Gruppenpuzzle - Didaktik der Physik

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Gruppenpuzzle - Didaktik der Physik
Die Klassengruppe puzzlet
und der Lehrer schaut zu?
Gruppenpuzzle im Physikunterricht
am Beispiel „regenerative Energien“
Inhalt:
Seite
1) Gruppenpuzzle? Was ist das überhaupt?
2
2) Ein Gruppenpuzzle zum Thema „regenerative Energien“
3
2.1)
2.2)
2.3)
2.4)
2.5)
2.6)
Phase 1 – Vorlauf
Phase 2 – Einführung
Phase 3 – Aneignung
Phase 4 – Expertenrunden
Phase 5 – Unterrichtsrunde
Phase 6 – Lernerfolgskontrolle, Evaluation und Bewertung
4
7
8
9
9
9
3) Typische Probleme und Lösungsmöglichkeiten
10
4) Vorteile des Gruppenpuzzles
12
5) Voraussetzungen für das Gelingen
13
6) Tipps zur Organisation
14
7) Hier hat sich die Methode bereits bewährt
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8) Literatur
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9) Anhang
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Und dagegen soll ein
Gruppenpuzzle helfen?
Bild aus H. Meyer
StD’ P. Hüther
Studienseminar Kl
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Thema: Gruppenpuzzle
1) Gruppenpuzzle? Was ist das überhaupt?
Historische Einordnung:
Das GRUPPENPUZZLE, manchmal auch GRUPPENMIXVERFAHREN genannt, stammt
aus den USA, wo es in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts von Sozialpsychologen und
Lehrerausbildern entwickelt wurde. Die ursprünglich unter dem Namen „jigsaw“ (Puzzle)
veröffentlichte Unterrichtsmethode wurde kontinuierlich erprobt und weiterentwickelt und gelangte
schließlich in den letzten Jahren zunehmend auch in die Ausbildung und in die Schulen Deutschlands.
Das Grundprinzip des Gruppenpuzzles:
Wie der Name bereits andeutet, handelt es sich um eine Form der Gruppenarbeit. Bei der üblichen
Gruppenarbeit tritt jedoch nicht selten das Problem auf, dass einige Mitglieder sehr dominant sind und
viel zum Erfolg beitragen, wogegen andere nur passiv am Rande dabeistehen oder gar das Geschehen
massiv stören. Beim Gruppenpuzzle wird dieses „Trittbrettfahren“ durch eine besondere
Organisationsform erschwert, die auf dem Prinzip eines Puzzles basiert. „Puzzle“ steht für das
Zusammensetzen einzelner Inhalte zu einer „Gesamtheit“. Wichtig ist hierbei, dass jeder Schüler die
Verantwortung für ein Puzzleteil übernimmt und nur durch die Mitarbeit aller das „Gesamtbild“
entstehen kann.
Das Grobkonzept der Methode soll an einem fiktiven nicht physikalischen Beispiel erläutert
werden:
In einer Klasse mit 12 Schülern soll das Thema „Regeln und Verlauf eines besonderen Vierkampfes“
behandelt werden. Dazu wird die Klasse zunächst in drei STAMMGRUPPEN 1 – 2 – 3 (oft auch
Unterrichtsgruppen genannt) aufgeteilt:
Stammgruppe 1
Stammgruppe 2
Stammgruppe 3
Angenommen
unser
besonderer
Vierkampf bestehe aus vier Sportarten:
Fahrrad fahren, Laufen,
Schwimmen, Reiten
Jeder Schüler einer Stammgruppe wählt
sich nun eine der vier Sportarten aus, so
dass jede Sportart in jeder Stammgruppe vertreten ist.
Alle Schüler, die die gleiche Sportart gewählt haben treffen sich nun in der sogenannten
EXPERTENGRUPPE, wo sie sich die notwendigen Informationen, Regeln, ... aneignen und die
Arbeitsaufträge des Lehrers bearbeiten. Sie machen sich also zu Experten auf dem von ihnen
gewählten Gebiet!
StD’ P. Hüther
Studienseminar Kl
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Thema: Gruppenpuzzle
Nach der Expertenrunde kehren die Schüler in ihre Stammgruppen zurück. Jede Stammgruppe besteht
nun aus vier unterschiedlichen Experten. In der sogenannten Unterrichtsrunde informieren sich die
Schüler gegenseitig über ihr Spezialgebiet und beantworten Fragen dazu. Dadurch setzen sie alle vier
Teilbereiche zum Gesamtlernziel zusammen. Am Ende weiß jeder Schüler über den Verlauf des
Vierkampfes bescheid.
Es wird sofort deutlich, dass hier jedem Mitglied der Klassengemeinschaft eine wichtige Rolle für den
Erfolg des Unterrichts zukommt, womit das oben genannte Trittbrettfahren erschwert wird. Auf
konkrete Probleme wird in Kapitel 3 eingegangen.
Einordnung in den Medienkatalog:
Ein Gruppenpuzzle kann, abhängig vom Thema, auf eine Stunde begrenzt werden. In der Regel wird
es jedoch mehrere Stunden in Anspruch nehmen. Aus diesem Grund ordnet man es üblicherweise in
die Reihe der methodischen Großformen ein.
Die Schüler arbeiten dabei weitgehend selbstständig und in eigener Verantwortung, während dem
Lehrer eine eher beratende Rolle zukommt. Es handelt sich also um eine offene Unterrichtsform.
2) Ein Gruppenpuzzle zum Thema „regenerative Energien“
Ich möchte nun den Verlauf eines Gruppenpuzzles detaillierter betrachten und anhand eines ganz
konkreten Beispiels aus meinem eigenen Unterricht verdeutlichen.
Meine unterrichtlichen Voraussetzungen:
In meiner neunten Klasse (Mädchenschule) wollte ich zu Beginn des Schuljahres das Thema
„regenerative Energien“ behandeln. Es sollte das Bindeglied zwischen den Themen „mechanische
Energien“ zu Ende der achten Klasse und „Wärmelehre“ in Neun darstellen. Der Lehrplan von
Rheinland-Pfalz sieht dieses Thema übrigens nicht explizit vor. Meine Klasse hat 31 Schülerinnen, die
zwar interessiert, aber überdurchschnittlich lebhaft sind. Zuhören ist ein besonderes Problem meiner
verschwätzten Mädels.
Die Phasen eines Gruppenpuzzles:
Näher betrachtet besitzt ein Gruppenpuzzle sechs verschiedene Phasen:
Phase 1:
Vorlauf des Gruppenpuzzles durch den Lehrer
Phase 2:
Einführung der Schüler in den Verlauf, das Thema, die Bewertung, ...
Phase 3:
Aneignung der Lerninhalte
Phase 4:
Expertenrunde zur Bearbeitung der Aufgaben
Phase 5:
Unterrichtsrunde zur Vermittlung des Wissens in den Stammgruppen
Phase 6:
Lernerfolgekontrolle, Evaluation und Bewertung
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Thema: Gruppenpuzzle
2.1) Phase 1 - Vorlauf
Diese Phase fällt in die Vorbereitungszeit außerhalb des Unterrichts.
Auswahl und Einteilung des Themas:
Das für das Gruppenpuzzle ausgewählte Gesamtthema muss in unabhängige,
nicht aufeinander aufbauende und sich nicht zu sehr überschneidende
Einzelthemen aufgeteilt werden. Diese Einzelthemen ergeben später die
Expertenthemen für die Expertengruppen. Besonders schön wird ein
Gruppenpuzzle, wenn das Gesamtthema erst nach dem Zusammensetzen der
Einzelthemen klar hervortritt, verständlich wird, lösbar ist, ..., wenn also das
Puzzleprinzip richtig zum Tragen kommt.
Mein Oberthema „regenerative Energien“ erfüllt leider nicht dieses letzte „Schönheitskriterium“, aber
es eignet sich sehr gut zum Zerlegen in unabhängige Teilthemen. Ich habe mich für folgende
Expertenthemen entschieden:
Festlegen der Lernziele:
Zu jedem Expertenthema muss nun ganz konkret festgelegt werden, welche
Inhalte die Schüler bewältigen können, welche Aspekte sie bearbeiten sollen
und welche Lernziele man dabei erreichen möchte.
In meinem Fall stand der Überblick im Vordergrund, da die Schülerinnen sicher nicht in der Lage
sind, z.B. die Funktionsweise einer Solarzelle physikalisch lückenlos zu erklären! Dies gilt für alle
Teilthemen, so habe ich für jedes Expertenthema die gleiche Aufgabenstellung formuliert:
Gruppenpuzzle „erneuerbare Energien“
→
→
→
→
→
Aufgabe 1:
Informiert euch in den vorgegebenen Kopien (im Internet, in Büchern)
über folgende Fragen:
Wie erhält man aus dem Energieträger eine für uns Menschen nutzbare
Energieform?
Handelt es sich um einen nachhaltigen Energieträger, d.h. um einen
erneuerbaren Energieträger? Warum?
Wie
umweltfreundlich
ist
der
Energieträger
und
der
Umwandlungsprozess? Gibt es Abfallstoffe? Sind diese gefährlich?
Welchen Wirkungsgrad kann man bei der Umwandlung erzeugen?
Ist der Energieträger für Privatpersonen sinnvoll nutzbar?
→ Welche weitere interessanten Informationen gibt es zu diesem Energieträger?
StD’ P. Hüther
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Thema: Gruppenpuzzle
Binnendifferenzierung durchführen?
In engem Zusammenhang mit der Festlegung der Lernziele steht die
Entscheidung über die Durchführung einer Binnendifferenzierung. Sie kann
beim Gruppenpuzzle auf folgende Art erreicht werden: Die Einteilung der
Schüler in die Expertengruppen erfolgt nach ihrer Leistungsstärke, wobei
die einzelnen Expertengruppen unterschiedlich schwere Aufgabenstellungen
oder Teilthemen erhalten.
Der Schwierigkeitsgrad der von mir gewählten Expertenthemen unterscheidet sich nicht sehr, jedoch
erscheinen einzelne Themen durch ihren größeren Bekanntheitsgrad leichter (z.B. Wasser und Wind).
Da mir die sozialen Lernziele in der Klasse genauso wichtig waren wie die fachlichen, habe ich mich
gegen eine Binnendifferenzierung entschieden und die Gruppen durch Losverfahren (Stammgruppe)
und nach Interesse (Expertengruppe) entstehen lassen.
Bestimmen der Stamm – und Expertengruppenanzahl:
Die Anzahl der Expertenthemen entspricht natürlich der Anzahl der
Expertengruppen, die gebildet werden müssen. Diese ist zugleich auch die
Zahl der Schüler in einer Stammgruppe.
Der Quotient aus der Gesamtschülerzahl der Klasse und der Anzahl der
Expertengruppen ergibt die Anzahl der Stammgruppen.
Bei den von mir gewählten 7 Expertenthemen, d.h. 7 Expertengruppen, d.h. 7 Schülerinnen in
jeder Stammgruppe, ergibt sich als Stammgruppenzahl:
31 Schülerinnen / 7 Expertengruppen = 4 Stammgruppen
Was mit den drei „Restschülerinnen“ passierte, finden Sie auf Seite 10 in Kapitel 3.
Erstellen der Arbeitsmaterialien:
Da die Schüler weitgehend alleine arbeiten und sich ihr Expertenwissen aus
den vorgegebenen Materialien selbstständig aneignen sollen, müssen diese
Arbeitsmaterialien mit Bedacht ausgewählt werden. Man kann mit
Schulbüchern, Zeitschriften, Videos, dem Internet oder auch mit
Experimenten arbeiten. Wie bei allen Unterrichtsmethoden ist auch hier ein
Ansprechen verschiedener Lernkanäle sinnvoll.
Mir standen mehrere „Unterrichtshilfen zum Thema Energie“ (siehe Anhang Literatur Kapitel 8) zur
Verfügung, aus denen ich für die Expertengruppen die Texte der jeweiligen Themen kopiert habe. Die
Schülerinnen konnten auch die dazu vorhandenen Folien verwenden. Zusätzlich durften sie im Internet
recherchieren, verschiedene Schulbücher verwenden und die von den Energieversorgern geliehenen
Videos (Windkraft in RLP, Geothermie am Rhein) anschauen. Auf Experimente habe ich bei diesem
Gruppenpuzzle verzichtet.
Festlegung der Bearbeitungszeit:
Ich habe für die Durchführung insgesamt sieben Stunden veranschlagt:
1 Std. Einführung – 1 Std. Aneignung – 3Std. Bearbeitung – 2 Std. Präsentation und Evaluation
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Thema: Gruppenpuzzle
Festlegen der Bewertungsmodalitäten:
Präsentation, Sicherung und Bewertung eines Gruppenpuzzles stehen in
engem Zusammenhang. Sinnvolle Bewertungsmodalitäten zu finden, stellt
eines der Probleme bei einem Gruppenpuzzle dar (siehe Kapitel 3). Neben der
Bewertung der beobachteten Arbeitshaltung und der Beiträge zur Arbeit in
den Expertengruppen, kann man die zur Präsentation und zur Sicherung
erstellten Materialien benoten oder im Anschluss an das Gruppenpuzzle eine
Leistungsüberprüfung über die fachlichen Inhalte schreiben.
Da mir die sozialen Lernziele ebenso wichtig waren wie die fachlichen und es sich nicht um
unmittelbaren Stoff des Lehrplans handelte, habe ich mich gegen eine direkte Benotung entschieden.
Lediglich die übliche Bewertung der Arbeitshaltung und des Engagements wurde beibehalten.
Präsentation und Sicherung festlegen:
Präsentation und Sicherung sind hier eng miteinander verknüpft:
Die Präsentation der Ergebnisse kann rein verbal innerhalb der
Stammgruppe, oder mit Hilfe von Postern oder Experimenten, ... erfolgen.
Bleiben die Poster über längere Zeit hängen, kann auch im Folgeunterricht
darauf zurückgegriffen werden. Bei vielen Themen bietet es sich zusätzlich
an, die Schüler kurze Handouts erstellen zu lassen. Man kann aber auch
Videos drehen, Texte auf Kassetten sprechen, eine Homepage erstellen, ...
Neben der Betreuung der Expertengruppen kann man sich die Produkte der
Expertengruppen vor der Unterrichtsrunde zur Korrektur zeigen lassen.
Notwendige Verbesserungen können so noch rechtzeitig eingearbeitet
werden.
Meine Schülerinnen sollten zu ihrem Expertenthema Poster erstellen und dazu einen Kurzvortrag
halten. Dadurch ergaben sich als Aufgabe 2 und 3:
Aufgabe 2:
Erstellt ein Poster, auf dem die Antworten zu den obigen Fragen dargestellt sind!
Aufgabe 3:
Überlegt euch, wie ihr euren Stammgruppen die Informationen am besten erklären könnt. Übt
dazu einen maximal 10-minütigen Vortrag ein. Denkt daran, dass jeder von euch diesen Vortrag
mindestens einmal selbst halten muss.
Organisatorische Rahmenbedingungen schaffen:
Die Anzahl der Expertengruppen und die Komplexität der Präsentationen
bestimmt den für die Präsentationsphase notwendigen Zeitaufwand. In vielen
Schulen ist es hilfreich, wenn man gewünschte Stundenplanänderungen sehr
früh anmeldet. Eventuell sollen auch Gäste (z.B. Eltern oder andere Klassen)
zur Präsentation eingeladen werden, was ebenfalls einigen zeitlichen Vorlauf
benötigt. Aus der Erfahrung hat es sich gezeigt, dass es sinnvoll ist, die
Evaluation zeitnah zur Durchführung und zur Präsentation zu erheben, da
sonst schon zu viel vergessen ist!
In meinem Fall habe ich mir eine Stunde meiner Mathematikkollegin geliehen, so dass ich für
Präsentation und Evaluation eine Doppelstunde zur Verfügung hatte.
StD’ P. Hüther
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Thema: Gruppenpuzzle
2.2) Phase 2 – Einführung
Phase 2 dient der Einführung der Schüler in das Thema des Gruppenpuzzles, aber auch der Erklärung
des Ablaufs sowie der Festlegung der Bewertungs- und Präsentationsmodalitäten. Wir sind damit also
innerhalb des Unterrichts. Die Reihenfolge der im folgenden beschriebenen Punkte kann je nach
Situation verändert werden.
In meinem konkreten Fall nahm die Phase die komplette erste Unterrichtsstunde ein.
Einführung in die Methode:
Bei Schülern, die zum ersten Mal ein Gruppenpuzzle durchführen, muss man
ausführlich über den organisatorischen Ablauf, die angestrebten Ziele, die
veränderte Schüler- und Lehrerrolle und die Verantwortung jedes Einzelnen
für den Erfolg aller hinweisen.
Auch für meine „Mädels“ war es das erste Gruppenpuzzle. So habe ich mit zwei Folien (siehe
Anhang) den allgemeinen Ablauf vorgestellt und ihnen meine angestrebten, nicht-fachlichen Ziele
erläutert. Besonderen Wert wurde dabei auf die Tatsache gelegt, dass bei dieser Methode das einander
Zuhören (was ihnen ja so schwer fällt!) besonders wichtig ist.
Einführung in das Thema und die Teilthemen:
In dieser Phase geht es um die fachlichen Inhalte und Ziele des
Gruppenpuzzles. Dies kann im Lehrervortrag geschehen, sich aber auch aus
einem fragend-entwickelnden Unterrichtsgespräch ergeben. Um den
Schülern (wenn vorgesehen) die Auswahl der Expertengruppe zu ermöglichen,
müssen sie auch über die einzelnen Expertenthemen aufgeklärt werden. Dies
ist auch ein geeigneter Zeitpunkt über die Art der Präsentation, die
Sicherung und die Benotung zu sprechen.
Ich habe die Einführung in das Thema und die Teilthemen vor der oben genannten Information über
das Gruppenpuzzle durchgeführt (siehe Verlaufsplan Anhang). Ausgehend von einer Folie zum Thema
„Energie sparen“ (siehe Anhang) wurden in einem Unterrichtsgespräch Gründe für die Notwendigkeit
gesammelt. Aus den Schülerbeiträgen wurden die beiden Schwerpunkte „Nachhaltigkeit“ (siehe
Anhang) und „Umweltverträglichkeit“ (siehe Anhang) herausgearbeitet, woraus sich die Frage nach
bekannten regenerativen Energien ergab. Die von den Schülerinnen nicht genannten Themen
(Wasserstoff und Geothermie) wurden von mir ergänzt und ganz kurz erläutert.
Einteilung der Stammgruppen und der Expertengruppen:
Der Zeitpunkt für die Einteilung kann je nach Verlauf an unterschiedlichen
Stellen der Einführungsphase erfolgen. Wie bereits in 2.1 erwähnt, kann die
Gruppenbildung nach Leistungsstärke, Interesse, Neigung, Zufall, ... erfolgen.
Passend zu meinen nicht-fachlichen Zielen habe ich die Stammgruppen per Los und die
Expertengruppen nach Interesse bilden lassen.
StD’ P. Hüther
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Thema: Gruppenpuzzle
2.3) Phase 3 – Aneignung
In dieser Phase geht es um die Aneignung der neuen Lerninhalte womit die Voraussetzungen für die
Bearbeitung der Arbeitsaufträge in den Expertengruppen geschaffen werden..
In meinem Gruppenpuzzle wurde dazu die zweite Unterrichtsstunde eingesetzt.
Aneignung des neuen Wissens:
In dieser Phase eignen sich die Schüler aus den vom Lehrer bereitgestellten
Materialien das Wissen zur Bearbeitung der Arbeitsaufträge ihrer
Expertengruppe an. Hier unterscheiden sich die Meinungen vieler Didaktiker
deutlich. Einige gehen davon aus, dass dies ausschließlich in Einzelarbeit
erfolgen kann. Sie lassen aus diesem Grund die Schüler in dieser Phase auch
noch nicht in den Expertengruppen zusammenkommen. Andere stellen den
bereits zusammengekommenen Expertengruppen frei, auf welche Art sie sich
das Wissen aneignen (z.B. auch Lesen und diskutieren in Partnerarbeit
möglich).
Zu beachten: Im Gegensatz zu projektorientiertem Unterricht oder
Projektunterricht beschaffen sich die Schüler beim Gruppenpuzzle ihre
Arbeitsmaterialien nicht vollständig selbst und stellen auch keine eigenen
Leitfragen oder Arbeitsaufträge zusammen.
Für das ausgewählte Thema „regenerative Energien“ und die vorhandenen Arbeitsvorlagen (z.B.
Videofilm) erschien es mir sinnvoll, meine Schülerinnen gleich in ihren Expertengruppen
zusammenkommen zu lassen und sie ihre Aneignungsmethode selbst bestimmen zu lassen. Sie haben
sich übrigens zu ca. 2/3 für Partnerarbeit und zu 1/3 für Einzelarbeit entschieden.
Überprüfung des Wissens:
Am Ende der Aneignungsrunde sollten die Schüler in einem kleinen „Test“
eigenverantwortlich überprüfen können, ob sie das Wesentliche des von
Ihnen bearbeiteten Teilthemas verstanden haben oder eventuell noch
Verständnisprobleme bestehen bzw. irgendwelche Fragen offen sind. Diese
können in der Regel zu Beginn der Expertenrunde diskutiert und geklärt
werden.
Auf vorgefertigte Arbeitsblätter mit „Selbsttests“ habe ich verzichtet, da ich in dieser Phase noch zwei
Referendare in den Stunden dabei hatte, die als „Tester“ fungierten. Sie beschränkten sich dabei
zunächst aufs „Fragen stellen“ und gaben keine zusätzlichen Erklärungen ab, um den Expertengruppen
keine Arbeit vorweg zu nehmen!
Förderung besonders begabter Schüler:
Besonders schnelle und begabte Schüler können diese Phase nutzen, um sich
mit Hilfe zusätzlicher Materialien Ergänzungswissen anzueignen.
Dies war bei meiner gewählten Organisationsform nicht sinnvoll.
StD’ P. Hüther
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Thema: Gruppenpuzzle
2.4) Phase 4 – Expertenrunden
In dieser Phase werden die vom Lehrer gestellten Aufträge bearbeitet und die Präsentationen erstellt
und evtl. geübt.
Meine Schülerinnen benötigten hierzu drei Unterrichtsstunden.
Die Expertengruppen klären noch offene Fragen aus der Aneignungsphase
und beheben Verständnisprobleme. Anschließend werden die Arbeitsaufträge
bearbeitet. Zum Abschluss muss die kommende Unterrichtsrunde
vorbereitet werden, d.h. Präsentationen, Handouts oder andere Produkte
werden erstellt und Vorträge geübt. Teile hiervon können die Schüler in
häuslicher Arbeit vorbereiten oder abschließen.
Häufig ist es sinnvoll bei ungeübten Klassen für jede Expertengruppe oder
sogar für jeden Schüler Materialien zu den Themen „Wie erstelle ich eine
Präsentation?“, „Wie ist ein Vortrag aufgebaut?“, ... zur Verfügung zu stellen.
Während in der Aneignungsrunde die fachlichen Ziele im Vordergrund
stehen, werden hier vor allem die sozial – kommunikativen Ziele verfolgt.
2.5) Phase 5 – Unterrichtsrunde
Jetzt kommen die Schüler zur Wissensvermittlung wieder in den Stammgruppen zusammen.
In der Unterrichtsrunde vermittelt jeder Experte seinen Stammgruppenmitgliedern sein Expertenwissen. Dies kann nach einer vom Lehrer vorgegebenen
Reihenfolge mit oder ohne Zeitbegrenzung erfolgen, oder auch in eigener
Regie der Schüler (nur bei kleiner Anzahl an Expertengruppen sinnvoll). So
werden nach und nach alle Teilgebiete erläutert und die einzelnen „Wissensteile“ werden zu einem Gesamtbild zusammengesetzt. Nach jedem Expertenbeitrag können die anderen Gruppenmitglieder Fragen stellen oder es können
Diskussionen geführt werden.
Bei 7 Expertenthemen erschien es mir wenig sinnvoll, die Schüler die Präsentationen in eigener Regie
durchführen zu lassen. Aus diesem Grund habe ich die Poster auf den Vorraum und Gang vorm
Physiksaal verteilt und jede Gruppe bei einem anderen Poster beginnen lassen. Nach einer
vereinbarten Zeit von ca. 8 Minuten wurde ein Gong angeschlagen und alle Gruppen rückten ein
Poster weiter.
2.6) Phase 6 – Lernerfolgskontrolle, Evaluation und Bewertung
In dieser letzten Phase geht es um die Lernerfolgskontrolle, die Evaluation des Unterrichtsgeschehens
und die Bewertung (wenn gewünscht).
Lernerfolgskontrolle:
Die Lernerfolgskontrolle kann auf verschiedenste Arten erfolgen: ein
gemeinsames Gespräch im Plenum der ganzen Klasse, ein Quiz oder ein
Arbeitsblatt mit Fragen zu den Inhalten des gesamten Gruppenpuzzles, ...
Ich habe mich zu einem gemeinsamen Gespräch mit eingebauten Kontrollfragen entschieden, bei dem
ich auch einige leichte weiterführende Fragen (wie z.B. „Welche Energieform könnte man einem
Bauherren eines Einfamilienhauses vorschlagen?“, ...) zur Überprüfung des Verständnisses eingebaut
habe.
StD’ P. Hüther
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Thema: Gruppenpuzzle
Evaluation:
Da die Methode recht komplex ist und die Anforderungen an die
Arbeitsmaterialien, die Organisation, aber auch die sozial-kommunikativen
Verhaltensweisen der Schüler sehr hoch sind, sollte die Evaluation des
Unterrichtsgeschehens, der methodischen, sozialen und kommunikative
Aspekte, der aufgetretenen Schwierigkeiten ein fester Bestandteil des
Gruppenpuzzles sein. Dazu können anonyme schriftliche oder mündliche
Statements der Schüler oder Fragebögen verwendet werden. Sie können
nützliche Hinweise zur Verbesserung der Materialien für den „nächsten
Durchgang“ liefern.
Meine Schülerinnen hatten zum Abschluss der Doppelstunde der Unterrichtsrunde Gelegenheit, sich
im Plenum zu allen Punkten zu äußern, zusätzlich konnten sie zu Hause anonyme Statements erstellen.
In der gemeinsamen Diskussion wurden vor allem die Vorteile der neuen Arbeitsweise und die
organisatorischen Schwierigkeiten genannt. Die Schülerinnen erkannten selbst, dass das „einander
Zuhören“ hier besser funktioniert hat. Ca. die Hälfte nahm die Gelegenheit zur anonymen Kritik wahr.
Hierbei wurden vor allem Probleme durch die privaten Animositäten in den Expertengruppen genannt.
Bewertung:
Bewertungsmöglichkeiten wurden bereits in Kapitel 2 besprochen.
Fiel bei mir aus.
3) Typische Probleme und Lösungsmöglichkeiten
Natürlich ergeben sich auch bei dieser methodischen Form typische Probleme. Diese sollen im
Folgenden zusammen mit möglichen Lösungsvorschlägen diskutiert werden.
Restschüler:
?
Natürlich stimmt die Zahl meiner Schüler in der Klasse nur selten exakt mit der
geplanten Stamm- und Expertengruppengröße überein. Beim Einteilen bleiben also
meist „Restschüler“ übrig. Was kann man mit ihnen machen?
→ Die Restschüler bilden eine eigene Stammgruppe, in der zwar am Ende Experten fehlen, deren
Themen bei der Präsentation aber durch den Lehrer selbst oder durch Experten anderer
Stammgruppen übernommen werden können.
→ Sie werden festen Stammgruppen zugeordnet, in denen es am Ende für bestimmte Themen dann
einfach zwei Experten gibt. Diese beiden teilen sich in der Unterrichtsrunde den Vortrag.
→ Sie wählen sich eine Expertengruppe aus, ohne eine feste Stammgruppenzugehörigkeit zu
besitzen. In der Unterrichtsrunde ersetzen sie dann z.B. kranke Schülerinnen oder teilen sich in
einer beliebigen Stammgruppe den Expertenvortrag mit einem anderen Experten.
→ Sie bauen ein Experiment auf, das zum Thema passt und im Plenum oder vor den einzelnen
Stammgruppen vorgeführt und erklärt wird.
→ Sie bearbeiten ein weiterführendes Thema, das im Anschluss an das Gruppenpuzzle im Plenum
vorgestellt wird.
→ ...
Ich habe Variante 2 gewählt, wobei eine Schülerin am Ende in einer anderen Stammgruppe eine
erkrankte Schülerin ersetzte.
StD’ P. Hüther
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Thema: Gruppenpuzzle
Erkrankte Schüler:
?
Was macht man, wenn Schüler während des Gruppenpuzzles erkranken?
→ Erkrankt der Schüler während eines Teils der Expertenphase, so können ihn seine
Mitexperten bei seiner Rückkehr über ihre Arbeit informieren.
→ Erkrankt er in der kompletten Expertenphase und erscheint erst wieder zur Präsentation,
dann kann der Lehrer, ein Restschüler oder ein anderer Experte seinen Vortrag übernehmen.
→ Erkrankt er erst am Tag der Präsentation, dann kann ebenfalls der Lehrer, ein Restschüler
oder ein anderer Experte seinen Vortrag übernehmen.
Probleme bei der Ergebnissicherung:
?
Einigen Kollegen reicht die Durchsicht der Poster, Handouts, ... nicht aus. Sie
fürchten zu große Lernunterschiede durch die unterschiedliche Qualität der
verbalen Expertenbeiträge in den einzelnen Stammgruppen. Aus diesem Grund
führen sie nach der Unterrichtsrunde noch eine Frage- oder Vertiefungsrunde
im Plenum ein.
→ Zwar können in diesen Plenumsrunden offene Fragen geklärt und die Klasse auf ein nahezu
einheitliches Niveau gebracht werden, allerdings zeigt die Erfahrung, dass sich dann nicht
wenige Schüler auf diese Plenumsrunde verlassen und sich entsprechend weniger im
eigentlichen Gruppenpuzzle engagieren. Die sozial – kommunikativen Ziele werden dann
nicht mehr erreicht.
→ Manchmal entsteht bei den Schülern auch der Eindruck „Wir machen es dem Lehrer
sowieso nicht gut genug.“, was kontraproduktiv zum eigentlichen Sinn eines
Gruppenpuzzles ist.
Probleme bei der Bewertung:
?
Als Gruppenarbeitsmethode ergeben sich auch hier
Schwierigkeiten einer gerechten Einzelbewertung aller.
die
typischen
→ Nur wenige Bundesländer lassen Gruppennoten (also die gleiche Note für alle Schüler der
Gruppe) zu. Um Einzelbewertungen zu erhalten, kann man einzelne Schüler für bestimmte
Teile der Präsentation bzw. des Endproduktes verantwortlich machen. Dabei ist es aber
wichtig darauf zu achten, dass die Erarbeitung dennoch in der Gruppe geschieht, sonst kann
man die Methode nicht mehr als Gruppenpuzzle bezeichnen und die sozialkommunikativen Lernziele werden nicht realisiert
?
Alternativ kann man im Anschluss an das Gruppenpuzzle eine schriftliche
Überprüfung über das gesamte Thema schreiben.
→ Grundsätzlich gilt zu bedenken, dass einerseits die Arbeit der Schüler eine noch größere
Verbindlichkeit erhält, wenn am Ende eine Überprüfung mit Note steht. Auch wird dem
Schüler noch deutlicher vor Augen geführt, dass die eigene Lernanstrengung wichtig und
notwendig ist, da er für die Noten der anderen mitverantwortlich ist. Andererseits entstehen
dadurch unter Umständen Ängste und ein großer Druck, was das Arbeitsklima der
Expertengruppen massiv stören und zu starken Spannungen innerhalb der Gruppen führen
kann.
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Thema: Gruppenpuzzle
Zeitaufwand:
?
Die Methode ist zeitaufwendig, oder?
→ Stimmt! Aber aus vielen Gründen rentiert sich dieser zusätzliche Zeitaufwand!
4) Vorteile des Gruppenpuzzles
Der größere Zeitaufwand lohnt sich, da man mit dieser Methode neben den fachlichen Inhalten
eine Vielzahl weiterer Kompetenzen vermitteln kann.
Vorteile aller offenen Formen:
!
Wie auch bei der Arbeit in anderen offenen Unterrichtmethoden (z.B.
Lernzirkeln, Projekten, ...) steht hier das eigenverantwortliche Handeln im
Vordergrund.
→ Der Schüler lernt selbständig und selbstgesteuert zu arbeiten.
→ Der Schüler erwirbt verstärkt Sozialkompetenz.
→ Die Arbeit fördert die Schlüsselkompetenzen
spezielle Vorteile der Puzzlemethode:
!
Durch den Einsatz der Puzzletechnik, kommt jedem einzelnen Schüler eine
besondere Rolle im eigenen Lernprozess, aber auch in dem seiner Mitschüler
zu.
→ Die Schüler werden dadurch stark aktiviert und die Versuchung, sich abzukoppeln und nicht
in der Gruppe mitzuarbeiten wird deutlich verringert.
→ Die Methode fördert die sozial – kommunikativen Kompetenzen, insbesondere die
Bereitschaft einander zuzuhören, in einer Gruppe Fragen zu stellen und sachliche Kritik
anzubringen.
→ Die Wertschätzung der Schüler untereinander steigt. Nicht selten rufen Beiträge von sonst
eher unscheinbaren Schülern bei der Gruppe großes Erstaunen hervor.
→ Untersuchungen haben nachgewiesen, dass diese Methode das Selbstvertrauen aller Schüler
stärkt, nicht nur das der leistungsstarken Schüler. Dies gilt natürlich nur „gebietsspezifisch“,
also nicht für das allgemeine Selbstvertrauen.
→ Andere Untersuchungen haben gezeigt, dass auch die Aggressionsbereitschaft deutlich
sinkt.
Hilft Kompetenzen zu realisieren:
!
Die Rheinland-Pfälzischen Bildungsstandards fordern die Umsetzung der
folgenden Kompetenzen: Fachwissen, Erkenntnisgewinnung, Kommunikation und
Bewertung (siehe Literaturangabe)
→ Beim Gruppenpuzzle sind gerade die drei letzt genannten Kompetenzen automatisch mit
enthalten, ohne dass man sich zusätzlich besondere Aufgaben oder Vorgehensweisen
überlegen muss.
StD’ P. Hüther
Studienseminar Kl
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Thema: Gruppenpuzzle
Fördert die Methodenvielfalt:
!
Ein Gruppenpuzzle bringt Abwechslung und Dynamik in den Unterricht.
Erreichen fachlicher Ziele:
!
In vergleichenden Studien wurde nachgewiesen, dass die Schüler beim
Gruppenpuzzle fachlich ungefähr gleich viel lernen wie beim lehrerzentrierten
Unterricht (Bloom und Brophy 1976 , Frey und Lazarowitz 1991).
→ Je nach Wahl des Themas und der Gestaltung der Arbeitsaufträge kann fachlich tiefgründig
und lehrplanorientiert oder eher fachübergreifend frei gearbeitet werden.
5) Voraussetzungen für das Gelingen
Um die oben genannten Vorteile umsetzen zu können, muss man bei der Planung und der Realisierung
einige Bedingungen beachten:
!
Den Schülern muss
mitverantwortlich ist!
bewusst
sein,
dass
jeder
Einzelne
für
das
Gelingen
→ Dies bedeutet, dass die Schüler vor Beginn über Sinn, Ziele und Ablauf des Gruppenpuzzles
informiert werden müssen.
Das Thema muss geeignet sein:
!
Nur wenn sich das gewählte Thema eignet, kann die Methode ihre Wirkung
erzielen.
→ Das Thema muss in unabhängige, nicht aufeinander aufbauende Teilthemen zerlegbar sein.
Eine zu große inhaltliche Überschneidung der einzelnen Teilthemen schafft
Unzufriedenheit.
→ Der Schwierigkeitsgrad und der Umfang muss an das Leistungsvermögen der Klasse
angepasst werden.
Die didaktische Vorbereitung durch den Lehrer muss sinnvoll sein:
!
Die Arbeitsaufträge und die Arbeitsmaterialien müssen für die eigenständige
Arbeit der Schüler geeignet sein!
→ Auch hier gilt: Anpassen an Leistungsvermögen, Ausdauer und Kenntnisstand der Klasse!
→ Die Arbeitsaufträge müssen so klar formuliert sein, dass die Schüler ohne ständiges
Rückfragen in ihrer Expertenrunde arbeiten können.
→ Die Arbeitsmaterialien müssen für die Schüler auswertbar sein: z.B. Textvorlagen
verständlich, Experimente realisierbar, ...
→ Es ist von Vorteil, wenn mehrere Lernkanäle angesprochen werden.
→ Den Schülern sollte die Möglichkeit zur Selbstkontrolle gegeben werden.
StD’ P. Hüther
Studienseminar Kl
13
Thema: Gruppenpuzzle
Einsatz von Experimenten:
!
Werden Experimente eingesetzt, so müssen sie ebenfalls an den Kenntnisstand
der Klasse angepasst sein.
→ Nur Schüler, die bereits selbstständig experimentiert haben, können im Gruppenpuzzle
ganze Experimente alleine durchführen und dabei sinnvolle Experimentierergebnisse
erzielen! In allen anderen Fällen müssen Experimente vorgegeben oder Hilfen angeboten
werden.
→ Das Experimentiermaterial muss für die Schüler alleine gut handhabbar sein.
→ Nicht vergessen: vor Beginn der Expertenrunden eine Sicherheitsbelehrung zu den
Experimenten durchführen!
methodische Voraussetzungen:
!
Der Lehrer muss für ausreichende Transparenz für alle methodischen Aspekte
sorgen.
→ Die Schüler sollten über die grundlegenden Regeln zur Aneignung und Vermittlung eines
Lernstoffes informiert sein. Dies bedeutet nicht, dass sie darin bereits geübt sein müssen,
sondern lediglich, dass man sie als Lehrer darüber informiert!
→ Die Schüler benötigen auch keine Übung in offenen Unterrichtsformen, sie müssen
lediglich über den Ablauf und die Ziele ausreichend informiert werden.
→ Auch über Sicherung und Bewertung müssen sie rechtzeitig informiert werden.
6) Tipps zur Organisation
Durch einige Tricks kann man die nicht ganz einfache Methode „Gruppenpuzzle“ in der Organisation
unterstützen.
!
Da unsere Schüler bei längere dauernden Gruppenpuzzeln sehr schnell und sehr
häufig vergessen, welcher Stammgruppe sie angehören, hilft eine farbliche und /
oder symbolische Kennzeichnung der Stammgruppen.
Hier zum Beispiel meine Kennzeichnung, die ich nicht nur im Fall
der regenerativen Energien verwende. Die Schülerinnen ziehen
Lose, auf denen ein Tiersymbol in einer bestimmten Phase
abgebildet ist. Diese Lose dürfen sie über das ganze
Gruppenpuzzle behalten. In einem mit ihrem Tier versehenen
Kästchen können dann z.B. Informationen ausgetauscht werden.
StD’ P. Hüther
Studienseminar Kl
14
Thema: Gruppenpuzzle
!
Auch die Zugehörigkeit zur Expertengruppe gerät nicht selten in Vergessenheit.
Symbolische Kennzeichnung hilft auch hier weiter.
In meinem Fall waren die Fachbegriffe einiger
Expertengruppen für die Schülerinnen so
ungewohnt, dass sie sich diese wirklich nicht
gut merken konnten. So erhielt jede Schülerin
ein Zettel, auf dem das Symbol und der Name
der Expertengruppe abgebildet war. Darunter
schrieben die Schülerinnen ihren eigenen
Namen und legten ihren Zettel in das Kästchen
ihrer Stammgruppe. So konnten sie selbst, aber
auch ihre Stammgruppenmitglieder immer
nachschauen, wer welches Thema bearbeitet.
Die beiden Gruppenzugehörigkeiten können
auch auf einem Zettelchen für das Mäppchen zusammengefasst werden.
!
Das Auffinden der Materialien für die Arbeit in den Expertengruppen, sowie das
Einsortieren am Ende der Stunde kann ebenso durch eine symbolische und / oder
farbliche Kennzeichnung erleichtert werden.
Für jede regenerative Energie, also jede Expertengruppe gab es
einen Ordner, der mit einem typischen Symbol und einer
passenden Farbe gekennzeichnet war. Alle Kopien und Ausdrucke
wurden auf Papier der entsprechenden Farbe kopiert.
!
Als besonders erfolgreich haben sich Gruppenpuzzle mit „Rahmengeschichten“
erwiesen, die den Schülern eine zusätzliche „außerthematische“ Motivation bieten.
In Kapitel 7 wird ein Gruppenpuzzle aus der Optik beschrieben, bei dem ein interaktives Museum und
ein Museumsbesuch den Rahmen bildete. Auch folgende Rahmengeschichten haben sich als sehr
effektiv erwiesen: ein fiktiver Hauskauf mit Beratungsgespräch (Unterrichtsrunde als
Beratungsgespräch) oder der Bau einer Raumstation (Jede Stammgruppe stellt nach der Durchführung
des Gruppenpuzzles ihre selbst entwickelte Raumstation einer Gruppe interessierter Käufer dar. Die
Stammgruppen wetteifern also um den Kaufzuschlag).
!
Gruppenpuzzle bieten sich aber auch sehr gut für fachübergreifende Projekte an.
Dabei können die Expertengruppen die Beiträge der einzelnen Fachgruppen
erarbeiten.
Im oben genannten Beispiel „Entwicklung einer Raumstation“ haben sich die Expertengruppen mit
den unterschiedlichen „Komponenten“ beschäftigt: „Lebenserhaltung“, „Energieversorgung“,
„Auswahl der Bewohner“, „Rechtssystem auf der Station“, ...
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Studienseminar Kl
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Thema: Gruppenpuzzle
7) Hier hat sich die Methode bereits bewährt
1. Beispiel „optische Geräte“ in Klasse 8:
In Rheinland-Pfalz wird die gesamte Optik im ersten Halbjahr der Klasse 8 unterrichtet. Ein möglicher
Wahlplichtbaustein bildet die exemplarische Behandlung einiger „optischer Geräte“, die wir in
früheren Lehrplänen noch sehr ausführlich thematisiert hatten.
Den meisten Kollegen tut es nun weh, hier lediglich ein optisches Gerät zu besprechen. Dennoch
mehrere Geräte im Lehrervortrag oder im fragend-entwickelnden Unterricht durchzunehmen
entspricht nicht mehr den Vorgaben und wird in den meisten Schulen nicht gerne gesehen.
Auch mir fiel es schwer ein optisches Gerät auszusuchen, ohne ein „Verlustgefühl“ zu haben. So
versuchte ich es zunächst mit kurzen Gruppenreferaten zu jeweils einem Gerät. Diese waren jedoch so
unterschiedlich lang und von solch großen Qualitätsunterschieden, dass das Ergebnis wenig
zufriedenstellend war. Auch freiwillige Einzelreferate brachten nicht den gewünschten Erfolg, da ich
den Schülerinnen dazu noch viel zu viel Methodenkompetenz zu Referaten hätte vermitteln müssen.
Nach einigen Jahren Unzufriedenheit versuchte ich es mit einem Gruppenpuzzle und war über das
Ergebnis sehr erstaunt. Mittlerweile hat sich dieses Gruppenpuzzle in unserer Schule fest etabliert:
Die Expertengruppen erhalten jeweils ein optisches Gerät (Mikroskop,
Fernrohr, Overhead, Diaprojektor, ...) und gestalten zu ihrem Gerät eine
Museumsstation. Dazu dürfen sie Experimente, Plakate, auseinandergebaute
Geräte, ... verwenden.
Die Stammgruppen machen dann einen Rundgang durch dieses Museum und
lernen dabei die einzelnen Geräte kennen. Die Museumsstationen bleiben für
interessierte Schüler anderer Klassen für einige Zeit im Vorraum der Physik
zugänglich.
Zeitansatz: ca. 3-4 Stunden
Neben der Erklärung der Funktionsweise ergänzen die Schülerinnen ihre Stationen häufig mit
historischen Infos, selbst gemachten Fotos, ...
Da hier viele Kompetenzen der Bildungsstandards umgesetzt werden, ist diese Vorgehensweise nun
erwünscht.
2. Beispiel „Bionik“:
Beim Gruppenpuzzle zum Thema „Bionik“ kann man durch die Auswahl der Teilthemen
unterschiedlichste Bereiche des Lehrplans abdecken (Mechanik: Statik, Fliegen, Schwimmen, ..;
Wärmelehre: Isolation, Optik: Sehen, Farben, ...). So kann ein solches Gruppenpuzzle als Ergänzung
eines bestimmten Themas oder auch als Abschluss eines ganzen Schuljahres durchgeführt werden.
Beispiel für ein Teilthema: Otto Lilienthal studierte den
Flugsamen eines Kürbisgewächses, der mehrere
Kilometer weit segeln konnte. Damit entwickelte er ein
neues stabileres Segelflugzeug.
In den Expertengruppen werden folgende Fragen
untersucht:
Welche physikalischen Aspekte wurden
hier aus der Natur übernommen? Welche
Vorteile bringt dies?
Zeitansatz: ca. 5 Stunden
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Studienseminar Kl
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Thema: Gruppenpuzzle
3. Beispiel „Wärmelehre“:
Christian Grüttler aus der Schweiz hat ein Gruppenpuzzle zum Thema „Einführung Wärmelehre“
entwickelt und mit allen Materialien ins Netz gestellt (zu finden unter der Adresse
www.educeth.ethz.ch/physik/puzzle/waermelehre/docs/waermelehre.pdf).
Folgende Themen
werden in den Expertengruppen bearbeitet:
Teilthema 1: Wie misst man Temperatur?
Teilthema 2: Erwärmen eines Festkörpers
Teilthema 3: Erwärmen einer Flüssigkeit
Teilthema 4: Erwärmen eines Gases
Teilthema 5: Der Bimetallstreifen
Zeitansatz: 2 Stunden
Alle Materialien, Beschreibungen und Informationen kann man kostenlos unter der oben genannten
Adresse downloaden.
4. Beispiel „Bestimmen der Dichte verschiedener Körper“:
In diesem Gruppenpuzzle geht es um die experimentelle Bestimmung der Dichte verschiedener
Körper. Die Expertengruppen beschäftigen sich mit den unterschiedlichen Messmethoden zur
Bestimmung der Dichte eines Körpers. Enthalten sind dabei natürlich auch die notwendigen
Experimente. Nach der Unterrichtsrunde in den Stammgruppen kennen alle Schüler alle Verfahren
und können sie anwenden:
Teilthema 1: Dichte eines Festkörpers durch Volumenberechnung
Teilthema 2: Dichte eines Festkörpers mittels Überlaufgefäß
Teilthema 3: Dichte einer Flüssigkeit
Teilthema 4: Dichte eines Gases
Teilthema 5 (optional, je nach Vorkenntnisse): Aräometer
5. Beispiel „Vorbereitung einer Klassenfahrt (Exkursion, ...)“:
Zur Vorbereitung einer Klassenfahrt etc. kann man in einem Gruppenpuzzle Programmpunkte,
Führungen, ... bearbeiten lassen. Dies kann unter verschiedenen Intentionen geschehen: „Entscheiden
über mögliche Programmpunkte“, „Gestalten von Führungen vor Ort“, „Informationen zum Ziel“, ...
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Thema: Gruppenpuzzle
8) Literatur
Zunächst „theoretische“ Literatur zum Thema:
•
Aronson E. et al.: The jigsaw classroom. Beverly Hills 1978
•
Aronson E.: Förderung von Schulleistung, Selbstwert und prosozialem Verhalten: Die
jigsaw-Methode. In: Huber G.L., Rotering-Steinberg S., Wahl D. (Hgg.): Kooperatives
Lernen. Weinheim 1984
•
Ausubel D.P.: Psychologie des Unterrichts. Bd 12 Weinheim 1974
•
Bloom B.S.: Human characteristics and school learning, New York 1976
•
Brophy J.E./ Good T.L.: Lehrer – Schüler – Interaktion, München 1976
•
Fendt H.: Sozialgeschichte des Aufwachsens. Frankfurt am Main 1988
•
Fendt H.: Die Entdeckung des Selbst und die Verarbeitung der Pubertät, Band 3. Bern 1994
•
Frey-Eiling A./ Frey K.: Gruppenpuzzle. In: Wiechemann J. (Hg.): 12 Unterrichtsmethoden,
Weinheim 1999
•
Frey-Eiling A./ Frey K.: Gruppenpuzzle, zu finden unter
www.educeth.ethz.ch/didaktik/puzzle/autoren.html
•
Leuders T.: Kooperatives Arbeiten z.B. mit dem Gruppenpuzzle – Warum Gruppenpuzzle im
Physikunterricht, zu finden unter
www.php.learnline.de/angebote/blickpunktmatnat/autoren/leuders/gruppenpuzzle/gruppenpuzzle.pdf
•
www.swisseduc.ch
Konkrete Beispiele und Unterrichtsvorschläge finden sich unter
•
Ein Gruppenpuzzle zur Wärmelehre unter
http://educeth.ethz.ch/physik/puzzle/waermelehre/docs/waermelehre.pdf
•
Ziegler Th.: „Physikalische Analogiebetrachtungen mit Hilfe der Bionik. Eine
Unterrichtsreihe unter Verwendung eines Gruppenpuzzles in einem Physikgrundkurs der
Jahrgangsstufe 11 eines Gymnasiums“. Pädagogische Hausarbeit am Studienseminar für das
Lehramt an Gymnasien in Kaiserslautern, 2004
•
Burkhart M.: „Geometrische Abbildungen. Unterrichtsreihe unter Verwendung eines
Gruppenpuzzles in einer 7. Klasse eines Gymnasiums.“ Pädagogische Hausarbeit am
Studienseminar für das Lehramt an Gymnasien in Kaiserslautern, 2000
Literatur zum Gruppenpuzzle „regenerative Energien“:
•
„Perspektiven der globalen Energieversorgung“, RERUM, Bausteine für einen zeitnahen
Unterricht, Zeitbild Verlag GmbH
•
„Neu, neuer, erneuerbar“, Das Zeitbild, Zeitbild Verlag GmbH
•
„Jetzt erneuerbare Energien nutzen“, Bundesministerium für Wissenschaft und
Technologie
•
Themenheft „Energie“, Naturwissenschaften Biologie, Chemie, Physik, Verlag Volk und
Wissen, ISBN 3 – 06 – 020935 – 9
Rheinlandpfälzische Bildungsstandards „Physik“ unter:
•
http://www.kmk.org/schul/Bildungsstandards/Physik_MSA16-12-04.pdf
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Thema: Gruppenpuzzle
9) Anhang
Verlaufsplan der Einführungsstunde (Phase 2):
Unterrichtsschritte und Inhalte
Unterrichtsverfahren
Medien
Lehrervortrag (LV)
Folie
Unterrichtsgespräch (UG)
Lehrgespräch (LG) und
Lehrervortrag (LV)
Folie
1) Einstieg /Motivation:
− Vorstellen des Problemkontextes:
„Warum sollte ich Energie sparen?“
− Sammlung von Gründen
− Präzisieren zweier wichtiger Aspekte:
Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit
Folien
2) Vorbereitung Gruppenpuzzle:
− Erläuterung der Methode „Gruppenpuzzle“
− Präzisierung unserer Vorgehensweise
− Erläuterung der fachlichen Ziele
LV
LV
LV
Folien / Kästchen
/ Schnellhefter
Gruppenarbeit (GA) in
Expertenrundenarbeit
Arbeitsmaterialien in
Schnellhefter
3) Einstieg ins Gruppenpuzzle:
−
−
−
−
Zusammenfinden der Expertengruppen
Sichtung der Materialien
Erstellen eines Arbeitsplanes
Erarbeitung der Inhalte
Die Folien finden Sie zum Teil auf den folgenden Seiten.
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Thema: Gruppenpuzzle
Einstiegsfolie:
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Studienseminar Kl
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Thema: Gruppenpuzzle
Folie zur Diskussion um Nachhaltigkeit:
StD’ P. Hüther
Studienseminar Kl
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Thema: Gruppenpuzzle
Folie zur Diskussion um Umweltverträglichkeit:
StD’ P. Hüther
Studienseminar Kl
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Thema: Gruppenpuzzle
Folie 1 zur Einführung in die Methode Gruppenpuzzle:
StD’ P. Hüther
Studienseminar Kl
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Thema: Gruppenpuzzle
Folie 2 zur Einführung in die Methode Gruppenpuzzle:
StD’ P. Hüther
Studienseminar Kl
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Thema: Gruppenpuzzle
Arbeitsblatt der Gruppe „Biomasse“
Gruppenpuzzle „erneuerbare Energien“
Aufgabe 1:
Informiert euch in den vorgegebenen Kopien, im
Internet, in Büchern, ... über folgende Fragen:
→ Wie erhält man aus dem Energieträger eine für
uns Menschen nutzbare Energieform?
→ Handelt es sich um einen nachhaltigen
Energieträger, d.h. um einen erneuerbaren
Energieträger? Warum?
→ Wie umweltfreundlich ist der Energieträger und der Umwandlungsprozess?
Gibt es Abfallstoffe? Sind diese gefährlich?
→ Ist der Energieträger für Privatpersonen sinnvoll nutzbar?
→ Welche weitere interessanten Informationen gibt es zu diesem
Energieträger? z.B. Wirkungsgrad, Preis der Anschaffung, ...
Aufgabe 2:
Erstellt ein Poster, auf dem die Antworten zu den obigen Fragen dargestellt
sind!
Aufgabe 3:
Überlegt euch, wie ihr euren Stammgruppen die Informationen am besten
erklären könnt. Übt dazu einen maximal 10-minütigen Vortrag ein. Denkt daran,
dass jeder von euch diesen Vortrag mindestens einmal selbst halten muss.
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Studienseminar Kl
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Thema: Gruppenpuzzle