Kurzfassungen der Vorträge - Umweltverträgliche und
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Kurzfassungen der Vorträge - Umweltverträgliche und
Expertenworkshop „Biodiversität der Graslandökosysteme Mitteleuropas“ 8. und 9. April 2008, Andreas Hermes Akademie Bonn-Röttgen Kurzfassungen der Vorträge 1 ,PSUHVVXP 3URI'U:6FKXPDFKHU ,QVWLWXWI¾U1XW]SIODQ]HQZLVVHQVFKDIWHQXQG5HVVRXUFHQVFKXW]%HUHLFK*HRERWDQLNXQG1DWXUVFKXW] .DUOUREHUW.UHLWHQ6WUDVVH %RQQ 'U-%XVHQNHOO /HKU XQG)RUVFKXQJVVFKZHUSXQNWಱ8PZHOWYHUWU¦JOLFKHXQG6WDQGRUWJHUHFKWH/DQGZLUWVFKDIWಯ 0HFNHQKHLPHU$OOHH %RQQ 7HO )D[ (PDLOXVO#XQLERQQGH 2 Biodiversität der Graslandökosysteme Mitteleuropas - Kurzfassungen der Vorträge Einführung Anlass und Zielsetzung Prof. Dr. W. Schumacher, Universität Bonn 5 Was ist und wozu dient biologische Vielfalt? - Einführende Überlegungen von Wolfgang Haber 6 Prof. Dr. W. Haber, Freising Stand des Wissens zur Phytodiversität von Graslandökosystemen Grasland-Ökosysteme und endemische Gefäßpflanzen Prof. Dr. C. Hobohm, Universität Flensburg Biodiversität im Kulturgrasland (Molinio-Arrhenatheretea): Welche Artenzahlen können wir erwarten? Prof. Dr. H. Dierschke, Universität Göttingen 18 21 Grasland-Diversität in der Schweiz und Erhaltung von Trespen-Halbtrockenwiesen 24 Prof. Dr. A. Gigon, ETH Zürich Zur Artenvielfalt von Pflanzengesellschaften des Graslands 28 Dr. B. Nowak, Gesellschaft für ökologische Landschaftsplanung und Forschung, Wetzlar α-diversity versus γ-diversity Prof. Dr. G. Kaule, Universität Stuttgart 30 Artenvielfalt des Wirtschaftsgrünlandes in Nordrhein-Westfalen Dr. A. Neitzke, LANUV NRW 35 Entwicklung und aktuelle Situation von Grünland-Standorten in Schleswig-Holstein, Hamburg und Nordost-Niedersachsen 37 Prof. Dr. K. Dierssen, Universität Kiel Intensität und Diversität des Graslandes in Bayern Dr. F. Mayer, Bayerisches Landesanstalt für Landwirtschaft 42 Umsetzung von Strategien und Konzepten Qualität und Verwertung von Extensivaufwüchsen PD Dr. M. Elsäßer, Bildungs- und Wissenszentrum Aulendorf 46 Pflanzliche Diversität als Koppelprodukt landwirtschaftlicher Grünlandnutzung Dr. S. Klimek, Universität Göttingen 53 Qualität und Verwertung von Grünlandaufwüchsen aus konventionellem, ökologischem und extensivem Anbau Prof. Dr. N. Lütke Entrup, Fachhochschule Südwestfalen 55 Nicht für Viehhaltung benötigtes Grünland und thermische Verwertung in BadenWürttemberg Prof. Dr. G. Kaule, Universität Stuttgart 58 Integrative Naturschutzkonzepte für Graslandökosysteme in nordrhein-westfälischen Mittelgebirge 62 Prof. Dr. W. Schumacher, Universität Bonn Begrenzungen für den Erfolg von Renaturierungsmaßnahmen Prof. Dr. A. Otte, Universität Gießen 66 Erfolge, Defizite und Perspektiven der Agrarumweltmaßnahmen Artendiversität in Kalkmagerrasen Süddeutschlands und der Schweiz M. Jeschke, TU München Populationsentwicklung seltener und gefährdeter Farn- und Blütenpflanzen auf Vertragsnaturschutzflächen in NRW Prof. Dr. W. Schumacher, Universität Bonn 67 69 Stand und Entwicklung der Agrarumwelt- und Vertragsnaturschutzmaßnahmen auf Grünland in Deutschland 75 W. Roggendorf, Johann Heinrich von Thünen-Institut (vTI), Braunschweig Vertragsnaturschutz in Grasland-Ökosystemen Dr. G. Verbücheln, MUNLV, NRW 80 Förderung von Agrarumweltmaßnahmen in NRW C. Weins, MUNLV, NRW 82 Zukunft von Vertragsnaturschutz und Agrarumweltprogrammen, Thesen Prof. Dr. U. Hampicke, Universität Greifswald 84 Verzeichnis der Teilnehmer 87 Anlass und Zielsetzung des Workshops Prof. Dr. W. Schumacher, Abt. Geobotanik und Naturschutz, Universität Bonn Zur Zeit gibt es in Deutschland noch knapp 5 Mio. ha Wiesen, Weiden, Magerrasen und Heiden, von denen nach Schätzungen (POSCHLOD & SCHUMACHER 1998, SCHUMACHER 2005) noch etwa 25% als ± artenreich anzusprechen sind. Dass die genannten Biotoptypen fast ein Drittel der Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands beherbergen und auch für viele Tiergruppen (z.B. für Insekten, Spinnen, Vögel, Reptilien) von hoher Bedeutung sind, dürfte eigentlich bekannt sein. Analysiert man jedoch die im November 2007 beschlossene "Nationale Biodiversitätsstrategie" der Bundesregierung oder die "Agrobiodiversitätsstrategie" des BMELV, so spielen Graslandökosysteme anscheinend nur eine relativ geringe Rolle. Diese offensichtliche Fehleinschätzung war der Anlass, zu dieser Thematik einen Workshop durchzuführen, nicht zuletzt auch im Hinblick auf CBD-Vertragsstaatenkonferenz im Mai 2008 in Bonn. Außerdem muss man aktuell den Eindruck bekommen, dass im Zusammenhang mit der Erforschung der biologischen Vielfalt "das Rad wieder einmal neu erfunden" werden soll. Denn über die Phytodiversität von Pflanzengesellschaften, Schutzgebieten, Landschaften und ganzen Naturräumen liegen historische wie auch aktuelle Daten bundesweit anhand zahlreicher Forschungsergebnisse in großer Zahl vor. Dennoch kann der Eindruck entstehen, dass über die Biodiversität von Biotopen und Landschaften in Fachbehörden und Teilen der Wissenschaft wie auch in Politik und Öffentlichkeit nur wenig bekannt ist. Angesichts dieser Fehleinschätzung erschien es angebracht, den Stand des Wissens über die Diversität der Graslandökosysteme Mitteleuropas aufzubereiten, die dauerhafte Umsetzung von Strategien und Konzepten an Beispielen aus verschiedenen Regionen zu dokumentieren, Erfolge und Defizite aufzuzeigen und Perspektiven vor dem Hintergrund aktueller agrarpolitischer Entwicklungen unter inter- und transdisziplinäreren Aspekten zu diskutieren. Hierzu haben rund 30 Fachleute aus den Bereichen Geobotanik und Naturschutz, aus der Grünlandforschung, diversen Fachbehörden und Institutionen wie auch aus der landwirtschaftlichen Praxis teilgenommen. Literatur POSCHLOD, P. & W. SCHUMACHER (1998): Rückgang von Pflanzen und Pflanzengesellschaften des Grünlandes – Gefährdungsursachen und Handlungsbedarf. – In: Schr.-R. Vegetationskunde 29: 83-99. SCHUMACHER, W. (2005): Erfolge und Defizite des Vertragsnaturschutzes im Grünland der Mittelgebirge Deutschlands – In: Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) (Hrsg.): Landnutzung im Wandel – Chance oder Risiko für den Naturschutz. Berlin: Erich-SchmidtVerlag. S. 191-200. 5 Was ist und wozu dient biologische Vielfalt? "Und die Welt hebt an zu singen, triffst du nur das Zauberwort" Einführende Überlegungen von Wolfgang Haber Joseph von Eichendorff, 1788-1857 zum Workshop "Biodiversität der Graslandökosysteme Mitteleuropas, Bonn 8.-9. April 2008 Zauberwort Biologische Vielfalt Wie definiert man Biodiversität? ... ihr wohnt gewiss ein Zauber inne, sie ist auch voller Wunder und Schönheit – Aber warum dieses neue Wort? Ersetzt es Natur, Naturschutz, Naturnutzung, gar Leben? Und warum nur "biologisch"? Ist die physikalisch-chemische Vielfalt (Klima, Wasser, Gesteine, Relief, Böden) unwichtig? ... wenn man sie zum allgemeinen Wert erhebt und als Norm festsetzt, bedarf sie sachlicher Beschreibung und nüchterner Erklärung, um vernünftiges Handeln daraus abzuleiten. Das aber scheint an der Vielfalt der Sichtweisen, Deutungen und Meinungen zu scheitern! Was bedeutet biologische Vielfalt eigentlich? Wie weit kommt es wirklich auf sie an? Intuitive Wertschätzung von Vielfalt Kann man ihren Verlust oder ihre Zunahme messen? Erfahrung und Wunsch! Gibt es einen Maßstab oder Bezugswert für ihre Erhaltung oder Veränderung? Viele offene Fragen ..... 6 1 Nahrungsvielfalt Vielfalt von Broten und Brotsorten (Grüne Woche Berlin 2008) Vielfalt von Biersorten (Grüne Woche Berlin 2008) Albrecht Dürer: "Rasenstück", 1502 (Repr. aus Brons 1970) Ausschnitt aus Albr. Dürers Bild (1500) "Drahtziehmühle an der Pegnitz" 7 2 George V. Cole (1860): Erntezeit (Repr. aus Herrmann 1975) Landschaft im Vorderen Bayerischen Wald. fot. W. Haber, Mai 1973 Vielfalt wird geschätzt, hat Wert ... aber man will sich nicht darin verlieren – daher wird in Vielfalt stets auch nach Ordnung gesucht. Ziel der Naturforschung seit Plato und Aristoteles! Erste Erwähnung von "Biodiversität" (dem Sinne nach) in der Bibel , Arche Noah! Linnè schuf das erste "Systema naturae" Spezies! Erforschung der Natur seit Linné • • • • • • • A.v. Humboldt Lamarck Darwin Haeckel Rudorff Schimper Möbius • • • • • • • • Braun-Blanquet Tansley Bertalanffy C. Troll Hutchinson Ellenberg Odum Brothers R. May Vielfalts-Stabilitäts-Hypothese, unbewiesen, doch nicht völlig widerlegt! (Chr. Körner, unveröff.) 8 3 Homage to Santa Rosalia or why are there so many kinds of animals? (Hutchinson 1956) Landnutzungs-bedingte Veränderungen des mitteleuropäischen Waldlandes, die Kulturlandschaft hervorgebracht haben. Allmende im Sauerland (Westfalen). Foto G. Hellmund 1953. Kennzeichen des vorindustriellen Nutzungsmusters Nutzungsmuster des Industriezeitalters 1. ± monofunktionale Einzelflächen, weitgehend homogen, in sich nicht vielfältig; 2. Flächenmosaik vielfältig, "multi"funktional mit meist kleinteiliger, "feinkörniger" Struktur, 3. fast überall von ± großen Beständen wilder oder wieder verwilderter Natur durchsetzt. 1. ± monofunktionale Einzelflächen, weitgehend homogen, in sich nicht vielfältig – werden flächig weit ausgedehnt 2. Flächenmosaik vielfältig, "multi"funktional mit meist kleinteiliger, "feinkörniger" Struktur – Vielfalt wird reduziert und grobkörniger 3. fast überall von ± großen Beständen wilder oder wieder verwilderter Natur durchsetzt – werden reduziert bis zum Verschwinden! 9 4 Soester Börde, Dezember 1953 Interessenverschiebung Unter dem Eindruck steigender Aussterberaten von Arten: Verlagerung des Interesses an Vielfalt von der Ökologie in den Naturschutz – unter Einfluss von E.O. Wilsons BiophilieHypothese in USA Akzent von natürlicher auf biologische Vielfalt ("Biodiversität") verschoben. Biodiversität wurde zur Norm – Problematik der Biodiversität • International durch die Konvention über Biologische Vielfalt (1992), nutzungs-, schutz- und verteilungs-orientiert; • In der Europäischen Union durch die Flora-Fauna-Habitat-(FFH-)Richtlinie (1992), nur schutz-orientiert (Ergänzung der Vogelschutz-Richtlinie von 1979) • Ersatz für Natur? • Unbelebte Natur als Lebensgrundlage? • Autotrophie – Heterotrophie? Bio"philie" der Heterotrophen? • Messlatte der Biodiversität? Artenvielfalt, reduziert auf Artenzahlen ? 10 5 Bedeutung struktureller Vielfalt • Was zuerst auffällt, ist die Vielfalt von Strukturen in der Umwelt, nicht von Arten • Viele wichtige Funktionen oder Dienstleistungen sind an (belebte und unbelebte) Strukturen, nicht an Arten gebunden – • vor allem Strukturen der Landbedeckung (land cover). Land cover = Vegetation .. oft aus mehreren Schichten aufgebaut, die auch unter die Bodenoberfläche reichen, mit verschiedenen Typen von Bestandteilen: • Individuelle Pflanzen • holzig – krautig/grasig • Vegetative und generative Teile • Struktureinheiten: Stängel, Sprosse, Blätter, Blüten, Wurzeln; Zweige, Äste, Stämme; Kronendach (canopy); "Architektur" Structural diversity of land cover Anteile der Organismen-Stämme an der natürlichen Lebewelt 11 6 Ist biologische Vielfalt Lebensgrundlage, Kapital des Planeten? Nicht mehr seit dem Übergang zur Landwirtschaft! Doch Vielfalt ist ein Prinzip der Natur – nicht nur der lebenden Natur! – und auch ein Prinzip der menschlichen Kultur Unsere Lebensgrundlage ist das Gegenteil von Biodiversität! Was ist die "Natur", die wir schützen? Grundsätzlicher Unterschied... Nicht die Natur schlechthin, sondern zwei Naturen: Eine, die uns trägt, und eine, die uns gefällt! • zwischen Pflanzen und Mikroben, die von anorganischen Stoffen und Solar- oder chemischer Energie leben – • und allen anderen Organismen, deren Leben auf Verzehr von Pflanzen und "voneinander" beruht ("Biophilie" nach Wilson)! „Trägt“ = Funktionen/Leistungen, Zuständigkeit der Natur- u. Wirtschaftswissenschaften „Gefällt“ = Struktur, Eindruck oder Bild, Zuständigkeit der Geistes-/Kulturwissenschaften Was hat für uns den höheren Wert? „Trägt“ hat Vorrang – erst nach Erfüllung aller Fundamentalbedürfnisse erwacht der Sinn für „gefällt“. In harten Entscheidungsfällen ist zu fragen: •Was ist lebensnotwendig? •Was ist lebenserleichternd? Die „Natur in uns“ entspricht meist nicht unserer Einstellung zur „Natur um uns“ – beide stehen oft im Widerspruch! •Was ist lebensbereichernd? Da es uns (zu?) gut geht, ziehen wir das vor, was uns gefällt, und fragen nicht, was unser Dasein wirklich trägt. Doch das ist im Naturschutz die letztlich entscheidende Frage! 12 7 Amöbe Chaos diffluens, in Teilung; Phasenkontrast 750 : 1 (aus Kage/Nachtigall 1980) Eisbär mit Beute (fot. Pal Hermansen, Repr. aus Fothergill 2006) Säugetierherden in der Serengeti, Ostafrika. Entscheidend ist die Vielfalt der Kotfresser und –zersetzer! fot. Mitsuaki Iwago, Repr. aus Fothergill 2006) Paramecien, 480 : 1 (Repr. aus Hage/Nachtigall 1980 Verteilung ostafrikanischer Säugetier-Arten auf die Haupt-Lebensräume (aus Readers Digest Bildatlas der Tierwelt 1971) 2004 13 8 Landschaft ohne Biodiversität – weniger schön? weniger wertvoll? weniger attraktiv? Tilman's Biodiversitäts-Versuchsflächen in USA Biodiversitäts-Erhaltung als Existenzrecht für alle Arten auf der Erde? Unrealistisch und illusionär, weil 1. alle für Menschen schädliche oder lästige Arten, regional auch alle "invasiven Fremdarten" ausgeschlossen sind; 2. alle heterotrophen Arten dieses Existenzrecht nicht berücksichtigen können! 3. ein gegebener Artenbestand auf Dauer grundsätzlich nicht erhalten werden kann. 14 9 Simulation von LandschaftsentwicklungsSzenarien (Heißenhuber 2006) Anlage von Blühstreifen im Ackerland ("Bördeprojekt " der DLG) Breiter Feldrain Ländlicher Wirtschaftsweg mit breiten Randstreifen als Biotopverbund 15 10 Prinzipien gestaltender, die Biodiversität fördernder Strukturierung der Kulturlandschaft (aus Krause & Kloeppel, BfN 1996 Unterschiedliche Aspekte von Vielfalt (Diversität) Wünsche und ihre ökologische Erfüllbarkeit Windrotoren- und SolarzellenFelder brauchen Land .... Bleiben soll oder muss, was als günstig empfunden wird – solange, bis etwas noch Günstigeres ge- oder erfunden wird; Nicht bleiben, also verändert werden oder sich verändern, soll oder muss, was als ungünstig erfahren wird. Natur aber heißt Wandel, stete Veränderung – auch als Entwicklung, Evolution, Sukzession, Fortschritt bezeichnet – aber lässt auch manche Bestandteile lange unverändert. Veränderung geschieht allmählich, in Schritten oder Sprüngen, ja Katastrophen, lokal, regional, kontinental, global – und hat auf jeder Ebene andere Folgen, die nur teilweise berechenbar, und wenig voraussehbar sind. ..erhöhen die raumstrukturelle Vielfalt – und sind mit pflanzlicher Diversität vereinbar! 16 11 Leben der Menschen ... • ca. 40.000 Generationen in, mit und von der Natur – als Sammler und Jäger, • seit ~ 600 (325) Generationen gegen die (wilde) Natur – als Landwirte, • seit 6 Generationen auch für die Natur – als naturliebende Städter. 17 12 Grasland-Ökosysteme und endemische Gefäßpflanzen Statement (Kurzfassung) Prof. Dr. Carsten Hobohm, Univ. Flensburg Grasland-Ökosysteme Einst überzogen Grasland-Ökosysteme eine größere und in den verschiedenen Erdteilen mehr oder weniger zusammenhängende Fläche als irgendeine andere Formation. Schätzungen reichen von 31 bis zu 43 Prozent des gesamten terrestrischen Bereiches (Mackay 2002: 26). Die Gesamtfläche von Grasland-Ökosystemen schrumpft global betrachtet mit einer beachtlichen Geschwindigkeit (quantitativer Verlust durch Nutzungsaufgabe, Umbruch, Bebauung, Aufforstung, Ausdehnung von Randwüsten z.T. durch Überweidung). Ein Großteil der verbliebenen Grasländer wiederum verändert sich schleichend (qualitativer Verlust: Abnahme der Diversität vor allem durch veränderte Nutzungen). Die quantitativen und qualitativen Veränderungen schreiten auch in Europa noch voran und haben aus Sicht des Naturschutzes (BfN 2004: 16 ff., 100 ff., 196 ff.) inzwischen ein vollkommen inakzeptables Ausmaß angenommen. Sehr bezeichnend ist aber, dass die Problematik der Grasland-Ökosysteme bislang nur ausgesprochen wenig wahrgenommen und thematisiert wird. Diese droht im Fahrwasser anderer Umweltprobleme (Klima, Regenwälder, Neobiota, Überfischung der Weltmeere u.a.), die in den Medien thematisiert werden, immer wieder unterzugehen. Selbst aktuelle Schriften und politische Absichtserklärungen, die sich mit dem Thema der biologischen Vielfalt auseinandersetzen (Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt 11/2007, Interpretation Manual of European Union Habitats 7/2007) greifen in Bezug auf die Probleme von Grasland-Formationen erstaunlich kurz. Steppen, Savannen, Prärien, Wirtschaftsgrünland, verschiedene Trittgesellschaften, (gemähte bzw. beweidete) Salzwiesen, Flutrasen, Sandtrockenrasen, Volltrockenrasen, Urwiesen in den Hochlagen der Gebirge, Laubwiesen (Bsp. Gotland, Öland), Borstgrasrasen, bewirtschaftete Niedermoore und Seggenrieder, Streuwiesen und Pfeifengrasbestände werden neben vielen weiteren häufig zu den Grasland-Ökosystemen gerechnet. Die Dominanz grasartiger und krautiger Pflanzen bei gleichzeitiger Therophyten- und Gehölzarmut, lichte Verhältnisse, Mahd und/oder Beweidung sowie eine mehr oder weniger geschlossene Vegetationsdecke sind vielfach bezeichnend. Global betrachtet sind sommerliche oder ganzjährige Niederschläge bzw. entsprechende edaphische Verhältnisse eine wichtige Voraussetzung für die Entwicklung von GraslandÖkosystemen, während Winterregen (und Sommer-Trockenheit) in Kombination mit Beweidung eher Gehölzformationen (Macchien, Garriguen, Dornbusch) bzw. Ephemerophyten- und Therophytengemeinschaften begünstigt. Innerhalb Europas sind Grasland-Ökosysteme deshalb vermehrt in den borealen, temperaten, und Gebirgsklimaten zu finden, weniger im mediterranen Klimabereich. Endemische Gefäßpflanzen in Europa Eine eigens erstellte Datenbank der endemischen Gefäßpflanzen von Europa (Hobohm 2008) umfasst bislang 5534 Sippen (162 Sammelarten, 4575 Arten, 797 Unterarten). Ein nicht unerheblicher Anteil dieser Sippen besiedelt Berge und Gebirgslandschaften mit Felsen, Blöcken bzw. Steinen und tendenziell höheren pH-Werten vor allem in den südlicheren Regionen Europas. Etwa 3,6 % der Endemiten sind in den Süßwasser-Ökosystemen, 5,4 % in KüstenÖkosystemen, 11 % in Wäldern und 80 % in den Offenland-Ökosystemen des terrestrischen 18 Bereiches zu finden (die Frequenzen von Sippen, die in mehreren Ökosystemen vorkommen, wurden gleichmäßig aufgeteilt). Von den Offenland-Sippen wiederum sind sehr viele an Grasland-Ökosysteme gebunden; es ist zu vermuten (nach eigenen, auf Zählungen basierenden Schätzungen), dass in den Grasländern Europas mehr endemische Gefäßpflanzen zu finden sind als in jeder anderen Formation. Rabitsch & Essl (2009: 1107 ff.) haben die biogeographische Verbreitung unterschiedlicher systematischer Gruppen von Endemiten in Österreich miteinander verglichen (Gefäßpflanzen, Mollusken, Schmetterlinge, Laufkäfer u.a.). Dabei zeigte sich, dass die Muster großräumig ähnlich sind, im Detail aber durchaus divergieren können. Zwei Faktoren sind demnach mit Sicherheit wichtig für die überregionale Verbreitung der Endemiten in Europa: die Wirkung vergangener Kaltzeiten und die Habitatdiversität (Geodiversität). Negative und positive (!) anthropo-zoogene Einflüsse sind dagegen offensichtlich mitentscheidend für die Verbreitung auf der lokalen und regionalen Ebene. Gibt es endemische Gefäßpflanzen in Grasland-Ökosystemen Mitteleuropas? Isolierte Inseln, Serpentinit- und Galmei-Standorte, oder der Baikal- und Bodensee - das sind Räume, die man vielleicht am ehesten mit dem Begriff Endemismus in Verbindung bringt, aber Grasland-Ökosysteme und dann auch noch Mitteleuropa? Eine Sichtung der eigenen Datenbank ergab, dass allein in Mitteleuropa (Deutschland, umliegende Staaten plus Slowakei und Ungarn) weit über 500 der auf Europa beschränkten Taxa mit einer mehr oder weniger engen Bindung an Grasland-Ökosysteme existieren. Dabei handelt es sich allerdings vielfach um Sippen, die in zwei oder mehreren Nationen vorkommen, die als europäische Endemiten deshalb nicht weithin bekannt sind. Zu diesen gehören Avenula pratensis, Avenula versicolor, Bulbocodium vernum, Campanula rhomboidalis, C. scheuchzeri, Carlina acaulis, Carum verticillatum, Centaurea nigra, C. subjacea, C. transalpina, Chamaeorchis alpina, Cirsium acaule ssp. acaule (die bei uns vorkommende Sippe), Cirsium dissectum, Cirsium tuberosum, Crepis biennis, Dactylorhiza majalis ssp. alpestris, ssp. praetermissa und ssp. purpurella, D. russowii, Danthonia alpina, Dianthus carthusianorum, Euphorbia cyparissias, Euphrasia alpina, E. rostkoviana ssp. campestris und ssp. montana, Euphrasia stricta, Festuca diffusa, F. duvalii, F. heteropachys, F. nigrescens, F. tatrae, F. trachyphylla, Fritillaria meleagris, Galium lucidum, G. noricum, G. pumilum, G. wirtgenii, Gentiana punctata, Gentianella austriaca, G. germanica, G. lutescens, G. ramosa, Gladiolus palustris, Hieracium pilosella ssp. velutinum, Hypochoeris uniflora, Jurinea mollis ssp. mollis, Lilium bulbiferum, Meum athamanticum, Narcissus poeticus, Nigritella nigra ssp. corneliana, Ophrys insectifera, Oxytropis halleri, Pedicularis rostratospicata, P. sylvatica ssp. sylvatica, Phleum alpinum ssp. rhaeticum, Phyteuma orbiculare, P. ovatum, Poa granitica, P. molinerii, Polygala alpestris, P. amarella, P. chamaebuxus, Potentilla pusilla, P. tabernaemontani, Pseudorchis albida ssp. albida, Pulsatilla grandis, P. pratensis, P. vernalis, P. vulgaris, Ranunculus aconitifolius, Ranunculus polyanthemos ssp. polyanthemoides, Rhinathus olectorolophus, Saxifraga bulbifera, Scabiosa canescens, S. triandra, Scutellaria minor, Sedum rupestre, Sedum sexangulare, Senecio integrifolius ssp. capitatus, Seseli hippomarathrum ssp. hippomarathrum, Sesleria albicans, Succisella inflexa, Taraxacum cucullatum agg., Thesium linophyllon, T. pyrenaicum, Thymus alpestris, T. praecox ssp. polytrichus, Trifolium alpinum, T. badium, Viola declinata und viele andere mehr. Für kaum eine der genannten Sippen ist überregional betrachtet derzeit von einer positiven Bestandsentwicklung auszugehen. Im besten Falle sind keine negativen Tendenzen zu beobachten oder bekannt. 19 Zur Gefährdungssituation in Österreich schreiben Rabitsch & Essl (2009: 12): "Für ... (endemische; C. H.) ... Gefäßpflanzen stehen neben dem Risikofaktor "Natürliche Seltenheit" Änderungen in der Landnutzung (Aufgabe traditioneller extensiver Landnutzung sowie die negativen Folgen intensiver Flächennutzung) bei den Gefährdungsursachen an erster Stelle." In welchen Grasland-Ökosystemen konzentrieren sich endemische Gefäßpflanzen? In praktisch allen Grasland-Ökosystemen Mitteleuropas kommen auch Gefäßpflanzen-Sippen vor, die auf Europa beschränkt sind, für die Europa deshalb eine besondere Verantwortung hat. Allein aus diesem Grunde wäre es angezeigt, den europäischen und nationalen Wald-, Gewässer- und Meeresschutz-Gesetzen entsprechende Graslandschutz-Gesetze zur Seite zu stellen und den gesamten Ökosystem-Komplex ausnahmslos unter Schutz zu stellen. Davon unabhängig können endemitenreichere und endemitenärmere Regionen, Landschaften und Landschaftseinheiten unterschieden werden. Die Datenlage reicht aber noch nicht aus, diese auch flächenscharf konkretisieren zu können. Mit folgenden standörtlichen Bedingungen sind vermutlich gewisse Häufungen endemischer Gefäßpflanzen verbunden: * alten Nutzungssystemen (historisch alten Grasland-Ökosystemen) * basischen und subneutralen, oligo- und mesotrophen Böden * Hanglagen, Bergen, Gebirgen Quellen BUNDESAMT FÜR NATURSCHUTZ (Hrsg.) 2004: Daten zur Natur. - 474 S., Münster. HOBOHM, C. 2008: Endemische Gefäßpflanzen in Europa. - Tuexenia 28, in Druck. MACKAY, R. 2002: The Atlas of Endangered Species: Threatened Plants and Animals of the World. - 128 S., London. RABITSCH, W. & ESSL, F. (Hrsg.) 2009: Kostbarkeiten in Österreichs Pflanzen- und Tierwelt. Ökologie, Naturschutz und Biogeographie österreichischer Endemiten. Umweltbundesamt Wien, 1174 S. + 240 S. Kartenteil, in Vorb. 20 Biodiversität im Kulturgrasland (Molinio-Arrhenatheretea): Welche Artenzahlen können wir erwarten? Hartmut Dierschke Pflanzengesellschaften des Graslandes gehören zu den Vegetationstypen besonders hoher biologischer Diversität; sie bilden geradezu Hotspots botanischer Biodiversität in Mitteleuropa. Dies gilt auch für viele Gesellschaften des Kulturgraslandes, den unter fördernder Wirkung des wirtschaftenden Menschen entstandenen Wiesen und Weiden. Sie werden in der Vegetationsklasse Molinio-Arrhenatheretea zusammengefasst (DIERSCHKE & BRIEMLE 2002), die wegen ihrer hohen biologischen und wirtschaftlichen Bedeutung in Mitteleuropa besonders gut untersucht ist. Man geht sicher nicht falsch, wenn man von Tausenden (eher Zehntausenden) von Vegetationsaufnahmen ausgeht. Entsprechend gibt es bereits länger viele gute Übersichten der Graslandvegetation Mitteleuropas, beginnend bereits in den 1930er Jahren, vor allem aber in den letzten Jahrzehnten. In der folgenden Übersicht werden die verschiedenen Pflanzengesellschaften des Kulturgraslandes genannt, basierend vor allem auf 2 Heften der Synopsis der Pflanzengesellschaften Deutschlands. Dort wurde versucht, auf der Grundlage einer hohen Zahl verfügbarer Vegetationsaufnahmen aus ganz Deutschland eine moderne Gliederung der Molinio-Arrhenatheretea zu erarbeiten (DIERSCHKE 1997, BURKART et al. 2004). In allen Spalten der dort publizierten Vegetationstabellen sind auch die mittleren Artenzahlen (A) angegeben. So lassen sich für alle Pflanzengesellschaften solche Werte oder Wertespannen (aus Untereinheiten) darstellen, ergänzt durch Daten aus einigen weiteren Übersichtsarbeiten (s. Literatur). Die Übersicht der Gesellschaften stammt, mit kleineren Veränderungen, aus DIERSCHKE (2007). Von dort wurden auch Angaben zu Nutzungsintensität I (0–5) und Gefährdungsgrad G (1–3) übernommen. Hinter den Gesellschaftsnamen steht außerdem in Klammern die Zahl zugrunde liegender Vegetationsaufnahmen. Die Werte der mittleren Artenzahlen in der folgenden Tabelle, bezogen meist auf Flächengrößen von etwa 15–30 m², sprechen für sich. Einzelwerte können durchaus bis über 70 Arten auf wenigen Quadratmetern betragen; Wälder erreichen meist nicht einmal die Hälfte solcher Werte. Teilweise lässt sich eine Korrelation zwischen Nutzungsintensität und Artenzahl erkennen. So sind die ungedüngt-spätgemähten, nur extensiv genutzten Streuwiesen (1.1) besonders artenreich, ebenfalls manche Magerwiesen unter 2.1 und fast alle Bergwiesen (2.2, 2.4). Dies sind größtenteils auch stärker gefährdete Pflanzengesellschaften. Die etwas intensiver genutzten „Fettwiesen“ unter 2.1 sind meist artenärmer, besonders arm die sehr intensiv genutzten Vielschnittwiesen der modernen Landwirtschaft. Auch bei den Viehweiden (2.3) nimmt die Artendiversität mit zunehmend intensiver Nutzung sehr stark ab. Noch artenärmer sind nur noch viele Zierrasen im Siedlungsbereich. Im oberen Mittelfeld liegen viele Gesellschaften der Stromtal- und Feuchtwiesen (1.2, 1.3). Nutzungsintensivierung spielt hier seltener eine negative Rolle, eher das Gegenteil, nämlich Nutzungsaufgabe und folgende Brachlandsukzession zu artenarmen Hochstaudenfluren (1.4). Einzelheiten vermittelt die folgende Tabelle. 21 Pflanzengesellschaften des Kulturgraslandes in Deutschland Mittlere Artenzahlen (A), Nutzungsintensität (I) und Gefährdungsgrad (G) (Zahl der verwendeten Vegetationsaufnahmen) 1.Feucht- und Stromtalwiesen und verwandte Hochstaudenfluren (Molinietalia caeruleae) A I G 1.1. Basiphile Pfeifengras-Streuwiesen (Molinion caeruleae) (532 Aufn.) 41-51 34 51 1 1 1 2 1 2 Reine Pfeifengraswiese (Molinietum caeruleae) (363 Aufn.) Knollendistel-Pfeifengraswiese (Cirsio tuberosi-Molinietum arundinaceae) (127 Aufn.) Duftlauch-Pfeifengraswiese (Allio suaveolentis-Molinietum) (42 Aufn.) 1.2 Brenndolden- Stromtalwiesen (Cnidion dubii) (525 Aufn.) 27-38 2-3 2 Brenndolden-Rasenschmielenwiese (Cnidio-Deschampsietum cespitosae) (525 Aufn.) 1.3. Sumpfdotterblumen-Futterwiesen (Calthion palustris) (1848 Aufn.) 30-36 30-33 33-37 30-31 31 12-26 3 3 3 2 1 2-3 3 2 3 3 2 3 Engelwurz-Kohldistelwiese (Angelico-Cirsietum oleracei) (550 Aufn.) Wassergreiskraut-Wiese (Bromo-Senecionetum aquaticae) (282 Aufn.) Bachkratzdistel-Wiese (Cirsietum rivularis) (70 Aufn.) Waldbinsen-Sumpfwiese (Crepido-Juncetum acutiflori) (297 Aufn.) Binsen-Pfeifengraswiese (Juncus conglomeratus-Succisa pratensis-Ges.) (407 Aufn.) Waldsimsen-Sumpfwiese (Scirpus sylvaticus-Ges.) (242 Aufn.) 1.4. Mädesüß-Hochstaudenfluren (Filipendulion ulmariae) (Wiesenränder und Brachen) (797 Aufn.) 19-25 0 0 0 17-22 20 3 - Baldrian-Mädesüßflur (Valeriano-Filipenduletum) (550 Aufn.) Sumpfstorchschnabel-Mädesüßflur (Filipendulo-Geranietum palustris) (309 Aufn.) Mädesüß-Dominanzbestände (Filipendula ulmaria-Ges.) (108 Aufn.) 2. Wiesen, Weiden und Vielschurrasen mittlerer Standorte (Arrhenatheretalia) 2.1. Glatthafer-Tieflagenwiesen (Arrhenatherion elatioris) und verwandte Gesellschaften (3871 Aufn.) 32-37 42-53 39-47 2-3 2-3 3 3 Glatthafer-Wiesen (Arrhenatheretum elatioris) (3323 Aufn.) Zittergras-Glatthafer-Magerwiesen (Subass.-Gr. von Briza media) Salbei-Glatthaferwiese (A. salvietosum) Ferkelkraut-Glatthaferwiese (A. hypochaeretosum radicatae) 28-29 31 35 3 3 3 3 3 Glatthafer-Fettwiesen (Typische Subass.-Gruppe) Typische Glatthaferwiese (A. typicum) Kohldistel-Glatthaferwiese (A. cirsietosum oleracei) Glatthafer-Bergwiese (A., Alchemilla-Höhenform) 24 21 27 2 4-5 1 3 Ruderale Beifuß-Glatthaferwiese (Artemisia vulgaris-Arrhenatherum-Ges.) (120 Aufn.) Fuchsschwanz-Vielschnittwiesen (Ranunculus repens-Alopecurus pratensis-Ges.) (277 Aufn.) Rotschwingel-Straußgras-Magerwiese (Festuca rubra-Agrostis capillaris-Ges.) (151 Aufn.) 2.2. Goldhafer-Bergwiesen (Polygono-Trisetion) (1741 Aufn.) 30-46 29 41 2 1-2 2-3 2 1 3 Storchschnabel-Goldhaferwiese (Geranio-Trisetetum) (1568 Aufn.) Rotschwingel-Bärwurz-Magerwiese (Festuca rubra-Meum athamanticum-Ges.) (89 Aufn.) Sterndolden-Goldhaferwiese ( Astrantio-Trisetetum) (84 Aufn.) 2.3. Weiden und Vielschnittrasen (Cynosurion) (5625 Aufn.) 22 28-40 26 2 3-4 3 - Weidelgras-Weißkleeweide (Cynosuro-Lolietum) Magerweide (C.-L. luzuletosum, Festuco-Cynosuretum) (1098 Aufn.) Fettweide (C.-L. typicum) (3868 Aufn.) 18 16 4-5 3-4 - Kleinkopfpippau-Rotschwingelrasen (Crepido capillaris-Festucetum rubrae) (464 Aufn.) Weißklee-Breitwegerichrasen (Trifolium repens-Plantago major-Ges.) (195 Aufn.) 2.4 Alpenrispengras-Almweiden (Poion alpinae) (182 Aufn.) 39-44 2 3 Goldpippau-Rotschwingelweide (Crepido aureae-Festucetum commutatae) (182 Aufn.) Intensitätsstufen (I) Gefährdungsgrad (G) 0 ohne Nutzung 1 extensiv 2 halbextensiv 3 halbintensiv 4 intensiv 5 sehr intensiv 1 vom Verschwinden bedroht 2 stark gefährdet 3 gefährdet - ohne erkennbare Gefährdung Literatur BURKART, M., DIERSCHKE, H., HÖLZEL, N.. NOWAK, B. & FARTMANN, T. (2004): Synopsis der Pflanzengesellschaften Deutschlands. Heft 9: Molinio-Arrhenatheretea, Teil 2: Molinietalia. Futter- und Streuwiesen feucht-nasser Standorte und Klassenübersicht Molinio-Arrhenatheretea. – 103 S., Göttingen. DIERSCHKE, H. (1996): Syntaxonomische Stellung von Hochstauden-Gesellschaften, insbesondere aus der Klasse Molinio-Arrhenatheretea (Filipendulion). – Ber Reinhold-Tüxen-Ges. 8: 145-157. Hannover. DIERSCHKE, H. (1997): (Hrsg.): Synopsis der Pflanzengesellschaften Deutschlands. Heft 3: MolinioArrhenatheretea, Teil 1: Arrhenatheretalia. Wiesen und Weiden frischer Standorte. – 74 S. Göttingen DIERSCHKE, H. (2007): Pflanzengesellschaften des Extensiv- und Kulturgraslandes in ihrer bundesweiten Bedeutung für den Naturschutz. – Naturschutz u. Biologische Vielfalt 43: 49-65. Bonn-Bad Godesberg. DIERSCHKE, H. & BRIEMLE, G. (2002): Kulturgrasland. Wiesen, Weiden und verwandte Staudenfluren. – 239 S.,Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart. DIERSCHKE, H. & WAESCH, G. (2003): Brachland-Sukzession in Feuchtwiesen und ihre syntaxonomische Zuordnung. – Kieler Notizen Pflanzenkd. Schl.-Holstein Hamburg 30: 11-19. Kiel. LISBACH, I. & PEPPLER-LISBACH, C. (1996): Magere Glatthaferwiesen im südöstlichen Pfälzerwald und im Unteren Werraland. – Ein Beitrag zur Untergliederung des Arrhenatheretum elatioris Braun 1915. – Tuexenia 16: 311-336. Göttingen. Prof. Dr. Hartmut Dierschke Georg-August-Universität Göttingen Albrecht-von-Haller-Institut für Pflanzenwissenschaften Abteilung für Vegetationsanalyse und Phytodiversität Untere Karspüle 2 37073 Göttingen hdiersc@gwdg.de 23 Grasland-Diversität in der Schweiz und Erhaltung von Trespen-Halbtrockenwiesen – Ergebnisse 22 Jahre dauernder Bewirtschaftungsversuche und deren Nachwirkungen Andreas Gigon, Barbara Pietragalla-Köhler, Institut für Integrative Biologie ETH Zürich und M. Jeschke, Lehrstuhl für Vegetationsökologie, TU München, Freising. andreas.gigon@env.ethz.ch Ein Überblick ergibt in der Schweiz in Talflächen mit Grasland, Äckern, Wäldern, Siedlungen usw. J-bisE-Diversitäten von 550-1150 Gefässpflanzen/60-100 km2 (www.webflora.ch). Die D-Diversität in 1600 Rasterflächen à 10 m2 beträgt gemäss Abb. 1 in allen Wiesentypen durchschnittlich 36 und in Alpweiden 42 Gefässpflanzen-Arten (Moose 8 bzw. 18). Abb. 1 D-Diversität in 1600 Rasterflächen à 10 m2 in verschiedenen Ökosystemtypen der Schweiz (aus www.biodiverstitätsmonitoring.ch) Abb. 2 Mittlere Artenzahl/10 m2 mit 95% Vertrauensintervall in Wiesen in drei Höhenstufen. Farbcodes und Quelle wie Abb. 1. Gemäss Abb. 2 enthalten Wiesen in der kollinen Höhenstufe in 10 m2 25-32, in der montanen 3135 und in der subalpinen 44-48 Gefässpflanzenarten (Moose Ø 3 bzw. 5 bzw. 12). Der grosse „Biodiversitätswert“ von Grasland wird hiermit klar ersichtlich. 24 2 In Wiesen und Weiden, denen Ökoqualität attestiert wurde, ist das Spektrum 21-75 (Ø 50) Gefässpflanzen/10 m2, in Wiesen und Weiden ohne Ökoqualität liegen die Werte bei 6-60 (Ø 25) Abb. 3 Anzahl Gefässpflanzen/10m2 in total 268 Wiesen und Weiden mit, bzw. ohne Ökoqualtität (Quelle: www.biodiversitymonitoring.ch ). Inventar der Trockenwiesen und -weiden TWW des Bundesamtes für Umwelt BAFU Dieses wurde in den vergangenen 14 Jahren vom BAFU und Experten erarbeitet; es umfasst eine Gesamtfläche von ca. 23'000 ha in ca. 3'000 Objekten. In den vergangenen 60 Jahren sind somit rund 90% der Trockenwiesen und -weiden „verschwunden“. Die verbleibenden Objekte wurden 19 Vegetationsgruppen zugeordnet; 24% der Flächen werden als Wiese genutzt, 4% als Wildheu, 62% als Weide und 19% ist ungenutzte Brache. Trespen-Halbtrockenwiesen (Kalkmagerrasen, Mesobrometen), also ungedüngte, einschürige Mähwiesen in warmen Lagen, gehören zu den schönsten und artenreichsten GraslandÖkosystemen Mitteleuropas. Über 50% aller in der Schweiz gefährdeten Pflanzenarten kommen in Trockenwiesen und -weiden vor und 40% der Tagfalter sind auf diese Ökosystemtypen angewiesen. Im Schweizer Jura bei Schaffhausen kommen bereits auf 25 cm x 25 cm durchschnittlich 21.4 ± 1.6 Pflanzenarten (inkl. Moose und Flechten) vor, auf 4 m2 sind es 49.9 ± 2.8, auf 36 m2 durchschnittlich 58 (davon 50 ± 2 Blütenpflanzen) und in recht homogenen Beständen von 648 m2 wurden 93-96 Blütenpflanzen (+ 20 Moose und Flechten) festgestellt (Jeschke et al. (submitted) und Köhler et al. 2005). Interessante Fragen sind, wie diese vielen Arten koexistieren können (siehe Gigon 1994, Gigon & Leutert 1996). Etwa die Hälfte der Trockenwiesen-Pflanzenarten sind Zielarten für den Naturschutz, und das ganze Ökosystem ist infolge Düngung (auch Einschwemmung), Nährstoffeintrag aus der Luft, häufigere oder frühere Mahd, Überbauung oder Aufgabe der Bewirtschaftung stark gefährdet. Zwischen 1977 und 1999 wurde experimentell erforscht, welche Bewirtschaftung ermöglichen könnte, die Artenvielfalt einfacher (und kostengünstiger) zu erhalten als die traditionelle jährliche Mahd im Juni/Juli (Krüsi 1981). Die alternativen Managementvarianten (jeweils drei Wiederholungen à 50 m2) sind aus Abb. 4 ersichtlich. Nach 22 Jahren mit diesen Managements waren die alle 2 Jahre im Juli gemähten Flächen in der Artengarnitur an Blütenpflanzen den traditionell bewirtschafteten Flächen am ähnlichsten (Köhler et al. 2005). Auch bei den jährlich im Oktober gemähten war die Ähnlichkeit gross. Auf der Dauerbrache und den nur alle 5 Jahre gemähten Flächen war die Verbuschung kein Problem aber die Artenzahl war 20-30% geringer als in den traditionell bewirtschafteten Flächen, insbesondere bei den typischen Trockenwiesenarten. Grund war die zunehmende Streueauflage und Vergrasung. Auch in den jährlich abgebrannten Flächen nahm die Artenzahl um ca. 30% ab (wenngleich z.B. Gentiana ciliata und Thesium bavarum zunahmen). Ursache für die Abnahme war neben direkter Brandwirkung die Zunahme von Brachypodium pinnatum auf Kosten von Bromus erectus. Brand vernichtete ausserdem praktisch alle Moose (6-8 Arten). Generell gilt, dass jedes Management bestimmte naturschützerisch wertvolle Arten förderte und andere schädigte. 25 3 Aus naturschützerischer Sicht ist deshalb eine Mosaikbewirtschaftung zu empfehlen, damit möglichst viele Pflanzen- und Tierarten erhalten werden können (Köhler et al. 2005). Zentrale Teile von Halbtrockenwiesen sollen jährlich im Juni/Juli gemäht werden, Randpartien aber nur alle 2 Jahre. Falls der Boden nährstoffarm ist, können die Randpartien auch erst im Herbst jährlich gemäht werden. In großen Halbtrockenwiesen empfiehlt es sich, wie tierökologische Untersuchungen in Streuwiesen zeigten, zusätzlich einige 300 m2 große, nur alle zwei Jahre gemähte Inseln stehen zu lassen, vor allem für die Fauna. (Für mitteleuropäische Wiesenökosysteme gelten die Faustregeln: Blütenpflanzen-Artenzahl x 10 = ArthropodenArtenzahl sowie Blütenpflanzen-Artenzahl x 5 = Pilz-Artenzahl). Dauerbrache und Abbrennen sind gemäß dem Dargelegten aus Naturschutzsicht unbedingt zu vermeiden. Blütenpflanzen Moose und Flechten 10 Artenzahl Artenzahl 50 25 0 0,01 0,1 1 10 5 0 0,01 100 Flächengröße [m ²] Junimahd 0,1 1 10 100 Flächengröße [m ²] Oktobermahd Junimahd 2a Brennen Brache Abb. 4 Artenzahl-Flächen-Kurven in Versuchsflächen 5 Jahre nach der Beendigung von 22 Jahre lang dauernden verschiedenen Managements (2a = Mahd alle 2 Jahre). Während dieser 5 Jahre jährliche Mahd ± in Oktober. (Aus Jeschke et al. submitted). Nach Ende der 22 Jahre dauernden Bewirtschaftungsexperimente wurde die ganze sehr nährstoffarme Versuchsfläche 5 Jahre lang jährlich meist im Oktober gemäht. Jeschke et al. (submitted) stellten fest, dass die Artenzahlen in den verschiedenen Managements nach 5 Jahren praktisch noch die gleichen waren, wie am Ende der Managementversuche. Detailuntersuchungen der Moos- und Flechtenflora ergaben für 16 m2-Flächen in den ehemals abgebrannten oder ehemals in Dauerbrache belassenen Flächen nur 8 bzw. 13, in den Mahdvarianten hingegen 13-16 Arten. In den ehemals nur alle zwei Jahre im Juli gemähten Flächen hatten die für Trespenwiesen typischen Moosarten allerdings stark abgenommen, weswegen dieses Management aus Naturschutzsicht nicht zu empfehlen ist. Es zeigt sich also, dass sich die Artengarnitur selbst nach der 5 Jahre dauernden, naturschützerisch vertretbaren jährlichen Oktobermahd nicht von den früheren, langjährigen Managements „erholt“ hatte. Dies ist erstaunlich, da Diasporenquellen bzw. Arten mit Rhizomen unmittelbar angrenzend an die Flächen vorhanden waren. Diese Langsamkeit von Vegetationsveränderungen ist im Naturschutz unbedingt zu berücksichtigen! Literatur Krüsi B. (1981) Phenological methods in permanent plot research. Veröff. Geobot. Inst. ETH, Stiftung Rübel, Zürich 75, 1-115. Gigon A. (1994) Positive Interaktionen bei Pflanzen in Trespen-Halbtrockenrasen. Verh. Ges. f. Ökologie 23, 1-6. Gigon A. & Leutert A. (1996) The Dynamic keyhole-key model of coexistence to explain diversity of plants in limestone and other grasslands. J. Veg. Sci. 7: 29-40. Jeschke M., Kiehl K. & Gigon A. (submitted) Langfristige Auswirkungen ehemaliger Bewirtschaftungsvarianten auf die Diversität von Blütenpflanzen, Moosen und Flechten eines Kalkmagerrasens fünf Jahre nach Umstellung auf einheitliches Management. Köhler B. (2001) Mechanism and extent of vegetation changes in differently managed limestone grasslands. Ph.D. thesis nr. 14227. ETH Zurich,89 S. 26 4 Köhler B., Gigon A., Edwards P., Krüsi B. O., Langenauer R., Lüscher A. & Ryser P. (2005) Changes in species composition and conservation value of limestone grasslands in Northern Switzerland after 22 years of contrasting managements. Perspect. Plant Ecol. Evol. Syst. 7: 51-67. 27 Zur Artenvielfalt von Pflanzengesellschaften des Graslands Bernd Nowak, GöLF Wetzlar Der seit etwa 40 Jahren anhaltende, nutzungsbedingte Rückgang der Biodiversität der Graslandökosysteme hat dazu geführt, dass die potenzielle Artenvielfalt dieser Lebensräume beziehungsweise ihre optimale Artenausstattung heute immer weniger bekannt sind. Junge Wissenschaftler haben in vielen Regionen keine Gelegenheit mehr, Graslandbiotope mit reicher floristischer Ausstattung kennen zu lernen. Im Naturschutz ist zu bemerken, dass angemessene Maßstäbe zur Beurteilung des Erhaltungszustandes dieser Lebensräume und ihrer Artenausstattung verloren gehen. Dies hat zur Folge, dass an Arten verarmtes Grasland beziehungsweise Bestände mit fragmentarischer Artenausstattung als Leitbilder und Ziele des Naturschutzes festgesetzt werden und somit erhebliche Biodiversitätsverluste in der Kulturlandschaft unbemerkt bleiben beziehungsweise in Kauf genommen werden. Im Rahmen dieser Tagung erscheint es mir trotz der Anwesenheit ausgezeichneter Experten deshalb angezeigt, anfangs orientierende Zahlen zur Artenvielfalt floristisch gut und optimal entwickelter Graslandphytozönosen zu benennen. Dabei will ich unterstellen, dass die bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts in Mitteleuropa vorherrschende Heuwiesennutzung zu tradierten Terminen und ohne jede Düngung sowie die überwiegend historische Hutweidenutzung gut oder optimal entwickelte Pflanzengesellschaften des Graslandes ermöglichen. Die nachstehende Tabelle gibt eine Übersicht zur mittleren und maximalen Phytodiversität gut entwickelter Bestände verschiedener Grünlandtypen. Grundlage der Zahlen sind neben Literaturdaten Erfahrungen aus vielen Hundert Vegetationsaufnahmen, die ich in den zurückliegenden 20 Jahren vor allen in Hessen und Baden-Württemberg angefertigt habe. Die Werte können vermutlich für den gesamten Mittelgebirgsraum Mitteleuropas gelten. Berücksichtigt sind Phanerogamen und Moose. Bei Pflanzengesellschaften, die sich nicht durch extreme Standortverhältnisse auszeichnen, beziehen sich die Artenzahlen auf Probeflächen von 20-25 m². Nach meinen Beobachtungen ist auf 10 m² in der Regel bereits mindestens 90 % des Gesamtartenbestandes nachweisbar. Die angegebenen Spannen der Artenzahlen berücksichtigen unterschiedliche Naturräume und Standortgegebenheiten. So ist die potenzielle Artenvielfalt auf basenreichen Böden in der Regel größer als auf sauren. Hohe Phytodiversität wird außerdem durch standörtlich oder klimatisch bedingte schwankende Wasserversorgung, lange Vegetationsperioden und hohe Wärmesummen in der Vegetationszeit begünstigt. Die genannten Mindestwerte sollen also nur für Naturräume mit ungünstigen Verhältnissen gelten. 28 Tabelle 1: Mittlere Artenzahlen und Spitzenwerte der Artenvielfalt gut und optimal entwickelter Pflanzengesellschaften des Graslands im westdeutschen Mittelgebirgsraum (Phanerogamen und Moose) Vegetationsytp Frischwiesen Arrhenatheretalia Frischweiden Arrhenatheretalia Pfeifengras-Wiesen Molinion caeruleae Brenndolden-Wiesen Cnidion dubii Feuchtwiesen Calthion palustris Feuchtweiden Calthion palustris Halbtrockenrasen Bromion erecti Borstgras-Rasen, pH < 4,5 Nardetalia ohne Violion caninae Borstgras-Rasen, pH >4,5 Violion caninae Kleinseggen-Rasen Caricion fuscae Probeflächen (m²) Nutzungstyp 20-25 Wiese 20-25 Hutweide 20-25 Wiese 20-25 Wiese 20-25 Wiese 20-25 (Hut-)Weide mit Nachmahd 10-20 Wiese, Hutweide 10-20 Wiese / Hutweide Wiese / Hutweide Wiese / Hutweide 10-20 6-15 mittlere Artenvielfalt optimale Artenvielfalt Blütenpflanzen (Moose) Blütenpflanzen (Moose) 35-50 (3-6) 35-45 (3-8) 40-55 (3-8) 25-40 (0-3) 35-50 (3-6) 35-40 (3-6) 40-60 (3-8) 15-30 (3-5) 30-45 (4-5) 20-30 (5-10) 55-75 (>10) 50-60 (>10) 60-80 (>10) >45 (>3) 55-80 (>10) >50 (>10) >65 (>10) >30 (>5) >50 (>8) 35-45 (>10) Gut entwickelte Pflanzengesellschaften des Graslands gehören zu den artenreichsten Phytozönosen Mitteleuropas und haben einen großen Anteil an der Biodiversität unserer Kulturlandschaften. Standörtlich differenzierte, extensiv bewirtschaftete Grünlandkomplexe können auf Flächen von 50-100 ha mehr als 400 Phanerogamenarten beherbergen. 25-30 % der Gefäßpflanzen Mitteleuropas außerhalb der Alpen haben (oder hatten) in Grasland-Ökosystemen ihre größte Häufigkeit oder einen Verbreitungsschwerpunkt. Die Artenzusammensetzung der Pflanzengesellschaften des Graslands ist trotz ihres großen dynamischen Potenzials bei gleich bleibenden Nutzungseinflüssen sehr konstant. Langjährige Daueruntersuchungen ergeben oft erhebliche witterungsbedingte Vegetationsschwankungen, die aber die Mengenanteile der einzelnen Arten und kaum die Artengarnitur betreffen. Verluste der Phytodiversität des Graslands haben vielfältige Ursachen. Von Nutzungsaufgabe betroffen sind bislang vor allem Lebensräume feuchter und ertragsarmer Böden. Von größerer Relevanz sind die Folgen der Düngung beziehungsweise Eutrophierung von Graslandstandorten sowie nutzungsbedingte Beeinträchtigungen der generativen Reproduktion der Arten. Die hieraus resultierende floristische Verarmung ist bestenfalls sehr langfristig und in der Regel nur teilweise reversibel. Neben begrenzten Möglichkeiten der Ausmagerung aufgedüngter Böden ist die sehr ungünstige Ausbreitungseffizienz der meisten Pflanzenarten des Graslandes ein wichtiger limitierender Faktor. So dauert beispielsweise die Entwicklung einer "floristisch gesättigten" Frischwiese auf einem mageren Boden selbst dann mindestens 40 Jahre, wenn in der unmittelbaren Umgebung artenreiche Bestände als Diasporenspender vorhanden sind. Moderne Ernteverfahren haben die Ausbreitungsmöglichkeiten der meisten Pflanzenarten der Wiesen zudem erheblich verschlechtert. 29 LACOPE G. Kaule University of Stuttgart Co-ordinator Final Report - Section 6-4-1 LACOPE (Landscape Development, Biodiversity and Co-operative Livestock Systems in Europe) Contract No.: EVK2-CT-2002-00150 D-diversity versus J-diversity extensive grazing, abandonment and intensive meadows in the regional scale BioAssess results summarised by G. Kaule and L. Oksanen Introduction To study the consequences of habitat changes on regional biodiversity (J-diversity) is inherently problematic. J-diversity (measure of the overall diversity for different ecosystems within a region) is primarily determined by the numerous locally and regionally rare species, which are difficult to study. Possibilities for methodologically consistent comparative studies are vastly enhanced, if we assume that the occurrence of rare species is correlated with local species richness (D-diversity), which seems reasonable indeed. Both local species richness and the occurrence of regionally rare species depend on the history of the habitat, determining the size of its species pool (Dynesius and Jansson 2000, Pärtel 2002), and on the local intensity of disturbance, with highest numbers of species coexisting at intermediate levels of disturbance (Grime 1973, Connell 1978). BioAssess is based on the above assumption and uses local species richness as an index for the value of the habitat for regional species richness. In the context of LACOPE, the scope of using BioAssess to find out how the value of extensively grazed habitats, created by traditional, large scale grazing systems, changes if the area is abandoned, allowing for secondary succession to proceed. The other modern trend is intensification of land use, i.e. changing extensively grazed habitats to intensively managed pastures. Some areas may even be changed into mown fields, but this is unlikely to happen in a large scale. This summary is restricted to a short overview on the basic results of BioAssess and three comparisons representing the changes from extensively grazed habitats to abandoned areas, “forests” (operationally defined as whatever plant communities that represents the ultimate end stage of secondary succession), and intensively managed pastures. Moreover, the focus is set on the four major organism categories used in D 8.2.: vascular plants, lichens Carabid beetles, and insects and arachnoids in general. Methods General Methods and targets of BioAssess see: Allan Watt: www.nbu.ac.uk/bioassess/ Ch Scheidegger: http://4dweb.proclim.ch/4dcgi/alpine/en/Detail_Project?ch-2240 Specification in LACOPE: Each study area (or a focal management unit within it) was divided into the strata defined above (extensive pasture, intensive pasture, abandoned land, “forest”, mown areas, and habitats with special conservation value), and each of these five BioAssess circles were randomly sampled. Vegetation of the circles was studied by means of systematically sampled relevés, insects by means of pitfall and window traps. For further details, see D_8.2. For several groups real species numbers were recorder, for other due to the BioAssess methodology only a n investigation based on morpho-species was done. For the Sápmi study area (northernmost parts of Norway, Sweden and Finland), the method has been modified for two reasons: the size and heterogeneity of management units and the fact, that 30 LACOPE G. Kaule University of Stuttgart Co-ordinator Final Report - Section 6-4-1 practically every piece of land is used for extensive grazing, and there is no indication towards either abandonment or intensification. Thus intensively used pastures (according to LACOPEdefinitions) do not exist, and abandoned areas and “forests” occur only as small patches in areas, where some obstacle prevents reindeer grazing. Patches of abandoned land have been created by the fences currently used for managing reindeer. The closest habitat type to a “forest” in Sápmi consists of the islands in Lake Iešjávri, which is only partially frozen in the time the reindeer migrate through the area, making the islands inaccessible. To provide sensible comparisons, these exceptional areas were compared to near-by, extensively grazed areas with similar physical conditions. A presentation of results and their basic comparison for the different study areas is given in D.8.2. The results of the following comparisons - after an overview - are presented as four matrices, each with 17 elements which can be either “0” (no significant difference) “+” (the transition significantly increases local species richness) or “-“ (the change significantly reduces local species richness). In all comparisons, it was adhered to the significance level of p < 0.05, without making Bonferroni corrections. In a matrix containing 17 elements, the a priori likelihood of having at least one significant value just by chance is 1 - 0.9517 = 0.58. Therefore, one or two non-zero elements in a matrix cannot be regarded as hard evidence for changes in biodiversity. Results and discussion The biodiversity assessment revealed in total 1,135 plant species, 499 lichen species and 226 Carabid species (Table 1). Tab. 1. Total number of species of plants, lichens (all substrates, epiphytic, saxicolous, terricolous) and carabids. The number of taxa detected in this project is comparable to the species numbers detected in the EU-project BioAssess, where 1467, 757 and 301 plant, lichen and carabid species were detected on the randomly selected small plots in 8 land-use gradients across Europe, ranging from natural forests to agricultural areas. Given the fact that the habitats sampled in this project are more or less closely linked to LSGS, the species numbers could be regarded as comparably high. This could stress the overall importance of LSGS for the maintenance of a high species density and a considerable part of biodiversity in Europe. Nevertheless for a valid assessment more data and a detailed analysis on this matter would be needed. The different strata of the LSGSs did only rarely show strong differences in species richness or composition within a study region on the basis of the BioAssess data. However, a comparison of the additive partitioning of species within plots, between plots within strata, and between strata revealed common patterns among the studied regions. In most cases, less than 20% of the species were confined to single plots. The impacts of transitions from extensive grazing to abandoned areas, “forests” and intensely grazed areas on the local diversity of the four focal organism groups are summarized below (Tables 2-5). 31 2 LACOPE G. Kaule University of Stuttgart Co-ordinator Final Report - Section 6-4-1 Tab. 2. Relevance of transition from extensive grazing to other strata for vascular plants transition to abandoned “forest” Intense gr. Sápmi 0 0 not stud. Tatra 0 0 0 Bavaria LaMancha 0 + 0 Alantejo 0 0 0 Tab. 3. Relevance of transition from extensive grazing to other strata for lichens transition to Sápmi Tatra Bavaria Entlebuch 0 0 0 abandoned + “forest” 0 0 0 0 __ 0 Intense gr. not stud. 0 LaMancha 0 + 0 Alantejo 0 0 0 Tab. 4. Relevance of transition from extensive grazing to other strata for carabids transition to Sápmi Tatra Bavaria Entlebuch __ abandoned 0 0 0 “forest” 0 0 0 0 intense gr. not stud. 0 0 0 LaMancha 0 0 0 Alantejo 0 0 0 __ 0 0 Entlebuch 0 0 0 Tab. 5. Relevance of transition from extensive grazing to other strata for insects and arachnoids in general transition to Sápmi Tatra Bavaria Entlebuch LaMancha Alantejo __ 0 0 abandoned 0 0 0 __ __ 0 0 0 “forest” 0 intense gr. not stud. 0 0 0 0 0 Out of the 68 transitions studied, 59 appeared to be neutral for local species richness, six resulted to significant loss of local species richness and three resulted to significant increase in species richness. The prevalence of zeros in the matrix is so overwhelming, that even the few non-zero elements should be interpreted with caution. For vascular plants and carabids, the only reasonable conclusion is that grazing has no general impact on local species richness based on BioAssess methodology and results. For lichens, there seems to be a tendency that grazing reduces species richness, which is rather natural as terricolous lichens are sensitive to trampling and arboreal lichens thrive best in real forests. In one study area Entlebuch, Switzerland - total species richness of insects and arachnoids declines when grazed areas are abandoned, but as no correspondingly clear patterns were found in other study areas, the biological significance of this pattern remains unclear. The observed weakness of the relationship between local species diversity and grazing intensity on the coarse level of strata is consistent with the results obtained in previous studies in Sápmi, covering different habitats and a wide range of grazing intensities (Olofsson et al. 2001, Olofsson and Oksanen 2005). Indeed, extremely intense grazing, removing all but the most tolerant species, reduces local species richness, so does totally undisturbed competition, leading to predominance of the strongest species (as exemplified by the mountains of south eastern Norway, covered by copious carpets of Cladina stellaris, see Dahl 1957). Between these extremes, however, there seems to be a vast plateau, where local species richness does not respond to changes in the intensity or frequency of grazing or other sources of disturbance. Even the altitudinal pattern in local species richness documented by Bruun et al. (2006) is very diffuse, with different plant groups responding in very different ways, so that the existence of a statistically significant over-all pattern is critically dependent of the vast range of environmental variation covered in the study and on an enormous number of sample plots, allowing statistical documentation of even weak patterns. 32 3 LACOPE G. Kaule University of Stuttgart Co-ordinator Final Report - Section 6-4-1 Nevertheless it has to be pointed out, that the level of strata is mainly not suitable to reflect severe changes taking place on a much lower level of aggregation and leading to degradation and losses of habitat suitability for habitat types and species of high importance for nature conservation. 5. References Bruun, H. H., Moen, J., Virtanen, R., Grytnes, J.-A., Oksanen, L., Angerbjörn, A. 2006: Effects of altitude and topography on species richness of vascular plants, bryophytes and lichens in alpine communities. - Journal of Vegetation Science 17: 37-46 Connell, J. H. 1978. Diversity in tropical rain forest and coral reefs. - Science 199: 1302-1310. Dahl, E. 1957: Rondane. Mountain vegetation in south Norway and its relation to the environment. Skrifter norske videnskaps-akad. Oslo. I. Matem.-Naturvidensk. Kl. 1956:3 1-374 + map. Dynesius, M., Jansson, R. 2000: Evolutionary consequences of changes in species’ geographical distributions driven by Milankovich climate oscillations. - Proc. Natl. Acad. Sci. USA 97: 9115-9120. Emanuellson, U. 1987: Human influences on the vegetation of the Torneträsk area during the last three centuries. Ecological Bulletins (Stockholm) 38: 95-111. Eskelinen, A., Oksanen, J. 2006: Changes in the abundance, composition and species richness of mountain vegetation in relation to summer grazing by reindeer. Journal of Vegetation Science 17: 245-254. Grime, J. P. 1973: Competitive exclusion in herbaceous vegetation. - Nature 242: 344-347. Hambäck, P. A., Oksanen, L., Ekerholm, P., Lindgren, Å, Oksanen, T., Schneider, M. 2004: Predators indirectly protect tundra plants by reducing herbivore abundance. Oikos 106:85-92. Oksanen, L., Moen, J., Helle, T. 1995: Timberline patterns in northernost Fennoscandia: the importance of climate and grazing. - Acta Bot. Fennica 153:93-105. Olofsson, J., Oksanen, L. 2005: Effects of reindeer density on plant diversity in the Fennoscandian mountain chain. - In R. E. Haugerud, ed. Proceedings of 11th Arctic Ungulate Congress, Saariselkä, Finland, 2003 (Rangifer 25): 5-18 Pärtel, M. 2002: Local plant diversity patterns and evolutionary history at the regional scale. Ecology 83: 2361-2366. Tilman, D. 1988: Plant strategies and the structure and dynamics of plant communities. Princeton University Press, Princeton, New Jersey. 33 4 LACOPE G. Kaule University of Stuttgart Co-ordinator Final Report - Section 6-4-1 The overall importance of large complex extensive pastured reserves for protecting biodiversity is documented by statistical data: The investigated large grazing units (Allmende pastures) in Upper Bavaria cover in sum 400ha or 0,00565% of the state territory. This small area is hosting 644 vascular plant species or 23,3% 0f the flora of Bavaria (N= 2.736 species. Source: Lederbogen, D., Rosenthal, G., Scholle, D., Trautner, J., Zimmermann, B., Kaule, G. 2004: Allmendweiden in Südbayern . Naturschutz durch landwirtschaftliche Nutzung. Angewandte Landschaftsökologie, 62: 469 pp. + LXI S.; Bonn-Bad Godesberg. 34 5 Artenvielfalt des Wirtschaftsgrünlandes in Nordrhein-Westfalen Dr. Andreas Neitzke Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW Dr. E. Foerster Kleve-Kellen Ein Maß für den Artenreichtum von Pflanzengesellschaften ist die Į-Diversität. Sie gibt die auf einer definierten Flächengröße festzustellende Artenzahl wieder und ist eine wichtige Eigenschaft von Pflanzengemeinschaften, die auch deren Naturschutzwert mitbestimmt. Ebenso spielt sie eine bedeutende Rolle bei der Aufstellung von Leitbildern im Rahmen des Biotopmanagements und der Beurteilung der Wirksamkeit von Entwicklungsmaßnahmen mit quantitativen Methoden. Die Ermittlung der Flächengröße, die untersucht werden muss, um alle zu einer Pflanzengemeinschaft gehörenden Arten zu erfassen, ist eine wesentliche Aufgabe der Vegetationskunde. Für die Grünlandkartierung in Nordrhein-Westfalen wurde aufgrund eigener Untersuchungsergebnisse und unter Berücksichtigung der Erkenntnisse anderer Arbeitsgruppen ein Minimal-Areal von 25 qm festgesetzt, das so dem überwiegenden Teil der rund 10.000 Vegetationsaufnahmen aus den Jahren 1960 bis 1995 zugrunde liegt. Weitere Grundzüge der Datenerhebung sind: x Einheitliches Aufnahmeverfahren (Methode nach Klapp-Stählin). x Einheitliche Ansprache der Gesellschaften (Kartierungsschlüssel für das Grünland in NRW (NEITZKE, BORNKESSEL, FOERSTER. 2004)). x Erstellung der Aufnahmen in repräsentativen Beständen der einzelnen Kartiereinheiten. x Jährliche Eichung der Kartierer untereinander. x Kartierung in allen Grünlandgebieten Nordrhein-Westfalens. x Sicherung der korrekten Artansprache durch Kontrollbestimmungen und Erstellung von Sonderschlüsseln (u. a. FOERSTER 2006). Diese Eigenschaften des in sich geschlossenen Datenbestandes erlauben es, die Į-Diversität der verschiedenen Grünlandgesellschaften unter Berücksichtigung der höheren Pflanzen vergleichend zu beschreiben (Tab. 1). Die maximalen Artenzahlen belegen, dass das Grünland unter Berücksichtigung der höheren Pflanzen die höchste Į-Biversität aller Pflanzengesellschaften in NRW besitzt. Die große Spannweite der Artenzahlen deutet auch auf die zahlreichen unterschiedlichen Ausbildungen der Gesellschaften hin, ein Zeichen für die ebenfalls hohe ȕ-Diversität im Bereich des Grünlandes. Ein Vergleich der auf verschieden großen Probeflächen ermittelten Artenzahlen zeigt, dass die maximalen Artenzahlen bereits bei 25 qm gefunden wurden. Eine Ausnahme ist bei den Berg-Glatthaferwiesen zu beobachten. Hier wurde die höchste Artenzahl bei einer Aufnahmefläche von 50 qm Größe festgestellt. Die artenreichsten Pflanzenbestände kommen auf magerem, wechselfeuchtem Standort in montaner Lage vor. Hier sind die Pflanzen vielfältigem Stress ausgesetzt, der verhindert, dass einzelne, besonders konkurrenzkräftige Arten das Bild der Pflanzenbestände bestimmen. Die Stressfaktoren werden durch das Auftreten entsprechender Indikatorarten angezeigt. So finden sich Magerkeits- und Montanzeiger neben Trockenheit und Feuchte tolerierenden Arten. Das Artengrundgerüst bilden die allen Grünlandgesellschaften gemeinsamen Charakterarten, zu denen sich die bewirtschaftungstypischen Kennarten zusammen mit den Begleitern gesellen. Ein Vergleich der Aufnahmen aus den verschiedenen Jahren, unter Berücksichtigung der Artenzahlen zeigt, dass die artenreichsten Bestände in den 60ziger und 70ziger Jahren vorgekommen sind. Der zur Zeit mit dem vorliegenden Aufnahmematerial dokumentierte 35 maximale Verlust an Arten wurde bei den Goldhaferwiesen festgestellt und liegt bei 30 % (Tab. 2). Erste Erfolge der Naturschutzbemühungen können Wiederholungskartierungen und Dauerquadratuntersuchungen belegen. So konnte im Mittelgebirge und in Ostwestfalen in gut betreuten Naturschutz- und Vertragsnaturschutzflächen der Artenrückgang gestoppt werden. (MICHELS 2007, SCHUMACHER 2007). Tabelle 1: Artenzahlen im Wirtschaftsgrünland auf 25 qm großen Aufnahmeflächen Pflanzengesellschaften Minimum arith. Maximum Anzahl der Mittel berücksichtigten Aufnahmen Weidelgrasweiden 7 23 52 2796 Geest-Rotschwingelweide 10 24 62 332 Rotschwingel-Straußgrasweide 14 36 48 42 Flutrasen 3 16 44 417 Goldhaferwiesen 14 40 73 127 Berg-Glatthaferwiesen 16 32 491) 62 Flachland-Glatthaferwiesen 4 28 53 496 Sumpfdotterblumenwiesen 3 28 53 337 Kohldistelwiesen 12 34 61 95 Silgenwiesen 11 23 40 13 Waldsimsenwiese 11 35 54 144 Waldbinsenwiese 11 28 57 34 Pfeifengraswiesen, sauer 7 28 58 41 Pfeifengraswiesen, basisch 16 37 50 10 Molinietalia- Fragmentgesellschaften 5 22 47 135 1) Maximale Artenzahl: 77 Arten auf 50 qm Tabelle 2: Veränderungen der Artenzahlen von Goldhaferwiesen in NRW von 1960 bis 2005 1960-1979 1980-1989 1990-1995 2000-2005 Minimum 30 14 21 15 Arith. Mittel 44 39 30 32 Maximum 73 70 50 53 Anzahl der Aufnahmen 47 64 16 601) 1) diese Aufnahmen wurden während einer Wiederholungskartierung in den noch existierenden Goldhaferwiesen an den alten Aufnahmepunkten aus der Zeit von 1960 bis 1995 erstellt. Literatur: FOERSTER, E. (2006): Seggen, Binsen, Simsen und andere Scheingräser des Grünlandes.-Ein Schlüssel zum Bestimmen während der ganzen Vegetationszeit.- Recklinghausen, 40 S. MICHELS, C. (2007): Landesweite Erfolgskontrollen des Vertragsnaturschutzes. LÖBF-Mitt. 1/2007, 29-35 NEITZKE, A., BORNKESSEL, R. & FOERSTER, E. (2004): Grünlandkartierung NRW, Methodik und Arbeitsanleitung. Recklinghausen, 119 S. SCHUHMACHER, W. (2007): Bilanz – 20 Jahre Vertragsnaturschutz. LÖBF-Mitt. 1/2007, 21-28 36 Entwicklung und aktuelle Situation von Grünland-Standorten in SchleswigHolstein, Hamburg und Nordost-Niedersachsen Klaus Dierssen Ökologie-Zentrum der Christian-Albrechts-Universität Olshausenstr. 75 D-24098 Kiel kdierssen@ecology.uni-kiel.de 1. Aktueller Zustand Die Grünland-Typen im Bearbeitungsgebiet (Tab. 1) sind aktuell in sehr unterschiedlichen Flächengrößen vertreten. Oligotraphente Niedermoor-Gesellschaften (Caricion nigrae, Caricion davallianae) treten ausnahmslos kleinflächig auf, vielfach im Kontakt zu intensiver bewirtschaftetem Grünland oder anderen Vegetationstypen. Die Größe und Qualität der Bestände selbst ist fast durchgehend rückläufig (Bewirtschaftungsänderung, Entwässerung, diffuse Nährstoffein-träge). Langfristig ist auch innerhalb von Natura-2000-Gebieten von einem weiteren Rückgang gefährdeter Arten und einem Abfallen der Qualität der Bestände auszugehen. Mesotraphente Niedermoor-Gesellschaften (Caricion lasiocarpae) sind im Gebiet eher an basenarmen und sehr nassen Standorten vertreten und durchweg ziemlich artenarm. Oligohemerobe Bestände basenreicher Standorte sind aktuell extrem selten, gefährdet und lassen sich, einmal wirksam verändert, praktisch nicht restituieren. Standorte der Salzmarschen (Armerion maritimae) liegen entlang der Nordseeküste fast durchweg innerhalb des Nationalparks Schleswig-Hosteinisches und Hamburger Wattenmeer; in Speicherkögen nimmt ihr Flächenanteil durch Sukzessionsprozesse zu Röhrichten und Hochstaudenfluren großräumig ab. Entlang der Ostseeküste werden die ausgedehnteren Salzmarschenkomplexe abgesehen von kleinen, nahe NN gelegenen Flächen mittel- und langfristig ohne eine moderate Beweidung von Brackröhrichten abgelöst werden. Das klassische Wirtschaftgrünland ist durch Standorte mittlerer Feuchtestufen bei zugleich günstiger Nährstoffversorgung gekennzeichnet. Gesellschaften des Lolio-Plantagion (Trittrasen) sind eher kleinräumig innerhalb intensiv beweideter Flächen sowie entlang von Wegrändern verbreitet und häufig. Die bezeichnenden Arten sind ubiquitär verbreitet. Weidelgras-Weißklee-Weiden (Cynosurion cristati) sind in Norddeutschland der vorherrschende Vegetationstyp der gedüngten Stand- und Mähweiden. Die artenreicheren Bestände magerer Standorte sind allerdings rückläufig bis vollständig aus der Landschaft verschwunden. An den produktiven Standorten trägt die Einsaat artenarmer Gemische deutlich zu einer Monotonisierung der Bestände bei. An verdichteten, staunassen Standorten werden die Weidelgras-Weißklee-Weiden durch Flutrasen ((Lolio-)Potentillion) ersetzt. Die Standorte sind üblicherweise sehr bis extrem artenarm, und bei Überweidung und durchtretener Grasnarbe entwickeln sich vielfach Dominanzbestände von Juncus effusus. Die Mehrzahl der Standorte ist durch Sackung organogener Böden und/oder durch Verdichtung bei intensiver Beweidung geprägt. Wiesen-Gesellschaften an mittleren Standorten (Arrhenatherion elatioris) fehlen in dem Gebiet. Vertreten sind lediglich ruderalisierte, von Arrhenatherum elatius dominierte, unbewirtschaftete Grasland-Bestände an Eisenbahnböschungen, Straßenrändern und gelegentlich auf Brachflächen an der Steilküste der Ostsee. 37 1 Ebenso fehlen aktuell spät gemähte Streuwiesen-Gesellschaften (Molinion caeruleae). Sie dürften in der Region auch in der Vergangenheit eine eher unbedeutende Ausnahme gewesen sein – als kleinräumig moderat und spät beweidete Flächen wechselnasser Standorte auf hoffernen Parzellen. Molinia-Dominanzbestände in entwässerten Hochmooren oder Feuchtheiden sind floristisch keine Grünland-Gesellschaften im hier behandelten Sinne. Tab. 1: Į-Diversität (Artenzahlen), Gefährdungskategorien, und Restitutionspotenziale von Vegetationstypen in Schleswig-Holstein, Hamburg und NE-Niedersachsen Artenzahlen1 Gefährdung2 Caricion nigrae Caricion davallianae Caricion lasiocarpae 16 - 21 30 13 - 64 2 1 1 gering sehr niedrig - unrealistisch sehr niedrig - unrealistisch Armerion maritimae 7 - 16 1-4 möglich Lolio-Plantaginion Cynosurion cristati (Lolio-)Potentillion (Arrhenatherion) Molinion caeruleae 10 - 17 14 - 28 10 - 17 16 20 - 36 3-4 (2) 3 - 4 3-4 (3) 0 Cnidion venosi Calthion palustris Filipendulion ulmariae 19 16 - 39 15 - 29 1 2-4 3-4 9 - 56 7 - 55 2-3 3-4 gering - mäßig mäßig - gut Corynephorion canescentis Thero-Airion Armerion elongatae Alysso-Sedion Mesobromion erecti 10 - 30 18 14 - 26 8 28 - 35 1-5 1-3 1-4 1 1 mäßig niedrig - gut mäßig gering gering Violion caninae Genistion pilosae Ericion tetralicis 11 - 36 7 - 17 9 - 11 0-3 2 -3 2 -3 gering gering gering Caricion elatae Phragmition australis Restitutionspotenzial3 möglich möglich möglich (möglich) aktuell fehlend, unrealistisch unrealistisch mäßig mäßig - gut Nicht oder nur spät in der Vegetationsperiode beweidungsfähige Feuchtwiesen-Standorte waren in den großen Auensystemen und Niederungen Norddeutschlands der beherrschende Vegetationstyp bis in die 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Durch Entwässerungsmaßnahmen wurden diese Lebensräume sukzessive weidefähiger gemacht und schließlich, kombiniert mit zunehmend intensiverer Düngung in Mähweiden überführt. Die aktuellen Feuchtweiden unterscheiden sich von solchen vor dem 2. Weltkrieg (z. B. TÜXEN 1937) durch eine weitaus artenärmere Zusammensetzung der Narbe. 1 Abgeleitet aus Vegetationsaufnahmen unterschiedlicher Flächengröße, im allgemeinen 25 m2 0 verschollen, 1 vom Aussterben bedroht, 2 stark gefährdet, 3 gefährdet, 4 derzeit nicht erkennbar gefährdet, 5 ungefährdet 3 realistische Entwicklungsmöglichkeiten in Hinblick auf eine Ersatz im Rahmen von Ausgleichsmaßnahmen 2 38 2 Die Brenndolden-Wiesen (Cnidion venosi) charakterisieren das Kulturgrasland der Elbeniederung mit sehr starken jahreszeitlichen Wasserstandsschwankungen. Der Artenbestand vor allem in NE-Niedersachsen ist aktuell qualitativ hochwertig. Sumpfdotterblumen-Feuchtwiesen (Calthion palustris) waren die beherrschende Vegetationstypen des Feuchtgrünlandes und aufgrund der hohen Grundwasserstände nur eingeschränkt beweidungsfähig. Großräumige Drainagen haben diese Systeme beweidungsfähig gemacht und in jüngerer Zeit weiträumig in Lolio-PotentillionGesellschaften überführt. Dennoch hat sich der überregional weiträumige Rückgang der Calthion-Gesellschaften nicht in Schutzmaßnahmen der verbliebenen Restbestände bei der Entwicklung des Schutzgebietssystems NATURA 2000 ausgewirkt. Lediglich aus dem Calthion palustris durch Nutzungsaufgabe hervorgegangene feuchte Hochstaudenfluren (Filipendulion ulmariae) genießen gemäß Anhang I Schutzstatus, obgleich die Überführung von artenreichen Calthion-Gesellschaften in die deutlich artenärmeren und in Mitteleuropa vielfach ruderalisierten Filipendulion-Bestände in der Regel mit einem deutlichen Rückgang der Gefäßpflanzenarten je Flächeneinheit verknüpft ist ( s.u.). Neben den klassischen feuchten bis frischen Grünlandstandorten sind vielfach auch Großseggenrieder und Landröhrichte (Caricion elatae, Phragmition australis) etwa entlang von Seeufern mit in eine Standweidenutzung einbezogen. Abgesehen von den artenarmen Röhrichten im Litoral der Gewässer können diese Standorte infolge der mechanischen Zerstörung der konkurrenzkräftigen und hochwüchsigen Gräser und Seggen bei mäßig intensiven Auftriebsdichten (1 – 1,5 Rinder/ha) struktur- und zugleich artenreicher werden. Die übrigen in Tab.1 aufgeführten Vegetationstypen der initialen Sandtrockenrasen und Halbtrockenrasen (u. a. Corynephorion canescentis, Mesobromion erecti) sowie der sauren Borstgrasrasen (Violion caninae) und Heiden unterschiedlicher Wasserstufen (Genistion pilosae, Ericion tetralicis) sind in der ‚Normallandschaft’ praktisch nicht mehr vertreten, sondern bezeichnend für Naturschutzgebiete und Truppenübungsplätze an wenig produktiven Standorten. Abgesehen von den Küstengebieten sind diese vielfach kleinflächigen Bereiche stark den Nährstoffeinträgen aus den vielfach unmittelbar angrenzenden landwirtschaftlichen Nutzflächen ausgesetzt. Langfristig sind die externen Nährstoffeinträge dabei so hoch, dass die kleinen Populationen häufig niedrigwüchsiger und seltener Arten von ubiquitären, durch Nährstoffeinträge geförderten Arten auch in den Schutzgebieten verdrängt werden. Mahd oder Beweidung dürften für eine ‚nachhaltige’ Bewirtschaftung der Schutzgebiete und die Erhaltung seltenerer Arten folglich nicht ausreichen. Darüber hinaus ist das Restitutionspotenzial dieser ‚seltenen’, aber für die ‚Erhaltung der Artenvielfalt’ in den Reservoiren wichtigen ‚Surrogat’-Arten (RUSSELL et al. 2004) langfristig nicht sichergestellt. 2. Aspekte der Biodiversitätskonvention Die Biodiversitätskonvention, insbesondere der sogenannte ökosystemare Ansatz, greift inhaltlich weiter als eine Erfassung von Artenzahlen in Beständen und Lebensräumen (vergl. HARTJE et al. 2002). Zur durch Fakten belegbaren Beantwortung der Frage, in welchem Maßstab sich bei welchen Indikatoren ein Rückgang seltener und gefährdeter Populationen vollzieht, fehlt derzeit ein konsistentes und allgemein akzeptiertes Monitoring-Konzept, mit dessen Hilfe „der Rückgang ‚der’ Artenvielfalt“ erfasst werden könnte, um darauf aufbauend naturschutzpolitische Anforderungen (etwa „den Artenrückgangs bis zum Zeitpunkt x“ zu stoppen) zu formulieren. Formal sind darauf aufbauend geeignete Maßnahmen zu entwickeln. Die Eignung solcher Maßnahmen ist wiederum durch ein belastbares Erfolgsmonitoring zu überprüfen, um das Maßnahmenbündel iterativ zu verbessern. Auf der Basis belastbarer 39 3 floristischer und geobotanischer Daten wäre es aber immerhin möglich, auf der Bestands- und Ökosystemebene Veränderungen der Vegetationszusammensetzung in Zeitreihen zu dokumentieren - als Voraussetzung für die Entwicklung operatonaler Managementkonzepte und deren Kontrolle. VOSS (2001) hat in Schleswig-Holstein auf normierten Probeflächen (25 m2) in verschiedenen Vegetationstypen des Feucht- und Überschwemmungsgrünlandes die Artenzusammensetzung und unter anderem auch die Mittleren Artenzahlen in Abhängigkeit von Wasserstufen und Nutzungsstufen analysiert. Die Wasserstufen sind folgendermaßen definiert: Feucht : Mittlerer Grundwasserflurabstand < - 40 cm, keine Überflutungen Sehr feucht: Mittl. Grwflurabstand - 40 bis- 2 cm, Überflutungen an 0 - 100 Tagen Naß: Mittl. Grwflurabstand - 2 bis + 2 cm, Überflutungen an > 100 - 270 Tagen Sehr naß: Mittl. Grwflurabstand > 2 cm, Überflutungen an > 270 Tagen. Die Nutzungsstufen sind so definiert: Sehr extensiv Beweidungsdichte (Rinder/ha) kurzfristig, Mahd Extensiv Beweidungsdichte <1 Mahd Mäßig intensiv Beweidungsdichte 1 - 1,5 Mahd Intensiv Beweidungsdichte 2 - 4 Mahd Sehr intensiv Beweidungsdichte > 4 1 1 2-3 3-4 Mahd- und Auftriebstermine sind abhängig von der Trophie und Wasserstufe variabel. Tab. 2: Spannbreiten der mittleren Artenzahlen bei unterschiedlichen Vegetationstypen in Abhängigkeit von Wasserstufen und Nutzungsintensität Mittl. AZ Wasserst./Nutzung Mittl. AZ Wasserstufe/ Nutzung Caricion nigrae 11 - 16 Caricion lasiocarpae 13 - 21 sehr feucht/ fehlend s. feucht - s. naß 40 - 42 40 - 64 Cynosurion cristati Lolio-Potentillion 17 - 30 23 - 28 feucht, intensiv 12 - 16 s. feucht - naß, intens. 7 - 17 sehr feucht/mäß.intensiv s. naß - s. feucht, mäß. intensiv feucht, sehr intensiv s. feucht - naß, s. intens. Caltion palustris/ Filipendulion 30 - 46 mäßig intensiv 12 - 17 fehlend - s. extensiv Caricion elatae 24 - 56 s. naß - s. feucht, m. intensiv s. naß, mäß. intensiv 9 - 14 Phragmition austr. 31 12 fehlend naß, mäß. intensiv Die Daten sind zweifellos ergänzungsfähig und -bedürftig. Dennoch wird erwartungsgemäß deutlich, dass Wasserstufen und Bewirtschaftungsintensität sich wesentlich auf die mittleren Artenzahlen auswirken. Bei Zeitreihenanalysen etwa über Karten der realen Vegetation von topographisch identischen Flächen aus unterschiedlichen Zeiträumen folgt daher, dass aus in der Vergangenheit nassen, extensiv bewirtschafteten Caricion lasiocarpae- und CalthionGesellschaften inzwischen durch Drainagen und eine Erhöhung der Beweidungsintensität Lolio-Potentillion-Bestände hervorgegangen sind. In mittleren Artenzahlen auf den Flächen heißt dies, dass infolge dieser Nutzungsintensivierung die mittlere Artenzahl der 40 4 Gefäßpflanzen an den ehemaligen Standorten des Feuchtgrünlandes um Werte zwischen 57 – 89 % abgefallen ist. Die Verbrachung von aus der Nutzung entlassenen Flächen im Feuchtgrünland (Überführung von Gesellschaften des Calthion palustris in das Filipendulion ulmaria) kann nach den vorliegenden Daten mit einem Rückgang der Gefäßpflanzen zwischen 45 und 75 % verknüpft sein. Drastischer auf das Artengefüge kann sich nur noch ein Grünlandumbruch mit anschließendem Maisanbau auswirken. Alle mit Eutrophierungsprozessen verknüpften Veränderungen sind insoweit nachhaltig, dass eine Restitution zu artenreichen Grünlandbeständen für überschaubare Zeiträume nicht realistisch ist. Literatur DIERSSEN, K. et al. (1988): Rote Liste der Pflanzengesellschaften Schleswig-Holsteins.SchrR. Landesamt NatSchutz LandschPfleg. 6, 2. Aufl., 157 S., Kiel. HARTJE, V., KLAPHAKE, A. & R. SCHLIEP (2002): Considerations of the ecosystem approach of the conservation on Biological Diversity in Germany.- BfN-Skripten 69, 63 S., Bonn. RUSSELL, R. E., MOORE, J.E., MILLER, M.S., SUTTON, T. M. & S. M. KNAPP (2004): Selecting surrogate species for ecological assessments in land-use planning.- In: R. K. Swihard & J. E. Moore (eds.) Conserving Biodiversity in Agricultural Landscapes, 181 – 213, Purdue University Press, West Lafayette, Indiana. SCHRAUTZER, J. & C. WIEBE (1993): Geobotanische Charakterisierung und Entwicklung des Grünlandes in Schleswig-Holstein.- Phytocoenologia 22(1), 105 – 144. TÜXEN, R. (1937): Die Pflanzengesellschaften Nordwestdeutschlands. – Mitt. Flor.-soz. Arbeitsgem. Niedersachsen 3, 170 S., Hannover. VOSS, K. (2001): Die Bedeutung extensiv beweideten Feucht- und Überschwemmungsgrünlandes in Schleswig-Holstein für den Naturschutz.- Mitt. AG Geobot. SchleswigHolstein/Hamb. 61, 185 S., Kiel. 41 5 Intensität und Diversität des Graslandes in Bayern Franziska Mayer, Gisbert Kuhn, Sabine Heinz Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Institut für Agrarökologie, Ökologischen Landbau und Bodenschutz, Freising Einführung Das Grünland hat sich durch die vielfältigen traditionellen Nutzungsformen und Standorte zu einem der artenreichsten Biotope entwickelt (E-Diversität). Die Intensivierung der landwirtschaftlichen Produktion Mitte des letzten Jahrhunderts führte aber einerseits zu hoch produktiven, intensivst genutzten Grünländern mit wenigen Arten, die diese hohe Störungsintensität tolerieren. Andererseits fielen Flächen, die nicht verbesserungswürdig erschienen, brach, was ebenfalls zu einem Artenrückgang führte (Isselstein et al. 2005, Jensen & Meyer 2001). In den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts ist den europäischen Politikern der negative Einfluss der Landwirtschaft auf die Umwelt bewusst geworden. Bereits 1985 (EEC 797/85) und 1991 (EEC 2328/91) gab es Versuche, Agrarumweltmaßnahmen (AUM) zu etablieren. Der Durchbruch gelang erst 1992 mit EEC 2078/92. Ende der 1990er Jahre waren ca. 20 % der landwirtschaftlichen Fläche der EU in AUM integriert (Herzog 2005), 2005 bereits 25 % der landwirtschaftlichen Fläche in den 15 älteren EU Ländern (Kleijn et al. 2006). Die Akzeptanz ist meist in weniger produktiven Regionen höher (Kleijn & Sutherland 2003). Das Bayerische Kulturlandschaftsprogramm (KULAP) war eine der ersten AUM in Europa. Tab. 1: Die grünlandrelevanten KULAP-Typen: AUM Name/Erläuterung GV/ha betriebsbezogen K33 extensives Dauergrünland 0.5 - 2.5 K34 extensives Dauergrünland 0.5 - 2.5 K14 Ökologischer Landbau 0.5 - 2 flächenbezogen K57 max 2 K51/52 später Schnitt max 2 K53-55 später Schnitt max 2 K76 Streuobst - Düngung Pflanzenschutz 1. Schnitt keine Mineralkeine Mineral- eingeschränkt eingeschränkt kein - keine keine Mineralkeine Mineral- kein eingeschränkt - 15. Juni 01. Juli - Das Vertragsnaturschutzprogramm (VNP) bezieht sich auf Feucht-, Mager- und Trockenstandorte und u. a. auf Flächen mit besonderer Bedeutung für den Artenschutz und beinhaltet naturschonende Bewirtschaftungsweisen und Pflegemaßnahmen. In Bayern sind 45 % der Gesamtfläche landwirtschaftlich genutzt (LfL 2007), davon 35 % als Grünland und 55 % mit KULAP. 4,5 % des Dauergrünlandes sind im VNP. Das Bayerische Grünlandmonitoring 2002 wurde das Bayerische Grünlandmonitoring (GLM) gestartet. Ziel von GLM ist es auf der einen Seite, bayerisches Wirtschaftsgrünland unterschiedlicher Intensität zu dokumentieren, zum anderen die Entwicklung auf einzelnen Plots zu verfolgen. Im Speziellen werden die Auswirkungen von KULAP auf die Artenzusammensetzung und Biodiversität untersucht. Berücksichtigt werden halbnatürliche alpine Weiden bis hin zu intensiven (eingesäten) Vielschnittwiesen. Die Dauerbeobachtungsflächen sind eine geschichtete – und somit repräsentative – Stichprobe des Grünlandes jedes bayerischen Landkreises. Sie haben eine Größe von 25 m² und sind mit einem Magnet dauerhaft markiert. Die Vegetationsaufnahmen erfolgen zwischen April und Oktober. 42 Aufgenommen werden alle Gefäßpflanzen und ihre geschätzten Ertragsanteile (Klapp & Stählin 1936), der geschätzte Gesamtertrag und die GPS-Koordinaten der Fläche. Zu den Flächen bzw. Betrieben gibt es Informationen wie Viehbestand, Bewirtschaftung, AUM-Teilnahme und Betriebsgröße. Der erste Aufnahmezyklus geht von 2002 bis 2008. Bis Ende 2007 lagen rund 5160 Vegetationsaufnahmen vor. Bisherige Ergebnisse x 730 Arten insgesamt, davon 68 gefährdete Arten; bzw. 14 % selten, 16 % mittel, 21 % häufig, 49 % sehr häufig nach Messtischblattfrequenz (zusammengefasst nach Ellenberg et al. 1991) x durchschnittlich 20,2 Arten pro Plot (Max.: 58; Min.: 5) x Geringere Gesamterträge und Viehbesatzdichten werden v. a. bei flächenbezogenen KULAPTypen und beim ökologischen Landbau beobachtet. x Artenzahl, Evenness, Anteil an Kräutern, mittlere Feuchte-Zahl und das Vorkommen seltener bis mittel häufiger Arten waren auf KULAP-Flächen höher. x Gräseranteil, mittlere Stickstoff-Zahl, mittlerer Futterwert, Unkräuter, Vorkommen sehr häufiger Arten waren geringer auf den KULAP-Flächen. x Diese Unterschiede waren v. a. bei flächenbezogenen KULAP-Typen signifikant im Gegensatz zu den betriebsbezogenen wie K33 und K34. x KULAP-Flächen: Tab. 2: mittlere Artenzahlen KULAP gesamt FlKULAP* K33 K34 K57 K76 K14 K51/52 K53-55 19,0 22,0 18,3 20,1 22,4 20,3 21,8 21,7 23,3 *flächenbezogene KULAP gesamt x VNP (Vertragsnaturschutzprogramm)-Flächen: mittlere Artenzahl von 25,8. 30 Kontrolle 25 AUM Artenzahl 20 15 10 5 AUM-Typ Abb. 1: Mittlere Artenzahlen der KULAP-Typen und der zugehörigen Kontrollflächen KULAP: KULAP gesamt; Schnitt1: K51/52; Schnitt2: 53-56; Öko: K14; Streuobst: K76 (Mayer et al. 2008) 43 P VN t Sc hn itt 1 Sc hn itt 2 St re uo bs K5 7 K3 4 K3 3 P Fl KU LA KU LA P 0 44 1.12 0.04 *** -0.82 -1.39 -0.03 -0.24 -0.05 Artenzahl Evenness neg. Arten pos. Arten mittlerer Futterwert Grasanteil % Krautanteil % -0.09 0.00 -0.08 *** 1.21 1.01 2.11 -0.85 -2.31 mittlere N-Zahl MTB mittel MTB häufig MTB sehr häufig GLM selten GLM mittel GLM häufig GLM sehr häufig (Mayer et al. 2008) 0.07 mittlere F-Zahl * ns * ns ** ns ns ns 0.89 Leguminosenanteil % ns ns ns ns ns ns * ns -0.09 GV/ha ns -2.22 Ertrag (geschätzt) KULAP ns ns ns ** ns * ns ** ** ns * ** ns ns * ns -4.91 *** -1.16 2.91 3.01 2.56 *** 0.18 0.05 -0.16 0.37 -0.14 3.54 -2.21 -0.44 -9.10 -1.39 0.03 3.04 -0.17 FlKULAP -6.24 * * * -0.09 ns -0.41 ns 1.59 ns -1.14 ns 0.40 ns -0.20 0.01 ns 0.00 0.00 1.25 -0.84 ns 0.20 ns 0.04 ns 2.75 ns -0.11 ns 0.04 ** 0.13 ns -0.02 ns -0.67 ns K33 -1.11 ns 1.45 ns -0.29 ns -0.14 ns 1.45 * -0.20 ns -0.04 ns -0.10 ns -0.05 ns 2.11 ns -0.55 ns -0.58 ns 0.12 ns 2.29 ns -2.30 ns 0.03 * 1.32 ns -0.08 ns -2.12 ns K34 ** ns * ns ns ns ns ** ns ** ns ns ns ns ns ns -5.79 *** 1.02 1.99 2.87 3.24 *** 0.08 0.08 -0.20 0.08 4.33 3.88 -7.18 -0.16 -3.31 -2.01 0.06 *** 3.60 -0.16 -6.18 Öko * * * -3.88 * 0.16 ns 2.02 ns 1.63 ns 3.00 ** 0.35 ns -0.04 ns -0.05 ns 0.49 ** 0.00 7.99 ** -6.49 -0.54 -9.53 -4.33 ns 0.07 ** 3.58 ** -0.35 ** -3.68 ns K57 -5.69 * 0.96 ns 1.46 ns 3.27 ns 1.15 ns -0.15 ns 0.08 ns -0.12 ns 0.04 ns -1.07 ns -1.54 ns 3.19 ns -0.04 ns 2.92 ns 1.23 ns 0.01 ns 1.42 ns 0.19 ns -6.54 ns Streuobst * -3.67 * -0.63 ns 5.22 ** -1.04 ns 1.22 ns 0.18 ns 0.10 ns 0.00 0.31 ns -0.42 2.00 ns -1.22 ns -0.14 ns -9.61 ** 1.41 ns 0.00 1.43 ns 0.16 ns -2.84 ns Schnitt1 * * * * -4.53 -6.70 * * 3.48 ns 7.55 1.85 ns 0.10 ns 0.10 ns -0.53 0.23 ns -1.43 ns -0.90 ns 2.53 ns -0.50 -9.40 ** -5.15 ns 0.01 ns 1.85 ns -0.15 ns -10.38 Schnitt2 ns * * ** * ** * ns ** * ns -10.62 *** -10.81 *** 2.28 18.98 *** 6.10 *** 0.93 0.40 -0.71 0.41 1.12 8.07 -7.31 -1.14 *** -15.71 *** -6.29 0.06 8.07 *** -0.22 -16.90 *** VNP - + + + + + + + + Trend KULAP: KULAP gesamt; Schnitt1: K51/52; Schnitt2: 53-56; Öko: K14; Streuobst: K76; neg./pos. Arten: in landwirtschaftlichem Sinne; MTB: Häufigkeit nach Messtischblattfrequenz; GLM: Häufigkeit nach Vorkommen im Grünlandmonitoring; *p<0,05; **p<0,005; ***p<0,0001 Tab. 3: Mittlere Differenzen zwischen KULAP-Aufnahmen und den entsprechenden Kontrollen hinsichtlich verschiedener Betriebs- und Diversitätsparameter mit Angabe der Signifikanz der Unterschiede. Die Ergebnisse zeigen, dass auf KULAP-Flächen eine höhere Diversität herrscht als auf den konventionellen Grünlandflächen. Bislang wissen wir noch nicht, ob dies ein direkter Effekt von KULAP ist. Es könnte durchaus sein, dass die Wiesen und Weiden, die dem KULAP angehören, schon vorher artenreicher waren, dass KULAP somit lediglich einen konservierenden Effekt hat (Mayer et al. 2008). Aber auch dies wäre schon als Erfolg zu werten. Verbessernde Wirkungen sind – v. a. kurzfristig – schwer zu erzielen, da viele Pflanzenarten in ihrer Ausbreitung sehr eingeschränkt sind. Die Neu- oder Wiederansiedlung von Arten und damit eine Erhöhung der Artenzahl sind oft erst durch aktive Renaturierungsmaßnahmen zu erreichen. Literatur Ellenberg, H., H.E. Weber, R. Düll, V. Wirth, W. Werner and D. Paulißen. 2001. Zeigerwerte von Pflanzen in Mitteleuropa. Scripta Geobotanica XVIII. Herzog, F. 2005. Agri-environment schemes as landscape experiments. Agriculture, Ecosystems and Environment 108:175-177. Isselstein, J., B. Jeangros and V. Pavlu. 2005. Agronomic aspects of extensive grassland farming and biodiversity management. Grassland Science in Europe 10: 211-220. Jensen, K. and C. Meyer. 2001. Effects of light competition and litter on the performance of Viola palustris and on species composition and diversity of an abandoned fen grassland. Plant Ecology 155:169-181. Klapp, E. and A. Stählin. 1936. Standorte, Pflanzengesellschaften und Leistungen des Grünlandes. Stuttgart. Kleijn, D. and W. J. Sutherland. 2003. How effective are European agri-environment schemes in conserving and promoting biodiversity? Journal of Applied Ecology 40:947-969. Kleijn, D., R.A. Baquero, Y. Clough, M. Diaz, J. De Esteban, F. Fernández, D. Gabriel, F. Herzog, A. Holzschuh, R. Jöhl, E. Knop, A. Kruess, E.J.P. Marshall, I. Steffan-Dewentner, T. Tscharntke, J. Verhulst, T.M. West and J.L. Yela. 2006. Mixed biodiversity benefits of agri-environment schemes in five European countries. Ecology Letters 9:243-254. LfL. 2007. http://www.lfl.bayern.de/iab/gruenland/20170/index.php. Mayer, F., S. Heinz und G. Kuhn. 2008. Effects of agri-environment schemes on biodiversity in Bavarian grasslands. Community Ecology (eingereicht). 45 46 1986 1991 Jahr 1994 1998 1992 1993 1994 1 x Mähen 1 x Mulchen Blanksaat (1x Mähen) 1995 1996 Jahre 2 x Mähen 2 x Mulchen ELSÄSSER – 2008 2002 2006 1999 2000 2001 3 x Mähen Sukzession Sukzession Mulchen NPK 20/20/32 NPK 10/10/16 PK 10/16 Mahd o. D. (Briemle,2007 ) (Briemle, 2004 ) 1997 Versuch im Pfrunger Ried 1990 Versuch zur Regeneration einer artenreichen Nasswiese aus langjährig intensiv genutztem Moogrünland (VS 180) 10 15 20 25 30 35 40 45 1982 0 20 40 60 80 Versuch Filsenberg : Artenzahlen ELSÄSSER – 2008 Arten 2 PD Dr. Elsäßer - 2008 Bildungs- und Wissenszentrum Aulendorf ELSÄSSER – 2008 Veränderung der Biodiversität bei reduzierter Nutzungfrequenz ELSÄSSER – 2008 PD Dr. Martin Elsäßer Bildungs - und Wissenszentrum Aulendorf Qualität und Verwertung von Extensivaufwüchsen Arten je 25 m Referenzfläche 1 0 10 0 nach Ende der Blüte 2 20 bis zum Ende Beginn bis Mitte bis zum Ende der Blüte der Blüte des Ährenschiebens 3 5 50 30 6 60 4 7 70 40 8 80 Verdaulichkeit der oS [%] Rohfaser [% in der TM] NEL [MJ/kg TS] Einzelart • Verwertbarkeit eingeschränkt • dadurch höherer Kraftfutterinput • unausgeglichene Nährstoffbilanz bis zum Ende Beginn bis Mitte bis zum Ende nach Ende der des Ährender Blüte der Blüte Blüte schiebens ELSÄSSER – 2008 Tonn, nach verschiedenen Zusammenstellungen von Briemle 0 10 20 0 1 2 3 Mutterschafe (leer/niedertragend) 30 5 6 7 4 Milchkühe Trockensteher Jungvieh Mutterkühe 8 40 50 60 70 80 • Änderung der Biodiversität • Negativer Einfluß auf Futterqualität • steigender Erlebniswert • veränderte Nährstoffbealstung • Nitratproblem geringer Landschaft Verdaulichkeit der oS [%] Rohfaser [% in der TM] NEL [MJ/kg TS] Schnittzeitpunkt und Futterqualität E L S Ä S S E R – 2008 • Z e i t f ü r R e s e r v estoffeinlagerung • V e r s a m u n g m ö glich • Lignifizierung Bauernhof • Änderung der • Futtermasse geht Konkurrenzbedingun zurück gen • Futterqualität wenig beeinflußt Pflanzenbestand Senkung der Nutzungfrequenz • langsamer und schwacher Wuchs Geringere Düngung PD Dr. Elsäßer - 2008 Bildungs- und Wissenszentrum Aulendorf ELSÄSSER – 2008 MJ/kg TS Schnittzeitpunkt und Futterqualität E L S Ä S S E R – 2008 Tonn, nach verschiedenen Zusammenstellungen von Briemle % Verzögerter Nutzungstermin hat Einfluss auf 1. Qualitätseigenschaften der Pflanzen 2. Langfristig Einfluss auf Veränderung der botanischen Zusammensetzung des Bestandes. Dieser Effekt kann durchaus den Qualitätsaspekt überlagern. % Beispielhafte Wirkungen von Extensivierungsmaßnahmen auf unterschiedlichen Betrachtungsebenen MJ/kg TS 47 48 Attributes of grassland growths 35 – 45 2,5 – 3,5 1,0 – 1,5 30 – 35 4 – 5 1,5 – 2,0 20 – 25 6,0 – 6,5 2 -3 % DM MJ/kg DM % DM % DM % DM % DM crude fibre NEL nitrogen chlorine potassium calcium Extensive Heuwiesen 0,3 – 0,4 14480 14480 14480 6000 kg 8000 kg 10000 kg ELSÄSSER – 2008 Trächtigkeit Erhaltung Milchleistung 31700 25360 19020 Milchsynthese 50798 43824 36850 Gesamt Jahresbedarf einer Milchkuh an Futterenergie (in MJ NEL) ELSÄSSER – 2008 Abhängig von: Aufwuchsalter Art des Aufwuchses Tierart Nährstoffgehalten Spez. Inhaltsstoffen Futterakzeptanz Futterzustand Landwirtschaftliche Verwertbarkeit von Grünlandaufwüchsen PD Dr. Elsäßer - 2008 Bildungs- und Wissenszentrum Aulendorf ELSÄSSER – 2008 Nachteile: geringer Futterwert, wenig Milchleistung Vorteile: wunderschön, hohe Artenvielfalt, tradierte Nutzungsform ELSÄSSER – 2008 0,4 – 0,5 0,4 – 0,8 1,0 – 1,8 45 – 50 3,0 – 3, 5 0,5 5 – 10 0, 3 – 0,8 1, 5 – 2,0 4 -6 3,5 – 5,0 1 – 9,5 crude protein 5-8 1 cereal straw 10 – 15 1 litter meadow 9 - 12 2 meadow extensive 15 – 20 4– 6 meadow intensive % DM per year Dimension t DM/a yield cutting frequency Parameter ( cit. by Elsäßer 2003; FNR 2004a; Briemle & Elsäßer 1997, Jilg & Briemle 1992) 49 bis 30 40- 70 bis 100 < 30 < 20 < 20 Überständig ELSÄSSER – 2008 ELSÄSSER – 2008 PD Dr. Elsäßer - 2008 Bildungs- und Wissenszentrum Aulendorf ELSÄSSER – 2008 bis 100 bis 80 80-100 50-80 20- 40 20- 50 Ende Blüte 30-60 Mögliche Probleme bei der Aufwuchsverwertung ELSÄSSER – 2008 Färsen, Hammel, Robustpferde bis 50 Mutterkühe, Pferde 40- 80 60- 80 80-100 Laktierende Schafe 30-60 60-100 60- 80 Mitte Blüte Im Ährenschieben Milchkühe Vor Ährenschieben Rauhfutterfressende Tierarten und max. Anteile von G rünlandfutter in den Futterrationen (in % der TM) (n. Jilg, 1995) Mechanisierbarkeit? Mechanisierbarkeit muß vorhanden sein Mähgutverwertung 50 1 2 3 Var. 4 ± Standardabweichung ELSÄSSER – 2008 Beeinflussung der Konservierbarkeit ELSÄSSER – 2008 0,00 200,00 400,00 600,00 800,00 1000,00 1200,00 5 6 7 2006 2007 Veränderung des Besatzes an Herbstzeitlose in Geislingen (2007) 7 = Wuchsstoff plus Nachsaat 6 = Wuchsstoff 5 = Frühschnitt 4 = Mulchen 3 = Walzen 2 = Schröpfen 1 = Null PD Dr. Elsäßer - 2008 Bildungs- und Wissenszentrum Aulendorf ELSÄSSER – 2008 bei energetischer Nutzung unbedeutend Das sind landwirtschaftliche Probleme; Auftreten von Unkräutern u.a. Scharfer Hahnenfuß, Disteln, Herbstzeitlose etc. Mangelnde Futteraufnahme Mögliche Probleme später Nutzung ELSÄSSER – 2008 Tragfähige Böden Anzahl 2 1 Jahr 51 150 200 250 300 400 450 g TS/kg FM 350 500 550 600 Schimmel TS- und Rohfasergehalte 650 700 Zucker (%i.T) PK Z/PK NEL MJ/kgT NEL MJ/kgT Rohfaser (% (`94) (`97) i.T) Mitte Juni Mitte Mai 4,6 4,8 5,0 5,2 5,4 5,6 5,8 6,0 6,2 6,4 6,6 6,8 2,0 0 0,3 Buttersäure % 180 220 240 280 XF g/kg TM 260 300 Rohfaser- und Energiegehalte 320 Max. Min. Mittel 17,5 14,9 9,2 340 NH3N : Nt % Grundfutterreport ELSÄSSER – 2008 Baden-Württemberg 160 0,1 7,5 6,8 Milchsäure % (Armbruster & Elsäßer, 1997 ) 200 ELSÄSSER – 2008 MJ NEL/kg TM 7,0 5,7 4,3 4,1 pH- Wert Zit. i.: Alternativen der Nutzung von Grünlandflächen Mitte Juli Ende Juni Ende Mai Termin XF 373 180 248 360 9 91 92 6,90 4,63 5,93 NEL DLG Punkte 380 Veränderung einiger Silierparameter bei Veränderung des Schnitttermines an Aufwüchsen im Federseeried( Nußbaum, 1997) PD Dr. Elsäßer - 2008 Bildungs- und Wissenszentrum Aulendorf Versuchsdauer von 1994 – 1997; ELSÄSSER – 2008 4 Standorte in BW; keine Düngung 0 5 10 15 20 25 30 35 Veränderung des Futterwertes und der Silierbarkeit bei der Ausmagerung von Grünland (Nußbaum,1998) E L S Ä S S E R – 2008 Probenkontingent LWA Traunstein 100 160 180 200 220 240 260 280 300 320 XF g/kg TS Problematik hoher Rohfaser- und TSGehalte in Grassilagen ( NUSSBAUM, 2002) 52 0 0,1 0,2 0,3 0,4 Rindergülle 0,17 NSG Mähgut 0,08 Rasenschnitt Fazit Grassilage (extensiv) 0,22 0,26 Silomais HRT 25 d, Temp.: 37 C o 0,3 0,39 Grassilage (intensiv) SubstratspezifischeMethanproduktion mesophiler Vergärung (Oechsner , 2005) PD Dr. Elsäßer - 2008 Bildungs- und Wissenszentrum Aulendorf ELSÄSSER – 2008 Mit verzögerter Nutzungsfrequenz verändern sich Pflanzenbestände und die Futterqualität. Veränderte Pflanzenbestände können durchaus naturschutzfachlich wertvoll wertvoller werden, sie werden es allerdings nicht immer. Veränderte Pflanzenbestände und physiologisch ältere Aufwüchse sind in der Regel weniger gut landwirtschaftlich verwertbar. Sie enthalten teilweise Beikräuter mit deutlich negativen Eigenschaften. Giftig! Stachelig! Stark verdrängend! Konservierungseigenschaften werden beeinflusst. Standorteigenschaften und Naturschutzfachliche Auflagen bedingen sich u.U. gegenseitig und verhindern teilweise die für landwirts . Nutzung notwendige Mechanisierbarkeit. Methanertra Normierte Methanerträge silierter Aufwüchse bei E L S Ä S S E R – 2008 (Nm3/kgoTS Pflanzliche Diversität als Koppelprodukt landwirtschaftlicher Grünlandnutzung Johannes Isselstein, Sebastian Klimek, Hans Georg Stroh In den letzten Jahrzehnten wurde ein starker Rückgang der pflanzlichen Artenvielfalt auf Grünlandflächen auf unterschiedlichen räumlichen Skalen festgestellt. Dieser Rückgang ist hauptsächlich auf die Intensivierung der landwirtschaftlichen Produktion zurückzuführen. Traditionelle Grünlandnutzungssysteme waren durch eine geringe Nutzungsintensität gekennzeichnet und die damit einhergehende hohe pflanzliche Artenvielfalt war ein unentgeltliches Koppelprodukt dieser Bewirtschaftung. Zunehmende Anforderungen an die Qualität des Futters für die Milcherzeugung führten zu einer Intensivierung von Grünlandnutzungssystemen. Auf lokaler Ebene ging die Nutzungsintensivierung mit erhöhten Düngemitteleinsatz, Vielschnittnutzung und der Umstellung auf hochproduktive Weidesysteme einher, während auf der regionalen Skala die Nutzungsintensivierung zu einer Monotonisierung der Agrarlandschaft geführt hat. Um die pflanzliche Diversität zu erhalten und zu fördern und den Rückgang an Grünlandflächen vorzubeugen, wird seit 1992 die Extensivierung durch die EU im Rahmen von Agrarumweltmaßnahmen (AUM) gefördert. Zahlreiche Beispiele belegen, dass im Rahmen des „Vertragsnaturschutzes“ naturschutzfachlich wertvolle Grenzertragsflächen wie Kalk- oder Silikatmagerrasen durch extensive Nutzungsformen beispielsweise bei Schaf- und Ziegenhaltung langfristig erhalten werden können. Problematisch ist dagegen die Erhaltung artenreicher mesophiler bis hygrophiler Grünlandgesellschaften auf leistungsfähigen Standorten, da die heutigen ökonomischen Anforderungen, denen die Bewirtschafter unterliegen, mit den Standorts- und Nutzungsansprüchen von Heuwiesen und „Mageren Fettweiden“ kaum in Einklang zu bringen sind. Um eine Integration der Produktion pflanzlicher Diversität auf Wirtschaftsgrünland in den landwirtschaftlichen Betrieb zu ermöglichen, müssen daher finanzielle Anreize für Landwirte/innen geschaffen werden. Um multifunktionale Nutzungssysteme im Wirtschaftsgrünland zu etablieren, wurde an der Universität Göttingen ein Pilotprojekt entwickelt. Dieses als „Northeimer Modell“ bezeichnete Pilotprojekt wurde im Rahmen des vom BMBF geförderten Projektes BIOPLEX (Biodiversität und räumliche Komplexität in Agrarlandschaften unter Global Change) entwickelt und in die Praxis umgesetzt. In dem Projekt wurde ein Honorierungskonzept für Ökologische Leistungen der Landwirtschaft entwickelt. Dieses Honorierungskonzept beinhaltet ein regional angepasstes Agrarumweltprogramm, basierend auf Angebot und Nachfrage nach Ökologischen Gütern (ÖG). Abbildung 1 verdeutlicht das Konzept des Northeimer Modells und wird im Folgenden vorgestellt. Die Modellregion (1) der Landkreis Northeim/Südniedersachsen umfasst eine Fläche von 1267 km2 und ist durch eine ländliche Struktur geprägt. Abbildung 1: Konzeption des „Northeimer Modells“ Anstelle der in AUM üblichen handlungsorientierten Honorierung, werden in diesem Konzept Landwirte für die Bereitstellung pflanzlicher Diversität auf ihren Grünlandflächen (2) ergebnisorientiert honoriert. Nach definierten Kriterien (Artenzahl, Indikatorarten) werden drei Ökologische Güter festgelegt. Die Entscheidung darüber, welche Ökologischen Güter im Bereich der pflanzlichen Biodiversität nachgefragt werden sollen, wird gemäß eines partizipativen Ansatzes von einem Regionalen Beirat getroffen. Dieser Beirat realisiert stellvertretend für die regionale Bevölkerung die Nachfrage (3) und berücksichtigt damit die Bevölkerungspräferenzen. Um einen effizienten Einsatz öffentlicher Mittel zu erreichen, werden anstelle von Einheitsprämien Ausschreibungsverfahren eingesetzt (4). Nach diesem Verfahren geben Landwirte Preise für ihre ÖG ab. Auf diese Weise stehen die potentiellen Bieter und Bieterinnen untereinander in Konkurrenz. Bei der Kalkulation der Preise für die ökologischen Güter finden individuelle Kostenstrukturen des landwirtschaftlichen Betriebes Berücksichtigung. Das Northeimer Modell wird seit 2004 erfolgreich in die Praxis umgesetzt. Nähere Informationen können Sie unter der URL: http://zlu.agrar.uni-goettingen.de/public_2/ einsehen. In der aktuellen Projektphase werden unter anderen folgende Fragestellungen bearbeitet: Welche Betriebsstrukturen müssen vorhanden sein, um artenreiches Grünland zu erzeugen? Welche artspezifischen Attribute und funktionellen Typen kennzeichnet das Grünland des einzelnen Betriebes? Basierend auf einem Vergleich von milch- und fleischproduzierenden Betrieben soll der Zusammenhang zwischen Phytodiversität und Betriebsstruktur analysiert werden. Mutterkuhhalter haben grundsätzlich gute Voraussetzungen artenreiches Weidegrünland zu bewirtschafteten. Aber auch leistungsorientierte Milchviehbetriebe besitzen unter Umständen artenreiche Flächen, die zur Heugewinnung („Kräuter-Heu“) oder Jungtieraufzucht genutzt werden. Die Artenzahl pro Fläche (α-Diversität) ist zumindest in verarmten Beständen kein alleiniges ökologisches Qualitätsmaß. Deshalb müssen einzelne Sippen hinsichtlich ihrer ökologischen Bedeutung (Indikator-, Kennart, functional type) in die Analyse und Bewertung eingehen. „Integrierte Grünlandbewirtschaftung in nordrhein-westfälischen Leitbetrieben“ 4 Grünlandbetriebe in nordrheinwestfälischen Mittelgebirgsregionen, Qualität und Verwertung von GrünlandAufwüchsen aus konventionellem, ökologischem und extensivem Anbau davon Kreis Minden-Lübbecke Kreis Steinfurt 2 konventionell wirtschaftende Betriebe Kreis Herford Kreis Borken Bielefeld Kreis Lippe 1 Extensivierungsbetrieb Münster Kreis Gütersloh Kreis Warendorf Kreis Coesfeld Kreis Kleve 1 ökologisch wirtschaftender Betrieb (nach EU-VO) Kreis Höxter Kreis Wesel Kreis Paderborn Hamm Kreis Recklinghausen Kreis Unna Bottrop Gelsenkirchen Kreis Soest Herne Oberhausen Dortmund Bochum Essen Duisburg Mülh./ Ruhr Prof. Dr. N. Lütke Entrup Ennepe-RuhrKreis Leitbetrieb Meschede Kreis Mettmann Hochsauerlandkreis Märkischer Kreis Wuppertal Düsseldorf MönchenGladbach Projektzeitraum: 2000 – 2006 Hagen Krefeld Kreis Viersen Federführung: Prof. Dr. N. Lütke Entrup SolingenRemscheid Kreis Neuss Kreis Olpe Kreis Heinsberg Leverk. Köln RheinischBergischerKreis Oberbergischer Kreis KreisAachen 09.04.2008 Workshop „Biodiversität in Grasland-Ökosystemen“ Kreis Düren Mitarbeiter: Dipl.-Ing. (FH) W. Ising Dipl.-Ing. (FH) H. Kivelitz Leitbetrieb Medebach Kreis Siegen-Wittgenstein Erftkreis Rhein-Sieg-Kreis Aachen Bonn Leitbetrieb Much Kreis Euskirchen Kooperation: Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen Leitbetrieb Monschau Förderung: MUNLV + EU Fotos: Werkbilder, Anonymus, 2005 Fachhochschule Südwestfalen Fachbereich Agrarwirtschaft Soest Fachhochschule Südwestfalen Fachbereich Agrarwirtschaft Soest 1 Legende k iv elitz Vegetationskarte des Grünlandes Pflanzensoziologische Analysen der Pflanzenbestände und Ermittlung der Bestandeswerte Reine Weidelgras-Weißkleeweide (Lolio-Cynosuretum typicum) Reine Weidelgras-Weißkleeweide C3 (Lolio-Cynosuretum typicum) Leitbetrieb Meschede C3 BWZ 7,5 AZ 13 AZ 17 C5 C5 C4 C4W BWZ 7,5 C4 C 3 AZ 15 C3 BWZ 7,6 AZ 12 C6 BWZ 7,2 C4W C4 BWZ 5,1 AZ 13 BWZ 7,5 AZ 17 C6 C4 AZ 12 C4W C4 C5 C4W BWZ 7,5 C6 BWZ 5,5 C4W AZ 14 BWZ 7,4 BWZ 7,7 BWZ 6,68 AZ 11 AZ 14 C4 C4 NA C5 BWZ 5,6 AZ 22 C5 Fachhochschule Südwestfalen Fachbereich Agrarwirtschaft Soest Fachhochschule Südwestfalen 3 Ertragsanteile im Leitbetrieb K1 Vergleich 2001 und 2004 Fachhochschule Südwestfalen Fachbereich Agrarwirtschaft Soest C4 Mäßig feuchte Weidelgras-Weißkleeweide (Lolio-Cynosuretum typicum Var. V. Cardamine prat.) Wie C4, zusätzlich mit Knickfuchsschwanz (-- Subvar. V. Alopecurus geniculatus) C5 Feuchte Weidelgras-Weißkleeweide (Lolio-Cynosuretum typicum lotetosum uliginosi) C4 BWZ 5,8 2 A 55 C6 Mäßig feuchte Weidelgrasweide (Lolio-Cynosuretum lotetosum uliginosi, Var. V. Glyceria fluitans) Intensiv genutzte 3-4- Schnitt-Wiesen, die sich aufgrund der Bewirtschaftung in der Bestandszusammensetzung nicht von Weidelgras-Weißkleeweiden unterscheiden C4W Mäßig feuchte Wiese mit Wiesnschaumkraut C4W Wie C4W, zusätzlich mit Knickfuchsschwanz Berg-Glatthaferwiese (Alchemillo-Arrhenatheretum) A 55 Mäßig feuchte Berg-Glatthaferwiese (Alchemillo-Arrhenatheretum typicum, Var. v. Cardamine pratensis) Quellstelle NA In den letzten Jahren neu angesäte Flächen, deren Pflanzenbestand noch in Umwandlung begriffen ist. Die Angabe der Feuchtestufe ist daher teilweise noch nicht möglich, teilweise mit einer gewissen Unsicherheit belastet BWZ Bestandeswertzahl AZ Artenzahl Fachbereich Agrarwirtschaft Soest 4 Ertragsanteile im Leitbetrieb E Vergleich 2001 und 2004 Fachhochschule Südwestfalen 5 55 Fachbereich Agrarwirtschaft Soest 6 Übersicht Gräser-Rest mit Angabe der Futterwertzahl (FWZ) Übersicht Kräuter-Rest mit Angabe der Futterwertzahl (FWZ) Kräuter Gräser FWZ Quecke Rotes Straußgras Wiesenfuchsschwanz Knickfuchsschwanz Ruchgras Glatthafer Weiche Trespe Kammgras Rasenschmiele Horstrotschwingel, Ausläufer-Rotschwingel Wolliges Honiggras Jährige Rispe Gemeine Rispe Fachhochschule Südwestfalen FWZ Wiesenkerbel Schmalwand Echtes Barbarakraut Gänseblümchen Hirtentäschelkraut Behaartes Schaumkraut Wiesenschaumkraut Rauhe Segge , Haar-Segge Gemeines / Gewöhnliches Hornkraut Wiesen-Wucherblume , Margerite Acker-Distel Wiesen-Pippau Frühlings Hungerblümchen Mädesüß Wiesen-Labkraut Weicher Storchenschnabel ZwergStorchenschnabel Gundermann Wiesen-Bärenklau Tüpfel-Johanniskraut Purpurrote Taubnessel Herbst-Löwenzahn 6 5 7 4 3 7 3 6 3 4 4 5 7 Fachhochschule Südwestfalen Fachbereich Agrarwirtschaft Soest 4 . . 2 1 -1 2 3 2 0 . . 3 3 1 1 1 5 1 . 5 Kräuter FWZ Feld-Hainsimse Pfennigkraut Acker-Vergißmeinnicht Spitzwegerich Breitwegerich Wiesenknöterich Kleine / Große Brunelle Scharfer Hahnenfuß Knolliger Hahnenfuß Scharbockskraut Kriechender Hahnenfuß Wiesen-Sauerampfer Krauser Ampfer Stumpfblättriger Ampfer Großer Wiesenkopf Gras-Sternmiere Vogelmiere Kuhblume, Gemeiner Löwenzahn Große Brennessel Feld-Ehrenpreis Gamander-Ehrenpreis Efeublättriger-Ehrenpreis Quendel-Ehrenpreis Geruchlose Kamille Fachbereich Agrarwirtschaft Soest 7 2 1 2 6 2 4 2 -1 1 -1 2 4 1 1 5 2 2 5 1 1 2 . 1 . 8 Entwicklung der Bestandeswertzahlen in den Leitbetrieben (Vergleich der Jahre 2001 und 2004) Bestandeswertzahl Flächenerträge, Inhaltsstoffe und Zwischennutzungszeiten 8 7 6,4 6,4 6,6 6,1 6 6,1 6,1 5,8 5,1 5 4 3 2 1 0 LB K 1 LB K 2 LB E 2001 LB Ö 2004 Werkbild Fachhochschule Südwestfalen Fachhochschule Südwestfalen Fachbereich Agrarwirtschaft Soest Fachbereich Agrarwirtschaft Soest 9 10 Mittlere Grassilagequalitäten, 2001 - 2006 Mittlere Flächenerträge in dt/ha TM, 2001 - 2006 XF % MJ NEL/kg TM in der TM Leitbetrieb K 1 (konventionell, 4 Schnitte) 95,5 96,7 90,7 1. Schnitt 100,0 min. - max. 12,5 80,0 17,1 27,5 min. - max. 6,35 (6,11 - 6,47) 24,3 6,00 (20,3 - 28,6) (5,70 - 6,37) 20,9 60,0 24,5 Leitbetrieb Ö (ökologisch, 4 Schnitte) 32,5 1. Schnitt 23,0 40,0 20,0 Folgeschnitte 24,7 25,3 (24,1 - 27,9) min. - max. 34,4 27,9 Folgeschnitte 36,7 min. - max. 0,0 23,9 6,48 (21,1 - 26,3) (6,25 - 6,76) 22,2 6,04 (18,3 - 25,4) (5,20 - 6,62) Leitbetrieb E (extensiv, 3 Schnitte) LB K1 LB Ö* 1. Schnitt 2. Schnitt 3. Schnitt LB E 4. Schnitt 5. Schnitt 1. Schnitt * 5. Schnitt nur im Jahr 2004 mit 11,0 dt/ha TM min. - max. Folgeschnitte min. - max. Fachhochschule Südwestfalen Fachbereich Agrarwirtschaft Soest Fachhochschule Südwestfalen 11 56 26,6 6,08 (25,4 - 28,4) (5,88 - 6,26) 25,3 5,5 (21,5 - 27,8) (4,47 - 5,96) Fachbereich Agrarwirtschaft Soest 12 Zwischennutzungszeiten der Schnittflächen in den Leitbetrieben Meschede, Monschau und Much, 2001 – 2006, Vegetationsbeginn 01.April TM-Aufnahme aus dem Grundfutter in kg/Kuh/Tag Am Qualitätsbeispiel der Leitbetriebe E, K 1 und Ö im Mittel der Jahre 2001 - 2006 1. Schnitt 3-Schnitt extensiv 4-Schnitt konventionell 4-Schnitt ökologisch 11,8 12,7 13,0 (12,2 - 13,4) (12,4 - 13,9) Fachhochschule Südwestfalen 54 (24.05.) 40 (03.07.) 46 (18.08.) 48 (05.10.) u 4-Schnitt 1157,2 100 GF - Kosten in €/10 MJ NEL 0,18 kg/ECM/Kuh 7571 kg ECM/ha Futteraufwand in €/kg ECM GF - Kosten in €/ha 4-Schnitte, 2 Kühe/ha, konventionell 1706,8 148 100 0,25 100 8191 142 0,22 124 109 8580 10630 100 113 16382 155 17160 0,1487 100 162 0,1373 92 0,1401 94 -7 Fachbereich Agrarwirtschaft Soest 5 12 Fachbereich Agrarwirtschaft Soest 14 Die Pflanzenbestände des konventionell wirtschaftenden Grünlandbetriebes unterscheiden sich kaum hinsichtlich der Pflanzengesellschaft und der Artenzahl. Im konventionell wirtschaftenden Betrieb sind die Bestandeswertzahlen am höchsten ausgeprägt, danach folgt der ökologisch wirtschaftende Betrieb. Für qualitativ hochwertige Grassilagequalitäten sind mindestens vier Nutzungen erforderlich. * 2003: 3 Schnitt, 2004: 5-Schnitt, GF = Grundfutter, AUM = Agrarumweltmaßnahme, ECM = Energie korrigierte Milch Fachhochschule Südwestfalen 48 (22.10.) 48 Zusammenfassung 4-Schnitte*, 2 Kühe/ha, ökologisch, incl. AUM-Zuwendung 121 47 47 (17.05.) 44 (01.07.) 59 (29.08.) 13 1403,2 39 5. Schnitt* *nur 2004 Vergleich der Grünlandnutzungformen extensiv (3-Schnitt, incl. AUM), ökologisch (4-Schnitt, incl. AUM) und konventionell (4-Schnitt) für einen Modellbetrieb mit einer Milchquote von 500.000 kg am Ertragsbeispiel der Leitbetriebe E, Ö und K1, 2001 - 2006 3-Schnitte, 1,4 Kühe/ha, extensiv, incl. AUMZuwendung 54 Fachhochschule Südwestfalen Fachbereich Agrarwirtschaft Soest 4. Schnitt u Leitbetrieb Ö u Abweichung E zu K und Ö (10,8 - 12,9) 3. Schnitt 54 (24.05.) 37 (01.07.) 48 (19.08.) 48 (05.10.) u Leitbetrieb E (3-Schnitt) u kg TM-Aufnahme 2. Schnitt u Leitbetrieb K Fachhochschule Südwestfalen 15 Fachbereich Agrarwirtschaft Soest 16 Zusammenfassung Die TM-Aufnahme aus dem Grundfutter ist eine Frage der Grundfutterqualität. Weißklee verbessert die Qualität und Nutzungselastizität. Die Grundfutterkosten (€/10 MJ NEL) sind im Extensivierungsbetrieb am geringsten, der Futteraufwand (€/kg ECM) aber am höchsten. Fachhochschule Südwestfalen Fachbereich Agrarwirtschaft Soest Vielen Dank! Fachhochschule Südwestfalen 17 57 Fachbereich Agrarwirtschaft Soest 18 Nicht für die Viehhaltung benötigtes Grünland und thermische Verwertung B-W Baden Württemberg, Anlage zu Beiträgen Kaule Landwirtschaftlich genutzte Fläche in Baden-Württemberg seit 1979 nach Hauptnutzungs- und Kulturarten*) LandwirtDarunter schaftlich darunter Acker- Obst- Baum- DauerJahr genutzte Fläche Rebland land anlagen schulen grünland Wiesen Weiden insgesamt 1.000 ha 1) Repräsentativergebnisse; übrige Jahre: allgemeine Ergebnisse. Anmerkung: Durch Anhebung der Erfassungsgrenze sowie methodische Änderungen sind die Angaben ab 1999 mit denen der Vorjahre nur eingeschränkt vergleichbar (nicht rückgerechnete Ergebnisse); ab 1999: landwirtschaftliche Betriebe ab 2 Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche oder mit Mindesterzeugungseinheiten. 849,6 18,5 2,4 648,8 525,6 112,6 22,9 1979 1.548,0 848,2 18,4 2,6 647,0 521,2 111,5 23,2 1980 1.545,1 1) 829,8 21,4 2,2 556,9 386,2 148,8 24,1 2006 1.437,2 834,5 21,3 1,9 551,4 381,8 147,6 23,9 2007 1.435,7 Die folgenden Tabellen stammen aus http://www.itas.fzk.de/deu/lit/2007/roua07b.pdf 58 1 59 2 60 3 Vorabauszug aus Tabelle 2.1 des Gutachtens: Energie aus Biomasse des Hachhaltigkeitsbeirates Baden-Württemberg Tabelle 2.1 Primärenergie-Potenziale zur Erzeugung von Bioenergie aus Land- und Forstwirtschaft sowie Landschaftspflege in Baden-Württemberg Landschaftspflege in Siedlungen und Straßenbegleitgrün Landschaftspflege Naturschutzflächen Ȉ Theoretisches Potenzial zur energetischen Nutzung insgesamt [PJ/a] 8 Aktuelle energetische Nutzung des Potenzials [PJ/a] 2 Nachhaltig und wirtschaftlich1 machbares Potenzial (Schätzung des NBBW) [PJ/a] 3 nach UM/WM (2007) 13 5 Reinhardt et al. (2005) Rösch et al. (2007) (nur von größeren Flächen im Umfeld von Anlagen) bis 15 bis 10 (hochgerechnet nach ILN Singen) (bei Förderung und Integration 143 in Pflegeplänen) 39 63 bis 68 Erläuterungen zur Tabelle: x Angaben zum Primärenergiegehalt in PJ/Jahr bezogen auf Trockenmasse 1 d.h. unter Berücksichtigung des derzeitigen Rohölpreises von rund 100 USD/Barrel 61 4 Integrative Naturschutzkonzepte für Graslandökosysteme in nordrhein-westfälischen Mittelgebirgen Anhand einer Reihe von umsetzungsorientierten Projekten im Rheinland (Schwerpunkt Eifel; s. Literaturverzeichnis) zwischen 1985 und 2006 können im Hinblick auf die Integration von Naturschutz und Landwirtschaft folgende Ergebnisse zusammengefasst und entsprechende Empfehlungen gegeben werden. Naturschutzfachlich relevante Ergebnisse Entscheidende Voraussetzungen für naturschutzfachliche Erfolge sind zunächst die Sicherung / Erweiterung schutzwürdiger bzw. entwicklungsfähiger Flächen: • Etwa 400 ha schon immer ± extensiv genutzte, artenreiche Wiesen, Weiden und Magerrasen wurden mit erster Priorität in den Vertragsnaturschutz überführt. Mehr als 1000 ha früher halbintensiv bis intensiv genutzte Grünlandflächen wurden im Rahmen des Vertragsnaturschutzes extensiviert. • Rund 1000 ha brach liegende, verfilzte und teilweise verbuschte Magerrasen, Heiden, Berg- und Feuchtwiesen wurden zwischen 1985 und 1993 im Anschluss an die Erstpflege nach Vorgaben des Vertragsnaturschutzes wieder als Heuwiesen genutzt oder mit Rindern bzw. zwei großen Schafherden in Hütehaltung extensiv beweidet. • Auf rund 150 ha ehemaligen Grünlandflächen wurden 10-30-jährige Aufforstungen nichtheimischer Gehölze (Fichte, Kiefer, Lärche und Grau-Erle) sowie Vorwaldstadien aus Pioniergehölzen (Zitter-Pappel, Birke, Eberesche, Fichte und Kiefer) beseitigt und anschließend im Rahmen des Vertragsnaturschutzes wieder als Weide oder Wiese genutzt. • Wenn der Kronenschluss der Gehölze noch nicht erfolgt war, führte die Wiederaufnahme der Mahd / Beweidung innerhalb von 2-4 Jahren zu einer erfolgreichen Regeneration der standorttypischen Grünlandgesellschaften mit hoher Biodiversität. Waren die Bestände jedoch bereits ausgedunkelt, dauerte es 10-15(20) Jahre, bis sich eine ± typische Grünlandvegetation wieder einstellte. Die Alpha-Diversität vieler Grünlandbestände unter Vertragsnaturschutz ist überraschend hoch: 35 - 45 Arten von Farn- und Blütenpflanzen auf 9 m² sind keine Seltenheit. Auf mehreren Feucht- und Bergwiesen wurden sogar durchschnittliche Artenzahlen von 30 pro m² festgestellt. Demgegenüber ist die Diversität von Wiesen und Weiden mit Ökolandbau oder Grünlandextensivierung nach MSL (1,4 GV / ha, entspricht ca. 110-130 kg N / ha) deutlich geringer, da erfahrungsgemäß erst bei einer Düngergabe weit unter 100 kg N / ha die Biodiversität von Wiesen und Weiden stärker zunimmt. Zahlreiche, früher seltene und gefährdete Pflanzenarten haben in der Eifel, aber auch in anderen Mittelgebirgsregionen von NRW (insbesondere Siegerland und Sauerland) wieder deutlich zugenommen, so wie sich dies in Publikationen vor rund 62 10 Jahren bereits angedeutet hat (z.B. SCHUMACHER 1995). Anhand einiger Beispiele sei dies nachfolgend dargestellt, ausführliche Informationen hierzu finden sich in dem Abschlussbericht des u. g. Projektes (KAM et al. 2006). Es handelt sich in erster Linie um Arten, die im Rahmen des Projektes „Populationsgrößen und -entwicklung seltener und gefährdeter Arten auf Vertragsnaturschutzflächen“ in der Eifel und z. T. im Hochsauerland untersucht wurden. Dabei wurden alle größeren Vorkommen dieser ± spezialisierten und daher auch als Kenn- oder Indikatorarten dienenden Pflanzen dokumentiert und mit den früheren Populationsgrößen verglichen. Landwirtschaftlich relevante Ergebnisse Aus den Publikationen und den Abschlussberichten zu den Forschungsprojekten lassen sich folgende Aussagen ableiten (vgl. SCHUMACHER 2004, 2007): • Der Grundsatz „Naturschutz durch Nutzung“ fördert die Kreislaufwirtschaft und ist für Wiesen, Weiden, Magerrasen und Heiden auf größeren Flächen der einzige naturhaushaltlich verträgliche, ökonomisch sinnvolle und auch naturschutzfachlich erfolgreiche Weg. • Die Strategie der Integration des Naturschutzes in landwirtschaftlichen Betrieben erfordert nicht nur Kooperationsbereitschaft, sondern auch die Fähigkeit, sich in Denkweise, Wertvorstellungen, Planungen und Wünsche der Betriebsleiter hinein zu versetzen. • Für dauerhaften und großflächigen Vertragsnaturschutz im Mittelgebirge sind Milchviehbetriebe im Haupterwerb von zentraler Bedeutung. Voraussetzung ist hierbei, dass den Betrieben genügend Grünland zur Verfügung steht oder günstig zugepachtet werden kann. • Auch Betriebe mit hoher Milchleistung können auf 10 - 30 % ihrer Flächen erfolgreich Vertragsnaturschutz betreiben. Derzeit sind dies mehr als 150 Betriebe mit einem Stalldurchschnitt von 7000 bis 9000 l/Kuh im nordrheinwestfälischen Teil der Eifel! • Das Heu dieser Flächen wird in den Betrieben überwiegend für Jungrinder und Trockensteher verwertet, denn die Energiegehalte sind deutlich höher, als früher angenommen wurde. In geringem Umfang wird es sogar an laktierende Kühe verfüttert, z.B. in entsprechenden Rationen im Futtermischwagen. Ferner wird es als Pferdeheu oder als Kräuterheu für Kaninchen, Hamster und Meerschweinchen vermarktet. Die Akzeptanz der Landwirte hängt wesentlich auch davon ab, dass die Nutzungsauflagen praxisorientiert und in gewissem Umfang flexibel sind. Wichtig ist ferner, dass die Naturschutzleistungen angemessen vergütet werden, damit sich der Vertragsnaturschutz dauerhaft zu einem interessanten Betriebszweig entwickeln kann (z. Zt. trifft dies für ca. 300 Haupterwerbsbetriebe in der Eifel zu). 63 Übertragbarkeit und Perspektiven Auf Grund des Vertragsnaturschutzes mit Landwirten in den letzten 20 Jahren ist in der Eifel – entgegen der Entwicklung in den meisten Naturräumen Deutschlands – die Trendwende im Hinblick auf den Rückgang der Flora (teilweise auch der Fauna) gelungen: Bei der ganz überwiegenden Anzahl seltener und gefährdeter Arten ist eine deutliche Zunahme der Populationen zu verzeichnen. Eine positive Entwicklung lässt sich auch bei den meisten derzeit nicht gefährdeten Arten der Graslandökosysteme feststellen. Auch in anderen Naturräumen Nordrhein-Westfalens, z.B. Siegerland, Hochsauerland, Teile des niederrheinischen und westfälischen Tieflandes sowie Ostwestfalens, lassen sich ähnliche Erfolge nachweisen. Voraussetzung waren und sind in allen Fällen die kontinuierliche und fachgerechte Durchführung der Naturschutzprogramme einschließlich der entsprechenden Erfolgskontrollen. Ferner wurden gebietsweise umfangreiche Restitutions- und Renaturierungsmaßnahmen durchgeführt. Der positive Trend zur Erhaltung und Förderung der biologischen Vielfalt in NRW lässt sich nur halten bzw. weiter steigern, wenn auch zukünftig entsprechende finanzielle Mittel des Landes und der EU zur Verfügung stehen. Folgende Bedingungen sollten hierfür dauerhaft gegeben sein: • Die Wertschätzung für unser Naturerbe muss weiter wachsen, vergleichbar derjenigen, die unserem Kulturerbe beigemessen wird. • Die Kooperation zwischen Naturschutz und Landwirtschaft muss auf partnerschaftlicher Basis praktiziert werden. • Erhaltung der Biodiversität ist als ökologisch relevante Leistung angemessen zu vergüten (soweit möglich ergebnisorientiert!). • Für landwirtschaftliche Betriebe kann sich damit eine zusätzliche ökonomische Perspektive eröffnen: Förderung der regionaltypischen Biodiversität als integrales Produktionsziel. Die bemerkenswerten Erfolge des Vertragsnaturschutzes bei der großflächigen Sicherung und Restitution des Grünlandes in der Eifel sind grundsätzlich auch in anderen Mittelgebirgen von Nordrhein-Westfalen und weiteren Bundesländern möglich, sofern günstige agrarstrukturelle Voraussetzungen wie hoher Grünlandanteil und genügend leistungsfähige Haupterwerbsbetriebe gegeben sind und eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen Naturschutz und Landwirtschaft besteht. Es gibt aber auch Regionen, in denen das „Beispiel Eifel“ nicht umsetzbar ist. Hier könnten alternative Konzepte – Weidegenossenschaften, großflächige Beweidungssysteme mit Mutterkühen, Schafen und landschaftstypischen Pferderassen – zum Einsatz kommen, u. U. auch halbwilde große Pflanzenfresser, 64 sogenannte „Megaherbivoren“. Für Projekte mit letzteren ist eine besonders hohe Akzeptanz in der Region – sowohl der Gemeinden wie auch der Landnutzer – erforderlich. Literatur KÜHNE, C., H. KAM, C. LEX, A. METZMACHER, H. FUCHS, F. OPITZ, W. SCHUBERT & W. SCHUMACHER (2007): Populationsgrößen und -entwicklung seltener und gefährdeter Orchideen auf Vertragsnaturschutzflächen in der Eifel und ausgewählten Gebieten im Hochsauerland. – Jahresberichte des Naturwissenschaftlichen Vereins Wuppertal 60: 307-332. POSCHLOD, P. & W. SCHUMACHER (1998): Rückgang von Pflanzen Pflanzengesellschaften des Grünlandes – Gefährdungsursachen Handlungsbedarf. – In: Schr.-R. Vegetationskunde 29: 83-99. und und SCHUMACHER, W. (1988): Notwendigkeit und Umfang von Pflegemaßnahmen auf Schutzflächen an Hand ausgewählter Beispiele – Landwirte als Partner des Naturschutzes? – Schriftenreihe Angewandter Naturschutz. 7: 25-38. SCHUMACHER, W. (1995): Offenhaltung der Kulturlandschaft? – LÖBF-Mitteilungen 20(4), 52-61. Recklinghausen. SCHUMACHER, W. (2004): Erfolge und Defizite des Vertragsnaturschutzes im Grünland.- In: Tagungsband der 15. u 16. Wissensch. Fachtagung des Lehr- und Forschungsschwerpunktes „Umweltverträgliche und standortgerechte Landwirtschaft“, Landwirtsch. Fak. der Universität Bonn, S. 40-49. SCHUMACHER, W. (2005): Erfolge und Defizite des Vertragsnaturschutzes im Grünland der Mittelgebirge Deutschlands – In: Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) (Hrsg.): Landnutzung im Wandel – Chance oder Risiko für den Naturschutz. Berlin: Erich-Schmidt-Verlag. S. 191-200. SCHUMACHER, W., KAM, H., KÜHNE, C., LEX, C., METZMACHER, A., HELFRICH, H.-P. & K. SCHMIDT (2007): Erfolgskontrolle des Vertragsnaturschutzes anhand der Populationsgrößen und -entwicklung seltener und gefährdeter Farn- und Blütenpflanzen. – Landwirtschaftliche Fakultät der Universität Bonn, Schriftenreihe des Lehr- und Forschungsschwerpunktes USL, Nr. 148. 166 S. WEIS, J. (2001): Naturschutzfachliche Erfolgskontrolle des Vertragsnaturschutzes am Beispiel der nördlichen Eifel. – Aachen, Shaker Verlag, 270 S. WEIS, J., MUCHOW, T. & W. SCHUMACHER (2000): Akzeptanz von Programmen zur Honorierung ökologischer Leistungen der Landwirtschaft. – Angewandte Landschaftsökologie, 34, 107-120. Münster-Hiltrup: Landwirtschaftsverlag. Anschrift des Autors: Prof. Dr. W. Schumacher Abt. Geobotanik und Naturschutz, Universität Bonn Karlrobert-Kreiten-Straße 13, 53115 Bonn 65 Begrenzungen für den Erfolg von Renaturierungsmaßnahmen Prof. Dr. Dr. Annette Otte Professur für Landschaftsökologie und Landschaftsplanung IFZ für Umweltsicherung Heinrich-Buff-Ring 26 - 32 D-35392 Gießen Annette.Otte@umwelt.uni-giessen.de Tel.: Fax.: 0641 / 99 – 37160 0641 / 99 – 37169 Bedeutung genetischer Faktoren für die Wiederansiedlung seltener Pflanzengemeinschaften Aspekte des Schutzes der genetischen Diversität gewinnen zunehmend Bedeutung in der naturschutzfachlichen Praxis. Die Voraussage von Auswirkungen genetischer Faktoren auf den Erfolg von Wiederansiedelungsmaßnahmen seltener Arten ist aber auf Grund mangelnder Datengrundlagen oft nur schwer möglich. Im Allgemeinen sind die historische Entwicklung der Population, die räumliche Distanz zwischen Populationen, Standort- und Arteigenschaften zu berücksichtigen. Diese haben großen Einfluss auf die genetische Differenzierung von Populationen durch Genfluss und Gendrift, aber auch auf die Wahrscheinlichkeit für Inzuchtdepression, Heterosiseffekte, Auskreuzungsdepression und genetische Verdrängung, die im Zuge von Maßnahmen zur Wiederansiedlung oder Verstärkung von Pflanzenpopulationen auftreten können. Die verschiedenen Faktoren werden insbesondere, mit Blick auf durch sie in der Naturschutzpraxis verursachten Probleme diskutiert und mögliche Lösungsansätze dargestellt. Donath T.W. & Eckstein R.L. 2008, Naturschutz und Landschaftsplanung 40: 21-25 Eckstein, O’Neill, Danihelka, Otte & Köhler 2006, Mol. Ecol. 15, 2367-2379 Eckstein, Danihelka, Hölzel & Otte 2004, Acta Oecol. 25, 83-919 Interactions between litter and water availability affect seedling emergence in four familial pairs of floodplain species Additionally, we studied seedling emergence in four familial pairs of floodplain herbs in response to the experimental manipulation of soil moisture and litter cover. Our controlled pot experiment consisted of four levels of litter cover (0, 0.2, 0.4 and 0.8 kg m-2) and two levels of water-addition, leading to constantly humid substrate or intermittently dry topsoil. Across water-additions, percentage emergence reached a peak at low levels of litter cover (0.2 and 0.4 kg m-2). We found positive effects of litter under intermittently dry conditions and negative or neutral effects under constantly humid conditions. Litter lowered maximum temperature as well as amplitude, and alleviated soil humidity under low water-supply, while imposing increasingly shaded conditions. Analysis of species- and family-specific responses suggested that germination under a litter cover of 0.8 kg m-2 was significantly reduced in smaller-seeded species (i.e. those that tend to have higher light demands for germination). Our results suggest that transfer of seed-containing plant litter can aid restoration projects if applied at between 0.2 and 0.4 kg m-2. Below these levels, establishment of most species may be inhibited by drought, while higher amounts will increasingly suppress seedling emergence, especially of smallseeded species. Eckstein & Donath 2005, J. Ecol. 93, 807-816 66 Artendiversität in Kalkmagerrasen Süddeutschlands und der Schweiz Michael Jeschke1 und Kathrin Kiehl2 1 Lehrstuhl für Vegetationsökologie der TU München, Am Hochanger 6, 85350 Freising jeschke@wzw.tum.de 2 Vegetationsökologie und Botanik, Fakultät Agrarwissenschaftler und Landschaftsarchitektur, Fachhochschule Osnabrück, Oldenburger Landstrasse 24, 49090 Osnabrück Kalkmagerrasen gehören zu den kleinräumig artenreichsten Lebensräumen Mitteleuropas. Im Rahmen eines Promotionsvorhabens wurden verschiedene Kalkmagerrasen in Naturschutzgebieten Süddeutschlands und der Schweiz untersucht (Garchinger Heide nördlich von München, Kissinger Heide südlich von Augsburg und Merishausener Gräte bei Schaffhausen, Schweiz). Die Gebiete sind durch jahrhundertelange extensive Nutzung geprägt und werden heute durch Mahd gepflegt, um ihr Arteninventar zu erhalten. Auch in jährlich gepflegten Flächen sind die Individuenzahlen seltener Arten oft rückläufig, wobei die Ursachen oft unklar oder erst durch umfangreiche Untersuchungen klar festzustellen sind (RÖDER & KIEHL 2006). Die Erweiterung bestehender Magerrasen z.B. durch Mähgutaufbringung auf angrenzenden ehemals ackerbaulich genutzten Flächen stellt eine erfolgreiche Methode zur Neuanlage artenreicher Magerrasen dar (KIEHL & JESCHKE 2005, KIEHL & WAGNER 2006). Auf nährstoffreichen Böden können einige lichtbedürftige Magerrasenarten jedoch langfristig durch hochwüchsige Arten verdrängt werden. Auf Oberbodenabtragsflächen hingegen können sich noch Jahrzehnte nach dem Mähgutauftrag neue Arten ansiedeln, da diese Flächen lange Zeit lückig bleiben. So ist das 1945 abgetragene Rollfeld der Garchinger Heide bis jetzt noch nicht völlig bewachsen. Unsere Untersuchungen erbrachten sehr hohe Artenzahlen (Į-Diversitäten) auf den untersuchten Kalkmagerrasenflächen: Tab. 1: Gemittelte Gesamtartenzahlen (fett), gemittelte Moos- und Flechtenartenzahlen (in Klammern) und maximale Gesamtartenzahlen (kursiv) auf den untersuchten Flächengrößen. [m²] 100 16 4 1 0,0625 0,01 Garchinger Heide Rollfeld Garchinger Heide Altheide Garchinger Heide Abtragsflächen 75 (29) 82 51 (11) 54 88 (37) 106 50 (21) 58 34 (8) 37 60 (29) 74 58 (10) 60 60 (13) 70 66 (22) 77 42 (16) 48 31 (8) 36 48 (24) 64 51 (8) 56 51 (12) 64 56 (19) 64 34 (14) 40 24 (7) 30 34 (17) 43 17 (8) 24 12 (4) 18 14 (8) 22 20 (4) 30 22 (6) 28 20 (8) 29 11 (5) 16 8 (3) 12 8 (5) 15 13 (3) 18 14 (4) 20 11 (5) 17 Merishausener Gräte Kissinger Heide Kissinger Heide Abtragsflächen 80 (19) 85 100 (32) 111 40 (9) 52 43 (16) 55 Selbst auf kleinen Flächen werden hier noch hohe Artenzahlen erreicht, die durch die geringe Größe der einzelnen Individuen und ihre unterschiedlichen Strategien ermöglicht werden (siehe auch GIGON & RYSER 2000). Auf den Abtragsflächen kommen neben den kalkmagerrasentypischen Arten auch einige Ruderalarten und viele Krustenflechtenarten vor, die die Oberflächen der anstehenden Steine 67 besiedeln (der Oberboden wurde bis auf den anstehenden Karbonatschotter abgeschoben). Daraus resultieren die hohen Artenzahlen (siehe auch JESCHKE & KIEHL 2006). Bei kleinen Flächengrößen sind aber die alten Heideflächen artenreicher, da sich hier eine charakteristische, kleinflächige Matrix einstellen konnte, die auf den neuen Flächen noch fehlt. Vor allem bei den Oberbodenabtragsflächen stellen Moose und Flechten einen hohen Teil der Artenvielfalt. Auf dem Rollfeld der Garchinger Heide sind dies bei 0,01 m² 46 %, bei 100 m² 39 %. In den Altheideflächen, wo nur wenige saxicole Flechten vorkommen können, bilden Moose und Flechten bei 0,01 m² 35 %, bei 100 m² immerhin noch 21 %. In den höherwüchsigen Halbtrockenrasen der Merishausener Gräte liegen die Anteile zwischen 23 (0,01 m²) und 17 Prozent (16 m²). Moose und Flechten bilden also einen wesentlichen Anteil der Į-Diversität dieser Standorte und sollten daher unbedingt erfasst und auch in der Pflege berücksichtigt werden. Tab. 2: J-Diversität der untersuchten Flächen. Die Artenzahlen wurden aus verschiedenen Einzelflächen zusammengerechnet bzw. stellen Artenlisten dar (Gesamtgebiet, jeweils untere Zeile). Angegeben sind Artenzahlen (fett) und Rote-Liste-Arten (RL I-III Bayern, in Klammern) Artenzahlen Garchinger Heide Merishausener Gräte Kissinger Heide Dietersheimer Brenne Größe 400 m² 27 ha 312 m² 400 m² ~ 1 km² 236 m² ~ 0,5 km² Gefäßpflanzen 68 (8) 218(51)1 82 85 (7) 255 (39)3 148 (20) 268 (33)5 Moose 14 (0) 35 (2)2 17 22 (0) 27 (0)2 17 (0)4 Flechten 30 (9) 41 (9)2 3 5 (2) 24 (4)2 1 (0)4 Gesamt 112 (17) 294 (62) 102 112 (9) 306 (33) 166 (20) 1 KIEHL & WAGNER 2006 Artenzahlen der untersuchten Dauerflächen im NSG und der neu angelegten Kalkmagerrasen 3 Artenliste aus Dauerflächen, Veröffentlichungen (HIEMEYER 2002) und Biotopkartierung der Unteren Naturschutzbehörde 4 erhoben im Laufe eines studentischen Praktikums, unvollständig 5 Artenliste aus Dauerflächen, Begehung und Biotopkartierung der Unteren Naturschutzbehörde 2 Die hier dargestellten Ȗ-Werte sind nicht vollständig, da gerade die Kryptogamen nicht flächendeckend erfasst wurden. Vor allem auf den Kalkmagerrasen/Feuchtwiesen/GebüschKomplexen der Kissinger Heide und Dietersheimer Brenne (nördlich München, Daten aus studentischer Projektarbeit) würden die Moos- und Flechtenartenzahlen wesentlich höher sein. Durch die mosaikartige Verflechtung der Vegetationstypen tritt an diesen Standorten eine sehr hohe Artenvielfalt auf, wobei die Kalkmagerrasen meist nur einen kleinen Teil (ca. 10 %) der Fläche bedecken, aber wohl den Hauptteil der Arten stellen. Literatur: GIGON, R. & RYSER, P. (2000): Wie leben die vielen Pflanzenarten in einer Halbtrockenwiese zusammen? - Mitt. natf. Ges. Schaffhausen 45: 25-36. HIEMEYER, F. (2002): Königsbrunner und Kissinger Heide. Juwelen vor den Toren Augsburgs. - Wißner Verlag, 112 S. JESCHKE, M. & KIEHL, K. (2006): Auswirkung von Renaturierungs- und Pflegemaßnahmen auf die Artenzusammensetzung und Artendiversität von Gefäßpflanzen und Kryptogamen in neu angelegten Kalkmagerrasen. - Tuexenia 26: 223-242. KIEHL, K. & JESCHKE, M. (2005): Erfassung und Bewertung der Phytodiversität ursprünglicher und neu angelegter Kalkmagerrasen der nördlichen Münchner Schotterebene. - Tuexenia 25: 445-461. KIEHL, K. & WAGNER, T. (2006): Effect of hay transfer on long-term establishment of vegetation and grasshoppers on former arable fields. - Rest. Ecol. 14: 157-166. RÖDER, D. & KIEHL, K. (2006): Population structure and population dynamics of Pulsatilla patens (L.) Mill. in relation to vegetation characteristics. - Flora 201: 499-507. 68 Populationsentwicklung seltener und gefährdeter Farn- und Blütenpflanzen auf Vertragsnaturschutzflächen in NRW Ziel des von 2004-2006 durchgeführten Forschungsprojektes (KÜHNE et al. 2007, SCHUMACHER et al. 2007) war es, anhand der Populationsgrößen und -entwicklung seltener und gefährdeter Farn- und Blütenpflanzen die Wirksamkeit des Vertragsnaturschutzes (SCHUMACHER 2007) am Beispiel der Eifel und ausgewählter Regionen des Hochsauerlandes zu untersuchen. Für das Projekt wurden in Abstimmung mit der Landesanstalt für Ökologie NRW zunächst solche Arten in die engere Wahl gezogen, die aufgrund ihrer Ansprüche an Standort und Nutzung am ehesten Rückschlüsse auf die Wirksamkeit des Vertragsnaturschutzes zulassen. Es handelt sich um die unten genannten gefährdeten und / oder seltenen Arten folgender Pflanzengesellschaften / Biotoptypen Kalkmagerrasen, Magerwiesen und -weiden, Bergwiesen, Borstgrasrasen und Feuchtheiden sowie Feuchtwiesen, Kalksümpfe und Heidemoore, deren Populationen auf rund 100 Untersuchungsflächen gezählt oder mit Hilfe statistischer und geostatistischer Verfahren geschätzt werden sollten. Hierfür wurden zunächst 44 Arten repräsentativer Graslandökosysteme der Kulturlandschaft in die engere Wahl gezogen und davon 37 näher untersucht. Es handelt sich um Arten, die als Kenn- bzw. Indikatorarten Rückschlüsse auf die Wirksamkeit des Vertragsnaturschutzes zulassen, über die Kenntnisse zu Populationsgrößen aus früheren Jahren oder Jahrzehnten vorlagen und die zugleich von mehreren Fundorten mit dokumentierter Nutzungsgeschichte bekannt waren. Zur Erfassung der Populationsgrößen wurden Zählungen durchgeführt, daneben wurden diverse Schätzverfahren erprobt und die für bestimmte Artengruppen jeweils geeignesten ermittelt. Ferner wurde die Alpha-Diversität von Wiesen und Weiden unter Vertragsnaturschutz und angrenzendem intensiver genutztem Wirtschaftsgrünland verglichen. Die wichtigsten Ergebnisse des Forschungsprojektes werden im Folgenden vorgestellt: x Von den ausgewählten 37 seltenen und gefährdeten Farn- und Blütenpflanzen wurden die Populationen an insgesamt 184 Fundorten mit Zählungen und / oder Schätzungen erfasst. Der ganz überwiegende Teil dieser Arten ist mit 69 großen bis sehr großen Populationen vertreten, die landesweit von Bedeutung sind und auch auf lange Sicht als gesichert gelten können. Gleiches gilt tendenziell auch für die restlichen sieben, nicht näher untersuchten, Arten. x Demgegenüber sind bei sechs der untersuchten Arten die Populationen – bis auf zwei Fundorte - auf einem relativ geringen Niveau geblieben. x Bei der Ermittlung der Populationsgrößen hat sich herausgestellt, dass Bestandszahlen bis etwa 3000 (z. T. auch bis 5000) am effektivsten durch Zählungen mit zwei bis drei Personen erfasst werden können. Bei deutlich größeren Populationen hingegen wurden verschiedene Sampling-Verfahren (insbesondere Systematic Sampling und Stratified Sampling) sowie das Kriging-Verfahren erfolgreich getestet. Für die Rosettenpflanzen Arnica montana und Antennaria dioica wurde ein spezielles Cluster Sampling angewandt. x Eine bemerkenswerte Populationsentwicklung während der letzten Jahrzehnte konnte auf Grund ausreichender Quellen für 27 Arten belegt werden (Tab. 1). Dabei hat sich gezeigt, dass sämtliche Arten bis auf wenige Ausnahmen mit Beginn des Vertragsnaturschutzes seit 1985 und vor allem seit den 1990er Jahren einen positiven Trend aufweisen: Ausgehend von kleinen bis mittleren, vereinzelt auch größeren Populationen, ist eine starke, z. T. exponentielle Zunahme erkennbar, die für eine Reihe von Arten auch derzeit noch anhält. x Der Vergleich der Alpha-Diversität von Wiesen und Weiden unter Vertragsnaturschutz mit angrenzendem Grünland (Öko-Landbau oder MSLGrünlandextensivierung) im Hinblick auf Biodiversität zeigt, dass die Artenzahlen auf 9 m²-Probeflächen unter Vertragsnaturschutz zwischen 36 und 45 liegen (jeweils Mittelwerte aus drei Probeflächen), während sie auf den Vergleichsflächen mit 11 bis 20 Arten deutlich geringer sind (SCHUMACHER 2007). Erwähnenswert ist ferner, dass in den Berglandregionen zahlreiche Kenn- bzw. Indikatorarten artenreicher Wiesen und Weiden ebenfalls deutlich zugenommen haben (Tab. 2). x Die auch überregional bemerkenswerten Ergebnisse des Forschungsprojektes belegen überzeugend die Wirksamkeit des Vertragsnaturschutzes am Beispiel der Eifel und von Teilen des Hochsauerlandes. Von besonderer Bedeutung für den Bereich der Eifel sind hierbei die beträchtliche Flächengröße von rund 4000 ha, der hohe Anteil von Vertragsnaturschutzflächen im Eigentum des Landes, der Kreise, Gemeinden und der NRW-Stiftung, sowie die Kontinuität der Maßnahmen z. T. über mehrere Jahrzehnte. 70 Tabelle 1: Populationsentwicklung seltener und gefährteter Arten in der Eifel zwischen 1972 und 2005(6). Aufgeführt sind für die genannten Zeiträume jeweils die höchsten bekannten Werte. 1 = blühende/sporulierende Pflanzen, 2 = blühende Triebe, 3 = blühende + vegetative Pflanzen, 4 = Rosetten, - = keine Daten verfügbar, ? = nicht oder vermutlich nicht im Gebiet vorhanden Art Fundort Aceras anthropophorum 1 Hängender Mensch Bürvenicher Berg bei Mechernich-Berg Hühlesberg bei Iversheim Tiesberg bei Iversheim Schafberg bei Pesch Kuttenberg bei Eschweiler Halsberg bei Gilsdorf Antennaria dioica 1, 4 Katzenpfötchen Kalvarienberg bei Alendorf Hämmersberg bei Alendorf Haardt bei Baasem Arnica montana 1,4 Arnika Dahlemer Binz Ehrend bei Baasem Leuwersberg bei Kronenburg Botrychium lunaria 1 Mondraute Coeloglossum viride 1 Grüne Hohlzunge Dactylorhiza maculata 1 Geflecktes Knabenkraut Dactylorhiza majalis Breitblättriges Knabenkraut 1 Sandberg bei Weyer Sistig-Krekeler-Heide 1972 1978 - 1979 - 1985 1986 1990 - 1991 1995 - 1996 2000 - 2001 2005/6 - 404 ~ 500 1441 2300 5800 67 - 80 1100 1760 2450 150 - - 2510 3940 5130 8 19 19 1243 1400 1430 ? 6 7 46 55 65 ? ? ? 23 28 95 ~ 5001 ~ 5001 - - - 750004 ~ 5001 ~ 5001 - - - 750004 ~ 30001 ~ 30001 10000 10000 - 15000 ~ 50001 ~ 50001 10000 10000 - 40000 ~ 100001 ~ 100001 40000 40000 - 200000 ~ 50001 ~ 50001 20000 20000 - 70000 ~ 100 - - 200 - 190 100 ~ 500 - 700 1450 2132 Große Jüsch bei Wachendorf Griesbeuel bei Alendorf 7 - 10 45 73 90 ~ 40 - 25 ~ 150 100 125 Büschelsberg / „Auf Aß“ bei Ripsdorf ~ 15 - >20 - 140 90 - - - >1000 2160 2500 Leuwersberg bei Kronenburg - ~ 500 - - 1500 1100 Mäusenest bei Berk - ~ 500 - - 10000 13000 >800 >900 - - 3400 3700 - 600 - - - 780 >1000 - - - 4700 4080 Schavener Heide Genfbachtal bei Nettersheim Kalksumpf bei Feusdorf Kreuzfeld bei Sistig 71 - Tab. 1 (Fortsetzung) 1 = blühende/sporulierende Pflanzen, 2 = blühende Triebe, 3 = blühende + vegetative Pflanzen, 4 = Rosetten, - = keine Daten verfügbar, ? = nicht oder vermutlich nicht im Gebiet vorhanden Art 1972 Fundort - 1978 Seidenbachtal bei Blankenheimerdorf Epipactis palustris 3 Sumpf-Stendelwurz Gentianella germanica 1 Deutscher Enzian Gentiana pneumonanthe 2 Lungen-Enzian Gymnadenia conopsea ssp. conopsea1 Gewöhnliche Händelwurz G. con. ssp. densiflora 1 Dichtbl. Händelwurz Herminium monorchis 1 Honigorchis - 1990 - 1991 1995 - 1996 2000 - 2001 3000 3000 3300 3800 - 411 - 2201 >10001 - ~ 30001 - 40001 91033 Fuchsloch bei Ahrhütte - 14000 - - - 15110 Reinersberg bei Dollendorf - - ~ 10000 - 20000 14000 ~ 3000 - 10000 10000 - 60000 Kuttenberg bei Eschweiler ~ 300 >400 >400 3000 3500 4604 Lambertsberg bei Holzheim ~ 1000 - - 3000 4000 5782 Froschberg Blankenheimerdorf bei ~ 3000 - - 8000 13000 Seidenbachtal Blankenheimerdorf bei Sistig- Krekeler Heide - 2005/6 - - >10000 - - - 40000 - ~ 3000 - - 2800 3600 ~ 250 - - - 600 2200 96 - - - - 370 ~ 200 - - - - 160 Klosberg bei Gilsdorf ? ? ~ 30 181 377 235 Oleftal bei Hollerath 0,3 Mio 0,5 Mio - 1,5 Mio - 4 Mio Perlenbachtal-Fuhrtsbachtal bei Monschau 0,5 Mio 0,5 Mio - 3 Mio - 7,9 Mio 25 30 10 7 65 65 Kuttenberg bei Eschweiler ~ 30 40 30 150 300 200 Lambertsberg bei Holzheim 15 - - - - 180 - 154 - 221 - 192 ~ 200 - - 345 540 610 ~ 2000 ~ 2000 - - 4300 7500 >300 - 600 310 - 330 Hämmersberg bei Alendorf Reinersberg bei Dollendorf bei Wachendorfer Mooth Bürvenicher Berg Mechernich-Berg Orchis militaris 1 Helm-Knabenkraut Orchis morio1 Kleines Knabenkraut ~ 2000? 1986 - Seidenbachtal Blankenheimerdorf Ophrys apifera 1 Bienen-Ragwurz - 1985 Kalksumpf bei Feusdorf Kalksumpf bei Ripsdorf Fuchsloch bei Ahrhütte Himantoglossum hircinum1 BocksRiemenzunge Narcissus pseudonarcissus 3 Gelbe Narzisse 1979 bei Büschelsberg/”Auf Aß” bei Ripsdorf Hänge bei Hammerhütte Seidenbachtal Blankenheimerdorf bei 72 Tab. 1 (Fortsetzung) 1 = blühende/sporulierende Pflanzen, 2 = blühende Triebe, 3 = blühende + vegetative Pflanzen, 4 = Rosetten, - = keine Daten verfügbar, ? = nicht oder vermutlich nicht im Gebiet vorhanden Art 1972 Fundort - 1978 Orchis purpurea 1 Purpur-Knabenkraut Orchis ustulata 1 Brand-Knabenkraut Platanthera bifolia Zweiblättr. Pseudorchis albida1 Weiße Höswurz - 1986 1990 - 1991 1995 - 1996 2000 - 2001 2005/6 ~ 100 350 353 730 875 1040 Hirnberg bei Nöthen ~ 200 - 100? 600 575 1758 - - >450 1235 1165 2100 Schnurtal bei Harzheim ~ 250 300 500 632 563 590 Büschelsberg/“Auf Aß“ bei Ripsdorf ~ 50 - 30 398 384 420 Griesbeuel bei Alendorf ~ 100 - - 468 ~ 350 1040 - ~ 1000 - - ~ 1500 8500 Haardt bei Baasem 8 - - 20 70 70 „Auf Ehrend“ bei Baasem - 30 100 - 31 80 15 - 60 60 250 50 Klosberg bei Gilsdorf ~ 1500 - ~ 2500 5300 5800 7800 Kalvarienberg bei Alendorf ~ 500 - - - - 2000 Hämmersberg bei Alendorf ~ 1000 - - - - 5700 Froschberg Blankenheimerdorf - ~ 500 - - - 1900 Sistig-Krekeler Teilflächen) Heide Leuwersberg Kronenburg Pulsatilla vulgaris 1 Gewöhnliche Kuhschelle 1985 Kuttenberg bei Eschweiler „Am Wollweg“ bei Gilsdorf 1 1979 (2 bei bei Gillesbachtal bei Marmagen >10000 - - - - 11700 Bürvenicher Berg Mechernich-Berg ~ 4000 - - - - 33400 bei 73 - Tab. 2: Auswahl von Kenn- und Trennarten des Grünlandes mit deutlicher Zunahme in Vertragsnaturschutzflächen. Alchemilla monticola Berg-Frauenmantel Pimpinella saxifraga Kleine Bibernelle Anthoxanthum odoratum Ruchgras Polygala vulgaris Gem. Briza media Zittergras Polygonum bistorta Schlangen-Knöterich Bromus racemosus Traubige Trespe Potentilla erecta Blutwurz Carum carvi Wiesen-Kümmel Primula veris Echte Centaurea jacea Wiesen- Ranunculus Knollen-Hahnenfuß Centaurea nigra Schwarze Ranunculus Hain-Hahnenfuß Colchicum autumnale Herbst-Zeitlose Salvia pratensis Wiesen-Salbei Galium album Wiesen-Labkraut Sanguisorba minor Kleiner Wiesenknopf Geranium sylvaticum Wald- Sanguisorba Großer Wiesenknopf Geum rivale Bach-Nelkenwurz Saxifraga granulata Knöllchen- Knautia arvensis Acker-Witwenblume Selinum carvifolia Kümmelblättrige Lathyrus linifolius Berg-Platterbse Silaum silaus Wiesen-Silge Meum athamanticum Bärwurz Silene flos-cuculi Kuckucks-Lichtnelke Phyteuma nigrum Schwarze Succisa pratensis Teufelsabbiss Phyteuma orbiculare Kugelige Tragopogon Wiesen-Bocksbart Große Bibernelle Veronica Gamander- Pimpinella major Literatur KÜHNE, C., H. KAM, C. LEX, A. METZMACHER, H. FUCHS, F. OPITZ, W. SCHUBERT & W. SCHUMACHER (2007): Populationsgrößen und -entwicklung seltener und gefährdeter Orchideen auf Vertragsnaturschutzflächen in der Eifel und ausgewählten Gebieten im Hochsauerland. – Jahresberichte des Naturwissenschaftlichen Vereins Wuppertal 60: 307-332. SCHUMACHER, W. (2007): Bilanz – 20 Jahre Vertragsnaturschutz. Vom Pilotprojekt zum Kulturlandschaftsprogramm NRW. – Naturschutz-Mitteilungen NRW 32(1): 2128. SCHUMACHER, W., KAM, H., KÜHNE, C., LEX, C., METZMACHER, A., HELFRICH, H.-P. & K. SCHMIDT (2007): Erfolgskontrolle des Vertragsnaturschutzes anhand der Populationsgrößen und -entwicklung seltener und gefährdeter Farn- und Blütenpflanzen. – Landwirtschaftliche Fakultät der Universität Bonn, Schriftenreihe des Lehr- und Forschungsschwerpunktes USL, Nr. 148. 166 S. Anschrift des Autors: Prof. Dr. W. Schumacher Abt. Geobotanik und Naturschutz, Universität Bonn Karlrobert-Kreiten-Straße 13, 53115 Bonn 74 Stand und Entwicklung der Agrarumwelt- und Vertragsnaturschutzmaßnahmen auf Grünland in Deutschland Bernhard Osterburg und Wolfgang Roggendorf, Johann Heinrich von Thünen-Institut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei Förderung 2000 bis 2006 – Förderdaten und Erfahrungen In Deutschland ist in der zurückliegenden Förderperiode nach VO (EG) Nr. 1257/1999 mehr als die Hälfte des Grünlands über Agrarumwelt- und Vertragsnaturschutzmaßnahmen mit Kofinanzierung aus Brüssel gefördert worden. Nach Auswertung verschiedener Quellen wie Monitoringtabellen, Evaluierungsstudien und Statistikdaten lässt sich für das Förderjahr 2005 der Anteil aller auf dem Grünland umgesetzten Fördermaßnahmen an der gesamten Grünlandfläche auf circa 53 % hochrechnen. Dahinter steht ein breites Spektrum an Maßnahmen mit unterschiedlichster Ausgestaltung. Die Auflagen beziehen sich auf Düngung und Besatzdichten, betreffen Art, Häufigkeit und Zeitpunkt der Nutzung, reichen bis hin zu Vorgaben für die Pflege und Entwicklung von besonderen Grünlandbiotopen oder sind auf die Nutzung in spezifischen Regionen ausgerichtet (Halligprogramm, Beweidung von Almen und Alpen). Abhängig von den Bewirtschaftungsbeschränkungen resultieren daraus unterschiedlichste Extensivierungsniveaus, die in der Regel bei Vertragsnaturschutzmaßnahmen am höchsten ausfallen. Gerade mit den letztgenannten Maßnahmen sind durchweg Biodiversitätsziele in den Förderprogrammen festgeschrieben. Vertragsnaturschutz wird in Deutschland auf rund 14 % der GrünlandVertragsflächen umgesetzt. Hingegen ist die in allen Bundesländern mit Unterstützung des Bundes im Rahmen des Schwerpunktes ‚Markt- und standortangepasste Landbewirtschaftung’ (MSL) der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz geförderten Maßnahmen wie die Extensiven Produktionsverfahren auf dem Grünland (MSL-Grünlandextensivierung), aber auch die Förderung des Ökologischen Landbaus sowie Maßnahmen mit ähnlicher Ausgestaltung im Bereich Besatzdichte und Düngung in erster Linie auf abiotische Ressourcenschutzziele ausgerichtet, vor allem auf den Gewässerschutz. In der Inanspruchnahme des Förderangebotes sind, wie nachfolgende Grafik aufzeigt, erhebliche regionale Unterschiede festzustellen. Die Grünlandflächen in Süddeutschland (Bayern, Baden-Württemberg), die gut ein Drittel des Grünlands in Deutschland ausmachen, werden zum überwiegenden Teil, in Baden-Württemberg sogar zu 91 %, unter Extensivierungsmaßnahmen bewirtschaftet, in beiden Ländern jedoch mit einem größeren Flächenanteil unter Minimalauflagen. Auch Thüringen, das Saarland und Hamburg zeichnen sich durch eine hohe Förderquote aus. Dem gegenüber liegen die Förderanteile auf den ertragsstarken Grünlandflächen in Nordwestdeutschland, ebenfalls rund ein Drittel des deutschen Grünlands, weit unter dem Durchschnitt. Schleswig-Holstein ist Schlusslicht mit einem Förderanteil von lediglich 8 % und weist zusammen mit Niedersachsen allein fast eine Mio. Hektar Grünland ohne Fördermaßnahmen auf. In den vier weiteren 75 ostdeutschen Bundesländern mit vergleichsweise geringen Grünlandanteilen an der LF wird die Extensivierungsförderung im Schnitt auf etwa zwei Drittel des Grünlandes in Anspruch genommen. Den größten Umfang an Vertragsnaturschutzmaßnahmen findet man in Mecklenburg-Vorpommern und Bayern, die größte Förderfläche unter ökologischen Produktionsverfahren ebenfalls Mecklenburg-Vorpommern. Abbildung 1: Umfang der Grünlandfläche und geschätzter Anteil von Fördermaßnahmen nach VO (EG) Nr. 1257/1999 in den Bundesländern im Jahr 2005 1.200.000 Ohne Förderung Vertragsnaturschutz 1.000.000 MSL-Grünlandextensivierung Grünland Ökolandbau Hektar 800.000 600.000 400.000 200.000 TH SH ST SN SL RP NW NI M V H E H H H B E BB /B BY BW 0 Quellen: Monitoring, Up-date-Bewertungen, destatis – Fachserie 3 Reihe 3.1.2, eigene Berechungen. Hinsichtlich der tatsächlich eintretenden Ressourcenschutzwirkungen der Förderung lassen sich aufgrund der großen Bandbreite möglicher Auflagen nur ansatzweise pauschale Aussagen machen. Für Vertragsnaturschutzmaßnahmen konnten positive Effekte der Förderung auf die Artenvielfalt der Pflanzenbestände durch zahlreiche Begleituntersuchungen nachgewiesen werden (vgl. für NRW z.B. Schumacher 2007). Ob eine ähnliche Wirkung auch auf MSL-Grünland angenommen werden kann, ist noch nicht zusammenfassend über repräsentative Mit/Ohne-Vergleiche untersucht worden. Zwar konnte in einzelnen Studien ebenfalls Extensivierungserfolge festgestellt werden, jedoch gelten die Ergebnisse jeweils nur für spezifische Standorte und Auflagen und können nicht ohne weiteres auf das Gros der Extensivierungsflächen übertragen werden. Eine Einschätzung der Wirkung für den Gewässerschutz wurde systematisch von Osterburg und Runge (2007) vorgenommen. Eine zentrale Bedeutung kann der Grünlandextensivierung für die Landbewirtschaftung in den Mittelgebirgslagen zugeschrieben werden, wo sie sich als eigenständige Produktions- 76 richtung, vielfach in Verbindung mit extensiven Tierhaltungsformen, etabliert hat. In diesen Regionen war infolgedessen im Gegensatz zum bundesweiten Trend nach Einführung der MacSharry-Reformen in bedeutendem Umfang eine Zunahme der Grünlandfläche zu verzeichnen. Die Extensivierungsförderung hat im Zusammenspiel mit anderen Maßnahmen der zweite Säule wie der Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete in den beiden zurückliegenden Förderperioden zu dieser Entwicklung beigetragen. Die EU-Agrarreform von 2003 – neue Rahmenbedingungen für die Grünlandnutzung Die Luxemburger Beschlüsse zur Reform der EU-Agrarpolitik vom Juni 2003 enthalten als Kernelemente eine weitreichende Entkopplung der Direktzahlungen von der Agrarproduktion, die Ausgabe handelbarer, an landwirtschaftliche Fläche gebundener Zahlungsansprüche und die Bindung der Direktzahlungen an die Einhaltung von Standards in den Bereichen Umwelt-, Tier- und Verbraucherschutz („Cross Compliance“). Prämienberechtigt sind Acker- und Grünlandflächen, die genutzt oder z. B. durch Mulchen offen gehalten werden. Für die Grünlandnutzung ist relevant, dass Tierprämien z. B. für Mutterkühe und Schafe im Jahr 2005 in flächenbezogene, nicht an die Produktion gekoppelte Zahlungsansprüche umgewandelt wurden, und im Jahr 2013 einheitliche Flächenprämien für Acker- und Grünland gezahlt werden sollen. Grünlandumbruch ist trotz CrossCompliance-Auflagen möglich, solange der Grünlandanteil an der geförderten Fläche gegenüber dem Referenzjahr 2005 um nicht mehr als 5 % fällt. In einigen Bundesländern ist diese Grenze beinahe erreicht. Ein flächenspezifischer Schutz vor Umbruch oder die Gewährleistung eines gezielten Grünlandmanagements können über die flächenbezogenen Direktzahlungen nicht gewährleistet werden. Hierfür sind weiterhin ein gebietsspezifischer Grundschutz sowie zusätzliche Managementmaßnahmen z. B. im Rahmen von Vertragsnaturschutz notwendig. Förderung 2007 bis 2013 – Was bringen die neuen Programme? Agrarumweltmaßnahmen binden mit 4.226 Mio. Euro oder 26 % des deutschen ELERBudgets die weitaus größten Mittelsumme aller ELER-Fördermaßnahmen, insgesamt ist die Summe der ELER-Mittel in Deutschland gegenüber der Förderperiode 2000-2006 aber gesunken (Reiter und Roggendorf, 2007). Auch die Mittel für Agrarumweltmaßnahmen sinken im Durchschnitt gegenüber der Situation im Jahr 2005. Die höchsten geplanten Ausgaben fallen trotz Budgetkürzungen auf Bayern und BadenWürttemberg mit etwa der Hälfte des deutschen Fördervolumens. Der Handlungsspielraum für Fördermaßnahmen ist derzeit in vielen Bundesländern noch durch Altverpflichtungen aus der abgelaufenen Förderperiode stark eingeschränkt (diese binden z. B. in NRW rund 57% des Agrarumweltbudgets). Vor dem Hintergrund der Budgetrestriktionen und der durch die Agrarreform 2003 veränderten Rahmenbedingungen wurde die Förderung auch bezüglich des Maßnahmenangebots, der Prämienhöhen oder der Zugangsvoraussetzungen in einigen Bundesländern eingeschränkt und z.T. stärker auf Zielkulissen konzentriert. In den Planzahlen ablesbar ist, dass die Maßnahmenfläche auf Grünland 77 tendenziell abnehmen wird, und es unter der Zielsetzung Wasserschutz tendenziell zu einer Mittelverschiebung auf das Ackerland kommen wird. Entwicklung der Landnutzung – Ausblick Die Zukunft der extensiven Grünlandnutzung hängt in Deutschland erster Linie von der Entwicklung der Rinder- und Schafhaltung ab. Nach Entkopplung der Agrarstützung von der Produktion verlieren Mutterkuh- und Schafhaltung aus betriebswirtschaftlicher Sicht weiter an Rentabilität, die Bestände sind bis 2007 gegenüber dem Jahr 2000 um jeweils etwa 10 % zurückgegangen. Solange aber keine alternativen Flächennutzungen zur Auswahl stehen und Agrarumweltförderung und Ausgleichszulage an eine Mindestnutzung der Flächen gebunden sind, erfüllen diese Verfahren weiter die Funktion der Grünlandpflege. Reformen der EU-Milchmarktordnung werden die Rahmenbedingungen für die Milchviehhaltung in den nächsten Jahren grundlegend verändern. Die Milchviehhaltung einschließlich Jungtieraufzucht ist für die Grünlandnutzung in Deutschland der bedeutendste Produktionszweig. Im Jahr 2007 wurden die bisher 21 Übertragungsgebiete für den Handel mit Milchquoten nach alten und neuen Bundesländern in zwei Gebiete zusammengefasst. Dadurch kann insbesondere in den westlichen Bundesländern eine weiträumigere Übertragung der Milchquoten von Süd- nach Norddeutschland stattfinden. Im Rahmen des so genannten „health check“ der EU-Agrarpolitik wird ein Ausstieg aus der Milchquote nach dem Jahr 2014/15 diskutiert, der durch zusätzliche Quotenaufstockungen und damit verbundenen Milchpreisrückgängen vorbereitet werden soll. In Grünlandregionen mit weniger wettbewerbsfähiger Milchproduktion werden die Rinderbestände vor diesem Hintergrund voraussichtlich weiter abnehmen. Die derzeit ansteigenden Agrarpreise für Ackerbauprodukte führen zu mehr Flächenkonkurrenz mit der Folge, dass der Umbruch ackerfähiger Grünlandflächen attraktiver wird und Ackerfutterbau verdrängt wird, was zu einer Grünlandintensivierung beiträgt. Energiepflanzenanbau kann diesen Druck verstärken, ob durch die direkte Nutzung von Grünlandflächen für die Biomasseproduktion, oder die Umwandlung in Acker oder Kurzumtriebsplantagen. Eine Überprüfung des aktuellen Grünlandschutzes und der Förderung erwünschter Nutzungs- und Pflegeformen ist vor dem Hintergrund der beschriebenen Entwicklungen geboten. Literatur Osterburg, B., Runge, T. (Hrsg.) (2007): Maßnahmen zur Reduzierung von Stickstoffeinträgen in Gewässer - eine wasserschutzorientierte Landwirtschaft zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie. Braunschweig, Landbauforschung Völkenrode SH 307 Reiter, K., Roggendorf, W. (2007): Maßnahme 214 – Zahlungen für Agrarumweltmaßnahmen. In: Tietz, A.(Hrsg.): Ländliche Entwicklungsprogramme 2007 bis 2013 in 78 Deutschland im Vergleich – Finanzen, Schwerpunkte, Maßnahmen. Braunschweig, Landbauforschung Völkenrode, SH 315 Schumacher, W. (2007): Bilanz -20 Jahre Vertragsnaturschutz, Vom Pilotprojekt zum Kulturlandschaftsprogramm NRW. Naturschutz-Mitteilungen (1), 2007, 21-28. 79 Vertragsnaturschutz in Nordrhein-Westfalen Erfolge: • Etabliert seit mehr als 25 Jahren • Akzeptiert • Flexibel • Effizient Vertragsnaturschutz in GraslandÖkosystemen Problembereiche: • Beim Start für Landwirte relativ hoher Verwaltungsaufwand • Hoher naturschutzfachlicher Betreuungsaufwand • Keine Erfolgshonorierung MR Dr. Georg Verbücheln, Referat III-4, MUNLV NRW Heiden und Magerrasen Grünland-Biotoptypen im Vertragsnaturschutz in NRW FFH-Lebensraumtypen • • • • • • • • • • • • Sandheiden auf Dünen Sandtrockenrasen auf Dünen Feuchtheiden Trockene Heiden Wacholderheiden Kalk-Halbtrockenrasen Schwermetallrasen Borstgrasrasen Pfeifengraswiesen Magere Flachland-Mähwiesen Bergmähwiesen Salzwiesen im Binnenland Sonstige • • • Feuchtwiesen und –weiden einschl. Brachen (§ 62) Mageres Weidegrünland (§ 62) Sonstige wertvolle Grünlandflächen mit gefährdeten Arten • Streuobstwiesen und -weiden Sandheiden und Sandtrockenrasen auf Dünen, Feucht- und Trockenheiden, Wacholderheiden (FFH-Anhang I); Zauneidechse, Schlingnatter (FFH-Anhang IV); Heidelerche, Ziegenmelker, Schwarzkehlchen, Gr. Brachvogel; Cladonia spec., Sphagnum spec. (FFH-Anhang V); div. RL-Pflanzenarten Wiesen und Magerrasen Feuchtwiesen und -weiden Schwermetallrasen, Kalk-Halbtrockenrasen, Borstgrasrasen, Pfeifengraswiesen, Magere Flachlandmähwiesen, Bergmähwiesen (FFH-Anhang I); mageres Weidegrünland; Skabiosenfalter, WiesenknopfAmeisenbläuling (FFH-Anhang II); div. RL-Pflanzenarten; Arnica montana (FFH-Anhang IV); Wiesenpieper, Neuntöter, Braunkehlchen, Schwarzkehlchen Brachvogel, Bekassine, Rotschenkel, Uferschnepfe, Weißstorch, Kiebitz, Wiesenpieper, Schwarzkehlchen, Wachtelkönig; Laubfrosch (FFH-Anhang IV); div. RL-Pflanzenarten 80 1 Streuobstwiesen und -weiden Vertragsnaturschutzfläche (ha) 2000 bis 2006 30.000 25427 25.000 23638 21.999 20.501 20.000 17964 15.896 15.000 12.866 10.000 5.000 0 2000 2001 2002 2003 2004 2005 Vertragsnaturschutz im Grünland, Stand 2006/07 Grünland-Biotoptypen in NRW (VNS-Zielkulisse) • B2. Nr. 1 a/b: Extensivierung ohne zeitliche Bewirtschaftungseinschränkung (mit eingeschränkter und stark eingeschränkter Nutzung) 370 ha • Binnen-Salzwiesen • B2. Nr. 2 a) aa) und ab): Extensivierung mit zeitlichen Bewirtschaftungseinschränkungen – Weide/Mähweide (Besatzdichte 2 bzw. 4 GVE/ha) 7.420 ha • B2. Nr. 2 b): Extensivierung mit zeitlichen Bewirtschaftungseinschränkungen – Wiese/Mähweide (Terminverschiebung/verschiedene Nutzungstermine) 12.850 ha • B3. a) Sonderbiotope/Pflege (Beweidung) • • • • • • • • • • • Sandheiden auf Dünen Sandtrockenrasen auf Dünen Feuchtheiden Trockene Heiden Wacholderheiden Kalk-Halbtrockenrasen Schwermetallrasen Borstgrasrasen Pfeifengraswiesen Magere Flachland-Mähwiesen Bergmähwiesen • B3. b) Sonderbiotope/Pflege (Mahd) • • • • Feuchtwiesen und –weiden (§ 62) Magerrasen (§ 62) Sonstige wertvolle Grünlandflächen mit gefährdeten Arten (Streuobstwiesen und -weiden • C Streuobstwiesen 2.370 ha Atlant. 13 450 570 490 2590 50 25 40 6 1300 - Kont. 0,3 15 80 265 100 400 100 150 44 4750 1230 • FFH-Gesamt: 650 ha 720 ha gesamt: 24.380 ha • Gesamt: 2006 Gesamt (ha) 13,3 ʇq 450 ʇ 585 ʇ 570 ʇ 2855 ʇ 150 ʇ 425 ʆ450 100 ʇ 190 ʇq 50 ʆ60 6050 ʆ6500 1230 ʆ1500 ca. 13.000 ha ca. 5000 ca. 2000 ca. 5000 ca. 1000) ca. 13.000 ha 81 2 Was wird gezeigt? • • • • • • Förderung von Agrarumweltmaßnahmen in NRW Einführung – Was sind AUM? Aktueller Stand der Förderung in NRW Förderbausteine und –umfang Auszahlungen 2000 – 2006 Förderbausteine 2007 – 2013 Warum die „Umsteuerung“? Christof Weins, Referat II-4, MUNLV NRW Was sind Agrarumweltmaßnahmen? Aktueller Stand der Förderung in NRW • • • • • • • • Agrarumwelt- und Vertragsnaturschutzmaßnahmen sind das Instrument zur Honorierung ökologischer Leistungen Zentraler Baustein des NRW-Programm „Ländlicher Raum“ • VO (EWG) Nr. 1698/2005 (ELER) freiwilliger Ansatz und fünfjähriger Verpflichtungszeitraum Finanzierung: Land NRW, Bund (teilw.), EU Prämienkalkulation: Ertragsminderung, Kosten Bewilligungsbehörden: Landwirtschaftskammer NRW und für Vertragsnaturschutz Kreise /Kreisfreien Städte • • • • • Förderbausteine und –umfang I Auszahlungen 2000 - 2006 Grünlandextensivierung 77.000 ha Erosionsschutz 76.000 ha Vielfältige Fruchtfolgen 59.000 ha Ökologischer Landbau 50.000 ha Grünlandextensivierung (Einzelflächen) 8.500 ha Uferrandstreifen (ca. 2.000 km) 4.000 ha Langjährige Flächenstillegung 2.000 ha Schon-/Blühstreifen (ca. 800 km) 900 ha Acker- und Dauerkulturextensivierung 300 ha Festmistwirtschaft (50.000 GVE) Weidehaltung von Milchvieh (165.000 GVE) Vertragsnaturschutz 300.000 ha Förderumfang (Agrarumwelt- und Vertragsnaturschutzmaßnahmen) 215.000 Großvieheinheiten (tierbezogene Agrarumweltmaßnahmen) ca. 20 % der LF in NRW über 15.000 teilnehmende Betriebe 65 Mio. € Auszahlung in 2007 (EU, Bund und Land) ca. 340 Mio. € öffentliche Mittel in den Jahren 2007–2013 50 % der EU-Mittel für das NRW-Programm “Ländlicher Raum” Grünlandextensivierung 95,4 Mio € (30%) Vielfältige Fruchtfolge 5,7 Mio € (2%) Ökolandbau 59 Mio € (19%) Schonstreifen 1,7 Mio € (1%) Acker- und Dauerkulturextensivierung 0,6 Mio € (0,2%) Vertragsnaturschutz 62,7 Mio € (20%) Erosionsschutz 36,9 Mio € (12%) Flächenstilllegung 5,2 Mio € (2%) Weidehaltung 13,8 Mio € (4%) Festmist 23 Mio € (7%) Uferrandstreifen 10,5 Mio € (3%) 25.000 ha 82 1 Anteil extensiv genutztes Grünland am Dauergrünland in NRW Förderbausteine und –umfang II (nur Grünland) Grünlandextensivierung 77.000 ha Ökologischer Landbau 30.500 ha Grünlandextensivierung (Einzelflächen) 8.500 ha Uferrandstreifen (ca. 2.000 km) 2.000 ha Vertragsnaturschutz Anteil in % (Anzahl Gemeinden) o. Teilnahme (66) 0,0 <= 2,5 (72) 2,5 <= 5,0 (40) 5,0 <= 10,0 (52) 10,0 <= 20,0 (54) 20,0 <= 30,0 (45) > 30,0 (67) 25.000 ha Maximum: 85,52 (Neunkirchen) Landesdurchschnitt Nordrhein-Westfalen: 13,43 Median der Gemeinden mit Teilnahme: 9,87 Grafik: FAL (heute vTI) auf Basis von Förderdaten und InVeKos (2004). Fördermaßnahmen ab 2007 Weiterhin angebotene Bausteine Warum die „Umsteuerung“? • Wegfallend x Ökologischer Landbau x Festmistwirtschaft x betriebszweigbezogene Grünlandextensivierung * x einzelflächenbezogene Grünlandextensivierung • x Vielfältige Fruchtfolge * x Weidehaltung von Milchvieh • x Uferrandstreifen x Erosionsschutz x Bedrohte Haustierrassen x Acker-/DK-Extensivierung x Vertragsnaturschutz x Schon-/Blühstreifen • • x langjährige Stilllegung * nur Verlängerungen ELER-VO sieht eine Mindestausstattung der Schwerpunkte (1 und 3 von 10%, bei 2 von 25% und beim LEADER-Ansatz von 5%) vor, ansonsten keine Genehmigung durch EU-KOM Schwerpunkt 2 „Umwelt und Landschaft“ ist mit 65% der EU-Mittel bleibt wichtigster Bereich des NRW-Programm 60 % der für die AUM-Förderung zur Verfügung stehenden EU-Mittel sind über bestehende Verpflichtungen gebunden Berücksichtigung der Ergebnisse aus der Evaluierung der Förderperiode 2000 – 2006 Übergreifende Aspekte, z.B. Verwaltungsvereinfachung, auch wg. begrenzter Personalkapazitäten für Umsetzung der Förderung 83 2 Zukunft von Vertragsnaturschutz und Agrarumweltprogrammen, Thesen Ulrich Hampicke 1. Vertragsnaturschutzprogramme wie in der Eifel (Schumacher 2007) sind so erfolgreich, dass sich derzeit Überlegungen, an ihnen Wesentliches zu ändern, erübrigen. Im Gegensatz dazu bedürfen EU-kofinanzierte Agrarumweltprogramme (AUP) häufig einer Revision und Weiterentwicklung (jüngste bundesweite Zusammenstellung in BfN 2006a). 2. Die Festlegungen zur Umsetzung der ELER-Verordnung der EU (VO 1698) durch die Bundesländer lassen erkennen, dass zumindest in einigen Ländern ähnlich hohe Summen für AUP bereitstehen werden wie bisher (DVS 2008). Selbst dort, wo gekürzt wird, kann durch Verbesserung der Programme das Niveau des Naturschutzes in der Kulturlandschaft gehalten oder erhöht werden. 3. Internationale Studien (Kleijn and Sutherland 2003, Marggraf 2003) zweifeln an der physischen Effektivität zahlreicher AUP; allerdings ist eine vergleichende Erfolgskontrolle („top down“) methodisch sehr schwierig. Der Blick auf einzelne Programme lässt dagegen keinen Zweifel, dass hier wenig erreicht und sogar Geld verschwendet wird. Zu fordern ist eine rigorose Qualitätskontrolle der laufenden AUP und das Auslaufen derjenigen, die fachliche Mindestanforderungen nicht erfüllen. Die gesparten Mittel sind den erfolgreicheren AUP zuzuführen. 4. Seit der Agenda 2000 (VO 1257 und jetzt 1698) sollen AUP nur Leistungen honorieren, die über die gute fachliche Praxis hinausgehen. Was vom Landnutzer – letztlich in Konkretisierung von Artikel 14 Absatz 2 GG – ohnehin verlangt wird, kann nicht noch honoriert werden. So verlangt § 17 BBodSchG bei der landwirtschaftlichen Bodennutzung die Schonung des Bodens in jeder Hinsicht. Trotzdem fließt in der Praxis noch ein erheblicher Teil der Mittel in Maßnahmen zum Erosionsschutz. Den Landwirten sei dieser Mittelzufluss nicht missgönnt, jedoch schädigt er langfristig das Ansehen der AUP in der Öffentlichkeit und fördert die Meinung, hier werde unter ökologischem Feigenblatt nur Einkommen ausgestreut. 5. Neben die relativ kurzfristig umsetzbaren Forderungen (3) und (4) treten langfristige Aspekte der qualitativen Weiterentwicklung der AUP. Hier besteht das Oberziel, die Honorierung von Naturschutzleistungen als vollwertige und ebenso angesehene Einkommensquelle zu etablieren wie Einkommen aus der Erzeugung und dem Verkauf von Produkten. Dieses Ansehen besitzen AUP und auch der Vertragsnaturschutz noch nicht überall. 6. Dem Oberziel wird zum einen damit gedient, dass der Orientierung am Ergebnis, am Erfolg ein höherer Stellenwert als in der Vergangenheit zugemessen wird. Die bisher praktizierten Modelle erfolgsorientierter (anstatt aufwandsorientierter) Honorierung, wie in der Schweiz, in Baden-Württemberg und jüngst auch in anderen Bundesländern sind viel versprechend und sollten ausgebaut und übernommen werden (Umfassende Dokumentationen von Praxiserfahrungen in Oppermann und Gujer 2003 sowie BfN 2006b, vgl. auch Alfred Toepfer Akademie 2006). 7. Die zweite Fundamentalforderung ist: Wer gute Naturschutzleistungen „abliefert“, soll damit ebenso gut Geld verdienen können wie der, der gute Ernteprodukte und Tiere abliefert. 84 Verdienstmöglichkeiten („Produzentenrenten“) sind der treibende Anreiz für die Leistungserstellung in allen Wirtschaftsbereichen und es ist ein Anachronismus, dass allein der Naturschutz hiervon ausgenommen ist. Wer Waren herstellt und verkauft, darf daran verdienen, wer Naturschutz betreibt, darf höchstens seine Kosten zurückerstattet bekommen. Ist es da verwunderlich, wenn es zuwenig Naturschutz gibt? Jüngere Entscheidungen in der EU, wie die Abschaffung der Regel, wonach AUP eine Anreizkomponente von 20% der Honorierung über die Kostenerstattung hinaus beinhalten dürfen (angeblich auf Betreiben der WTO), gehen in die völlig falsche Richtung. Sie mögen kurzfristig Finanzmittel einsparen, höhlen aber langfristig die Leistungsbereitschaft im Bereich von Naturschutz und Landschaftspflege aus. Sie beruhen auf dem Missverständnis seitens höchster Behörden, die Entlohnung für Naturschutz sei eine Subvention anstatt eines Leistungsentgelts. 8. Das gestiegene Agrarpreisniveau dürfte sich finanziell für AUP im Grünland weniger stark auswirken als im Ackerland. AUP im Ackerbau, naturschutzfachlich höchst wünschenswert und bis in die jüngere Zeit kostengünstig (Hampicke et al. 2004, 2005), werden durch die Preissteigerungen heftig berührt. 9. AUP und dem Vertragsnaturschutz kommt künftig im Grünland die wichtige Funktion zu, die Landschaftspflege über die Verwertung des Aufwuchses durch Tiere (Beweidung oder Silage/Heubereitung) zu gewährleisten. Es muss klar gesehen werden, dass sogenannte „Extensiv-Betriebszweige“ auf dem Magergrünland, wie die Mutterkuhhaltung und die Schafhütung, wegen der Kombination hohen Arbeitsaufwandes mit niedrigen Produktpreisen einen hohen Zuschuss zur Kostendeckung seitens der Gesellschaft verlangen (Rühs et al. 2005). Es besteht wenig Aussicht darauf, dass die Rind- und Schaffleischpreise ebenso steigen werden wie die Preise für Ackerprodukte. Die Anreize zur Pflege durch Mulchen aus der Kombination von Entkoppelung und Cross Compliance sind unübersehbar (Berg 2005). 10. Bei aller ihrer Bedeutung können AUP und Vertragsnaturschutz eine naturschutzgerechte und landschaftspflegende Nutzung des Grünlandes allein nicht gewährleisten. Dazu bedarf es darüber hinaus einer aktiven Strukturpolitik, welche insbesondere die Milchviehhaltung in Mittelgebirgsräumen erhält. Die Pflege des traditionellen Grünlandes durch Aufzuchtfärsen, wie in der Eifel praktiziert, ist deutlich kostengünstiger als durch Mutterkühe (Rühs et al. 2005). Literatur Alfred Toepfer Akademie für Naturschutz (Hrsg.) 2006: Entwicklung und Erprobung von Methoden für die ergebnisorientierte Honorierung ökologischer Leistungen im Grünland Nordwestdeutschlands. NNA-Berichte 19, Jahrgang, Heft 1, 257 S. Berg, E. 2005: Ökonomik der Grünlandnutzung bei produktionsentkoppelten Ausgleichszahlungen. Lehr- und Forschungsschwerpunkt „Umweltverträgliche und Standortgerechte Landwirtschaft“ an der Universität Bonn (Hrsg.): Ressourcenschonende Grünlandnutzung, Zukunftsorientierte Tierhaltung. Tagungsband der 16. und 16 Wissenschaftlichen Fachtagungen. Bonn, 59-69. BfN 2006a (Bundesamt für Naturschutz, Hrsg.): Kurzfassungen der Agrarumwelt- und Naturschutzprogramme. E. Hartmann, A. Schekahn, R. Luick und F. Thomas, Bearbeiter. BfN-Skripten 161, 302 S. 85 BfN 2006b (Bundesamt für Naturschutz, Hrsg.): Anreiz. Ökonomie der Honorierung ökologischer Leistungen. U. Hampicke und Arbeitsgruppe Landschaftsökonomie Greifswald (Projektleitung). BfN-Skripten 179, 175 S. DVS 2008 (Deutsche Vernetzungsstelle Ländliche Räume in der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, Hrsg.): LandInform 1/2008, 51 S. Hampicke, U., Holzhausen, J., Litterski, B. und Wichtmann, W. 2004: Kosten des Naturschutzes on offenen Ackerlandschaften Nordost-Deutschlands. Bericht über Landwirtschaft 81, 225-254. Hampicke, U. Litterski, B. und Wichtmann, W. (Hrsg.) 2005: Ackerlandschaften. Berlin Heidelberg New York (Springer), 311 S. Kleijn, D. and Sutherland, W. 2003: How effective are European agri-environmental schemes in conserving and promoting biodiversity? Journal of Applied Ecology 40, 947-969. Marggraf, R. 2003: Comparative assessment of agri-environmental programmes in federal states of Germany. Agriculture, Ecosystems & Environment 98, 507-516. Oppermann, R. und Gujer, H.U. 2003: Artenreiches Grünland bewerten und fördern. MEKA und ÖQV in der Praxis. Stuttgart (Ulmer), 199 S. Rühs, M., Hampicke, U. und Schlauderer, R. 2005: Die Ökonomie tiergebundener Verfahren der Offenhaltung. Naturschutz und Landschaftsplanung 37, 325-335. Schumacher, W. 2007: Bilanz – 20 Jahre Vertragsnaturschutz. Naturschutz-Mitteilungen 1/2007 (hrsgg. vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW), 21-28. 86 Foerster Gigon Haber Hampicke Haverkamp Hermeling Kaule Klimek Lütke Entrup E. Andreas Wolfgang Ulich Michaela Stefan Carsten Michael Giselher Sebastian Norbert Franziska Andreas Bernd Dr. Prof. Dr. Prof. Dr. Prof. Dr Prof. Dr Prof. Dr. Dr. Prof. Dr. Dr. Dr. Dr. Verbücheln Weins Georg Christof Dr. Prof. Dr. Ruthsatz Schmitz Schumacher Stroh Barbara Markus Wolfgang Hans-Georg Otte Roggendorf Mayer Neitzke Nowak Prof. Dr. Prof. Dr. Dr. Annette Wolfgang Elsäßer Martin PD Dr. Hobohm Jeschke Dierschke Dierssen Hartmut Klaus Prof. Dr. Prof. Dr Nachname Busenkell Vorname Jörn Titel Dr. Düsseldorf MUNLV NRW Trier Dahlem Bonn Göttingen Düsseldorf INRES - Geobotanik und Naturschutz Abt. 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