Das Geheimnis der Schönheit

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Das Geheimnis der Schönheit
Report
Attraktivitätsforscher
Dr. Martin Gründl
exklusiv in
Das Geheimnis der
Schönheit
Gutes Aussehen verleiht Selbstbewusstsein, Attraktivität
und Erfolg. Warum das äußere Erscheinungsbild
so wichtig ist und wie die Medizin der Natur nachhilft
Renaissance,
Barock und Rokoko
Fülligere Formen, viel Hüfte und eher
wenig Busen – dieses weibliche Schönheitsideal signalisierte Fruchtbarkeit
S
chönheit ist ein kostbares Gut. Ein
Geschenk der Natur, welches das
­Leben tatsächlich einfacher macht,
wie verschiedenste Studien belegen.
So werden hübsche Babys öfter auf den Arm
genommen, gut aussehende Schüler ­erhalten
die besseren Aufsatznoten, und attraktive
Menschen werden nicht nur für klüger,
fleißiger und freundlicher gehalten
als ihre weniger begünstigten Mitmenschen, sie sind auch beliebter
Frauen unterzogen
und verdienen mehr.
sich 2011 einem
Kein Wunder also, dass Menschen
seit Urzeiten daran gelegen ist, sich
kosme tischen
zu verschönern. Anthropologen geEingriff
Heute
Schlank, durchtrainiert,
­makellose Haut – das heutige
Schönheitsideal suggeriert
­Jugend und Sportlichkeit
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Ästhetisch Plastische Chirurgie (DGÄPC)
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Nasenkorrektur
Lidstraffung
Fettabsaugung
Lidstraffung
Fettabsaugung
Mit zunehmendem
Wohlstand wurde die Figur
der Idealfrau immer schmaler,
ihre Brust dafür stärker betont
Jugend und GesundHeit
Doch wer oder was entscheidet eigentlich
­darüber, was wir als schön empfinden? Liegt
Schönheit nicht im Auge des Betrachters?
„Nicht nur“, sagt Dr. Martin Gründl, Attraktivi­
tätsforscher an der Universität Regensburg.
„Es gibt durchaus einen Konsens für Attraktivität – sowohl innerhalb einer Kultur als
SchönheitsTrends Mehr Brust, weniger Bauch
auch kulturübergreifend.“ Wichtigste Attribute sind dabei Jugend und Gesundheit.
Diese kosmetischen Eingriffe wurden im vergangenen Jahr am
„Das Alte und Kranke gilt nirgendwo als anhäufigsten durchgeführt: die Top 3 bei Frauen und bei Männern
ziehend“, sagt der Psychologe. Ein entschei­
dendes Schönheitskriterium ist daher glatte,
29,2 Angaben in Prozent. Basis: alle Patienten
makellose Haut – vor allem bei Frauen. Um
mit kosmetischem Eingriff im Jahr 2011
besonders attraktiv zu sein, gehört bei ihnen
noch eine Portion Kindchenschema dazu:
große Augen, hohe Stirn, zierliche Nase, vol18,9
17,8
17,5
ler Mund, kleiner Unterkiefer. Letzterer
sollte bei Männern wiederum eher
13,3
12,9
ausgeprägt sein. „Ein markanter
Unterkiefer und ein markantes
Kinn sind die wichtigsten MerkMänner unterzogen
male für ein attraktives Männersich 2011 einem
gesicht“,
sagt Experte Gründl. 
kosmetischen
Brustvergrößerung
20.
Jahrhundert
900.000
hen davon aus, dass Frauen schon in der
Steinzeit Hennarot als eine Art Make-up
­verwendeten. Heutzutage sind die Möglichkeiten, der Natur nachzuhelfen, nicht nur
vielfältiger, sondern auch nachhaltiger: Neben der schier unendlichen Produktvielfalt
der Kosmetik- und Wellnessindustrie lockt die
kosmetische Chirurgie mit dem Versprechen,
äußere Makel dauerhaft zu korrigieren.
180.000
Eingriff
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Report
Zu hart und kantig dürfen die Züge allerdings nicht sein – auch einige weibliche Attri­
bute tragen zur Anziehung bei.
Unsere Auffassung von Schönheit hat viel
damit zu tun, was wir als normal empfinden.
Das veranschaulichen die Prototypen von
­attraktiven Gesichtern (s. rechts), die Gründl
per Computer erstellte. Diese Durchschnittsgesichter erhielten bei Befragungen größere Zustimmung als die zugrunde liegenden
Einzelgesichter. Dennoch sind sie nicht
das Maß der Dinge. „Die wirklich Schönen
weichen leicht vom Durchschnitt ab, haben
­etwas Unverwechselbares“, sagt Gründl. Und
natürlich liege Schönheit bis zu einem gewissen Grad eben doch im Auge des Betrachters.
Schließlich gibt es einen „shared“ und einen
„private taste“, den allgemeinen und den individuellen Geschmack. „Beides beeinflusst
unser Urteil zu etwa gleichen Teilen.“
Streben nach Perfektion
Schönheit ist also nur bedingt objektiv – und
auch von Moden abhängig. „Zwar ist unsere
Vorstellung von einem schönen Gesicht
eher konstant geblieben“, sagt Gründl. „Beim
Körpergewicht aber gibt es Veränderungen.“
Galten fülligere Formen in früheren Mangelzeiten als Zeichen von guter Versorgung und
damit Gesundheit, werden sie in der heutigen Überflussgesellschaft mit Herz-KreislaufErkrankungen und Diabetes assoziiert. ­Damit
wächst auch die Bereitschaft, der Natur nachzuhelfen. Davon zeugt die seit Jahren an­
steigende Zahl kosmetischer Operationen.
Genaue Zahlen liegen nicht vor, da die Eingriffe nicht zentral erfasst werden. Experten
schätzen aber, dass sich 2011 knapp 1,1 Millio­
nen Deutsche einer Schönheitsoperation unterzogen haben, kleinere Eingriffe wie Botox­
spritzen oder Lasern inbegriffen. Jeder sechste
Patient ist männlich, Tendenz steigend.
Mit und ohne Skalpell
Bin ich schön?
Schmales Gesicht, volle Lippen, schlanker Hals –
der Vergleich der weniger attraktiven (l.) mit den
attraktiven Prototypen zeigt, was gut ankommt
geht eine ästhetische Umbewertung einher:
Übergewicht gilt als unattraktiv, Schlankheit
als schön. Ein Idealbild, das sich nicht zuletzt
durch die Medien nahezu weltweit etabliert
hat. „Medien schaffen zwar kein Schönheitsideal, doch sie verstärken und verbreiten
Trends“, sagt Gründl. Und sie gaukeln uns
­eine Makellosigkeit vor, wie sie gar nicht existiert. „Indem die Medien perfekte Körper
und Gesichter nachbilden, verschiebt sich die
Wahrnehmung fürs Realistische“, sagt Gründl.
Der Druck, der Perfektion nahezukommen,
steigt entsprechend. Mit den Möglichkeiten
Die gefragtesten Operationen sagen viel über
das herrschende Schönheitsideal aus: Bei den
Männern steht die Fettabsaugung an erster
Stelle, bei den Frauen die Brustvergrößerung.
„Brust-OPs werden vor allem von Frauen
nachgefragt, deren Brust nach dem Stillen
an Fülle und Straffheit verloren hat“, erklärt
Dr. Regina Wagner, Fachärztin für Plastische
und Ästhetische Chirurgie in Hamburg. Zugleich lasse sich ein deutlicher Trend zu mehr
Oberweite erkennen: „Die durchschnittliche
Implantatgröße ist in den letzten zehn ­Jahren
von 200 auf 300 Milliliter angewachsen.“
Die meisten Eingriffe aber betreffen bei
Männern wie bei Frauen das Gesicht – es ist
schließlich unser Aushängeschild. Bei beiden
Geschlechtern unter den OP-Favoriten: die
Lidstraffung. „Ein Eingriff mit großem Effekt,
weil er das Gesicht frischer wirken lässt“, sagt
Expertin Wagner. In vielen Fällen wird indes
gar nicht mehr zum Skalpell gegriffen. Injektionsbehandlungen mit Botox oder verschiedenen Füllmaterialien sind eine wirkungs­
volle Alternative – und verzeichnen rasante
Zuwächse. „Der Trend geht weg von der
­Chirurgie, hin zu non-invasiven Verfahren
der Gesichtshautstraffung“, sagt Wagner.
­„Rejuvenation“ lautet heute das Ziel: Hautverjüngung. Neue Methoden machen dies
möglich. Dazu zählt unter anderem die Falten­
unterspritzung. „Wir wissen heute, dass die Haut in den Falten um
30 Prozent älter ist als der Rest“,
sagt die Expertin. Die Unterspritzung mit Kollagen, Eigenfett oder
Hyaluronsäure gibt diesen Stellen
Feuchtigkeit zurück und kann sogar zur Hautregeneration führen.
Da Eigenfett eine ­Entnahmestelle „Der Trend
und damit eine Operation vor- geht zur
aussetzt, gilt die gut verträgliche non-invasiven
Hyaluronsäure als elegantere Lö- Hautstraffung.“
sung. Unter örtlicher Betäubung
in der richtigen Menge unter die Dr. Regina Wagner,
Plastische Chirurgin
Haut eingebracht, polstert sie das
Gewebe auf, verleiht dem Gesicht ein jugendlicheres, natürliches Aussehen. Auch verschiedene Laser- und Ultraschallbehandlungen, die die Kollagenbildung unter der Haut
anregen, können verblüffende Effekte er­
zielen. „Ich war erst skeptisch“, erzählt ­Gisela
Sturck, die sich am Virchow-Klinikum der 
Reparatur am Körper Mit diesen Eingriffen versucht die Schönheitschirurgie, vermeint liche ästhetische Mängel zu beheben
Facelift
Straffung von
Gesicht und
Hals mit verschiedensten
Techniken
Lidstraffung
Operative Korrektur
von Schlupflidern
oder Tränensäcken
Lippenkorrektur Aufpolsterung der Oberlippe
per Eigenfett, Kollagen u. a.
Ohrenkorrektur Oft
bei Kindern: Segelohren
werden operativ angelegt
Oberarmstraffung
Per Schnitt an der Innenseite
wird überflüssige Haut entfernt
Intim-OP Bei Frauen oft
Schamlippenkorrektur, bei
Männern Penisverdickung
und -verlängerung
Botulinum-injektionen
Das als Botox bekannte Nervengift lähmt die Muskulatur und
lindert so Mimikfalten
Nasenkorrektur
Erfordert wegen der Atmungsfunktion der Nase
spezialisierte Chirurgen
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Faltenunterspritzung
Aufpolsterung der Haut durch
Füllmaterialien wie Eigenfett,
Hyaluronsäure, Kollagen u. a.
Po-Korrektur Aufpolsterung
per Eigenfett, Straffung per OP oder
Einsetzen von Silikonimplantaten
BrustKorrektur Vergrößerung und Straffung per
Implantat, aber auch Verkleinerung bei großer Oberweite
Bauchdeckenstraffung
Entfernung überflüssiger Haut,
die spätere lange Narbe liegt im
Bereich der Bikinizone
Fettabsaugung Meist am
Bauch, aber auch an den
typischen weiblichen Problemzonen Po, Hüfte, Oberschenkel
Oberschenkelstraffung
Entfernung überflüssiger Haut.
Der Schnitt liegt in der Leiste oder
an der Innenseite des Schenkels
Report
Jungbrunnen auf Zeit
Ein frischeres, aber natürliches Aussehen –
das ist das Ziel. „Die meisten Patientinnen
wollen eher kein Facelift“, berichtet Schönheitschirurgin Wagner. Zu stark wirken wohl
die Bilder von einigen Promis, deren Gesichter ins Maskenhafte verzerrt sind. „Moderne
Facelifts haben jedoch nichts mehr mit Straffziehen zu tun“, klärt die Ärztin auf. „Heute
wird modelliert, um ein möglichst ­natürliches
und altersgemäßes Ergebnis zu erzielen.“
Ein gut gemachtes Facelift sei nicht zu er­
kennen – auch nicht vom Fachmann.
Klarer Blick Gisela Sturck vor und nach der
Laserbehandlung, die wie ein kleines Lifting wirkt
Eines ist jedoch klar: Schönheitschirurgie ist
immer nur ein Jungbrunnen auf Zeit. Die Wir­
kung von Injektions-, Laser- und Ultraschallbehandlungen lässt meist nach etwa einem
Jahr nach, auch operative Eingriffe können
den Alterungsprozess nicht aufhalten. Mit
verfeinerten Techniken bietet die ­kosmetische
Chirurgie heute jedoch viele Möglichkeiten,
Attraktivität zu bewahren. Ein Angebot, das
dem gestiegenen Kör­
perbewusstsein in „In den Falten
unserer Gesellschaft ist die Haut
entspricht. „Gerade um 30 Prodie junge Generation zent älter.“
geht sehr verantworDr. Regina Wagner,
tungsvoll mit ihrem Plastische Chirurgin
Körper um, tut viel,
um ihn jugendlich zu erhalten“, ist Wagners
Beobachtung. Längst sind es daher nicht nur
Promis, sondern ganz normale Menschen,
die in ihr Aussehen investieren. Schönheit
ist eben ein kostbares Gut – und heutzutage
durchaus käuflich.
Judith Heisig
SO 22.1.
SAT.1 18.00 Uhr
Schönheits-alarm! Reportage über Menschen,
die sich einer Schönheitsoperation unterziehen
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Von Fall zu Fall
Schönheits-OPs sind nützlich,
aber mit Risiken verbunden
Die plastische Chirurgie kennt verschiedene Einsatzgebiete. In der ästhetischen
Chirurgie geht es vor allem um die kosmetische Korrektur, während die rekonstruktive Chirurgie auf die Wiederherstellung
von Körperformen und -funktionen spezialisiert ist. Weitere Spezialgebiete sind die
Hand- und die Verbrennungschirurgie.
Große Eingriffe
wie beim Facelift erfordern
Vollnarkose
nach Unfällen und Krankheiten
Die rekonstruktive Chirurgie hat die Aufgabe, durch Verletzungen, Tumoroperatio­
nen oder Fehlbildungen verloren gegangene Strukturen des Körpers in Form und
Funktion wiederherzustellen. Besonders
häufig ist die Korrektur einer Lippen-, Gaumen- oder Kieferspalte, einer der verbreitetsten angeborenen Fehlbildungen, oder
auch die Brustrekonstruktion nach KrebsOP. Auch die Entfernung von Blutschwämmen, die Transplantation abgetrennter
Extremitäten sowie Geschlechtsumwandlungen gehören in den Fachbereich.
Wann Zahlt die Krankenkasse?
Rein ästhetische Eingriffe müssen in den
meisten Fällen selbst bezahlt werden. Nur
wenn eine medizinische Notwendigkeit
vorliegt, übernimmt die Kasse die Kosten.
Dazu gehören etwa Nasenkorrekturen wegen Atemproblemen, Lidstraffung wegen
starker Sichteinschränkung, Verkleinerung
der Brust aufgrund von Rückenproblemen
oder Bauchdeckenstraffung nach großer
Gewichtsabnahme. Die Kostenübernahme
ist vor dem Eingriff zu beantragen, hinter-
her ist keine Erstattung möglich! Die Entscheidung trifft der medizinische Dienst
der Krankenkasse, die den Fall per Gutachten prüft. Ein Widerspruch ist möglich.
WOrin bestehen die Risiken?
Wie alle Eingriffe haben auch Schönheitsoperationen ein grundsätzliches Risiko.
Nicht zuletzt durch ärztliche oder Materialfehler, wie der aktuelle Betrugsfall mit
den minderwertigen PIP-Brustimplantaten
zeigt. Ästhetische Behandlungen bergen
zudem die Gefahr, dass das Ergebnis nicht
wie gewünscht ausfällt, eventuell gar weitere Eingriffe notwendig werden. Die Folgekosten trägt fast immer der Patient. Durch
die Wahl eines Facharztes (siehe unten)
kann man diese Risiken minimieren. Stellen
Sie zudem sicher, dass Ihr Behandler eine
Haftpflicht für ästhetische Eingriffe hat.
Check Woran erkenne ich einen guten Arzt?
Mit diesen fünf einfachen Tipps finden Sie den richtigen Chirurgen
Top-Qualifikation
Ob Botox oder Brustvergrößerung –
wenden Sie sich bei kosmetischen Eingriffen grundsätzlich an einen Facharzt für
Plastische und Ästhetische Chirurgie.
Therapie-ALternativen
Ein guter Arzt kennt mehrere Methoden und wird Ihnen zur individuell besten
Behandlung raten. Wer nur auf Facelifts
spezialisiert ist, kann keine
Alternativen empfehlen.
Beratung
Nur eine umfassende
Aufklärung zeugt von Qualität. Einen Leitfaden zur
Orientierung geben die Beratungshilfen
der Deutschen Gesellschaft für Ästhetisch
Plastische Chirurgie (www.dgaepc.de).
Kostenplanung
Verlangen Sie einen detaillierten
Kostenvoranschlag, aber setzen Sie nicht
auf billig. Schnäppchenangebote sollten
Sie eher misstrauisch machen – oft wird
an Qualität oder gar Sicherheit gespart.
Zweitmeinung
Ein guter Arzt drängt Sie
nicht zum Eingriff, sondern gibt
Ihnen reichlich Bedenkzeit.
Sind Sie unsicher, wird er zu
einer zweiten Meinung raten.
Gute Beratung ist
besonders wichtig
Fotos: S. 6-7: fototeca/leemage/images.de, ullstein bild, eisend/jump, bildmaschine; S. 8-9: beautycheck.de (4),
rupp/bildagentur waldhäusl; S. 10: charite/ddp images, your photo today, j. Tack
Berliner Charité einer Laserbehandlung unterzog (siehe Bilder unten). „Doch nach acht
Sitzungen hatten sich die Falten um meine
Augen deutlich reduziert, und sogar das
Oberlid war straffer. Mein Gesicht wirkte
plötzlich viel frischer“, sagt die 56-Jährige.