Reden Sie jetzt! - Michaela Maria Müller

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Reden Sie jetzt! - Michaela Maria Müller
S6
Berliner Zeitung · Nummer 30 · 5./6. Februar 2011
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Karriere
Richtig bewerben
S TEC K B R IE F
Bretter, die
die Welt bedeuten
Reden Sie jetzt!
Viel Zeit, sich zu präsentieren, bleibt beim Job-Speed-Dating nicht. So funktioniert das schnelle Recruiting-Verfahren
von
auch, dass der temporeiche Termin mit dem
potenziellen Arbeitgeber für die Bewerber
eine Herausforderung ist: „Sie müssen extrem strukturiert vorgehen.“ Die Studenten
sind jedoch gut vorbereitet: Um sich selbst
und seine Qualifikationen in kurzer Zeit
darzustellen, erhielten viele von ihnen vor
der Veranstaltung ein Coaching.
Michaela Maria Müller
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ast sind sie schon wieder vorbei, die Winterferien in Berlin. Einige Hauptstädter
hat es wieder zum Skifahren in die Berge gezogen. Wer Nachhilfe braucht, um heil die
Hänge herunterzukommen, findet sachkundige Unterstützung zum Beispiel bei Johannes Natterer. Der 26-jährige Allgäuer ist staatlich geprüfter Skilehrer. Zudem ist Natterer
Ausbilder im Skilehrerverband.
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Arbeitsalltag: Als Ausbilder unterrichte
ich angehende Skilehrer etwa fünf Stunden
auf der Skipiste. Theorie wird abends gepaukt. Dann finden auch Workshops statt.
Der Skischulalltag beginnt um acht Uhr morgens. Zwischen zehn und 13 Uhr gebe ich
Gruppenkurse für vier bis acht Schüler. Das
Spektrum reicht vom Freeride über Fahr­
sicherheitstraining bis hin zum schonenden
Skifahren. Nachmittags stehen Privatstunden auf dem Programm. Oft arbeite ich während der Saison sieben Tage pro Woche.
Freuden bei der Arbeit: Ich lerne jeden
Tag neue Menschen kennen und darf ihnen
Spaß am Wintersport vermitteln, arbeite tagtäglich unter freiem Himmel und lebe dort,
wo andere Urlaub machen.
Sorgen im Arbeitsalltag: Ich hoffe
stets, dass ich und meine Schüler verletzungsfrei durch die Saison kommen.
Verdienst: Staatlich geprüfte Skilehrer verdienen circa 3 500 Euro brutto.
Ausbildung: Die Ausbildung zum Fachsportlehrer alpin dauert drei Jahre und
schließt mit einer Prüfung an der TU München ab. (ay)
s sind 31 Studenten gekommen –
manche direkt vom Mittagessen, aus
der Vorlesung oder von zu Hause. An den
Stehtischen, die überall im Raum verteilt
sind, unterhalten sie sich über den Unialltag und ihre Pläne für das kommende
Wochenende. Doch was so entspannt
erscheint, ist kein gewöhnlicher Small
Talk: Sie alle wollen sich um einen Job
bewerben – im Eilverfahren.
„Nein, ich bin nicht aufgeregt“, sagt
eine Studentin der Kommunikationselektronik – eine der wenigen weiblichen
Kandidaten des ersten Job-Speed-­
Datings der Beuth Hochschule im Wedding. „Vor Klausuren ist der Stress größer“, fügt sie hinzu. Sie ist dezent geschminkt und trägt ein Kopftuch. Auch
ihre männlichen Kommilitonen, zumeist
aus den Fachrichtungen Maschinenbau
und Elektrotechnik, haben sich nicht so
in Schale geworfen, wie sie es wahrscheinlich bei einem „normalen“ Bewerbungsgespräch getan hätten: Die Jeans
zum Hemd ist das gängigste Outfit an
diesem Nachmittag.
Trotzdem geht es um viel. Aus sieben
Unternehmen, meist mittelständischen
Firmen und Zulieferern der Automobilbranche, sind je zwei Mitarbeiter gekommen. „Wir haben zurzeit zwei Stellen
zu besetzen und würden am liebsten direkt jemanden mitnehmen“, sagt ein Personalmitarbeiter, bevor es losgeht.
Ein Gong ertönt. Stühle werden gerückt. Jeder Bewerber hat einen einseitigen Lebenslauf in der Hand – und fünf
Minuten Zeit, um sich vorzustellen. Für
fast alle Beteiligten ist diese Form des
Bewerbungsgesprächs Neuland. Doch
die erfahrenen Personaler lassen sich
durch den Zeitdruck nicht beirren. „Ich
gehe nicht anders vor und achte auf die
gleichen Dinge wie bei jedem anderen
Bewerbungsgespräch“, sagt Angelika
Hail, Personalreferentin bei dem Unternehmen Converteam. Doch Hail weiß
Lohnend für beide Seiten
thinkstockphotos / M artin C rowdy
Jeder Bewerber hat fünf Minuten Zeit, sich einem potenziellen Arbeitgeber vorzustellen.
Schnelle Stelle
Geschichte
2009 brachte die Arge in München Hartz-IV-Empfänger mit
großen Firmen wie Siemens
zusammen. Drei Monate
später hatten 20 Prozent der
720 Teilnehmer eine sozialversicherungspflichtige Stelle.
Humboldt-Universität
Im Frühjahr 2011 sind unter
anderem von einem Karrierenetzwerk der Humboldt-Universität weitere Veranstaltungen
geplant. Informationen dazu
finden sich im Internet.
www.wiwex.net
Beuth Hochschule
Auch die Beuth Hochschule im
Wedding wird für Studenten
anderer Fachbereiche eine
neue Runde des Job-SpeedDatings organisieren.
www.beuth-hochschule.de/
career
Die Idee des Job-Speed-Datings stammt
aus England. 2007 wurden in Manchester
die ersten Recruiting-Veranstaltungen dieser Art abgehalten. Auch in Deutschland
nutzen große Arbeitgeber, Hochschulen
und Arbeitsagenturen diese ungewöhnliche
Form des Bewerbungsgesprächs, um Arbeitssuchende mit Arbeitgebern zusammenzubringen. Auf einer Veranstaltung im
Rhein-Energie-Stadion in Köln etwa konnten sich im November 1 000 Bewerber an
einem Tag vorstellen. Das Job-Speed-Dating
an der Beuth Hochschule ist kleiner – und
feiner. „Uns war es wichtig, die Studenten
möglichst genau einem potenziellen Arbeitgeber zuzuordnen“, sagt Katja Weltin vom
Career Service der Hochschule. „Was nützt
es, wenn ein Landschaftsplaner mit einem
Personalreferenten aus der Maschinenbaubranche spricht?“
Konzerne wie die Deutsche Bahn bieten
bereits seit einigen Jahren Speed-Datings
an. In Berlin sei im kommenden Frühjahr
die nächste Runde geplant. „Die CompanySpeeddating-Events kommen durchweg
positiv an“, sagt eine Sprecherin des Konzerns. Auch für die Studenten und Absolventen der Beuth Hochschule scheint sich
das Job-Speed-Dating gelohnt zu haben:
Knapp zwei Wochen nach der Veranstaltung
ist das Feedback der Unternehmen positiv.
„Für uns war die Teilnahme erfolgreich.
Drei bis vier Bewerber kamen in die engere
Wahl“, sagt Angelika Hail.
Bei der Deutschen Bahn bekommt im
Schnitt sogar die Hälfte der Teilnehmer anschließend eine Einladung zu einem Praktikum oder einem weitergehenden Auswahlverfahren.