Kriegerin - GRIPS Theater
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Kriegerin - GRIPS Theater
M AT E R IA L IE N Z U Kriegerin Nach dem Film von David Wnendt Bühnenfassung von Tina Müller Mit freundlicher Unterstützung von »Kriegerin« Liebe*r Leser*in, als wir vor etwa zwei Jahren diskutierten, ob wir den Film „Kriegerin“ auf die Bühne bringen wollen, stand gesamtgesellschaftlich betrachtet noch die Frage im Raum, ob Rechtsextremismus ein Randthema sei. Spätestens seit dem Sommer 2015 ist aber klar, dass es Nazis gibt, dass sie gut vernetzt, organisiert und zielorientiert vorgehen. Gleichzeitig suchen Menschen verstärkt in der Europäischen Union Schutz und zeigen viele Menschen zivilgesellschaftliches Engagement, indem sie Vertriebenen helfen. Sascha Lobo beschreibt es als „Defining Moment“, dass sich jetzt entscheiden wird, wohin sich unsere Gesellschaft entwickelt. Bettina Koch und Tom Keller für die Musikalische Leitung und unser Melodica-Orchester. Lukas Plock, für das Stimmtraining und dass Wir haben mit Autorin Tina Müller den Text weiterentwickelt und einige Male aktualisiert wir waren selten so mit aktuell –Rat freuenund kann man sichzur darüber in diesemstand. Falle kaum. er –uns immer Tat Seite Schließlich kam der Regisseur Robert Neumann hinzu und brannte darauf, diese Geschichte zu erzählen, in der das festgefahrene Weltbild einer Rechtsradikalen, durch die Begegnung mit einem 14jährigen Geflüchteten, ins Wanken gerät. Während eine 14jährige immer tiefer in die Szene reinrutscht, müssen andere Jugendliche nach einem rechtsextremen Überfall lernen, Angst zu überwinden und selber eine Haltung zu zeigen. Céline Demars und Emilie Cognard für die Konzeption und Ausstattung unserer SchulumkleiIn diesem Material haben wir weiterführende Texte, Informationen, Grafiken und Aufgaben zum Stück, zum gesellschaftlichen Wendepunkt, zu Flucht und zu Rechtsextremismus de. zusammengestellt. Außerdem finden Sie Empfehlungen aus Literatur, Film und Netz zur Thematik, sowie hochkarätige Workshopangebote von Partnern, die sich speziell an Klassen oder Kollegien richten. Fabian Rosonsky für die dramaturgische Beratung und viele lange Diskussionen über die Wir sind gespannt auf Erfahrungen mit der Arbeit an den Themen rund um einen Vorstellungsbesuch von der Uraufführungsinszenierung „Kriegerin“. Und wünschen viel Spaß Besetzung, das Bühnenbild oder was sonst so beim Lesen und Probieren. anstand. Matin Soofipour Ellen Uhrhan Kirstin Hess Theaterpädagogin Theaterpädagogin Dramaturgin Allen PraktikantInnen, AssistentInnen und Ehemaligen, die uns während der Proben bekocht und versorgt haben. Mit diesem Materialheft möchten wir Ihnen 1 »Kriegerin« Inhaltsverzeichnis Vorwort 1 Besetzung 4 ZUM STÜCK 5 Vom Film auf die Bühne 6 Synopsis „Kriegerin“ 7 Die Autorin 10 Gespräch mit Regisseur Robert Neumann 11 Kapitel 1: Defining Moment 13 Aus Szene 8 14 Defining Moment von Sascha Lobo 15 German Angst von Thea Dorn 17 Torten der Wahrheit von Katja Berlin 17 Wer sind eigentlich diese „besorgten Bürger“? 18 Macht von Carolin Emcke 19 Kapitel 2: Flucht 21 Aus Szene 24 (Rasuls Rap) 22 Deutsche Überraschungen von Bino Byansi Byakuleka 23 Zum Thema Flucht von Katrin Holinski und Christian Schmidt 25 Wir Flüchtlinge von Hannah Arendt 26 Willkommenskultur schaffen statt auf die Obrigkeit warten 27 von Anette Kahane Zum Thema Asyl* von Anita Rüffner und Martin Beißwegner 28 Unbegleitete minderjährige Geflüchtete 29 Gedicht von Ruth Schwarz 29 Was Jede*r tun kann 30 Kapitel 3: RASSISMUS UND RECHTSEXTREMISMUS 31 Aus den Szenen 2 und 35 (am Imbiss) 32 Frauen in Gruppierungen der extremen Rechten nach 1989 33 von Naemi Eifler und Heike Radvan Rechtsextreme Weltbilder 2 34 »Kriegerin« Was ist Rechtspopulismus?* 36 Argumentieren gegen Rechts! Zivilcourage zeigen! 37 Bullshitbingo* 38 Was ist Rassismus?* 40 Offensichtlich und zugedeckt – Alltagsrassismus in Deutschland 40 von Toan Quoc Nguyen Privilegientest* Spielanregungen 42 43 Einstieg 44 Spiele zum Thema Verständigung 45 Spiele zum Thema Ausgrenzung / Diskriminierung 45 Spiele zum Thema Flucht und Migration 47 Zusätzliche Workshopangebote unserer Partner Literatur, Links und Filme Dank und Impressum 52 54 56 Alle mit * gekennzeichneten Inhalte bieten zusätzliche praktische Unterrichtsanregungen Alle mit * gekennzeichneten Inhalte bieten zusätzliche praktische Unterrichtsanregungen Alle mit * gekennzeichneten Inhalte bieten zusätzliche praktische Unterrichtsanregungen. Ensemble 3 »Kriegerin« Besetzung Kriegerin Nach dem Film von David Wnendt / Bühnenfassung von Tina Müller Alessa Kordeck Marisa (Nazi-Anführerin) / Niku (Geflüchtete) Lorris Andre Blazejewski Rasul (junger Geflüchteter) / Markus (Nazi)/ olek (Jugendlicher) Paul Jumin Hoffmann Sandro (Nazi-Anführer, Marisas Freund) / Jamil (Rasuls Bruder) Maria Perlick Svenja (Nazi-Sympathisantin) / Meret (Jugendliche) Esther Agricola Melanie (Nazi) / Jana (Jugendliche) / Andrea (Svenjas Mutter) René Schubert Oliver (Svenjas Stiefvater) / Clemens (Rechtsextremist) Ensemble Franz (Marisas opa) Christian Giese Regine Seidler Lupo (Obdachloser) / Amidou (Geflüchteter) / Detlef (Markus` Vater) Bea (Marisas Mutter) / Frau Kachel (Heimleiterin) / Warda (imbissbesitzerin) Öz Kaveller Musik und Gesang Regie Bühne und Video Kostüm Musik Parkourtraining Stückentwicklung und Dramaturgie Theaterpädagogik Regieassistenz Bühnenbildassistenz Regiehospitanz Dramaturgiehospitanz Praktikantinnen der Produktion Licht Ton Video Bühne Requisite Schneiderei Maske Bühnenbau Robert Neumann Silke Pielsticker Jan A. Schroeder Öz Kaveller Franz Schönberger, Parkourone Kirstin Hess Matin Soofipour, Ellen Uhrhan Gabriel Frericks Anna Schroder Anton Dudda Milena Dahmen Jana Wallner, Josephine Slaby Martin Gerth, Harald Breustedt Joe Maubach Jerry Geiger, Raissa Jänisch Stefan Rennebach, Herbert Sowinski oliver Rose, Tobias Schmidt, Máni Thomasson Anne Rennekamp, Sabine Winge Sedija Husak, Sarah Jane Ruhnow Mark Eichelbaum Aktuelle Besetzung Esther Agricola: Marisa (Nazi-Anführerin) / Niku (Geflüchtete) Lorris Andre Blazejewski: Rasul (junger Geflüchteter) / Markus (Nazi-Mitläufer) / Olek (Jugendlicher) Davide Brizzi: Sandro (Nazi-Anführer, Marissas Freund)/ Jamil (Rasuls Bruder) Christian Giese: Lupo (Obdachloser) /Amidou (Geflüchteter)/ Detlef (Markus‘ Vater) Katja Hiller: Melanie (Nazi-Mitläuferin) / Jana (Jugendliche) / Andrea (Svenjas Mutter) Amelie Köder: Svenja (Nazi-Sympatisantin) / Meret (Jugendliche) René Schubert: Oliver (Svenjas Stiefvater) / Clemens (Rechtsextremist) Regine Seidler: Bea (Marisas Mutter) / Frau Kachel (Heimleiterin) / Warda (Imbißbesitzerin) Musik/Gesang: Öz Kaveller Regie: Robert Neumann Bühne und Video: Silke Pielsticker Aufführungsrechte: Rowohlt Theater Verlag Uraufführung: 11. November 2015 Spielort: GRiPS Hansaplatz Kostüme: Jan A. Schroeder 4 Theaterpädagogik: Matin Soofipour und Ellen Uhrhan Musik: Öz Kaveller Parkourtrainer: Franz Schönberger, ParkourOne Stückentwicklung und Dramaturgie: Kirstin Hess Giese ZUM STÜCK Statt harter Parolen, freundliche Worte und nette Gesichter. Rechtsextreme Frauen sind längst auf dem Weg in die Mitte der Gesellschaft. Sie geben sich harmlos und bürgernah. Engagieren sich in Elternvereinigungen und sozialen Berufen. Doch sie haben ein Ziel: Die demokratische Alltagskultur zu unterwandern. Aus: Die Story: „Weiblich, Sexy, Rechtsextrem“, Film von Caterina Woj, 2015 »Kriegerin« Vom Film auf die Bühne Von Kirstin Hess Der Film „Kriegerin“ hat uns begeistert. Einfühlsam und schonungslos zeigt David Wnendt Strukturen der Rechtsextremen, aber auch den gesellschaftlichen Nährboden für Hass und Gewalt. Der Film lief 2012 an – im Jahr der Enttarnung des NSU. Wir begannen mit der Dramatikerin Tina Müller im Frühjahr 2014 die Recherchen zur Erarbeitung der Bühnenfassung – kurz bevor eine Bewegung namens PEGIDA sich gründete. Im Sommer 2015, wir nahmen gerade die Proben auf, explodierte die Anzahl der Brandanschläge und Deutsche belagerten Heime für schutzsuchende Geflüchtete. Und in den Endproben, wenige Tage vor der Uraufführung ist klar, die Anschläge werden skrupelloser. Es hat sich eine Bewegung ermächtigt, die sich aus sich selbst heraus legitimieren möchte. Die ersten Refugees erfahren Verletzungen innerhalb ihrer Unterkunft. Bernd Wagner, Mitbegründer der Aussteiger-Organisation EXIT, sagt in der Berliner Zeitung vom 3.11.2015: „Die Lage wird wahrscheinlich weiter eskalieren. Die Zahl der Straftaten und deren Intensität könn- Kordeck, Agricola, Seidler 6 ten noch zunehmen. Die militante Szene wächst. Da ist bis hin zu Morden alles möglich. Ich schließe Todesfälle nicht aus. Sie werden beabsichtigt oder billigend in Kauf genommen. Wer Deutschland retten will, der muss den Tod in Kauf nehmen. Das ist die Idee.“ („Bis Ende Oktober 600 Straftaten gegen Flüchtlinge“, Berliner Zeitung vom 3.11.2015) Rechtsextrem motivierte Übergriffe und Gewalttaten in bestimmten Regionen Deutschlands haben ein Maß erreicht, dass Geflüchteten geraten wird dort nicht zu wohnen oder wenigstens nach Einbruch der Dunkelheit nicht mehr auf die Straße zu gehen. „Angst“ galt und gilt dabei als Argument und Legitimation, ganz gleich ob sie irreal ist. Uns interessiert, ob eine Begegnung angestauten Hass relativieren, verändern kann. Uns interessiert die Frage, wie wir in einer freien, demokratischen Gesellschaft leben können, die die Menschenrechte vollständig akzeptiert („Die Würde des Menschen ist unantastbar“). Und, die ihre Stärke gerade darin erkennt, offen, selbstbewusst und stetig miteinander suchend zu bleiben. »Kriegerin« Synopsis „Kriegerin“ Theaterstück nach dem gleichnamigen Film von David Wnendt in der Bühnenbearbeitung von Tina Müller Von Kirstin Hess Jana, Olek und Meret haben neuerdings einen Ort weniger für ihre geliebten Parkourläufe, denn die leerstehende Schule neben ihrem Treffpunkt wird Unterkunft für Geflüchtete. Als sie sich wie immer an Wardas Imbiss treffen, tauchen plötzlich Neonazis um den Anführer Sandro und die radikale Marisa auf, pöbeln und verprügeln den schwächsten, den Obdachlosen Lupo, brutalst. In genau dieser Zeit kommen die beiden Brüder Rasul und Jamil in der Unterkunft an. Sie sind froh ein Bett und ein Dach über dem Kopf zu haben, andere Geflüchtete sind kritischer eingestellt. Melanie fragt, wie es Marisas Opa ginge, der offensichtlich so krank ist, dass er im Krankenhaus liegt. Sie erzählt ihr, dass ihr Freund Sandro von der Polizei einkassiert worden sei. Marisas Mutter Bea kommentiert bloß lakonisch „Ihr dummen Kinder“. Die 14jährige Svenja wird von ihrem Stiefvater herbeizitiert. Ihr Zeugnis wird begutachtet und entsprechend belohnt. Es ist eine angespannte Familiensituation, in der scheinbar heilen Alltäglichkeit. Marisa, die als angehende Erzieherin nebenbei in einem Supermarkt jobbt, telefoniert mit Sandro und fragt, ob er dicht halte. Sie bemerkt nicht, dass längst Kunden in der Schlange stehen. Ihre Mutter die dort ebenfalls arbeitet muss sie regelrecht anschreien, damit sie sich zur Kasse bewegt. Als Marisa bemerkt, dass die Ersten in der Reihe offensichtlich Geflüchtete sind, verweigert sie den Dienst. Bea schickt sie zum Rauchen und kassiert selbst, allerdings ziemlich unfreundlich. Die beiden Geflüchteten sind Rasul und Jamil, sie sind wegen dieses Verhaltens irritiert, ziehen aber mit ihrem Einkauf von dannen. Im GeflüchtetenHeim hat Frau Kachel gute Nachrichten vom Jugendamt: Die Jungs können schon morgen in die Willkommensklasse gehen. Sie ist ganz überzeugt von der Richtigkeit und Notwendigkeit ihres Handelns. Die Jungen erhoffen sich allerdings von ‚guten Nachrichten‘, Nachrichten von zu Hause. Eine andere Geflüchtete fragt, ob die Amtsperson auch nur im geringsten nachvollziehen kann was sie alle auf der Flucht erlebt haben und welche Notwendigkeiten sie aus ihrer Sicht haben. Die drei jugendlichen Parkourläufer kommen wieder zu Wardas Imbiss, vorsichtiger als sonst, aber richtig mit der Angst zu tun bekommen sie es, als der Imbiss verschlossen ist und sie Warda nicht antreffen. Marisa versucht ein Gespräch mit ihrer Mutter zu führen, Sandro würde bald entlassen und sie dächten über Kinder nach. Markus, der bei Svenjas Stiefvater in die Malerlehre geht, trifft auf Svenja. Die beiden gefallen sich und Markus verspricht Svenja mal mitzunehmen... Bea wirft Sachen aus dem Haus. Es sind die Sachen ihres Vaters, Marisas Großvaters. Er komme nicht wieder. Marisa zutiefst verstört darüber erinnert sich daran, wie er immer zu ihr sprach und wie er sie trainierte. In dieser Situation treffen sich alle aus der Neonazi-Clique an dem nach dem Überfall geschlossenen Imbiss. Sie brechen ihn auf und klauen Bier. Markus kommt und bringt jemanden Neues mit: Svenja. Marisa ist genervt und fährt Svenja an, sie verlangt, dass Markus sie sofort wegbringe. Der tut es, wird aber von Svenja erpresst, sie mal wieder mitzunehmen. Die beiden Brüder Jamil und Rasul tauchen auf. Jamil will sofort kehrt machen, als er den Imbiss geschlossen und die Nazis davor sieht. Doch Rasul ist renitent, er möchte bleiben. Vertreiben lassen will er sich nicht. Die Nazis laden Jamil zum Bier ein, er lehnt ab, wird aber gezwungen anzunehmen. Der erste Schluck zeigt: Nicht Bier, sondern Pisse war in der Flasche. Jamil will sofort gehen, doch sein kleiner Bruder verschärft die Situation, indem er sich wehrt. Als Jamil ihn wegzerrt, spuckt er im Gehen Marisa ins Gesicht. Die Jungs schwingen sich auf ihr Fahrrad und hauen ab. Doch Marisa verfolgt sie im Auto und drängt sie brutal von der Straße ab. In diesen Schockmoment hinein drängt sich wieder die Erinnerung an den Großvater. Er sagt, dass man für alles bezahlen müsse. Jana, Meret und Olek helfen Warda den aufgebrochenen Imbiss zu reparieren. Wo sie war, wollen sie wissen, aber Warda gibt sich wortkarg. Lupo wird zum ersten Mal wieder gesehen. Er sieht noch schlimm aus, überall Verbände. Die drei Jugendlichen bekommen Angst, Jana jagt ihn fort, er solle 7 »Kriegerin« woanders hin, damit er nicht wieder die Nazis an ihren Ort ziehe. Lupo geht. Fluchend. Svenja besucht Markus, der noch nicht da ist. Sein Vater Detlef hat Kuchen vorbereitet. Vorsichtig versucht er herauszubekommen, ob Svenja auch so ‚politisch‘ sei. Als Markus dann kommt, verzieht sich der Vater. Markus verlangt von Svenja, dass sie erst mal was lesen solle, bevor er sie nochmal mitnehmen könne. Währenddessen versucht Frau Kachel vom Jugendamt Rasul zu überzeugen in eine Jugend-WG zu ziehen, das sei viel besser für ihn als unbegleiteten Minderjährigen. Doch Rasul möchte unbedingt nach Schweden, er hat dort einen Cousin. Frau Kachel sagt, das sei nicht möglich und lässt ihn auch nicht telefonieren. So sei das Gesetz eben. Rasul flüchtet. Amidou singt seinen Song ‚The law‘. Im Supermarkt holt sich Rasul Essen und geht zu Marisa an die Kasse. Er hat nicht genügend Geld, beharrt aber darauf das Essen mitnehmen zu können. Marisa lässt sich darauf ein, sie ist nicht sicher, ob sie seinen Bruder vielleicht umgebracht hat, da der nicht mehr dabei ist. Sie gibt Rasul die Lebensmittel und bedeutet ihm dann schnell zu verschwinden. Leider bekommt ihre Mutter alles mit und ruft die Polizei. Marisa hat die Schnauze voll und setzt sich in ihr Auto, wegfahren kann sie aber nicht. Rasul hat sich provozierend davor gestellt. Sie versucht ihm klar zu machen, dass sie ja Zeit habe, die Polizei komme gleich. Bei dem Gedanken wird ihr dann aber selber mulmig und sie bedeutet Rasul einzusteigen. Er erklärt, wo sie langfahren soll. Als er sie anhalten lässt und aussteigt, glaubt sie selber nicht, dass sie, ausgerechnet, sie gerade einen Geflüchteten kutschiert haben soll. Sie steigt aus und folgt ihm. Sie muss wissen, was mit dem anderen Jungen ist und ob eine Strafe auf sie zukommen könnte. Bei der Verfolgung verletzt sie sich und es ist Rasul, der ihr hilft und Tee anbietet. Rasul zeigt ein Handyvideo von sich und seinen Freunden. Er rappt einen Song. PAUSE Stiefvater Oliver ruft Svenja zu sich, er hat Zigaretten bei ihr gefunden und verlangt, dass sie jetzt vor ihm rauche, wenn sie denn das so gerne tue. Sie muss eine Zigarette nach der anderen rauchen, bis sie sich übergeben muss. Währenddessen hält er eine Rede übers Belügen und dass das ja bei der Jugend kein Wunder sei, da sie es nicht anders vorgelebt bekämen. 8 Sandro kommt endlich frei und Marisa holt ihn ab. Sie fallen übereinander her. Sie verspricht ihm ein neues Leben. Sie als fertige Erzieherin, endlich an der richtigen Stelle Einfluss nehmen könnend. Er als Politiker... Beide landen bei einer eskalierenden Party ihrer rechtsradikalen Freunde an dem Imbiss. Sandro schmeißt Markus raus, er solle aufhören die anderen Männer zu begrapschen. Markus will gehen, doch Svenja macht sich von ihm los. Sie will bleiben. Der ältere Clemens hält eine scharfe, rechtsextreme, menschenverachtenden Rede. Alle johlen. Es kommt zu einem Waffenverkauf von Clemens an Sandro. Als Marisa sich einmischt stößt Sandro sie brutal zur Seite. Wahnsinnig geladen zieht sie sich zurück, da kommt Svenja und will mit ihr quatschen. Marisa stößt sie fast von der Brüstung, doch Svenja bleibt überzeugt. Sie will dabei sein. Es kommt zur „Taufe“. Die Party eskaliert, Svenja wird am Kopf rasiert und tätowiert. Männer grapschen Mädchen an, alle sind übermäßig betrunken, tanzen wild und zerlegen den Ort vollständig. Am nächsten Tag kommt Warda und sieht sich den zerstörten Imbiss an. Detlef versucht ihr beim Wieder herrichten zu helfen. Dabei spricht er ohne Punkt und Komma von seinem Sohn Markus, dass er immer schon schwierig gewesen sei und dass er nicht wisse, wie der so rechtsextrem wurde, er habe ihn ja nicht so erzogen. Wie schwierig es jetzt noch oft sei. Dass er ihm mit seinen ausländerfeindlichen Gedanken gar nicht beikomme. Detlef bemerkt weder Wardas Not mit dem zerstörten Imbiss, noch ihre Angst. Sie leert ihren Putzeimer über seinen Kopf. Svenjas Mutter, Andrea, ruft sie zum Essen, fragt welche Musik sie denn da höre, ist erschrocken, als sie den „Krach“ hört. Und dann entdeckt sie ihre abrasierten Haare und schlimmer noch, ein Tattoo darunter. Svenja belehrt, dass es sich um ein politisches Statement handle, dies versteht Andrea nicht: eine 88? 89 würde ihr ja noch was sagen... Der Stiefvater zwingt sie die Musik auszumachen. Daraufhin zertritt sie ihre Brille am Boden. Die Situation eskaliert bis der Stiefvater ihren Laptop zerstört und trainieren geht. Svenja haut ab, zu ihren neuen Freunden, sie fahren durch die Stadt und rufen Parolen. Sie fühlt sich stark. Zusammen, radikal, provozierend. Der ausgestoßene Markus steht am Imbiss – während Jana und Meret mit Warda versuchen irgendetwas zu reparieren. »Kriegerin« Ob man denn einfach so aussteigen könne, fragen sie ihn. Da kommt Sandro und will ihn zurück holen. Jana bekommt Panik und zieht Sandro eins über, sodass er zu Boden geht. In diesem Moment rastet Markus aus, prügelt wild auf Sandro ein und schreit sein ganzes Leid mit der rechten Szene heraus. Oliver trainiert unbeirrt weiter. Svenja klaut eine Menge Geld und verlässt ihr Elternhaus endgültig. Marisa trifft auf eine zitternde Bea: sie muss erfahren, dass ihr geliebter Großvater gestorben ist. Sandro kommt, verletzt, Marisa steht unter Schock. Er beschimpft sie, als sie nicht auf seine Annäherungen eingeht. Marisa nun doppelt geschockt presst sexistische Schimpfworte aus sich heraus. Da taucht Rasul auf und verlangt Hilfe, nach Schweden muss er und braucht jemandes Hilfe – nur sie kenne er. Marisa versucht sich zu wehren, willigt aber schließlich ein. Ein (wieder) normaler Abend am Imbiss. Warda räumt auf, Olek und Jana hängen rum. Da kommt Svenja und macht einen Hitlergruß. Hinter ihr taucht Sandro mit der Pistole auf. Die Jugendlichen gehen schnell in Deckung. Sandro hält Warda die Waffe an die Schläfe und will diese Macht voll auskosten. Doch Warda bleibt und sieht ihm fest in die Augen. Es kommt zum Clinch. Sandro muss entnervt aufgeben. Clemens hält Nahkampftraining für die Jungs ab, die drei Mädchen Marisa, Melanie und Svenja beobachten alles und schwanken zwischen Bewunderung und sich lustig machen. Svenja bittet Marisa was Großes mit ihr zu machen, sie habe auch Geld... Später ist es Melanie, die Marisa eine Nachricht bringt. Jemand, den sie kennt, sei verletzt worden. Sie findet Rasul übel zugerichtet, blutverschmiert. Marisa beschließt abzuhauen. Ihre Mutter versucht sie zu halten. Dabei brüllt sie ihr hinterher, dass ihr Opa sie, Bea, grausam geprügelt habe, bis sein Engel, Marisa, da gewesen sei. Die Nazis haben sich zum Aufmarsch versammelt, Clemens heizt ein. Marisa geht mit dem Baseballschläger mitten rein und haut erst Sandro, dann Clemens nieder. Sie zerrt Svenja raus, sie habe doch gesagt, dass sie was mit ihr machen wolle. Jetzt ginge es los. Svenja staunt nicht schlecht, als sie im Auto Rasul findet, verletzt und vor allem: ein Geflüchteter. Sie schaffen es gerade noch loszufahren, bevor die Verfolger sie daran hindern können. Marisa verlangt das Geld, für das Boot. Welches Boot? So langsam schwant Svenja Ungutes und sie gibt heimlich mit dem Handy die Nachricht ab, wo sie sich befinden und in welche Richtung sie fahren würden: Rostock. Während der weiteren Fahrt bekommt Marisa im Gespräch heraus, dass Jamil noch lebt. Aber er wurde nach Bulgarien abgeschoben, da er bereits erwachsen sei. Am Meer angekommen, übergibt Marisa das Geld zwei Männern, die Rasul und einen anderen mit einem Schlauchboot zu einem Fischkutter bringen, der sich sofort in Bewegung setzt. Richtung Schweden. Marisa spürt in ihrem Rücken etwas. Sandro hat sie verfolgt, er richtet die Waffe auf sie und schießt. Warda hat die Schnauze voll, wieder und wieder hat sie versucht keine Angst zu haben, aber jetzt gibt sie auf. Sollen sich doch alle ihren Falafel holen, wo sie wollen... Doch ausgerechnet Jana, Meret und Olek sind es, die sie bitten zu bleiben. Sie wünschen sich ihren Falafel und keinen anderen. Ja, und Nazi-Goreng und Halts-Maul-Taschen. Und die Nazis sind vielleicht viele, „aber wir sind mehr!“ Perlick, Seidler, Blazejewski, Agricola 9 »Kriegerin« Die Autorin Tina Müller wurde 1980 in Zürich geboren und ist dort aufgewachsen. Von 2001 bis 2004 studierte sie Kulturwissenschaften an der Universität Hildesheim; ab 2004 Szenisches Schreiben an der Universität der Künste, Berlin. 2003 war sie bei dem Nachwuchsdramatikerfestival „World Interplay“ (Australien) eingeladen. 2005 schrieb sie Stückaufträge für die Oberthurgauer Festspiele und für die Theaterfabrik Gera (in Zusammenarbeit mit Anne Habermehl und Juliane Kann). 2007/2008 war Tina Müller Stipendiatin des Autorenlabors am Düsseldorfer Schauspielhaus, dessen Wettbewerb sie mit ihrem Stück Verlassen gewann. Für ihre Stücke „Bikini“ (2005) und „8 Väter“ (2010) wurde sie mit Preisen des niederländischdeutschen Kinder- und Jugendtheaterfestivals „Kaas & Kappes“ ausgezeichnet. Perlick 10 „Bikini“ erhielt außerdem den 2. Baden-Württembergischen Jugendtheaterpreis (2006) sowie den Deutschen Jugendtheaterpreis (2008). Tina Müller lebt in Berlin. GRIPS: Eine Frage: Du hast schon einige Stücke geschrieben. Was war bei der Entwicklung der Bühnenfassung „Kriegerin“ anders? Tina Müller: Die Brisanz und Aktualität des Themas ist diesmal besonders groß. Ich hatte zeitweise den Eindruck, ich komme dem allem, was gerade abgeht, kaum noch hinterher. Deshalb haben wir im Team auch besonders viel diskutiert und den Stoff immer wieder neu überdacht. Bald war uns klar, dieser Text steht erst am Tag der Premiere fest. Das verlangt von allen viel Flexibilität, ist für mich aber großartig, weil ich mitten ins Geschehen hineinschreiben kann. »Kriegerin« Gespräch mit Regisseur Robert Neumann GRIPS: Oft werden im Theater zeitlose Themen, zeitlose Geschichten inszeniert. Und jetzt ist plötzlich etwas tagesaktuell. Ihr inszeniert hier Kampf gegen Nazis, draußen auf dem Hansaplatz steht die AfD und wirbt Wähler an. Ist das eine andere Arbeit? Robert: Ja. In anderen Stücken, die ich inszeniert habe, bewege ich mich auch in aktuellem Kontext, der aus der Lebenswirklichkeit kommt, aber jetzt befindet sich Deutschland in einer Situation, die wir so nicht erwartet haben. Das verändert natürlich die Arbeitsweise, und auch, wie wir uns verhalten. Auf der einen Seite sind wir selbst engagiert, einige helfen am LAGeSo, andere in neu entstandenen Heimen, die zum Teil ja nur einen hauptamtlichen Leiter für 180 Geflüchtete haben und der Rest nur über zivilgesellschaftliche Hilfe, einfach Dasein, Essensausgabe oder Kleider sortieren funktioniert. Unser Statement und das, was wir als Theatermacher tun können, ist eben aber auch dieses Stück zu produzieren, zu sagen: Hier, das ist unser Beitrag zur Situation momentan. So aktuell zu sein, leider, das kannte ich noch nicht. Das ist neu. GRIPS: Wenn man mit Nazis und der Darstellung von Nazis zu tun hat, wie nett dürfen sie dann sein? Sie sollen kein Idol sein, aber eine gewisse Nachvollziehbarkeit haben. Wie toll darf so ein Nazi sein? Gibt’s da Grenzen? Robert: Naja, wir folgen einer Figur, der 14jährigen Svenja, die sich in die Struktur der Neofaschisten hinein begibt. Dazu haben wir versucht heraus zu finden, was faszinierend an einer an sich streng hierarchisch, männerdominierten und menschenverachtenden Gruppe sein kann. Irgendetwas muss anziehend sein - sonst würde keiner mitmachen. Und gleichzeitig muss irgendwas beängstigend oder abstoßend sein, sonst würden sehr viele mitmachen. Also „nett“ würde ich nicht sagen, aber sie feiern gute Partys, sie kleben zusammen. Und gleichzeitig gibt es einen hohen Anteil an Sexismus, übergriffige Situationen und gefährliche Auswirkungen der Hierarchie. Ein Abweichen von der Norm und schon bist du raus. - Das muss Markus erleben, der ja Svenja erst in die Szene gebracht hat. Viele Aussteiger berichten, dass sie irgendwann nicht mehr konnten. Permanent hassgesteuert zu leben, kostet unglaublich viel Kraft. Und macht traurig oder depressiv. GRIPS: Du hast mal gesagt, du hast in Abgründe geblickt, in die man wahrscheinlich auch nicht freiwillig schauen will. Wie hilfst du deinen Schauspielern mit den Abgründen, denen sie sich nähern müssen, umzugehen? Robert: Also wir merken, wie wichtig es bei diesem Stoff ist, dass die Proben, wo es zur Sache geht, wo es an die eigenen seelischen Substanzen geht, dass wir dem einen Ausgleich entgegen setzen. Wir waren drei Tage auf Klausur, auf dem Land, haben zusammen gegessen und gekocht, sind im See geschwommen, während wir diese Texte lasen und besprachen. - Noch nie habe ich Kartoffeln schälen als so hilfreich erlebt! Eine Dauerbeschäftigung mit menschenverachtendem Hass, braucht Ausgleich. Und dann verstanden wir: es ist wahnsinnig anstrengend sich mit diesen Abgründen einer Gesellschaft zu beschäftigen - aber wir fanden eine Möglichkeit es zu tun: Geht in die Diskussion rein, geht in die Auseinandersetzung, geht in den Dialog. Habt Fakten auf der Pfanne, setzt euch mit dem Thema auseinander, was ist momentan, was passiert? Es werden Zahlen verfälscht, es werden Dinge verdreht: informiert euch und sagt: Leute, es ist gar nicht so, wie ihr sagt. Immer dran bleiben und dann: Tut euch auch was Gutes! Das ist ganz elementar. GRIPS: Du hast dich in deiner Inszenierung ganz bewusst gegen klare Nazisymbole entschieden. Wie bist du auf die Idee gekommen, die Materialien zu verwenden, die da jetzt auf der Bühne zu sehen sind? Robert: Diese Idee die Nazisymbole raus zu nehmen hat mit dem theatralen Kontext zu tun. Die Bühne hat im Vergleich zum Film mit seinen schnellen Schnitten ein anderes Gewicht. Wir wollten keine Nazicodes bildlich reproduzieren. Im Theater können wir mit Symbolen arbeiten die, das haben wir bei Probenbesuchen von Jugendlichen erlebt, gleichzeitig tief treffen und die notwendige Distanz schaffen, um genau, auch in ihrer Auswirkung, erkannt zu werden. Im Kostüm ist heute klar, dass Neonazis sich längst von ihrer Konformität der 90er verabschiedet haben und in allem, besonders ihrem Äußeren eine Anschlussfähigkeit an die Mitte der Gesellschaft suchen: möglichst normal aussehen, in allen mögliche Stilen mit Piercings oder im Anzug, Neonrock, familiär mit Pferdeschwanz oder punkig mit abrasierten 11 »Kriegerin« Haaren. Und gleichzeitig wird in dieser äußerlichen Harmlosigkeit ein „Kriegszustand“ heraufbeschworen - momentan wird im Netz von deutschen Kriegsgebieten gesprochen und gemeint ist die Deutsch-Österreichische Grenze... Wir wollten keine naturalistische Kostümebene, sondern suchten eine Zeichenhaftigkeit. Wir haben gefragt: Was hat das mit Kriegsbemalung zu tun oder in wie fern hat man eine Textur auf dem Körper, die bei Berührung Spuren auf jemand anderem hinterlässt. Die Darstellerin der Marisa, begegnet immer mehr Leuten, plötzlich hat sie deren Farbe auf der Haut. Was passiert da mit ihr, wie überträgt sich so was, wo wird ihr Weltbild ins Wanken gebracht, obwohl sie am Anfang die radikalste von allen ist. Und da haben wir uns überlegt mit der Materialität im theatralen Kontext eine neue Lösung zu suchen. GRIPS: Kati Becker von ReachOut und ehemalige Leiterin des Zentrums für Demokratie hat euch durch einen bundesweit wegen rechter Dominanz bekannten Stadtteil und durch Läden der Szene, wie etwa der Gaststätte „Henker“ u.ä. geführt. - Wie war für dich Oberschöneweide? Robert: Für mich war das in oberschöneweide in sofern interessant, als dass ich da ja vier Jahre an der Ernst-Busch-Schauspielschule studiert habe. ich kenne den Bezirk noch von damals. Das war ne harte Zeit, die Rechten waren äußerst präsent! Das hat sich sehr gewandelt. Die sind jetzt nicht mehr so präsent, weil Leute Zivilcourage gezeigt haben. Weil sie sich wirklich da hingestellt haben und gearbeitet haben. Mit Vermietern wurde darüber gesprochen, wem sie denn ihre Lokalitäten vermieten, die dann nach mehrjähriger Arbeit Mietverträge nicht verlängert haben. Es wurden Spaziergänge veranstaltet, in denen rechte Schmierereien gemeinsam gesäubert wurden - mit all den bürokratischen Hürden die genommen werden mussten, wenn man etwa solche Spaziergänge anmelden muss, da die beschmierten Objekte, wie Häuser oder Stromkästen, ja meist jemandem gehören. Und Besitzer um ihr Einverständnis - dass man Nazischmierereien entfernt - gebeten werden müssen. Die Rechtsextremen sind immer noch da, aber die Bevölkerung hat sich ihren Stadtteil zurückerobert. Sie haben ihn einfach mit anderen Bildern und Ereignissen wie Festen anders aufgeladen, wie etwa dem ‚Tunnel der Angst‘: er verbindet den S-Bahnhof mit der anderen Straßenseite. Jahrelang sind in diesem Tunnel rechte Übergriffe geschehen, weil niemand Einblick hatte. Die Leute vom 12 Zentrum für Demokratie haben eine Malaktion gemacht. Seitdem sind bunte, freundliche Bilder im Tunnel zu sehen und er ist gut beleuchtet. Er wird jetzt wieder benutzt - angstfrei benutzt! Und das hat mir Hoffnung gegeben. Wenn Menschen aufstehen, dann kann eine Entwicklung entstehen. GRIPS: Was wünschst du dir, wenn man das Stück anschaut? Was es mit einem macht, wenn man das Stück anschaut. Robert: Wach macht. Wach macht, aufrüttelt, anders zu denken, nach zu denken und sich selber zu hinterfragen. GRIPS: Vielen Dank für das Gespräch. Robert: Gerne. Das Gespräch führten Anja Kraus, Milena Dahmen und Michael Schilhansl Kapitel 1 Blazejewski, Agricola DEFINING MOMENT Es geht um eine dezentral organisierte Naziterrorbewegung, eine Art NSU 2.0 mit dem Ziel einer rassistischen Gesellschaftsordnung. Der Defining Moment unserer Generation wird sein, wie wir damit umgehen. aus: Sascha Lobo, „Hass im Netz“, Spiegel Kolumne, 26. August 2015 »Kriegerin« Aus Szene 8 JANA OLEK Glaubst du, ja? Und Morgen kommt sie wieder? Wahrscheinlich Morgen. JANAOder doch erst in ein paar Wochen? MERET Sicher Morgen. MERET Was? OLEK Morgen. Bestimmt. JANAOder gar nicht mehr? JANA Sie hatte noch nie nicht auf. Wieso hat sie jetzt plötzlich geschlossen. Olek fängt eine Parkour-Session an. OLEK Los komm! Schaut nach Vorne! Was seht ihr da? OLEK Da ist dein Punkt. In der Ferne! Das ist dein Punkt! Fixier deinen Punkt! Fixier ihn! Wenn du oben stehst und du willst nicht runter fallen, fixier deinen Punkt! OLEK Ich fixier in der Ferne meinen... JANAIch sehe in die Ferne! JANA MERET Ich fixier meinen Punkt. Punkt. JANAIch bin da, ich bin hier. MERET 14 Es ist schön in der Ferne! »Kriegerin« Defining Moment Von Sascha Lobo Die sogenannten Asylkritiker, die mit Brandanschlägen und Naziparolen auf sich aufmerksam machen, sind keine lokal begrenzte Erscheinung. Tatsächlich formiert sich online mehr als eine wütende Menge. Die Bombendrohung gegen die SPD-Zentrale nach Sigmar Gabriels klaren Worten über den rassistischen Mob von Heidenau hat eine sinnvolle Folge: Jetzt ist jedem, der es wissen will, die rechtsterroristische Dimension des Hasses klar. Wer es nicht wissen will, wird auch dann noch nicht überzeugt sein, wenn Tote zu beklagen sind. Und es werden Menschen sterben, das ist die bittere, die eklige Wahrheit. Jeden Tag brennt irgendwo ein fast bezugsfertiges Flüchtlingsheim, und es wirkt nicht so, als würden sich die Täter vorher in der Katasterabteilung des Bundesamts für Migration erkundigen, ob die Gebäude nicht doch schon bewohnt sind. In der Nacht zu Mittwoch sind zwei mit einem Messer bewaffnete Männer in Parchim in ein Flüchtlingsheim eingedrungen, die Bewohner konnten sich retten und den Sicherheitsdienst verständigen. Diese Absurdität! Im Juni 2015 kam fast die Hälfte der Flüchtlinge aus Ländern wie Syrien, Afghanistan, Irak oder Eritrea. Sie sind der nackten Kriegsgewalt entkommen, nur um in Deutschland von rassistischem Terror bedroht zu werden. Die Nähe zu Pegida ist kein Zufall Genau jetzt findet in Deutschland ein Defining Moment statt, eine der Situationen, die eine Generation prägen können. Aus einem diffusen und rassistischen Mob, aus Leuten, die hauptberuflich deutsch sind und sonst nichts, gerinnt eine terroristische Bewegung. Und das Internet, die sozialen Medien spielen dabei eine wichtige, vielleicht entscheidende Rolle. Der Extremismusforscher Andreas Zick beschrieb im Deutschlandfunk einen essenziellen Zusammenhang: In Heidenau seien die Krawalle nicht von einem spontan agierenden Mob ausgegangen, sondern von einer Gruppe, die sich seit Monaten organisiert. Seiner Einschätzung nach ist die Bewegung unter anderem im Phänomen Pegida verwurzelt. Man muss dazu wissen, dass zwischen Heidenau und dem Pegida-Versammlungsort am Neumarkt in Dresden nur zehn Kilometer Luftlinie liegen. Im bittersten Sinn nur einen Steinwurf entfernt. Zwischen den Zeilen quillt der Hass hervor Im Netz kursiert ein detaillierter Leitfaden der Neonazipartei „Der Dritte Weg“ mit dem Titel „Kein Asylantenheim in meiner Nachbarschaft! Wie bebeziehungsweise verhindere ich die Errichtung eines Asylantenheims in meiner Nachbarschaft“. Darin wird die Gründung einer Facebook-Gruppe und die Vernetzung mit anderen Anti-Asyl-Initiativen empfohlen. Die Professionalität der Broschüre überrascht ebenso wie die Paragrafensicherheit im Text und die umfangreichen Musterformulare. Aber insbesondere durch den zwischen den Zeilen herausquellenden, blanken Hass liest sich das Papier wie eine Anleitung für genau die Communitys, in denen gewalttätige Aktionen wie in Heidenau organisiert werden. Der Rechtsextremismus-Experte von „tagesschau. de“, Patrick Gensing, erklärt im Artikel „Vom Netz auf die Straße“, dass sich aus den teilweise über Jahre organisierten Netzgruppen Gewalttäter herausbilden. Es ist eine Netzsaat des Hasses, die dort aufgeht, in Flammen aufgeht. Gensing schließt mit den Worten: „Und aus den Schlagworten sind wieder Brandsätze geworden.“ Der Fluch der sozialen Medien Der Defining Moment Deutschlands zieht herauf, eine neue, netzbasierte, dezentrale Terrorbewegung bildet sich. Die Zivilgesellschaft ist live dabei, kann im Netz zuschauen wie sich Ängste, Schwächen, Unwissen durch gezielte, organisierte, rechtsradikale Propaganda verwandeln. Und zwar in eine aggressive, über soziale Medien verbreitete Hassstimmung, die den Nährboden für Gewalt bereitet. Es ist auch diese Stimmung, in der Neonazis in der S-Bahn „Heil Hitler“ rufen und auf ein fünfjähriges Kind urinieren. Das ist wirklich passiert, im August 2015, in Deutschland. In gewisser Weise ist der Fluch der sozialen Medien, dass Hasskommentare für manche Leute als Anlass und Antrieb für Gewalttaten funktionieren. Hier spielt Facebook eine unselige Rolle. Immer wieder werden Beschwerden laut, dass eindeutige Hassreden und Gewaltaufrufe nicht gelöscht würden, weil sie nicht gegen die „CommunityStandards“ verstoßen würden. Eine FacebookSprecherin erklärte, es handele sich um Einzelfälle, aber das dahinterstehende Problem geht tiefer und ist sehr viel komplexer. 15 »Kriegerin« Die gemeldeten, aber ungelöschten Hasskommentare sind nur die sichtbare Spitze des Problemeisbergs: Es geht um Entstehung, Organisation und Befeuerung von Hassgemeinschaften in sozialen Medien. Für diese Probleme gibt es - wie für die meisten Probleme der digitalen Gesellschaft - keine simple, technische Lösung. Trotzdem kann und muss man von einem Unternehmen mit einem Jahresgewinn um die drei Milliarden Dollar erwarten, mehr gegen das Hatespeech-Problem zu tun. Erst recht, wenn dadurch ein völkischer Terrorismus begünstigt wird. die Situation eine neue Färbung. Niemand kann mehr erklären, dass es hier nur um rassistische Angriffe vorgeblich „besorgter Asylkritiker“ geht. Es geht um eine dezentral organisierte Naziterrorbewegung, eine Art NSU 2.0 mit dem Ziel einer rassistischen Gesellschaftsordnung. Der Defining Moment unserer Generation wird sein, wie wir damit umgehen. Es bildet sich eine dezentrale Naziterrorbewegung, eine Art NSU 2.0. Der Umgang damit wird zum Defining Moment unserer Generation. Doch dem Internet-Blick nach Kalifornien muss der Blick in den deutschen Spiegel vorausgehen. Dort erkennt man das altbekannte Muster der Verharmlosung des Rechtsradikalismus. Samt einer gefährlichen wie bizarren Schuldumkehr. Wenn zum Beispiel der Thüringer SPD-Chef Flüchtlingskinder nicht einschulen will, um Zitat: ein „weiteres Heidenau“ zu verhindern - dann sagt er damit implizit, dass die bloße Präsenz von nicht-deutschen Kindern für rassistischen Terror mitverantwortlich ist. Es ist dieses Denken, das als Grundlage fungiert für die herbeiimaginierte Bedrohung durch Flüchtlinge, auf die Gewalttäter glauben, reagieren zu müssen: „Freital wehrt sich.“ Verbunden mit einer verharmlosenden Perspektive auf Nazigewalt: Noch immer spricht die sächsische Polizei in offiziellen Mitteilungen über die Einsätze in Heidenau ernsthaft von „Asylkritikern“, wo über Tage hinweg „Heil Hitler“-Rufe aus dem rechtsradikalen Mob zu hören waren. Offensichtlich geht die sächsische Polizei bei den Gegendemonstrationen entschiedener, schneller und härter vor als gegen gewalttätige Neonazis. Videos tauchen auf, in denen Nazis Polizisten jagen, an zwei Tagen werden in Heidenau Dutzende Polizisten verletzt. Wie viele Festnahmen es am zweiten Tag gab? Eine. Es war ein Pressefotograf. ? Verharmlosende Perspektive auf Nazigewalt Aus: Sascha Lobo, „Hass im Netz“, Bei Drucklegung dieses Materials zur Inszenierung Kriegerin hatte das Wochenende um den 1. November gezeigt, dass die Gewalttaten tatsächlich immer mehr gegen Menschen gehen. In Freital hat ein Asylsuchender bei einem Sprengstoffanschlag auf seine Wohnstätte Gesichtsverletzungen erlitten. Recherchiert den aktuellen Stand von Rechtsextremer Gewalt. z.B. hier: http://www.netz-gegen-nazis.de/category/lexikon/chronik (Stand: 4.11.2015). NSU 2.0 Eine verstörende Parallele ergibt sich zum Versagen des Verfassungsschutzes beim NSU: der dringende Verdacht, dass Teile der Behörden gewalttätige, organisierte, terroristisch agierende Nazis nicht als Problem betrachten. Sich in den Apparaten vielleicht sogar heimliche wie unheimliche Sympathien entwickelt haben. Mit der Bombendrohung gegen die Parteizentrale des Vizekanzlers der Bundesrepublik bekommt 16 Spiegel Kolumne, 26. August 2015. Ensemble »Kriegerin« German Angst Von Thea Dorn Nicht die Quantität der Flüchtlinge ist historisch, sondern die Qualität der Zuwendung. Der Satz »Ich habe Angst« gilt hierzulande als Argument und zwar nicht als irgendeines - er besitzt die Wucht einer Letztbegründung. Nur oberflächliche Unmenschen wollen darüber diskutieren, ob die Angst eine reale Quelle hat, sich auf eine konkrete, unmittelbare Bedrohung bezieht, oder dem gleicht, was der Psychoanalytiker als »Angstneurose« bezeichnet. Wer Angst empfindet, ist im Recht. Wer unbeirrt an seiner Angst festhält, obwohl es nüchterne Gründe gäbe, sich von ihr zu verabschieden, beweist Charakterstärke.[…] Rührt unsere größte Angstbereitschaft nicht auch daher, dass wir nie wieder schuld sein wollen, dass ein Mensch stirbt? Selbst dann nicht, wenn es darum ginge, Freiheit und Menschenrechte zu verteidigen? Dass aus einem in seiner Geschichte mal mehr, mal weniger, mal extrem militaristischen Volk die Speerspitze des weltweiten Pazifismus geworden ist? Aus den barbarischen Verbrechen, die die Nationalsozialisten im Namen Deutschlands begangen haben, haben wir den Schluss gezogen, dass wir nie wieder Täter sein dürfen. Beschert uns das aber nicht im Gegenzug die diffuse Angst, fürderhin ausschließlich Opfer sein zu können? […] Eine zentrale Angst, die die Deutschen in Kriege, vor allem in den ersten Weltkrieg hinein getrieben hat, war das Gefühl, umzingelt zu sein. Eine Angst, die in einem Land, das sich seiner inneren und äußeren Grenzen nie sicher sein konnte, sondern flechtenartig wuchs und schrumpfte, verständlich war. Diese Angst ist durch die endgültige Anerkennung, dass die Ostgebiete nicht mehr zu Deutschland gehören, die Wiedervereinigung und die Einbettung in die Europäische Union zur Ruhe gekommen. Was aber, wenn sich das wirtschaftlich zerrissene Europa als weniger stabiles Gebilde erweisen sollte, als wir es derzeit noch hoffen dürfen? Ohne die beliebteste neudeutsche Angst - die Angst der Deutschen vor sich selbst - schüren zu wollen, sei festgehalten: Besser wäre es die Angst aus der Politik herauszuhalten.[…] Aus: Thea Dorn und Richard Wagner, „Die deutsche Seele“, München, 2011. Aus: http://katjadittrich.de (Stand: 30.10.15). 17 »Kriegerin« Wer sind eigentlich diese „besorgten Bürger“? Wir haben uns noch einmal genauer mit der PEGIDA- und im Speziellen mit der Bärgida-Gruppierung auseinandergesetzt und wollten einmal genauer hinschauen: Wer ist Teil dieser Ansammlung von vermeintlich besorgten Bürgern? Bei der genaueren Recherche stellten wir fest, dass es sich hierbei gar nicht um besorgte Individuen handelt, sondern vielmehr um kleine Splittergruppen der rechten Szene. Diese Gruppen wirken auf den ersten Blick nicht besonders stark oder gefährlich, da sie zahlenmäßig nur sehr gering in Erscheinung treten. Diese einzelnen Kleingruppen sind jedoch untereinander sehr gut vernetzt und organisiert. Dadurch werden sie vom Verfassungsschutz nicht wahrgenommen, treten aber immer wieder als Zusammenschluss vor allem bei den PEGIDA/Bärgida Demos auf. Die Vermutung liegt sehr Nahe, dass dies ein bewusster strategischer Formationszug der neuen rechten Szene ist, um in der Öffentlichkeit nicht aufzufallen. Es kann hier durchaus von einer rechten Querfront geredet werden und nicht nur von vereinzelten besorgten Bürgern. • „Identitäre Bewegung“ Entgegen der Meinung, dass diese Bewegung neu sei, sind die „Identitären“ in Berlin seit geraumer Zeit tätig und auch bei Bärgida zu finden. Aufgetaucht sind sie 2012 und sind eher für lächerliche Aktionen bekannt. Ob nun eine 5-Minütige Hausbesetzung der SPD-Zentrale oder das Besprühen des U-Bahnhofes Warschauer Straße. • Parteien „Nationaldemokratische Partei Deutschlands“ (NPD) „Alternative für Deutschland“ (AfD) „Bürgerbewegung pro Deutschland“ „die Freiheit“ Weitere Erkennungszeichen wie Logos und Fahnen können unter folgendem Link recherchiert werden: http://nobaergida.blogspot.de/2015/07/wer-istbargida.html (Stand 30.10.15). Beteiligte Gruppen: • „Bündnis deutscher Hools“ Dabei handelt es sich um eine Vereinigung von, in der Regel, recht jungen Personen. „Die Zeit“ betitelte diese Personen mit „Kinder-HoGeSa“. • „Hooligans gegen Salafisten - HoGeSa“ Ein loses Bündnis von verschiedenen Gruppen. Die Gründung erfolgte im Jahr 2014, hauptsächlich über Facebook und das Internet. Es bestehen Verbindungen zu Pro-NRW, NPD und „die Rechte“. Interne Streitereien verhindern ein Ausbreiten dieser Vereinigung. Teilnehmerzahlen über 500 Personen konnten sie nicht aufweisen. Ein weiterer und bekannter Aufdruck ist A.S.A.B was so viel heißen soll wie: „All Salafists Are Bastards“. • „German Defence League - GDL“ Diese Vereinigung wurde vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch und islamfeindlich bezeichnet. Die Gründung fand 2010 statt und besitzt bundesweit um die 100 Mitglieder. 18 Perlick, Schubert »Kriegerin« Macht Von Carolin Emcke Nicht die Quantität der Flüchtlinge ist historisch, sondern die Qualität der Zuwendung. Chinesische Weisheit unterscheidet fünf Zustände des Begreifens“, schreibt die kanadische Dichterin Anne Carson in ihrem klugen Buch über die „Anthropologie des Wassers“: „Etwas ist anders. Etwas ist genau gleich. Etwas ist fast genau gleich. Etwas ist fast genau nur das, was es ist, und nichts anderes. Etwas ist.“ Ein Ding lässt sich betrachten, indem man es ins Verhältnis setzt zu einem anderen, indem seine Eigenschaften verglichen werden mit den Eigenschaften von einem anderen Ding. Dann tauchen Unterschiede auf oder Übereinstimmungen. Oder es tauchen Ähnlichkeiten auf. Es ist anders. Es ist genau gleich. Es ist fast genau gleich. Ein anderer Zustand des Begreifens ist der, der ohne Vergleich auskommt. Der keine Gemeinsamkeiten oder Differenzen zu erkennen sucht. Etwas ist. Es ist dieser letzte Zustand des Begreifens, der, der ohne Vergleiche auskommt, der sich in der überwältigenden Bewegung der Hilfsbereitschaft für Geflüchtete in Deutschland zeigt. All die Menschen in diesen Tagen, auf dem Land oder in der Stadt, die geben und teilen, was sie haben: Kinderwagen oder Turnschuhe, ein Bett in der eigenen Wohnung oder einen Platz am Tisch zum Abendessen, all diese Menschen suchen keine Gemeinsamkeiten oder Differenzen. Sie begutachten nicht einzelne Eigenschaften derer, die da nach Europa, in die eigene Gegend oder Straße kommen, sie teilen die Menschen nicht ein oder auf in jene, die genau gleich oder fast genau gleich oder anders sind als sie selbst. Der bewegenden Hilfsbereitschaft, die in diesen Wochen zu erleben ist, liegt ein anderer Blick, eine andere Sorte des Begreifens zugrunde. Sie nehmen die Geflüchteten als das, was sie sind: Geflüchtete. Dieses tiefe Begreifen ist bedingungslos. Es sortiert nicht die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen, es entzieht sich jener skalierenden Musterung, nach der „legitime“ von „illegitimen“, „nützliche“ von „schädlichen“ Ankömmlingen geschieden und bei Bedarf dämonisiert und entwer- tet werden. Es versteht vielmehr Verletzbarkeit als condition humaine: ob es nun politische Verfolgung oder religiöse Vertreibung, sexuelle Misshandlung oder ökonomische Verelendung war, die Menschen zur Flucht gedrängt hat. Nicht die Quantität derer, die hierher fliehen, ist historisch zu nennen, sondern die Qualität der Zuwendung derer, die sie anerkennen. Diese Hilfsbereitschaft widersetzt sich allen zynischen Versuchen, sie als bloß emotional, als bloß gut zu infantilisieren - als sei aufgeklärter Humanismus eine Kinderkrankheit und nicht eine reflektierte, vernünftige Überzeugung. Diese Bewegung aus zivilem Engagement für Geflüchtete zeigt sich vielmehr als so rational wie dissident. Rational, weil sie mit ihrer solidarischen Praxis reagiert auf die gleichgültige Haltungslosigkeit der politischen Repräsentanten, und weil sie jenes politische Vakuum füllt, das diese in Europa kreiert haben. Rational auch, weil sie sich dabei an dem orientiert, was in der europäischen Tradition der Menschenrechte verbrieft und am Arbeitsmarkt geboten ist. Dissident, weil sie sich der dominanten Logik der Abwehr verweigert, und jene Allianz aus rechten Hetzern, bürgerlichen Gutheißern und taktischen Opportunisten unterläuft. Dissident auch, weil sie sich jenem verstümmelten Begriff des Politischen widersetzt, der Macht allein in staatlichen Institutionen verortet. Diese beeindruckende Bewegung aus zivilem Engagement ist keineswegs nur privat. Sondern sie ist in ihrer Selbstermächtigung auch politischer als manche Regierung, die ihre angebliche Ohnmacht in der Flüchtlingskrise nur vortäuscht. „Macht entspricht der menschlichen Fähigkeit, nicht nur zu handeln und etwas zu tun“, schrieb die Philosophin Hannah Arendt 1970 in „Macht und Gewalt“, „sondern sich mit anderen zusammenzuschließen und im Einvernehmen mit ihnen zu handeln.“ Gerade in dem Moment, in dem Europa zu einem leeren Konzept zu werden drohte, ohne normative Bindungskräfte nach innen, schreiben diejenigen, die nach Europa fliehen und diejenigen, die sie annehmen, machtvoll eine andere Geschichte. Sie reagieren auf die Legitimationskrise 19 Blazejewski, Kordeck »Kriegerin« Europas und erfinden es neu. Sie erinnern ihre eigenen Regierungen, was diese vergessen haben: woraus das europäische Projekt einmal bestand: aus der aufgeklärten Kritik an Dogma und Fanatismus und dem Versprechen von inklusion und subjektiven Rechten. Gewiss wird es auch unter den Geflüchteten Menschen geben, die hadern, die scheitern oder uns als säkulare, offene Gesellschaft herausfordern. Aber das gibt es auch unter Menschen, die nicht geflüchtet sind. Niemand sollte sich der illusion hingeben, dass dieser Prozess leicht und konfliktfrei wird. Nicht alle, aber viele der Geflüchteten tragen die traumatische Erfahrung von Gewalt und Vertreibung aus ihrer Heimat 20 mit sich. Nicht alle, aber manche der Geflüchteten werden nicht einfach arbeiten und funktionieren können. Nicht alle, aber manche der Geflüchteten sind Überlebende, die lange brauchen werden, um ganz zu verstehen, was das bedeutet: überleben. Aber sie bringen eben auch den Mut des Aufbruchs mit und den Glauben an ein gerechtes, freies Europa, das nun erst wieder lernt, wie und wer es sein kann. Aus: Carolin Emcke, „Macht – Willkommenskultur schaffen statt auf obrigkeiten zu warten“, Kolumne, Süddeutsche Zeitung, 4. September 2015. Kapitel 2 Ensemble FLUCHT Die von einem Land ins andere vertriebenen Flüchtlinge repräsentieren die Avantgarde ihrer Völker. Hannah Arendt (1906 – 1975) »Kriegerin« Aus Szene 24 (Rasuls Rap) RASUL: Da war mein Haus, Mein Haus hatte tausend Räume, War fast ein Palast. Ich hatte alles, wovon ich heute träume. Da war ein Bruder, Da war ne strenge Mutter, Da war ich selbst noch ich selbst, Da war noch alles so gut. Da waren Ängste, klar, Doch da war auch viel Mut. Wir glaubten daran, Glaubten, dass sich was tut. Da waren Freunde, Mit denen war es witzig, Die Tage waren lang, Alle redeten hitzig. Dachten, sind wir erst groß, Geht das Leben mal los. Aber das Leben, wo blieb es, Wo blieb es bloß? Steig auf diese Wolke, Diese graue Regenwolke, Flieg mit mir ein kleines Stück. Die Heimat ist fern, Doch ich mochte sie gern, Flieg mit in gute Tage zurück. Da war ein Typ von oben drüber, Sagte, pass mal auf, mein Junge, Eh du dich versiehst, Ist die Kindheit vorüber. Da waren Nachbarn, Freude, Brüder, 22 Die hörten zu viel Lügen, Rannten zu den Feinden Auf die andre Seite rüber. Da waren Kinder wie ich, Ich mochte sie gern, Einer nach dem andern wurde zu nem neuen Stern. Da war ein Lehrer von mir, Der glaubte an mich, Sagte, halt an dir fest, Wir sind der letzte gute Rest. Hab ich alles geglaubt, Mich nicht vor Morgen gescheut, Ganz weit nach vorne geschaut Ich habe nichts mehr bereut. Hab gekämpft und gelitten, Gedacht, das lohnt sich mal, Doch der Hass kam schneller Alles war egal. Steig auf diese Wolke, Diese graue Regenwolke, Flieg mit mir ein kleines Stück. Die Heimat ist fern, Doch ich mochte sie gern, Flieg mit in gute Tage zurück. Da war ein Haus, Mein Haus hatte tausend Räume, War fast ein Palast. Ich hatte alles, wovon ich heute träume. Dann kam der Moment, So dunkel wie Nacht, Da haben sie aus unsrem Mut Schwarze Fahnen gemacht. »Kriegerin« Deutsche Überraschungen Von Bino Byansi Byakuleka Am 29.Juli 2010 wurde ich zum Flüchtling. Ich kam in den frühen Morgenstunden mit dem Flugzeug in Berlin an, um in Deutschland Asyl zu beantragen. Für mich war das alles sehr neu, da ich vorher noch nie Flüchtling gewesen war [...]Ich hatte keine Ahnung,, was passieren würde, keiner hatte mir erklärt, wie das geht – Asyl […] Ich dachte, sie sagen vielleicht: „Hallo, schön, Sie kennenzulernen, wie können wir Ihnen helfen?“ Aber niemand sagte: „Schön, Sie kennenzulernen“[...]Ich hatte alle meine Papiere zur Hand und hatte vor mein Studium fortzusetzen, sobald ich einen sicheren Status hätte. Aber bis heute hat sich daran nichts geändert: Keine Chance auf einen sicheren Status [...] Ich hatte nicht erwartet, dass sie zuallererst meine Fingerabdrücke nehmen würden, es war ein komischer Auftakt. Die Türen gingen erst um halb zwei Uhr auf und nach der Abgabe meiner Fingerabdrücke stellten sie mir nur ein paar schnelle Fragen, meine Namen, wo ich herkam und warum ich da war. Ich wollte gar nicht so viel reden, ich war sehr müde. Ich zeigte ihnen nur meine Tasche und sagte: „Alles, was ich bin und was ich habe, ist hier.“ Ich musste ein Formular ausfüllen und auf weitere Fragen warten [...]Sie sagten noch, ich solle nicht rausgehen, weil mich draußen die Polizei kontrollieren und dann gleich zurückschicken könnte [...] Diese Leute in der Turmstraße sahen sehr müde davon aus, Leute zu begrüßen. Sie sahen generell der Leute überdrüssig aus, die da vor ihnen standen. Ihre Augen und Körper drückten es aus: „ Ihr Schwarzen, warum kommt ihr hierher? Wir haben so viele andere, die wir betreuen müssen, geht woanders hin!“ Sie machten ganz offenbar eine Unterscheidung zwischen mir und denen, die auf ihren Zetteln als „berechtigt“ eingeteilt waren. Viele Flüchtlinge kamen vor mir dran, sie waren alle nicht schwarz. Die Hierarchie von Flüchtlingen war auch eine Überraschung für mich [...]Sie schickten mich auf ein Zimmer mit jemandem aus Somalia [...]Sie dachten, wir kämen gut zurecht als zwei Afrikaner, aber leider hatten wir keine gemeinsame Sprache [...] Montag früh sollte ich sofort zur Polizei gehen. Diese nahm nochmal meine Fingerabdrücke, ich kam mir wirklich vor wie ein Verbrecher. Und dann gaben sie mir meine Fahrkarte und eine Reiseroute nach Bayern und rieten mir, erst am Abend gegen zwanzig Uhr zu fahren, denn ich dürfte nur langsame Regionalzüge nehmen und die bräuchten Blazejeswki, Kordeck 23 »Kriegerin« zwölf Stunden [...] Zwölf Stunden dachte ich, mein Gott, ist Bayern ein anderes Land? Wie ich jetzt weiß, ja, ist es auf eine Art ein eigenes Land. Aber gleichzeitig war ich aufgeregt, in Deutschland zu sein und bald Ruhe und Frieden zu haben[...]. Ich hatte also noch einen Tag in Berlin und hätte gerne ein bisschen Sightseeing gemacht. Aber nach dem Zusammentreffen mit den müden Menschen in der Turmstraße und den ruppigen Polizisten hatte ich Angst, mich viel zu bewegen. Ich sah viel von der U-Bahn. Das war toll, so schnell genau dahin fahren zu können, wo ich hin wollte. Die Leute, die mir auf dem Weg begegneten, waren nett, wirklich anders und offener als die Menschen in Griechenland und, wie ich später herausfand, in Bayern. Kein Wunder, dass es mich zuletzt wieder nach Berlin zog [...]Die Zugreise war angenehm [...] Nur die Polizeikontrolle war unangenehm. Als wir München erreichten, gingen alle wieder auseinander. Keiner sagte: „Hier geht’s lang!“, sondern alle gingen ihres Weges. Wir waren zusammen in diesem Zug gewesen, aber draußen fühlte ich eine müde Einsamkeit. Aber ich musste auch meines Weges gehen. [...] Loosing my religion Dann aber lehnte die deutsche Regierung meinen Asylantrag endgültig ab. Ich sprach mit dem Pastor [aus der Gemeinde in Passau] und erklärte meine Situation. Das Kirchenkomitee berief ein Treffen ein und der Pastor fragte mich: „Was hast du jetzt vor, und was können wir für dich tun?“ Ich sagte: „Sie könnten zum Beispiel meinen Anwalt bezahlen.“ Aber etwas später fragte er wieder, wer dann den Anwalt bezahlen würde ... die Fragen waren mir unangenehm, die vielen Fragen über mein Leben zu Hause und warum ich nach Deutschland gekommen war. „Also bist du selbst schwul?“, fragte er. Ich sagte: „Ich bin ein Aktivist für die Rechte aller LGBTIQ-Leute.“ Sie wussten alle, wie gefährlich es ist, in Uganda öffentlich schwul oder politischer Aktivist zu sein. Aber er sagte: „Ich werde deinen Anwalt nicht bezahlen, ich rate dir, das zu tun, was unsere Regierung sagt. Ich glaube, es gibt eine Adventisten-Kirche in Uganda, da kannst du dein Kreuz hintragen, sie werden dich unterstützen. Wenn du Hilfe brauchst, nach Uganda zurückzukommen, können wir dir helfen. Das ist alles, wir können nicht der Entscheidung der Regierung zuwider handeln, wir können hier nichts für dich tun. […] Mein Vater und ich Niemand sollte den Fokus auf Materielles legen, auf das Äußerliche, auf das genetische Erbgut, Sexualität oder Bildung. Wenn es Zeit für dich ist, zu 24 sterben, lässt du die Teekanne genauso hier wie eine Doktorarbeit und den Mercedes ... du gehst allein... brauchst nur deine Seele. Da herrscht dann endlich Gleichheit der Menschen ... Aber warum müssen wir bis zum Tod darauf warten? Derzeit, als Mensch mit Flüchtlingsstatus in Deutschland, fühle ich mich erinnert daran, wie mein Vater gestorben ist und was das für unsere Familie bedeutete. Es gibt in der Welt Menschen, die andere nicht leben lassen. Die das, was sie haben, mit einem bösen Blick beschützen und nicht teilen wollen. Wie ein Tier ohne Plan und ohne Freiheit im Lager zu sitzen, ist ein langsamer Mord. Die Erinnerung an meinen Vater und an seinen Geist, der bei mir zu Hause ist, half mir, „Nein“ zu sagen und mein erstes Zelt im Klostergarten in Passau aufzustellen. [...] Jeden Tag Flüchtling sein, ohne Status, in Deutschland Der Alltag eines Flüchtlings ist Stress. Nichts weiter. Stress und Traumatisierung durch ständige Angst vor Abschiebung. Kein Recht auf Arbeit zu haben, kein Recht, sich frei zu bewegen, und die Unsicherheit, ob man bleiben darf – diese Mischung zerstört die Menschen. Manche Leute müssen zwei Jahre auf ein erstes Interview warten! Es gibt in den Lagern absolut nichts Gutes für uns. Wir essen, schlafen und gehen aufs Klo und warten, das ist alles. Man will nicht, dass wir sterben, aber man will offenbar auch nicht, dass wir leben. [...] Und so war ich plötzlich im Hungerstreik. Hunger schärft die Gedanken. Und so saß ich da und dachte: Wie ist das möglich? Wie konnte das passieren? Wir hatten immer angenommen, dass in Europa und besonders in Deutschland jeder die gleichen Rechte hätte, dass jeder an der Demokratie teilhaben könnte, dass es hier Freiheit gäbe. Also warum saß ich dann in einem winzigen Zimmer und konnte nicht gehen, wohin ich wollte? Plötzlich stand mir die ganze Absurdität der Situation klar vor Augen. Und da entschied ich: Ich muss ja nicht hier sitzen, ich gehe einfach raus. [...] Aus: Patras Bwansi und Lydia Ziemke, „Mein Name ist Bino Byansi Byakuleka“, Berlin, 2015. »Kriegerin« Zum Thema Flucht Von Katrin Holinski und Christian Schmidt Weshalb fliehen Menschen Ein Geflüchteter ist ein Mensch, der seine Heimat vorübergehend oder auf Dauer verlassen muss, weil dort Regierung und Behörden die Menschenrechte nicht garantieren können oder wollen. Menschen flüchten nicht freiwillig, sondern äußere Umstände, die ihre Freiheit, Sicherheit und körperliche Unversehrtheit bedrohen, zwingen sie dazu. Sie haben Angst, Opfer von Ermordung, Folter, Vergewaltigung, Inhaftierung, Versklavung, Raub oder Hunger zu werden. Fast immer lassen sich die verschiedenen Fluchtursachen auf tatsächliche oder befürchtete Menschenrechtsverletzungen zurückführen. Zum Begriff Flüchtlinge Das internationale Flüchtlingsrecht ist durch die Genfer Flüchtlingskonvention zur Rechtsstellung der Flüchtlinge von 1951 begründet. Danach gilt als Flüchtling, wer „aus der begründeten Furcht vor Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will; oder der sich als staatenlos infolge solcher Ereignisse außerhalb des Landes befindet, in welchem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, und nicht dorthin zurückkehren kann oder wegen der erwähnten Befürchtungen nicht dorthin zurückkehren will.“ ne aus dem Osten. In vielen Familien können die Großeltern Geschichten von Vertreibung, Flucht und Verfolgung erzählen und was es bedeutet, alles zu verlieren und seine Heimat für immer zu verlassen. [...] In die Genfer Flüchtlingskonvention von 1950 werden Rechte von Flüchtlingen formuliert. Deutschland hat aus Verantwortung gegenüber seiner Geschichte das Recht auf Asyl sogar im Grundgesetz verankert. Dass Deutschland Flüchtlingen Schutz bietet, ist kein Almosen, sondern eine völkerrechtliche Verpflichtung. Die historischen Erfahrungen geben uns einen Auftrag für die Zukunft. Auch das kann uns der Blick zurück in Erinnerung rufen. [...] Aus: Katrin Holinski und Christian Schmidt, Handreichung „Flucht & Asyl. Ein Thema im Klassenzimmer“, Sächsischer Flüchtlingsrat e.V., 2006. Der Begriff „Flüchtling“ wird von einigen Initiativen kritisiert. Hinter der Versachlichung, die durch das Suffix „-ling“ entsteht, verschwinden persönliche Hintergründe von Personen, Bildungs- und Berufsgeschichten, persönliche Interessen und politische Meinungen. Daher ist es angebrachter, von „geflüchteten oder geflohenen Menschen“ zu sprechen. Geflüchtete in der deutschen Geschichte [...] Der von Deutschland angezettelte 2. Weltkrieg verursachte eine unvorstellbare Fluchtbewegung. Im Mai 1945 waren schätzungsweise 40 Millionen Menschen in Europa aus ihrer Heimat vertrieben. Dazu kamen ab 1945 etwa 13 Millionen Vertriebe- Blazejewski, Kordeck 25 »Kriegerin« Wir Flüchtlinge Von Hannah Arendt Vor allem mögen wir es nicht, wenn man uns „Flüchtlinge“ nennt. Wir selbst bezeichnen uns als „Neuankömmlinge“ oder als „Einwanderer“. Unsere Nachrichtenblätter sind Zeitungen für „Amerikaner deutscher Sprache“; und, soweit ich weiß, gibt es bis heute keinen Club, dessen Name darauf hinweist, dass seine Mitglieder von Hitler verfolgt wurden, also Flüchtlinge sind. Als Flüchtling hatte bislang gegolten, wer aufgrund seiner Taten oder seiner politischen Anschauungen gezwungen war, Zuflucht zu suchen. Es stimmt, auch wir mussten Zuflucht suchen, aber wir hatten vorher nichts begangen, und die meisten unter uns hegten nicht einmal im Traum irgendwelche radikalen politischen Auffassungen. Mit uns hat sich die Bedeutung des Begriffs „Flüchtling“ gewandelt. „Flüchtlinge“ sind heutzutage jene unter uns, die das Pech hatten, mittellos in einem neuen Land anzukommen, und auf die Hilfe der Flüchtlingskomitees angewiesen waren. Vor Kriegsausbruch waren wir sogar noch empfindlicher gegen die Bezeichnung „Flüchtlinge“. Wir taten unser Bestes, um anderen Leuten zu beweisen, dass wir ganz gewöhnliche Einwanderer seien. Wir erklärten, dass wir uns ganz freiwillig auf den Weg in ein Land unserer Wahl gemacht hätten, und bestritten, dass unsere Situation irgend etwas mit „sogenannten jüdischen Problemen“ zu tun hätte. Ja, wir waren „Einwanderer“ oder auch „Neuankömmlinge“, die eines schönen Tages ihr Land verlassen hatten – sei es, weil es uns nicht mehr passte, sei es eben aus rein wirtschaftlichen Erwägungen heraus. Wir wollten uns eine neue Existenzgrundlage schaffen, das war alles. Man muss ein Optimist und sehr stark sein, wenn man eine neue Existenz aufbauen möchte. Also legen wir großen Optimismus an den Tag. Unsere Zuversicht ist in der Tat bewundernswert, auch wenn diese Feststellung von uns selbst kommt. Denn schließlich ist die Geschichte unseres Kampfes jetzt bekannt geworden. Wir haben unser Zuhause und damit die Vertrautheit des Alltags verloren. Reaktionen, die Einfachheit unserer Gebärden und den gezwungenen Ausdruck unserer Gefühle. Wir haben unsere Verwandten in den politischen Ghettos zurückgelassen, unsere besten Freunde sind in den Konzentrationslagern umge- 26 bracht worden, und das bedeutet den Zusammenbruch unserer privaten Welt. Aber dennoch haben wir sofort nach unserer Rettung – und die meisten von uns mussten mehrmals gerettet werden – ein neues Leben angefangen und versucht, all die guten Ratschläge, die unsere Retter für uns bereithielten, so genau wie möglich zu befolgen. Man sagte uns, wir sollten vergessen; und das taten wir schneller, als es sich irgend jemand überhaupt vorstellen konnte. Auf ganz freundliche Weise wurde uns klargemacht, dass das neue Land unsere Heimat werden würde; und nach vier Wochen in Frankreich oder sechs Wochen in Amerika gaben wir vor, Franzosen bzw. Amerikaner zu sein. Die größten Optimisten unter uns gingen gewöhnlich sogar so weit, zu behaupten, sie hätten ihr gesamtes vorheriges Leben in einer Art unbewusstem Exil verbracht und erst von ihrem neuen Leben gelernt, was es bedeute ein richtiges Zuhause zu haben. [...] Aus: Hannah Arendt, „Wir Flüchtlinge“, in Marie Luise Knott (Hrsg.): Zur Zeit. Politische Essays, Berlin, 1986. Hannah Arendt, die selbst 1937 von dem nationalsozialistischen Regime ausgebürgert wurde, und somit staatenlos war, bis sie 1951 die USamerikanische Staatsbürgerschaft erhielt, gilt als die erste und bis heute noch zentrale Denkerin, die sich mit dem modernen Phänomen des staatenlosen Flüchtlings auseinandersetzte und einen ersten systematischen Zugriff auf diese vorlegt. In ihrem Essay „Wir Flüchtlinge“ plädiert Arendt 1943 gegen die Anstrengung der Assimilation und für ein neues Selbstbewusstsein der Flüchtlinge, für ihre Sache politisch zu werden und wandelt dadurch die Bedeutung des Begriffs „Flüchtling“ radikal. Dabei macht sie die absolute Unschuld der staatenlosen Flüchtlinge zu deren entscheidendem Kennzeichen, da der einzige Fehler, den der Flüchtling tatsächlich begangen hätte, sei in das falsche „Volk“ hineingeboren zu werden. Flüchtlinge sind, Nach Arendt, die „Avantgarde ihrer Völker“, weil die Geschichte für sie „kein Buch mit sieben Siegeln“ mehr ist. »Kriegerin« Willkommenskultur schaffen statt auf die Obrigkeit warten Von Anetta Kahane Eine vielgeübte und traditionsreiche Tätigkeit in Deutschland ist das Warten auf die Verwaltung. Ein Beispiel: Wenn „die da oben“ nichts machen, wieso sollen „wir hier unten“ uns dann bemühen? […] Wenn aber die Obrigkeit in der Kommune, dem Land oder dem Bund irgendetwas veranlasst, dann ist es oft auch nicht Recht, wird als Zumutung oder Entmündigung empfunden. Diese weitverbreitete Haltung zeugt von einer starken inneren Bindung an den Staat – im Positiven, wie im Negativen […] Das Schicksal von geflüchteten Menschen hat mit all dem jedoch nichts zu tun. Ganz gleich wie ein Bundesland oder eine Kommune entscheidet, ob und wie viele Flüchtlinge aufgenommen werden, sollten sich die Bürgerinnen und Bürger damit befassen, dass sie in den dafür vorgesehenen Orten demnächst Nachbarn haben werden, die in einer besonders schwierigen Situation sind. Die Frage wird dann sein, wie diese Nachbarschaft auf die „Neuen“ reagiert. Sie willkommen zu heißen, macht es allen leichter, in Zukunft gut miteinander zurecht zu kommen. […] Die Menschen sind in einer solchen Situation wichtiger als alle Fragen, wie jemand zu dieser oder jener staatlichen Entscheidung steht.[…] Willkommenskultur heißt in erster Linie, sich auf die Bedürfnisse der Geflüchteten einzustellen und sie zu respektieren. Es geht nicht darum, der eigenen Neugier oder Hilfsbereitschaft freien Lauf zu lassen, sondern den Grad und die Art der Zuwendung daran zu messen, was die geflüchteten Menschen signalisieren. […] Für die Flüchtlinge ist ein persönlicher Kontakt wichtig, selbst wenn es Verständigungsprobleme geben sollte. Spielen, kochen, Sport treiben oder Musik teilen ist universell, die Sprache kommt dann hinterher. Jeder kann die einfachen Dinge zeigen und erklären. Das bringt Menschen einander näher und ist oft auch sehr lustig. […] nicht so sehr Kleidung oder Möbel statt weitere Spielsachen. Immer wichtig für die Flüchtlinge: Telefonkarten, denn das ist die einzige Möglichkeit, mit den Zurückgebliebenen zu sprechen. Auch Satellitenfernsehen kann helfen oder Zugang zu PCs mit Internet. […] Wie die Begegnungen gestaltet werden und was dafür genau nötig und möglich ist, sollte gemeinsam mit den Flüchtlingen beantwortet werden. Sie einzubeziehen, ihnen eine aktive Rolle in der Nachbarschaft anzutragen und sie zu ermutigen, hilft u. U. besonders den Traumatisierten und ist in jedem Falle eine gute Möglichkeit, Gemeinsamkeiten herzustellen. Viele Flüchtlinge sind Akademiker/innen oder haben wunderbare handwerkliche Fähigkeiten. Ihre Expertise, ihr Wissen und ihr Können für das Gemeinwohl zu nutzen schafft mehr als eine gute Atmosphäre - es bereichert im wahrsten Sinne des Wortes das Leben in der Gemeinde. […] Die Flüchtlinge haben einen Anspruch auf eine Grund- und Notfallversorgung. Darüber hinaus gehende Behandlungen müssen beantragt werden. Manchmal sind Ärzte/innen bereit, ehrenamtlich zu helfen. Für die Betroffenen ist es immer hilfreich, wenn bei Arztbesuchen der Geflüchtete von jemandem aus der Nachbarschaft begleitet wird. […] Flüchtlinge brauchen vor allem persönlichen Kontakt und ein Engagement, das eines von uns verlangt: Einfühlungsvermögen und praktische Unterstützung. […] Aus: Anette Kahane, „Willkommenskultur schaffen statt auf die Obrigkeit warten“, Refugees welcome Gemeinsam Willkommenskultur gestalten, Amadeu Antonio Stiftung und Pro Asyl, Berlin, 2014. Der Heimbetreiber kann die Bewohner/innen bitten, einige Geflüchtete auszuwählen, die für die anderen ihre Anliegen, wenn sie von allgemeiner Natur sind, vorbringen können. So kann bei der oft großen Spendenbereitschaft in der Nachbarschaft gezielter gesammelt werden, was wirklich gebraucht wird. Manchmal sind es Toilettenartikel, 27 »Kriegerin« Kordeck, Blazejewski, Giese Zum Thema Asyl Von Anita Rüffer und Martin Beißwenger Betritt ein Flüchtling erstmals sicheren „EU-Boden“, so muss er dort sein erstes Asylgesuch/begehren stellen, sowie seine Fingerabdrücke und Personalien speichern lassen. Diese Regelung unterliegt der sogenannten „Dublin-Verordnung“ die im Kern besagt, dass der Asylantrag eines Flüchtlings nur in dem Land bearbeitet werden soll, das die Einreise des Flüchtlings in das „Dublin-Gebiet“ (EU-Staaten) zugelassen hat. Der Flüchtling muss in dem Land der Einreise bleiben bis eine Entscheidung zu seinem Antrag vorliegt, ob dies sein Zielland ist oder nicht. Verlässt er das Land und stellt einen zweiten Asylantrag wird er in das Land seiner Einreise zurückgeschickt. Nach der Antragstellung wird der Flüchtling in eine Aufnahmeeinrichtung weiterverteilt in der er ? Fragen zum Nachdenken, Recherchieren, Reflektieren: • Wer kann in Deutschland Asyl beantragen? • Wer gilt laut Grundgesetz als politisch verfolgt? • Gibt es Einschränkungen des Grundrechtes auf Asyl? • Wo kann ein*e Asylsuchende*r seinen Asylantrag stellen? • Wie läuft das Asylverfahren ab? 28 sich melden muss und von der er aus einen persönlichen Asylantrag bei einem zuständigen Amt stellen muss. Nach einer Prüfung des Asylantrags auf die Richtigkeit der „Dublin-Verordnung“ wird der Antrag außerdem im nationalen Asylverfahren bei der Zuständigkeit Deutschlands geprüft. Erst dann kommt es zu einer Anhörung des Asylantragstellers und letztendlich zu einer Entscheidung in Bezug auf eine Asylberechtigung oder Abschiebung. Aus: Anita Rüffer und Martin Beißwenger, „Wer bekommt Asyl in Deutschland?“ http://www.caritas.de/hilfeundberatung/ratgeber/migration/asylundflucht/wer-bekommt-asyl-in-deutschland (Stand: 04.11.15). • Können die geflüchtlinge Wünsche äußern, wo sie hin wollen? • Wie lange dauert es, bis ein Asylantrag anerkannt wird? • Muss man für das Asylverfahren etwas bezahlen? • Gilt eine Anerkennung für immer? • Dürfen Asylbewerber*innen arbeiten? • Wovon leben Asylbewerber*innen, solange sie nicht arbeiten dürfen oder keine Arbeit haben? »Kriegerin« Unbegleitete minderjährige Geflüchtete Einige hundert Flüchtlinge kommen jährlich ohne Eltern nach Deutschland. Unter-16-Jährige werden meist in einer Jugendhilfeeinrichtung untergebracht und erhalten einen Vormund. In vielen Bundesländern durchlaufen sie ein „Clearingverfahren“. Dabei soll geklärt werden, welche Fluchtgründe vorliegen, wo noch Angehörige sind und welche Perspektive es in Deutschland gibt. Besonders schwierig ist die Situation der 16- und 17-Jährigen. Da sie ausländerrechtlich als „handlungsfähig“ eingestuft werden, werden sie wie Erwachsene behandelt: Sie erhalten oft keinen Vormund, werden im Sammellager untergebracht und müssen das Asylverfahren in Eigenregie durchlaufen. Dies widerspricht den Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention. Nach einer Gesetzesänderung 2005 sollen die 16- und 17-Jährigen künftig immerhin in Jugendhilfeeinrichtungen wohnen. Problematisch bleibt die Altersfeststellung: Häufig nehmen die Behörden an, dass jungen Flüchtlinge älter sind als sie angeben und behandeln sie wie Erwachsene Aus: http://www.proasyl.de/de/themen/basics/ basiswissen/minderjaehrige/ (Stand30.10.15). Gedicht: 1939 geschrieben von der 16-jährigen Ruth Schwarz [...] Jetzt bin ich in England, jetzt bin ich hier Und lieber G’tt, ich danke Dir, Dass Du meinen Bruder und mich gerettet hast, Für unsere Eltern in Deutschland ist es weniger Last, Uns geht es hier gut Das gibt mit Mut Zu hoffen, dass unsere Eltern sich noch retten werden Und wir alle zusammen ein Plätzchen finden auf dieser Erden. Nur einen Moment auf Muttis Schoß Und ich vergess, dass die Welt ist so groß. [...] Jetzt bin ich in England, jetzt bin ich hier Und lieber G’tt, ich danke Dir, Dass Du meinen Bruder und mich gerettet hast, Für unsere Eltern in Deutschland ist es weniger Last, Uns geht es hier gut Das gibt mit Mut Zu hoffen, dass unsere Eltern sich noch retten werden Und wir alle zusammen ein Plätzchen finden auf dieser Erden. Nur einen Moment auf Muttis Schoß Und ich vergess, dass die Welt ist so groß. [...] Nach dem Pogrom im November 1938 hatte das britische Parlament entschieden 10.000 jüdische Kinder aufzunehmen – ohne Eltern. Die jüngsten von ihnen waren vier Monate, die ältesten 16 Jahre alt. Ein Koffer pro Kind war gestattet, den Koffer musste das Kind selbst tragen, kontrolliert und versiegelt von der SA. Aus: Anita Rüffer und Martin Beißwenger, „Wer bekommt Asyl in Deutschland?“ http://www.caritas.de/hilfeundberatung/ratgeber/migration/asylundflucht/wer-bekommt-asyl-in-deutschland (Stand: 04.11.15). 29 »Kriegerin« Was Jede*r tun kann Was tun um Flüchtlinge konkret zu unterstützen? Flüchtlinge leben oft isoliert und freuen sich über Kontakte. Besucht doch mal eine Flüchtlingsunterkunft: • Sprecht die Bewohner*innen an, wie es ihnen geht und ob sie Unterstützung brauchen. • Ein kostenloser Deutschkurs ist für Flüchtlinge oft die einzige Möglichkeit, Deutsch zu lernen. • Schulkinder profitieren von ehrenamtlicher Hausaufgabenhilfe. • Flüchtlinge freuen sich über Spenden, z.B. Bus- und Telefonkarten, einfache Medikamente oder andere Dinge, die sie sich nicht kaufen können. • Hilfreich ist es oft auch, Flüchtlinge zu Behörden zu begleiten und ihnen in Behördendeutsch abgefasste Briefe zu erklären. Was tun, wenn der Aufenthalt von Freunden oder Bekannten in Gefahr ist? Eine Aufenthaltserlaubnis ist kein sicherer Aufenthaltstitel für eine unbegrenzte Zeit. Aufenthaltserlaubnisse werden zu bestimmten Zwecken erteilt, beispielsweise zum dauerhaften Schutz von Flüchtlingen, zum „vorübergehenden Schutz“, aber auch zum Studium oder zur Arbeitsaufnahme in Deutschland. oft ist im Papier eine Befristung (ein Gültigkeitsdatum) vermerkt. Eine Verlängerung ist in den meisten Fällen wahrscheinlich. Generell sind aber die Aufenthaltserlaubnisse unterschiedlich „sicher“ und können in bestimmten Fällen auch wieder entzogen werden. Wer nur über eine so genannte „Duldung“ verfügt, hat keine Aufenthaltserlaubnis, ist grundsätzlich ausreisepflichtig und potenziell von Abschiebung bedroht. oft kann nur ein guter Rechtsanwalt oder eine spezialisierte Beratungsstelle die aufenthaltsrechtliche Situation genau einschätzen und gegebenenfalls in letzter Minute helfen. • Schon bevor es brenzlig wird, sollte man sich über den Aufenthaltstitel von Freunden oder Bekannten informieren. Ein auf Asylfragen spezialisierter Rechtsanwalt oder eine Beratungsstelle vor ort können frühzeitig klären, ob und wann eine Abschiebung droht. • Falls eine Abschiebung unvermeidlich erscheint, solltet ihr nach Wegen suchen, eine 30 gewaltsame Abschiebung zu verhindern. Möglichkeiten liegen neben der „freiwilligen Rückkehr“ ins Herkunftsland auch in der Weiterwanderung in ein Drittland. Auch diesbezüglich hilft eine Flüchtlingsberatungsstelle weiter. Was tun, um politisch etwas für Flüchtlinge zu tun? Wer sich politisch für Flüchtlinge engagieren will, hat viele Möglichkeiten: • Beteiligt euch an der Save-me-Kampagne, die für die Aufnahme besonders schutzbedürftiger Flüchtlinge in Deutschland eintritt. Alles dazu findet ihr unter www.save-me-kampagne.de • Veranstaltet Podiumsdiskussionen zu einem Flüchtlingsthema. • Wendet euch an die Medien, um Flüchtlingsschicksale und ungerechte Einzelfallentscheidungen bekannt zu machen. Unterschriftensammlungen, • organisiert schreibt Leserbriefe und Briefe an Politiker/ innen, in denen ihr euch zum Beispiel für ein Bleiberecht für Geduldete stark macht. • Engagiert euch gegen das Sachleistungssystem des Asylbewerberleistungsgesetzes. Viele Unterstützergruppen tauschen zum Beispiel Gutscheine in Bargeld um und gehen selbst mit Gutscheinen einkaufen. • Protestiert öffentlich gegen unmenschliche ausländerrechtliche Entscheidungen und Abschiebungen bei der Ausländerbehörde, dem Landesinnenministerium oder anderen öffentlichen Stellen. • Bei den Flüchtlingsräten der Bundesländer und bei lokalen initiativen kann man informationen über laufende Kampagnen und Projekte zur Mitarbeit erhalten. Aus: http://www.proasyl.de/de/themen/basics/mitmachen/ was-tun-fuer-fluechtlinge (Stand: 30.10.15). Kapitel 3 Hoffmann RASSISMUS UND RECHTSEXTREMISMUS Rechtsextremismus hat heute ganz viele Gesichter und die weiblichen Gesichter des Rechtsextremismus sind häufig gut gebildet, nett, fürsorglich und sozial kompetent. Prof. Dr. Esther Lehnert, Rechtsextremismus Expertin »Kriegerin« Aus Szene 2 (am Imbiss) MARISA Ich liebe mein Land. Ich liebe mein Land. Du erkennst mich vielleicht nicht, aber ich bin überall. In jedem Dorf, in der Stadt, im ganzen Land. Osten, Westen, Norden, Süden. In deiner Klasse, in deinem Supermarkt, in deinem Club. Im nächsten Zugabteil, im Garten deines Nachbarn, in deinem eigenen Wohnzimmer. [...] Wir müssen euch enttäuschen. Wir sind keine Nazis. Wir sind rechts, das stimmt. Wir mögen Deutschland, das stimmt auch. Wir mögen Deutschland gerne deutsch. Und rich- tig, wir mögen keine Flüchtlingsheime. Aber nennt uns deswegen doch bitte nicht gleich Nazis. Aus Szene 35 (am Imbiss) SANDRO Was ist los, Mann? Hast du keine Ehre mehr, dass du mit so Leuten abhängst? SANDRO Nach dir schauen. Du warst ja auf einmal weg. Was machst du hier? MARKUS MARKUS SANDRO Was willst du hier? Naja. Komm nach Hause. Jana zieht Sandro von hinten eine Bierflasche über den Kopf. Sandro geht zu Boden. Nach einem kurzen Moment fängt Markus an, Sandro in den Bauch zu treten. MARKUS 32 Verfluchtes Schwein! Könntet ihr geil skaten, würdet ihr doch skaten. Könntet ihr geil tanzen, würdet ihr doch tanzen. Könntet ihr sonst irgendnen Scheiß, würdet ihr wenigs- tens diesen Scheiß machen. Aber wir sind eine Horde Nullen. Wir können nix. Wir können nur deutsch sein und sonst nix. »Kriegerin« Frauen in Gruppierungen der extremen Rechten nach 1989 Von Naemi Eifler und Heike Radvan „Wir haben in dem Sinne kein Frauenbild. Jede Frau kann bei uns machen, was sie will. Wie gesagt, bei uns sind die meisten berufstätig, und ich studiere, und ich möchte auch nicht, wenn ich mit meinem Studium fertig bin, dann die Hausfrau spielen, die zu Hause am Herd steht und den ganzen Tag kocht. Jede Frau soll ihr Leben so bestimmen, wie sie es möchte. Ich weiß auch noch nicht, ob ich unbedingt Kinder haben möchte oder nicht.“ Dieses Zitat aus dem Jahr 1993 zeigt, dass sich die Rollen und Funktionen, die Frauen in extrem rechten Gruppierungen einnehmen (können), ausgeweitet und ausdifferenziert haben. [...] Die damit verbundenen Möglichkeiten werden durchaus als Attraktionsmoment gesehen, viele junge Frauen wenden sich diesen Gruppierungen zu, da sie hier aktionistisch und politisch tätig sein können und für sie attraktive lebensweltliche Angebote (wie Musik oder peer group) finden. [...] Sie engagieren sich genauso selbstverständlich für rechtsextreme Parteien in der Kommunalpolitik wie sie als Betreiberinnen subkultureller Szenetreffpunkte oder als Skingirl auffallen. In ihrer Betätigung als sogenannte Anti-Antifa-Aktivistin sind sie durchaus sehr gewaltbereit; strategisch setzen sie auf ihre weitgehende Unauffälligkeit als weibliche Vertreterinnen einer zunächst mit martialischen Männern in Verbindung gebrachten Szene; als Musikerin oder Autorin erfahren sie Zuspruch von weiten Teilen der Szene. [...] Renate Bitzan verweist darauf, dass der Frauenanteil in rechtsextremen Parteien bis zu 20% beträgt. In Kameradschaften und rechtsextremen Cliquen organisieren sich anteilig 10-33% Frauen. Bei Wahlen stammen etwa ein Drittel der Stimmen für rechtsextreme Parteien von Frauen. Hinsichtlich der menschenfeindlichen, rassistischen Einstellungen generell unterscheiden sich Männer und Frauen kaum, sie sind ebenso rassistisch und antisemitisch. [...] Die Erziehungswissenschaftlerin Dr. Esther Lehnert stellt fest, dass es „seit 2000 eine Zunahme von Frauengruppierungen gibt, die sich untereinander organisieren mit dem Ziel, Frauen nach vorne zu bringen“. [...] Rechtsextreme Frauen im sozialen Bereich Seit mehreren Jahren ist zu beobachten, dass Frauen aus der NPD und ihrem Umfeld in soziale Berufe gehen und hier tätig sind. Diese Entwicklung ist kein Zufall: Bereits 1998 plädiert Udo Voigt, damaliger Vorsitzender der NPD generell dafür, dass die Partei sich sozialen Themen zuwendet. Der NPDKader Stefan Köster ruft 2006 die Parteimitglieder auf, sich »im bundesrepublikanischen Alltag« einzubringen und sich in einer „örtlichen Bürgerinitiative, in einem Sportverein, der Freiwilligen Feuerwehr oder anderen überparteilichen Organisationen“ zu engagieren. Im Zuge der angestrebten politischen Neuausrichtung fand im Raum Kaiserslautern 1996 ein Frauenkongress statt, der zum Ziel hatte, Frauen aus dem NPD-Umfeld zu diesem Thema zusammenzuführen. Diese Entwicklung scheint erfolgreich, neben Kindertagesstätten, Schulen, Jugendzentren, Sportvereinen, hauptamtlicher und ehrenamtlicher Tätigkeit betrifft das – so die aktuellen Beobachtungen in der Praxis – auch Einrichtungen der Alten- und Krankenpflege. Das Vorgehen der rechtsextremen Frauen lässt sich in diesen Bereichen oft als strategisch beschreiben. Es geht darum, Vertrauen zu gewinnen, Beziehungen zu knüpfen, Normalität herzustellen. Und darum, Neonazis als sozial engagiert, zuvorkommend und politisch unauffällig darzustellen. Udo Voigt stellt 2010 fest: »Der von mir vor über zehn Jahren geforderte kommunale Unterbau nimmt nun Gestalt an«. In den pädagogischen und sozialen Einrichtungen sind Fachkräfte mit dieser Entwicklung konfrontiert: Oft fällt es im Team über längere Zeit nicht auf, dass eine Kollegin sich rechtsextrem engagiert. So wird die kommunale Kindertagesstätte in Lüneburg 2010 nicht zuletzt durch einen Artikel in der tageszeitung darauf aufmerksam, dass mit Birkhild T. eine Person in der Einrichtung tätig ist, die sich in Mecklenburg Vorpommern für die NPD unter anderem auf Kinderfesten engagiert, ihre Kinder in die mittlerweile verbotene Organisation Heimattreue Deutsche Jugend (HDJ) schickt und mit Andreas T. verheiratet ist, verurteilt wegen Körperverletzung und Wegbegleiter von NPD-Führungskadern. Die arbeitsrechtliche Auseinandersetzung verläuft schwierig, erst drei Jahre später beendet ein Auflösungsvertrag die Anstellung. [...] 33 »Kriegerin« Hannah Schirrmacher NPD-Zeitung Deutsche als nationale Aufgabe« hungswissenschaft für werden kann. propagiert 2010 in der Stimme (DS) »Erziehung und fragt, wie „die Erzieunsere Zukunft“ genutzt Es bedarf einer Auseinandersetzung an Ausbildungseinrichtungen, wie mit Studierenden umgegangen wird, die sich rechtsextrem engagieren. [...] Deutlich wird bereits hier, dass rechtsextreme Frauen sehr unterschiedliche Möglichkeiten haben, die rechtsextreme Ideologie voran zu treiben. Und dass sich hierfür auch besonders Bereiche und Orte eignen, die gemeinhin als „weiblich“ und „unpolitisch“ gelten. [...] Aus: „Rechtsextreme Frauen - übersehen und unterschätzt. Analysen und Handlungsempfehlungen“, Amadeu Antonio Stiftung und Fachstelle Gender und Rechtsextremismus http://www.amadeu-antonio-stiftung.de/w/files/pdfs/broschuere_rechtefrauen.pdf (Stand. 30.10.15) . Rechtsextreme Weltbilder [...] Zum Gesamtphänomen des Rechtsextremismus gehören [...] rechtsextreme Weltbilder, die im Denken von rechtsextrem-orientierten bzw. rechtsextremen Jugendlichen mehr oder weniger stark ausgeprägt vorhanden sind. Das Denken rechtsextrem-orientierter Jugendlicher wird fälschlicher Weise häufig als „unpolitisch“ oder vorübergehende „Desorientierung“ verstanden. Doch selbst wenn rechtsextreme Denkweisen noch nicht ideologisch ausgefeilt oder in sich geschlossen sind, ist es wichtig, deren Funktionen zu beachten. Versatzstücke rechtsextremer Weltbilder und populistische Phrasen sind Deutungsmuster, die komplexe gesellschaftliche und weltpolitische Entwicklungen vereinfacht erklären. Sie vermitteln Jugendlichen Orientierung in einer sich globalisierenden Welt und erklären scheinbar die negativen Folgeerscheinungen der damit verbundenen umfassenden und krisenhaften Modernisierungsprozesse. [...] Völkischer Nationalismus: Ausschluss und extremer Kollektivismus Im Zentrum rechtsextremer Weltbilder steht der völkische Nationalismus. Dieser kann als „Querschnittsideologie“ des rechtsextremen Denkens bezeichnet werden, da er sich wie ein roter Faden durch die unterschiedlichen Ideologeme zieht. In den Publikationen und Reden rechtsextremer Funktionäre wird beständig auf „das Volk“ Bezug genommen, dessen wahre Interessen niemand außer den Rechtsextremen vertrete. Das hier angesprochene „Volk“ wird als eine homogene Volksgemeinschaft gedacht, deren biologisch-kulturelle Reinhaltung Grundlage und oberster Zweck 34 rechtsextremer Politik ist. Ausgehend von diesem Ziel ergibt sich ein System der Ungleichheit und Ungleichwertigkeit, nach dem das Zusammenleben der Menschen innerhalb eines Staates und weltweit organisiert sein soll. Ausschluss- und Abwertungsprinzipien nach außen sind rassistische, nach innen sozialdarwinistische und politischideologische Kriterien. So können aus rechtsextremer Sicht Menschen mit Migrationshintergrund, Juden und Jüdinnen oder Schwarze keine Deutschen sein. Auch politisch „Undeutsche“ können als „Volksschädlinge“ aus der Volksgemeinschaft ausgeschlossen werden. In einem Staat rechtsextremer Prägung wäre damit staatlicher Willkür gegen Individuen Tür und Tor geöffnet. Mit ihrem völkischen Nationalismus stellen sich rechtsextreme Organisationen wie die NPD in einen unüberwindbaren Gegensatz zu Werteorientierungen, die alle demokratischen Strömungen teilen. Denn zum deutschen Staatsvolk gehören auch Menschen mit Migrationshintergrund sowie jüdische und Schwarze Deutsche. Auch wenn nicht alle Einwohner/innen der Länder, Kommunen und Gemeinden wahlberechtigt sind, beziehen sich relevante Teile des politischen Handelns demokratischer Parteien auch auf Menschen, die zwar keine deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, sich aber dauerhaft in Deutschland aufhalten. Dies gilt z.B. für das Schulsystem, aber auch für die Angebote der Kinder- und Jugendhilfe. Charakteristikum des völkischen Nationalismus ist auch ein extrem kollektivistisches Denken, das dem Kern eines demokratischen Menschenbildes grundsätzlich widerspricht. Im Grundgesetz, Artikel1, »Kriegerin« Ensemble ist festgehalten: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Damit ist gemeint, dass jeder Person Wert und Würde zukommt, dass diese nicht verliehen wird oder auf irgendwelchen Voraussetzungen beruht. In diesem Sinne sind Demokrat/innen davon überzeugt, dass es „den Menschen“ gibt. Im Gegensatz zu diesem humanistischen Individualismus steht der rechtsextreme Kollektivismus, in dem nur „Völker“ existieren. „Es gibt den Deutschen, den Franzosen und den Türken, aber nicht ‚den’ Menschen. Dem Menschen ‚an sich’ kann man nicht begegnen, wohl aber dem Russen oder dem Chinesen.“ Die einzelne Person steht im völkischen Denken in einer organischen Abhängigkeit von der Existenz der biologisch-kulturellen Volksgemeinschaft: „Wo das Volk stirbt, stirbt die Gemeinschaft, wo die Gemeinschaft stirbt, stirbt die Kultur und wo die Kultur stirbt, stirbt der einzelne Mensch.“ Dementsprechend kann eine einzelne Person geopfert werden, wenn es dem Wohl der Volksgemeinschaft dient. Deutlicher und zutreffender formuliert ist diese auch für den modernen Rechtsextremismus kennzeichnende Grundhaltung im nationalsozialistischen Fahnenspruch: „Du bist nichts, dein Volk ist alles.“ Traditionelle und modernisierte rechtsextreme Weltbilder rückgängig zu machen: Die funktionale Differenzierung der modernen Gesellschaft soll zugunsten von national definierten Gemeinschaften, die wachsende Autonomie des Individuums zugunsten einer Festschreibung von Status und Rolle innerhalb der Volksgemeinschaft aufgehoben werden. Homogenitätsvorstellungen und ausschließende Wir-Zentrierung werden dabei auf Kosten von parlamentarischer Demokratie und Grundwerten wie Freiheit und Gleichheit übersteigert. Trotz seiner antimodernen Stoßrichtung hat der Rechtsextremismus nach 1945 dennoch eine hohe Modernisierungsfähigkeit bewiesen, die in Folge der Diskreditierung nationalsozialistischen Denkens nach 1945 lange Zeit von Politik und Öffentlichkeit unterschätzt wurde. Ziel dieser Modernisierungen ist es, an traditionelle Elemente rechtsextremer Ideologeme anzuschließen und zugleich im Alltagsleben der Bürger/innen mit Blick auf deren Ängste und Problemlagen anschlussfähig zu bleiben. Mit den Modernisierungs- und Normalisierungsbestrebungen der Rechtsextremen in Deutschland ist jedoch keine grundsätzliche Änderung ihrer politischen Ziele und Utopien verbunden. [...] Aus: „Integrierte Handlungsstrategien zur Rechtsextremismusprävention und –intervention bei Jugendlichen: Hintergrundwissen und Empfehlungen für Jugendarbeit, Kommunalpolitik und Verwaltung“, MBR-Verein für Demokratische Kultur e.V., Berlin, 2006. Rechtsextreme Weltbilder gründen in antimodernen Ideologien, die darauf zielen, sozialen Wandel 35 »Kriegerin« Was ist Rechtspopulismus? Aus: https://www.facebook.com/nonazinet/ (Stand: 1.11.15) ? Diskutiert in Kleingruppen was Rechtspopulismus alles beinhaltet. Was ist Rechtspopulismus eigentlich? Und wie hängt er mit dem Rechtsextremismus zusammen? Recherchehilfe: http://www.netz-gegen-nazis.de/lexikontext/was-ist-rechtspopulismus-0 36 »Kriegerin« Argumentieren gegen Rechts! Zivilcourage zeigen! Immer die anderen? Ob im Betrieb, in der Kneipe oder bei Familienfeiern: Es wird gelästert, beleidigt, gemobbt und gelegentlich sogar geschlagen. Menschen anderer Religion, Hautfarbe, Nationalität, sexueller Orientierung oder anderen Geschlechts werden diskriminiert. Doch oft sind wir sprachlos. Wissen nicht, wie wir antworten sollen. Vor allem wenn der Fußballfreund oder die nette Tante ihre diskriminierenden Einstellungen zeigen. Entgegnen – überall Rassismus beschränkt sich nicht auf die rechte Szene. Er begegnet uns überall. Auch in Schule und Beruf. Und wir können überall etwas dagegen tun. Indem wir etwas dagegen sagen. Indem wir uns der Auseinandersetzung stellen. Überzeugte Rassist_innen oder Nazis werden ihre Meinung vielleicht nicht durch ein Gespräch ändern. Aber sie spüren den Gegenwind. Und du kannst Zuhörer gewinnen und begeistern. Für Solidarität und Gleichheit. Aus: „Hinschauen und Eingreifen! Das Portal gegen Diskriminierung“, Ver.di Jugend http://www.aktiv-gegen-diskriminierung.info/ argumentationshilfen (Stand: 25.10.15). Argumentationstrategien: Strategien, um zu überzeugen Du kennst die Fakten und weißt gute Argumente, um deine_deinen GesprächspartnerIn zu überzeugen. Doch was ist, wenn er ablenkt oder deine Argumente ignoriert? Wir haben einige Strategien zusammengestellt, welche die Wirksamkeit deiner Argumente erhöhen können. Wenn du beispielsweise Fakten mit einer persönlichen Geschichte oder Erfahrung greifbar machst oder sie mit Witz erzählst, packst du dein Gegenüber leichter. • Schaffe dir Verbündete Beteilige Kolleg_innen am Gespräch oder grei fe deren Argumente auf. Und seien sie noch so banal. Das schafft eine sichere Ebene für das weitere Gespräch. Wenn du dich unbetei ligten Kolleg_innen zuwendest, kannst du da mit der_den Parolen-Schwinger_in ins Leere laufen lassen. Denn so entziehst du ihr_ihm die Aufmerksamkeit. • Argumentiere konkret Frage nach konkreten Zusammenhängen. Wo her weißt du das? Was genau meinst du? Was • • • • • stört dich persönlich daran? Dein Nachhaken verstrickt auch ein verbohrtes Gegenüber in Widersprüche und nimmt einer Diskussion das Tempo. Lass es ruhig angehen Wenn du selbst mit einer ruhigen Stimme sprichst, erhältst du mehr Aufmerksamkeit. Ein Gegenüber wird in der Regel so offener für andere oder ungewohnte Gedanken, als wenn man mit Geschrei seine defensive Stimmung anheizt. Bremse Stammtischparolen aus Dein Gegenüber jagt eine rassistische Parole nach der anderen durch den Raum. Hake ein. Such dir eine Bemerkung heraus. Verlange konsequent ihre Erklärung. Mit einer konkreten Auseinandersetzung kannst du dein Gegenüber in Erklärungsnotstand bringen. Körperliche Überzeugung - Nein! Keine Handgreiflichkeiten. Aber eine gezielt eingesetzte Körpersprache hilft schon. Jede_ jeder möchte in einer Diskussion ernst genommen werden. Mit gebeugter Haltung und versteckten Händen machst du dich klein. Mit verschränkten Armen signalisierst du Abwehr, mit geöffneter Haltung und festem Stand zugleich Offenheit und Selbstbewusstsein. Ein Rückschritt ist manchmal ein Fortschritt Dir fehlen Hintergrundinformationen? Oder hast du einfach einen schlechten Tag? Wenn du dich selbst nicht sicher fühlst beim Argumentieren, warum verschiebst du die Diskussion nicht einfach auf später? Damit zeigst du auch, dass es sich für dich um eine ernst zu nehmende Angelegenheit handelt. Beim nächsten Aufeinandertreffen kannst du vielleicht schon mit guten Argumente überzeugen. Kein Podium für Nazis Vorsicht bei geschulten Nazikadern. Sie springen zwischen verschiedenen Themen. Oder versuchen durch dominantes Redeverhalten die Oberhand zu behalten. In diesem Fall solltest du dich auf die Zuhörer_innen konzentrieren. Schieb die_den Nazi an den Rand deines Gesprächs. Aus: Hinschauen und Eingreifen! Das Portal gegen Diskriminierung. Ver.di Jugend http://www.aktiv-gegen-diskriminierung.info/argumentationsstrategien (Stand: 25.10.15). 37 »Kriegerin« ? Bullshit-Bingo 1.) Schneidet die Aussagen aus und stellt euch jeweils ein individuelles Bingo-Spiel zusammen. 2.) Schaut euch aktuelle Talk-Shows mit Vertretern von PEGIDA an oder lest euch einen Artikel der AfD oder NPD durch. Streicht die Aussagen im Bingo durch, wenn ihr sie hört. Wer zuerst eine Reihe (waagerecht,senkrecht oder diagonal) weggestrichen hat, ruft laut: „Bullshit“. „Die meisten sind sowieso nur Wirtschaftsflüchtlinge.“ „Muslime sind doch alle Terroristen“ oder „Flüchtlinge sind gefährlich und kriminell.“ „Deutschland ist Hauptziel für „Wir haben genug eigene ProbleFlüchtlinge. Jetzt sind auch mal me.“ oder „Wir können doch nicht die anderen europäischen Länder die ganze Welt retten.“ dran.“ „Die kommen alle nach Europa“ bzw. „Wir können doch nicht die ganze Welt aufnehmen.“ „Einwanderer kosten zu viel Geld.“ „Die kommen doch nur wegen unserer Sozialleistungen!“ „Wir schaffen das nicht, das sieht man doch!“ „Alle Afrikaner sind Drogendealer, arm und ungebildet“ „Wir werden überrannt und die deutsche Kultur geht zu Grunde.“ „Die wollen nicht mal arbeiten gehen.“ „Die nehmen uns Deutschen die Arbeitsplätze weg.“ „Ich bin nicht rassistisch, aber…“ 3.) Ordne nun, die Fakten, auf der nächsten Seite den entsprechenden „Bullshit-Aussagen“ zu. 4.) Weitere Informationen und Fakten findest du zum Beispiel unter: http://www.proasyl.de/fileadmin/fm-dam/q_PUBLIKATIONEN/2014/Broschuere_Pro_MR_Contra_Rassismus_Web.pdf Giese, Perlick 38 »Kriegerin« Fakten zum Bullshit-Bingo • Die Gründe, die Menschen in die Flucht treiben, wiegen schwer. Sie heißen Krieg, Verfolgung und Existenzgefährdung. • Innerhalb Europas liegt Deutschland mit seinen Asylzahlen seit Jahren im Mittelfeld. • Wir sind verantwortlich für die Bedingungen, die Menschen in die Flucht treiben. • Geflüchtete oder Muslime sind so verschieden, wie Menschen eben sind. • Davon sind wir Lichtjahre entfernt. Nur ein Bruchteil der Geflüchteten kommt nach Europa, die meisten Geflüchteten werden von direkten Nachbarstaaten wie dem Libanon aufgenommen. • Die angeblich „deutsche“ Kultur und Bevölkerung spiegelt eine jahrtausendelange Migrationsgeschichte wider. • Die Kosten für Geflüchtete liegen 2015 bei grade mal knapp 2% des Bundeshaushalts. • Schön, dass du die deutschen Sozialleistungen zu schätzen weißt, aber niemand riskiert auf einer Flucht sein Leben oder lässt Haus, Familie und Freunde zurück, aufgrund von „Sozialleistungen“ und einem „Taschengeld“ von 130€ im Monat. • In den ersten 9 Monaten nach ihrer Ankunft dürfen Asylsuchende überhaupt nicht ar- beiten. Auch nach Ablauf dieser Frist prüfen die zuständigen Arbeitsämter zunächst, ob eine freie Stelle nicht mit Deutschen, EU-Bürger*innen oder Migrant*innen mit einer Aufenthaltserlaubnis besetzen können. • Hektisch eröffnete Notunterkünfte suggerieren, dass wir nicht genug Platz haben, die Neuankommenden unterzubringen und zu versorgen. Mit vernünftiger Planung könnte man allerdings viel mehr Menschen aufnehmen. • Der afrikanische Kontinent ist riesengroß und vielseitig - und längst nicht alle Afrikaner*innen sind auf dem Weg nach Europa. • Wenn du schon extra betonen musst, dass du angeblich nicht rassistisch bist, kommt im Folgenden ganz sicher eine der genannten (rassistischen) Thesen oder eine vergleichbare Aussage. Wir empfehlen dazu die erneute Lektüre der hier aufgeführten Fakten. 39 »Kriegerin« Was ist Rassismus? Aus: https://www.facebook.com/nonazinet/ (Stand: 1.11.15) ? Rassismus steckt in vielen Alltagsituationen. Teilt euch auf und sucht zu jedem Bereich aus dem Schaubild ein Beispiel. Stellt euch die Ergebnisse gegenseitig vor und diskutiert folgende Fragen: • Waren euch alle Beispiele bewusst? • Warum ist es wichtig sich den Alltagsrassismus bewusst zu machen? • Welche Vorurteile habt ihr selbst gegenüber Anderen? Offensichtlich und zugedeckt – Alltagsrassismus in Deutschland Von Toan Quoc Nguyen „Gehst Du mal in Deine Heimat zurück?“ „Was, nach Bielefeld? Nee!“ (Noah Sow, Deutschland Schwarz Weiß) [...] In dieser Frage, genauso wie in der Frage „Wo kommst du her?“, drückt sich beispielhaft der tägliche Rassismus aus. [...] Dementsprechend braucht es positive und politisch besetzte Selbstbezeichnungen, die sich gegen 40 jegliche rassistische Fremdzuschreibungen und Fremdbezeichnungen der Mehrheitsgesellschaft erwehren. [...] Dabei geht es keineswegs – wie bei den Begriffen „of Color“, „Schwarz“ oder „weiß“ häufig missverstanden – um den einfachen Bezug zur ‚Hautfarbe‘, das wäre sehr verkürzt und unangemessen, sondern um den Blick auf ausgrenzende, benachteiligende oder begünstigende Strukturen in der Gesellschaft. [...] »Kriegerin« Alltagsrassismus hat viele Gesichter: Es ist die Frage nach der - vermeintlichen - Herkunft, obwohl man in Rostock geboren wurde. Es sind die abwertenden Blicke im Bus, die rassistischen Rufe im Stadion oder auch die Zurückweisung an der Diskotür. [...] Vermeintliche Komplimente wie „Du sprichst aber gut Deutsch“ oder lobend gemeinte Verallgemeinerungen wie „asiatische Schüler_innen sind immer so fleißig“ sind weitere Beispiele für Alltagsrassismus. Eines haben diese Beispiele gemeinsam: Starre, althergebrachte Einordnungen werden bemüht, um Menschen nach Ethnien, Nationen, Kulturen oder Rassenkonstruktionen in Schubladen einzusortieren. Diese Einordnungen sind zumeist negativ, bestimmt von rassistischen Denk- und Handlungsmustern. [...] Menschen [werden] in Gruppen eingeteilt, und zwar in „wir“ und „sie“. „Othering“, „Veränderung“ nennt die Soziologie diesen Prozess, der beinhaltet, dass „sie“ im Gegensatz zum „wir“ meist negativ bewertet werden. „Sie“ sind z. B. unzivilisiert, rückständig und kriminell, „wir“ dagegen zivilisiert, modern und anständig. Alltagsrassismus ist nicht immer leicht zu erkennen. Er kann sich deutlich in Form von rassistischen Beleidigungen und herabwürdigenden Handlungen zeigen, doch erscheint er auch ganz subtil. [...] Dass Vorurteile oft unbewusst und unbedacht geäußert werden, bedeutet nicht, dass sie harmlos wären; sie sind nicht minder wirksam. Die Psychologin und Autorin Grada Kilomba hat Rassismus einmal prägnant als „Vorurteil kombiniert mit Macht“ beschrieben. In jeder Gesellschaft gibt es ein sogenanntes „rassistisches Wissen“, das aus Vorurteilen, Stereotypen oder Vorstellungen über „Andere“ besteht. [...] [...] Im Jahr 2013 veröffentlichte die Antidiskriminierungsstelle des Bundes die Ergebnisse einer umfangreichen Studie im Arbeits- und Bildungsbereich. Im sogenannten Racial Profiling [2] durch die Polizei, im kollektiven Versagen der Sicherheitsbehörden bei der Aufdeckung der Morde und Anschläge des Nationalsozialistischen Untergrund (NSU), in der restriktiven Gesetzgebung und den schlechten Rahmenbedingungen, insbesondere für Geflüchtete, oder durch die Benachteiligung von Schüler_innen of Color im deutschen Bildungssystem wird struktureller und institutioneller Rassismus deutlich. [...] chung des eigenen Wohlbefindens, der eigenen Persönlichkeit und anderer bisheriger Selbstverständlichkeiten. Rassismus ist eine gewaltvolle und schmerzhafte Realität. Dementsprechend ist es für Menschen of Color sehr wichtig, über Wege, Strategien und Ressourcen zu verfügen, um sich gegen Alltagsrassismus zur Wehr setzen zu können. [...] [...] Um Rassismus abzubauen, ist es allerdings unverzichtbar, sich den eigenen Rassismen zu stellen, sich „an die eigene Nase zu fassen“. [...] Das ist kein einfacher Prozess, und es ist selbstredend, dass eine Mehrheitsgesellschaft vielfältige Abwehrmechanismen gegen die Aufgabe ihrer Privilegien entwickelt. Und dennoch: Trotz aller Herausforderung und Abwehrstrategien, die bestehen: Rassismuskritik und Antidiskriminierung sind unverzichtbare Pfeiler einer pluralen, heterogenen Migrationsgesellschaft. [...] [...] Diese Maßnahmen sollten davon geleitet sein, seit langem bestehende, selbstbestimmte Wege des Empowerments von Menschen of Color, also der Ermächtigung von rassistisch diskriminierten Menschen, intensiv zu unterstützen, institutionell und strukturell zu etablieren und bestehende rassistische Strukturen in der Sprache oder in Organisationen aufzubrechen. [...] [...] Letztlich geht es darum, Haltungen zu leben und Strukturen zu schaffen, sei es nun im Freundeskreis, dem Arbeitsplatz oder dem Verein, in dem Respekt und Wertschätzung keine Lippenbekenntnisse, sondern selbstverständlich sind. Sich auf neue, veränderte Heimaten einzulassen, wäre ein erster guter Schritt. Denn dass Heimaten in Bewegung sind, ist auch eine alltägliche Realität. [...] Aus: Toan Quoc Nguyen, „Offensichtlich und zugedeckt – Alltagsrassismus in Deutschland“, http://www.bpb.de/dialog/194569/offensichtlich-undzugedeckt-alltagsrassismus-in-deutschland (Stand 30.10.15). [...] Diskriminierung und Mehrfachdiskriminierung führen häufig zu einer tiefgreifenden Schwä- 41 »Kriegerin« Privilegientest Kreuze an! ich hatte nie Nachteile in der Schule aufgrund meines Geschlechts, meiner Hautfarbe, Herkunft, Religion, sexuellen Orientierung oder physischen Verfassung. o Trifft zu o Trifft nicht zu o Trifft zu o Trifft nicht zu o Trifft zu o Trifft nicht zu o Trifft zu o Trifft nicht zu o Trifft zu o Trifft nicht zu o Trifft zu o Trifft nicht zu o Trifft zu o Trifft nicht zu o Trifft zu o Trifft nicht zu o Trifft zu o Trifft nicht zu o Trifft zu o Trifft nicht zu o Trifft zu o Trifft nicht zu Ich kann einkaufen gehen, ohne dass mir ein*e Kaufhausdetektiv*in misstrauisch folgt. ich bin prinzipiell nicht in einer Situation, in der ich bestimmte Plätze meide, weil sie gefährlich für mich bzw. mein Leben sein könnten. Wenn ich von der Polizei angehalten werde dann ist meine Hautfarbe nicht der Grund dafür. ich kann mich um einen Job bewerbe ohne darüber nachzudenken, ob mein Geschlecht, meine Hautfarbe, Herkunft, Religion, sexuelle Orientierung oder physische Verfassung für die Auswahl eine Rolle spielen. Wenn ich Make-Up mit der Farbe „naturell“ kaufe, oder einen Buntstift in „Hautfarbe“, kann ich ziemlich sicher sein, dass die Farbe meiner Hautfarbe ähnlich ist. ich kann den Fernseher anschalten oder eine Zeitung aufschlagen und kann dort Menschen meiner Hautfarbe breit vertreten sehen. ich kann über die Kultur und Geschichte meiner Familienvorfahren etwas in der Schule lernen. ich kann erfolgreich in fordernden Situationen bestehen, ohne als Positivbeispiel für Menschen meiner Hautfarbe oder für Menschen mit Migrationsgeschichte herzuhalten. ich kann ein Hotel oder andere Gaststätten aussuchen, ohne befürchten zu müssen, dass ich aufgrund meines Geschlechts, meiner Hautfarbe, meiner Religion, meiner sexuellen Orientierung oder meiner physischen Verfassung dort nicht hineingelassen oder schlecht behandelt werde. ich bin nie belästigt oder beschimpft worden aufgrund meines Geschlechts, meiner Hautfarbe, meiner Religion, meiner sexuellen Orientierung oder meiner physischen Verfassung. ? Einige Fragen stellen sich nun im Anschluss an den Test: o o o 42 Warum hast du „Trifft zu“/„Trifft nicht zu“ am häufigsten angekreuzt? Warst du überrascht über manche Fragen? Warum? Was wird dir durch den Test bewusst? Perlick, Schubert SPIELANREGUNGEN Beim Spiel kann man einen Menschen in einer Stunde besser kennenlernen, als im Gespräch in einem Jahr. Platon (428/427 – 384/387 v. Chr.) »Kriegerin« Einstieg Blickrunde Alle sitzen im Kreis. Der/die Spielleiter*in beginnt dem/der Nachbar*in in die Augen zu schauen. Es geht darum, sich gegenseitig wahrzunehmen. Der Blick sollte mindestens 4 Sekunden gehalten werden, dabei sollte nicht gesprochen werden. Dann wird der Blick zur nächsten Person weitergegeben, der Blick wandert einmal im Kreis bis er wieder zur Spielleiter*in gelangt. Blickwechsel Alle sitzen im Kreis. Jede*r kann sich umschauen und jemanden suchen, den er/sie anschauen möchte. Wenn diese Person den Blick bemerkt, tauschen beide den Platz. Dabei wird nicht geredet, die Kommunikation soll nur über Blicke laufen. Jede*r sollte mindestens drei Mal den Platz gewechselt haben, wenn das Spiel beendet wird. Brennende Fragen Vielleicht haben die Jugendlichen Fragen, die sich ihnen beim Theaterbesuch aufgedrängt haben. Vielleicht haben sie etwas wirklich nicht verstanden oder wollen gerne wissen, wie das mit den Scheinwerfern eigentlich funktioniert. In der einstimmenden Fragerunde haben alle diese Fragen Raum – egal, ob inhaltlich oder auf den Theaterbesuch allgemein bezogen. Raumlauf Alle gehen durch den Raum. Auf Ansage der Spielleitung laufen alle auf den Fußspitzen, Fußinnenseiten, Hacken oder Fußaußenseiten. Dies kann zu einer rhythmischen Übung werden, indem alle im Takt zuerst zwei Schritte auf der Hacke, dann zwei Schritte auf der Innenseite und so weiter gehen. Anfangs kann man es kommentieren, um den Einstieg in den Rhythmus zu erleichtern: Spitze, Spitze, innen, innen, Hacke, Hacke, außen, außen. Eine weitere Steigerung ergibt sich, wenn man die Hände dazu nimmt und mit ihnen Bewegungen macht, die denen der Füße ähneln. Für Fortgeschrittene können auch neue Handbewegungen gefunden werden. Erweiterter Raumlauf: Rivale und Beschützer Raumlauf wie oben. Jede*r Spieler*in sucht sich nun gedanklich eine*n Andere*n aus (der Raumlauf geht die ganze Zeit weiter). Der/Die Andere ist nun sein/ihr „Rivale“. Nun sucht sich jede*r Spieler*in noch eine*n Andere*n aus. Diese*r ist nun sein/ihr Beschützer*in. Dann versucht jede*r Spieler*in, so zu gehen, dass sein/ihr Freund*in immer zwischen ihm/ihr und seinem/ihrem Feind ist. Anmerkung: Das wird in der Praxis nie bei allen gleichzeitig funktionieren, folglich entsteht sofort ein komplexes und interessantes (weil gegenseitig abhängiges) Bewegungsmuster. Statusspiel Alle gehen durch den Raum. Zuerst nehmen alle Schüler*innen einen Hochstatus ein. Sie laufen alle sehr selbstbewusst, ihnen kann keiner etwas anhaben. Sie sind der „Chef“. Anschließend nehmen alle einen Tiefstatus ein. Sie sind sehr schüchtern, trauen sich nicht jemanden anzusprechen oder anzuschauen. Sie sind in der Hierarchie ganz unten. Die Klasse wird in zwei gleichgroße Gruppen geteilt. Die einen sind im Hoch- und die anderen im Tiefstatus. Sie laufen alle durch den Raum und begegnen sich. Danach wird getauscht. • Was passiert mit der eigenen Körperhaltung in den unterschiedlichen Status? • Wie viel Raum nimmt man wann ein? • Wie fühlen sich die unterschiedlichen Status an? • Was passierte als die zwei Gruppen sich begegnet sind? • Wie wichtig ist die eigene Körperhaltung? 44 »Kriegerin« Spiele zum Thema Verständigung Pantomime-Kette Gruppe in zwei gleichgroße Teile teilen. Eine Gruppe wird rausgeschickt, sie wird zuerst Pantomime spielen. Die andere Gruppe überlegt sich eine möglichst EINFACHE Pantomime-Situation, in die mehrere Personen involviert sind (z.B. Zugfahrt, Prüfung, Bibliothek) Es wird nun die erste Person der anderen Gruppe hereingebeten und ihr wird der Begriff genannt. Ist sie bereit, wird die zweite Person hereingebeten. Es darf nicht geredet werden und sie muss lediglich anhand der Bewegungen der ersten Person erkennen, um welche Situation es sich handelt und den Begriff nun zusammen mit ihr darstellen. Es darf weiterhin nicht gesprochen werden. Die Bewegung der einzelnen Personen dürfen nicht mehr verändert werden. Nun wird die nächste Person hereingebeten und auch sie muss für sich erkennen, worum es sich handeln könnte und sich dazugesellen usw. bis die ganze Gruppe gemeinsam einen Begriff/eine Situation spielt. Anschließend werden die Gruppen getauscht und das Spiel mit einer neuen Situation wiederholt. Auswertung: Im Anschluss erfolgt ein Auswertungsgespräch. Sinnvolle Einstiegsfragen können sein: • Was habt ihr jeweils in den Pantomimen gesehen, also welche Begriffe dachtet ihr werden darge stellt? • Warum? Was hat deine Bewegung dargestellt und wieso ist sie für dich typisch für den Begriff? • Waren die Handlungen der anderen Pantomimespieler*innen für dich typisch für den Begriff? • Warum, bzw. warum nicht? • Hast du dich den anderen angepasst? • Sind Missverständnisse entstanden? • Ist euch die Situation leicht oder schwergefallen? Warum? Spiele zum Thema Ausgrenzung / Diskriminierung Guten Tag Übung Ein*e Teilnehmer*in wird zu Beginn nach draußen geschickt. Alle anderen Teilnehmer*innen einigen sich darauf sehr freundlich zueinander zu sein, außer zu der Person, die vor der Tür steht. Der/Die Außenseiter*in wird hereingebeten. Alle laufen im Raum durcheinander und begrüßen sich herzlich. Sie erkundigen sich nach dem Wohlergehen der Anderen. Mit einer Ausnahme: Der/Die Außenseiter*in wird von allen „geschnitten“; er/sie ist quasi Luft und existiert nicht. HINWEIS: Diese Übung sollte mehrmals mit unterschiedlichen „Außenseiter*innen“ stattfinden. Auswertungsfragen: • Wie haben sich die Außenseiter*innen bzw. die Teilnehmer*innen gefühlt? • War Gewalt im Spiel? • Was tat weh? • Hat diese Verletzung einen Namen? Weiterführung des Spiels: Ein Teil der Gruppe setzt sich hin und schaut zu. Ein*e freiwillige*r Spieler*in findet einen Ton oder ein Geräusch, welches klein und zart ist (z.B: fififi). Eine Gruppe von Spieler*innen wiederum sucht sich ein starkes Geräusch, welches sie auch als Gruppe auszeichnet (z.B: babumbabum). Diese Gruppe geht nun auch als Gruppe durch den Raum und hat die Aufgabe alle nichtzugehörigen Personen kategorisch auszuschließen. Die erste Person in der „kleinen“ Rolle versucht nun alles Mögliche, um in die Gruppe zu kommen. 45 »Kriegerin« Diese Szene kann nun für alle geöffnet werden und die Zuschauenden sind eingeladen, eigene Ideen mit einzubringen und es nach einander auch einmal zu versuchen in die Gruppe zu gelangen. Eine Auswertung im Anschluss ist wichtig. Dafür können sowohl eigene Erfahrungen und Empfindungen besprochen, als auch schon erste Handlungsideen gesammelt werden. • Was macht eine Gruppendynamik aus? • Warum wirkt die Gruppe so stark? • Was für Strategien gibt es? „Die Ja-Sager“ Die Gruppe steht im Kreis und der/die Spielleiter*in liest abwechselnd vorurteilsbelastete und personenbezogene Aussagen vor (z.B.: Alle Jungen mit Brille sind schlau. Mein Lieblingsessen ist Fischsuppe. Alle Türken essen gerne Döner) Auf diese Aussagen darf die Gruppe nacheinander im Kreis nur mit „ja“ antworten (Emotionen zu den Aussagen können nur durch Intonation, Mimik und Gestik gezeigt werden) Später sagen alle gleichzeitig „ja“ • die eigene Meinung wird zurückgestellt (Wie fühlt sich das an?) • man kann auch, indem man etwas bejaht obwohl man es nicht glaubt/unterstützt, allein durch Intonation oder Spiel die eigene Meinung dazu offenbaren – probiert aus die Stereotypen zu wiederholt zu sprechen und sie nicht zu meinen Wo steckt der Rassismus? Die Teilnehmenden bekommen jeweils unterschiedliche rassistische Äußerungen (Sprichwort/Wort/Redewendung/Witz) auf einem Zettel ausgehändigt. (z.B. Mohrenstraße, Negerkuss, Zigeunersauce, Gastarbeiter, Das kommt mir spanisch vor, Schwarzfahren, Leben wie die Hottentotten, Ein Indianer kennt keinen Schmerz In Kleingruppenarbeit entwickeln sie kurze Theaterszenen, in denen sie diese darstellen und den anderen präsentieren. Die Zuschauer*innen müssen auf den Alltagsrassismus hinweisen. Anschließend werden die Szenen diskutiert. • Warum ist das rassistisch? • Kennt ihr solche oder ähnliche Situationen? • Wie wichtig ist es Sprache sorgfältig zu benutzen? • Welche rassistischen Äußerungen benutzt ihr selbst häufig, ohne es zu merken? Zivilcourage Sammelt Beispielgeschichten und Erfahrungen mit Diskriminierung im Alltag. Hierbei kann es sich um eigene, gehörte oder gesehene Situationen handeln (zum Beispiel um einen rassistischen Witz). Die Klasse wird in verschiedene Kleingruppen aufgeteilt und jede Gruppe soll sich eine Situation aussuchen und sie szenisch erproben. Anschließend entwickeln sie eine Szene, wie die Situation hätte gelöst werden können. Diskutiert die Szenen und Lösungsansätze. Hierzu haben sie ca. 20 Minuten Zeit Die Szenen werden den anderen genauso vorgespielt wie sie stattgefunden hat • Wie hättet ihr reagiert? • Was macht ihr wenn ihr selbst in so eine Situation geratet? • Ist es wichtig, dass man sich positioniert und sich mit der diskriminierten Person solidarisiert? • Welches Verhalten würdet ihr euch von euren Mitmenschen wünschen? 46 »Kriegerin« Spiele zum Thema Flucht und Migration Ich muss meinen Koffer packen ... Die Schüler*innen sollen sich vorstellen, dass sie überstürzt ihr Zuhause und ihr Land verlassen müssen. Es gibt kaum Zeit zum Koffer packen. Sie sollen sich überlegen, was sie mitnehmen würden. Jede*r Schüler*in malt den Umriss eines Koffers auf ein Blatt. Neben ein paar Kleidungsstücken haben sie nur Platz für drei weitere Dinge in deinem Koffer, welche sie nun in ihren Koffer auf dem Blatt malen sollen. Es dürfen jedoch nicht mehr als drei Gegenstände sein. In der Großgruppe stellen sie sich gegenseitig ihre Kofferinhalte vor. • Welche Dinge habt ihr ausgewählt? • Warum habt ihr diese Sachen ausgewählt? • Warum sind sie besonders wichtig? Die Bilder können im Klassenzimmer aufgehängt werden. Zum Abschluss der Übung wird sich noch einmal darüber ausgetauscht, wie schwer oder leicht es gefallen ist sich auf diese Sachen zu beschränken. • Könntet ihr euch vorstellen auf all eure anderen Sachen zu verzichten? • Warum oder warum nicht? Diese Übung kann einen sinnvollen Einstieg in das Thema „Flucht“ bilden, für die damit verbundenen Verluste sensibilisieren und dazu beitragen, die Empathiefähigkeit zu stärken. Blazejewski, Agricola, Seidler, Perlick 47 »Kriegerin« Die erschwerte Reise Alle Mitspieler sitzen auf einem Stuhl, frei im Raum verteilt. Nur ein Stuhl ist frei. Ein*e Teilnehmer*in steht am anderen Ende des Raumes und soll diesen freien Stuhl erreichen in einem langsamen Tempo, denn er/sie hat schweres Gepäck zu tragen. Die Gruppe muss verhindern, dass der/die suchende Spieler*in den Stuhl besetzt. Jede*r darf nur einmal pro Spiel auf demselben Stuhl gesessen haben und muss, so wie er einmal aufgestanden ist, seinen Stuhl wechseln. So werden immer wieder andere Stühle frei. Schafft es der/die Suchende*r einen Stuhl zu besetzten, ist ein andere*r Schüler*in dran, sich auf die erschwerte Reise quer durch den Raum zu machen. Ich bin viele Alle Schüler*innen bekommen ein leeres Blatt, auf das sie in der Mitte einen großen Kreis malen. Nun gestalten sie eine „Identitätstorte“, in der sie die für sich wichtigsten Eigenschaften/Rollen/Teilidentitäten/ Familienhintergründe/Hobbies/Talente usw., die ihre Person ausmachen, in Form von (unterschiedlich großen) Tortenstücken einzeichnen (z.B. Junge/Mädchen, Deutsche*r oder andere Nationalitäten, Berliner*in, etc). Sie haben dafür 10 Minuten Zeit. Anschließend werden die Arbeitsblätter eingesammelt. Der/Die Gruppenleiter*in liest die einzelnen Teilidentitäten der Reihe nach vor, ohne Name und die Prozentzahl zu nennen. Parallel schreibt die Spielleitung diese auf ein Flipchart/eine Tafel. Die Teilnehmer*innen werden gebeten, aufzustehen, wenn die vorgelesenen Eigenschaften auf sie zutreffen (auch wenn sie selbst sie nicht in ihre Diagramme aufgenommen hatten). Anhand der auf dem Flipchart gesammelten Rollen können dann übergeordnete Identitätskategorien und deren Relevanz für die je eigene Identität diskutiert werden (z.B. Geschlecht, Alter, ethnische oder nationale Herkunft, Religion, Hobby, Familie, Freunde, Schule, Wohnort, Musik etc.) Reflektiert gemeinsam: • Was macht einen Menschen aus? • Gibt es viele Gemeinsamkeiten? • Wie war das, wenn du der/die Einzige warst der aufgestanden ist? • War es schwer herauszufinden, was dich ausmacht? • Gibt es Konflikte/Widersprüche zu den einzelnen Teilidentitäten? • Wie viel wissen wir von Menschen aus unserem Umfeld? • Wie fühlt es sich an nur auf ein Teilelement reduziert zu werden? • Gibt es Rollen, die du magst und welche die du weniger magst? • Welche Rollen sind angeboren und welche frei gewählt? Angeregt durch die Methodenbroschüre: Alle anders – alle gleich http://www.bjv.at/gleichberechtigung/vielfalt/ (Stand. 29.10.15) 48 »Kriegerin« Giese, Seidler 49 »Kriegerin« Workshopangebote unserer Partner Gemeinsam Grenzen überwinden Das Projekt „Gemeinsam Grenzen überwinden“ dient dazu, geflüchtete Aktivist*Innen eine Möglichkeit zu geben ihre Perspektiven auf Flucht, Asyl und Migration in den gesellschaftlichen Dialog einzubringen und ihre Lebensrealitäten in Deutschland darzustellen. Wer wir sind: Wir sind vier FreundInnen, die dieses Projekt hier in Berlin initiiert haben: Muhammed Lamin Jadama, Bino Byansi Byakuleka, Josra Riecke und Anna Göth. Über die Aktivitäten in der Refugee-ResistanceBewegung haben wir uns kennengelernt und beschlossen, uns mit diesem Projekt der Bildungs- und Aufklärungsarbeit zu widmen. Wir richten ins hierbei insbesondere an die junge Generation. Uns liegen die Thematik Flucht, Asyl und Migration und die damit verknüpften Hintergründe, sowie die derzeitigen Realitäten sehr am Herzen. Wir bieten eine Mischung aus interaktiven Lernmethoden und Wissensvermittlung wichtiger Fakten über das deutsche und europäische Asylsystem an, sowie ein Sensibilisierungstraining zu Rassismus an. Im Mittelpunkt unseres Workshops soll ein Austausch von Erfahrungen und Lösungsansätzen für ein gemeinschaftliches Leben stehen. Themen: • Sensibilisierung für die Lebensrealität von Geflüchteten in Deutschland • Die Verbindung von Flucht und Migration heute und kolonialen Erfahrungen und Strukturen • Entwicklung von Lösungsansätzen, um die Situation von Geflüchteten zu verbessern und Grenzen gemeinsam zu überwinden Module: • Ressourcenverteilungsspiel • Rollenspiele • Klärung rechtlicher Grundbegriffe • Sprachliches Sensibilisierungstraining • Dialog über Möglichkeiten der Grenzüberwindung zwischen Menschen • Fotopräsentationen • Vorträge • Erd-Charta und Flush Weitere Infos und Kontakt: Facebook.com/gemeinsamgrenzenueberwinden www.gemeinsamgrenzenueberwinden.wordpress.com Workshops: Dauer: 1,5 – 4 Stunden Kosten: Der Teilnahmebeitrag pro Gruppe beträgt in der Regel 30€ bis 40€. Wir sind FachreferentInnen des Entwicklungspolitisches Bildungs- und Informationszentrum e.V. – EPIZ. (http://www.epiz-berlin.de/) Kontakt: Frau Bruch Programmkoordination des EPIZ Tel: 030/69 264-19 50 »Kriegerin« Gesicht zeigen! „Gesicht Zeigen!“ Für ein weltoffenes Deutschland e.V. engagiert sich gegen Rassismus, Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und rechte Gewalt. Dafür werden Projekte und Aktionen entwickelt, die Vorurteile abbauen und das Miteinander fördern. Der Verein initiiert öffentliche Kampagnen für Zivilcourage, die von zahlreichen Prominenten unterstützt werden. Gesicht Zeigen! couragiert Menschen, sich gegen Ungerechtigkeiten zu wehren. Die künstlerische Ausstellung „7xjung – Dein Trainingsplatz für Zusammenhalt und Respekt“ ist der Lernort von Gesicht Zeigen! mitten in Berlin. 7xjung bietet ungewöhnliche Zugänge zur aktiven Auseinandersetzung mit der NS-Zeit früher, sowie Identität, Ausgrenzung und Zivilcourage heute. Lebendig wird 7xjung in intensiven, ganzheitlich angelegten Workshops, die dem Bewusstsein und der Motivation für couragiertes Handeln Raum geben. So entstehen neue Perspektiven auf die Geschichte, die Gegenwart und die ganz eigenen persönlichen Möglichkeiten, die Gesellschaft mitzugestalten – auch in der eigenen Schule und Klasse.“ Themen sind NS-Geschichte, Demokratie & Freiheit, Identität, Vorurteile, Antisemitismus, Migration & Flucht, Islamfeindlichkeit, Glaube & Religion, Diskriminierung & Ausgrenzung, Zivilcourage und Rassismus. Die 7xjung-Workshops gehen in der Regel 4 Stunden und kosten pro angefangene 15 Teilnehmer*innen einen Kostenbeitrag von 40 Euro. Die Workshops in der Ausstellung 7xjung werden von der LOTTO-Stiftung Berlin gefördert - dies ermöglicht den genannten niedrigen Kostenbeitrag. Kontakt Mohamed Abdou, Verena Deventer, Jan Krebs 030 3030808 -25 oder -26 ausstellung@gesichtzeigen.de www.gesichtzeigen.de https://www.facebook.com/7xjung/ 51 »Kriegerin« Literatur, Links und Filme Zivilcourage / Rassismus / Rechtsextremismus Daniela Höra, „Braune Erde“, bloomoon, München, 2013 Hufer, Klaus-Peter; „Was kannst Du Stammtischparolen entgegensetzen? Argumente am Stammtisch – Erfolgreich gegen Parolen, Palaver und Populismus.“; Bundeszentrale für politische Bildung; bpb Band 545 Kulick, Holger (Hrsg.) „MUT-ABC für Zivilcourage. Ein Handbuch gegen Rechtsextremismus. Von Schülern für Schüler“; AKV Edition Hamouda; Leipzig 2008. Sow, Noah; „Deutschland Schwarz Weiß. Der alltägliche Rassismus“; C. Bertelsmann Verlag; 2008 Magazin „fluter“ (Ausgabe 42) Thema: Nazis, hrsg. von der Bundeszentrale für politische Bildung; Bonn, 2012 Publikationen der Amadeu Antonio Stiftung https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/ „pro menschenrechte - contra vorurteile“ Fakten und Argumente gegen Vorurteile (aktualisierte Fassung 2015) Refugees Welcome“ Willkommenskultur gemeinsam gestalten (2014) „Läuft bei dir“ Konzepte, Instrumente und Ansätze der antisemitismus- und rassismuskritischen Jugendarbeit (Neuauflage 2015) „Ermutigen - Handeln für Demokratie No.14“ „Rechtsextreme Frauen - übersehen und unterschätzt“ Analysen und Handlungsvorschläge (2014) „Themenflyer zu zehn Erscheinungsformen von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit“ (2011) „Geh sterben“ Umgang mit Hate Speech und Kommentaren im Internet „no-nazi.net“ Digitale Handlungsstrategien gegen Rechtsextremismus „Film ab! Gegen Nazis“ Pädagogische Handreichung zur Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus anhand von Dokumentar- und Spielfilmen (2013) Diese und weiter Publikationen stehen auf der Seite der Amadeu Antonio Stiftung zum kostenlosen Download zur Verfügung: https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/publikationen/ Was tun gegen rechts? http://www.aktion-tu-was.de/index.html http://www.zeig-courage.de/ http://www.gib-rassismus-keine-chance.org/ http://www.netz-gegen-nazis.de/ Wie erkenne ich Rechtsextreme? http://www.dasversteckspiel.de/ http://www.braunerpeter.de Gender und Rechtsextremismus http://www.gender-und-rechtsextremismus.de Aussteigen aus der rechten Szene http://www.exit-deutschland.de/ 52 »Kriegerin« Filme „die Story: weiblich, sexy, rechtsextrem“, WDR, Catarina Woj, Sendung 5.10.15 „Panorama - die Reporter: Im Nazidorf“, NDR, Michel Abdollahi, Sendung 6.10.15 „Die Arier“, Mo Asumang, Film. 2014 Arendt, Hannah; „Wir Flüchtlinge.“ In: Marie Luise Knott (Hrsg.): Zur Zeit. Politische Essays. aus dem Amerikanischen von Eike Geisel. Berlin, 1986 Asyl / Migration / Flucht Wolfgang Grenz, Julian Lehmann, Stefan Keßler: „Schiffbruch. Das Versagen der europäischen Flüchtlingspolitik“. Knaur Taschenbuch, München, 2015 Christoph Miler: „Nowhere Men. Illegale Migranten im Strom der Globalisierung“. Luftschacht, Wien, 2015 Andrea Di Nicola, Giampaolo Musumeci: „Bekenntnisse eines Menschenhändlers. Das Milliardengeschäft mit den Flüchtlingen“. Antje Kunstmann, 2015 Hassan Ali Djan, Veronica Frenzel: „Afghanistan. München. Ich. Meine Flucht in ein besseres Leben“. Herder, 2015 Eva Ruth Wemme: „Meine 7000 Nachbarn“ Verbrecher Verlag, 2015 E-Books zum Thema Flucht Patras Bwansi; Lydia Ziemke; „Mein Name ist Bino Byansi Byakuleka“; Berlin, 2015 Faiz / Julia Tieke: „Mein Akku ist gleich leer. Ein Chat von der Flucht“ ; Berlin, 2015 Michaela Maria Müller: „Vor Lampedusa. Eine Reise“; Berlin, 2015 Aktuelle Informationen zum Thema geflüchtete Menschen http://www.asyl.net/index.php?id=startseite http://www.bamf.de/DE/Startseite/startseite-node.html http://www.b-umf.de/ http://www.proasyl.de/ http://refugees-welcome.info/ https://www.uno-fluechtlingshilfe.de/ http://wie-kann-ich-helfen.info/ Menschenrechte https://www.amnesty.de/ http://www.bpb.de/internationales/weltweit/menschenrechte/ http://www.institut-fuer-menschenrechte.de/startseite/ https://www.hrw.org/de 53 »Kriegerin« Dank An die Schüler*innen der integrierten Sekundarschule Wilmersdorf und ihre Lehrerin Frau Monika Wetter und die Schüler*innen des Heinz-Berggruen-Gymnasiums und ihre Lehrerin Frau Katrin Schälicke für die Probenbesuche und das produktive Feedback. Besonderen Dank an Ahmed, Fadil und Abdallah Mohamed Nassir, Bino Byansi Byakuleka und Muhammed Lamin Jadama für die Einblicke in euer Leben und eure Freundschaft! Für Beratung, Workshops und Gespräche: Prof. Dr. Esther Lehnert (Alice-Salomon-Hochschule) Kati Becker (Berliner Register, ehem. Zentrum für Demokratie Schöneweide, Reachout) Stephan Cooper (Jugendamt Neukölln) Heike Radvan (Amadeu Antonio Stiftung, Rechtsextremismus und Gender) Simone Raffael (Amadeu Antonio Stiftung, Netz-gegen-Nazis) Sabine Hammer und Matthias Müller (Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin) Anna Göth, Josra Riecke, Bino Byansi Byakuleka, Muhammed Lamin Jadama (Gemeinsam Grenzen überwinden) Mohamed Abdou, Verena Deventer und Jan Krebs (Gesicht zeigen! Für ein weltoffenes Deutschland e.V.) Eva Prausner (Licht-Blicke Berlin) Helga Seyb (ReachOut Berlin) Samee Shah und Hammoudi (Refugee-Club impulse) Ali Falcao, Malik Muhammad, Ahmed Essam. No-Nazi.net und Katja Berlin (Katja Dittrich) für die Nutzungserlaubnis ihrer Grafiken. Übrigens! Das Begleitmaterial ist auch als kostenloser Download erhältlich unter: www.grips-theater.de Zudem gibt es weitere infos zum Thema in unserem Programmheft zum Stück. Impressum Impressum Herausgegeben von: Herausgegeben von:GmbH GRiPS Theater Altonaer Straße 22 GRIPS Theater GmbH 10557 Berlin Altonaer Straße 22 www.grips-theater.de 10557 Berlin www.grips-theater.de Spielzeit 2015/16 Künstlerischer Leiter: Stefan Fischer-Fels Geschäftsführer: Künstlerischer Leiter: Volker Philipp Ludwig Harpain Redaktion: Milena Geschäftsführer: VolkerDahmen, Ludwig Kirstin Hess, Matin Soofipour, EllenDahmen, UhrhanKirstin Hess, Redaktion: Milena Mitarbeit: Katharina Hünger, Sandra Schilli, Matin Soofipour, Ellen Uhrhan Josefine Slaby, Anne Strick, JanaSchilli, Wallner Mitarbeit: Katharina Hünger, Sandra Fotos: David Baltzer / bildbühne.de Josefine Slaby, Anne Strick, Jana Wallner Satz: Kristin Rieber – diekunstbuchproduzentin.de Fotos Uraufführung und Titel: Art Direktion: anschlaege.de David Baltzer/bildbühne.de Druck: Conrad, Berlin Satz: Kristin Rieber – diekunstbuchproduzentin.de Aufführungsrechte: Rowohlt Theater Verlag Aufführungsrechte: Theater Verlag Uraufführung: 11.Rowohlt November 2015, GRiPS Hansaplatz Uraufführung: 11. November 2015, GRIPS Hansaplatz 54