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Dr. Wolfgang Jaksch Abteilung für Anästhesie, Intensiv- und Schmerzmedizin wolfgang.jaksch@wienkav.at Schmerzbehandlung bei Opioidabhängigkeit Opioidabhängige leiden häufig unter chronischen Schmerzen Schmerzbehandlung wie bei Nichtabhängigen nach dem WHO- Stufenschema Wegen Kreuztoleranz müssen Opioide zur Erreichung der Schmerzfreiheit öfters und in hoher Dosierung verabreicht werden Substitutionsdosis sollte beibehalten werden Die analgetische Wirkung mit Methadon dauert nur ca. 4-6 Std. Keine Verschreibung von partiellen Morphinantagonisten, diese können eine Entzugssymptom auslösen Keine Verordnung von Opioiden an einen abstinenten Patienten unter Naltrexon (Rezeptorblockade) Bei chronifizierten Schmerzpatienten empfiehlt sich die Zusammenarbeit mit einem Palliativ-/Schmerzspezialisten ca. 15 000 Personen im Substitutionsprogramm Bericht zur Drogensituation 2011, ÖBIG ret. Morphin ca. 50% Methadon ca. 30% Buprenorphin ca. 20% Substitutionsmittel bei Erstbehandlung Bericht zur Drogensituation 2011, ÖBIG Prevalence of Chronic Pain by Country – European Summary Based on Complete Screener Data – (Unweighted) 30% Norway (n=2,018) Poland (n=3,812) 27% Italy (n=3,849) 26% Belgium (n=2,451) Austria (n=2,004) 23% 21% Finland (n=2,004) 19% Sweden (n=2,563) Netherlands (n=3,197) 0% Overall Prevalence (n=46,394) 19% Germany (n=3,832) 17% Israel (n=2,244) 17% Denmark (n=2,169) 16% Switzerland (n=2,083) 16% France (n=3,846) 15% Ireland (n=2,722) 13% 18% UK (n=3,800) 13% 18% Spain (n=3,801) 100% 0% 11% 100% 25% Europe (49a) Austria (50a) 20% 15% 10% 5% 0% 18-30 31-40 41-50 51-60 61-70 71-80 80+ Bericht zur Drogensituation 2011, ÖBIG akut: Spritzenabszesse Kompartmentsyndrom andere elektive & akute chirurg. Interventionen kolikartige Schmerzen chronisch: tumorbedingte und nichttumorbedingte Schmerzen neuropathische Schmerzen Mangelernährung (Vit. B Mangel) AIDS Neuropathie, Polyneuropathien bei Hepatitis Therapeuten opiatabhängiger Patient Angst, neuerlich in ein mangelndes Wissen Suchtverhalten zu geraten (gilt für substituierte oder erfolgreich entzogene Patienten) soziale Vorurteile Opiatphobie Angst, neuerlich Suchtverhalten auszulösen mangelnde Auskunft aus Angst, keine Opiate zu erhalten massive Toleranz gegen alle Opioide Desensibilisierung opioidinduzierte Schmerzüberempfindlichkeit Sensibilisierung abgeschwächte oder fehlende analgetische Wirkung von Opioiden 100 max. mögl. Effekt Analgesie – NW + 50 Dosis (mg) Folge adaptiver neuroplastischer Veränderungen d. Transmittersysteme gesteigerte Aktivität d. Adenylatzyklasesystems dauerhaft erhöhte Aktivität exzitatorischer Rezeptorsysteme vermehrte NMDA-Rezeptoren exprimiert pronizizeptiver Effekt Down-Regulation von Opioidrezeptoren → Wirkungsabnahme von Opioiden Rechtsverschiebung der Dosis-Wirkungskurve 30 – 100% höherer Opioidbedarf! Mitra u. Sinatra 2004; Anesthesiology 101:212-227 Schmerzintensität (VAS) 10 8 6 4 2 0 gesteigerte, pathologische Reaktionen auf Schmerzreize normale, physiologische Reaktion auf Schmerzreize Reizstärke Schmerzintensität (VAS) 10 8 6 4 2 0 gesteigerte, pathologische Reaktionen auf Schmerzreize normale, physiologische Reaktion auf Schmerzreize Carrol 2004; Regional Anesthesia and Pain Medicine, Reizstärke pp 576-591 Opioidrezeptoren Situation erkennen: Heroin mit Reinheitsgrad um 90% kann geraucht oder geschnupft werden – keine Einstiche!! Substituierte und sozial integrierte Patienten Angst vor inadäquater Therapie, Rückfall?! Aufklärung: Möglichkeiten der Schmerztherapie Abklärung des präoperativen Opiatge- bzw. missbrauchs konstanter täglicher Bedarf: Patienten im Substitutionsprogramm orale oder äquianalgetisch intravenös unkontrollierte Einnahme von Heroin: Reinheitsgrad ? – Patientenangaben ? Diese Basistherapie vermittelt keinerlei Analgesie Regionalanästhesie!!! wenn möglich kontinuierliche Verfahren epidural, Katheter an peripheren Nerven trotzdem Opiatsubstitution notwendig Kontraindikationen: Beeinträchtigung der Blutgerinnung oder Thrombozyten fortgeschrittene Hepatitis C Infektionen und septische Zustandsbilder alternativ balancierte Allgemeinnarkose erhöhter Opioidbedarf trotz Substitution Toleranz, opioidinduzierte Hyperalgesie durch Kombination mit Ketanest S reduzierbar initial 0,5mg/kg KG repetitiv 0,25mg/kg KG (alle 30-60min) oder kontinuierlich cave: bei gleichzeitigen Kokainmißbrauch evt. kardiotoxische Wirkung starke starke Opioide Opioide neuronale od. epidurale Blockade NSARs COX-2 Hemmer, i.v. Paracetamol Metamizol max. Dosierung/d Vorsicht bei Präparat 4x1g Leberinsuffizienz Perfalgan® 2x40mg kardiovaskuläre Vorerkrankungen, Niereninsuffizienz Dynastat® Diclofenac 2x75mg kardiovaskuläre Vorerkrankungen, Niereninsuffizienz, ASS induziertes Asthma Leberschädigung Voltaren® Metamizol 5g (kontinuierlich), 4x1g Hypovolämie, Überempfindlichkeit, ASS induziertes Asthma Novalgin® Paracetamol Parecoxib sinnvolle Kombinationen: Parecoxib od. Diclofenac mit Paracetamol oder Metamizol bei vielen Patienten notwendig dürfen nicht vorenthalten werden oft hoher Bedarf Dipidolor fraktioniert i.v. (3-6mg) Tramal kontinuierlich (500-600mg/Tag) eventuell auch Kombination mit Ketanest S 2,5µg/kg/h (ca. 1/3 Opioideinsparung!) cave unlängst entzogene Patienten oft erhöhte Opioidsensibilität drogenabhängige und substituierte Patienten: Diagnose, klinisches Substrat?? Opiatbeschaffung?? aufgeschlossen gegenüber allen Therapieoptionen? interdisziplinäre Kooperation Schmerz- und Suchtspezialist missing link!!! Nichtopioide Nichtopioide + niederpotente Opiate a d j u v a n t e Nichtopioide + hochpotente Opiate T h e r a p i e n S c h m e r z 40 35 30 25 26,98 30,00 20 15 10 8,5 5 6,15 0 % NW pro Medikamentengruppe Rest Opioide Betablocker Antidepressiva ACE-Hemmer Warfarin Diuretica NSAR Pirmohamed et al. BMJ 329:15-19 (2004) 1 von 5 Patienten entwickelt ein endoskopisch nachweisbares Ulcus 1 von 68 Patienten entwickelt ein symptomatisches Ulcus 1 von 145 Patienten entwickelt ein blutendes Ulcus 1 von 1220 Patienten verstirbt = NNK 1999 USA: 16 500 Todesfälle durch GI NW der NSAR > 100 000 Spitalsaufnahmen wegen GI NW neuropathischer Schmerz gemischter Schmerz Lumboischialgie Tumorschmerzen nozizeptiver Schmerz Welche Charaktereigenschaften hat Ihr Schmerz? brennend schmerzhaftes Kälteempfinden elektrisierend Ist der Schmerz an derselben Stelle mit einem oder mehreren der folgenden Symptomen verbunden? Ameisenlaufen Taubheit (bamstiges Gefühl) Kribbeln Jucken Ist der Schmerz auf eine Stelle beschränkt oder können die Folgenden Anzeichen ausgemacht werden? Verminderte Empfindlichkeit auf Berührung Nadelstiche Wird der Schmerz von folgendem Faktor ausgelöst oder verstärkt Wiederholtes Bestreichen / Berühren ja fokale Neuropathie (z.B. PHN) lokale Therapie (Versatis®, Qutenza®) Antidepressiva (TCA oder SSNRI) Gabapentin, Pregabalin Carbamazepin Kombination AD + Antikonvulsiva orale schwache Opioide (Tramadol) orale starke Opioide Oxycontin, Transtec, Morphin invasive Behandlungsoptionen Finnerup et al, Pain 118 (2005): 289-305 lokaler Wirkmechanismus geringe systemische Absorption keine klinisch relevanten Arzneimittelkonzentrationen im Serum ⇒ Reduktion des Risikos von Arzneimittelinteraktionen Reduktion von systemischen Nebenwirkungen optimale Therapie für Opiatabhängige seit 2010 für PZN zugelassen 12 Stunden belassen 12 Stunden Pause keine systemischen NW Pharmakologische Komponente Topisches Lidocain • Selektive Blockade der Natriumkanäle auf den kleinen geschädigten oder funktionsgestörten Aδund C-Fasern • Niedrige Lidocain Dosisfreisetzung -> keine Blockade der Natrium-Kanäle auf den großen, myelinisierten Aβsensiblen Fasern Analgesie ohne lokale AnästhesieEffekt (kein Taubheitsgefühl) Mechanische Schutzkomponente Pflaster Applikation • Sofortige kühlende Wirkung des Hydrogels • Mechanischer Schutz der Haut gegen äußere Reize Schnelle Schmerzlinderung während der ersten Stunde der Anwendung 8%iges Capsaicin Anwendung: 30-60min Applikation Wirkung bis zu 3 Monate Backing layer Capsaicin 640 µg/cm2 Release liner Silicone adhesives (diethylene glycol monoethyl ether; ethylcellulose N50 [E462]; silicone oil) Epidermal nerve fibres Epidermal nerve fibres Dermal nerves Dermal nerves Basement membrane Baseline Basement membrane 7 days post-treatment Malmberg AB, et al. Pain 2004;111(3):360–367. Tumorbedingt Alkoholbedingt Nach Chemotherapie (z.B. Taxane, Platine, Vincristin) Entzündlich PNP bei Mixed Pain HIV-assoziiert Controlled trial of high-concentration capsaicin patch for treatment of painful HIV neuropathy David Simpson et al. Neurology 2008 Therapieziel akuter Schmerz immer Schmerzfreiheit chron. Schmerz kein Patient muss Schmerzen haben ??????? Antidepressiva (TCA oder SSNRI) Gabapentin, Pregabalin Carbamazepin Kombination AD + Antikonvulsiva SSRI: schlechte analgetische Wirkung TCA: Saroten 10-100mg/d – cave Nebenwirkungen alternativ Versuch mit selektiven Serotonin-NoradrenalinWiederaufnahmehemmer (SSRNI) Venlafaxin (Efectin): 75 – 150mg/d < 150mg/d fast ausschließlich serotoninerge Wirkung! Milnacipran (Ixel): 50 – 100mg/d Duloxitine (Cymbalta): 30 – 60mg/d Initialdosis Carbamazepin Neurotop, Tegretol Gabapentin Neurontin Pregabalin Lyrica Valproinsäure Convulex , Depakine max. Dosis Schmerztherapie 2 x 100mg 4 x 300mg zugelassen cave Enzyminduktor Abbau von Methadon ↑ 3 x 100mg 2400 – 3200mg zugelassen 2x75mg 2x300mg zugelassen 3 x 200mg 1200mg Prophylaxe Migräne orale schwache Opioide (Tramadol) orale starke Opioide Oxycodon, Buprenorphin, Morphin, Fentanyl WHO II WHO III sollten möglichst vermieden werden! dürfen nicht vorenthalten werden! wichtigste Voraussetzung: Patient ist für alle Therapieoptionen aufgeschlossen Tramadol schwacher µ Agonist, 2. Wirkung über NA und Serotonin Morphin und Fentanyl starke Opiatagonisten, hptsl. am µ-Rezeptor Oxycodon starker Opiatagonist, am µ- und κ-Rezeptor analgetische Wirkung auch bei morphintoleranten Ratten Buprenorphin partieller Agonist, zusätzliche Wirkung auch an Na-Kanälen Methadon starker Opiatagonist, zusätzlich NMDA-Antagonist Tapentadol schwacher µ-Agonist, 2. Wirkung über NA α2 – hemmt nozizeptive Neurone, α1- erregt hemmende Neurone Substitution mit Morphin 1) Testung von schnellverfügbarem Morphin zusätzlich 2) Testung von Oxycodon / Tapentadol 3) bei neuropath. Schmerz Umstellung auf Buprenorphin / Methadon Substitution mit Buprenorphin 1) Gabe von zusätzlichem Buprenorphin 2) Gabe von schnellverfügbarem Morphin 3) Testung von Oxycodon / Tapentadol 4) bei neuropath. Schmerz Umstellung auf Methadon Substitution mit Methadon 1) Methadondosis erhöhen 2) Testung von schnellverfügbarem Morphin zusätzlich 3) Testung von zusätzlich Oxycodon / Tapentadol invasive Behandlungsoptionen einfache Proceduren: Infiltrationen, rö-gezielte Blockaden, Caudalblock frühzeitiger Einsatz sinnvoll – Einsparung systemischer Analgetika aufwendige invasive Methoden: SCS (spinal cord stimulation), Pumpentherapie eher zurückhaltender Einsatz psychologisch, psychiatrische Evaluierung Vorstellung bei einer Schmerzkonferenz sinnvoll Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit „Spezielle Schmerztherapie“ 9. Salzburger Kompaktseminar 12. - 21.10.2012 5. Salzburger Ergänzungskurs 13. – 17.3.2013 www.schmerzkurse.at