst auch täglich von Lance Armstrong unterstütze, entwickelte sich recht dran erinnern, dass Rassismus und Armut in der Welt weit schnell zu einer Mode-Erscheinung, die heute kaum noch verbreitet sind. Natürlich hört man von den Natur- und wegzudenken ist. Überall sieht man Menschen, die sich mit Hungerkatastrophen oft in den Nachrichten und spendet diesen Armbändern schmücken, in bunten und fröhlichen dann mal beim Tsunami, mal beim Hurrican Rita einen Farben, oft trägt man zur Zierde auch einfach mehrere an kleinen Betrag. Doch mit einem Armband am einem Armgelenk. Oder man kombiniert sie geHandgelenk, das für eine gewisse Sache steht, schickt mit der Farbe der Kleidung und erscheint fühlt man sich jeden Tag daran erinnert, zuso als modebewusst. mindest auf die Homepage der Organisation zu Dadurch verlieren die Bänder aber immer mehr gehen, um zu sehen, was es Neues gibt, sich an ihren moralischen Wert. Erst recht, seitdem auch Unterschriftenaktionen zu beteiligen oder ähnandere Firmen den Markt mit Silikonbändchen liches. Im Optimalfall trägt man nicht einfach überschwemmen, die keine gemeinnützige Aktinur sein Band, man steht voll dahinter. on unterstützen, sondern schlicht und ergreifend Doch die Grundidee ist eine gute: Bekannte die Modewirksamkeit bestimmter Jugendlicher Promis und Sportler tragen ihr Bändchen in der vergrößern sollen. Diese Bänder, auf denen man Öffentlichkeit, jeder hat schon mal einen Radden Schriftzug „sexy“ oder „friends“ wiederfindet, fahrer mit dem gelben Livestrong-Band gesetragen zudem durch ihre Unbedeutendheit noch hen und sich gefragt, was das eigentlich ist. Die Lance Armstrong mehr zur Zerstörung des Mythos der HilfsbereitKampagne wird bekannt. Viele wollen auch ein schaft bei und lassen jemanden, der ein LivestArmband, wie es ihr Idol hat. Und nimmt man als Verrong - Armband trägt, ebenso als Mode-Opfer erscheinen kaufspreis für das Livestrong-Armband 1 $ an, hat die wie den Träger eines x-beliebigen anderen, aber sinnfreien Armband-Kampagne bereits 40 Mio. Dollar eingebracht, Bandes. Der gute Zweck gerät dadurch vollkommen ins - 31 - Hintertreffen, auch weil viele aus Rücksicht auf den eigenen was kein schlechtes Sependenergebnis ist. Und durch jede Geldbeutel lieber eine Fälschung kaufen, anstatt das Original Spende wird die Aktion bekannter, vorausgesetzt, der teuer zu erstehen und damit auch zu helfen. Spendende trägt sein Armband in der Öffentlichkeit. Des Weiteren stellt sich die Frage, ob man seine HilfsbereitDoch nicht nur als Spende, sondern einfach als Mittel der schaft wirklich so an den Tag legen muss, dass es auch jedem Bekanntmachung ist ein schlichter Modeschmuck wie das ins Auge fällt. Will man damit öffentlich Eindruck schinden, bequeme Silikon-Armband sehr gut geeignet. Die Aktiandere Leute durch die eigene, immense Hilfsbereitschaft on „MakePovertyHistory“ (in Deutschland „Deine Stimbeeindrucken? Vielerorts dient das Tragen eines solchen me gegen Armut“, bekannt von den Live Aid-Konzerten) Bandes sicherlich auch zur Aufpolierung des eigenen Egos. setzt darauf, durch ihre weißen Armbänder die Aktion Vielleicht erhofft man sich dadurch einen besseren Ruf, weltweit so bekannt zu machen, dass das Augenmerk der mehr Anerkennung bei Freunden oder beim Vorgesetzten. Politiker darauf gelenkt wird. Die Kampagne wurde in Vielleicht will man damit auch einfach nur sein Gewissen England gegründet und hat ihre Ausleger in vielen andeberuhigen, indem man bei einer solchen Massenaktion teilren Ländern. Unterstützt wird sie von Prominenten wie nimmt, um nicht vor dem Fernseher zu sitzen George Clooney, Brad Pitt, Justin Timberlake, und sich angesichts unseres Überflusses die Frage Angelina Jolie, Bono, P. Diddy, Kylie Minogue stellen zu müssen, warum man diesen nicht mit oder Cameron Diaz. Schirmherr der deutschen den Armen der Dritten Welt teilt? Der Beitrag Tochterorganisation ist Herbert Grönemeyer, von zwei Dollar (so viel kostet z.B. das Livestan seiner Seite stehen Promis wie Lukas Porong – Bändchen) trägt sicherlich zur Hilfe bei, dolski, Claudia Schiffer oder Boris Becker. Im doch mit diesem geringen Betrag werden die Gegensatz zu den meisten Bändern geht es bei Probleme auf der Welt nur um einen winzigen MakePovertyHistory nicht darum, einmalig ein Bruchteil vermindert, man müsste schon einen Armband zu erstehen und damit die Organisatikonstant bleibenden Betrag dazu beitragen. Um on zu unterstützen, das ist nur ein kleiner Teil. Modebändchen wirklich etwas zu bewirken, müsste man dann Hauptsächlich soll die Kampagne bekannt weraber schon dutzende Bändchen kaufen und nicht den. Auf der Homepage finden sich zahlreiche nur ein einziges. Poster und sogar Vorträge, die man an seiner Schule über Viel wichtiger wäre es doch auch, andere Menschen durch die Organisation halten kann. Man wird aufgefordert, PlaArgumente zu überzeugen, anstatt sie durch die Überpräkate aufzuhängen oder gar Gebäude einzuwickeln, wie senz der Armbänder zum Kauf eines eben solchen zu verleiin England oder Irland schon vielerorts geschehen. Die ten. Dies würde dann oft nur aus modebedingtem MitläuferOrganisation setzt sich für wirtschaftliche Gerechtigkeit, tum geschehen und nicht, weil man durch den anderen von Schuldenerlass für arme Staaten und bessere Unterstütder Idee überzeugt worden wäre. Wenn man aber andere zung ein. Mittel zum Zweck ist ein kleines, unscheinbares, argumentativ dazu bringen würde, sich für die Probleme weißes Armband. Doch es funktioniert. der Welt zu engagieren, so würde das eher dazu führen, dass Die Armbänder mit Aufdrucken wie „Serenity“, „Love“ die Probleme der Dritten Welt von der Gesellschaft bewusst oder „Believe“ sind nicht mehr als ein Modetrend, der wahrgenommen werden, als durch die Verbreitung von bald vorbei sein wird. Besonders hübsch sind die Bändsimplen Silikonarmbändern. chen nämlich eigentlich nicht. Doch wer sein Band noch Ein einfacher Spendenbeitrag wäre auch deshalb sinnvoller, über diesen Modetrend hinaus trägt, zeigt, dass ihm auch weil er mit weniger Extrakosten verbunden wäre. Durch die Botschaft des Bandes und die Organisation, die dahinden Erwerb eines Armbandes müssen zuerst einmal die Unter steht, wichtig sind. Wer beispielsweise ein Stand-Upkosten der Produktion und der Importzölle ausgeglichen Speak-Up-Armband trägt und untätig dabei zusieht, wie werden, was den Spendenbetrag doch um einen erheblichen ein Schwarzer angepöbelt wird, verdient es nicht, das Betrag reduziert. Band zu tragen. Zusätzlich zwingt sich die Frage nach der Verwendung Zweifelsohne muss man zwischen den verschiedenen Bänder Spende geradezu auf, da beispielsweise Nike nicht gedern unterscheiden. Man kann keine pauschale Aussage rade einen Ruf über kleine Silials menschenkon-Armbänder freundliche und machen. Wohlhilfsbereite Ortätigkeits-Bänganisation geder erfüllen ihnießt, sondern ren Zweck, und durch die Auswer dahinter beutung von Arsteht, sollte sein beitern in Asien Band auch voll eher gegenteiliStolz tragen. ge Assoziationen hervorruft. makepovertyhistory-Banner MH, SR ■ - 32 -