Vortrag Schumacher Vilm 1
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Vortrag Schumacher Vilm 1
Artenreiches Extensiv-Grünland - Ergebnisse und Erfahrungen aus 25 Jahren Vertragsnaturschutz - Rückblick und aktuelle Situation - Prof. Dr. Wolfgang Schumacher Geobotanik und Naturschutz, Universität Bonn BFN-Tagung auf Vilm (Rügen), 6.10.2011 Der Anfang: Pilotprojekt „Landwirte pflegen Biotope“ - Einführungs-Exkursion im Mai 1985 - 2 Ziele und Fragestellungen des Pilotprojektes Ausgehend von dem damaligen, oft mehr oder weniger schlechten Zustand vieler Offenlandbiotope in Naturschutzgebieten oder anderen schutzwürdigen Flächen durch falsche Nutzungen, Brachfallen oder Nadelholzaufforstungen sollten integrative Strategien und Konzepte erarbeitet werden, diese nicht akzeptable Situation dauerhaft zu ändern. Ferner sollte geprüft werden, in welchem Umfang dabei relevante Zusatzeinkommen für landwirtschaftliche Haupt- und Nebenerwerbsbetriebe erzielt werden können. Folgende Fragen standen im Vordergrund: Inwieweit sind Landwirte zur Durchführung der Erstpflege und / oder der extensiven Nutzung von Offenlandbiotopen in Naturschutzgebieten oder anderen schutzwürdigen Flächen besonders geeignet? Wie hoch liegen die Kosten pro Hektar bei der Erstpflege bzw. dauerhaften extensiven Nutzung der verschiedenen Offenlandbiotope? In welchem Umfang kann das Mähgut in den verschiedenen landwirtschaftlichen Betriebstypen verwertet werden? Wie ist die Effizienz der Maßnahmen aus naturschutzfachlicher Sicht zu beurteilen? 3 Das Untersuchumgsgebiet: nordrhein-westfälische Eifel Verwertung des Mähgutes im Landwirtschaftlichen Betrieb anstelle der Entsorgung in oder am Rand von Schutzgebieten 5 Integration artenreicher Grasländer in heutige Milchviehbetriebe Das Heu dieser Flächen wurde seit dem Pilotprojekt 1985 in den Betrieben zunächst meist für Jungrinder und Trockensteher verwertet oder aber verkauft. Da die Energiegehalte deutlich höher sind (bis zu 5,5 NEL!), als früher angenommen wurde, wird es von einer Reihe von Betrieben seit mehr als 10 Jahren in begrenzter Menge als strukturreiches, gutes Raufutter anstelle von Stroh auch an laktierende Kühe verfüttert, z.B. in entsprechenden Rationen im Futtermischwagen (vgl. Vortrag Hermeling). Nach unseren langjährigen Erfahrungen können daher auch viele Betriebe mit hoher Milchleistung in der Region auf 10 - 30 % ihrer Flächen erfolgreich Vertragsnaturschutz betreiben. Derzeit sind das mehr als 200 Haupterwerbsbetriebe mit einem Stalldurchschnitt von 7500 bis 10500 Liter / Kuh im nordrhein-westfälischen Teil der Eifel. Die meisten Folien dieses Vortrags - wie auch die von Herrn Hermeling - zeigen Vertragsnaturschutzflächen dieser Betriebe. Produktivität des mittelintensiven Grünlandes bei der Grünland-Extensivierung nach MSL oder beim Ökolandbau ( jew. 1,4 GV / ha; ohne mineralische Dünger und Herbizide) Mittelintensive Weidelgras-Weißkleeweide im Löwenzahn-Aspekt bei Kall-Krekel ( Ökolandbau; nur hofeigene Dünger ca. 130 - 150 kg N / ha seit 2001). Grünlandextensivierung (MSL), nur hofeigene Dünger 130-150 kg N/ha. Zweiter Nutzungstermin mit typischem Weißklee-Aspekt auf Mähweiden bei Blankenheim-Ahrhütte. Die Alpha-Diversität auf 10 m² liegt hier wie beim Ökolandbau - stets unter 20 Arten (vgl. Folie 14). Artenreiche Goldhaferwiese, seit Jahrzehnten ungedüngt (Genfbachtal bei Nettersheim). Kernfrage: In welchem Umfang und unter welchen Voraussetzungen können solche Magerwiesen in Milchviehbetrieben verwertet werden ? Förderung des Dauergrünlandes in NRW Förderung von Wiesen, Weiden und Magerrasen in NRW am Beispiel des Betriebes Hermeling nach den Kulturlandschafts-Programmen (Vertragsnaturschutz und AUM): Vertragsnaturschutz: 250 - 350 € / ha (abzgl. Grünland-Extensivierung) Grünlandextensivierung (MSL): 90 € / ha Flächenprämie (inkl. ehemalige Tierprämien): 287 € / ha Ausgleichszulage für Berglandregionen: 100 € / ha Weideprämie: 70 € / GV für die Weidesaison (ca. 50 € / ha) NSG Seidenbachtal bei Blankenheim (Eigentum NRW-Stiftung), ca 100 ha Wiesen und Magerrasen. Von 6 Milchviehbetrieben extensiv genutzt, z.T. seit 1985 Große Wiesen-Magerrasen-Komplexe im NSG Seidenbachtal mit sehr hoher Biodiversität (Hermeling, Schmitz, Baales, Berlingen, Klinkhammer, Hütter) Blühaspekt mit Frühlings-Schlüsselblume im Seidenbachtal (Baales, Klinkhammer, Berlingen u.a.) Wechselfeuchte Magerwiese mit Frühlings-Schlüsselblume, Herbstzeitlose, Kleinem und Breitblättrigem Knabenkraut, Seidenbachtal (Hermeling) Ungedüngte Glatthaferwiese im NSG Seidenbachtal (Hermeling, Schmitz) Trockene Glatthaferwiese mit Esparsetten-Aspekt im Seidenbachtal (Schmitz, Klinkhammer) Kalkmagerrasen im Seidenbachtal mit Berg-Klee, Großer Händelwurz und Kugeliger Teufelskralle (Schmitz, Hermeling, Baales ) Massenbestand von Deutschem Enzian und Wiesen-Augentrost in Kalkmagerrasen (Schmitz), Seidenbachtal Herbst 2011 Alpha – Diversität langfristig extensiv genutzter montaner Wiesen mit Vertragsnaturschutz auf 10 m²- und 1m²- Probeflächen (Zufallsstichproben) NSG Fläche Mittelwert Artenzahl α-Diversität Haubachtal Ia 44-46 45 ” Ib 43-45 44 ” IIa 35-36 36 ” IIb 33-37 36 Seidenbachtal Ia 41-46 43 ” Ib 43-46 44 Dietrichseiffen Ia 43-54 48 ” Ib 45-49 47 Nr. 1 Artenzahl 28 2 3 4 5 6 7 8 9 29 31 31 34 30 29 32 38 Alpha-Diversität artenreicher Goldhafer- und Glatthaferwiesen auf 10m² - Probeflächen im Raum Blankenheim (Vertragsnaturschutz seit 1990; keine NDüngung). Bestandserhebung 2004 /2005 und 2010 / 11; drei Aufnahmen pro Parzelle. Alpha-Diversität auf 1 m²-Probeflächen (div. Jahre) in frischen bis wechselfeuchten Goldhaferwiesen (NSG Dietrichseiffen bei Blankenheim und NSG SistigKrekeler Heide bei Kall). Vertragsnaturschutz seit 1986. NSG Sistig-Krekeler Heide (Eigentum NRW-Stiftung), 50 ha überwiegend gemähte Borstgrasrasen, Feuchtheiden, Feucht- und Bergwiesen, Magerweiden (B.Thelen, H.W.Thelen, Murk, Linden) Sistig-Krekeler Heide, Aspekt mit Geflecktem Knabenkraut (Thelen) Sistig-Krekeler Heide, Borstgrasrasen mit Berg- und Zweiblättriger Waldhyazinthe, Gefl. Knabenkraut und Grüner Hohlzunge (Thelen, Murk) Bemerkenswerte Bestände des sehr seltenen Lungen-Enzians, NSG SistigKrekeler Heide (Thelen), August 2011 Übergangsbestand von feuchten Borstgrasrasen mit Sparriger Binse zur Glokkenheide-Gesellschaft (vorn) mit Lungen-Enzian, Sistig-Krekeler Heide (Thelen) Heidemoor mit einem renaturierten, jetzt gemähten Wollgrassumpf, SistigKrekeler Heide (Schneider, Murk) Wacholderreiche Kalkmagerrasen bei Alendorf (Eigentum Gemeinde Blankenheim) mit Bentheimer Landschafen. Biotopverbund mit ca. 150 ha im NSG Lampertstal und oberen Ahrtal in Hütehaltung seit 1987 (Kulling) Außer dem Betrieb Kulling gibt es zwei weitere Schafherden. Damit werden im Kreisgebiet ca. 450 ha Kalkmagerrasen und 200 ha Magerweiden genutzt. Beweideter Kalkmagerrasen im Mai am Hämmersberg bei Blankenheim- Alendorf mit einer eingezäunten 100 m² - Probefläche, auf der sich ein dichter Filz der Fiederzwenke gebildet hat: Dort wird es 14 Tage später grün! Gemähter Kalkmagerrasen bei Üdelhofen (Nisius) mit Frühlings-Schlüsselblume Biotopverbund von rund 50 ha Kalkmagerrasen im Raum Pesch-Gilsdorf-Eschweiler Tal (Bad Münstereifel). Renaturiert ab 1985 (Esch, Lingscheid, Schumacher), ab 1989 überwiegend beweidet durch Schafe in Hütehaltung ( Burbach) Von Schafen und Rindern beweidete Kalkmagerrasen mit Kuhschelle ( H.J. Schumacher, Esch, T. Burbach) bei Gilsdorf (Eigentum Stadt Bad Münstereifel) Foto Opitz Große Vorkommen von Kuhschelle (ca. 60.000), Gillesbachtal (Eigentum NRWStiftung) bei Marmagen, beweidete u. gemähte Kalkmagerrasen ( J. Burbach, M. Hellenthal) Bärwurzwiese im NSG Perlbachtal (Eigentum NRW-Stiftung) bei MonschauHöfen (Franke) Renaturierte narzissenreiche Bärwurzwiese im NSG Perlbachtal (Franke) Großflächige Goldhaferwiesen im Haubachtal (Eigentum NRW-Stiftung und Privat) bei Blankenheimerdorf (Keller, Stoff) Gemähter Borstgrasrasen bei Dahlem mit Arnika-Aspekt (Kill) Renaturierung / Restitution, Tuwaksberg bei Ahrdorf (Eigentum Land NRW) Zustand 1988 Zustand ab 1992 mit Schafbeweidung (Kulling) Renaturierung / Restitution, Kalkmagerrasen am Wachberg im NSG Lampertstal (Eigentum Gemeinde Blankenheim) bei Schloßthal Zustand 1985 mit Kiefern-Anflug Zustand 1990 nach Entfernung der Kiefern und regelmäßiger Schafbeweidung (Kulling) Renaturierung / Restitution, Westteil Sistig-Krekeler Heide (Eigentum NRWStiftung), Zustand 1995 Renaturierung / Restitution, Sistig-Krekeler Heide W. Nach Entfernung der Fichten werden die Stubben und der dichte Grasfilz mit dem Schlegelmulcher beseitigt und abgefahren, 1998 (Hermeling, Murk)) Zustand vier Jahre später (2002), Sistig-Krekeler Heide W. Seither regelmäßige Heumahd (Murk) 2000 Renaturierung / Restitution von ca 50 ha NRW-Stiftungsflächen nach Entfernung zahlreicher Fichtenbestände im NSG Perlbach-/Fuhrtsbachtal bei Monschau mit nachfolgender Mahd oder Sukzession zu naturnahen Wäldern (Schreiber, Förster, Franke, Mertens) Dez. 1989 Sept. 1994 Mai 1999 Mai 2002 Das 2010-Ziel der EU in Deutschland verfehlt! Diese ernüchternde Feststellung aus dem letzten Jahr dürfte nach unserer Einschätzung vermutlich wohl auf alle Bundesländer zutreffen, nicht jedoch generell auf Naturräume, Kreise und Kommunen. Denn im Hinblick auf Farn- und Blütenpflanzen Pflanzengesellschaften und gefährdete Biotoptypen (sowie bestimmte Tiergruppen) wurde das 2010-Ziel z.B. in der nordrhein-westfälischen Eifel nicht nur erreicht, sondern übertroffen! (s. Folien 37-45). Dies dürfte auch für weitere Regionen in NRW (z.B. Siegerland) oder in anderen Bundesländern gelten. Kalkmagerrasen an der Eisenkaul W Dahlem mit Nordischem Labkraut und Händelwurz (Schmitz, Nellessen) Populationsentwicklung seltener und gefährdeter Arten in der Eifel zwischen 1972 und 2005(6). Aufgeführt sind für die genannten Zeiträume jeweils die höchsten bekannten Werte 1 = blühende/sporulierende Pflanzen, 2 = blühende Triebe, 3 = blühende + vegetative Pflanzen, 4 = Rosetten, = keine Daten verfügbar, ? = nicht oder vermutlich nicht im Gebiet vorhanden Populationsentwicklung seltener und gefährdeter Arten in der Eifel zwischen 1972 und 2005(6). Aufgeführt sind für die genannten Zeiträume jeweils die höchsten bekannten Werte 1 = blühende/sporulierende Pflanzen, 2 = blühende Triebe, 3 = blühende + vegetative Pflanzen, 4 = Rosetten, - = keine Daten verfügbar, ? = nicht oder vermutlich nicht im Gebiet vorhanden Populationsentwicklung seltener und gefährdeter Arten in der Eifel zwischen 1972 und 2005(6). Aufgeführt sind für die genannten Zeiträume jeweils die höchsten bekannten Werte 1 = blühende/sporulierende Pflanzen, 2 = blühende Triebe, 3 = blühende + vegetative Pflanzen, 4 = Rosetten, - = keine Daten verfügbar, ? = nicht oder vermutlich nicht im Gebiet vorhanden Arten- und orchideenreiche Magerrasen (Kulling, Burbach,Schumacher, Bützler) Griesbeuel bei Alendorf Gillesbachtal bei Marmagen Halsberg bei Nöthen-Gilsdorf Hirnberg bei Nöthen-Gilsdorf Kalkmagerrasen bei Bad Münstereifel mit Purpur-Knabenkraut (Hack, Burbach)