Bodengüte der landwirtschaftlichen Nutzflächen
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Bodengüte der landwirtschaftlichen Nutzflächen
Bodengüte der landwirtschaftlichen Nutzflächen Herbert Liedtke und Bernd Marschner fen. In der Folge wurden Tausende von Bodenschätzern in kurzer Zeit darin geschult, mit Hilfe einfacher Feldmethoden die Bodengüte nach einem einheitlichen Bewertungsverfahren zu ermitteln und in Karten festzuhalten. Das damals entwickelte System wird in nur geringfügig veränderter Form bis heute angewendet . Durchführung der Bodenschätzung Geschichte der Bodenbewertung So vielfältig Böden sind, so unterschiedlich ist ihre Fruchtbarkeit. Dies ist seit dem Altertum bekannt und wurde bereits von den Römern bei der Flächenzuteilung für Siedler berücksichtigt. Je fruchtbarer der Boden, desto kleiner die Parzelle. Auch bei der Steuer auf Grund und Boden, die zu den ältesten staatlichen Abgaben gehört, wurde schon frühzeitig versucht, nicht nur die Flächengröße, sondern auch die Ertragsfähigkeit als Bemessungsgrundlage einzusetzen. Für ein einheitliches Bewertungssystem fehlten allerdings lange Zeit ausreichende Daten über Zusammenhänge zwischen Ernteerträgen und Bodeneigenschaften, so dass die Besteuerung oftmals recht willkürlich erfolgte. Nach langen Vorarbeiten wurde daher 1934 das Bodenschätzungsgesetz ( Abb. oben) erlassen. Ziel war es, eine gerecht differenzierte Besteuerung von landwirtschaftlich genutzten Flächen und eine Verbesserung der Beleihungsund Entschädigungsgrundlagen zu schaf- Anteile der Bodengüteklassen an der landwirtschaftlichen Nutzfläche nach Ländern Anteil in Prozent 100 80 60 40 20 0 ST NW RP BW NI SH TH HE SN BY HB SL HH MV BB BE > 64 33 - 64 Ertragsmesszahlen © Institut für Länderkunde, Leipzig 2002 104 < 33 Die Bodengüte ( Beitrag Adler u.a., S. 100) von Ackerland wird im Wesentlichen nach drei Kriterien beurteilt: Bodenart (Sand, Lehm, Ton): Die Zusammensetzung der Korngrößen bestimmt in hohem Maße das Nährstoffund Wasserspeichervermögen von Böden. Sie kann durch die so genannte Fingerprobe leicht bestimmt werden, indem das feuchte Bodenmaterial in der Hand zerdrückt und bezüglich seiner Klebrigkeit und Plastizität geprüft wird. In der modernen Bodenkunde werden die drei Korngrößen Sand, Schluff und Ton unterschieden, als Lehm wird die Mischung aller drei Korngrößen bezeichnet. Entstehungsart (geologisches Ausgangsmaterial oder Substrat der Bodenentwicklung): Die Unterscheidung in so genannte Diluvialböden ( tertiäre und glaziale Lockersedimente), Lössböden, Alluvialböden (Flusssedimente) und Verwitterungsböden (aus Festgestein) erlaubt Rückschlüsse auf den Nährstoffbestand und erfolgt an Hand geologischer Karten ( Beitrag Asch/ Lahner/Zitzmann, S. 32). Zustandstufe (Grad der Bodenentwicklung): Im Zuge der Bodenentwicklung kommt es durch Verwitterung und Humusanreicherung zunächst zu einer Verbesserung der Bodengüte, die später aber wieder durch natürliche Vorgänge wie Versauerung und Ausbildung von Stauhorizonten abnehmen und durch menschliche Eingriffe wie Entwässerung oder Bodenerosion verändert werden kann. Auf einer Skala von 1 bis 7 besitzen die mittleren Zustandsstufen daher die höchste Ertragsfähigkeit. Sind die oben aufgeführten Daten erhoben, wird mit Hilfe einfacher Tabellen zunächst die so genannte Bodenzahl abgeleitet. Da die Ertragsfähigkeit eines Standorts außerdem von Hangneigung und lokalem Klima beeinflusst wird, fließen diese Faktoren in die endgültige Bewertung mit ein, so dass die abschließend ermittelte Ertragsmesszahl etwas höher oder tiefer als die Bodenzahl sein kann. Die Bewertung von Grünland erfolgt nach einem ähnlichen Verfahren. Die Wertzahlen der Bodenschätzung für Acker- und Grünland reichen von 1 bis 100 und geben an, wie hoch die Er- Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland – Relief, Boden und Wasser tragsfähigkeit eines Bodens im Verhältnis zu den besten Böden Deutschlands ist. Eine Ertragsmesszahl von 67 bedeutet daher, dass an diesem Standort im Durchschnitt nur rund 67% der auf den besten Böden möglichen Erträge erzielbar sind. Ertragssteigerungen durch Düngung und Be- oder Entwässerung sind an solchen Standorten zwar theoretisch möglich, in der Regel aber unwirtschaftlich. In ganz Deutschland haben 24% der landwirtschaftlichen Nutzflächen eine Ertragsmesszahl von unter 33, bei 65% liegt der Wert zwischen 33 und 64, und 11% haben eine höhere Zahl als 64, wobei die Werte in den verschiedenen Regionen stark variieren . Für Waldflächen gibt es kein vergleichbares bundeseinheitliches Schätzverfahren, so dass für sie auf der Karte keine Bodengüteklassen ausgewiesen worden sind. Verteilung der Bodengüte in Deutschland Der für die Bodenschätzung als Referenz ausgewählte beste Boden Deutschlands ist eine Schwarzerde im Kreis Schönebeck, Sachsen-Anhalt. In diesem zur Magdeburger Börde gehörenden Naturraum wurden während der Eiszeit mächtige Lössdecken eingeweht, auf denen sich sehr nährstoffreiche Böden mit hohem Wasserspeichervermögen entwi- Ausschnitt aus der Bodenschätzkarte Hamm (Westfalen) 1989 0 25 50 75 100 m Maßstab 1 : 5 000 Grenze der Einheit der Bodenschätzung Flurgrenze Grünlandfläche (in Klammern) Standort, für den eine weitere Bodenbeschreibung auf dem Kartenrand zu finden ist © Institut für Länderkunde, Leipzig 2002 Zustandsstufe (3 Braunerde oder Parabraunerde) Bodenart (L Lehm, LT lehmiger Ton) Bodenzahl Entstehungsart (Lö Löss) Ertragsmesszahl Kiel Rostock H o l s t e i n (zu HH) M e c k l e n b u r g Schweriner See Hamburg (zu HB) Kummerower See V o r p o m m e r n Schwerin Hamburg Plauer See Elde Müritz Elb e Bremen I Wese I I r B r a n d e n b u r g I r I I I M I I I Hannover I I I I SachsenI I I I I I I I I I I M I I I I I BERLIN I I el- Kanal Berlin I I Potsdam S pr e I I I I I I I I I I I I I I I burger Le I ine Cottbus I I I I I I I I I I I I I I So ester Dortmund Börde Ruhr Querfurter Börde Kassel Elb e Erfurt ein Rh Werra T h ü r i n g e n Dresden S a c h s e n Lahn Zülpicher Börde iße We Zw ick au er lda M. Els Fu de Bör Köln er lich Jü iße Leipzig ter Düsseldorf Ne lde Mu W e s t f a l e n ser We I I I I ale Sa . I I s r itze e Lipp ree Sp A n h a l t I I I La u Schönebeck Börde I I I N o r d r h e i n K rne-He Rhein Essen e eElb nd k an al Magde- Magdeburg Hildesheimer Börde Bielefeld I I I I nal Ka I I I I I I ndkanal ttella I I I I I I a ell itt I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I i I I I I I I I Alle Lei I I I I I I I I I I I s- I I I Ha v I I -Em Dortmund ne I r N i e d e r s a c h s e n de Havel r O Alle Havel Ems Bremen H e s s e n a Sa l e Wetterau el os Mainz Main Würzburg größeres Waldgebiet Jülicher Börde für gute Böden bekannte Landschaft ar Nürnberg b Saarland Kra ichgau hl mü Alt r a Saarbrücken B a y e r n Regensburg Gäu Stuttgart bod en au g Staatsgrenze Ländergrenze Landeshauptstadt n Do n B a d e n Isar Inn e Do Starnberger See R Ammersee Chiemsee ch r Jlle Freiburg i. Breisgau München lza Sa h Rhei n W ü r t t e m b e r g u na Lec h Neckar i Kiel > 64 33 - 64 < 33 e P f a l z Ertragsmesszahlen in Frankfurt a.M. Rhein- MainGebiet n ue r M Sa Wiesbaden Ma R h e i n l a n d - Bedeutung der Bodenschätzung Bis heute stellt die Bodenschätzungskartierung die einzige flächendeckende Bodenaufnahme der landwirtschaftlichen Nutzflächen dar und bildet für sie weiterhin eine wichtige Besteuerungsgrundlage. Zudem werden die in den Karten enthaltenen Zusatzinformationen wie Bodenart und Bodentyp für andere Zwecke eingesetzt. Hierzu gehören Anwendungen in der kommunalen und regionalen Planung und zunehmend auch bei Fragen des Bodenschutzes. Letzterer umfasst zum Beispiel die Ermittlung der Erosionsgefährdung und die Bewertung von Bodenbelastungen oder die Ableitung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, wenn es im Zuge Schleswig- (zu SH) Sa ckeln konnten. Dies ist ein Kennzeichen aller Bördelandschaften, die sich wie ein Gürtel vor dem Nordrand der deutschen Mittelgebirgsschwelle entlang ziehen (Jülicher, Zülpicher, Soester, Hildesheimer, Magdeburger und Querfurter Börde), so dass sich hier generell die ertragreichsten Böden Deutschlands befinden . Auch die anderen in der Karte ausgewiesenen Gebiete mit Ertragsmesszahlen über 64 in Mittel- und Süddeutschland sind generell durch hohe Lössanteile geprägt, wie beispielsweise der Rheingraben, der Kraichgau und die Wetterau. Sehr hohe Bodengüten weisen auch die Marschböden entlang der Nordseeküste auf, die aus nährstoffreichen Meeressedimenten entstanden und meist erst durch den Deichbau landwirtschaftlich nutzbar wurden ( Beitrag Behre, S. 76). Der Großteil der landwirtschaftlichen Nutzflächen Deutschlands liegt in der mittleren Bodengüteklasse. Hier finden sich eine Vielzahl von Bodentypen, auf denen die Ertragsfähigkeit durch geringere Nährstoffvorräte, erhöhte Steingehalte, periodisch auftretendes Stauoder Grundwasser oder durch eine ungünstige Wasserversorgung vermindert ist. Die ertragsärmsten Böden finden sich dagegen großflächig vor allem auf den sandigen glazialen Ablagerungen des Norddeutschen Tieflandes, wie in des „Heiligen Römischen Reiches Streusandbüchse“ Brandenburg. Sie sind nährstoffarm, häufig stark versauert und besitzen ein geringes Wasserspeichervermögen. Die typischen Bodentypen in diesem Raum sind Braunerden, Podsole und Moore. Hier, wie auch in den Mittelgebirgen, wo die Böden aufgrund des kühlen Klimas und des flach anstehenden Gesteins kaum landwirtschaftlich nutzbar sind, dominiert daher vielfach die Forstwirtschaft. Bodengüte Bodensee Autor: H. Liedtke 0 © Institut für Länderkunde, Leipzig 2002 von Bautätigkeit oder anderen Eingriffen zum Verlust oder zur Beeinträchtigung von wichtigen Bodenfunktionen kommt. Die anhaltende Expansion vieler Ballungsräume durch Ausdehnung von Wohn-, Freizeit- und Gewerbeflächen führt dazu, dass vielerorts gerade die besten Böden verloren gehen, wie im 25 50 75 Maßstab 1 : 3 750 000 Rhein-Main Gebiet, um Stuttgart, Hannover und im Raum Leipzig. Dies führt nicht nur zum Verlust wertvoller landwirtschaftlicher Produktionsflächen, sondern ist meist auch damit verbunden, dass diese Böden ihre wichtige Rolle in der Regulation des Wasser- und Nährstoffkreislaufs von Landschaften nicht mehr erfüllen können und dass sie für die Filterung und Pufferung von Schadstoffen nicht mehr zur Verfügung stehen. Bodengüte der landwirtschaftlichen Nutzflächen 105 100 km