Das Kino verbucht Rekorde
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Das Kino verbucht Rekorde
32 • High End WirtschaftsKurier • Mai/Juni 2014 Das Kino verbucht Rekorde D ie Deutschen haben in den vergangenen beiden Jahren so viel Geld für Kinobesuche ausgegeben wie noch nie – bei 129,7 Mio. Besuchern haben die deutschen Kinos allein 2013 1,023 Mrd. Euro eingenommen und damit zum zweiten Mal in Folge die Umsatzmilliarde überschritten. Der 3DFilm erreichte im vergangenen Jahr mit 31,3 Mio. Besuchern einen Marktanteil von 24,4 % (Vorjahr: 21,8 %). Besondere Stärke beweist – vor allem aufgrund solcher Erfolgs filme wie „Kokowääh 2“, „Schlussmacher“ und „Fack ju Göhte“ – der deutsche Film. Sein Marktanteil ist 2013 auf mehr als 26 % gestiegen, 2012 waren es nur 18 % gewesen. Das bedeutet, dass jede vierte Kinokarte für einen deutschen Film gelöst wurde. „Fack ju Göhte“ wurde sogar mit 5,6 Mio. Besuchern erfolgreichster Film des Jahres – was seit 2008 („Keinohrhasen“) keinem deutschen Film mehr gelungen war. Insgesamt erreichten sieben deutsche Filme mehr als 1 Mio. Besucher. Auch die Zahl der Kinounternehmen (1 159), Spielstätten (1 637), Leinwände (4 610) und Standorte (8 890) hält ein erstaunlich hohes Nivaeau. Allen Unkenrufen der TV-, Video- und Internetrevo lution zum Trotz hat das Kino seinen Markt behauptet. In globler Dimension aber fällt der deutsche Markt zusehends zurück. Die Schwellenländer werden für die Filmindustrie immer wichtiger, vor allem Chi- na und Indien. Bald hat China die USA sogar als weltgrößten Kinomarkt abgelöst. Hollywood stellt sich schon mal darauf ein – mit Selbstzensur und Kooperationen mit Staatsbetrieben. Als Vorbild dient „Iron Man III“, der mit einer eigenen Version in Chinas Kinos kommt. Hollywood freut sich auf den Dollarregen, riskiert aber auch Glaubwürdigkeit. Mehr Spielorte im Reich der Mitte Immer häufiger erwartet China, dass die globalen Kinohelden auch in China ihre Abenteuer erleben. So verschlug es im letzten 007-Abenteuer „Skyfall“ James Bond ganz gezielt nach Shanghai. Ganz kurz, er musste mal eben am Ende der Welt einen Killer zur Strecke bringen. Die Sache hat nur einen Haken: Um überhaupt in die chinesischen Kinos zu kommen, müssen die Filme die rigide Zensur überstehen. Und diese streicht nicht nur sexuell explizite oder gewalttätige Stellen, sondern auch alles, was China in irgendeiner Weise schlecht aussehen lässt. Aus „Skyfall“ wurde eine Szene entfernt, in der ein Killer einen chinesischen Wachmann erschießt. Auch Hinweise, dass ein britischer Agent von Chinesen gefoltert wurde, fielen der Schere zum Opfer. Anspielungen auf Prostitution im inzwischen chinesischen Macao verschwanden ebenfalls bei der Synchronisation. Die Beispiele der chinesischen Filmzensur sind mannigfach: Aus „Cloud Atlas“ von Tom Tykwer, der mithilfe chinesischer Investoren entstand, wurden mehrere Gewaltund Sexszenen entfernt – am Ende fehlte eine halbe Stunde. Die nackten Brüste von K ate Winslet wurden aus „Titanic“ herausgeschnitten, als der Film kürzlich als 3D-Version wieder in die chinesischen Kinos kam. Aus dem dritten Teil von „Men in Black“ musste eine Szene sterben, die im New Yorker Viertel Chinatown spielt. Und auch „Fluch der Karibik: Am Ende der Welt“ wurde umgeschnitten, weil den Zensoren die Darstellung eines chinesischen Piraten nicht passte. fen wird. Das Schauspieler- Ensemble wird auch noch um chinesische Stars e rweitert. Schließlich wird China auch Schauplatz des vierten „Transformers“-Teils sein, dessen Vorgänger dort große Erfolge feierten. Anbiederung an China ist ein Skandal Änderungen kosten Millionenbetrag Im „Red Dawn“-Remake von 2012 wiederum reagierten die Produzenten von MGM noch vor dem Kinostart auf den Protest chinesischer Zeitungen: Die Invasion feindlicher Soldaten kam plötzlich nicht mehr aus China, sondern aus Nordkorea – im Original von 1984 waren es noch Russen und Kubaner. Die Änderung kostete das Studio einenMillionenBetrag und verzögerte den Kino start um ein Jahr. Schließlich mussten nachträglich alle chinesischen Symbole aus dem Film entfernt werden. Daraus haben die Hollywood- Foto: Constantin Film Die klassischen Filmtheater sind oft totgesagt, doch die Kino-Branche meldet neue Rekorde. Der globale Boom hat allerdings große Auswirkungen auf die Filmkultur. Vor allem China verändert mit seiner Zensur mehr, als man ahnt. Es gibt viele Beispiele der chinesischen Filmzensur: Aus „Cloud Atlas“ von Tom Tykwer zum Beispiel wurden mehrere Gewalt- und Sexszenen entfernt – am Ende fehlte eine halbe Stunde. Produzenten offenbar gelernt: So wird das Drehbuch zu „World War Z“ mit Brad Pitt geändert, um chinesischen Bedürfnissen entgegenzukommen. In dem Film geht es um eine ZombieInvasion auf der Erde. Als deren Ursprung wurde in der anfänglich vorgesehenen Version China genannt. Das Reich der Mitte als Ausgangspunkt einer weltweiten Apokalypse? Das wäre den Zensoren sicher bitter aufgestoßen. Die Chefs von Paramount reagierten – die entsprechende Stelle wurde geändert. Da hatte noch kein chinesischer Zensor den Film überhaupt gesehen. Marvel und Disney gehen nun noch weiter: Im dritten Teil der „Iron Man“-Reihe spielt China nicht nur als Handlungsort eine noch größere Rolle als in der O riginalversion, die in den USA sowie in Deutschland lau- Und doch ist das Anbiedern der amerikanischen Filmindustrie an die politisch korrekten Vorgaben aus China ein S kandal. In Hollywood macht bereits das Wort vom „Eunuchen-Kino“ die Runde. Man übe erniedrigende Selbstzensur, nur um in China mehr Geld zu verdienen. Doch das allzu willige Einknicken vor den Zensoren könnte den Studios auf die Füße fallen. Denn inzwischen gibt es auch in China Proteste gegen die Zensur auslän discher Filme. Da beschweren sich Kinogänger über Kürzungen in den Filmen – und weichen zur Not auf illegale, aber komplette Raubkopien aus. Und selbst bei der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua ist Kritik an der Filmzensur kein Tabu mehr. Der chinesische Regisseur Lou Ye protestierte sogar mit einem gezielten Skandal gegen Änderungen an einem seiner Filme, indem er die Vorgaben der Behörden öffentlich machte und seinen Namen von dem Projekt zurückzog. So viel Mut haben die Hollywood-Studios anscheinend nicht.ntv/BA Clevere Schweizer sammeln Geld für Kinofilme Täglich erleben wir großartige Filmpremieren. Aber wie werden Hollywood-Filme eigentlich heute finanziert? Ein Schweizer Unternehmen hat sich auf die Zwischenfinanzierung spezialisiert, deren Rückzahlung schon vor dem Filmstart sichergestellt wird. S teffen Aumüller liebt das Filmgeschäft. Der erfahrene Manager hat deshalb gemeinsam mit Partnern ein Unternehmen gegründet, das eine Lücke bei der Finanzierung von Filmen schließt, die bisher fast nur von Banken genutzt w urde. Die meisten Investoren im Filmgeschäft möchten am Erfolg des Filmes teilhaben und geben deshalb Eigenkapital. Doch das birgt Risiken. Denn viele Filme spielen nicht die erwarteten Erlöse ein und der Investor schaut in die Röhre. Einige Investoren in Deutschland sind an diesem Problem und an der Komplexität des Filmgeschäfts gescheitert. „Irgendwann habe ich festgestellt“, so Aumüller, „dass die Banken mit ihrer Zwischenfinanzierung selbst bei erfolglosen Filmen ihr Geld verdienen. Denn deren Zwischenfinanzierung ist voll abgesichert und wird vor dem Filmstart zurückgezahlt – damit ist man unabhängig vom Erfolg in den Kinokassen.“ Warum also das Geschäft den Banken überlassen, fragte sich Aumüller und gründete mit Zülfikâr Güzelgün, einem in Sachen Risikomanagement und Risikoabsicherung erfahrenen Schweizer Bankingexperten, The Bridge Finance Company AG (TBFC). Die Kombination aus langjähriger Medien- und Bankingerfahrung bietet dafür die perfekte Voraussetzung. „Mit unserem Risiko management“, erklärt Güzelgün, „können wir eine durch Collaterals abgesicherte Rendite darstellen.“ Und Aumüller stellt klar: „Es handelt sich nicht um ein Private-Equity-Investment, sondern um abgesicherte Darlehen.“c Namhafte Darsteller gehören zum Geschäft: Schauspieler wie Vince Vaughn, Oscar- Preisträgerin Jennifer Connelly oder Harvey Keitel spielen in den von TBFC zwischenfinanzierten Filmen. Für TBFC gilt ein Prinzip: Das Geschäftsmodell muss transparent und einfach sein und den Investoren die Angst vor einem Filminvestment nehmen, denn schließlich handelt es sich um einen unkorrelierten und stetig wachsenden Markt. Das Züricher Unternehmen sammelt europaweit Geld von Investoren ein, mit dem ausschließlich in internationale Filmproduktionen investiert wird. Bevorzugt werden kommerzielle Filme mit Produktionskosten von 5 bis maximal 25 Mio. US-Dollar. Namhafte Darsteller gehören zum Geschäft: Schauspieler wie Vince Vaughn, Oscar-P reisträgerin Jennifer Connelly oder Harvey Keitel spielen in den von TBFC zwischenfinanzierten Filmen. Fünf Hollywood-Filme wurden auf diese Weise bereits erfolg- reich durch die TBFC finanziert. Das Geschäftsmodell entspricht dem amerikanischen Markt und seinen Gepflogenheiten und ist in Deutschland bisher kaum bekannt. Filmförderung zahlt erst für fertigen Film Wozu brauchen Filmproduzenten eine Zwischenfinanzierung, also Fremdkapital, vor einem Filmstart? Die Antwort ist einfach: um zum Drehbeginn eine Liquiditätslücke zu schließen, da die US-Filmförderung und die Verleiher erst bei Auslieferung des fertigen Films zahlen. Zuvor müssen aber schon Vor ableistungen erbracht werden, um die Produktion des Films zu ermöglichen – hier kommt die TBFC ins Spiel. Eine gute Vertriebsgesellschaft für den Film ist dann die halbe Miete. Für den weltweiten Filmvertrieb gibt es aber nur eine Handvoll kompetenter Unternehmen. Hier muss man sich nicht nur mit guten Filmideen, sondern auch mit einem soliden Vertriebskonzept gegen vielfache Konkurrenz durchsetzen. Die garantierten Steuergutschriften in den USA und die abgeschlossenen Vertriebsverträge dienen der TBFC daher als Sicherheit für die gegebenen Darlehen. Was kompliziert klingt, ist für Experten wie Aumüller und Güzelgün kein Problem. „Diese Prozesse mit ihren dazugehörigen Verträgen sind in den USA so standardisiert, dass wir das mit einem kleinen, professionellen Team in Zürich und Los Angeles sehr gut stemmen können.“ uno