Kurzfassungen der Vorträge - Umweltverträgliche und

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Kurzfassungen der Vorträge - Umweltverträgliche und
Expertenworkshop
„Biodiversität der
Graslandökosysteme
Mitteleuropas“
8. und 9. April 2008,
Andreas Hermes Akademie
Bonn-Röttgen
Kurzfassungen der
Vorträge
1
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2
Biodiversität der Graslandökosysteme Mitteleuropas
- Kurzfassungen der Vorträge Einführung
Anlass und Zielsetzung
Prof. Dr. W. Schumacher, Universität Bonn
5
Was ist und wozu dient biologische Vielfalt? - Einführende Überlegungen von Wolfgang
Haber
6
Prof. Dr. W. Haber, Freising
Stand des Wissens zur Phytodiversität von Graslandökosystemen
Grasland-Ökosysteme und endemische Gefäßpflanzen
Prof. Dr. C. Hobohm, Universität Flensburg
Biodiversität im Kulturgrasland (Molinio-Arrhenatheretea): Welche Artenzahlen
können wir erwarten?
Prof. Dr. H. Dierschke, Universität Göttingen
18
21
Grasland-Diversität in der Schweiz und Erhaltung von Trespen-Halbtrockenwiesen 24
Prof. Dr. A. Gigon, ETH Zürich
Zur Artenvielfalt von Pflanzengesellschaften des Graslands
28
Dr. B. Nowak, Gesellschaft für ökologische Landschaftsplanung und Forschung, Wetzlar
α-diversity versus γ-diversity
Prof. Dr. G. Kaule, Universität Stuttgart
30
Artenvielfalt des Wirtschaftsgrünlandes in Nordrhein-Westfalen
Dr. A. Neitzke, LANUV NRW
35
Entwicklung und aktuelle Situation von Grünland-Standorten in Schleswig-Holstein,
Hamburg und Nordost-Niedersachsen
37
Prof. Dr. K. Dierssen, Universität Kiel
Intensität und Diversität des Graslandes in Bayern
Dr. F. Mayer, Bayerisches Landesanstalt für Landwirtschaft
42
Umsetzung von Strategien und Konzepten
Qualität und Verwertung von Extensivaufwüchsen
PD Dr. M. Elsäßer, Bildungs- und Wissenszentrum Aulendorf
46
Pflanzliche Diversität als Koppelprodukt landwirtschaftlicher Grünlandnutzung
Dr. S. Klimek, Universität Göttingen
53
Qualität und Verwertung von Grünlandaufwüchsen aus konventionellem,
ökologischem und extensivem Anbau
Prof. Dr. N. Lütke Entrup, Fachhochschule Südwestfalen
55
Nicht für Viehhaltung benötigtes Grünland und thermische Verwertung in BadenWürttemberg
Prof. Dr. G. Kaule, Universität Stuttgart
58
Integrative Naturschutzkonzepte für Graslandökosysteme in nordrhein-westfälischen
Mittelgebirge
62
Prof. Dr. W. Schumacher, Universität Bonn
Begrenzungen für den Erfolg von Renaturierungsmaßnahmen
Prof. Dr. A. Otte, Universität Gießen
66
Erfolge, Defizite und Perspektiven der Agrarumweltmaßnahmen
Artendiversität in Kalkmagerrasen Süddeutschlands und der Schweiz
M. Jeschke, TU München
Populationsentwicklung seltener und gefährdeter Farn- und Blütenpflanzen auf
Vertragsnaturschutzflächen in NRW
Prof. Dr. W. Schumacher, Universität Bonn
67
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Stand und Entwicklung der Agrarumwelt- und Vertragsnaturschutzmaßnahmen auf
Grünland in Deutschland
75
W. Roggendorf, Johann Heinrich von Thünen-Institut (vTI), Braunschweig
Vertragsnaturschutz in Grasland-Ökosystemen
Dr. G. Verbücheln, MUNLV, NRW
80
Förderung von Agrarumweltmaßnahmen in NRW
C. Weins, MUNLV, NRW
82
Zukunft von Vertragsnaturschutz und Agrarumweltprogrammen, Thesen
Prof. Dr. U. Hampicke, Universität Greifswald
84
Verzeichnis der Teilnehmer
87
Anlass und Zielsetzung des Workshops
Prof. Dr. W. Schumacher, Abt. Geobotanik und Naturschutz, Universität Bonn
Zur Zeit gibt es in Deutschland noch knapp 5 Mio. ha Wiesen, Weiden, Magerrasen und
Heiden, von denen nach Schätzungen (POSCHLOD & SCHUMACHER 1998,
SCHUMACHER 2005) noch etwa 25% als ± artenreich anzusprechen sind. Dass die
genannten Biotoptypen fast ein Drittel der Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands
beherbergen und auch für viele Tiergruppen (z.B. für Insekten, Spinnen, Vögel, Reptilien)
von hoher Bedeutung sind, dürfte eigentlich bekannt sein.
Analysiert man jedoch die im November 2007 beschlossene "Nationale
Biodiversitätsstrategie" der Bundesregierung oder die "Agrobiodiversitätsstrategie" des
BMELV, so spielen Graslandökosysteme anscheinend nur eine relativ geringe Rolle.
Diese offensichtliche Fehleinschätzung war der Anlass, zu dieser Thematik einen Workshop
durchzuführen, nicht zuletzt auch im Hinblick auf CBD-Vertragsstaatenkonferenz im Mai
2008 in Bonn.
Außerdem muss man aktuell den Eindruck bekommen, dass im Zusammenhang mit der
Erforschung der biologischen Vielfalt "das Rad wieder einmal neu erfunden" werden soll.
Denn über die Phytodiversität von Pflanzengesellschaften, Schutzgebieten, Landschaften und
ganzen Naturräumen liegen historische wie auch aktuelle Daten bundesweit anhand
zahlreicher Forschungsergebnisse in großer Zahl vor. Dennoch kann der Eindruck entstehen,
dass über die Biodiversität von Biotopen und Landschaften in Fachbehörden und Teilen der
Wissenschaft wie auch in Politik und Öffentlichkeit nur wenig bekannt ist.
Angesichts dieser Fehleinschätzung erschien es angebracht, den Stand des Wissens über die
Diversität der Graslandökosysteme Mitteleuropas aufzubereiten, die dauerhafte Umsetzung
von Strategien und Konzepten an Beispielen aus verschiedenen Regionen zu dokumentieren,
Erfolge und Defizite aufzuzeigen und Perspektiven vor dem Hintergrund aktueller
agrarpolitischer Entwicklungen unter inter- und transdisziplinäreren Aspekten zu diskutieren.
Hierzu haben rund 30 Fachleute aus den Bereichen Geobotanik und Naturschutz, aus der
Grünlandforschung, diversen Fachbehörden und Institutionen wie auch aus der
landwirtschaftlichen Praxis teilgenommen.
Literatur
POSCHLOD, P. & W. SCHUMACHER (1998): Rückgang von Pflanzen und
Pflanzengesellschaften des Grünlandes – Gefährdungsursachen und Handlungsbedarf. – In:
Schr.-R. Vegetationskunde 29: 83-99.
SCHUMACHER, W. (2005): Erfolge und Defizite des Vertragsnaturschutzes im Grünland der
Mittelgebirge Deutschlands – In: Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) (Hrsg.):
Landnutzung im Wandel – Chance oder Risiko für den Naturschutz. Berlin: Erich-SchmidtVerlag. S. 191-200.
5
Was ist und wozu dient
biologische Vielfalt?
"Und die Welt hebt an zu singen,
triffst du nur das Zauberwort"
Einführende Überlegungen von
Wolfgang Haber
Joseph von Eichendorff, 1788-1857
zum Workshop "Biodiversität der Graslandökosysteme
Mitteleuropas, Bonn 8.-9. April 2008
Zauberwort Biologische Vielfalt
Wie definiert man Biodiversität?
... ihr wohnt gewiss ein Zauber inne, sie ist
auch voller Wunder und Schönheit –
Aber warum dieses neue Wort? Ersetzt es
Natur, Naturschutz, Naturnutzung, gar
Leben?
Und warum nur "biologisch"? Ist die
physikalisch-chemische Vielfalt (Klima,
Wasser, Gesteine, Relief, Böden)
unwichtig?
... wenn man sie zum allgemeinen Wert
erhebt und als Norm festsetzt, bedarf sie
sachlicher Beschreibung und nüchterner
Erklärung, um vernünftiges Handeln
daraus abzuleiten.
Das aber scheint an der Vielfalt der
Sichtweisen, Deutungen und
Meinungen zu scheitern!
Was bedeutet biologische Vielfalt
eigentlich?
Wie weit kommt es wirklich auf sie
an?
Intuitive Wertschätzung von
Vielfalt
Kann man ihren Verlust oder ihre
Zunahme messen?
Erfahrung und Wunsch!
Gibt es einen Maßstab oder Bezugswert für ihre Erhaltung oder
Veränderung?
Viele offene Fragen .....
6
1
Nahrungsvielfalt
Vielfalt von Broten und Brotsorten (Grüne Woche Berlin 2008)
Vielfalt von Biersorten (Grüne Woche Berlin 2008)
Albrecht Dürer:
"Rasenstück",
1502
(Repr. aus Brons 1970)
Ausschnitt aus Albr. Dürers Bild (1500) "Drahtziehmühle an der Pegnitz"
7
2
George V. Cole (1860): Erntezeit
(Repr. aus Herrmann 1975)
Landschaft im Vorderen Bayerischen Wald. fot. W. Haber, Mai 1973
Vielfalt wird geschätzt, hat Wert
... aber man will sich nicht darin verlieren –
daher wird in Vielfalt stets auch nach
Ordnung gesucht.
Ziel der Naturforschung seit Plato und
Aristoteles!
Erste Erwähnung von "Biodiversität" (dem
Sinne nach) in der Bibel , Arche Noah!
Linnè schuf das erste "Systema naturae"
Spezies!
Erforschung der Natur seit Linné
•
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A.v. Humboldt
Lamarck
Darwin
Haeckel
Rudorff
Schimper
Möbius
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Braun-Blanquet
Tansley
Bertalanffy
C. Troll
Hutchinson
Ellenberg
Odum Brothers
R. May
Vielfalts-Stabilitäts-Hypothese, unbewiesen, doch
nicht völlig widerlegt!
(Chr. Körner, unveröff.)
8
3
Homage to Santa Rosalia
or why are there so many kinds of animals?
(Hutchinson 1956)
Landnutzungs-bedingte Veränderungen des mitteleuropäischen
Waldlandes, die Kulturlandschaft hervorgebracht haben.
Allmende im Sauerland (Westfalen). Foto G. Hellmund 1953.
Kennzeichen des vorindustriellen
Nutzungsmusters
Nutzungsmuster des Industriezeitalters
1. ± monofunktionale Einzelflächen, weitgehend homogen, in sich nicht vielfältig;
2. Flächenmosaik vielfältig, "multi"funktional
mit meist kleinteiliger, "feinkörniger"
Struktur,
3. fast überall von ± großen Beständen
wilder oder wieder verwilderter Natur
durchsetzt.
1. ± monofunktionale Einzelflächen, weitgehend homogen, in sich nicht vielfältig –
werden flächig weit ausgedehnt
2. Flächenmosaik vielfältig, "multi"funktional
mit meist kleinteiliger, "feinkörniger"
Struktur – Vielfalt wird reduziert und
grobkörniger
3. fast überall von ± großen Beständen wilder
oder wieder verwilderter Natur durchsetzt –
werden reduziert bis zum Verschwinden!
9
4
Soester Börde, Dezember 1953
Interessenverschiebung
Unter dem Eindruck steigender
Aussterberaten von Arten:
Verlagerung des Interesses an Vielfalt von
der Ökologie in den Naturschutz –
unter Einfluss von E.O. Wilsons BiophilieHypothese in USA Akzent von natürlicher
auf biologische Vielfalt ("Biodiversität")
verschoben.
Biodiversität wurde zur Norm –
Problematik der Biodiversität
• International durch die Konvention über
Biologische Vielfalt (1992), nutzungs-,
schutz- und verteilungs-orientiert;
• In der Europäischen Union durch die
Flora-Fauna-Habitat-(FFH-)Richtlinie
(1992), nur schutz-orientiert (Ergänzung
der Vogelschutz-Richtlinie von 1979)
• Ersatz für Natur?
• Unbelebte Natur als Lebensgrundlage?
• Autotrophie – Heterotrophie? Bio"philie"
der Heterotrophen?
• Messlatte der Biodiversität? Artenvielfalt, reduziert auf Artenzahlen ?
10
5
Bedeutung struktureller Vielfalt
• Was zuerst auffällt, ist die Vielfalt von
Strukturen in der Umwelt, nicht von Arten
• Viele wichtige Funktionen oder Dienstleistungen sind an (belebte und unbelebte)
Strukturen, nicht an Arten gebunden –
• vor allem Strukturen der Landbedeckung
(land cover).
Land cover = Vegetation
.. oft aus mehreren Schichten aufgebaut, die auch
unter die Bodenoberfläche reichen, mit
verschiedenen Typen von Bestandteilen:
• Individuelle Pflanzen
• holzig – krautig/grasig
• Vegetative und generative Teile
• Struktureinheiten: Stängel, Sprosse, Blätter,
Blüten, Wurzeln; Zweige, Äste, Stämme;
Kronendach (canopy); "Architektur"
Structural diversity of land cover
Anteile der Organismen-Stämme an der
natürlichen Lebewelt
11
6
Ist biologische Vielfalt Lebensgrundlage, Kapital des Planeten?
Nicht mehr seit dem Übergang zur
Landwirtschaft!
Doch Vielfalt ist ein Prinzip der Natur – nicht nur
der lebenden Natur! – und auch ein Prinzip der
menschlichen Kultur
Unsere Lebensgrundlage ist das Gegenteil von Biodiversität!
Was ist die "Natur", die wir
schützen?
Grundsätzlicher Unterschied...
Nicht die Natur schlechthin, sondern zwei
Naturen:
Eine, die uns trägt, und eine, die uns gefällt!
• zwischen Pflanzen und Mikroben, die von
anorganischen Stoffen und Solar- oder
chemischer Energie leben –
• und allen anderen Organismen, deren
Leben auf Verzehr von Pflanzen und "voneinander" beruht ("Biophilie" nach Wilson)!
„Trägt“ = Funktionen/Leistungen, Zuständigkeit
der Natur- u. Wirtschaftswissenschaften
„Gefällt“ = Struktur, Eindruck oder Bild, Zuständigkeit der Geistes-/Kulturwissenschaften
Was hat für uns den höheren Wert?
„Trägt“ hat Vorrang – erst nach Erfüllung
aller Fundamentalbedürfnisse erwacht der
Sinn für „gefällt“.
In harten Entscheidungsfällen ist
zu fragen:
•Was ist lebensnotwendig?
•Was ist lebenserleichternd?
Die „Natur in uns“ entspricht meist nicht
unserer Einstellung zur „Natur um uns“ –
beide stehen oft im Widerspruch!
•Was ist lebensbereichernd?
Da es uns (zu?) gut geht, ziehen wir das vor,
was uns gefällt, und fragen nicht, was unser
Dasein wirklich trägt. Doch das ist im
Naturschutz die letztlich entscheidende
Frage!
12
7
Amöbe Chaos diffluens, in Teilung;
Phasenkontrast 750 : 1
(aus Kage/Nachtigall 1980)
Eisbär mit Beute (fot. Pal Hermansen, Repr. aus Fothergill 2006)
Säugetierherden in der
Serengeti, Ostafrika.
Entscheidend ist die
Vielfalt der Kotfresser
und –zersetzer!
fot. Mitsuaki Iwago,
Repr. aus Fothergill
2006)
Paramecien, 480 : 1 (Repr. aus Hage/Nachtigall 1980
Verteilung ostafrikanischer Säugetier-Arten auf die Haupt-Lebensräume
(aus Readers Digest Bildatlas der Tierwelt 1971)
2004
13
8
Landschaft ohne Biodiversität – weniger
schön? weniger wertvoll? weniger attraktiv?
Tilman's Biodiversitäts-Versuchsflächen in USA
Biodiversitäts-Erhaltung als Existenzrecht
für alle Arten auf der Erde?
Unrealistisch und illusionär, weil
1. alle für Menschen schädliche oder lästige
Arten, regional auch alle "invasiven
Fremdarten" ausgeschlossen sind;
2. alle heterotrophen Arten dieses Existenzrecht
nicht berücksichtigen können!
3. ein gegebener Artenbestand auf Dauer
grundsätzlich nicht erhalten werden kann.
14
9
Simulation von
LandschaftsentwicklungsSzenarien
(Heißenhuber 2006)
Anlage von Blühstreifen im Ackerland ("Bördeprojekt " der DLG)
Breiter Feldrain
Ländlicher Wirtschaftsweg mit breiten Randstreifen als Biotopverbund
15
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Prinzipien gestaltender,
die Biodiversität
fördernder Strukturierung
der Kulturlandschaft
(aus Krause & Kloeppel, BfN
1996
Unterschiedliche Aspekte von Vielfalt (Diversität)
Wünsche und ihre ökologische Erfüllbarkeit
Windrotoren- und SolarzellenFelder brauchen Land ....
Bleiben soll oder muss, was als günstig empfunden wird – solange,
bis etwas noch Günstigeres ge- oder erfunden wird;
Nicht bleiben, also verändert werden oder sich verändern, soll
oder muss, was als ungünstig erfahren wird.
Natur aber heißt Wandel, stete Veränderung – auch als
Entwicklung, Evolution, Sukzession, Fortschritt bezeichnet – aber
lässt auch manche Bestandteile lange unverändert.
Veränderung geschieht allmählich, in Schritten oder Sprüngen, ja
Katastrophen, lokal, regional, kontinental, global – und hat auf jeder
Ebene andere Folgen, die nur teilweise berechenbar, und wenig
voraussehbar sind.
..erhöhen die raumstrukturelle
Vielfalt – und sind mit
pflanzlicher Diversität
vereinbar!
16
11
Leben der Menschen ...
• ca. 40.000 Generationen in, mit und von
der Natur – als Sammler und Jäger,
• seit ~ 600 (325) Generationen gegen die
(wilde) Natur – als Landwirte,
• seit 6 Generationen auch für die Natur –
als naturliebende Städter.
17
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Grasland-Ökosysteme und endemische Gefäßpflanzen
Statement (Kurzfassung) Prof. Dr. Carsten Hobohm, Univ. Flensburg
Grasland-Ökosysteme
Einst überzogen Grasland-Ökosysteme eine größere und in den verschiedenen Erdteilen mehr
oder weniger zusammenhängende Fläche als irgendeine andere Formation. Schätzungen
reichen von 31 bis zu 43 Prozent des gesamten terrestrischen Bereiches (Mackay 2002: 26).
Die Gesamtfläche von Grasland-Ökosystemen schrumpft global betrachtet mit einer
beachtlichen Geschwindigkeit (quantitativer Verlust durch Nutzungsaufgabe, Umbruch,
Bebauung, Aufforstung, Ausdehnung von Randwüsten z.T. durch Überweidung). Ein Großteil
der verbliebenen Grasländer wiederum verändert sich schleichend (qualitativer Verlust:
Abnahme der Diversität vor allem durch veränderte Nutzungen). Die quantitativen und
qualitativen Veränderungen schreiten auch in Europa noch voran und haben aus Sicht des
Naturschutzes (BfN 2004: 16 ff., 100 ff., 196 ff.) inzwischen ein vollkommen inakzeptables
Ausmaß angenommen.
Sehr bezeichnend ist aber, dass die Problematik der Grasland-Ökosysteme bislang nur
ausgesprochen wenig wahrgenommen und thematisiert wird. Diese droht im Fahrwasser
anderer Umweltprobleme (Klima, Regenwälder, Neobiota, Überfischung der Weltmeere u.a.),
die in den Medien thematisiert werden, immer wieder unterzugehen. Selbst aktuelle Schriften
und politische Absichtserklärungen, die sich mit dem Thema der biologischen Vielfalt
auseinandersetzen (Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt 11/2007, Interpretation
Manual of European Union Habitats 7/2007) greifen in Bezug auf die Probleme von
Grasland-Formationen erstaunlich kurz.
Steppen, Savannen, Prärien, Wirtschaftsgrünland, verschiedene Trittgesellschaften, (gemähte
bzw. beweidete) Salzwiesen, Flutrasen, Sandtrockenrasen, Volltrockenrasen, Urwiesen in den
Hochlagen der Gebirge, Laubwiesen (Bsp. Gotland, Öland), Borstgrasrasen, bewirtschaftete
Niedermoore und Seggenrieder, Streuwiesen und Pfeifengrasbestände werden neben vielen
weiteren häufig zu den Grasland-Ökosystemen gerechnet.
Die Dominanz grasartiger und krautiger Pflanzen bei gleichzeitiger Therophyten- und
Gehölzarmut, lichte Verhältnisse, Mahd und/oder Beweidung sowie eine mehr oder weniger
geschlossene Vegetationsdecke sind vielfach bezeichnend.
Global betrachtet sind sommerliche oder ganzjährige Niederschläge bzw. entsprechende
edaphische Verhältnisse eine wichtige Voraussetzung für die Entwicklung von GraslandÖkosystemen, während Winterregen (und Sommer-Trockenheit) in Kombination mit
Beweidung eher Gehölzformationen (Macchien, Garriguen, Dornbusch) bzw.
Ephemerophyten- und Therophytengemeinschaften begünstigt.
Innerhalb Europas sind Grasland-Ökosysteme deshalb vermehrt in den borealen, temperaten,
und Gebirgsklimaten zu finden, weniger im mediterranen Klimabereich.
Endemische Gefäßpflanzen in Europa
Eine eigens erstellte Datenbank der endemischen Gefäßpflanzen von Europa (Hobohm 2008)
umfasst bislang 5534 Sippen (162 Sammelarten, 4575 Arten, 797 Unterarten).
Ein nicht unerheblicher Anteil dieser Sippen besiedelt Berge und Gebirgslandschaften mit
Felsen, Blöcken bzw. Steinen und tendenziell höheren pH-Werten vor allem in den
südlicheren Regionen Europas.
Etwa 3,6 % der Endemiten sind in den Süßwasser-Ökosystemen, 5,4 % in KüstenÖkosystemen, 11 % in Wäldern und 80 % in den Offenland-Ökosystemen des terrestrischen
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Bereiches zu finden (die Frequenzen von Sippen, die in mehreren Ökosystemen vorkommen,
wurden gleichmäßig aufgeteilt). Von den Offenland-Sippen wiederum sind sehr viele an
Grasland-Ökosysteme gebunden; es ist zu vermuten (nach eigenen, auf Zählungen
basierenden Schätzungen), dass in den Grasländern Europas mehr endemische Gefäßpflanzen
zu finden sind als in jeder anderen Formation.
Rabitsch & Essl (2009: 1107 ff.) haben die biogeographische Verbreitung unterschiedlicher
systematischer Gruppen von Endemiten in Österreich miteinander verglichen (Gefäßpflanzen,
Mollusken, Schmetterlinge, Laufkäfer u.a.). Dabei zeigte sich, dass die Muster großräumig
ähnlich sind, im Detail aber durchaus divergieren können.
Zwei Faktoren sind demnach mit Sicherheit wichtig für die überregionale Verbreitung der
Endemiten in Europa: die Wirkung vergangener Kaltzeiten und die Habitatdiversität
(Geodiversität). Negative und positive (!) anthropo-zoogene Einflüsse sind dagegen
offensichtlich mitentscheidend für die Verbreitung auf der lokalen und regionalen Ebene.
Gibt es endemische Gefäßpflanzen in Grasland-Ökosystemen Mitteleuropas?
Isolierte Inseln, Serpentinit- und Galmei-Standorte, oder der Baikal- und Bodensee - das sind
Räume, die man vielleicht am ehesten mit dem Begriff Endemismus in Verbindung bringt,
aber Grasland-Ökosysteme und dann auch noch Mitteleuropa?
Eine Sichtung der eigenen Datenbank ergab, dass allein in Mitteleuropa (Deutschland,
umliegende Staaten plus Slowakei und Ungarn) weit über 500 der auf Europa beschränkten
Taxa mit einer mehr oder weniger engen Bindung an Grasland-Ökosysteme existieren. Dabei
handelt es sich allerdings vielfach um Sippen, die in zwei oder mehreren Nationen
vorkommen, die als europäische Endemiten deshalb nicht weithin bekannt sind.
Zu diesen gehören Avenula pratensis, Avenula versicolor, Bulbocodium vernum, Campanula
rhomboidalis, C. scheuchzeri, Carlina acaulis, Carum verticillatum, Centaurea nigra, C.
subjacea, C. transalpina, Chamaeorchis alpina, Cirsium acaule ssp. acaule (die bei uns
vorkommende Sippe), Cirsium dissectum, Cirsium tuberosum, Crepis biennis, Dactylorhiza
majalis ssp. alpestris, ssp. praetermissa und ssp. purpurella, D. russowii, Danthonia alpina,
Dianthus carthusianorum, Euphorbia cyparissias, Euphrasia alpina, E. rostkoviana ssp.
campestris und ssp. montana, Euphrasia stricta, Festuca diffusa, F. duvalii, F. heteropachys,
F. nigrescens, F. tatrae, F. trachyphylla, Fritillaria meleagris, Galium lucidum, G. noricum,
G. pumilum, G. wirtgenii, Gentiana punctata, Gentianella austriaca, G. germanica, G.
lutescens, G. ramosa, Gladiolus palustris, Hieracium pilosella ssp. velutinum, Hypochoeris
uniflora, Jurinea mollis ssp. mollis, Lilium bulbiferum, Meum athamanticum, Narcissus
poeticus, Nigritella nigra ssp. corneliana, Ophrys insectifera, Oxytropis halleri, Pedicularis
rostratospicata, P. sylvatica ssp. sylvatica, Phleum alpinum ssp. rhaeticum, Phyteuma
orbiculare, P. ovatum, Poa granitica, P. molinerii, Polygala alpestris, P. amarella, P.
chamaebuxus, Potentilla pusilla, P. tabernaemontani, Pseudorchis albida ssp. albida,
Pulsatilla grandis, P. pratensis, P. vernalis, P. vulgaris, Ranunculus aconitifolius,
Ranunculus polyanthemos ssp. polyanthemoides, Rhinathus olectorolophus, Saxifraga
bulbifera, Scabiosa canescens, S. triandra, Scutellaria minor, Sedum rupestre, Sedum
sexangulare, Senecio integrifolius ssp. capitatus, Seseli hippomarathrum ssp.
hippomarathrum, Sesleria albicans, Succisella inflexa, Taraxacum cucullatum agg., Thesium
linophyllon, T. pyrenaicum, Thymus alpestris, T. praecox ssp. polytrichus, Trifolium alpinum,
T. badium, Viola declinata und viele andere mehr.
Für kaum eine der genannten Sippen ist überregional betrachtet derzeit von einer positiven
Bestandsentwicklung auszugehen. Im besten Falle sind keine negativen Tendenzen zu
beobachten oder bekannt.
19
Zur Gefährdungssituation in Österreich schreiben Rabitsch & Essl (2009: 12): "Für ...
(endemische; C. H.) ... Gefäßpflanzen stehen neben dem Risikofaktor "Natürliche Seltenheit"
Änderungen in der Landnutzung (Aufgabe traditioneller extensiver Landnutzung sowie die
negativen Folgen intensiver Flächennutzung) bei den Gefährdungsursachen an erster Stelle."
In welchen Grasland-Ökosystemen konzentrieren sich endemische Gefäßpflanzen?
In praktisch allen Grasland-Ökosystemen Mitteleuropas kommen auch Gefäßpflanzen-Sippen
vor, die auf Europa beschränkt sind, für die Europa deshalb eine besondere Verantwortung
hat. Allein aus diesem Grunde wäre es angezeigt, den europäischen und nationalen Wald-,
Gewässer- und Meeresschutz-Gesetzen entsprechende Graslandschutz-Gesetze zur Seite zu
stellen und den gesamten Ökosystem-Komplex ausnahmslos unter Schutz zu stellen.
Davon unabhängig können endemitenreichere und endemitenärmere Regionen, Landschaften
und Landschaftseinheiten unterschieden werden. Die Datenlage reicht aber noch nicht aus,
diese auch flächenscharf konkretisieren zu können.
Mit folgenden standörtlichen Bedingungen sind vermutlich gewisse Häufungen endemischer
Gefäßpflanzen verbunden:
* alten Nutzungssystemen (historisch alten Grasland-Ökosystemen)
* basischen und subneutralen, oligo- und mesotrophen Böden
* Hanglagen, Bergen, Gebirgen
Quellen
BUNDESAMT FÜR NATURSCHUTZ (Hrsg.) 2004: Daten zur Natur. - 474 S., Münster.
HOBOHM, C. 2008: Endemische Gefäßpflanzen in Europa. - Tuexenia 28, in Druck.
MACKAY, R. 2002: The Atlas of Endangered Species: Threatened Plants and Animals of the
World. - 128 S., London.
RABITSCH, W. & ESSL, F. (Hrsg.) 2009: Kostbarkeiten in Österreichs Pflanzen- und Tierwelt.
Ökologie, Naturschutz und Biogeographie österreichischer Endemiten. Umweltbundesamt Wien, 1174 S. + 240 S. Kartenteil, in Vorb.
20
Biodiversität im Kulturgrasland (Molinio-Arrhenatheretea):
Welche Artenzahlen können wir erwarten?
Hartmut Dierschke
Pflanzengesellschaften des Graslandes gehören zu den Vegetationstypen besonders hoher biologischer Diversität; sie bilden geradezu Hotspots botanischer Biodiversität in Mitteleuropa. Dies gilt
auch für viele Gesellschaften des Kulturgraslandes, den unter fördernder Wirkung des
wirtschaftenden Menschen entstandenen Wiesen und Weiden. Sie werden in der
Vegetationsklasse Molinio-Arrhenatheretea zusammengefasst (DIERSCHKE & BRIEMLE 2002), die
wegen ihrer hohen biologischen und wirtschaftlichen Bedeutung in Mitteleuropa besonders gut
untersucht ist. Man geht sicher nicht falsch, wenn man von Tausenden (eher Zehntausenden) von
Vegetationsaufnahmen ausgeht. Entsprechend gibt es bereits länger viele gute Übersichten der
Graslandvegetation Mitteleuropas, beginnend bereits in den 1930er Jahren, vor allem aber in den
letzten Jahrzehnten.
In der folgenden Übersicht werden die verschiedenen Pflanzengesellschaften des Kulturgraslandes
genannt, basierend vor allem auf 2 Heften der Synopsis der Pflanzengesellschaften Deutschlands.
Dort wurde versucht, auf der Grundlage einer hohen Zahl verfügbarer Vegetationsaufnahmen aus
ganz Deutschland eine moderne Gliederung der Molinio-Arrhenatheretea zu erarbeiten (DIERSCHKE
1997, BURKART et al. 2004). In allen Spalten der dort publizierten Vegetationstabellen sind auch die
mittleren Artenzahlen (A) angegeben. So lassen sich für alle Pflanzengesellschaften solche Werte
oder Wertespannen (aus Untereinheiten) darstellen, ergänzt durch Daten aus einigen weiteren
Übersichtsarbeiten (s. Literatur).
Die Übersicht der Gesellschaften stammt, mit kleineren Veränderungen, aus DIERSCHKE (2007).
Von dort wurden auch Angaben zu Nutzungsintensität I (0–5) und Gefährdungsgrad G (1–3)
übernommen. Hinter den Gesellschaftsnamen steht außerdem in Klammern die Zahl zugrunde
liegender Vegetationsaufnahmen.
Die Werte der mittleren Artenzahlen in der folgenden Tabelle, bezogen meist auf Flächengrößen
von etwa 15–30 m², sprechen für sich. Einzelwerte können durchaus bis über 70 Arten auf wenigen
Quadratmetern betragen; Wälder erreichen meist nicht einmal die Hälfte solcher Werte. Teilweise
lässt sich eine Korrelation zwischen Nutzungsintensität und Artenzahl erkennen. So sind die
ungedüngt-spätgemähten, nur extensiv genutzten Streuwiesen (1.1) besonders artenreich,
ebenfalls manche Magerwiesen unter 2.1 und fast alle Bergwiesen (2.2, 2.4). Dies sind größtenteils
auch stärker gefährdete Pflanzengesellschaften. Die etwas intensiver genutzten „Fettwiesen“ unter
2.1 sind meist artenärmer, besonders arm die sehr intensiv genutzten Vielschnittwiesen der
modernen Landwirtschaft. Auch bei den Viehweiden (2.3) nimmt die Artendiversität mit zunehmend
intensiver Nutzung sehr stark ab. Noch artenärmer sind nur noch viele Zierrasen im
Siedlungsbereich. Im oberen Mittelfeld liegen viele Gesellschaften der Stromtal- und Feuchtwiesen
(1.2, 1.3). Nutzungsintensivierung spielt hier seltener eine negative Rolle, eher das Gegenteil,
nämlich Nutzungsaufgabe und folgende Brachlandsukzession zu artenarmen Hochstaudenfluren
(1.4).
Einzelheiten vermittelt die folgende Tabelle.
21
Pflanzengesellschaften des Kulturgraslandes in Deutschland
Mittlere Artenzahlen (A), Nutzungsintensität (I) und Gefährdungsgrad (G)
(Zahl der verwendeten Vegetationsaufnahmen)
1.Feucht- und Stromtalwiesen und verwandte Hochstaudenfluren (Molinietalia caeruleae)
A
I
G
1.1. Basiphile Pfeifengras-Streuwiesen (Molinion caeruleae) (532 Aufn.)
41-51
34
51
1
1
1
2
1
2
Reine Pfeifengraswiese (Molinietum caeruleae) (363 Aufn.)
Knollendistel-Pfeifengraswiese (Cirsio tuberosi-Molinietum arundinaceae) (127 Aufn.)
Duftlauch-Pfeifengraswiese (Allio suaveolentis-Molinietum) (42 Aufn.)
1.2 Brenndolden- Stromtalwiesen (Cnidion dubii) (525 Aufn.)
27-38
2-3
2
Brenndolden-Rasenschmielenwiese (Cnidio-Deschampsietum cespitosae) (525 Aufn.)
1.3. Sumpfdotterblumen-Futterwiesen (Calthion palustris) (1848 Aufn.)
30-36
30-33
33-37
30-31
31
12-26
3
3
3
2
1
2-3
3
2
3
3
2
3
Engelwurz-Kohldistelwiese (Angelico-Cirsietum oleracei) (550 Aufn.)
Wassergreiskraut-Wiese (Bromo-Senecionetum aquaticae) (282 Aufn.)
Bachkratzdistel-Wiese (Cirsietum rivularis) (70 Aufn.)
Waldbinsen-Sumpfwiese (Crepido-Juncetum acutiflori) (297 Aufn.)
Binsen-Pfeifengraswiese (Juncus conglomeratus-Succisa pratensis-Ges.) (407 Aufn.)
Waldsimsen-Sumpfwiese (Scirpus sylvaticus-Ges.) (242 Aufn.)
1.4. Mädesüß-Hochstaudenfluren (Filipendulion ulmariae) (Wiesenränder und Brachen) (797 Aufn.)
19-25
0
0
0
17-22
20
3
-
Baldrian-Mädesüßflur (Valeriano-Filipenduletum) (550 Aufn.)
Sumpfstorchschnabel-Mädesüßflur (Filipendulo-Geranietum palustris) (309 Aufn.)
Mädesüß-Dominanzbestände (Filipendula ulmaria-Ges.) (108 Aufn.)
2. Wiesen, Weiden und Vielschurrasen mittlerer Standorte (Arrhenatheretalia)
2.1. Glatthafer-Tieflagenwiesen (Arrhenatherion elatioris) und verwandte Gesellschaften (3871 Aufn.)
32-37
42-53
39-47
2-3
2-3
3
3
Glatthafer-Wiesen (Arrhenatheretum elatioris) (3323 Aufn.)
Zittergras-Glatthafer-Magerwiesen (Subass.-Gr. von Briza media)
Salbei-Glatthaferwiese (A. salvietosum)
Ferkelkraut-Glatthaferwiese (A. hypochaeretosum radicatae)
28-29
31
35
3
3
3
3
3
Glatthafer-Fettwiesen (Typische Subass.-Gruppe)
Typische Glatthaferwiese (A. typicum)
Kohldistel-Glatthaferwiese (A. cirsietosum oleracei)
Glatthafer-Bergwiese (A., Alchemilla-Höhenform)
24
21
27
2
4-5
1
3
Ruderale Beifuß-Glatthaferwiese (Artemisia vulgaris-Arrhenatherum-Ges.) (120 Aufn.)
Fuchsschwanz-Vielschnittwiesen (Ranunculus repens-Alopecurus pratensis-Ges.) (277 Aufn.)
Rotschwingel-Straußgras-Magerwiese (Festuca rubra-Agrostis capillaris-Ges.) (151 Aufn.)
2.2. Goldhafer-Bergwiesen (Polygono-Trisetion) (1741 Aufn.)
30-46
29
41
2
1-2
2-3
2
1
3
Storchschnabel-Goldhaferwiese (Geranio-Trisetetum) (1568 Aufn.)
Rotschwingel-Bärwurz-Magerwiese (Festuca rubra-Meum athamanticum-Ges.) (89 Aufn.)
Sterndolden-Goldhaferwiese ( Astrantio-Trisetetum) (84 Aufn.)
2.3. Weiden und Vielschnittrasen (Cynosurion) (5625 Aufn.)
22
28-40
26
2
3-4
3
-
Weidelgras-Weißkleeweide (Cynosuro-Lolietum)
Magerweide (C.-L. luzuletosum, Festuco-Cynosuretum) (1098 Aufn.)
Fettweide (C.-L. typicum) (3868 Aufn.)
18
16
4-5
3-4
-
Kleinkopfpippau-Rotschwingelrasen (Crepido capillaris-Festucetum rubrae) (464 Aufn.)
Weißklee-Breitwegerichrasen (Trifolium repens-Plantago major-Ges.) (195 Aufn.)
2.4 Alpenrispengras-Almweiden (Poion alpinae) (182 Aufn.)
39-44
2
3
Goldpippau-Rotschwingelweide (Crepido aureae-Festucetum commutatae) (182 Aufn.)
Intensitätsstufen (I)
Gefährdungsgrad (G)
0 ohne Nutzung
1 extensiv
2 halbextensiv
3 halbintensiv
4 intensiv
5 sehr intensiv
1 vom Verschwinden bedroht
2 stark gefährdet
3 gefährdet
- ohne erkennbare Gefährdung
Literatur
BURKART, M., DIERSCHKE, H., HÖLZEL, N.. NOWAK, B. & FARTMANN, T. (2004): Synopsis der Pflanzengesellschaften Deutschlands. Heft 9: Molinio-Arrhenatheretea, Teil 2: Molinietalia. Futter- und Streuwiesen
feucht-nasser Standorte und Klassenübersicht Molinio-Arrhenatheretea. – 103 S., Göttingen.
DIERSCHKE, H. (1996): Syntaxonomische Stellung von Hochstauden-Gesellschaften, insbesondere aus der
Klasse Molinio-Arrhenatheretea (Filipendulion). – Ber Reinhold-Tüxen-Ges. 8: 145-157. Hannover.
DIERSCHKE, H. (1997): (Hrsg.): Synopsis der Pflanzengesellschaften Deutschlands. Heft 3: MolinioArrhenatheretea, Teil 1: Arrhenatheretalia. Wiesen und Weiden frischer Standorte. – 74 S. Göttingen
DIERSCHKE, H. (2007): Pflanzengesellschaften des Extensiv- und Kulturgraslandes in ihrer bundesweiten
Bedeutung für den Naturschutz. – Naturschutz u. Biologische Vielfalt 43: 49-65. Bonn-Bad Godesberg.
DIERSCHKE, H. & BRIEMLE, G. (2002): Kulturgrasland. Wiesen, Weiden und verwandte Staudenfluren. –
239 S.,Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart.
DIERSCHKE, H. & WAESCH, G. (2003): Brachland-Sukzession in Feuchtwiesen und ihre syntaxonomische
Zuordnung. – Kieler Notizen Pflanzenkd. Schl.-Holstein Hamburg 30: 11-19. Kiel.
LISBACH, I. & PEPPLER-LISBACH, C. (1996): Magere Glatthaferwiesen im südöstlichen Pfälzerwald und im
Unteren Werraland. – Ein Beitrag zur Untergliederung des Arrhenatheretum elatioris Braun 1915. –
Tuexenia 16: 311-336. Göttingen.
Prof. Dr. Hartmut Dierschke
Georg-August-Universität Göttingen
Albrecht-von-Haller-Institut für Pflanzenwissenschaften
Abteilung für Vegetationsanalyse und Phytodiversität
Untere Karspüle 2
37073 Göttingen
hdiersc@gwdg.de
23
Grasland-Diversität in der Schweiz und
Erhaltung von Trespen-Halbtrockenwiesen –
Ergebnisse 22 Jahre dauernder Bewirtschaftungsversuche und deren Nachwirkungen
Andreas Gigon, Barbara Pietragalla-Köhler, Institut für Integrative Biologie ETH Zürich und
M. Jeschke, Lehrstuhl für Vegetationsökologie, TU München, Freising.
andreas.gigon@env.ethz.ch
Ein Überblick ergibt in der Schweiz in Talflächen mit Grasland, Äckern, Wäldern, Siedlungen
usw. J-bisE-Diversitäten von 550-1150 Gefässpflanzen/60-100 km2 (www.webflora.ch).
Die D-Diversität in 1600 Rasterflächen à 10 m2 beträgt gemäss Abb. 1 in allen Wiesentypen
durchschnittlich 36 und in Alpweiden 42 Gefässpflanzen-Arten (Moose 8 bzw. 18).
Abb. 1 D-Diversität in 1600 Rasterflächen à 10 m2 in verschiedenen Ökosystemtypen der Schweiz (aus
www.biodiverstitätsmonitoring.ch)
Abb. 2 Mittlere Artenzahl/10 m2 mit 95% Vertrauensintervall in Wiesen in drei Höhenstufen. Farbcodes und Quelle
wie Abb. 1.
Gemäss Abb. 2 enthalten Wiesen in der kollinen Höhenstufe in 10 m2 25-32, in der montanen 3135 und in der subalpinen 44-48 Gefässpflanzenarten (Moose Ø 3 bzw. 5 bzw. 12). Der grosse
„Biodiversitätswert“ von Grasland wird hiermit klar ersichtlich.
24
2
In Wiesen und Weiden, denen Ökoqualität attestiert wurde, ist das Spektrum 21-75 (Ø 50)
Gefässpflanzen/10 m2, in Wiesen und Weiden ohne Ökoqualität liegen die Werte bei 6-60 (Ø 25)
Abb. 3 Anzahl Gefässpflanzen/10m2 in total 268 Wiesen und Weiden mit, bzw. ohne Ökoqualtität (Quelle:
www.biodiversitymonitoring.ch ).
Inventar der Trockenwiesen und -weiden TWW des Bundesamtes für Umwelt BAFU
Dieses wurde in den vergangenen 14 Jahren vom BAFU und Experten erarbeitet; es umfasst eine
Gesamtfläche von ca. 23'000 ha in ca. 3'000 Objekten. In den vergangenen 60 Jahren sind somit
rund 90% der Trockenwiesen und -weiden „verschwunden“. Die verbleibenden Objekte wurden
19 Vegetationsgruppen zugeordnet; 24% der Flächen werden als Wiese genutzt, 4% als Wildheu,
62% als Weide und 19% ist ungenutzte Brache.
Trespen-Halbtrockenwiesen (Kalkmagerrasen, Mesobrometen), also ungedüngte, einschürige
Mähwiesen in warmen Lagen, gehören zu den schönsten und artenreichsten GraslandÖkosystemen Mitteleuropas. Über 50% aller in der Schweiz gefährdeten Pflanzenarten kommen in
Trockenwiesen und -weiden vor und 40% der Tagfalter sind auf diese Ökosystemtypen
angewiesen. Im Schweizer Jura bei Schaffhausen kommen bereits auf 25 cm x 25 cm
durchschnittlich 21.4 ± 1.6 Pflanzenarten (inkl. Moose und Flechten) vor, auf 4 m2 sind es 49.9 ±
2.8, auf 36 m2 durchschnittlich 58 (davon 50 ± 2 Blütenpflanzen) und in recht homogenen
Beständen von 648 m2 wurden 93-96 Blütenpflanzen (+ 20 Moose und Flechten) festgestellt
(Jeschke et al. (submitted) und Köhler et al. 2005). Interessante Fragen sind, wie diese vielen
Arten koexistieren können (siehe Gigon 1994, Gigon & Leutert 1996). Etwa die Hälfte der
Trockenwiesen-Pflanzenarten sind Zielarten für den Naturschutz, und das ganze Ökosystem ist
infolge Düngung (auch Einschwemmung), Nährstoffeintrag aus der Luft, häufigere oder frühere
Mahd, Überbauung oder Aufgabe der Bewirtschaftung stark gefährdet.
Zwischen 1977 und 1999 wurde experimentell erforscht, welche Bewirtschaftung ermöglichen
könnte, die Artenvielfalt einfacher (und kostengünstiger) zu erhalten als die traditionelle jährliche
Mahd im Juni/Juli (Krüsi 1981). Die alternativen Managementvarianten (jeweils drei
Wiederholungen à 50 m2) sind aus Abb. 4 ersichtlich.
Nach 22 Jahren mit diesen Managements waren die alle 2 Jahre im Juli gemähten Flächen in der
Artengarnitur an Blütenpflanzen den traditionell bewirtschafteten Flächen am ähnlichsten (Köhler
et al. 2005). Auch bei den jährlich im Oktober gemähten war die Ähnlichkeit gross. Auf der
Dauerbrache und den nur alle 5 Jahre gemähten Flächen war die Verbuschung kein Problem aber
die Artenzahl war 20-30% geringer als in den traditionell bewirtschafteten Flächen, insbesondere
bei den typischen Trockenwiesenarten. Grund war die zunehmende Streueauflage und
Vergrasung. Auch in den jährlich abgebrannten Flächen nahm die Artenzahl um ca. 30% ab
(wenngleich z.B. Gentiana ciliata und Thesium bavarum zunahmen). Ursache für die Abnahme
war neben direkter Brandwirkung die Zunahme von Brachypodium pinnatum auf Kosten von
Bromus erectus. Brand vernichtete ausserdem praktisch alle Moose (6-8 Arten). Generell gilt, dass
jedes Management bestimmte naturschützerisch wertvolle Arten förderte und andere schädigte.
25
3
Aus naturschützerischer Sicht ist deshalb eine Mosaikbewirtschaftung zu empfehlen, damit
möglichst viele Pflanzen- und Tierarten erhalten werden können (Köhler et al. 2005). Zentrale
Teile von Halbtrockenwiesen sollen jährlich im Juni/Juli gemäht werden, Randpartien aber nur
alle 2 Jahre. Falls der Boden nährstoffarm ist, können die Randpartien auch erst im Herbst jährlich
gemäht werden. In großen Halbtrockenwiesen empfiehlt es sich, wie tierökologische
Untersuchungen in Streuwiesen zeigten, zusätzlich einige • 300 m2 große, nur alle zwei Jahre
gemähte Inseln stehen zu lassen, vor allem für die Fauna. (Für mitteleuropäische
Wiesenökosysteme gelten die Faustregeln: Blütenpflanzen-Artenzahl x 10 = ArthropodenArtenzahl sowie Blütenpflanzen-Artenzahl x 5 = Pilz-Artenzahl). Dauerbrache und Abbrennen
sind gemäß dem Dargelegten aus Naturschutzsicht unbedingt zu vermeiden.
Blütenpflanzen
Moose und Flechten
10
Artenzahl
Artenzahl
50
25
0
0,01
0,1
1
10
5
0
0,01
100
Flächengröße [m ²]
Junimahd
0,1
1
10
100
Flächengröße [m ²]
Oktobermahd
Junimahd 2a
Brennen
Brache
Abb. 4 Artenzahl-Flächen-Kurven in Versuchsflächen 5 Jahre nach der Beendigung von 22 Jahre lang dauernden
verschiedenen Managements (2a = Mahd alle 2 Jahre). Während dieser 5 Jahre jährliche Mahd ± in Oktober. (Aus
Jeschke et al. submitted).
Nach Ende der 22 Jahre dauernden Bewirtschaftungsexperimente wurde die ganze sehr
nährstoffarme Versuchsfläche 5 Jahre lang jährlich meist im Oktober gemäht. Jeschke et al.
(submitted) stellten fest, dass die Artenzahlen in den verschiedenen Managements nach 5 Jahren
praktisch noch die gleichen waren, wie am Ende der Managementversuche. Detailuntersuchungen
der Moos- und Flechtenflora ergaben für 16 m2-Flächen in den ehemals abgebrannten oder
ehemals in Dauerbrache belassenen Flächen nur 8 bzw. 13, in den Mahdvarianten hingegen 13-16
Arten. In den ehemals nur alle zwei Jahre im Juli gemähten Flächen hatten die für Trespenwiesen
typischen Moosarten allerdings stark abgenommen, weswegen dieses Management aus
Naturschutzsicht nicht zu empfehlen ist.
Es zeigt sich also, dass sich die Artengarnitur selbst nach der 5 Jahre dauernden,
naturschützerisch vertretbaren jährlichen Oktobermahd nicht von den früheren, langjährigen
Managements „erholt“ hatte. Dies ist erstaunlich, da Diasporenquellen bzw. Arten mit Rhizomen
unmittelbar angrenzend an die Flächen vorhanden waren. Diese Langsamkeit von
Vegetationsveränderungen ist im Naturschutz unbedingt zu berücksichtigen!
Literatur
Krüsi B. (1981) Phenological methods in permanent plot research. Veröff. Geobot. Inst. ETH, Stiftung Rübel, Zürich
75, 1-115.
Gigon A. (1994) Positive Interaktionen bei Pflanzen in Trespen-Halbtrockenrasen. Verh. Ges. f. Ökologie 23, 1-6.
Gigon A. & Leutert A. (1996) The Dynamic keyhole-key model of coexistence to explain diversity of plants in
limestone and other grasslands. J. Veg. Sci. 7: 29-40.
Jeschke M., Kiehl K. & Gigon A. (submitted) Langfristige Auswirkungen ehemaliger Bewirtschaftungsvarianten auf
die Diversität von Blütenpflanzen, Moosen und Flechten eines Kalkmagerrasens fünf Jahre nach Umstellung auf
einheitliches Management.
Köhler B. (2001) Mechanism and extent of vegetation changes in differently managed limestone grasslands. Ph.D.
thesis nr. 14227. ETH Zurich,89 S.
26
4
Köhler B., Gigon A., Edwards P., Krüsi B. O., Langenauer R., Lüscher A. & Ryser P. (2005) Changes in species
composition and conservation value of limestone grasslands in Northern Switzerland after 22 years of contrasting
managements. Perspect. Plant Ecol. Evol. Syst. 7: 51-67.
27
Zur Artenvielfalt von Pflanzengesellschaften des Graslands
Bernd Nowak, GöLF Wetzlar
Der seit etwa 40 Jahren anhaltende, nutzungsbedingte Rückgang der Biodiversität
der Graslandökosysteme hat dazu geführt, dass die potenzielle Artenvielfalt dieser
Lebensräume beziehungsweise ihre optimale Artenausstattung heute immer weniger
bekannt sind. Junge Wissenschaftler haben in vielen Regionen keine Gelegenheit
mehr, Graslandbiotope mit reicher floristischer Ausstattung kennen zu lernen. Im
Naturschutz ist zu bemerken, dass angemessene Maßstäbe zur Beurteilung des
Erhaltungszustandes dieser Lebensräume und ihrer Artenausstattung verloren
gehen. Dies hat zur Folge, dass an Arten verarmtes Grasland beziehungsweise
Bestände mit fragmentarischer Artenausstattung als Leitbilder und Ziele des
Naturschutzes festgesetzt werden und somit erhebliche Biodiversitätsverluste in der
Kulturlandschaft unbemerkt bleiben beziehungsweise in Kauf genommen werden.
Im Rahmen dieser Tagung erscheint es mir trotz der Anwesenheit ausgezeichneter
Experten deshalb angezeigt, anfangs orientierende Zahlen zur Artenvielfalt floristisch gut und optimal entwickelter Graslandphytozönosen zu benennen. Dabei will
ich unterstellen, dass die bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts in Mitteleuropa vorherrschende Heuwiesennutzung zu tradierten Terminen und ohne jede Düngung sowie die überwiegend historische Hutweidenutzung gut oder optimal entwickelte
Pflanzengesellschaften des Graslandes ermöglichen.
Die nachstehende Tabelle gibt eine Übersicht zur mittleren und maximalen
Phytodiversität gut entwickelter Bestände verschiedener Grünlandtypen. Grundlage
der Zahlen sind neben Literaturdaten Erfahrungen aus vielen Hundert
Vegetationsaufnahmen, die ich in den zurückliegenden 20 Jahren vor allen in
Hessen und Baden-Württemberg angefertigt habe. Die Werte können vermutlich für
den gesamten Mittelgebirgsraum Mitteleuropas gelten. Berücksichtigt sind
Phanerogamen und Moose.
Bei Pflanzengesellschaften, die sich nicht durch extreme Standortverhältnisse
auszeichnen, beziehen sich die Artenzahlen auf Probeflächen von 20-25 m². Nach
meinen Beobachtungen ist auf 10 m² in der Regel bereits mindestens 90 % des
Gesamtartenbestandes nachweisbar.
Die angegebenen Spannen der Artenzahlen berücksichtigen unterschiedliche Naturräume und Standortgegebenheiten. So ist die potenzielle Artenvielfalt auf basenreichen Böden in der Regel größer als auf sauren. Hohe Phytodiversität wird außerdem
durch standörtlich oder klimatisch bedingte schwankende Wasserversorgung, lange
Vegetationsperioden und hohe Wärmesummen in der Vegetationszeit begünstigt.
Die genannten Mindestwerte sollen also nur für Naturräume mit ungünstigen
Verhältnissen gelten.
28
Tabelle 1: Mittlere Artenzahlen und Spitzenwerte der Artenvielfalt gut und optimal
entwickelter Pflanzengesellschaften des Graslands im westdeutschen Mittelgebirgsraum (Phanerogamen und Moose)
Vegetationsytp
Frischwiesen
Arrhenatheretalia
Frischweiden
Arrhenatheretalia
Pfeifengras-Wiesen
Molinion caeruleae
Brenndolden-Wiesen
Cnidion dubii
Feuchtwiesen
Calthion palustris
Feuchtweiden
Calthion palustris
Halbtrockenrasen
Bromion erecti
Borstgras-Rasen, pH < 4,5
Nardetalia ohne Violion caninae
Borstgras-Rasen, pH >4,5
Violion caninae
Kleinseggen-Rasen
Caricion fuscae
Probeflächen
(m²)
Nutzungstyp
20-25
Wiese
20-25
Hutweide
20-25
Wiese
20-25
Wiese
20-25
Wiese
20-25
(Hut-)Weide
mit Nachmahd
10-20
Wiese, Hutweide
10-20
Wiese /
Hutweide
Wiese /
Hutweide
Wiese / Hutweide
10-20
6-15
mittlere
Artenvielfalt
optimale
Artenvielfalt
Blütenpflanzen
(Moose)
Blütenpflanzen
(Moose)
35-50
(3-6)
35-45
(3-8)
40-55
(3-8)
25-40
(0-3)
35-50
(3-6)
35-40
(3-6)
40-60
(3-8)
15-30
(3-5)
30-45
(4-5)
20-30
(5-10)
55-75
(>10)
50-60
(>10)
60-80
(>10)
>45
(>3)
55-80
(>10)
>50
(>10)
>65
(>10)
>30
(>5)
>50
(>8)
35-45
(>10)
Gut entwickelte Pflanzengesellschaften des Graslands gehören zu den artenreichsten Phytozönosen Mitteleuropas und haben einen großen Anteil an der Biodiversität
unserer Kulturlandschaften. Standörtlich differenzierte, extensiv bewirtschaftete
Grünlandkomplexe können auf Flächen von 50-100 ha mehr als 400 Phanerogamenarten beherbergen. 25-30 % der Gefäßpflanzen Mitteleuropas außerhalb der
Alpen haben (oder hatten) in Grasland-Ökosystemen ihre größte Häufigkeit oder
einen Verbreitungsschwerpunkt.
Die Artenzusammensetzung der Pflanzengesellschaften des Graslands ist trotz ihres
großen dynamischen Potenzials bei gleich bleibenden Nutzungseinflüssen sehr konstant. Langjährige Daueruntersuchungen ergeben oft erhebliche witterungsbedingte
Vegetationsschwankungen, die aber die Mengenanteile der einzelnen Arten und
kaum die Artengarnitur betreffen.
Verluste der Phytodiversität des Graslands haben vielfältige Ursachen. Von
Nutzungsaufgabe betroffen sind bislang vor allem Lebensräume feuchter und
ertragsarmer Böden. Von größerer Relevanz sind die Folgen der Düngung
beziehungsweise Eutrophierung von Graslandstandorten sowie nutzungsbedingte
Beeinträchtigungen der generativen Reproduktion der Arten. Die hieraus
resultierende floristische Verarmung ist bestenfalls sehr langfristig und in der Regel
nur teilweise reversibel. Neben begrenzten Möglichkeiten der Ausmagerung
aufgedüngter Böden ist die sehr ungünstige Ausbreitungseffizienz der meisten
Pflanzenarten des Graslandes ein wichtiger limitierender Faktor. So dauert
beispielsweise die Entwicklung einer "floristisch gesättigten" Frischwiese auf einem
mageren Boden selbst dann mindestens 40 Jahre, wenn in der unmittelbaren
Umgebung artenreiche Bestände als Diasporenspender vorhanden sind. Moderne
Ernteverfahren haben die Ausbreitungsmöglichkeiten der meisten Pflanzenarten der
Wiesen zudem erheblich verschlechtert.
29
LACOPE G. Kaule University of Stuttgart Co-ordinator
Final Report - Section 6-4-1
LACOPE (Landscape Development, Biodiversity and Co-operative Livestock Systems in Europe)
Contract No.: EVK2-CT-2002-00150
D-diversity versus J-diversity
extensive grazing, abandonment and intensive meadows in the regional scale
BioAssess results summarised by G. Kaule and L. Oksanen
Introduction
To study the consequences of habitat changes on regional biodiversity (J-diversity) is inherently
problematic. J-diversity (measure of the overall diversity for different ecosystems within a region)
is primarily determined by the numerous locally and regionally rare species, which are difficult to
study. Possibilities for methodologically consistent comparative studies are vastly enhanced, if we
assume that the occurrence of rare species is correlated with local species richness (D-diversity),
which seems reasonable indeed. Both local species richness and the occurrence of regionally rare
species depend on the history of the habitat, determining the size of its species pool (Dynesius and
Jansson 2000, Pärtel 2002), and on the local intensity of disturbance, with highest numbers of
species coexisting at intermediate levels of disturbance (Grime 1973, Connell 1978).
BioAssess is based on the above assumption and uses local species richness as an index for the
value of the habitat for regional species richness. In the context of LACOPE, the scope of using
BioAssess to find out how the value of extensively grazed habitats, created by traditional, large
scale grazing systems, changes if the area is abandoned, allowing for secondary succession to
proceed. The other modern trend is intensification of land use, i.e. changing extensively grazed
habitats to intensively managed pastures. Some areas may even be changed into mown fields, but
this is unlikely to happen in a large scale.
This summary is restricted to a short overview on the basic results of BioAssess and three
comparisons representing the changes from extensively grazed habitats to abandoned areas,
“forests” (operationally defined as whatever plant communities that represents the ultimate end
stage of secondary succession), and intensively managed pastures. Moreover, the focus is set on the
four major organism categories used in D 8.2.: vascular plants, lichens Carabid beetles, and insects
and arachnoids in general.
Methods
General Methods and targets of BioAssess see:
Allan Watt: www.nbu.ac.uk/bioassess/
Ch Scheidegger: http://4dweb.proclim.ch/4dcgi/alpine/en/Detail_Project?ch-2240
Specification in LACOPE: Each study area (or a focal management unit within it) was divided into
the strata defined above (extensive pasture, intensive pasture, abandoned land, “forest”, mown
areas, and habitats with special conservation value), and each of these five BioAssess circles were
randomly sampled. Vegetation of the circles was studied by means of systematically sampled
relevés, insects by means of pitfall and window traps. For further details, see D_8.2. For several
groups real species numbers were recorder, for other due to the BioAssess methodology only a n
investigation based on morpho-species was done.
For the Sápmi study area (northernmost parts of Norway, Sweden and Finland), the method has
been modified for two reasons: the size and heterogeneity of management units and the fact, that
30
LACOPE G. Kaule University of Stuttgart Co-ordinator
Final Report - Section 6-4-1
practically every piece of land is used for extensive grazing, and there is no indication towards
either abandonment or intensification. Thus intensively used pastures (according to LACOPEdefinitions) do not exist, and abandoned areas and “forests” occur only as small patches in areas,
where some obstacle prevents reindeer grazing. Patches of abandoned land have been created by the
fences currently used for managing reindeer. The closest habitat type to a “forest” in Sápmi consists
of the islands in Lake Iešjávri, which is only partially frozen in the time the reindeer migrate
through the area, making the islands inaccessible. To provide sensible comparisons, these
exceptional areas were compared to near-by, extensively grazed areas with similar physical
conditions.
A presentation of results and their basic comparison for the different study areas is given in D.8.2.
The results of the following comparisons - after an overview - are presented as four matrices, each
with 17 elements which can be either “0” (no significant difference) “+” (the transition significantly
increases local species richness) or “-“ (the change significantly reduces local species richness). In
all comparisons, it was adhered to the significance level of p < 0.05, without making Bonferroni
corrections. In a matrix containing 17 elements, the a priori likelihood of having at least one
significant value just by chance is 1 - 0.9517 = 0.58. Therefore, one or two non-zero elements in a
matrix cannot be regarded as hard evidence for changes in biodiversity.
Results and discussion
The biodiversity assessment revealed in total 1,135 plant species, 499 lichen species and 226
Carabid species (Table 1).
Tab. 1. Total number of species of plants, lichens (all substrates, epiphytic, saxicolous, terricolous)
and carabids.
The number of taxa detected in this project is comparable to the species numbers detected in the
EU-project BioAssess, where 1467, 757 and 301 plant, lichen and carabid species were detected on
the randomly selected small plots in 8 land-use gradients across Europe, ranging from natural
forests to agricultural areas. Given the fact that the habitats sampled in this project are more or less
closely linked to LSGS, the species numbers could be regarded as comparably high. This could
stress the overall importance of LSGS for the maintenance of a high species density and a
considerable part of biodiversity in Europe. Nevertheless for a valid assessment more data and a
detailed analysis on this matter would be needed.
The different strata of the LSGSs did only rarely show strong differences in species richness or
composition within a study region on the basis of the BioAssess data. However, a comparison of the
additive partitioning of species within plots, between plots within strata, and between strata
revealed common patterns among the studied regions. In most cases, less than 20% of the species
were confined to single plots.
The impacts of transitions from extensive grazing to abandoned areas, “forests” and intensely
grazed areas on the local diversity of the four focal organism groups are summarized below (Tables
2-5).
31
2
LACOPE G. Kaule University of Stuttgart Co-ordinator
Final Report - Section 6-4-1
Tab. 2. Relevance of transition from extensive grazing to other strata for vascular plants
transition to
abandoned
“forest”
Intense gr.
Sápmi
0
0
not stud.
Tatra
0
0
0
Bavaria
LaMancha
0
+
0
Alantejo
0
0
0
Tab. 3. Relevance of transition from extensive grazing to other strata for lichens
transition to
Sápmi
Tatra
Bavaria
Entlebuch
0
0
0
abandoned
+
“forest”
0
0
0
0
__
0
Intense gr.
not stud.
0
LaMancha
0
+
0
Alantejo
0
0
0
Tab. 4. Relevance of transition from extensive grazing to other strata for carabids
transition to
Sápmi
Tatra
Bavaria
Entlebuch
__
abandoned
0
0
0
“forest”
0
0
0
0
intense gr.
not stud.
0
0
0
LaMancha
0
0
0
Alantejo
0
0
0
__
0
0
Entlebuch
0
0
0
Tab. 5. Relevance of transition from extensive grazing to other strata for insects and arachnoids in general
transition to
Sápmi
Tatra
Bavaria
Entlebuch
LaMancha
Alantejo
__
0
0
abandoned
0
0
0
__
__
0
0
0
“forest”
0
intense gr.
not stud.
0
0
0
0
0
Out of the 68 transitions studied, 59 appeared to be neutral for local species richness, six resulted to
significant loss of local species richness and three resulted to significant increase in species
richness. The prevalence of zeros in the matrix is so overwhelming, that even the few non-zero
elements should be interpreted with caution.
For vascular plants and carabids, the only reasonable conclusion is that grazing has no general
impact on local species richness based on BioAssess methodology and results. For lichens, there
seems to be a tendency that grazing reduces species richness, which is rather natural as terricolous
lichens are sensitive to trampling and arboreal lichens thrive best in real forests. In one study area Entlebuch, Switzerland - total species richness of insects and arachnoids declines when grazed areas
are abandoned, but as no correspondingly clear patterns were found in other study areas, the
biological significance of this pattern remains unclear.
The observed weakness of the relationship between local species diversity and grazing intensity on
the coarse level of strata is consistent with the results obtained in previous studies in Sápmi,
covering different habitats and a wide range of grazing intensities (Olofsson et al. 2001, Olofsson
and Oksanen 2005). Indeed, extremely intense grazing, removing all but the most tolerant species,
reduces local species richness, so does totally undisturbed competition, leading to predominance of
the strongest species (as exemplified by the mountains of south eastern Norway, covered by copious
carpets of Cladina stellaris, see Dahl 1957). Between these extremes, however, there seems to be a
vast plateau, where local species richness does not respond to changes in the intensity or frequency
of grazing or other sources of disturbance. Even the altitudinal pattern in local species richness
documented by Bruun et al. (2006) is very diffuse, with different plant groups responding in very
different ways, so that the existence of a statistically significant over-all pattern is critically
dependent of the vast range of environmental variation covered in the study and on an enormous
number of sample plots, allowing statistical documentation of even weak patterns.
32
3
LACOPE G. Kaule University of Stuttgart Co-ordinator
Final Report - Section 6-4-1
Nevertheless it has to be pointed out, that the level of strata is mainly not suitable to reflect severe
changes taking place on a much lower level of aggregation and leading to degradation and losses of
habitat suitability for habitat types and species of high importance for nature conservation.
5. References
Bruun, H. H., Moen, J., Virtanen, R., Grytnes, J.-A., Oksanen, L., Angerbjörn, A. 2006: Effects of
altitude and topography on species richness of vascular plants, bryophytes and lichens in
alpine communities. - Journal of Vegetation Science 17: 37-46
Connell, J. H. 1978. Diversity in tropical rain forest and coral reefs. - Science 199: 1302-1310.
Dahl, E. 1957: Rondane. Mountain vegetation in south Norway and its relation to the environment.
Skrifter norske videnskaps-akad. Oslo. I. Matem.-Naturvidensk. Kl. 1956:3 1-374 + map.
Dynesius, M., Jansson, R. 2000: Evolutionary consequences of changes in species’ geographical
distributions driven by Milankovich climate oscillations. - Proc. Natl. Acad. Sci. USA 97:
9115-9120.
Emanuellson, U. 1987: Human influences on the vegetation of the Torneträsk area during the last
three centuries. Ecological Bulletins (Stockholm) 38: 95-111.
Eskelinen, A., Oksanen, J. 2006: Changes in the abundance, composition and species richness of
mountain vegetation in relation to summer grazing by reindeer. Journal of Vegetation Science
17: 245-254.
Grime, J. P. 1973: Competitive exclusion in herbaceous vegetation. - Nature 242: 344-347.
Hambäck, P. A., Oksanen, L., Ekerholm, P., Lindgren, Å, Oksanen, T., Schneider, M. 2004:
Predators indirectly protect tundra plants by reducing herbivore abundance. Oikos 106:85-92.
Oksanen, L., Moen, J., Helle, T. 1995: Timberline patterns in northernost Fennoscandia: the
importance of climate and grazing. - Acta Bot. Fennica 153:93-105.
Olofsson, J., Oksanen, L. 2005: Effects of reindeer density on plant diversity in the Fennoscandian
mountain chain. - In R. E. Haugerud, ed. Proceedings of 11th Arctic Ungulate Congress,
Saariselkä, Finland, 2003 (Rangifer 25): 5-18
Pärtel, M. 2002: Local plant diversity patterns and evolutionary history at the regional scale. Ecology 83: 2361-2366.
Tilman, D. 1988: Plant strategies and the structure and dynamics of plant communities. Princeton
University Press, Princeton, New Jersey.
33
4
LACOPE G. Kaule University of Stuttgart Co-ordinator
Final Report - Section 6-4-1
The overall importance of large complex extensive pastured reserves for protecting
biodiversity is documented by statistical data:
The investigated large grazing units (Allmende pastures) in Upper Bavaria cover in sum
400ha or 0,00565% of the state territory.
This small area is hosting 644 vascular plant species or 23,3% 0f the flora of Bavaria (N=
2.736 species.
Source: Lederbogen, D., Rosenthal, G., Scholle, D., Trautner, J., Zimmermann, B., Kaule, G. 2004: Allmendweiden in
Südbayern . Naturschutz durch landwirtschaftliche Nutzung. Angewandte Landschaftsökologie, 62: 469 pp. + LXI S.;
Bonn-Bad Godesberg.
34
5
Artenvielfalt des Wirtschaftsgrünlandes in Nordrhein-Westfalen
Dr. Andreas Neitzke
Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW
Dr. E. Foerster
Kleve-Kellen
Ein Maß für den Artenreichtum von Pflanzengesellschaften ist die Į-Diversität. Sie gibt die
auf einer definierten Flächengröße festzustellende Artenzahl wieder und ist eine wichtige
Eigenschaft von Pflanzengemeinschaften, die auch deren Naturschutzwert mitbestimmt.
Ebenso spielt sie eine bedeutende Rolle bei der Aufstellung von Leitbildern im Rahmen des
Biotopmanagements und der Beurteilung der Wirksamkeit von Entwicklungsmaßnahmen mit
quantitativen Methoden.
Die Ermittlung der Flächengröße, die untersucht werden muss, um alle zu einer
Pflanzengemeinschaft gehörenden Arten zu erfassen, ist eine wesentliche Aufgabe der
Vegetationskunde. Für die Grünlandkartierung in Nordrhein-Westfalen wurde aufgrund
eigener Untersuchungsergebnisse und unter Berücksichtigung der Erkenntnisse anderer
Arbeitsgruppen ein Minimal-Areal von 25 qm festgesetzt, das so dem überwiegenden Teil der
rund 10.000 Vegetationsaufnahmen aus den Jahren 1960 bis 1995 zugrunde liegt. Weitere
Grundzüge der Datenerhebung sind:
x Einheitliches Aufnahmeverfahren (Methode nach Klapp-Stählin).
x Einheitliche Ansprache der Gesellschaften (Kartierungsschlüssel für das Grünland in
NRW (NEITZKE, BORNKESSEL, FOERSTER. 2004)).
x Erstellung der Aufnahmen in repräsentativen Beständen der einzelnen Kartiereinheiten.
x Jährliche Eichung der Kartierer untereinander.
x Kartierung in allen Grünlandgebieten Nordrhein-Westfalens.
x Sicherung der korrekten Artansprache durch Kontrollbestimmungen und Erstellung von
Sonderschlüsseln (u. a. FOERSTER 2006).
Diese Eigenschaften des in sich geschlossenen Datenbestandes erlauben es, die Į-Diversität
der verschiedenen Grünlandgesellschaften unter Berücksichtigung der höheren Pflanzen vergleichend zu beschreiben (Tab. 1).
Die maximalen Artenzahlen belegen, dass das Grünland unter Berücksichtigung der höheren
Pflanzen die höchste Į-Biversität aller Pflanzengesellschaften in NRW besitzt.
Die große Spannweite der Artenzahlen deutet auch auf die zahlreichen unterschiedlichen
Ausbildungen der Gesellschaften hin, ein Zeichen für die ebenfalls hohe ȕ-Diversität im
Bereich des Grünlandes. Ein Vergleich der auf verschieden großen Probeflächen ermittelten
Artenzahlen zeigt, dass die maximalen Artenzahlen bereits bei 25 qm gefunden wurden. Eine
Ausnahme ist bei den Berg-Glatthaferwiesen zu beobachten. Hier wurde die höchste
Artenzahl bei einer Aufnahmefläche von 50 qm Größe festgestellt.
Die artenreichsten Pflanzenbestände kommen auf magerem, wechselfeuchtem Standort in
montaner Lage vor. Hier sind die Pflanzen vielfältigem Stress ausgesetzt, der verhindert, dass
einzelne, besonders konkurrenzkräftige Arten das Bild der Pflanzenbestände bestimmen. Die
Stressfaktoren werden durch das Auftreten entsprechender Indikatorarten angezeigt. So finden
sich Magerkeits- und Montanzeiger neben Trockenheit und Feuchte tolerierenden Arten. Das
Artengrundgerüst bilden die allen Grünlandgesellschaften gemeinsamen Charakterarten, zu
denen sich die bewirtschaftungstypischen Kennarten zusammen mit den Begleitern gesellen.
Ein Vergleich der Aufnahmen aus den verschiedenen Jahren, unter Berücksichtigung der
Artenzahlen zeigt, dass die artenreichsten Bestände in den 60ziger und 70ziger Jahren
vorgekommen sind. Der zur Zeit mit dem vorliegenden Aufnahmematerial dokumentierte
35
maximale Verlust an Arten wurde bei den Goldhaferwiesen festgestellt und liegt bei 30 %
(Tab. 2).
Erste Erfolge der Naturschutzbemühungen können Wiederholungskartierungen und Dauerquadratuntersuchungen belegen. So konnte im Mittelgebirge und in Ostwestfalen in gut
betreuten Naturschutz- und Vertragsnaturschutzflächen der Artenrückgang gestoppt werden.
(MICHELS 2007, SCHUMACHER 2007).
Tabelle 1: Artenzahlen im Wirtschaftsgrünland auf 25 qm großen Aufnahmeflächen
Pflanzengesellschaften
Minimum arith.
Maximum Anzahl der
Mittel
berücksichtigten
Aufnahmen
Weidelgrasweiden
7
23
52
2796
Geest-Rotschwingelweide
10
24
62
332
Rotschwingel-Straußgrasweide
14
36
48
42
Flutrasen
3
16
44
417
Goldhaferwiesen
14
40
73
127
Berg-Glatthaferwiesen
16
32
491)
62
Flachland-Glatthaferwiesen
4
28
53
496
Sumpfdotterblumenwiesen
3
28
53
337
Kohldistelwiesen
12
34
61
95
Silgenwiesen
11
23
40
13
Waldsimsenwiese
11
35
54
144
Waldbinsenwiese
11
28
57
34
Pfeifengraswiesen, sauer
7
28
58
41
Pfeifengraswiesen, basisch
16
37
50
10
Molinietalia- Fragmentgesellschaften
5
22
47
135
1)
Maximale Artenzahl: 77 Arten auf 50 qm
Tabelle 2: Veränderungen der Artenzahlen von Goldhaferwiesen in NRW von 1960 bis 2005
1960-1979
1980-1989
1990-1995
2000-2005
Minimum
30
14
21
15
Arith. Mittel
44
39
30
32
Maximum
73
70
50
53
Anzahl der Aufnahmen
47
64
16
601)
1)
diese Aufnahmen wurden während einer Wiederholungskartierung in den noch existierenden Goldhaferwiesen
an den alten Aufnahmepunkten aus der Zeit von 1960 bis 1995 erstellt.
Literatur:
FOERSTER, E. (2006): Seggen, Binsen, Simsen und andere Scheingräser des Grünlandes.-Ein
Schlüssel zum Bestimmen während der ganzen Vegetationszeit.- Recklinghausen, 40 S.
MICHELS, C. (2007): Landesweite Erfolgskontrollen des Vertragsnaturschutzes. LÖBF-Mitt. 1/2007,
29-35
NEITZKE, A., BORNKESSEL, R. & FOERSTER, E. (2004): Grünlandkartierung NRW, Methodik
und Arbeitsanleitung. Recklinghausen, 119 S.
SCHUHMACHER, W. (2007): Bilanz – 20 Jahre Vertragsnaturschutz. LÖBF-Mitt. 1/2007, 21-28
36
Entwicklung und aktuelle Situation von Grünland-Standorten in SchleswigHolstein, Hamburg und Nordost-Niedersachsen
Klaus Dierssen
Ökologie-Zentrum
der Christian-Albrechts-Universität
Olshausenstr. 75
D-24098 Kiel
kdierssen@ecology.uni-kiel.de
1. Aktueller Zustand
Die Grünland-Typen im Bearbeitungsgebiet (Tab. 1) sind aktuell in sehr unterschiedlichen
Flächengrößen vertreten. Oligotraphente Niedermoor-Gesellschaften (Caricion nigrae,
Caricion davallianae) treten ausnahmslos kleinflächig auf, vielfach im Kontakt zu intensiver
bewirtschaftetem Grünland oder anderen Vegetationstypen. Die Größe und Qualität der
Bestände selbst ist fast durchgehend rückläufig (Bewirtschaftungsänderung, Entwässerung,
diffuse Nährstoffein-träge). Langfristig ist auch innerhalb von Natura-2000-Gebieten von
einem weiteren Rückgang gefährdeter Arten und einem Abfallen der Qualität der Bestände
auszugehen.
Mesotraphente Niedermoor-Gesellschaften (Caricion lasiocarpae) sind im Gebiet eher an
basenarmen und sehr nassen Standorten vertreten und durchweg ziemlich artenarm.
Oligohemerobe Bestände basenreicher Standorte sind aktuell extrem selten, gefährdet und
lassen sich, einmal wirksam verändert, praktisch nicht restituieren.
Standorte der Salzmarschen (Armerion maritimae) liegen entlang der Nordseeküste fast
durchweg innerhalb des Nationalparks Schleswig-Hosteinisches und Hamburger Wattenmeer;
in Speicherkögen nimmt ihr Flächenanteil durch Sukzessionsprozesse zu Röhrichten und
Hochstaudenfluren großräumig ab. Entlang der Ostseeküste werden die ausgedehnteren
Salzmarschenkomplexe abgesehen von kleinen, nahe NN gelegenen Flächen mittel- und
langfristig ohne eine moderate Beweidung von Brackröhrichten abgelöst werden.
Das klassische Wirtschaftgrünland ist durch Standorte mittlerer Feuchtestufen bei zugleich
günstiger Nährstoffversorgung gekennzeichnet. Gesellschaften des Lolio-Plantagion
(Trittrasen) sind eher kleinräumig innerhalb intensiv beweideter Flächen sowie entlang von
Wegrändern verbreitet und häufig. Die bezeichnenden Arten sind ubiquitär verbreitet.
Weidelgras-Weißklee-Weiden (Cynosurion cristati) sind in Norddeutschland der
vorherrschende Vegetationstyp der gedüngten Stand- und Mähweiden. Die artenreicheren
Bestände magerer Standorte sind allerdings rückläufig bis vollständig aus der Landschaft
verschwunden. An den produktiven Standorten trägt die Einsaat artenarmer Gemische
deutlich zu einer Monotonisierung der Bestände bei.
An verdichteten, staunassen Standorten werden die Weidelgras-Weißklee-Weiden durch
Flutrasen ((Lolio-)Potentillion) ersetzt. Die Standorte sind üblicherweise sehr bis extrem
artenarm, und bei Überweidung und durchtretener Grasnarbe entwickeln sich vielfach
Dominanzbestände von Juncus effusus. Die Mehrzahl der Standorte ist durch Sackung
organogener Böden und/oder durch Verdichtung bei intensiver Beweidung geprägt.
Wiesen-Gesellschaften an mittleren Standorten (Arrhenatherion elatioris) fehlen in dem
Gebiet. Vertreten sind lediglich ruderalisierte, von Arrhenatherum elatius dominierte,
unbewirtschaftete Grasland-Bestände an Eisenbahnböschungen, Straßenrändern und gelegentlich auf Brachflächen an der Steilküste der Ostsee.
37
1
Ebenso fehlen aktuell spät gemähte Streuwiesen-Gesellschaften (Molinion caeruleae). Sie
dürften in der Region auch in der Vergangenheit eine eher unbedeutende Ausnahme gewesen
sein – als kleinräumig moderat und spät beweidete Flächen wechselnasser Standorte auf
hoffernen Parzellen. Molinia-Dominanzbestände in entwässerten Hochmooren oder
Feuchtheiden sind floristisch keine Grünland-Gesellschaften im hier behandelten Sinne.
Tab. 1: Į-Diversität (Artenzahlen), Gefährdungskategorien, und Restitutionspotenziale von
Vegetationstypen in Schleswig-Holstein, Hamburg und NE-Niedersachsen
Artenzahlen1
Gefährdung2
Caricion nigrae
Caricion davallianae
Caricion lasiocarpae
16 - 21
30
13 - 64
2
1
1
gering
sehr niedrig - unrealistisch
sehr niedrig - unrealistisch
Armerion maritimae
7 - 16
1-4
möglich
Lolio-Plantaginion
Cynosurion cristati
(Lolio-)Potentillion
(Arrhenatherion)
Molinion caeruleae
10 - 17
14 - 28
10 - 17
16
20 - 36
3-4
(2) 3 - 4
3-4
(3)
0
Cnidion venosi
Calthion palustris
Filipendulion ulmariae
19
16 - 39
15 - 29
1
2-4
3-4
9 - 56
7 - 55
2-3
3-4
gering - mäßig
mäßig - gut
Corynephorion canescentis
Thero-Airion
Armerion elongatae
Alysso-Sedion
Mesobromion erecti
10 - 30
18
14 - 26
8
28 - 35
1-5
1-3
1-4
1
1
mäßig
niedrig - gut
mäßig
gering
gering
Violion caninae
Genistion pilosae
Ericion tetralicis
11 - 36
7 - 17
9 - 11
0-3
2 -3
2 -3
gering
gering
gering
Caricion elatae
Phragmition australis
Restitutionspotenzial3
möglich
möglich
möglich
(möglich)
aktuell fehlend,
unrealistisch
unrealistisch
mäßig
mäßig - gut
Nicht oder nur spät in der Vegetationsperiode beweidungsfähige Feuchtwiesen-Standorte
waren in den großen Auensystemen und Niederungen Norddeutschlands der beherrschende
Vegetationstyp bis in die 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Durch Entwässerungsmaßnahmen wurden diese Lebensräume sukzessive weidefähiger gemacht und schließlich,
kombiniert mit zunehmend intensiverer Düngung in Mähweiden überführt. Die aktuellen
Feuchtweiden unterscheiden sich von solchen vor dem 2. Weltkrieg (z. B. TÜXEN 1937) durch
eine weitaus artenärmere Zusammensetzung der Narbe.
1
Abgeleitet aus Vegetationsaufnahmen unterschiedlicher Flächengröße, im allgemeinen 25 m2
0 verschollen, 1 vom Aussterben bedroht, 2 stark gefährdet, 3 gefährdet, 4 derzeit nicht erkennbar gefährdet, 5
ungefährdet
3
realistische Entwicklungsmöglichkeiten in Hinblick auf eine Ersatz im Rahmen von Ausgleichsmaßnahmen
2
38
2
Die Brenndolden-Wiesen (Cnidion venosi) charakterisieren das Kulturgrasland der
Elbeniederung mit sehr starken jahreszeitlichen Wasserstandsschwankungen. Der
Artenbestand vor allem in NE-Niedersachsen ist aktuell qualitativ hochwertig.
Sumpfdotterblumen-Feuchtwiesen (Calthion palustris) waren die beherrschende
Vegetationstypen des Feuchtgrünlandes und aufgrund der hohen Grundwasserstände nur
eingeschränkt beweidungsfähig. Großräumige Drainagen haben diese Systeme
beweidungsfähig gemacht und in jüngerer Zeit weiträumig in Lolio-PotentillionGesellschaften überführt. Dennoch hat sich der überregional weiträumige Rückgang der
Calthion-Gesellschaften nicht in Schutzmaßnahmen der verbliebenen Restbestände bei der
Entwicklung des Schutzgebietssystems NATURA 2000 ausgewirkt. Lediglich aus dem
Calthion palustris durch Nutzungsaufgabe hervorgegangene feuchte Hochstaudenfluren
(Filipendulion ulmariae) genießen gemäß Anhang I Schutzstatus, obgleich die Überführung
von artenreichen Calthion-Gesellschaften in die deutlich artenärmeren und in Mitteleuropa
vielfach ruderalisierten Filipendulion-Bestände in der Regel mit einem deutlichen Rückgang
der Gefäßpflanzenarten je Flächeneinheit verknüpft ist ( s.u.).
Neben den klassischen feuchten bis frischen Grünlandstandorten sind vielfach auch
Großseggenrieder und Landröhrichte (Caricion elatae, Phragmition australis) etwa entlang
von Seeufern mit in eine Standweidenutzung einbezogen. Abgesehen von den artenarmen
Röhrichten im Litoral der Gewässer können diese Standorte infolge der mechanischen
Zerstörung der konkurrenzkräftigen und hochwüchsigen Gräser und Seggen bei mäßig
intensiven Auftriebsdichten (1 – 1,5 Rinder/ha) struktur- und zugleich artenreicher werden.
Die übrigen in Tab.1 aufgeführten Vegetationstypen der initialen Sandtrockenrasen und
Halbtrockenrasen (u. a. Corynephorion canescentis, Mesobromion erecti) sowie der sauren
Borstgrasrasen (Violion caninae) und Heiden unterschiedlicher Wasserstufen (Genistion
pilosae, Ericion tetralicis) sind in der ‚Normallandschaft’ praktisch nicht mehr vertreten,
sondern bezeichnend für Naturschutzgebiete und Truppenübungsplätze an wenig produktiven
Standorten. Abgesehen von den Küstengebieten sind diese vielfach kleinflächigen Bereiche
stark den Nährstoffeinträgen aus den vielfach unmittelbar angrenzenden landwirtschaftlichen
Nutzflächen ausgesetzt. Langfristig sind die externen Nährstoffeinträge dabei so hoch, dass
die kleinen Populationen häufig niedrigwüchsiger und seltener Arten von ubiquitären, durch
Nährstoffeinträge geförderten Arten auch in den Schutzgebieten verdrängt werden. Mahd oder
Beweidung dürften für eine ‚nachhaltige’ Bewirtschaftung der Schutzgebiete und die
Erhaltung seltenerer Arten folglich nicht ausreichen. Darüber hinaus ist das Restitutionspotenzial dieser ‚seltenen’, aber für die ‚Erhaltung der Artenvielfalt’ in den Reservoiren
wichtigen ‚Surrogat’-Arten (RUSSELL et al. 2004) langfristig nicht sichergestellt.
2. Aspekte der Biodiversitätskonvention
Die Biodiversitätskonvention, insbesondere der sogenannte ökosystemare Ansatz, greift
inhaltlich weiter als eine Erfassung von Artenzahlen in Beständen und Lebensräumen (vergl.
HARTJE et al. 2002). Zur durch Fakten belegbaren Beantwortung der Frage, in welchem
Maßstab sich bei welchen Indikatoren ein Rückgang seltener und gefährdeter Populationen
vollzieht, fehlt derzeit ein konsistentes und allgemein akzeptiertes Monitoring-Konzept, mit
dessen Hilfe „der Rückgang ‚der’ Artenvielfalt“ erfasst werden könnte, um darauf aufbauend
naturschutzpolitische Anforderungen (etwa „den Artenrückgangs bis zum Zeitpunkt x“ zu
stoppen) zu formulieren. Formal sind darauf aufbauend geeignete Maßnahmen zu entwickeln.
Die Eignung solcher Maßnahmen ist wiederum durch ein belastbares Erfolgsmonitoring zu
überprüfen, um das Maßnahmenbündel iterativ zu verbessern. Auf der Basis belastbarer
39
3
floristischer und geobotanischer Daten wäre es aber immerhin möglich, auf der Bestands- und
Ökosystemebene Veränderungen der Vegetationszusammensetzung in Zeitreihen zu
dokumentieren - als Voraussetzung für die Entwicklung operatonaler Managementkonzepte
und deren Kontrolle.
VOSS (2001) hat in Schleswig-Holstein auf normierten Probeflächen (25 m2) in verschiedenen
Vegetationstypen des Feucht- und Überschwemmungsgrünlandes die Artenzusammensetzung
und unter anderem auch die Mittleren Artenzahlen in Abhängigkeit von Wasserstufen und
Nutzungsstufen analysiert.
Die Wasserstufen sind folgendermaßen definiert:
Feucht :
Mittlerer Grundwasserflurabstand < - 40 cm, keine Überflutungen
Sehr feucht: Mittl. Grwflurabstand - 40 bis- 2 cm, Überflutungen an 0 - 100 Tagen
Naß:
Mittl. Grwflurabstand - 2 bis + 2 cm, Überflutungen an > 100 - 270 Tagen
Sehr naß:
Mittl. Grwflurabstand > 2 cm, Überflutungen an > 270 Tagen.
Die Nutzungsstufen sind so definiert:
Sehr extensiv Beweidungsdichte (Rinder/ha) kurzfristig, Mahd
Extensiv
Beweidungsdichte <1
Mahd
Mäßig intensiv Beweidungsdichte 1 - 1,5
Mahd
Intensiv
Beweidungsdichte 2 - 4
Mahd
Sehr intensiv Beweidungsdichte > 4
1
1
2-3
3-4
Mahd- und Auftriebstermine sind abhängig von der Trophie und Wasserstufe variabel.
Tab. 2: Spannbreiten der mittleren Artenzahlen bei unterschiedlichen Vegetationstypen in
Abhängigkeit von Wasserstufen und Nutzungsintensität
Mittl. AZ
Wasserst./Nutzung
Mittl. AZ Wasserstufe/ Nutzung
Caricion nigrae
11 - 16
Caricion lasiocarpae 13 - 21
sehr feucht/ fehlend
s. feucht - s. naß
40 - 42
40 - 64
Cynosurion cristati
Lolio-Potentillion
17 - 30
23 - 28
feucht, intensiv
12 - 16
s. feucht - naß, intens. 7 - 17
sehr feucht/mäß.intensiv
s. naß - s. feucht, mäß.
intensiv
feucht, sehr intensiv
s. feucht - naß, s. intens.
Caltion palustris/
Filipendulion
30 - 46
mäßig intensiv
12 - 17
fehlend - s. extensiv
Caricion elatae
24 - 56
s. naß - s. feucht,
m. intensiv
s. naß, mäß. intensiv
9 - 14
Phragmition austr.
31
12
fehlend
naß, mäß. intensiv
Die Daten sind zweifellos ergänzungsfähig und -bedürftig. Dennoch wird erwartungsgemäß
deutlich, dass Wasserstufen und Bewirtschaftungsintensität sich wesentlich auf die mittleren
Artenzahlen auswirken. Bei Zeitreihenanalysen etwa über Karten der realen Vegetation von
topographisch identischen Flächen aus unterschiedlichen Zeiträumen folgt daher, dass aus in
der Vergangenheit nassen, extensiv bewirtschafteten Caricion lasiocarpae- und CalthionGesellschaften inzwischen durch Drainagen und eine Erhöhung der Beweidungsintensität
Lolio-Potentillion-Bestände hervorgegangen sind. In mittleren Artenzahlen auf den Flächen
heißt dies, dass infolge dieser Nutzungsintensivierung die mittlere Artenzahl der
40
4
Gefäßpflanzen an den ehemaligen Standorten des Feuchtgrünlandes um Werte zwischen 57 –
89 % abgefallen ist. Die Verbrachung von aus der Nutzung entlassenen Flächen im
Feuchtgrünland (Überführung von Gesellschaften des Calthion palustris in das Filipendulion
ulmaria) kann nach den vorliegenden Daten mit einem Rückgang der Gefäßpflanzen zwischen
45 und 75 % verknüpft sein. Drastischer auf das Artengefüge kann sich nur noch ein
Grünlandumbruch mit anschließendem Maisanbau auswirken.
Alle mit Eutrophierungsprozessen verknüpften Veränderungen sind insoweit nachhaltig, dass
eine Restitution zu artenreichen Grünlandbeständen für überschaubare Zeiträume nicht
realistisch ist.
Literatur
DIERSSEN, K. et al. (1988): Rote Liste der Pflanzengesellschaften Schleswig-Holsteins.SchrR. Landesamt NatSchutz LandschPfleg. 6, 2. Aufl., 157 S., Kiel.
HARTJE, V., KLAPHAKE, A. & R. SCHLIEP (2002): Considerations of the ecosystem approach of
the conservation on Biological Diversity in Germany.- BfN-Skripten 69, 63 S., Bonn.
RUSSELL, R. E., MOORE, J.E., MILLER, M.S., SUTTON, T. M. & S. M. KNAPP (2004): Selecting
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University Press, West Lafayette, Indiana.
SCHRAUTZER, J. & C. WIEBE (1993): Geobotanische Charakterisierung und Entwicklung des
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TÜXEN, R. (1937): Die Pflanzengesellschaften Nordwestdeutschlands. – Mitt. Flor.-soz.
Arbeitsgem. Niedersachsen 3, 170 S., Hannover.
VOSS, K. (2001): Die Bedeutung extensiv beweideten Feucht- und Überschwemmungsgrünlandes in Schleswig-Holstein für den Naturschutz.- Mitt. AG Geobot. SchleswigHolstein/Hamb. 61, 185 S., Kiel.
41
5
Intensität und Diversität des Graslandes in Bayern
Franziska Mayer, Gisbert Kuhn, Sabine Heinz
Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Institut für Agrarökologie, Ökologischen Landbau und Bodenschutz,
Freising
Einführung
Das Grünland hat sich durch die vielfältigen traditionellen Nutzungsformen und Standorte zu einem
der artenreichsten Biotope entwickelt (E-Diversität). Die Intensivierung der landwirtschaftlichen
Produktion Mitte des letzten Jahrhunderts führte aber einerseits zu hoch produktiven, intensivst
genutzten Grünländern mit wenigen Arten, die diese hohe Störungsintensität tolerieren.
Andererseits fielen Flächen, die nicht verbesserungswürdig erschienen, brach, was ebenfalls zu
einem Artenrückgang führte (Isselstein et al. 2005, Jensen & Meyer 2001). In den 90er Jahren des
letzten Jahrhunderts ist den europäischen Politikern der negative Einfluss der Landwirtschaft auf die
Umwelt bewusst geworden. Bereits 1985 (EEC 797/85) und 1991 (EEC 2328/91) gab es Versuche,
Agrarumweltmaßnahmen (AUM) zu etablieren. Der Durchbruch gelang erst 1992 mit EEC
2078/92. Ende der 1990er Jahre waren ca. 20 % der landwirtschaftlichen Fläche der EU in AUM
integriert (Herzog 2005), 2005 bereits 25 % der landwirtschaftlichen Fläche in den 15 älteren EU
Ländern (Kleijn et al. 2006). Die Akzeptanz ist meist in weniger produktiven Regionen höher
(Kleijn & Sutherland 2003). Das Bayerische Kulturlandschaftsprogramm (KULAP) war eine der
ersten AUM in Europa.
Tab. 1: Die grünlandrelevanten KULAP-Typen:
AUM
Name/Erläuterung
GV/ha
betriebsbezogen
K33
extensives Dauergrünland 0.5 - 2.5
K34
extensives Dauergrünland 0.5 - 2.5
K14
Ökologischer Landbau
0.5 - 2
flächenbezogen
K57
max 2
K51/52 später Schnitt
max 2
K53-55 später Schnitt
max 2
K76
Streuobst
-
Düngung
Pflanzenschutz
1. Schnitt
keine Mineralkeine Mineral-
eingeschränkt
eingeschränkt
kein
-
keine
keine Mineralkeine Mineral-
kein
eingeschränkt
-
15. Juni
01. Juli
-
Das Vertragsnaturschutzprogramm (VNP) bezieht sich auf Feucht-, Mager- und Trockenstandorte
und u. a. auf Flächen mit besonderer Bedeutung für den Artenschutz und beinhaltet naturschonende
Bewirtschaftungsweisen und Pflegemaßnahmen.
In Bayern sind 45 % der Gesamtfläche landwirtschaftlich genutzt (LfL 2007), davon 35 % als
Grünland und 55 % mit KULAP. 4,5 % des Dauergrünlandes sind im VNP.
Das Bayerische Grünlandmonitoring
2002 wurde das Bayerische Grünlandmonitoring (GLM) gestartet. Ziel von GLM ist es auf der
einen Seite, bayerisches Wirtschaftsgrünland unterschiedlicher Intensität zu dokumentieren, zum
anderen die Entwicklung auf einzelnen Plots zu verfolgen. Im Speziellen werden die Auswirkungen
von KULAP auf die Artenzusammensetzung und Biodiversität untersucht. Berücksichtigt werden
halbnatürliche alpine Weiden bis hin zu intensiven (eingesäten) Vielschnittwiesen. Die
Dauerbeobachtungsflächen sind eine geschichtete – und somit repräsentative – Stichprobe des
Grünlandes jedes bayerischen Landkreises. Sie haben eine Größe von 25 m² und sind mit einem
Magnet dauerhaft markiert. Die Vegetationsaufnahmen erfolgen zwischen April und Oktober.
42
Aufgenommen werden alle Gefäßpflanzen und ihre geschätzten Ertragsanteile (Klapp & Stählin
1936), der geschätzte Gesamtertrag und die GPS-Koordinaten der Fläche. Zu den Flächen bzw.
Betrieben gibt es Informationen wie Viehbestand, Bewirtschaftung, AUM-Teilnahme und
Betriebsgröße. Der erste Aufnahmezyklus geht von 2002 bis 2008. Bis Ende 2007 lagen rund 5160
Vegetationsaufnahmen vor.
Bisherige Ergebnisse
x 730 Arten insgesamt, davon 68 gefährdete Arten; bzw. 14 % selten, 16 % mittel, 21 % häufig,
49 % sehr häufig nach Messtischblattfrequenz (zusammengefasst nach Ellenberg et al. 1991)
x durchschnittlich 20,2 Arten pro Plot (Max.: 58; Min.: 5)
x Geringere Gesamterträge und Viehbesatzdichten werden v. a. bei flächenbezogenen KULAPTypen und beim ökologischen Landbau beobachtet.
x Artenzahl, Evenness, Anteil an Kräutern, mittlere Feuchte-Zahl und das Vorkommen seltener bis
mittel häufiger Arten waren auf KULAP-Flächen höher.
x Gräseranteil, mittlere Stickstoff-Zahl, mittlerer Futterwert, Unkräuter, Vorkommen sehr häufiger
Arten waren geringer auf den KULAP-Flächen.
x Diese Unterschiede waren v. a. bei flächenbezogenen KULAP-Typen signifikant im Gegensatz zu
den betriebsbezogenen wie K33 und K34.
x KULAP-Flächen:
Tab. 2: mittlere Artenzahlen
KULAP gesamt FlKULAP* K33
K34
K57
K76 K14 K51/52 K53-55
19,0
22,0
18,3
20,1
22,4
20,3 21,8
21,7
23,3
*flächenbezogene KULAP gesamt
x VNP (Vertragsnaturschutzprogramm)-Flächen: mittlere Artenzahl von 25,8.
30
Kontrolle
25
AUM
Artenzahl
20
15
10
5
AUM-Typ
Abb. 1: Mittlere Artenzahlen der KULAP-Typen und der zugehörigen Kontrollflächen
KULAP: KULAP gesamt; Schnitt1: K51/52; Schnitt2: 53-56; Öko: K14; Streuobst: K76
(Mayer et al. 2008)
43
P
VN
t
Sc
hn
itt
1
Sc
hn
itt
2
St
re
uo
bs
K5
7
K3
4
K3
3
P
Fl
KU
LA
KU
LA
P
0
44
1.12
0.04 ***
-0.82
-1.39
-0.03
-0.24
-0.05
Artenzahl
Evenness
neg. Arten
pos. Arten
mittlerer Futterwert
Grasanteil %
Krautanteil %
-0.09
0.00
-0.08 ***
1.21
1.01
2.11
-0.85
-2.31
mittlere N-Zahl
MTB mittel
MTB häufig
MTB sehr häufig
GLM selten
GLM mittel
GLM häufig
GLM sehr häufig
(Mayer et al. 2008)
0.07
mittlere F-Zahl
*
ns
*
ns
**
ns
ns
ns
0.89
Leguminosenanteil %
ns
ns
ns
ns
ns
ns
*
ns
-0.09
GV/ha
ns
-2.22
Ertrag (geschätzt)
KULAP
ns
ns
ns
**
ns
*
ns
**
**
ns
*
**
ns
ns
*
ns
-4.91 ***
-1.16
2.91
3.01
2.56 ***
0.18
0.05
-0.16
0.37
-0.14
3.54
-2.21
-0.44
-9.10
-1.39
0.03
3.04
-0.17
FlKULAP
-6.24
*
*
*
-0.09 ns
-0.41 ns
1.59 ns
-1.14 ns
0.40 ns
-0.20
0.01 ns
0.00
0.00
1.25
-0.84 ns
0.20 ns
0.04 ns
2.75 ns
-0.11 ns
0.04 **
0.13 ns
-0.02 ns
-0.67 ns
K33
-1.11 ns
1.45 ns
-0.29 ns
-0.14 ns
1.45 *
-0.20 ns
-0.04 ns
-0.10 ns
-0.05 ns
2.11 ns
-0.55 ns
-0.58 ns
0.12 ns
2.29 ns
-2.30 ns
0.03 *
1.32 ns
-0.08 ns
-2.12 ns
K34
**
ns
*
ns
ns
ns
ns
**
ns
**
ns
ns
ns
ns
ns
ns
-5.79 ***
1.02
1.99
2.87
3.24 ***
0.08
0.08
-0.20
0.08
4.33
3.88
-7.18
-0.16
-3.31
-2.01
0.06 ***
3.60
-0.16
-6.18
Öko
*
*
*
-3.88
*
0.16 ns
2.02 ns
1.63 ns
3.00 **
0.35 ns
-0.04 ns
-0.05 ns
0.49 **
0.00
7.99 **
-6.49
-0.54
-9.53
-4.33 ns
0.07 **
3.58 **
-0.35 **
-3.68 ns
K57
-5.69 *
0.96 ns
1.46 ns
3.27 ns
1.15 ns
-0.15 ns
0.08 ns
-0.12 ns
0.04 ns
-1.07 ns
-1.54 ns
3.19 ns
-0.04 ns
2.92 ns
1.23 ns
0.01 ns
1.42 ns
0.19 ns
-6.54 ns
Streuobst
*
-3.67
*
-0.63 ns
5.22 **
-1.04 ns
1.22 ns
0.18 ns
0.10 ns
0.00
0.31 ns
-0.42
2.00 ns
-1.22 ns
-0.14 ns
-9.61 **
1.41 ns
0.00
1.43 ns
0.16 ns
-2.84 ns
Schnitt1
*
*
*
*
-4.53
-6.70
*
*
3.48 ns
7.55
1.85 ns
0.10 ns
0.10 ns
-0.53
0.23 ns
-1.43 ns
-0.90 ns
2.53 ns
-0.50
-9.40 **
-5.15 ns
0.01 ns
1.85 ns
-0.15 ns
-10.38
Schnitt2
ns
*
*
**
*
**
*
ns
**
*
ns
-10.62 ***
-10.81 ***
2.28
18.98 ***
6.10 ***
0.93
0.40
-0.71
0.41
1.12
8.07
-7.31
-1.14 ***
-15.71 ***
-6.29
0.06
8.07 ***
-0.22
-16.90 ***
VNP
-
+
+
+
+
+
+
+
+
Trend
KULAP: KULAP gesamt; Schnitt1: K51/52; Schnitt2: 53-56; Öko: K14; Streuobst: K76; neg./pos. Arten: in landwirtschaftlichem Sinne; MTB: Häufigkeit nach
Messtischblattfrequenz; GLM: Häufigkeit nach Vorkommen im Grünlandmonitoring; *p<0,05; **p<0,005; ***p<0,0001
Tab. 3: Mittlere Differenzen zwischen KULAP-Aufnahmen und den entsprechenden Kontrollen hinsichtlich verschiedener Betriebs- und
Diversitätsparameter mit Angabe der Signifikanz der Unterschiede.
Die Ergebnisse zeigen, dass auf KULAP-Flächen eine höhere Diversität herrscht als auf den
konventionellen Grünlandflächen. Bislang wissen wir noch nicht, ob dies ein direkter Effekt von
KULAP ist. Es könnte durchaus sein, dass die Wiesen und Weiden, die dem KULAP angehören,
schon vorher artenreicher waren, dass KULAP somit lediglich einen konservierenden Effekt hat
(Mayer et al. 2008). Aber auch dies wäre schon als Erfolg zu werten. Verbessernde Wirkungen sind
– v. a. kurzfristig – schwer zu erzielen, da viele Pflanzenarten in ihrer Ausbreitung sehr
eingeschränkt sind. Die Neu- oder Wiederansiedlung von Arten und damit eine Erhöhung der
Artenzahl sind oft erst durch aktive Renaturierungsmaßnahmen zu erreichen.
Literatur
Ellenberg, H., H.E. Weber, R. Düll, V. Wirth, W. Werner and D. Paulißen. 2001. Zeigerwerte von Pflanzen in
Mitteleuropa. Scripta Geobotanica XVIII.
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Mayer, F., S. Heinz und G. Kuhn. 2008. Effects of agri-environment schemes on biodiversity in Bavarian grasslands.
Community Ecology (eingereicht).
45
46
1986
1991
Jahr
1994
1998
1992
1993
1994
1 x Mähen
1 x Mulchen
Blanksaat (1x Mähen)
1995
1996
Jahre
2 x Mähen
2 x Mulchen
ELSÄSSER – 2008
2002
2006
1999
2000
2001
3 x Mähen
Sukzession
Sukzession
Mulchen
NPK 20/20/32
NPK 10/10/16
PK 10/16
Mahd o. D.
(Briemle,2007 )
(Briemle, 2004 )
1997
Versuch im Pfrunger Ried
1990
Versuch zur Regeneration einer artenreichen Nasswiese aus langjährig
intensiv genutztem Moogrünland (VS 180)
10
15
20
25
30
35
40
45
1982
0
20
40
60
80
Versuch Filsenberg : Artenzahlen
ELSÄSSER – 2008
Arten
2
PD Dr. Elsäßer - 2008 Bildungs- und Wissenszentrum Aulendorf
ELSÄSSER – 2008
Veränderung der Biodiversität bei
reduzierter Nutzungfrequenz
ELSÄSSER – 2008
PD Dr. Martin Elsäßer
Bildungs - und Wissenszentrum Aulendorf
Qualität und Verwertung von
Extensivaufwüchsen
Arten je 25 m Referenzfläche
1
0
10
0
nach Ende der
Blüte
2
20
bis zum Ende Beginn bis Mitte bis zum Ende
der Blüte
der Blüte
des Ährenschiebens
3
5
50
30
6
60
4
7
70
40
8
80
Verdaulichkeit der oS [%]
Rohfaser [% in der TM]
NEL [MJ/kg TS]
Einzelart
• Verwertbarkeit
eingeschränkt
• dadurch höherer
Kraftfutterinput
• unausgeglichene
Nährstoffbilanz
bis zum Ende Beginn bis Mitte bis zum Ende nach Ende der
des Ährender Blüte
der Blüte
Blüte
schiebens
ELSÄSSER – 2008
Tonn, nach verschiedenen Zusammenstellungen von Briemle
0
10
20
0
1
2
3
Mutterschafe
(leer/niedertragend)
30
5
6
7
4
Milchkühe
Trockensteher
Jungvieh
Mutterkühe
8
40
50
60
70
80
• Änderung der
Biodiversität
• Negativer Einfluß
auf Futterqualität
• steigender
Erlebniswert
• veränderte
Nährstoffbealstung
• Nitratproblem
geringer
Landschaft
Verdaulichkeit der oS [%]
Rohfaser [% in der TM]
NEL [MJ/kg TS]
Schnittzeitpunkt und Futterqualität
E L S Ä S S E R – 2008
• Z e i t f ü r R e s e r v estoffeinlagerung
• V e r s a m u n g m ö glich
• Lignifizierung
Bauernhof
• Änderung der
• Futtermasse geht
Konkurrenzbedingun
zurück
gen
• Futterqualität wenig
beeinflußt
Pflanzenbestand
Senkung der Nutzungfrequenz
• langsamer und
schwacher Wuchs
Geringere Düngung
PD Dr. Elsäßer - 2008 Bildungs- und Wissenszentrum Aulendorf
ELSÄSSER – 2008
MJ/kg TS
Schnittzeitpunkt und Futterqualität
E L S Ä S S E R – 2008
Tonn, nach verschiedenen Zusammenstellungen von Briemle
%
Verzögerter Nutzungstermin hat Einfluss auf
1. Qualitätseigenschaften der Pflanzen
2. Langfristig Einfluss auf Veränderung der
botanischen Zusammensetzung des Bestandes.
Dieser Effekt kann durchaus den Qualitätsaspekt
überlagern.
%
Beispielhafte Wirkungen von Extensivierungsmaßnahmen auf
unterschiedlichen Betrachtungsebenen
MJ/kg TS
47
48
Attributes of grassland growths
35 – 45
2,5 – 3,5
1,0 – 1,5
30 – 35
4 – 5
1,5 – 2,0
20 – 25
6,0 – 6,5
2 -3
% DM
MJ/kg DM
% DM
% DM
% DM
% DM
crude fibre
NEL
nitrogen
chlorine
potassium
calcium
Extensive Heuwiesen
0,3 – 0,4
14480
14480
14480
6000 kg
8000 kg
10000 kg
ELSÄSSER – 2008
Trächtigkeit
Erhaltung
Milchleistung
31700
25360
19020
Milchsynthese
50798
43824
36850
Gesamt
Jahresbedarf einer Milchkuh an
Futterenergie (in MJ NEL)
ELSÄSSER – 2008
Abhängig von:
Aufwuchsalter
Art des Aufwuchses
Tierart
Nährstoffgehalten
Spez. Inhaltsstoffen
Futterakzeptanz
Futterzustand
Landwirtschaftliche Verwertbarkeit von
Grünlandaufwüchsen
PD Dr. Elsäßer - 2008 Bildungs- und Wissenszentrum Aulendorf
ELSÄSSER – 2008
Nachteile: geringer Futterwert, wenig
Milchleistung
Vorteile: wunderschön, hohe
Artenvielfalt, tradierte Nutzungsform
ELSÄSSER – 2008
0,4 – 0,5
0,4 – 0,8
1,0 – 1,8
45 – 50
3,0 – 3, 5
0,5
5 – 10
0, 3 – 0,8
1, 5 – 2,0
4 -6
3,5 – 5,0
1 – 9,5
crude protein
5-8
1
cereal
straw
10 – 15
1
litter
meadow
9 - 12
2
meadow
extensive
15 – 20
4– 6
meadow
intensive
% DM
per year
Dimension
t DM/a
yield
cutting frequency
Parameter
( cit. by Elsäßer 2003; FNR 2004a; Briemle & Elsäßer 1997, Jilg & Briemle 1992)
49
bis 30
40- 70
bis 100
< 30
< 20
< 20
Überständig
ELSÄSSER – 2008
ELSÄSSER – 2008
PD Dr. Elsäßer - 2008 Bildungs- und Wissenszentrum Aulendorf
ELSÄSSER – 2008
bis 100
bis 80
80-100
50-80
20- 40
20- 50
Ende
Blüte
30-60
Mögliche Probleme bei der
Aufwuchsverwertung
ELSÄSSER – 2008
Färsen, Hammel,
Robustpferde
bis 50
Mutterkühe,
Pferde
40- 80
60- 80
80-100
Laktierende
Schafe
30-60
60-100
60- 80
Mitte
Blüte
Im Ährenschieben
Milchkühe
Vor Ährenschieben
Rauhfutterfressende Tierarten und max. Anteile von
G rünlandfutter in den Futterrationen (in % der TM) (n. Jilg, 1995)
Mechanisierbarkeit?
Mechanisierbarkeit
muß vorhanden
sein
Mähgutverwertung
50
1
2
3
Var.
4
± Standardabweichung
ELSÄSSER – 2008
Beeinflussung der
Konservierbarkeit
ELSÄSSER – 2008
0,00
200,00
400,00
600,00
800,00
1000,00
1200,00
5
6
7
2006
2007
Veränderung des Besatzes an
Herbstzeitlose in Geislingen (2007)
7 = Wuchsstoff plus
Nachsaat
6 = Wuchsstoff
5 = Frühschnitt
4 = Mulchen
3 = Walzen
2 = Schröpfen
1 = Null
PD Dr. Elsäßer - 2008 Bildungs- und Wissenszentrum Aulendorf
ELSÄSSER – 2008
bei energetischer
Nutzung unbedeutend
Das sind landwirtschaftliche Probleme;
Auftreten von Unkräutern
u.a. Scharfer Hahnenfuß,
Disteln, Herbstzeitlose
etc.
Mangelnde
Futteraufnahme
Mögliche Probleme später Nutzung
ELSÄSSER – 2008
Tragfähige Böden
Anzahl
2
1
Jahr
51
150
200
250
300
400
450
g TS/kg FM
350
500
550
600
Schimmel
TS- und Rohfasergehalte
650
700
Zucker
(%i.T)
PK
Z/PK
NEL MJ/kgT NEL MJ/kgT Rohfaser (%
(`94)
(`97)
i.T)
Mitte Juni
Mitte Mai
4,6
4,8
5,0
5,2
5,4
5,6
5,8
6,0
6,2
6,4
6,6
6,8
2,0
0
0,3
Buttersäure %
180
220
240
280
XF g/kg TM
260
300
Rohfaser- und Energiegehalte
320
Max.
Min.
Mittel
17,5
14,9
9,2
340
NH3N : Nt
%
Grundfutterreport
ELSÄSSER – 2008
Baden-Württemberg
160
0,1
7,5
6,8
Milchsäure %
(Armbruster & Elsäßer, 1997 )
200
ELSÄSSER – 2008
MJ NEL/kg TM
7,0
5,7
4,3
4,1
pH- Wert
Zit. i.: Alternativen der Nutzung von Grünlandflächen
Mitte
Juli
Ende
Juni
Ende
Mai
Termin
XF
373
180
248
360
9
91
92
6,90
4,63
5,93
NEL
DLG
Punkte
380
Veränderung einiger Silierparameter bei Veränderung des
Schnitttermines an Aufwüchsen im Federseeried( Nußbaum, 1997)
PD Dr. Elsäßer - 2008 Bildungs- und Wissenszentrum Aulendorf
Versuchsdauer von 1994 – 1997;
ELSÄSSER – 2008
4 Standorte
in BW; keine Düngung
0
5
10
15
20
25
30
35
Veränderung des Futterwertes und der Silierbarkeit bei
der Ausmagerung von Grünland (Nußbaum,1998)
E L S Ä S S E R – 2008
Probenkontingent
LWA Traunstein
100
160
180
200
220
240
260
280
300
320
XF g/kg TS
Problematik hoher Rohfaser- und TSGehalte in Grassilagen ( NUSSBAUM, 2002)
52
0
0,1
0,2
0,3
0,4
Rindergülle
0,17
NSG
Mähgut
0,08
Rasenschnitt
Fazit
Grassilage
(extensiv)
0,22
0,26
Silomais
HRT 25 d, Temp.: 37 C
o
0,3
0,39
Grassilage
(intensiv)
SubstratspezifischeMethanproduktion
mesophiler Vergärung (Oechsner , 2005)
PD Dr. Elsäßer - 2008 Bildungs- und Wissenszentrum Aulendorf
ELSÄSSER – 2008
Mit verzögerter Nutzungsfrequenz verändern sich
Pflanzenbestände und die Futterqualität.
Veränderte Pflanzenbestände können durchaus naturschutzfachlich wertvoll wertvoller werden, sie werden es
allerdings nicht immer.
Veränderte Pflanzenbestände und physiologisch ältere
Aufwüchse sind in der Regel weniger gut landwirtschaftlich
verwertbar. Sie enthalten teilweise Beikräuter mit deutlich
negativen Eigenschaften. Giftig! Stachelig! Stark
verdrängend! Konservierungseigenschaften werden
beeinflusst.
Standorteigenschaften und Naturschutzfachliche Auflagen
bedingen sich u.U. gegenseitig und verhindern teilweise die
für landwirts . Nutzung notwendige Mechanisierbarkeit.
Methanertra
Normierte Methanerträge silierter Aufwüchse bei
E L S Ä S S E R – 2008
(Nm3/kgoTS
Pflanzliche Diversität als Koppelprodukt landwirtschaftlicher Grünlandnutzung
Johannes Isselstein, Sebastian Klimek, Hans Georg Stroh
In den letzten Jahrzehnten wurde ein starker Rückgang der pflanzlichen Artenvielfalt auf
Grünlandflächen auf unterschiedlichen räumlichen Skalen festgestellt. Dieser Rückgang ist
hauptsächlich
auf
die
Intensivierung
der
landwirtschaftlichen
Produktion
zurückzuführen.
Traditionelle Grünlandnutzungssysteme waren durch eine geringe Nutzungsintensität gekennzeichnet
und die damit einhergehende hohe pflanzliche Artenvielfalt war ein unentgeltliches Koppelprodukt
dieser Bewirtschaftung. Zunehmende Anforderungen an die Qualität des Futters für die
Milcherzeugung führten zu einer Intensivierung von Grünlandnutzungssystemen. Auf lokaler Ebene
ging die Nutzungsintensivierung mit erhöhten Düngemitteleinsatz, Vielschnittnutzung und der
Umstellung auf hochproduktive Weidesysteme einher, während auf der regionalen Skala die
Nutzungsintensivierung zu einer Monotonisierung der Agrarlandschaft geführt hat. Um die pflanzliche
Diversität zu erhalten und zu fördern und den Rückgang an Grünlandflächen vorzubeugen, wird seit
1992 die Extensivierung durch die EU im Rahmen von Agrarumweltmaßnahmen (AUM) gefördert.
Zahlreiche Beispiele belegen, dass im Rahmen des „Vertragsnaturschutzes“ naturschutzfachlich
wertvolle Grenzertragsflächen wie Kalk- oder Silikatmagerrasen durch extensive Nutzungsformen
beispielsweise bei Schaf- und Ziegenhaltung langfristig erhalten werden können. Problematisch ist
dagegen die Erhaltung artenreicher mesophiler bis hygrophiler Grünlandgesellschaften auf
leistungsfähigen Standorten, da die heutigen ökonomischen Anforderungen, denen die Bewirtschafter
unterliegen, mit den Standorts- und Nutzungsansprüchen von Heuwiesen und „Mageren Fettweiden“
kaum in Einklang zu bringen sind. Um eine Integration der Produktion pflanzlicher Diversität auf
Wirtschaftsgrünland in den landwirtschaftlichen Betrieb zu ermöglichen, müssen daher finanzielle
Anreize für Landwirte/innen geschaffen werden. Um multifunktionale Nutzungssysteme im
Wirtschaftsgrünland zu etablieren, wurde an der Universität Göttingen ein Pilotprojekt entwickelt.
Dieses als „Northeimer Modell“ bezeichnete Pilotprojekt wurde im Rahmen des vom BMBF
geförderten Projektes BIOPLEX (Biodiversität und räumliche Komplexität in Agrarlandschaften unter
Global Change) entwickelt und in die Praxis umgesetzt. In dem Projekt wurde ein
Honorierungskonzept
für
Ökologische
Leistungen
der
Landwirtschaft
entwickelt.
Dieses
Honorierungskonzept beinhaltet ein regional angepasstes Agrarumweltprogramm, basierend auf
Angebot und Nachfrage nach Ökologischen Gütern (ÖG). Abbildung 1 verdeutlicht das Konzept des
Northeimer Modells und wird im Folgenden vorgestellt.
Die Modellregion (1) der Landkreis Northeim/Südniedersachsen umfasst eine Fläche von 1267 km2
und ist durch eine ländliche Struktur geprägt.
Abbildung 1: Konzeption des „Northeimer Modells“
Anstelle der in AUM üblichen handlungsorientierten Honorierung, werden in diesem Konzept
Landwirte
für
die
Bereitstellung
pflanzlicher
Diversität
auf
ihren
Grünlandflächen
(2)
ergebnisorientiert honoriert. Nach definierten Kriterien (Artenzahl, Indikatorarten) werden drei
Ökologische Güter festgelegt. Die Entscheidung darüber, welche Ökologischen Güter im Bereich der
pflanzlichen Biodiversität nachgefragt werden sollen, wird gemäß eines partizipativen Ansatzes von
einem Regionalen Beirat getroffen. Dieser
Beirat realisiert stellvertretend für die regionale
Bevölkerung die Nachfrage (3) und berücksichtigt damit die Bevölkerungspräferenzen. Um einen
effizienten Einsatz öffentlicher Mittel zu erreichen, werden anstelle von Einheitsprämien
Ausschreibungsverfahren eingesetzt (4). Nach diesem Verfahren geben Landwirte Preise für ihre ÖG
ab. Auf diese Weise stehen die potentiellen Bieter und Bieterinnen untereinander in Konkurrenz. Bei
der Kalkulation der Preise für die ökologischen Güter finden individuelle Kostenstrukturen des
landwirtschaftlichen Betriebes Berücksichtigung.
Das Northeimer Modell wird seit 2004 erfolgreich in die Praxis umgesetzt. Nähere Informationen
können Sie unter der URL: http://zlu.agrar.uni-goettingen.de/public_2/ einsehen.
In der aktuellen Projektphase werden unter anderen folgende Fragestellungen bearbeitet:
Welche Betriebsstrukturen müssen vorhanden sein, um artenreiches Grünland zu erzeugen?
Welche artspezifischen Attribute und funktionellen Typen kennzeichnet das Grünland des einzelnen
Betriebes?
Basierend auf einem Vergleich von milch- und fleischproduzierenden Betrieben soll der
Zusammenhang zwischen Phytodiversität und Betriebsstruktur analysiert werden. Mutterkuhhalter
haben grundsätzlich gute Voraussetzungen artenreiches Weidegrünland zu bewirtschafteten. Aber
auch leistungsorientierte Milchviehbetriebe besitzen unter Umständen artenreiche Flächen, die zur
Heugewinnung („Kräuter-Heu“) oder Jungtieraufzucht genutzt werden.
Die Artenzahl pro Fläche (α-Diversität) ist zumindest in verarmten Beständen kein alleiniges
ökologisches Qualitätsmaß. Deshalb müssen einzelne Sippen hinsichtlich ihrer ökologischen
Bedeutung (Indikator-, Kennart, functional type) in die Analyse und Bewertung eingehen.
„Integrierte Grünlandbewirtschaftung in nordrhein-westfälischen Leitbetrieben“
4 Grünlandbetriebe in nordrheinwestfälischen Mittelgebirgsregionen,
Qualität und Verwertung von GrünlandAufwüchsen aus konventionellem,
ökologischem und extensivem Anbau
davon
Kreis Minden-Lübbecke
Kreis Steinfurt
2 konventionell wirtschaftende Betriebe
Kreis Herford
Kreis Borken
Bielefeld
Kreis Lippe
1 Extensivierungsbetrieb
Münster
Kreis Gütersloh
Kreis Warendorf
Kreis Coesfeld
Kreis Kleve
1 ökologisch wirtschaftender Betrieb
(nach EU-VO)
Kreis Höxter
Kreis Wesel
Kreis Paderborn
Hamm
Kreis Recklinghausen
Kreis Unna
Bottrop
Gelsenkirchen
Kreis Soest
Herne
Oberhausen
Dortmund
Bochum
Essen
Duisburg
Mülh./
Ruhr
Prof. Dr. N. Lütke Entrup
Ennepe-RuhrKreis
Leitbetrieb
Meschede
Kreis Mettmann
Hochsauerlandkreis
Märkischer Kreis
Wuppertal
Düsseldorf
MönchenGladbach
Projektzeitraum: 2000 – 2006
Hagen
Krefeld
Kreis Viersen
Federführung: Prof. Dr. N. Lütke Entrup
SolingenRemscheid
Kreis Neuss
Kreis Olpe
Kreis Heinsberg
Leverk.
Köln
RheinischBergischerKreis
Oberbergischer
Kreis
KreisAachen
09.04.2008 Workshop „Biodiversität in Grasland-Ökosystemen“
Kreis Düren
Mitarbeiter: Dipl.-Ing. (FH) W. Ising
Dipl.-Ing. (FH) H. Kivelitz
Leitbetrieb
Medebach
Kreis Siegen-Wittgenstein
Erftkreis
Rhein-Sieg-Kreis
Aachen
Bonn
Leitbetrieb
Much
Kreis Euskirchen
Kooperation: Landwirtschaftskammer
Nordrhein-Westfalen
Leitbetrieb
Monschau
Förderung: MUNLV + EU
Fotos: Werkbilder, Anonymus, 2005
Fachhochschule Südwestfalen
Fachbereich Agrarwirtschaft Soest
Fachhochschule Südwestfalen
Fachbereich Agrarwirtschaft Soest
1
Legende
k iv elitz
Vegetationskarte des Grünlandes
Pflanzensoziologische Analysen der Pflanzenbestände und Ermittlung der Bestandeswerte
Reine Weidelgras-Weißkleeweide (Lolio-Cynosuretum
typicum)
Reine Weidelgras-Weißkleeweide
C3
(Lolio-Cynosuretum typicum)
Leitbetrieb Meschede
C3
BWZ 7,5
AZ 13
AZ 17
C5
C5
C4
C4W
BWZ 7,5
C4
C 3 AZ 15
C3
BWZ 7,6
AZ 12
C6
BWZ 7,2
C4W
C4
BWZ 5,1
AZ 13
BWZ 7,5
AZ 17
C6
C4
AZ 12
C4W
C4
C5
C4W
BWZ 7,5
C6
BWZ 5,5
C4W AZ 14
BWZ
7,4
BWZ 7,7
BWZ 6,68
AZ 11
AZ 14
C4
C4
NA
C5
BWZ 5,6
AZ 22
C5
Fachhochschule Südwestfalen
Fachbereich Agrarwirtschaft Soest
Fachhochschule Südwestfalen
3
Ertragsanteile im Leitbetrieb K1
Vergleich 2001 und 2004
Fachhochschule Südwestfalen
Fachbereich Agrarwirtschaft Soest
C4
Mäßig feuchte Weidelgras-Weißkleeweide
(Lolio-Cynosuretum typicum Var. V. Cardamine
prat.)
Wie C4, zusätzlich mit Knickfuchsschwanz
(-- Subvar. V. Alopecurus geniculatus)
C5
Feuchte Weidelgras-Weißkleeweide
(Lolio-Cynosuretum typicum lotetosum uliginosi)
C4
BWZ 5,8
2
A 55
C6
Mäßig feuchte Weidelgrasweide
(Lolio-Cynosuretum lotetosum uliginosi,
Var. V. Glyceria fluitans)
Intensiv genutzte 3-4- Schnitt-Wiesen, die sich aufgrund der
Bewirtschaftung in der Bestandszusammensetzung nicht
von Weidelgras-Weißkleeweiden unterscheiden
C4W
Mäßig feuchte Wiese mit
Wiesnschaumkraut
C4W
Wie C4W, zusätzlich mit Knickfuchsschwanz
Berg-Glatthaferwiese (Alchemillo-Arrhenatheretum)
A 55
Mäßig feuchte Berg-Glatthaferwiese
(Alchemillo-Arrhenatheretum typicum, Var. v.
Cardamine pratensis)
Quellstelle
NA
In den letzten Jahren neu angesäte Flächen, deren
Pflanzenbestand noch in Umwandlung begriffen
ist. Die Angabe der Feuchtestufe ist daher
teilweise noch nicht möglich, teilweise mit einer
gewissen Unsicherheit belastet
BWZ
Bestandeswertzahl
AZ
Artenzahl
Fachbereich Agrarwirtschaft Soest
4
Ertragsanteile im Leitbetrieb E
Vergleich 2001 und 2004
Fachhochschule Südwestfalen
5
55
Fachbereich Agrarwirtschaft Soest
6
Übersicht Gräser-Rest mit Angabe der Futterwertzahl (FWZ)
Übersicht Kräuter-Rest mit Angabe der Futterwertzahl (FWZ)
Kräuter
Gräser
FWZ
Quecke
Rotes Straußgras
Wiesenfuchsschwanz
Knickfuchsschwanz
Ruchgras
Glatthafer
Weiche Trespe
Kammgras
Rasenschmiele
Horstrotschwingel, Ausläufer-Rotschwingel
Wolliges Honiggras
Jährige Rispe
Gemeine Rispe
Fachhochschule Südwestfalen
FWZ
Wiesenkerbel
Schmalwand
Echtes Barbarakraut
Gänseblümchen
Hirtentäschelkraut
Behaartes Schaumkraut
Wiesenschaumkraut
Rauhe Segge , Haar-Segge
Gemeines / Gewöhnliches Hornkraut
Wiesen-Wucherblume , Margerite
Acker-Distel
Wiesen-Pippau
Frühlings Hungerblümchen
Mädesüß
Wiesen-Labkraut
Weicher Storchenschnabel
ZwergStorchenschnabel
Gundermann
Wiesen-Bärenklau
Tüpfel-Johanniskraut
Purpurrote Taubnessel
Herbst-Löwenzahn
6
5
7
4
3
7
3
6
3
4
4
5
7
Fachhochschule Südwestfalen
Fachbereich Agrarwirtschaft Soest
4
.
.
2
1
-1
2
3
2
0
.
.
3
3
1
1
1
5
1
.
5
Kräuter
FWZ
Feld-Hainsimse
Pfennigkraut
Acker-Vergißmeinnicht
Spitzwegerich
Breitwegerich
Wiesenknöterich
Kleine / Große Brunelle
Scharfer Hahnenfuß
Knolliger Hahnenfuß
Scharbockskraut
Kriechender Hahnenfuß
Wiesen-Sauerampfer
Krauser Ampfer
Stumpfblättriger Ampfer
Großer Wiesenkopf
Gras-Sternmiere
Vogelmiere
Kuhblume, Gemeiner Löwenzahn
Große Brennessel
Feld-Ehrenpreis
Gamander-Ehrenpreis
Efeublättriger-Ehrenpreis
Quendel-Ehrenpreis
Geruchlose Kamille
Fachbereich Agrarwirtschaft Soest
7
2
1
2
6
2
4
2
-1
1
-1
2
4
1
1
5
2
2
5
1
1
2
.
1
.
8
Entwicklung der Bestandeswertzahlen in den Leitbetrieben
(Vergleich der Jahre 2001 und 2004)
Bestandeswertzahl
Flächenerträge, Inhaltsstoffe und
Zwischennutzungszeiten
8
7
6,4
6,4 6,6
6,1
6
6,1 6,1
5,8
5,1
5
4
3
2
1
0
LB K 1
LB K 2
LB E
2001
LB Ö
2004
Werkbild
Fachhochschule Südwestfalen
Fachhochschule Südwestfalen
Fachbereich Agrarwirtschaft Soest
Fachbereich Agrarwirtschaft Soest
9
10
Mittlere Grassilagequalitäten, 2001 - 2006
Mittlere Flächenerträge in dt/ha TM, 2001 - 2006
XF %
MJ NEL/kg TM
in der TM
Leitbetrieb K 1 (konventionell, 4 Schnitte)
95,5
96,7
90,7
1. Schnitt
100,0
min. - max.
12,5
80,0
17,1
27,5
min. - max.
6,35
(6,11 - 6,47)
24,3
6,00
(20,3 - 28,6)
(5,70 - 6,37)
20,9
60,0
24,5
Leitbetrieb Ö (ökologisch, 4 Schnitte)
32,5
1. Schnitt
23,0
40,0
20,0
Folgeschnitte
24,7
25,3
(24,1 - 27,9)
min. - max.
34,4
27,9
Folgeschnitte
36,7
min. - max.
0,0
23,9
6,48
(21,1 - 26,3)
(6,25 - 6,76)
22,2
6,04
(18,3 - 25,4)
(5,20 - 6,62)
Leitbetrieb E (extensiv, 3 Schnitte)
LB K1
LB Ö*
1. Schnitt
2. Schnitt
3. Schnitt
LB E
4. Schnitt
5. Schnitt
1. Schnitt
* 5. Schnitt nur im Jahr 2004
mit 11,0 dt/ha TM
min. - max.
Folgeschnitte
min. - max.
Fachhochschule Südwestfalen
Fachbereich Agrarwirtschaft Soest
Fachhochschule Südwestfalen
11
56
26,6
6,08
(25,4 - 28,4)
(5,88 - 6,26)
25,3
5,5
(21,5 - 27,8)
(4,47 - 5,96)
Fachbereich Agrarwirtschaft Soest
12
Zwischennutzungszeiten der Schnittflächen in den Leitbetrieben
Meschede, Monschau und Much, 2001 – 2006, Vegetationsbeginn 01.April
TM-Aufnahme aus dem Grundfutter in kg/Kuh/Tag
Am Qualitätsbeispiel der Leitbetriebe E, K 1 und Ö im Mittel der Jahre 2001 - 2006
1. Schnitt
3-Schnitt
extensiv
4-Schnitt
konventionell
4-Schnitt
ökologisch
11,8
12,7
13,0
(12,2 - 13,4)
(12,4 - 13,9)
Fachhochschule Südwestfalen
54 (24.05.) 40 (03.07.) 46 (18.08.) 48 (05.10.)
u 4-Schnitt
1157,2
100
GF - Kosten in €/10 MJ NEL
0,18
kg/ECM/Kuh
7571
kg ECM/ha
Futteraufwand in €/kg ECM
GF - Kosten in €/ha
4-Schnitte,
2 Kühe/ha,
konventionell
1706,8
148
100
0,25
100
8191
142
0,22
124
109
8580
10630
100
113
16382
155
17160
0,1487
100
162
0,1373
92
0,1401
94
-7
Fachbereich Agrarwirtschaft Soest
5
12
Fachbereich Agrarwirtschaft Soest
14
Die Pflanzenbestände des konventionell wirtschaftenden
Grünlandbetriebes unterscheiden sich kaum hinsichtlich
der Pflanzengesellschaft und der Artenzahl.
Im konventionell wirtschaftenden Betrieb sind die
Bestandeswertzahlen am höchsten ausgeprägt, danach
folgt der ökologisch wirtschaftende Betrieb.
Für qualitativ hochwertige Grassilagequalitäten sind
mindestens vier Nutzungen erforderlich.
* 2003: 3 Schnitt, 2004: 5-Schnitt, GF = Grundfutter, AUM = Agrarumweltmaßnahme, ECM = Energie korrigierte Milch
Fachhochschule Südwestfalen
48 (22.10.)
48
Zusammenfassung
4-Schnitte*,
2 Kühe/ha,
ökologisch, incl.
AUM-Zuwendung
121
47
47 (17.05.) 44 (01.07.) 59 (29.08.)
13
1403,2
39
5. Schnitt*
*nur 2004
Vergleich der Grünlandnutzungformen extensiv (3-Schnitt, incl. AUM),
ökologisch (4-Schnitt, incl. AUM) und konventionell (4-Schnitt) für einen
Modellbetrieb mit einer Milchquote von 500.000 kg am Ertragsbeispiel der
Leitbetriebe E, Ö und K1, 2001 - 2006
3-Schnitte, 1,4 Kühe/ha,
extensiv, incl. AUMZuwendung
54
Fachhochschule Südwestfalen
Fachbereich Agrarwirtschaft Soest
4. Schnitt
u Leitbetrieb Ö
u Abweichung
E zu K und Ö
(10,8 - 12,9)
3. Schnitt
54 (24.05.) 37 (01.07.) 48 (19.08.) 48 (05.10.)
u Leitbetrieb E
(3-Schnitt)
u kg TM-Aufnahme
2. Schnitt
u Leitbetrieb K
Fachhochschule Südwestfalen
15
Fachbereich Agrarwirtschaft Soest
16
Zusammenfassung
Die TM-Aufnahme aus dem Grundfutter ist eine Frage der
Grundfutterqualität. Weißklee verbessert die Qualität und
Nutzungselastizität.
Die Grundfutterkosten (€/10 MJ NEL) sind im
Extensivierungsbetrieb am geringsten, der Futteraufwand
(€/kg ECM) aber am höchsten.
Fachhochschule Südwestfalen
Fachbereich Agrarwirtschaft Soest
Vielen Dank!
Fachhochschule Südwestfalen
17
57
Fachbereich Agrarwirtschaft Soest
18
Nicht für die Viehhaltung benötigtes Grünland und thermische Verwertung B-W
Baden Württemberg, Anlage zu Beiträgen Kaule
Landwirtschaftlich genutzte Fläche in Baden-Württemberg seit 1979 nach
Hauptnutzungs- und Kulturarten*)
LandwirtDarunter
schaftlich
darunter
Acker- Obst- Baum- DauerJahr genutzte Fläche
Rebland
land anlagen schulen grünland Wiesen Weiden
insgesamt
1.000 ha
1) Repräsentativergebnisse; übrige Jahre: allgemeine Ergebnisse.
Anmerkung: Durch Anhebung der Erfassungsgrenze sowie methodische Änderungen sind die
Angaben ab 1999 mit denen der Vorjahre nur eingeschränkt vergleichbar (nicht
rückgerechnete Ergebnisse); ab 1999: landwirtschaftliche Betriebe ab 2 Hektar
landwirtschaftlich genutzter Fläche oder mit Mindesterzeugungseinheiten.
849,6 18,5
2,4
648,8
525,6 112,6
22,9
1979 1.548,0
848,2 18,4
2,6
647,0
521,2 111,5
23,2
1980 1.545,1
1)
829,8 21,4
2,2
556,9
386,2 148,8
24,1
2006 1.437,2
834,5 21,3
1,9
551,4
381,8 147,6
23,9
2007 1.435,7
Die folgenden Tabellen stammen aus
http://www.itas.fzk.de/deu/lit/2007/roua07b.pdf
58
1
59
2
60
3
Vorabauszug aus Tabelle 2.1 des Gutachtens: Energie aus Biomasse des
Hachhaltigkeitsbeirates Baden-Württemberg
Tabelle 2.1 Primärenergie-Potenziale zur Erzeugung von Bioenergie aus Land- und Forstwirtschaft
sowie Landschaftspflege in Baden-Württemberg
Landschaftspflege
in Siedlungen und
Straßenbegleitgrün
Landschaftspflege
Naturschutzflächen
Ȉ
Theoretisches
Potenzial zur
energetischen Nutzung
insgesamt
[PJ/a]
8
Aktuelle
energetische
Nutzung des
Potenzials
[PJ/a]
2
Nachhaltig und
wirtschaftlich1
machbares Potenzial
(Schätzung des NBBW)
[PJ/a]
3
nach UM/WM (2007)
13
5
Reinhardt et al. (2005)
Rösch et al. (2007)
(nur von größeren Flächen im
Umfeld von Anlagen)
bis 15
bis 10
(hochgerechnet nach ILN
Singen)
(bei Förderung und Integration
143
in Pflegeplänen)
39
63 bis 68
Erläuterungen zur Tabelle:
x Angaben zum Primärenergiegehalt in PJ/Jahr bezogen auf Trockenmasse
1
d.h. unter Berücksichtigung des derzeitigen Rohölpreises von rund 100 USD/Barrel
61
4
Integrative Naturschutzkonzepte für Graslandökosysteme
in nordrhein-westfälischen Mittelgebirgen
Anhand einer Reihe von umsetzungsorientierten Projekten im Rheinland
(Schwerpunkt Eifel; s. Literaturverzeichnis) zwischen 1985 und 2006 können im
Hinblick auf die Integration von Naturschutz und Landwirtschaft folgende Ergebnisse
zusammengefasst und entsprechende Empfehlungen gegeben werden.
Naturschutzfachlich relevante Ergebnisse
Entscheidende Voraussetzungen für naturschutzfachliche Erfolge sind zunächst die
Sicherung / Erweiterung schutzwürdiger bzw. entwicklungsfähiger Flächen:
•
Etwa 400 ha schon immer ± extensiv genutzte, artenreiche Wiesen, Weiden und
Magerrasen wurden mit erster Priorität in den Vertragsnaturschutz überführt.
Mehr als 1000 ha früher halbintensiv bis intensiv genutzte Grünlandflächen
wurden im Rahmen des Vertragsnaturschutzes extensiviert.
•
Rund 1000 ha brach liegende, verfilzte und teilweise verbuschte Magerrasen,
Heiden, Berg- und Feuchtwiesen wurden zwischen 1985 und 1993 im Anschluss
an die Erstpflege nach Vorgaben des Vertragsnaturschutzes wieder als
Heuwiesen genutzt oder mit Rindern bzw. zwei großen Schafherden in Hütehaltung extensiv beweidet.
•
Auf rund 150 ha ehemaligen Grünlandflächen wurden 10-30-jährige Aufforstungen nichtheimischer Gehölze (Fichte, Kiefer, Lärche und Grau-Erle) sowie
Vorwaldstadien aus Pioniergehölzen (Zitter-Pappel, Birke, Eberesche, Fichte und
Kiefer) beseitigt und anschließend im Rahmen des Vertragsnaturschutzes wieder
als Weide oder Wiese genutzt.
•
Wenn der Kronenschluss der Gehölze noch nicht erfolgt war, führte die
Wiederaufnahme der Mahd / Beweidung innerhalb von 2-4 Jahren zu einer
erfolgreichen Regeneration der standorttypischen Grünlandgesellschaften mit
hoher Biodiversität. Waren die Bestände jedoch bereits ausgedunkelt, dauerte es
10-15(20) Jahre, bis sich eine ± typische Grünlandvegetation wieder einstellte.
Die Alpha-Diversität vieler Grünlandbestände unter Vertragsnaturschutz ist
überraschend hoch: 35 - 45 Arten von Farn- und Blütenpflanzen auf 9 m² sind keine
Seltenheit. Auf mehreren Feucht- und Bergwiesen wurden sogar durchschnittliche
Artenzahlen von 30 pro m² festgestellt.
Demgegenüber ist die Diversität von Wiesen und Weiden mit Ökolandbau oder
Grünlandextensivierung nach MSL (1,4 GV / ha, entspricht ca. 110-130 kg N / ha)
deutlich geringer, da erfahrungsgemäß erst bei einer Düngergabe weit unter 100 kg
N / ha die Biodiversität von Wiesen und Weiden stärker zunimmt.
Zahlreiche, früher seltene und gefährdete Pflanzenarten haben in der Eifel, aber
auch in anderen Mittelgebirgsregionen von NRW (insbesondere Siegerland und
Sauerland) wieder deutlich zugenommen, so wie sich dies in Publikationen vor rund
62
10 Jahren bereits angedeutet hat (z.B. SCHUMACHER 1995). Anhand einiger Beispiele
sei dies nachfolgend dargestellt, ausführliche Informationen hierzu finden sich in dem
Abschlussbericht des u. g. Projektes (KAM et al. 2006).
Es handelt sich in erster Linie um Arten, die im Rahmen des Projektes
„Populationsgrößen und -entwicklung seltener und gefährdeter Arten auf
Vertragsnaturschutzflächen“ in der Eifel und z. T. im Hochsauerland untersucht
wurden. Dabei wurden alle größeren Vorkommen dieser ± spezialisierten und daher
auch als Kenn- oder Indikatorarten dienenden Pflanzen dokumentiert und mit den
früheren Populationsgrößen verglichen.
Landwirtschaftlich relevante Ergebnisse
Aus den Publikationen und den Abschlussberichten zu den Forschungsprojekten
lassen sich folgende Aussagen ableiten (vgl. SCHUMACHER 2004, 2007):
•
Der Grundsatz „Naturschutz durch Nutzung“ fördert die Kreislaufwirtschaft und
ist für Wiesen, Weiden, Magerrasen und Heiden auf größeren Flächen der
einzige naturhaushaltlich verträgliche, ökonomisch sinnvolle und auch naturschutzfachlich erfolgreiche Weg.
•
Die Strategie der Integration des Naturschutzes in landwirtschaftlichen
Betrieben erfordert nicht nur Kooperationsbereitschaft, sondern auch die
Fähigkeit, sich in Denkweise, Wertvorstellungen, Planungen und Wünsche der
Betriebsleiter hinein zu versetzen.
•
Für dauerhaften und großflächigen Vertragsnaturschutz im Mittelgebirge sind
Milchviehbetriebe im Haupterwerb von zentraler Bedeutung. Voraussetzung ist
hierbei, dass den Betrieben genügend Grünland zur Verfügung steht oder
günstig zugepachtet werden kann.
•
Auch Betriebe mit hoher Milchleistung können auf 10 - 30 % ihrer Flächen
erfolgreich Vertragsnaturschutz betreiben. Derzeit sind dies mehr als 150
Betriebe mit einem Stalldurchschnitt von 7000 bis 9000 l/Kuh im nordrheinwestfälischen Teil der Eifel!
•
Das Heu dieser Flächen wird in den Betrieben überwiegend für Jungrinder und
Trockensteher verwertet, denn die Energiegehalte sind deutlich höher, als
früher angenommen wurde. In geringem Umfang wird es sogar an laktierende
Kühe verfüttert, z.B. in entsprechenden Rationen im Futtermischwagen. Ferner
wird es als Pferdeheu oder als Kräuterheu für Kaninchen, Hamster und
Meerschweinchen vermarktet.
Die Akzeptanz der Landwirte hängt wesentlich auch davon ab, dass die
Nutzungsauflagen praxisorientiert und in gewissem Umfang flexibel sind. Wichtig ist
ferner, dass die Naturschutzleistungen angemessen vergütet werden, damit sich der
Vertragsnaturschutz dauerhaft zu einem interessanten Betriebszweig entwickeln
kann (z. Zt. trifft dies für ca. 300 Haupterwerbsbetriebe in der Eifel zu).
63
Übertragbarkeit und Perspektiven
Auf Grund des Vertragsnaturschutzes mit Landwirten in den letzten 20 Jahren ist in
der Eifel – entgegen der Entwicklung in den meisten Naturräumen Deutschlands –
die Trendwende im Hinblick auf den Rückgang der Flora (teilweise auch der Fauna)
gelungen: Bei der ganz überwiegenden Anzahl seltener und gefährdeter Arten ist
eine deutliche Zunahme der Populationen zu verzeichnen. Eine positive Entwicklung
lässt sich auch bei den meisten derzeit nicht gefährdeten Arten der
Graslandökosysteme feststellen.
Auch in anderen Naturräumen Nordrhein-Westfalens, z.B. Siegerland,
Hochsauerland, Teile des niederrheinischen und westfälischen Tieflandes sowie
Ostwestfalens, lassen sich ähnliche Erfolge nachweisen. Voraussetzung waren und
sind in allen Fällen die kontinuierliche und fachgerechte Durchführung der
Naturschutzprogramme einschließlich der entsprechenden Erfolgskontrollen. Ferner
wurden gebietsweise umfangreiche Restitutions- und Renaturierungsmaßnahmen
durchgeführt.
Der positive Trend zur Erhaltung und Förderung der biologischen Vielfalt in NRW
lässt sich nur halten bzw. weiter steigern, wenn auch zukünftig entsprechende
finanzielle Mittel des Landes und der EU zur Verfügung stehen. Folgende
Bedingungen sollten hierfür dauerhaft gegeben sein:
•
Die Wertschätzung für unser Naturerbe muss weiter wachsen, vergleichbar
derjenigen, die unserem Kulturerbe beigemessen wird.
•
Die Kooperation zwischen Naturschutz und Landwirtschaft muss auf
partnerschaftlicher Basis praktiziert werden.
•
Erhaltung der Biodiversität ist als ökologisch relevante Leistung angemessen
zu vergüten (soweit möglich ergebnisorientiert!).
•
Für landwirtschaftliche Betriebe kann sich damit eine zusätzliche ökonomische
Perspektive eröffnen: Förderung der regionaltypischen Biodiversität als
integrales Produktionsziel.
Die bemerkenswerten Erfolge des Vertragsnaturschutzes bei der großflächigen
Sicherung und Restitution des Grünlandes in der Eifel sind grundsätzlich auch in
anderen Mittelgebirgen von Nordrhein-Westfalen und weiteren Bundesländern
möglich, sofern günstige agrarstrukturelle Voraussetzungen wie hoher Grünlandanteil und genügend leistungsfähige Haupterwerbsbetriebe gegeben sind und eine
konstruktive Zusammenarbeit zwischen Naturschutz und Landwirtschaft besteht.
Es gibt aber auch Regionen, in denen das „Beispiel Eifel“ nicht umsetzbar ist. Hier
könnten
alternative
Konzepte
–
Weidegenossenschaften,
großflächige
Beweidungssysteme mit Mutterkühen, Schafen und landschaftstypischen
Pferderassen – zum Einsatz kommen, u. U. auch halbwilde große Pflanzenfresser,
64
sogenannte „Megaherbivoren“. Für Projekte mit letzteren ist eine besonders hohe
Akzeptanz in der Region – sowohl der Gemeinden wie auch der Landnutzer –
erforderlich.
Literatur
KÜHNE, C., H. KAM, C. LEX, A. METZMACHER, H. FUCHS, F. OPITZ, W. SCHUBERT & W.
SCHUMACHER (2007): Populationsgrößen und -entwicklung seltener und gefährdeter
Orchideen auf Vertragsnaturschutzflächen in der Eifel und ausgewählten Gebieten
im Hochsauerland. – Jahresberichte des Naturwissenschaftlichen Vereins Wuppertal
60: 307-332.
POSCHLOD, P. & W. SCHUMACHER (1998): Rückgang von Pflanzen
Pflanzengesellschaften
des
Grünlandes
–
Gefährdungsursachen
Handlungsbedarf. – In: Schr.-R. Vegetationskunde 29: 83-99.
und
und
SCHUMACHER, W. (1988): Notwendigkeit und Umfang von Pflegemaßnahmen auf
Schutzflächen an Hand ausgewählter Beispiele – Landwirte als Partner des
Naturschutzes? – Schriftenreihe Angewandter Naturschutz. 7: 25-38.
SCHUMACHER, W. (1995): Offenhaltung der Kulturlandschaft? – LÖBF-Mitteilungen
20(4), 52-61. Recklinghausen.
SCHUMACHER, W. (2004): Erfolge und Defizite des Vertragsnaturschutzes im
Grünland.- In: Tagungsband der 15. u 16. Wissensch. Fachtagung des Lehr- und
Forschungsschwerpunktes
„Umweltverträgliche
und
standortgerechte
Landwirtschaft“, Landwirtsch. Fak. der Universität Bonn, S. 40-49.
SCHUMACHER, W. (2005): Erfolge und Defizite des Vertragsnaturschutzes im
Grünland der Mittelgebirge Deutschlands – In: Deutsche Bundesstiftung Umwelt
(DBU) (Hrsg.): Landnutzung im Wandel – Chance oder Risiko für den Naturschutz.
Berlin: Erich-Schmidt-Verlag. S. 191-200.
SCHUMACHER, W., KAM, H., KÜHNE, C., LEX, C., METZMACHER, A., HELFRICH, H.-P. & K.
SCHMIDT (2007): Erfolgskontrolle des Vertragsnaturschutzes anhand der
Populationsgrößen und -entwicklung seltener und gefährdeter Farn- und
Blütenpflanzen. – Landwirtschaftliche Fakultät der Universität Bonn, Schriftenreihe
des Lehr- und Forschungsschwerpunktes USL, Nr. 148. 166 S.
WEIS, J. (2001): Naturschutzfachliche Erfolgskontrolle des Vertragsnaturschutzes am
Beispiel der nördlichen Eifel. – Aachen, Shaker Verlag, 270 S.
WEIS, J., MUCHOW, T. & W. SCHUMACHER (2000): Akzeptanz von Programmen zur
Honorierung ökologischer Leistungen der Landwirtschaft. – Angewandte
Landschaftsökologie, 34, 107-120. Münster-Hiltrup: Landwirtschaftsverlag.
Anschrift des Autors:
Prof. Dr. W. Schumacher
Abt. Geobotanik und Naturschutz, Universität Bonn
Karlrobert-Kreiten-Straße 13, 53115 Bonn
65
Begrenzungen für den Erfolg von Renaturierungsmaßnahmen
Prof. Dr. Dr. Annette Otte
Professur für Landschaftsökologie und Landschaftsplanung
IFZ für Umweltsicherung
Heinrich-Buff-Ring 26 - 32
D-35392 Gießen
Annette.Otte@umwelt.uni-giessen.de
Tel.:
Fax.:
0641 / 99 – 37160
0641 / 99 – 37169
Bedeutung genetischer Faktoren für die Wiederansiedlung seltener Pflanzengemeinschaften
Aspekte des Schutzes der genetischen Diversität gewinnen zunehmend Bedeutung in der
naturschutzfachlichen Praxis. Die Voraussage von Auswirkungen genetischer Faktoren auf den Erfolg
von Wiederansiedelungsmaßnahmen seltener Arten ist aber auf Grund mangelnder Datengrundlagen
oft nur schwer möglich. Im Allgemeinen sind die historische Entwicklung der Population, die räumliche
Distanz zwischen Populationen, Standort- und Arteigenschaften zu berücksichtigen. Diese haben
großen Einfluss auf die genetische Differenzierung von Populationen durch Genfluss und Gendrift,
aber
auch
auf
die
Wahrscheinlichkeit
für
Inzuchtdepression,
Heterosiseffekte,
Auskreuzungsdepression und genetische Verdrängung, die im Zuge von Maßnahmen zur
Wiederansiedlung oder Verstärkung von Pflanzenpopulationen auftreten können. Die verschiedenen
Faktoren werden insbesondere, mit Blick auf durch sie in der Naturschutzpraxis verursachten
Probleme diskutiert und mögliche Lösungsansätze dargestellt.
Donath T.W. & Eckstein R.L. 2008, Naturschutz und Landschaftsplanung 40: 21-25
Eckstein, O’Neill, Danihelka, Otte & Köhler 2006, Mol. Ecol. 15, 2367-2379
Eckstein, Danihelka, Hölzel & Otte 2004, Acta Oecol. 25, 83-919
Interactions between litter and water availability affect seedling emergence in four familial pairs
of floodplain species
Additionally, we studied seedling emergence in four familial pairs of floodplain herbs in response to the
experimental manipulation of soil moisture and litter cover. Our controlled pot experiment consisted of
four levels of litter cover (0, 0.2, 0.4 and 0.8 kg m-2) and two levels of water-addition, leading to
constantly humid substrate or intermittently dry topsoil. Across water-additions, percentage
emergence reached a peak at low levels of litter cover (0.2 and 0.4 kg m-2). We found positive effects
of litter under intermittently dry conditions and negative or neutral effects under constantly humid
conditions. Litter lowered maximum temperature as well as amplitude, and alleviated soil humidity
under low water-supply, while imposing increasingly shaded conditions. Analysis of species- and
family-specific responses suggested that germination under a litter cover of 0.8 kg m-2 was significantly
reduced in smaller-seeded species (i.e. those that tend to have higher light demands for germination).
Our results suggest that transfer of seed-containing plant litter can aid restoration projects if applied at
between 0.2 and 0.4 kg m-2. Below these levels, establishment of most species may be inhibited by
drought, while higher amounts will increasingly suppress seedling emergence, especially of smallseeded species.
Eckstein & Donath 2005, J. Ecol. 93, 807-816
66
Artendiversität in Kalkmagerrasen Süddeutschlands und der Schweiz
Michael Jeschke1 und Kathrin Kiehl2
1
Lehrstuhl für Vegetationsökologie der TU München, Am Hochanger 6, 85350 Freising
jeschke@wzw.tum.de
2
Vegetationsökologie und Botanik, Fakultät Agrarwissenschaftler und Landschaftsarchitektur,
Fachhochschule Osnabrück, Oldenburger Landstrasse 24, 49090 Osnabrück
Kalkmagerrasen gehören zu den kleinräumig artenreichsten Lebensräumen Mitteleuropas. Im
Rahmen
eines
Promotionsvorhabens
wurden
verschiedene
Kalkmagerrasen
in
Naturschutzgebieten Süddeutschlands und der Schweiz untersucht (Garchinger Heide nördlich
von München, Kissinger Heide südlich von Augsburg und Merishausener Gräte bei
Schaffhausen, Schweiz). Die Gebiete sind durch jahrhundertelange extensive Nutzung geprägt
und werden heute durch Mahd gepflegt, um ihr Arteninventar zu erhalten. Auch in jährlich
gepflegten Flächen sind die Individuenzahlen seltener Arten oft rückläufig, wobei die Ursachen
oft unklar oder erst durch umfangreiche Untersuchungen klar festzustellen sind (RÖDER & KIEHL
2006). Die Erweiterung bestehender Magerrasen z.B. durch Mähgutaufbringung auf
angrenzenden ehemals ackerbaulich genutzten Flächen stellt eine erfolgreiche Methode zur
Neuanlage artenreicher Magerrasen dar (KIEHL & JESCHKE 2005, KIEHL & WAGNER 2006). Auf
nährstoffreichen Böden können einige lichtbedürftige Magerrasenarten jedoch langfristig durch
hochwüchsige Arten verdrängt werden. Auf Oberbodenabtragsflächen hingegen können sich
noch Jahrzehnte nach dem Mähgutauftrag neue Arten ansiedeln, da diese Flächen lange Zeit
lückig bleiben. So ist das 1945 abgetragene Rollfeld der Garchinger Heide bis jetzt noch nicht
völlig bewachsen. Unsere Untersuchungen erbrachten sehr hohe Artenzahlen (Į-Diversitäten)
auf den untersuchten Kalkmagerrasenflächen:
Tab. 1: Gemittelte Gesamtartenzahlen (fett), gemittelte Moos- und Flechtenartenzahlen (in
Klammern) und maximale Gesamtartenzahlen (kursiv) auf den untersuchten Flächengrößen.
[m²]
100
16
4
1
0,0625
0,01
Garchinger Heide
Rollfeld
Garchinger Heide
Altheide
Garchinger Heide
Abtragsflächen
75 (29)
82
51 (11)
54
88 (37)
106
50 (21)
58
34 (8)
37
60 (29)
74
58 (10)
60
60 (13)
70
66 (22)
77
42 (16)
48
31 (8)
36
48 (24)
64
51 (8)
56
51 (12)
64
56 (19)
64
34 (14)
40
24 (7)
30
34 (17)
43
17 (8)
24
12 (4)
18
14 (8)
22
20 (4)
30
22 (6)
28
20 (8)
29
11 (5)
16
8 (3)
12
8 (5)
15
13 (3)
18
14 (4)
20
11 (5)
17
Merishausener Gräte
Kissinger Heide
Kissinger Heide
Abtragsflächen
80 (19)
85
100 (32)
111
40 (9)
52
43 (16)
55
Selbst auf kleinen Flächen werden hier noch hohe Artenzahlen erreicht, die durch die geringe
Größe der einzelnen Individuen und ihre unterschiedlichen Strategien ermöglicht werden (siehe
auch GIGON & RYSER 2000).
Auf den Abtragsflächen kommen neben den kalkmagerrasentypischen Arten auch einige
Ruderalarten und viele Krustenflechtenarten vor, die die Oberflächen der anstehenden Steine
67
besiedeln (der Oberboden wurde bis auf den anstehenden Karbonatschotter abgeschoben).
Daraus resultieren die hohen Artenzahlen (siehe auch JESCHKE & KIEHL 2006). Bei kleinen
Flächengrößen sind aber die alten Heideflächen artenreicher, da sich hier eine charakteristische,
kleinflächige Matrix einstellen konnte, die auf den neuen Flächen noch fehlt.
Vor allem bei den Oberbodenabtragsflächen stellen Moose und Flechten einen hohen Teil der
Artenvielfalt. Auf dem Rollfeld der Garchinger Heide sind dies bei 0,01 m² 46 %, bei 100 m²
39 %. In den Altheideflächen, wo nur wenige saxicole Flechten vorkommen können, bilden
Moose und Flechten bei 0,01 m² 35 %, bei 100 m² immerhin noch 21 %. In den höherwüchsigen
Halbtrockenrasen der Merishausener Gräte liegen die Anteile zwischen 23 (0,01 m²) und 17
Prozent (16 m²). Moose und Flechten bilden also einen wesentlichen Anteil der Į-Diversität
dieser Standorte und sollten daher unbedingt erfasst und auch in der Pflege berücksichtigt
werden.
Tab. 2: J-Diversität der untersuchten Flächen. Die Artenzahlen wurden aus verschiedenen
Einzelflächen zusammengerechnet bzw. stellen Artenlisten dar (Gesamtgebiet, jeweils untere
Zeile). Angegeben sind Artenzahlen (fett) und Rote-Liste-Arten (RL I-III Bayern, in Klammern)
Artenzahlen
Garchinger
Heide
Merishausener Gräte
Kissinger
Heide
Dietersheimer Brenne
Größe
400 m²
27 ha
312 m²
400 m²
~ 1 km²
236 m²
~ 0,5 km²
Gefäßpflanzen
68 (8)
218(51)1
82
85 (7)
255 (39)3
148 (20)
268 (33)5
Moose
14 (0)
35 (2)2
17
22 (0)
27 (0)2
17 (0)4
Flechten
30 (9)
41 (9)2
3
5 (2)
24 (4)2
1 (0)4
Gesamt
112 (17)
294 (62)
102
112 (9)
306 (33)
166 (20)
1
KIEHL & WAGNER 2006
Artenzahlen der untersuchten Dauerflächen im NSG und der neu angelegten Kalkmagerrasen
3
Artenliste aus Dauerflächen, Veröffentlichungen (HIEMEYER 2002) und Biotopkartierung der Unteren Naturschutzbehörde
4
erhoben im Laufe eines studentischen Praktikums, unvollständig
5
Artenliste aus Dauerflächen, Begehung und Biotopkartierung der Unteren Naturschutzbehörde
2
Die hier dargestellten Ȗ-Werte sind nicht vollständig, da gerade die Kryptogamen nicht
flächendeckend erfasst wurden. Vor allem auf den Kalkmagerrasen/Feuchtwiesen/GebüschKomplexen der Kissinger Heide und Dietersheimer Brenne (nördlich München, Daten aus
studentischer Projektarbeit) würden die Moos- und Flechtenartenzahlen wesentlich höher sein.
Durch die mosaikartige Verflechtung der Vegetationstypen tritt an diesen Standorten eine sehr
hohe Artenvielfalt auf, wobei die Kalkmagerrasen meist nur einen kleinen Teil (ca. 10 %) der
Fläche bedecken, aber wohl den Hauptteil der Arten stellen.
Literatur:
GIGON, R. & RYSER, P. (2000): Wie leben die vielen Pflanzenarten in einer Halbtrockenwiese zusammen? - Mitt.
natf. Ges. Schaffhausen 45: 25-36.
HIEMEYER, F. (2002): Königsbrunner und Kissinger Heide. Juwelen vor den Toren Augsburgs. - Wißner Verlag,
112 S.
JESCHKE, M. & KIEHL, K. (2006): Auswirkung von Renaturierungs- und Pflegemaßnahmen auf die
Artenzusammensetzung und Artendiversität von Gefäßpflanzen und Kryptogamen in neu angelegten
Kalkmagerrasen. - Tuexenia 26: 223-242.
KIEHL, K. & JESCHKE, M. (2005): Erfassung und Bewertung der Phytodiversität ursprünglicher und neu angelegter
Kalkmagerrasen der nördlichen Münchner Schotterebene. - Tuexenia 25: 445-461.
KIEHL, K. & WAGNER, T. (2006): Effect of hay transfer on long-term establishment of vegetation and grasshoppers
on former arable fields. - Rest. Ecol. 14: 157-166.
RÖDER, D. & KIEHL, K. (2006): Population structure and population dynamics of Pulsatilla patens (L.) Mill. in
relation to vegetation characteristics. - Flora 201: 499-507.
68
Populationsentwicklung seltener und gefährdeter Farn- und
Blütenpflanzen auf Vertragsnaturschutzflächen in NRW
Ziel des von 2004-2006 durchgeführten Forschungsprojektes (KÜHNE et al. 2007,
SCHUMACHER et al. 2007) war es, anhand der Populationsgrößen und -entwicklung
seltener und gefährdeter Farn- und Blütenpflanzen die Wirksamkeit des
Vertragsnaturschutzes (SCHUMACHER 2007) am Beispiel der Eifel und ausgewählter
Regionen des Hochsauerlandes zu untersuchen.
Für das Projekt wurden in Abstimmung mit der Landesanstalt für Ökologie NRW zunächst solche Arten in die engere Wahl gezogen, die aufgrund ihrer Ansprüche an
Standort und Nutzung am ehesten Rückschlüsse auf die Wirksamkeit des Vertragsnaturschutzes zulassen. Es handelt sich um die unten genannten gefährdeten
und / oder seltenen Arten folgender Pflanzengesellschaften / Biotoptypen
Kalkmagerrasen, Magerwiesen und -weiden,
Bergwiesen, Borstgrasrasen und Feuchtheiden sowie
Feuchtwiesen, Kalksümpfe und Heidemoore,
deren Populationen auf rund 100 Untersuchungsflächen gezählt oder mit Hilfe
statistischer und geostatistischer Verfahren geschätzt werden sollten.
Hierfür wurden zunächst 44 Arten repräsentativer Graslandökosysteme der
Kulturlandschaft in die engere Wahl gezogen und davon 37 näher untersucht. Es
handelt sich um Arten, die als Kenn- bzw. Indikatorarten Rückschlüsse auf die
Wirksamkeit des Vertragsnaturschutzes zulassen, über die Kenntnisse zu
Populationsgrößen aus früheren Jahren oder Jahrzehnten vorlagen und die zugleich
von mehreren Fundorten mit dokumentierter Nutzungsgeschichte bekannt waren. Zur
Erfassung der Populationsgrößen wurden Zählungen durchgeführt, daneben wurden
diverse Schätzverfahren erprobt und die für bestimmte Artengruppen jeweils
geeignesten ermittelt. Ferner wurde die Alpha-Diversität von Wiesen und Weiden
unter Vertragsnaturschutz und angrenzendem intensiver genutztem Wirtschaftsgrünland verglichen.
Die wichtigsten Ergebnisse des Forschungsprojektes werden im Folgenden
vorgestellt:
x
Von den ausgewählten 37 seltenen und gefährdeten Farn- und Blütenpflanzen
wurden die Populationen an insgesamt 184 Fundorten mit Zählungen und /
oder Schätzungen erfasst. Der ganz überwiegende Teil dieser Arten ist mit
69
großen bis sehr großen Populationen vertreten, die landesweit von Bedeutung
sind und auch auf lange Sicht als gesichert gelten können. Gleiches gilt
tendenziell auch für die restlichen sieben, nicht näher untersuchten, Arten.
x
Demgegenüber sind bei sechs der untersuchten Arten die Populationen – bis
auf zwei Fundorte - auf einem relativ geringen Niveau geblieben.
x
Bei der Ermittlung der Populationsgrößen hat sich herausgestellt, dass
Bestandszahlen bis etwa 3000 (z. T. auch bis 5000) am effektivsten durch
Zählungen mit zwei bis drei Personen erfasst werden können. Bei deutlich
größeren Populationen hingegen wurden verschiedene Sampling-Verfahren
(insbesondere Systematic Sampling und Stratified Sampling) sowie das
Kriging-Verfahren erfolgreich getestet. Für die Rosettenpflanzen Arnica
montana und Antennaria dioica wurde ein spezielles Cluster Sampling
angewandt.
x
Eine bemerkenswerte Populationsentwicklung während der letzten Jahrzehnte
konnte auf Grund ausreichender Quellen für 27 Arten belegt werden (Tab. 1).
Dabei hat sich gezeigt, dass sämtliche Arten bis auf wenige Ausnahmen mit
Beginn des Vertragsnaturschutzes seit 1985 und vor allem seit den 1990er
Jahren einen positiven Trend aufweisen: Ausgehend von kleinen bis mittleren,
vereinzelt auch größeren Populationen, ist eine starke, z. T. exponentielle
Zunahme erkennbar, die für eine Reihe von Arten auch derzeit noch anhält.
x
Der Vergleich der Alpha-Diversität von Wiesen und Weiden unter
Vertragsnaturschutz mit angrenzendem Grünland (Öko-Landbau oder MSLGrünlandextensivierung) im Hinblick auf Biodiversität zeigt, dass die
Artenzahlen auf 9 m²-Probeflächen unter Vertragsnaturschutz zwischen 36
und 45 liegen (jeweils Mittelwerte aus drei Probeflächen), während sie auf den
Vergleichsflächen mit 11 bis 20 Arten deutlich geringer sind (SCHUMACHER
2007). Erwähnenswert ist ferner, dass in den Berglandregionen zahlreiche
Kenn- bzw. Indikatorarten artenreicher Wiesen und Weiden ebenfalls deutlich
zugenommen haben (Tab. 2).
x
Die auch überregional bemerkenswerten Ergebnisse des Forschungsprojektes
belegen überzeugend die Wirksamkeit des Vertragsnaturschutzes am Beispiel
der Eifel und von Teilen des Hochsauerlandes. Von besonderer Bedeutung für
den Bereich der Eifel sind hierbei die beträchtliche Flächengröße von rund
4000 ha, der hohe Anteil von Vertragsnaturschutzflächen im Eigentum des
Landes, der Kreise, Gemeinden und der NRW-Stiftung, sowie die Kontinuität
der Maßnahmen z. T. über mehrere Jahrzehnte.
70
Tabelle 1: Populationsentwicklung seltener und gefährteter Arten in der Eifel zwischen 1972
und 2005(6). Aufgeführt sind für die genannten Zeiträume jeweils die höchsten bekannten
Werte.
1 = blühende/sporulierende Pflanzen, 2 = blühende Triebe, 3 = blühende + vegetative Pflanzen,
4 = Rosetten, - = keine Daten verfügbar, ? = nicht oder vermutlich nicht im Gebiet vorhanden
Art
Fundort
Aceras anthropophorum 1
Hängender Mensch
Bürvenicher Berg
bei Mechernich-Berg
Hühlesberg bei
Iversheim
Tiesberg bei Iversheim
Schafberg bei Pesch
Kuttenberg bei Eschweiler
Halsberg bei Gilsdorf
Antennaria dioica 1, 4
Katzenpfötchen
Kalvarienberg bei
Alendorf
Hämmersberg bei
Alendorf
Haardt bei Baasem
Arnica montana 1,4
Arnika
Dahlemer Binz
Ehrend bei Baasem
Leuwersberg bei
Kronenburg
Botrychium lunaria 1
Mondraute
Coeloglossum viride 1
Grüne Hohlzunge
Dactylorhiza maculata 1
Geflecktes Knabenkraut
Dactylorhiza majalis
Breitblättriges
Knabenkraut
1
Sandberg bei Weyer
Sistig-Krekeler-Heide
1972
1978
-
1979
-
1985
1986
1990
-
1991
1995
-
1996
2000
-
2001
2005/6
-
404
~ 500
1441
2300
5800
67
-
80
1100
1760
2450
150
-
-
2510
3940
5130
8
19
19
1243
1400
1430
?
6
7
46
55
65
?
?
?
23
28
95
~ 5001
~ 5001
-
-
-
750004
~ 5001
~ 5001
-
-
-
750004
~ 30001
~ 30001
10000
10000
-
15000
~ 50001
~ 50001
10000
10000
-
40000
~ 100001
~ 100001
40000
40000
-
200000
~ 50001
~ 50001
20000
20000
-
70000
~ 100
-
-
200
-
190
100
~ 500
-
700
1450
2132
Große Jüsch bei
Wachendorf
Griesbeuel bei
Alendorf
7
-
10
45
73
90
~ 40
-
25
~ 150
100
125
Büschelsberg /
„Auf Aß“ bei Ripsdorf
~ 15
-
>20
-
140
90
-
-
-
>1000
2160
2500
Leuwersberg bei
Kronenburg
-
~ 500
-
-
1500
1100
Mäusenest bei Berk
-
~ 500
-
-
10000
13000
>800
>900
-
-
3400
3700
-
600
-
-
-
780
>1000
-
-
-
4700
4080
Schavener Heide
Genfbachtal bei
Nettersheim
Kalksumpf bei
Feusdorf
Kreuzfeld bei Sistig
71
-
Tab. 1 (Fortsetzung)
1 = blühende/sporulierende Pflanzen, 2 = blühende Triebe, 3 = blühende + vegetative Pflanzen,
4 = Rosetten, - = keine Daten verfügbar, ? = nicht oder vermutlich nicht im Gebiet vorhanden
Art
1972
Fundort
-
1978
Seidenbachtal bei
Blankenheimerdorf
Epipactis palustris 3
Sumpf-Stendelwurz
Gentianella germanica 1
Deutscher Enzian
Gentiana pneumonanthe 2
Lungen-Enzian
Gymnadenia conopsea
ssp. conopsea1
Gewöhnliche
Händelwurz
G. con. ssp. densiflora 1
Dichtbl. Händelwurz
Herminium monorchis 1
Honigorchis
-
1990
-
1991
1995
-
1996
2000
-
2001
3000
3000
3300
3800
-
411
-
2201
>10001
-
~ 30001
-
40001
91033
Fuchsloch bei
Ahrhütte
-
14000
-
-
-
15110
Reinersberg bei
Dollendorf
-
-
~ 10000
-
20000
14000
~ 3000
-
10000
10000
-
60000
Kuttenberg bei Eschweiler
~ 300
>400
>400
3000
3500
4604
Lambertsberg bei Holzheim
~ 1000
-
-
3000
4000
5782
Froschberg
Blankenheimerdorf
bei
~ 3000
-
-
8000
13000
Seidenbachtal
Blankenheimerdorf
bei
Sistig- Krekeler Heide
-
2005/6
-
-
>10000
-
-
-
40000
-
~ 3000
-
-
2800
3600
~ 250
-
-
-
600
2200
96
-
-
-
-
370
~ 200
-
-
-
-
160
Klosberg bei Gilsdorf
?
?
~ 30
181
377
235
Oleftal bei Hollerath
0,3 Mio
0,5 Mio
-
1,5 Mio
-
4 Mio
Perlenbachtal-Fuhrtsbachtal
bei Monschau
0,5 Mio
0,5 Mio
-
3 Mio
-
7,9 Mio
25
30
10
7
65
65
Kuttenberg bei Eschweiler
~ 30
40
30
150
300
200
Lambertsberg bei Holzheim
15
-
-
-
-
180
-
154
-
221
-
192
~ 200
-
-
345
540
610
~ 2000
~ 2000
-
-
4300
7500
>300
-
600
310
-
330
Hämmersberg bei
Alendorf
Reinersberg bei Dollendorf
bei
Wachendorfer Mooth
Bürvenicher
Berg
Mechernich-Berg
Orchis militaris 1
Helm-Knabenkraut
Orchis morio1
Kleines Knabenkraut
~ 2000?
1986
-
Seidenbachtal
Blankenheimerdorf
Ophrys apifera 1
Bienen-Ragwurz
-
1985
Kalksumpf bei
Feusdorf
Kalksumpf bei
Ripsdorf
Fuchsloch bei Ahrhütte
Himantoglossum hircinum1
BocksRiemenzunge
Narcissus pseudonarcissus 3
Gelbe Narzisse
1979
bei
Büschelsberg/”Auf Aß” bei
Ripsdorf
Hänge bei Hammerhütte
Seidenbachtal
Blankenheimerdorf
bei
72
Tab. 1 (Fortsetzung)
1 = blühende/sporulierende Pflanzen, 2 = blühende Triebe, 3 = blühende + vegetative Pflanzen,
4 = Rosetten, - = keine Daten verfügbar, ? = nicht oder vermutlich nicht im Gebiet vorhanden
Art
1972
Fundort
-
1978
Orchis purpurea 1
Purpur-Knabenkraut
Orchis ustulata 1
Brand-Knabenkraut
Platanthera bifolia
Zweiblättr.
Pseudorchis albida1
Weiße Höswurz
-
1986
1990
-
1991
1995
-
1996
2000
-
2001
2005/6
~ 100
350
353
730
875
1040
Hirnberg bei Nöthen
~ 200
-
100?
600
575
1758
-
-
>450
1235
1165
2100
Schnurtal bei Harzheim
~ 250
300
500
632
563
590
Büschelsberg/“Auf Aß“ bei
Ripsdorf
~ 50
-
30
398
384
420
Griesbeuel bei Alendorf
~ 100
-
-
468
~ 350
1040
-
~ 1000
-
-
~ 1500
8500
Haardt bei Baasem
8
-
-
20
70
70
„Auf Ehrend“ bei Baasem
-
30
100
-
31
80
15
-
60
60
250
50
Klosberg bei Gilsdorf
~ 1500
-
~ 2500
5300
5800
7800
Kalvarienberg bei Alendorf
~ 500
-
-
-
-
2000
Hämmersberg bei Alendorf
~ 1000
-
-
-
-
5700
Froschberg
Blankenheimerdorf
-
~ 500
-
-
-
1900
Sistig-Krekeler
Teilflächen)
Heide
Leuwersberg
Kronenburg
Pulsatilla vulgaris 1
Gewöhnliche
Kuhschelle
1985
Kuttenberg bei Eschweiler
„Am Wollweg“ bei Gilsdorf
1
1979
(2
bei
bei
Gillesbachtal bei Marmagen
>10000
-
-
-
-
11700
Bürvenicher
Berg
Mechernich-Berg
~ 4000
-
-
-
-
33400
bei
73
-
Tab. 2: Auswahl von Kenn- und Trennarten des Grünlandes mit deutlicher Zunahme in
Vertragsnaturschutzflächen.
Alchemilla monticola
Berg-Frauenmantel
Pimpinella saxifraga
Kleine Bibernelle
Anthoxanthum odoratum
Ruchgras
Polygala vulgaris
Gem.
Briza media
Zittergras
Polygonum bistorta
Schlangen-Knöterich
Bromus racemosus
Traubige Trespe
Potentilla erecta
Blutwurz
Carum carvi
Wiesen-Kümmel
Primula veris
Echte
Centaurea jacea
Wiesen-
Ranunculus
Knollen-Hahnenfuß
Centaurea nigra
Schwarze
Ranunculus
Hain-Hahnenfuß
Colchicum autumnale
Herbst-Zeitlose
Salvia pratensis
Wiesen-Salbei
Galium album
Wiesen-Labkraut
Sanguisorba minor
Kleiner Wiesenknopf
Geranium sylvaticum
Wald-
Sanguisorba
Großer Wiesenknopf
Geum rivale
Bach-Nelkenwurz
Saxifraga granulata
Knöllchen-
Knautia arvensis
Acker-Witwenblume
Selinum carvifolia
Kümmelblättrige
Lathyrus linifolius
Berg-Platterbse
Silaum silaus
Wiesen-Silge
Meum athamanticum
Bärwurz
Silene flos-cuculi
Kuckucks-Lichtnelke
Phyteuma nigrum
Schwarze
Succisa pratensis
Teufelsabbiss
Phyteuma orbiculare
Kugelige
Tragopogon
Wiesen-Bocksbart
Große Bibernelle
Veronica
Gamander-
Pimpinella major
Literatur
KÜHNE, C., H. KAM, C. LEX, A. METZMACHER, H. FUCHS, F. OPITZ, W. SCHUBERT & W.
SCHUMACHER (2007): Populationsgrößen und -entwicklung seltener und gefährdeter
Orchideen auf Vertragsnaturschutzflächen in der Eifel und ausgewählten Gebieten
im Hochsauerland. – Jahresberichte des Naturwissenschaftlichen Vereins Wuppertal
60: 307-332.
SCHUMACHER, W. (2007): Bilanz – 20 Jahre Vertragsnaturschutz. Vom Pilotprojekt
zum Kulturlandschaftsprogramm NRW. – Naturschutz-Mitteilungen NRW 32(1): 2128.
SCHUMACHER, W., KAM, H., KÜHNE, C., LEX, C., METZMACHER, A., HELFRICH, H.-P. & K.
SCHMIDT (2007): Erfolgskontrolle des Vertragsnaturschutzes anhand der
Populationsgrößen und -entwicklung seltener und gefährdeter Farn- und
Blütenpflanzen. – Landwirtschaftliche Fakultät der Universität Bonn, Schriftenreihe
des Lehr- und Forschungsschwerpunktes USL, Nr. 148. 166 S.
Anschrift des Autors:
Prof. Dr. W. Schumacher
Abt. Geobotanik und Naturschutz, Universität Bonn
Karlrobert-Kreiten-Straße 13, 53115 Bonn
74
Stand und Entwicklung der Agrarumwelt- und Vertragsnaturschutzmaßnahmen auf Grünland in Deutschland
Bernhard Osterburg und Wolfgang Roggendorf,
Johann Heinrich von Thünen-Institut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei
Förderung 2000 bis 2006 – Förderdaten und Erfahrungen
In Deutschland ist in der zurückliegenden Förderperiode nach VO (EG) Nr. 1257/1999
mehr als die Hälfte des Grünlands über Agrarumwelt- und Vertragsnaturschutzmaßnahmen mit Kofinanzierung aus Brüssel gefördert worden. Nach Auswertung verschiedener
Quellen wie Monitoringtabellen, Evaluierungsstudien und Statistikdaten lässt sich für das
Förderjahr 2005 der Anteil aller auf dem Grünland umgesetzten Fördermaßnahmen an der
gesamten Grünlandfläche auf circa 53 % hochrechnen. Dahinter steht ein breites Spektrum an Maßnahmen mit unterschiedlichster Ausgestaltung. Die Auflagen beziehen sich
auf Düngung und Besatzdichten, betreffen Art, Häufigkeit und Zeitpunkt der Nutzung,
reichen bis hin zu Vorgaben für die Pflege und Entwicklung von besonderen Grünlandbiotopen oder sind auf die Nutzung in spezifischen Regionen ausgerichtet (Halligprogramm, Beweidung von Almen und Alpen). Abhängig von den Bewirtschaftungsbeschränkungen resultieren daraus unterschiedlichste Extensivierungsniveaus, die in der
Regel bei Vertragsnaturschutzmaßnahmen am höchsten ausfallen. Gerade mit den letztgenannten Maßnahmen sind durchweg Biodiversitätsziele in den Förderprogrammen festgeschrieben. Vertragsnaturschutz wird in Deutschland auf rund 14 % der GrünlandVertragsflächen umgesetzt.
Hingegen ist die in allen Bundesländern mit Unterstützung des Bundes im Rahmen des
Schwerpunktes ‚Markt- und standortangepasste Landbewirtschaftung’ (MSL) der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz geförderten Maßnahmen wie die Extensiven Produktionsverfahren auf dem Grünland (MSL-Grünlandextensivierung), aber
auch die Förderung des Ökologischen Landbaus sowie Maßnahmen mit ähnlicher Ausgestaltung im Bereich Besatzdichte und Düngung in erster Linie auf abiotische Ressourcenschutzziele ausgerichtet, vor allem auf den Gewässerschutz.
In der Inanspruchnahme des Förderangebotes sind, wie nachfolgende Grafik aufzeigt, erhebliche regionale Unterschiede festzustellen. Die Grünlandflächen in Süddeutschland
(Bayern, Baden-Württemberg), die gut ein Drittel des Grünlands in Deutschland ausmachen, werden zum überwiegenden Teil, in Baden-Württemberg sogar zu 91 %, unter Extensivierungsmaßnahmen bewirtschaftet, in beiden Ländern jedoch mit einem größeren
Flächenanteil unter Minimalauflagen. Auch Thüringen, das Saarland und Hamburg zeichnen sich durch eine hohe Förderquote aus. Dem gegenüber liegen die Förderanteile auf
den ertragsstarken Grünlandflächen in Nordwestdeutschland, ebenfalls rund ein Drittel
des deutschen Grünlands, weit unter dem Durchschnitt. Schleswig-Holstein ist Schlusslicht mit einem Förderanteil von lediglich 8 % und weist zusammen mit Niedersachsen
allein fast eine Mio. Hektar Grünland ohne Fördermaßnahmen auf. In den vier weiteren
75
ostdeutschen Bundesländern mit vergleichsweise geringen Grünlandanteilen an der LF
wird die Extensivierungsförderung im Schnitt auf etwa zwei Drittel des Grünlandes in
Anspruch genommen. Den größten Umfang an Vertragsnaturschutzmaßnahmen findet
man in Mecklenburg-Vorpommern und Bayern, die größte Förderfläche unter ökologischen Produktionsverfahren ebenfalls Mecklenburg-Vorpommern.
Abbildung 1: Umfang der Grünlandfläche und geschätzter Anteil von Fördermaßnahmen
nach VO (EG) Nr. 1257/1999 in den Bundesländern im Jahr 2005
1.200.000
Ohne Förderung
Vertragsnaturschutz
1.000.000
MSL-Grünlandextensivierung
Grünland Ökolandbau
Hektar
800.000
600.000
400.000
200.000
TH
SH
ST
SN
SL
RP
NW
NI
M
V
H
E
H
H
H
B
E
BB
/B
BY
BW
0
Quellen: Monitoring, Up-date-Bewertungen, destatis – Fachserie 3 Reihe 3.1.2, eigene Berechungen.
Hinsichtlich der tatsächlich eintretenden Ressourcenschutzwirkungen der Förderung lassen sich aufgrund der großen Bandbreite möglicher Auflagen nur ansatzweise pauschale
Aussagen machen. Für Vertragsnaturschutzmaßnahmen konnten positive Effekte der Förderung auf die Artenvielfalt der Pflanzenbestände durch zahlreiche Begleituntersuchungen nachgewiesen werden (vgl. für NRW z.B. Schumacher 2007). Ob eine ähnliche Wirkung auch auf MSL-Grünland angenommen werden kann, ist noch nicht zusammenfassend über repräsentative Mit/Ohne-Vergleiche untersucht worden. Zwar konnte in einzelnen Studien ebenfalls Extensivierungserfolge festgestellt werden, jedoch gelten die Ergebnisse jeweils nur für spezifische Standorte und Auflagen und können nicht ohne weiteres auf das Gros der Extensivierungsflächen übertragen werden. Eine Einschätzung der
Wirkung für den Gewässerschutz wurde systematisch von Osterburg und Runge (2007)
vorgenommen.
Eine zentrale Bedeutung kann der Grünlandextensivierung für die Landbewirtschaftung in
den Mittelgebirgslagen zugeschrieben werden, wo sie sich als eigenständige Produktions-
76
richtung, vielfach in Verbindung mit extensiven Tierhaltungsformen, etabliert hat. In diesen Regionen war infolgedessen im Gegensatz zum bundesweiten Trend nach Einführung
der MacSharry-Reformen in bedeutendem Umfang eine Zunahme der Grünlandfläche zu
verzeichnen. Die Extensivierungsförderung hat im Zusammenspiel mit anderen Maßnahmen der zweite Säule wie der Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete in den beiden
zurückliegenden Förderperioden zu dieser Entwicklung beigetragen.
Die EU-Agrarreform von 2003 – neue Rahmenbedingungen für die Grünlandnutzung
Die Luxemburger Beschlüsse zur Reform der EU-Agrarpolitik vom Juni 2003 enthalten
als Kernelemente eine weitreichende Entkopplung der Direktzahlungen von der Agrarproduktion, die Ausgabe handelbarer, an landwirtschaftliche Fläche gebundener Zahlungsansprüche und die Bindung der Direktzahlungen an die Einhaltung von Standards in
den Bereichen Umwelt-, Tier- und Verbraucherschutz („Cross Compliance“). Prämienberechtigt sind Acker- und Grünlandflächen, die genutzt oder z. B. durch Mulchen offen
gehalten werden. Für die Grünlandnutzung ist relevant, dass Tierprämien z. B. für Mutterkühe und Schafe im Jahr 2005 in flächenbezogene, nicht an die Produktion gekoppelte
Zahlungsansprüche umgewandelt wurden, und im Jahr 2013 einheitliche Flächenprämien
für Acker- und Grünland gezahlt werden sollen. Grünlandumbruch ist trotz CrossCompliance-Auflagen möglich, solange der Grünlandanteil an der geförderten Fläche gegenüber dem Referenzjahr 2005 um nicht mehr als 5 % fällt. In einigen Bundesländern ist
diese Grenze beinahe erreicht. Ein flächenspezifischer Schutz vor Umbruch oder die Gewährleistung eines gezielten Grünlandmanagements können über die flächenbezogenen
Direktzahlungen nicht gewährleistet werden. Hierfür sind weiterhin ein gebietsspezifischer Grundschutz sowie zusätzliche Managementmaßnahmen z. B. im Rahmen von Vertragsnaturschutz notwendig.
Förderung 2007 bis 2013 – Was bringen die neuen Programme?
Agrarumweltmaßnahmen binden mit 4.226 Mio. Euro oder 26 % des deutschen ELERBudgets die weitaus größten Mittelsumme aller ELER-Fördermaßnahmen, insgesamt ist
die Summe der ELER-Mittel in Deutschland gegenüber der Förderperiode 2000-2006 aber
gesunken (Reiter und Roggendorf, 2007). Auch die Mittel für Agrarumweltmaßnahmen
sinken im Durchschnitt gegenüber der Situation im Jahr 2005.
Die höchsten geplanten Ausgaben fallen trotz Budgetkürzungen auf Bayern und BadenWürttemberg mit etwa der Hälfte des deutschen Fördervolumens. Der Handlungsspielraum für Fördermaßnahmen ist derzeit in vielen Bundesländern noch durch Altverpflichtungen aus der abgelaufenen Förderperiode stark eingeschränkt (diese binden z. B. in
NRW rund 57% des Agrarumweltbudgets). Vor dem Hintergrund der Budgetrestriktionen
und der durch die Agrarreform 2003 veränderten Rahmenbedingungen wurde die Förderung auch bezüglich des Maßnahmenangebots, der Prämienhöhen oder der Zugangsvoraussetzungen in einigen Bundesländern eingeschränkt und z.T. stärker auf Zielkulissen
konzentriert. In den Planzahlen ablesbar ist, dass die Maßnahmenfläche auf Grünland
77
tendenziell abnehmen wird, und es unter der Zielsetzung Wasserschutz tendenziell zu
einer Mittelverschiebung auf das Ackerland kommen wird.
Entwicklung der Landnutzung – Ausblick
Die Zukunft der extensiven Grünlandnutzung hängt in Deutschland erster Linie von der
Entwicklung der Rinder- und Schafhaltung ab. Nach Entkopplung der Agrarstützung von
der Produktion verlieren Mutterkuh- und Schafhaltung aus betriebswirtschaftlicher Sicht
weiter an Rentabilität, die Bestände sind bis 2007 gegenüber dem Jahr 2000 um jeweils
etwa 10 % zurückgegangen. Solange aber keine alternativen Flächennutzungen zur Auswahl stehen und Agrarumweltförderung und Ausgleichszulage an eine Mindestnutzung
der Flächen gebunden sind, erfüllen diese Verfahren weiter die Funktion der Grünlandpflege.
Reformen der EU-Milchmarktordnung werden die Rahmenbedingungen für die Milchviehhaltung in den nächsten Jahren grundlegend verändern. Die Milchviehhaltung einschließlich Jungtieraufzucht ist für die Grünlandnutzung in Deutschland der bedeutendste
Produktionszweig. Im Jahr 2007 wurden die bisher 21 Übertragungsgebiete für den Handel mit Milchquoten nach alten und neuen Bundesländern in zwei Gebiete zusammengefasst. Dadurch kann insbesondere in den westlichen Bundesländern eine weiträumigere
Übertragung der Milchquoten von Süd- nach Norddeutschland stattfinden. Im Rahmen
des so genannten „health check“ der EU-Agrarpolitik wird ein Ausstieg aus der Milchquote nach dem Jahr 2014/15 diskutiert, der durch zusätzliche Quotenaufstockungen und
damit verbundenen Milchpreisrückgängen vorbereitet werden soll. In Grünlandregionen
mit weniger wettbewerbsfähiger Milchproduktion werden die Rinderbestände vor diesem
Hintergrund voraussichtlich weiter abnehmen.
Die derzeit ansteigenden Agrarpreise für Ackerbauprodukte führen zu mehr Flächenkonkurrenz mit der Folge, dass der Umbruch ackerfähiger Grünlandflächen attraktiver wird
und Ackerfutterbau verdrängt wird, was zu einer Grünlandintensivierung beiträgt. Energiepflanzenanbau kann diesen Druck verstärken, ob durch die direkte Nutzung von Grünlandflächen für die Biomasseproduktion, oder die Umwandlung in Acker oder Kurzumtriebsplantagen. Eine Überprüfung des aktuellen Grünlandschutzes und der Förderung
erwünschter Nutzungs- und Pflegeformen ist vor dem Hintergrund der beschriebenen
Entwicklungen geboten.
Literatur
Osterburg, B., Runge, T. (Hrsg.) (2007): Maßnahmen zur Reduzierung von Stickstoffeinträgen in Gewässer - eine wasserschutzorientierte Landwirtschaft zur Umsetzung
der Wasserrahmenrichtlinie. Braunschweig, Landbauforschung Völkenrode SH 307
Reiter, K., Roggendorf, W. (2007): Maßnahme 214 – Zahlungen für Agrarumweltmaßnahmen. In: Tietz, A.(Hrsg.): Ländliche Entwicklungsprogramme 2007 bis 2013 in
78
Deutschland im Vergleich – Finanzen, Schwerpunkte, Maßnahmen. Braunschweig,
Landbauforschung Völkenrode, SH 315
Schumacher, W. (2007): Bilanz -20 Jahre Vertragsnaturschutz, Vom Pilotprojekt zum
Kulturlandschaftsprogramm NRW. Naturschutz-Mitteilungen (1), 2007, 21-28.
79
Vertragsnaturschutz in Nordrhein-Westfalen
Erfolge:
• Etabliert seit mehr als 25 Jahren
• Akzeptiert
• Flexibel
• Effizient
Vertragsnaturschutz in GraslandÖkosystemen
Problembereiche:
• Beim Start für Landwirte relativ hoher Verwaltungsaufwand
• Hoher naturschutzfachlicher Betreuungsaufwand
• Keine Erfolgshonorierung
MR Dr. Georg Verbücheln, Referat III-4, MUNLV NRW
Heiden und Magerrasen
Grünland-Biotoptypen im Vertragsnaturschutz in NRW
FFH-Lebensraumtypen
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Sandheiden auf Dünen
Sandtrockenrasen auf Dünen
Feuchtheiden
Trockene Heiden
Wacholderheiden
Kalk-Halbtrockenrasen
Schwermetallrasen
Borstgrasrasen
Pfeifengraswiesen
Magere Flachland-Mähwiesen
Bergmähwiesen
Salzwiesen im Binnenland
Sonstige
•
•
•
Feuchtwiesen und –weiden einschl. Brachen (§ 62)
Mageres Weidegrünland (§ 62)
Sonstige wertvolle Grünlandflächen mit gefährdeten Arten
•
Streuobstwiesen und -weiden
Sandheiden und Sandtrockenrasen auf Dünen, Feucht- und Trockenheiden, Wacholderheiden (FFH-Anhang I);
Zauneidechse, Schlingnatter (FFH-Anhang IV); Heidelerche, Ziegenmelker, Schwarzkehlchen, Gr. Brachvogel; Cladonia
spec., Sphagnum spec. (FFH-Anhang V); div. RL-Pflanzenarten
Wiesen und Magerrasen
Feuchtwiesen und -weiden
Schwermetallrasen, Kalk-Halbtrockenrasen, Borstgrasrasen, Pfeifengraswiesen, Magere Flachlandmähwiesen, Bergmähwiesen (FFH-Anhang I); mageres Weidegrünland; Skabiosenfalter, WiesenknopfAmeisenbläuling (FFH-Anhang II); div. RL-Pflanzenarten; Arnica montana (FFH-Anhang IV); Wiesenpieper,
Neuntöter, Braunkehlchen, Schwarzkehlchen
Brachvogel, Bekassine, Rotschenkel, Uferschnepfe, Weißstorch, Kiebitz, Wiesenpieper, Schwarzkehlchen,
Wachtelkönig; Laubfrosch (FFH-Anhang IV); div. RL-Pflanzenarten
80
1
Streuobstwiesen und -weiden
Vertragsnaturschutzfläche (ha) 2000 bis 2006
30.000
25427
25.000
23638
21.999
20.501
20.000
17964
15.896
15.000
12.866
10.000
5.000
0
2000
2001
2002
2003
2004
2005
Vertragsnaturschutz im Grünland, Stand 2006/07
Grünland-Biotoptypen in NRW (VNS-Zielkulisse)
•
B2. Nr. 1 a/b: Extensivierung ohne zeitliche Bewirtschaftungseinschränkung (mit
eingeschränkter und stark eingeschränkter Nutzung)
370 ha
•
Binnen-Salzwiesen
•
B2. Nr. 2 a) aa) und ab): Extensivierung mit zeitlichen Bewirtschaftungseinschränkungen –
Weide/Mähweide (Besatzdichte 2 bzw. 4 GVE/ha)
7.420 ha
•
B2. Nr. 2 b): Extensivierung mit zeitlichen Bewirtschaftungseinschränkungen –
Wiese/Mähweide (Terminverschiebung/verschiedene Nutzungstermine) 12.850 ha
•
B3. a) Sonderbiotope/Pflege (Beweidung)
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Sandheiden auf Dünen
Sandtrockenrasen auf Dünen
Feuchtheiden
Trockene Heiden
Wacholderheiden
Kalk-Halbtrockenrasen
Schwermetallrasen
Borstgrasrasen
Pfeifengraswiesen
Magere Flachland-Mähwiesen
Bergmähwiesen
•
B3. b) Sonderbiotope/Pflege (Mahd)
•
•
•
•
Feuchtwiesen und –weiden (§ 62)
Magerrasen (§ 62)
Sonstige wertvolle Grünlandflächen mit gefährdeten Arten
(Streuobstwiesen und -weiden
•
C Streuobstwiesen
2.370 ha
Atlant.
13
450
570
490
2590
50
25
40
6
1300
-
Kont.
0,3
15
80
265
100
400
100
150
44
4750
1230
• FFH-Gesamt:
650 ha
720 ha
gesamt: 24.380 ha
• Gesamt:
2006
Gesamt (ha)
13,3
ʇq
450
ʇ
585
ʇ
570
ʇ
2855
ʇ
150
ʇ
425
ʆ450
100
ʇ
190
ʇq
50
ʆ60
6050
ʆ6500
1230
ʆ1500
ca. 13.000 ha
ca. 5000
ca. 2000
ca. 5000
ca. 1000)
ca. 13.000 ha
81
2
Was wird gezeigt?
•
•
•
•
•
•
Förderung von Agrarumweltmaßnahmen
in NRW
Einführung – Was sind AUM?
Aktueller Stand der Förderung in NRW
Förderbausteine und –umfang
Auszahlungen 2000 – 2006
Förderbausteine 2007 – 2013
Warum die „Umsteuerung“?
Christof Weins, Referat II-4, MUNLV NRW
Was sind Agrarumweltmaßnahmen?
Aktueller Stand der Förderung in NRW
•
•
•
•
•
•
•
•
Agrarumwelt- und Vertragsnaturschutzmaßnahmen sind das
Instrument zur Honorierung ökologischer Leistungen
Zentraler Baustein des NRW-Programm „Ländlicher Raum“
•
VO (EWG) Nr. 1698/2005 (ELER)
freiwilliger Ansatz und fünfjähriger Verpflichtungszeitraum
Finanzierung: Land NRW, Bund (teilw.), EU
Prämienkalkulation: Ertragsminderung, Kosten
Bewilligungsbehörden: Landwirtschaftskammer NRW und für
Vertragsnaturschutz Kreise /Kreisfreien Städte
•
•
•
•
•
Förderbausteine und –umfang I
Auszahlungen 2000 - 2006
Grünlandextensivierung
77.000 ha
Erosionsschutz
76.000 ha
Vielfältige Fruchtfolgen
59.000 ha
Ökologischer Landbau
50.000 ha
Grünlandextensivierung (Einzelflächen)
8.500 ha
Uferrandstreifen (ca. 2.000 km)
4.000 ha
Langjährige Flächenstillegung
2.000 ha
Schon-/Blühstreifen (ca. 800 km)
900 ha
Acker- und Dauerkulturextensivierung
300 ha
Festmistwirtschaft
(50.000 GVE)
Weidehaltung von Milchvieh
(165.000 GVE)
Vertragsnaturschutz
300.000 ha Förderumfang
(Agrarumwelt- und Vertragsnaturschutzmaßnahmen)
215.000 Großvieheinheiten
(tierbezogene Agrarumweltmaßnahmen)
ca. 20 % der LF in NRW
über 15.000 teilnehmende Betriebe
65 Mio. € Auszahlung in 2007 (EU, Bund und Land)
ca. 340 Mio. € öffentliche Mittel in den Jahren 2007–2013
50 % der EU-Mittel für das NRW-Programm “Ländlicher Raum”
Grünlandextensivierung
95,4 Mio € (30%)
Vielfältige Fruchtfolge
5,7 Mio € (2%)
Ökolandbau
59 Mio € (19%)
Schonstreifen
1,7 Mio € (1%)
Acker- und Dauerkulturextensivierung
0,6 Mio € (0,2%)
Vertragsnaturschutz
62,7 Mio € (20%)
Erosionsschutz
36,9 Mio € (12%)
Flächenstilllegung
5,2 Mio € (2%)
Weidehaltung
13,8 Mio € (4%)
Festmist
23 Mio € (7%)
Uferrandstreifen
10,5 Mio € (3%)
25.000 ha
82
1
Anteil extensiv genutztes Grünland am Dauergrünland in NRW
Förderbausteine und –umfang II (nur Grünland)
Grünlandextensivierung
77.000 ha
Ökologischer Landbau
30.500 ha
Grünlandextensivierung (Einzelflächen) 8.500 ha
Uferrandstreifen (ca. 2.000 km)
2.000 ha
Vertragsnaturschutz
Anteil in % (Anzahl Gemeinden)
o. Teilnahme (66)
0,0 <= 2,5 (72)
2,5 <= 5,0 (40)
5,0 <= 10,0 (52)
10,0 <= 20,0 (54)
20,0 <= 30,0 (45)
> 30,0 (67)
25.000 ha
Maximum: 85,52 (Neunkirchen)
Landesdurchschnitt Nordrhein-Westfalen: 13,43
Median der Gemeinden mit Teilnahme: 9,87
Grafik: FAL (heute vTI) auf Basis von Förderdaten und InVeKos (2004).
Fördermaßnahmen ab 2007
Weiterhin angebotene Bausteine
Warum die „Umsteuerung“?
•
Wegfallend
x Ökologischer Landbau
x Festmistwirtschaft
x betriebszweigbezogene
Grünlandextensivierung *
x einzelflächenbezogene
Grünlandextensivierung
•
x Vielfältige Fruchtfolge *
x Weidehaltung von Milchvieh
•
x Uferrandstreifen
x Erosionsschutz
x Bedrohte Haustierrassen
x Acker-/DK-Extensivierung
x Vertragsnaturschutz
x Schon-/Blühstreifen
•
•
x langjährige Stilllegung
* nur Verlängerungen
ELER-VO sieht eine Mindestausstattung der Schwerpunkte (1 und 3
von 10%, bei 2 von 25% und beim LEADER-Ansatz von 5%) vor,
ansonsten keine Genehmigung durch EU-KOM
Schwerpunkt 2 „Umwelt und Landschaft“ ist mit 65% der EU-Mittel
bleibt wichtigster Bereich des NRW-Programm
60 % der für die AUM-Förderung zur Verfügung stehenden EU-Mittel
sind über bestehende Verpflichtungen gebunden
Berücksichtigung der Ergebnisse aus der Evaluierung der
Förderperiode 2000 – 2006
Übergreifende Aspekte, z.B. Verwaltungsvereinfachung, auch wg.
begrenzter Personalkapazitäten für Umsetzung der Förderung
83
2
Zukunft von Vertragsnaturschutz und Agrarumweltprogrammen, Thesen
Ulrich Hampicke
1. Vertragsnaturschutzprogramme wie in der Eifel (Schumacher 2007) sind so erfolgreich,
dass sich derzeit Überlegungen, an ihnen Wesentliches zu ändern, erübrigen. Im Gegensatz
dazu bedürfen EU-kofinanzierte Agrarumweltprogramme (AUP) häufig einer Revision und
Weiterentwicklung (jüngste bundesweite Zusammenstellung in BfN 2006a).
2. Die Festlegungen zur Umsetzung der ELER-Verordnung der EU (VO 1698) durch die
Bundesländer lassen erkennen, dass zumindest in einigen Ländern ähnlich hohe Summen für
AUP bereitstehen werden wie bisher (DVS 2008). Selbst dort, wo gekürzt wird, kann durch
Verbesserung der Programme das Niveau des Naturschutzes in der Kulturlandschaft gehalten
oder erhöht werden.
3. Internationale Studien (Kleijn and Sutherland 2003, Marggraf 2003) zweifeln an der
physischen Effektivität zahlreicher AUP; allerdings ist eine vergleichende Erfolgskontrolle
(„top down“) methodisch sehr schwierig. Der Blick auf einzelne Programme lässt dagegen
keinen Zweifel, dass hier wenig erreicht und sogar Geld verschwendet wird. Zu fordern ist
eine rigorose Qualitätskontrolle der laufenden AUP und das Auslaufen derjenigen, die
fachliche Mindestanforderungen nicht erfüllen. Die gesparten Mittel sind den erfolgreicheren
AUP zuzuführen.
4. Seit der Agenda 2000 (VO 1257 und jetzt 1698) sollen AUP nur Leistungen honorieren, die
über die gute fachliche Praxis hinausgehen. Was vom Landnutzer – letztlich in
Konkretisierung von Artikel 14 Absatz 2 GG – ohnehin verlangt wird, kann nicht noch
honoriert werden. So verlangt § 17 BBodSchG bei der landwirtschaftlichen Bodennutzung die
Schonung des Bodens in jeder Hinsicht. Trotzdem fließt in der Praxis noch ein erheblicher
Teil der Mittel in Maßnahmen zum Erosionsschutz. Den Landwirten sei dieser Mittelzufluss
nicht missgönnt, jedoch schädigt er langfristig das Ansehen der AUP in der Öffentlichkeit und
fördert die Meinung, hier werde unter ökologischem Feigenblatt nur Einkommen ausgestreut.
5. Neben die relativ kurzfristig umsetzbaren Forderungen (3) und (4) treten langfristige
Aspekte der qualitativen Weiterentwicklung der AUP. Hier besteht das Oberziel, die
Honorierung von Naturschutzleistungen als vollwertige und ebenso angesehene
Einkommensquelle zu etablieren wie Einkommen aus der Erzeugung und dem Verkauf von
Produkten. Dieses Ansehen besitzen AUP und auch der Vertragsnaturschutz noch nicht
überall.
6. Dem Oberziel wird zum einen damit gedient, dass der Orientierung am Ergebnis, am Erfolg
ein höherer Stellenwert als in der Vergangenheit zugemessen wird. Die bisher praktizierten
Modelle erfolgsorientierter (anstatt aufwandsorientierter) Honorierung, wie in der Schweiz, in
Baden-Württemberg und jüngst auch in anderen Bundesländern sind viel versprechend und
sollten ausgebaut und übernommen werden (Umfassende Dokumentationen von
Praxiserfahrungen in Oppermann und Gujer 2003 sowie BfN 2006b, vgl. auch Alfred Toepfer
Akademie 2006).
7. Die zweite Fundamentalforderung ist: Wer gute Naturschutzleistungen „abliefert“, soll
damit ebenso gut Geld verdienen können wie der, der gute Ernteprodukte und Tiere abliefert.
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Verdienstmöglichkeiten („Produzentenrenten“) sind der treibende Anreiz für die
Leistungserstellung in allen Wirtschaftsbereichen und es ist ein Anachronismus, dass allein
der Naturschutz hiervon ausgenommen ist. Wer Waren herstellt und verkauft, darf daran
verdienen, wer Naturschutz betreibt, darf höchstens seine Kosten zurückerstattet bekommen.
Ist es da verwunderlich, wenn es zuwenig Naturschutz gibt? Jüngere Entscheidungen in der
EU, wie die Abschaffung der Regel, wonach AUP eine Anreizkomponente von 20% der
Honorierung über die Kostenerstattung hinaus beinhalten dürfen (angeblich auf Betreiben der
WTO), gehen in die völlig falsche Richtung. Sie mögen kurzfristig Finanzmittel einsparen,
höhlen aber langfristig die Leistungsbereitschaft im Bereich von Naturschutz und
Landschaftspflege aus. Sie beruhen auf dem Missverständnis seitens höchster Behörden, die
Entlohnung für Naturschutz sei eine Subvention anstatt eines Leistungsentgelts.
8. Das gestiegene Agrarpreisniveau dürfte sich finanziell für AUP im Grünland weniger stark
auswirken als im Ackerland. AUP im Ackerbau, naturschutzfachlich höchst wünschenswert
und bis in die jüngere Zeit kostengünstig (Hampicke et al. 2004, 2005), werden durch die
Preissteigerungen heftig berührt.
9. AUP und dem Vertragsnaturschutz kommt künftig im Grünland die wichtige Funktion zu,
die Landschaftspflege über die Verwertung des Aufwuchses durch Tiere (Beweidung oder
Silage/Heubereitung) zu gewährleisten. Es muss klar gesehen werden, dass sogenannte
„Extensiv-Betriebszweige“ auf dem Magergrünland, wie die Mutterkuhhaltung und die
Schafhütung, wegen der Kombination hohen Arbeitsaufwandes mit niedrigen Produktpreisen
einen hohen Zuschuss zur Kostendeckung seitens der Gesellschaft verlangen (Rühs et al.
2005). Es besteht wenig Aussicht darauf, dass die Rind- und Schaffleischpreise ebenso
steigen werden wie die Preise für Ackerprodukte. Die Anreize zur Pflege durch Mulchen aus
der Kombination von Entkoppelung und Cross Compliance sind unübersehbar (Berg 2005).
10. Bei aller ihrer Bedeutung können AUP und Vertragsnaturschutz eine naturschutzgerechte
und landschaftspflegende Nutzung des Grünlandes allein nicht gewährleisten. Dazu bedarf es
darüber hinaus einer aktiven Strukturpolitik, welche insbesondere die Milchviehhaltung in
Mittelgebirgsräumen erhält. Die Pflege des traditionellen Grünlandes durch Aufzuchtfärsen,
wie in der Eifel praktiziert, ist deutlich kostengünstiger als durch Mutterkühe (Rühs et al.
2005).
Literatur
Alfred Toepfer Akademie für Naturschutz (Hrsg.) 2006: Entwicklung und Erprobung von
Methoden für die ergebnisorientierte Honorierung ökologischer Leistungen im Grünland
Nordwestdeutschlands. NNA-Berichte 19, Jahrgang, Heft 1, 257 S.
Berg, E. 2005: Ökonomik der Grünlandnutzung bei produktionsentkoppelten
Ausgleichszahlungen. Lehr- und Forschungsschwerpunkt „Umweltverträgliche und
Standortgerechte Landwirtschaft“ an der Universität Bonn (Hrsg.): Ressourcenschonende
Grünlandnutzung, Zukunftsorientierte Tierhaltung. Tagungsband der 16. und 16
Wissenschaftlichen Fachtagungen. Bonn, 59-69.
BfN 2006a (Bundesamt für Naturschutz, Hrsg.): Kurzfassungen der Agrarumwelt- und
Naturschutzprogramme. E. Hartmann, A. Schekahn, R. Luick und F. Thomas, Bearbeiter.
BfN-Skripten 161, 302 S.
85
BfN 2006b (Bundesamt für Naturschutz, Hrsg.): Anreiz. Ökonomie der Honorierung
ökologischer Leistungen. U. Hampicke und Arbeitsgruppe Landschaftsökonomie Greifswald
(Projektleitung). BfN-Skripten 179, 175 S.
DVS 2008 (Deutsche Vernetzungsstelle Ländliche Räume in der Bundesanstalt für
Landwirtschaft und Ernährung, Hrsg.): LandInform 1/2008, 51 S.
Hampicke, U., Holzhausen, J., Litterski, B. und Wichtmann, W. 2004: Kosten des
Naturschutzes on offenen Ackerlandschaften Nordost-Deutschlands. Bericht über
Landwirtschaft 81, 225-254.
Hampicke, U. Litterski, B. und Wichtmann, W. (Hrsg.) 2005: Ackerlandschaften. Berlin
Heidelberg New York (Springer), 311 S.
Kleijn, D. and Sutherland, W. 2003: How effective are European agri-environmental schemes
in conserving and promoting biodiversity? Journal of Applied Ecology 40, 947-969.
Marggraf, R. 2003: Comparative assessment of agri-environmental programmes in federal
states of Germany. Agriculture, Ecosystems & Environment 98, 507-516.
Oppermann, R. und Gujer, H.U. 2003: Artenreiches Grünland bewerten und fördern. MEKA
und ÖQV in der Praxis. Stuttgart (Ulmer), 199 S.
Rühs, M., Hampicke, U. und Schlauderer, R. 2005: Die Ökonomie tiergebundener Verfahren
der Offenhaltung. Naturschutz und Landschaftsplanung 37, 325-335.
Schumacher, W. 2007: Bilanz – 20 Jahre Vertragsnaturschutz. Naturschutz-Mitteilungen
1/2007 (hrsgg. vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW), 21-28.
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Foerster
Gigon
Haber
Hampicke
Haverkamp
Hermeling
Kaule
Klimek
Lütke Entrup
E.
Andreas
Wolfgang
Ulich
Michaela
Stefan
Carsten
Michael
Giselher
Sebastian
Norbert
Franziska
Andreas
Bernd
Dr.
Prof. Dr.
Prof. Dr.
Prof. Dr
Prof. Dr
Prof. Dr.
Dr.
Prof. Dr.
Dr.
Dr.
Dr.
Verbücheln
Weins
Georg
Christof
Dr.
Prof. Dr.
Ruthsatz
Schmitz
Schumacher
Stroh
Barbara
Markus
Wolfgang
Hans-Georg
Otte
Roggendorf
Mayer
Neitzke
Nowak
Prof. Dr.
Prof. Dr. Dr. Annette
Wolfgang
Elsäßer
Martin
PD Dr.
Hobohm
Jeschke
Dierschke
Dierssen
Hartmut
Klaus
Prof. Dr.
Prof. Dr
Nachname
Busenkell
Vorname
Jörn
Titel
Dr.
Düsseldorf
MUNLV NRW
Trier
Dahlem
Bonn
Göttingen
Düsseldorf
INRES - Geobotanik und Naturschutz
Abt. Geobotanik
Gießen
Braunschweig
Freising
Recklinghausen
Wetzlar
Soest
Göttingen
Stuttgart
Flensburg
München
Greifswald
Bonn
Bankenheim
Zürich
Freising
Kleve
Aulendorf
Göttingen
Kiel
Ort
Bonn
MUNLV NRW
Universität Trier
Landwirt
Universität Bonn
Universität Göttingen
Landschaftsökologie und
Landschaftsplanung
Arbeitsgruppe Vegetationskunde
Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft
LANUV NRW
GÖLF
Universität Gießen
vTI Braunschweig
Fachbereich Agrarwirtschaft
Institut für Landschaftsplanung und
Ökologie
Institut für Botanik und
Landschaftsökologie
Fachhochschule Südwestfalen
Universität Göttingen
Universität Stuttgart
Universität Flensburg
TU München
Universität Greifswald
BLE
Landwirt
ETH Zürich
Plant Ecology and Conservation Biology
Ecology Centre
Universität Göttingen
Universität Kiel
Bildungs- und Wissenszentrum Aulendorf
ehemals Grünlandforschungstelle KleveKellen
Zusatz Institution
USL
Institution
Universität Bonn
Liste der angemeldeten Teilnehmerinnen und Teilnehmer Workshop "Biodiversität"