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np FACHTHEMA Fernwirktechnik Fernwirktechnik liefert relevante Daten auf Web-Portal Mobilfunkbetreiber bemüht sich um Energieeffizienz Es sind unterschiedliche Einflüsse, die den Mobilfunkmarkt in Deutschland derzeit bewegen: Die hohe Zahl von Mobiltelefonen – sie übersteigt bereits die Einwohnerzahl – und ihre stetig zunehmenden Anwendungsmöglichkeiten lassen den Energieverbrauch im Mobilfunk rasant ansteigen. Auf der anderen Seite fordert das im Jahr 2008 gestartete integrierte Energie- und Klimaprogramm der Bundesregierung von den Verbrauchern einen generell sparsameren Umgang mit Energie. Um das zu ermöglichen, wurde der Markt des Messwesens bei Strom und Gas für den Wettbewerb geöffnet, um damit innovative Technologien zu fördern und ein »intelligentes Messwesen« entstehen zu lassen Dieses »Smart Metering« wird als Voraussetzung für die Umsetzung von Energieeinsparungen angesehen und dürfte als zukunftsweisende Technologie das Zählund Messwesen und auch die damit verbundenen Übertragungstechnik für die Messdaten in den nächsten Jahren revolutionieren. Optimierung des Energieverbrauchs in Funknetzen Es überrascht daher nicht, dass Mobilfunkbetreiber und Messtechnik-Hersteller sich bemühen, gemeinsam Voraussetzungen zur Erhöhung der Energieeffizienz im Mobilfunkbetrieb zu schaffen. Ein derartiges Pilotprojekt besteht seit Anfang des Jahres 2009 zwischen dem technologisch besonders innovativen Netzbetreiber E-Plus und der Wago Kontakttechnik GmbH & Co. KG. Inhalt des Projektes ist es, Wolfgang Laufmann, WAGO Kontakttechnik GmbH & Co. KG, Minden und Bernhard Tillmanns, Arkadon IT-Engineering GmbH 36 np Jg.49 (2010), Heft 12 eine begrenzte Zahl von dezentralen Funkmasten mit intelligenter Messtechnik auszurüsten und die aufgenommenen Daten (vor allem den Energieverbrauch in Abhängigkeit von der Nutzungsfrequenz, aber auch von anderen Einflussfaktoren) per Fernwirktechnik auf einem zentralen Web-Server zur Auswertung bereit zu stellen. Die Ergebnisse sollen dann u. a. Ansätze liefern, welche Funkstationen aufgrund ihrer besonders hohenfl Nutzung für die Umrüstung mit energiesparender Funktechnik (Green IT) bevorzugt in Betracht kommen. Mobilfunknetze gleichen einem Maschennetz, wobei in jeder Masche (Zelle) eine Basisstation mit Funkmast betrieben wird. Die Maschenweite liegt unter 100 Metern in dicht bebauten und bis zu mehreren Kilometern in wenig oder nicht bebautem Gelände. Aus den weit über 100.000 Masten und damit ebenso vielen Basisstationen in Deutschland (für die Netze aller Funkbetreiber zusammen) wird die Bedeutung von Maßnahmen zur Energieverbrauchsoptimierung deutlich. Wago-To-Pass-Fernwirktechnik Automatisierungskomponenten von Wago gehören zu den besonders innovativen Bausteinen in der Instrumentierung der Mess-, Prozess- und Verfahrenstechnik. Auch die neue Gerätefamilie To-Pass Modular zur Lösung von anspruchsvollen Fernwirkaufgaben bestätigt diesen Sachverhalt. War die bisherige To-Pass-Produktfamilie auf Module mit fester Anzahl von Ein- und Ausgängen begrenzt, so ist To-Pass Modular in der Lage, auch eine größere Anzahl an Datenpunkten und komplexere Aufgabenstellungen zu bearbeiten und z. B. Daten von der Messstation per GSM-Netz auf ein Webportal zu schreiben. Die Komponenten von To-Pass Modular sind besonders für die Überwachung kleiner, abgelegener Objekte konzipiert und mit ihrem Temperaturbereich von -20 °C bis +70 °C für deren typische Umgebungsbedingungen bestens vorbereitet. Wago-To-Pass Modular bildet ein lückenloses Fernwirksystem, das neu entwickelte Module mit solchen aus dem bewährten I/O-System 750 kombiniert: • To-Pass-Fernwirkmodule (Störmelder) in verschiedenen Ausführungen bis hin zu individuellen Komplettlösungen in einem Systemverteiler mit der Schutzart IP66 für die direkte Montage im Außenbereich oder als mobile Einheit. Für die Datenübertragung sind die kompakten Module mit einem GSM-Quadband-Modem ausgestattet. Diese Verbindung ist zuverlässig, wartungsarm und äußerst wirtschaftlich zu betreiben. • To-Pass-Modem, VPN-Router mit Firewall in einem Gerät (Bild 1), • Fernwirkcontroller (SPS) aus dem I/O-System 750, direkt anschließbar an das I/O-Klemmensystem (Bild 1) Bild 1: To-Pass-VPN-Router (links) und Fernwirkcontroller Begriffserklärungen CoDeSys (Controller Development System) ist eine lizenzfrei nutzbare Entwicklungsumgebung für Speicherprogrammierbare Steuerungen (SPS) nach dem IEC-61131-3-Standard. Darin stehen alle fünf der von der IEC 61131-3 spezifizierten Programmiersprachen zur Verfügung: • IL (Instruction List) bzw. AWL (Anweisungsliste) • ST (Structured Text) bzw. Strukturierter Text • LD (Ladder Diagram) bzw. KOP (Kontaktplan) • FBD (Function Block Diagram) bzw. FUP (Funktionsplan). • SFC (Sequential Function Chart) bzw. AS (Ablaufsprache) Virtual Private Network (VPN) ist eine Kommunikationsschnittstelle in einem Netzwerk und dient dazu, Geräte aus ihrem ursprünglichen Netz heraus an ein benachbartes Netz zu binden, ohne dass die Netzwerke zueinander kompatibel sein müssen. Quadband bezeichnet die Eigenschaft eines Mobiltelefons, die vier Haupt-GSMFrequenzen zu unterstützen und es damit kompatibel zu den meisten Netzen weltweit zu machen. Die vier unterstützten Frequenzbereiche sind 850 und 1900 MHz (auf dem amerikanischen Kontinent genutzt) sowie 900 und 1800 MHz, die in den meisten restlichen Ländern der Welt verwendet werden (in Europa, Asien und Australien). MySQL-Datenbank ist eine relationale Datenbank, die als Open-Source-Software sowie als kommerzielle Enterprise-Version für verschiedene Betriebssysteme verfügbar ist und die Grundlage für viele dynamische Web-Auftritte bildet. Roll-out-Prozess Vorgang des Veröffentlichens und Verteilens von Software-Produkten auf entsprechende Clients. Im weiteren Sinn auch das »Verteilen« ganzer Projekt-Themen wie Bereitstellung einer neuen Anwendung, eines neuen oder geänderten Service-Konzeptes u. ä. Rollouts treten in verschiedenen Ausprägungen und Skalierungen auf. • I/O-Klemmensystem mit Ausführungen für z. B. Impulszählung, Dreiphasen-Messung, Temperaturmessung sowie für analoge/digitale Ein/Ausgänge. Damit sind weit verzweigte Anlagen ebenso wie abgelegene Stationen erfassbar. • Wago-I/O-PRO-CAA-Programmiertool (Software) zur Anpassung der Funktionalität an die jeweilige Applikation durch Programmierung des Controllers mit den Sprachen gemäß IEC 61131-3 • To-Pass-Web-Portal mit kundenspezifischen Bereichen, Accounts, Zugriffsrechten und Datenbank. Mit diesen Standard-Komponenten können Messstationen ohne Digital-Subscriber-Line(DSL)- oder Standleitungen ihre Daten, versehen mit einem Zeitstempel, zu einem Web-Server im Internet übertragen und in einer Datenbank speichern. Herkömmliche Datenlogger werden überflüssig, die Daten können jederzeit per Internet-Browser verwaltet werden. Die Anwendungen erstrecken sich von einfacher Datenübertragung bis hin zu Bearbeitung von SPS-Funktionalitäten mit programmierbarem Controller. np Jg.49 (2010), Heft 12 37 np FACHTHEMA Fernwirktechnik chem selbständige Unternehmen als zertifizierte »Wago-SolutionProvider« in ihrem Kernkompetenzbereich anwenderspezifische Lösungen unter Einsatz von WagoKomponenten realisieren. Zu diesen Solution Providern gehört auch die Arkadon IT-Engineering GmbH in NeukirchenVluyn, die u. a. als Spezialist für webbasierte Integrations- und Service-Plattformen und das Management von umfangreichen Datenmengen tätig ist und bei seinen Projekten das Wago-To-Pass-Fernwirksystem einsetzt. So war es auch in dem gemeinsam mit und für EPlus realisierten Pilotprojekt zur messtechnischen Überwachung von Funkmaststationen. Fernwirkprojekt für E-Plus Bild 2: Fernwirklösung für E-Plus – Gesamtüberblick Wago-Solution-Provider Genaue Kenntnis der Anwenderbedürfnisse und Erfahrung im praktischen Einsatz der eigenen Produkte sind Garanten für geschäftlichen Erfolg. Wago hat diesen Zusammenhang schon früh erkannt und in die Praxis umgesetzt: In Gerätetechnik und Geräteanwendung erfahrene Ansprechpartner (Firmen) wurden vor Ort etabliert. Daraus ist dann das erfolgreiche »Wago-Solution-ProviderProgramm« entstanden, in wel- Aufgabenstellung Wie eingangs ausgeführt, besteht in Mobilfunknetzen dringender Bedarf an einer zeitgenauen Energieverbrauchsmessung an den Funkmasten mit dem Ziel, dafür binnen einiger Jahre flächendeckend eine intelligente Messtechnik (Smart Metering) einzuführen. In diesem Kontext startete der Netzbetreiber E-Plus Anfang des Jahres 2009 ein Pilotprojekt und rüstete eine begrenzte Zahl von Sendemasten mit Fernwirk-Messstationen aus, die – bedingt durch den Pilotcharakter – besonders flexibel an die Applikation anpassbar und nachrüstbar sein sollten. Aufgabenstellung von E-Plus war: • Erfassung von Stromverbrauch und Zusammenhang zwischen Stromverbrauch und Gesprächsvolumen pro Funkmast, Temperatureinflüssen oder Unterschieden zwischen Ballungsgebieten und ländlichen Regionen als Entscheidungshilfen für z. B. Wartungsoptimierung u. a., • Übertragung der über eine SPSbasierte Messtechnik dezentral erfassten Daten einschließlich Störmeldungen in Form sämtlicher Anlagenzustände mittels Global System for Mobile Communication (GSM)/General Packet Radio Service (GPRS) an einen zentralen Web-Server mit Datenbank, • Verfügbarkeit aller Daten der verschiedenen Stationen standortunabhänig über eine Informationsplattform, • Erkennung von Lastspitzen; Optimierung der Anlagenwartung, • Schnelles und kostengünstiges Nachrüstkonzept ohne wesentlichen Einfluss auf den laufenden Betrieb der Sendemasten Realisierung E-Plus entschied sich für den Einsatz der To-Pass-Fernwirktechnik als gerätetechnische Basis. Der geforderte kundenspezifische Zuschnitt (Customizing) einschließlich der Entwicklung des applikationsspezifischen Web-Portals und der MySQL-Datenbank erfolgte durch Arkadon. Die Projektverantwortung lag ebenfalls bei Arkadon, ebenso wie das Hosting der Datenbank. Bild 3: Ansichten des To-Pass-Dynamic-Portals – Standortübersicht (links) und Alarmmeldungen 38 np Jg.49 (2010), Heft 12 Basis sind Komponenten aus dem Fernwirksystem To-Pass Modular und dem I/O-System 750 von Wago, die mit dem anwendungsspezifisch angepassten To-Pass-Dynamic-Portal und einer Datenbank von Arkadon zusammengeführt werden. Je Funkmast wurde eine Messbox mit Klemmen, Messwandler, Controller und Virtual-Private-Network(VPN-Modem/-Router vorkonfektioniert und an Arkadon geliefert. In einem zweiten Schritt wurden die Boxen dort mit der anwendungsspezifischen ArkadonSoftware und der SIM-Karte bestückt und von außen mit einer eindeutigen Seriennummer versehen. Auf diese Weise wurden die To-Pass-Komponenten in einen automatisierten Arkadon-RolloutProzess eingebunden, was dem Anwender die Möglichkeit gibt, eine vorkonfektionierte Box an jedem beliebigen Standort zu aktivieren. Die bei dieser Lösung eingesetzten Wago-Bausteine waren: • Komponenten aus dem WagoI/O-System 750 zur Aufnahme der Messwerte und Zustandsmeldungen der Funkmasten. • Wago-Fernwirkcontroller zur Aufbereitung der erfassten Messdaten und ihre Bereit-stellung zur drahtlosen Weiterleitung, • Wago-VPN-Router zur Weiterleitung der Daten über GSM, • Programmiertool Wago-CAA zum Programmieren der logischen Verknüpfung der auf-genommenen physikalischen Daten. Das erfolgt sehr einfach über eine der in der IEC 61131-3 standardisierten Programmiersprachen. Die im Programmiertool enthaltene graphische Visualisierung ermöglicht die Darstellung der Parametrieroberflächen, was eine wesentliche Vereinfachung bedeutet. Über die im Klemmensystem integrierten Messdatenwandler werden die Zählerdaten gesammelt, im Controller aufbereitet und alle zehn Minuten über eine GSM-Verbindung auf den Web-Server übertragen, wo sie dann auf einem WebPortal zur Auswertung (einzeln für jede Station) bereit stehen (Bild 2). Nach Auswahl eines Standortes lassen sich die detaillierten Stromoder Spannungsphasen sowie die Wirkleistungen visualisieren, mit Benchmarks vergleichend bewerten und dann als Entscheidungsgrundlage für Optimierungen nutzen. Arkadon To-Pass-Dynamic-Portal Die besondere Stärke von Arkadon kommt dann zum Tragen, wenn die hohe Flexibilität der ToPass-Komponenten zur Abbildung kundenspezifischer Prozesse mit den Möglichkeiten des von Arkadon gemeinsam mit Wago entwickelten anpassungsfähigen Web-Portals ToPass Dynamic kombiniert wird. Dieses ist mehr als eine einfache Web-Plattform, sondern eine individuell für die gegebene Applikation konzipierte Lösung einschließlich Corporate Design, Zugangsberechtigung, automatischer Zuordnung der SPS-Variablen, individuell kon- figurierbaren Kennzahlen, Alarmgenerierung auch über Short Message Service (SMS) oder E-Mail. Das Portal enthält neben der Standortansicht auch eine dynamische Monitoransicht mit verschiedenen Graphen zur ständig aktuellen Darstellung der Verläufe (Bild 3). Anwendernutzen • Höchste Flexibilität bei der leitungsfreien Übertragung von Messdaten an ein Web-Portal durch die Kombinationsmöglichkeit von Komponenten der Wago-Baureihen To-Pass Modular und I/OSystem 750. • Bestmögliche Umsetzung der anwendungsspezifischen Applikationen an den Messstationen durch die freie und einfache CoDeSysProgrammierung des Controllers. • Hohe Anlagenverfügbarkeit und Entlastung des Service-Personals von zeitaufwändigen Kontrollgängen zu den u. U. sehr entlegenen Stationen durch den Fernzugriff von außen über GSM auf die Geräte. • Maßgeschneiderte Web-Plattform in Form des To-Pass-Dynamic-Portals für u. a. Datensicherheit durch Zugangsberechtigung, Effizienz durch automatische Zuordnung von SPS-Variablen und Sollwerten und Betriebssicherheit durch selbsttätige Alarmgenerierung. wolfgang.laufmann@wago.com www.wago.com np Jg.49 (2010), Heft 12 39