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Der Pfeil und sein Bogen Über die Entwicklung und Formenvielfalt einer Distanzwaffe im Wandel der Zeiten und Kulturen Eine Ausstellung von Peter Vohryzka Gewidmet meinem Sohn Felix Vorwort: ‚Der Pfeil und sein Bogen‘ – eine Ausstellung. Als mich Frau Susanne Niebler, die engagierte Leiterin des hallstattzeitlichen Museums in Großklein, gefragt hat, ob ich nicht einen kurzen Begleittext für die momentan laufende Ausstellung zusammenstellen könnte, war mir der Umfang dieser Broschüre noch nicht bewusst. Ich dachte an ein paar Zeilen zu den wichtigsten Exponaten, hier eine kurze Info, da ein Kommentar, ein paar Seiten halt. Nun sind es beinahe 50 Seiten geworden und ich habe mich dabei noch kurz fassen müssen! Zu umfangreich ist die Geschichte des Bogens, zu verzweigt sind die unterschiedlichen Blüten welche dieses Jagd-, Kriegs- und Sportgerät in den verschiedenen Kulturen und Epochen getrieben hat. Und dennoch ist es nur ein kurzes Schlaglicht auf eine Entwicklung unserer Vorfahren, deren Bedeutung nicht viel hinter jener des Feuermachens oder des Rades steht. Denn, was wäre gewesen, wenn…? Wenn wir den Bogen nicht erfunden hätten? Tja, es gibt einen Kontinent auf dem wir einen Blick in dieses Paralleluniversum werfen können: Australien. Die Aboriginees haben vor mehr als 50.000 Jahren ‚Down Under‘ besiedelt. Sie kannten die Kunst des Feuermachens, hatten Speerschleudern mit dabei und erfanden den Bume-rang als Jagdwaffe. Aber Pfeil und Bogen haben sie niemals kennengelernt! Ein interessantes Gedankenexperiment! Mich persönlich interessieren die Menschen! Anthropologie, Soziologie, Psychologie und all ihre verwandten Disziplinen. Zudem möchte ich wissen woher ich komme, wo meine Wurzeln liegen! Und auf experimentalarchäologische Weise Pfeile und Bögen aus den vergangenen Menschheitsepochen nachzubauen verbindet mich auf ganz besondere Weise mit meinen Vorfahren. Es ist ein Weg für mich zurück in die Geschichte der Menschheit, in meine eigene Vergangenheit. Eine Pfeilspitze in der Hand zu halten die einer meiner Vorfahren vor tausenden von Jahren aus einem Stein geschlagen hat berührt mich auf seltsame Weise. Relikte und Artefakte verbinden, schlagen Brücken und lassen uns im besten Fall auch etwas lernen! Ich lade Sie ein! Lassen Sie sich auf diese Ausstellung ein! Peter Vohryzka, Amateur (wobei ‚Amateur‘ davon kommt, dass jemand etwas ‚mit Liebe‘, lat. ‚amor‘ macht) Englischer Langbogenschütze mit Eibenbogen, ca. 13. Jhdt. Wie stark waren die Bogenschützen tatsächlich? (Mythen, Märchen und Tatsachen über die Zugkräfte antiker und mittelalterlicher Bögen) In der Mythologie der unterschiedlichsten Kulturen gibt es Berichte über Menschen, Götter oder Halbgötter, die mit ihren Bögen extrem hohe Zuggewichte ziehen konnten. Ob es nun Minamoto Tametomo in Japan war, der für das Bespannen des Bogens fünf Männer benötigte und mit einem Pfeilschuss sogar ein Kriegsschiff versenken konnte, ob es Odysseus in der griechischen Mythologie war, dessen Bogen ebenso niemand spannen konnte als er selbst und mit dem er durch die Öhre von 12 Äxten schoss (ehe er die Freier seiner Frau tötete), oder ob die Sprache nun auf die ‚Langen Kerle‘ kam, die berühmten englischen Langbogenschützen des Hochund Spätmittelalters. Aber gerade bei den englischen Langbogenschützen, die eine Durchschnittsgröße von 1,88 m hatten(!), kam uns vor Jahren die Archäologie zu Hilfe. Archäologen haben das Wrack eines englischen Kriegsschiffes aus dem frühen 16. Jahrhundert gefunden. Aus diesem mittlerweile berühmt gewordenen Schiff mit dem Namen ‚Mary Rose‘ wurden an die 200 Eibenbögen geborgen und von Experimentalarchäologen nachgebaut. Die dadurch ermittelten Zuggewichte betrugen dabei zwischen 390 und 780 N!!! Da dies lediglich eine abstrakte Zahl ist, können Sie die Zugkraft an dieser Zugmaschine selbst ausprobieren! Das eingestellte Zuggewicht entspricht in etwa jenem eines starken englischen Langbogens. Bitte seien Sie sich darüber im Klaren, dass die englischen Langbogenschützen damit 6 – 8 Pfeile pro Minute verschießen konnten! Arthrotische Abnützungen an den Schultergelenken der auf der ‚Mary Rose‘ gefundenen Skelette belegen, dass die Bogenschützen damals tatsächlich ‚bärenstark‘ waren und heutigen Weltklassesportlern um nichts nachstanden! Wenn Sie es jedoch nicht schaffen sollten, an der Zugmaschine den vollen Auszug zu ziehen, dann müssen Sie deshalb nicht an sich selbst zweifeln: Die meisten gefundenen Bögen der Antike und des Mittelalters hatten lediglich ein Drittel dieser Zugkraft. Nachbauten ägyptischer, skythischer und mittelalterlicher Bögen bestätigten, dass auch Frauen diese Zuggewichte ziehen konnten und im Krieg sowie bei der Jagd auch einsetzten. Um Großwild zu jagen bedarf es lediglich eines Zuggewichtes von ca. 200 N, also etwas mehr als einem Viertel des hier eingestellten Zuggewichtes. Neolithische Bögen Die ersten Bögen wurden vermutlich in Afrika verwendet und reichen (laut Funden von Steinspitzen) bis in die ATERIEN-Kultur (18.000 bis 40.000 Jahre vor unserer Zeit) zurück (Was aber nicht heißt, dass nicht auch schon bedeutend früher mit, inzwischen vergangenen, Holz- oder Knochenspitzen gejagt wurde!). Gebaut wurden diese Waffen höchstwahrscheinlich aus biegsamen Ästen, die über Feuer oder Dampf gebogen wurden (siehe Bögen aus Afrika) bzw. wurden dünne Baumstämme der Länge nach gespalten (siehe Bogen aus Palmenholz , Papua-Neu-Guinea). Die ersten gefundenen Bögen Europas wurden aus Ulmenholz (um 6.500 v. Chr.), später dann (nach der Veränderung der Flora nach der Eiszeit) zumeist aus Eibenholz gefertigt. (Ein mehr als 17.000 Jahre alter Fund aus Kiefernholz, angeblich ein Bogenfragment, ist umstritten.) Obwohl entsprechende Funde (noch) fehlen, denke ich, dass gewöhnliche Jagdbögen ebenso auch aus den Ästen des Haselnussstrauches gefertigt wurden, genauso, wie es naturverbundene Väter und Großväter auch heute noch ihren Kindern und Enkelkindern zeigen („Pfitschipfeil“). Nachbauten neolithischer Bögen v. oben nach unten: - Ringkloster-Bogen (5.400 – 3.550 v. C., Ertebölle-Kultur, Dänemark, Ulme) Möllegabet-Bogen (Dänemark) 6.500 v. C., Ulme Möllegabet-Bogen (Dänemark) 6.500 v. C., Ahorn Meare Heath-Bogen (Somerset/GB; 2.600 v. C.; Eibe) Diorama (im Köcher): Eibenbogen von Ötzi (3.300 v. Chr.) Detail: Ötzis Köcher, Pfeile und Eibenbogen Die ältesten Pfeile Die ältesten Hinweise auf die Nutzung des Bogens in Europa stellen Schaftfragmente aus Stellmoor bei Hamburg dar. Die Funde können der Stielspitzengruppe zugewiesen werden, einer Gesellschaft von Rentierjägern in Norddeutschland (ca. 11.000 Jahre alt). Die Schäfte sind aus Kiefernholz und haben an einem Ende eine Sehnennocke in V-Form. Diese diente der Aufnahme eines Vorschaftes aus Hartholz (siehe Nachbauten). Zeichnerische Rekonstruktion eines Pfeiles aus Stellmoor (STODIEK, PAULSEN 1996, 40, Abb. 39) Pfeile Im Mesolithikum (Mittelsteinzeit, um 10.000 – 5.500 v. Chr.) wurden für den Schaft der Pfeile hauptsächlich Spalthölzer (Kiefer, Birke) sowie junge, gerade Triebe des Hasel-, Schneeball- und Hartriegelstrauches verwendet. Die Pfeilspitzen wurden mit Birkenpechkleber und Sehnen am Holzschaft befestigt. Pfeilspitze mit Seitenschneider (= größere Wundöffnung). Trapez-Spitzen für die Vogeljagd. Die Spitze schneidet sich durch die Federn der Vögel, während eine herkömmliche Spitze von Federn abrutschen kann. Keulenpfeile für die Jagd auf Vögel und kleinere Pelztiere. Die Wiege von Pfeil und Bogen…. Wie bereits erwähnt, stammen die ältesten Steinspitzen aus dem ‚Aterien‘, einer Kultur die zwischen 18.000 und 40.000 v. Chr. in Afrika gelebt hat. Diese noch relativ großen und einfach behauenen Spitzen (siehe Vitrine) sind umstritten. Denn sie können auch als ‚Atlatl-Spitzen‘ gesehen werden, die dem Bogen vorangegangene und lange Zeit über parallel verwendete ‚Speerschleuder‘. Manche Kulturen, wie zum Beispiel die Aborigines in Australien kannten weder Pfeil noch Bogen sondern lediglich Atlatl und Bumerang als Distanzjagdwaffen. Vitrine: ausgesuchte Köcher, sowie Pfeile (im Vordergrund z.B. Bogen und Giftpfeile der San (Buschmänner)) Köcher mit 3 Pfeilen, Ostafrika(?), 19. Jh. Hölzerner Korpus mit Ledergurt (beschädigt), Verschlusskappe 3 Köcher aus Tellem, Mali, WestAfrika, 47 – 49 cm In den 60er Jahren von holländischen Archälogen in den Höhlen der Steilhänge um Bandiagara, am westlichen Ende der HomboriBerge gefunden. Mittels C14 Methode auf das 11. – 15. Jhdt.(!) datiert. Die Köcher zählen somit zu den ältesten erhaltenen Köchern Afrikas! Material: hölzerner Korpus, überzogen mit Leder und organischen Materialien Afrikanische Pfeilspitzen Pfeilspitzen klassische Dreieckform mit Stielschäftung Alter: 4.000 – 2.000 Jahre Fundort: Sahara div. afrikanische Pfeilspitzen (Eisen) (v. oben: 3 x Burra-Kultur – ca. 1.000 n. Chr., 4 x unbek. Pfeilspitzen Zentralafrika) Pfeilspitzen Knochen Alter: ca. 1.000 – 1.500 Jahre Fundort: Sahara Antiker Jagd-Bogen mit Pfeil (Afrika) Bogen des Nomaden-Volkes der Makonde aus dem Verbreitungsgebiet zwischen Mocambique und Tansania am Malawi-See. (um ca. 1900) Isoliert und resistent gegen Einflüsse von außen entwickelten die Makonde, die außergewöhnliche Kunsthandwerker (Holzschnitzer) sind, einen hohen Grad ethnischen Selbstbewusstseins. Makonde-Schnitzer in Dar-es-Salaam Bogen / Pfeile vom Stamm der NAGA (Kopfjäger) ‚Nagaland/Westindien’ Naga ist ein Sammelbegriff für Volksgruppen im Nordosten des indischen Subkontinents. Herkunft: Der Hauptsiedlungsraum der Nagastämme liegt östlich von Assam und zieht sich bis in den Nordosten Myanmars. Der indische Teil dieses Gebiets wurde 1962 zum Bundesstaat Nagaland. Lebensweise: Viele der Nagastämme praktizierten früher Kopfjagd und lebten hauptsächlich vom Ackerbau und Viehzucht. Heutzutage geht man davon aus, dass sich der Begriff Naga aus dem irmanischen Na ka herleitet, was "durchlöchertes Ohr" bedeutet. Bogen, Köcher und Pfeile eines unbekannten Stammes aus Afrika (Originale, typ. Buschmann-Ausrüstung) Afrikanischer Buschmann-Bogen (163 cm) Lederköcher (58cm x 27cm), 37 Jagdpfeile mit Eisenschäften (ca. 67 cm) Die San (auch: Buschmänner, Buschmenschen, Buschleute, Basarwa) waren die ersten Bewohner des südlichen Afrikas und stehen möglicherweise sogar an der Wurzel des menschlichen Stammbaums insgesamt, wie genetische Untersuchungen zeigen. Der Begriff San geht auf die Bezeichnung der Nama in der Kapregion Südafrikas zurück. San und Khoi Khoi werden oft als Khoisan zusammengefasst. Angaben über die erste Besiedlung des südlichen Afrikas durch die San gehen weit auseinander: sie reichen von etwa 10.000 Jahre bis 25.000 Jahre zurück. Die San pflegten einen nomadischen Jägerund-Sammler-Lebensstil. Im Laufe der Zeit wurden sie von Khoi Khoi-Gruppen, vor allem aber ab dem 15. Jahrhundert von Bantu-sprechenden Gruppen immer weiter in unwirtliche Gegenden abgedrängt. Mit einer ausgewachsenen Körpergröße von 1,40 m bis 1,60 m wurden die San manchmal als Pygmäen bezeichnet, stehen jedoch mit diesen in keiner Relation. San-Jäger Die San jagen auch mit Wurfspeeren sowie Pfeil und Bogen, wobei die Pfeile, mit denen sie z.B. Antilopen jagen, vergiftet sind mit der braunen Flüssigkeit aus dem Körper gesammelter Diamphidia-Larven. Ein besonderes Relikt: die ursprüngliche Jagdform des Menschen, die Ausdauerjagd Die älteste Form der menschlichen Jagd war die noch waffenlose Ausdauerjagd. Diese beruht auf der gegenüber fast allen Säugetieren überlegenen Ausdauer des Menschen beim Laufen. Schnelle Jäger wie Geparden, die kurze Zeit auf Geschwindigkeiten von über 100 km/h kommen können, vermögen diese Geschwindigkeit nur wenige Minuten durchhalten, weil sie sonst durch Überhitzung einen Kreislaufkollaps erleiden würden. Sie müssen das Jagdwild beim ersten Versuch erreichen, sonst ist es entkommen. Auch Löwen oder Wildhunde halten hohe Geschwindigkeiten nur kurze Zeit durch und müssen sich mit Anschleichen oder Wegabschneiden und Einkreisen also Zusammenwirken im Rudel behelfen. Der durch die langen, relativ starken Beine und den aufrechten Gang für schnelles Laufen gut gebaute Mensch kann dagegen mittels seiner etwa 2 Millionen Schweißdrüsen seinen Körper effektiv kühlen und kann daher einen Lauf stundenlang durchhalten. Die San erlegen noch heute schnelle Huftiere wie Zebras oder Steinböcke ganz ohne Fernwaffeneinsatz, indem sie so lange hinter diesen herlaufen, bis diese entkräftet zusammenbrechen. Um ein Erwachsener zu werden, muss ein Junge ein größeres Tier zu Tode hetzen. Dies geschieht im Alter von ca. 15 Jahren. Bis zu 40 Stunden dauert etwa die Verfolgung einer großen Kudu-Antilope bis zu deren Erschöpfung. Bezeichnet wird so eine Hetzjagd als „Der Große Tanz“. Ihrem Empfinden nach werden die Jäger eins mit dem Wild, versetzen sich in das Beutetier, ahnen seine Wege voraus und erlegen es zuletzt aus kurzer Distanz mit dem Speer. Die getrockneten Fleischstreifen ergeben dann für viele Wochen eine wertvolle Proteingabe. Auch Aborigines in Australien jagen auf diese traditionelle Weise Kängurus. San vor einer Zweighütte in Namibia Bogen und Pfeile vom Stamm der YANOMAMI aus Belem ‚Para’ / Amazonas /Orinoko Bogen aus Ironwood (Pau Ferro), Pfeilschäfte unbekannt (kein Bambus) mit Hartholzspitzen. Diese Pfeile wurden und werden von den eingeborenen Indianern hauptsächlich zur Jagd auf Fische aber auch auf Affen und andere kleinere Säugetiere verwendet. Mitglieder der Yanomami Bogen und Pfeile eines Eingeborenenstammes von PAPUA-NEU-GUINEA Bogen (1,70m) Limbumholz (schwarze Palme) 4 Vogel/Fischpfeile (1,40 – 1,50 m) 1 Schweinepfeil (1,23 m) 3 Kriegspfeile (1,04 m-1,15 m) Papua-Neu-Guinea Pfeilspitzen der Indianer Nordamerikas In früheren Zeiten hatten die wenigsten Pfeile Spitzen aus Stein oder Knochen. Vielmehr war es üblich die Pfeilschäfte einfach zu einer (hölzernen) Spitze zulaufen zu lassen. Diese wurden bei Bedarf über dem Feuer gehärtet und waren ausreichend um Jagd auf Kleintiere zu machen, die Notwendigkeit für Steinspitzen war nur selten gegeben. Eine weitere Variante waren jene Pfeile mit einer verdickten Spitze. Dies sollte den Vogel (oder anderes Kleinwild) betäuben bzw. töten. Auch dazu war es nicht notwendig eine Spitze anzufertigen, ja die meisten solcher ‚Blunt‘-Pfeile (hat nichts mit ‚James‘ zu tun!) hatten noch nicht einmal eine Befiederung. Indianer-Pfeilspitzen (Nordamerika) Nur einige wenige Exemplare, stellvertretend für ca. 12.000(!) katalogisierte Formen und Größen. Alter: ca. 13.500 v. Chr. – ca. 1900 n. Chr. Für die Jagd auf Großwild hingegen fanden Spitzen aus unterschiedlichen Materialien Verwendung. Steinspitzen: Diese stehen Stahlspitzen in Hinsicht auf Härte und Schärfe um nichts nach, ja sie reißen sogar eine größere Wunde als diese. Nachteil war die Bruchanfälligkeit sowie der aufwändige Fertigungsprozess, vom Finden der geeigneten Steine (z.B.: Feuerstein ‚Flint‘, Obsidian), dem geschickten Zurichten mit einem Hammerstein, der Hitzebehandlung um den Stein besser spaltbar zu machen (Schwierig! Muss eine ganz bestimmte Temperatur und Einwirkzeit haben!) bis zum eigentlichen Bearbeiten (‚Abdrücken‘) der Steine mit Geweihspitzen. An dieser Stelle sei gleich mit einem gängigen Missverständnis aufgeräumt: Die KLEINEN Pfeilspitzen (bis ca. 4 cm lang; fälschl. sog. ‚Birdpoints‘) sind für die Jagd auf GROSSE Tiere gedacht! Denn eine kleinere Spitze dringt tiefer ins Fleisch ein und verletzt somit häufiger ein inneres Organ oder Blutgefäß bei der Tierjagd. Knochen: Gelegentlich wurden auch Knochenspitzen verwendet. Bekannt sind solche Funde für die Stämme der Kiowa, Stämme aus den Plains sowie von der Ostküste der Vereinigten Staaten, auch in New Mexiko wurden einige gefunden. Knochenspitzen sind leicht herzustellen aber aufwändiger zu schärfen! Die Kanten der Spitze wurden über Feuer gehärtet. Stahlspitzen: Ungefähr seit dem Jahre 1700 wurden die Indianer (auch) mit Stahlspitzen für ihre Felle bezahlt. Begonnen haben damit die spanischen Eroberer in New Mexiko, bald darauf setzten sich die haltbareren Stahlspitzen im ganzen Land durch. In den Plains waren 98 % der Spitzen aus Stahl, in anderen Gegenden wurden noch längere Zeit hinweg traditionelle Steinspitzen verwendet (Westküste ca. 50:50; Apachen und Schoschonen dito) Typische Formen von Stahlspitzen (nach: Hamm, Bows and Arrows oft the Native Americans) Kupferspitzen: Diese sind äußerst rar und wurden am ehesten noch von den Stämmen im Bereich der großen Seen verwendet. Sie sammelten Kupfernuggets an der Oberfläche auf und hämmerten sie zu Plättchen die sie dann zu Kupferspitzen rollten. (Eine dieser ‚gerollten‘ Kupferspitzen ist in der Vitrine links unten ausgestellt.) Zeitgenössische Nachbauten nordamerikanischer Bögen. v.l.n.r.: - Osage-Orange-Bogen mit Pferdehaar (KOMANTSCHEN) Cascara-Bogen (auch ‚Paddel-Bogen‘) der Indianer des Nord-Westens (HUPA, KAOK, MODAC, CHINOOK etc.) Osage-Orange mit Pferdehaar und Sehnenbacking (SIOUX) Originalbogen (unbekannter Stamm, vermutl. frühes 20. Jhdt.) Osage-Orange mit Pferdehaar und Sehnenbacking (SIOUX) Osage-Orange mit Sehnenbacking (KIOWA) Bogen mit Sehnenbacking und Schlangenhaut (unbek. Stamm) Der querliegende, kurze Bogen ist ein ritueller Bogen der HOPI-Indianer (Original), der z.B. bei zeremoniellen Regentänzen (von Kindern) verwendet wurde. Nordamerikanische Jagdausrüstung (Bogen, Pfeile, Rindenköcher) Nachbau einer typischen Bogen-Jagdausrüstung der Indianer Nordamerikas (bes. der Stämme des unteren Missouri-Bereiches). Der Bogen, ein gewundener ‚Charakterbogen‘, ist aus Osage-Orange-Holz gefertigt und auf der Rückseite mit Sehnen belegt. Zum Schutz vor der Luftfeuchtigkeit habe ich das Sehnenbacking mit der Haut zweier Klapperschlangen überzogen (Achtung Artenschutz!) (Schlangenhäute haben die Indianer nur gelegentlichverwendet, war nicht Standard!). Die Pfeile sind aus Rohr gefertigt und haben selbstgemachte Pfeilspitzen aus färbigem Feuerstein. Die Befiederung ist mit Truthahnfedern gemacht, das Cresting (Bemalung/Kennzeichnung der Pfeile) erfolgte durch Schlangenhaut. Den Köcher habe ich aus der Rinde eines im Frühjahr geschälten Ahornbaumes gefertigt. Der Bogen ist voll funktionsfähig, hat einen Auszug von ca. 50 Pfund und wurde bereits erfolgreich beschossen. Pfeile - Herstellung und Wissenswertes über Pfeile der Indianer Nordamerikas – „Die Bedeutung des Bogens beim traditionellen Bogenschießen wird überbewertet. Viel wichtiger als ein guter Bogen sind die Pfeile! Man kann mit einem mittelmäßigen Bogen und exzellenten Pfeilen sehr gut schießen! Umgekehrt ist das nicht möglich.“ Byron Ferguson, weltbester Intuitiv-Bogenschütze (Auf ‚Youtube.com‘ finden sich unglaubliche Schüsse dieses Meisters!) Einen Bogen zu bauen ist eine relativ einfache Sache, einen guten Pfeil anzufertigen hingegen ist ungleich schwieriger! Beim Pfeilebau zeigt sich der wahre Meister! Es braucht eine lange Zeit an Erfahrung und Praxis um einen Zweig zu begradigen und in die gewünschte Form zu bringen. Vom Schneiden eines Zweiges bis zum Abschuss des fertigen Pfeiles kann man deshalb mit bis zu 6 Monaten und mehr rechnen! Länge des Pfeiles Aufgrund von verschiedener Verfügbarkeit der Ausgangsmaterialien (z.B. Zweige oder Rohr) sowie unterschiedlicher Einsatzgebiete (vom Pferd aus oder zu Fuß) und natürlich auch aufgrund von traditionellen Techniken der einzelnen Indianerstämme gibt es hier eine große Bandbreite an Variationen. Grundsätzlich kann man davon sprechen, dass jene Indianer die zu Fuß jagten zumeist längere (65 – 80 cm) und aufwendiger gefertigte Pfeile verwendeten, wohingegen jene die vom Pferde aus z. B. Büffel erlegten kürzere und qualitativ weniger gut gefertigte Pfeile in ihren Köchern führten. Das hängt mit der unterschiedlichen Jagdtechnik zusammen: Indianer zu Fuß mussten sich mühsam an das Beutetier heranpirschen und hatten oft nur einen einzigen Schuss. Deshalb verwendeten sie längere Pfeile und Bögen, da diese Kombination einen stabileren Pfeilflug und somit Jagderfolg garantierte. Vom Pferd aus jagende Indianer ritten oft bis auf wenige Meter an ihre Beutetiere heran und mussten wendig und rasch schießen können. Dafür verwendeten sie kürzere Bögen und Pfeile (55 – 65 cm), wobei letztere auch oft weniger aufwendig und genau gefertigt wurden. Manchmal war es notwendig in rascher Folge den gesamten Inhalt des Köchers auf einen Bison abzuschießen ehe dieser zu Boden ging. Befiederung / Nockenform Die zu Fuß jagenden Indianer verwendeten in der Regel kürzere Federn (7,5 – 15 cm), und zwar damit diese beim Ziehen der Sehne nicht am Griff streiften. Das hätte ein Geräusch verursacht und das Wild womöglich verscheucht. Zudem waren ihre Nocken erhaben, das heißt breiter als der Pfeilschaft, was ein besseres Greifen des Pfeiles sicherte. Den reitenden Indianer war es ziemlich egal ob der Bison neben ihnen nun hörte wie sie ihren Bogen spannten, deshalb verwendeten sie auch längere und größere Federn an ihren Pfeilen (12,5 – 20 cm). Beispiel: erhabene Nocken Der Pfeilschaft Dieser sollte biegbar aber doch steif sein und sollte seine einmal begradigte Form nach Möglichkeit beibehalten. (Schäfte verwinden und verbiegen sich durch die Luftfeuchtigkeit und Temperaturänderungen. Deshalb werden sie üblicherweise von Zeit zu Zeit wieder über Feuer ‚ausgerichtet‘, d.h. begradigt.) Als bevorzugte Harthölzer für Pfeilschäfte waren ‚Dogwood‘, Osage Orange‘ und (amerikanische) Haselnuss gefragt. Bei Pfeilen aus Rohr wurde für gewöhnlich ein kurzer Vorschaft aus Hartholz eingesetzt um ein Splittern des Schaftes zu verhindern. Bemalung (Cresting) Die meisten Pfeilschäfte wurden mit einer oder zwei, in seltenen Fällen auch mit drei Farben etwas über die Länge der Befiederung hinaus bemalt. Und das VOR dem Aufbringen der Federn. Sinn dahinter war wohl, dass man feststellen konnte, welcher Pfeil aus einer Jagdgruppe denn nun das Wild erlegt bzw. den Feind zur Strecke gebracht hatte. Pfeile waren ein wertvoller, weil arbeitsaufwändiger Besitz! Seine Pfeile nach der Jagd oder dem Kampf wieder zurück zu bekommen konnte einem Indianer viel Zeit ersparen! Ursprünglich wurden natürlich Erd- und Pflanzenfarben verwendet, heute erzielt man eine ähnliche Optik mit verdünnten Acrylfarben. Die Hauptfarben waren Rot, Braun, Gelb, Schwarz und Blau, selten auch Grün. Manchmal wurden auch die ersten paar Zentimeter nach der Spitze gefärbt, üblicherweise rot oder schwarz. Befiederung. Die Federn am Ende des Pfeiles sollen dafür sorgen, dass der Pfeil einen ruhigen, geradlinigen Flug hat und nicht trudelt. Spiralförmig angebrachte Federn versetzen den Pfeil in eine Drehung um seine Längsachse, was diesen Effekt noch verstärkt. Federn von nahezu allen Vögeln wurden schon an Pfeile befestigt und erfüllen ihren Zweck auch mehr oder weniger gut. Die nordamerikanischen Indianer bevorzugten Adler, Falke, Bussard, wilder Truthahn, Gans und Eule. Wobei die Verwendung von Schwanz- zu Schwingen(Flügel)federn sich in etwa die Waage hält. Nimmt man Schwingenfedern, so sollte man allerdings darauf achten, dass alle Federn für einen Pfeil stets von der gleichen Seite des Vogels stammen. Immer alle drei Federn für einen Pfeil auf einmal verarbeiten! Die Federkiele mit einem Messer/Steinklinge der Länge nach spalten. Den Kiel dünner und flach schaben (je dünner desto besser!). Die Federn in die gewünschte Form schneiden (Schere, Messer, Obsidianklinge) oder mit Feuer absengen. Die oberen und unteren 3 – 5 Zentimeter des Kieles von den Federhaaren befreien. Federn anbringen. Federn können mit Sehnen und mit (oder ohne) Kleber aufgebracht werden. Mit (Haut- oder Fischleim-)Kleber ist mehr Arbeit, die Federn lösen sich aber auch nicht so leicht wieder vom Schaft! Erst aber die Möglichkeit OHNE Kleber: Die drei Federn werden am Ende etwa 2 Zentimeter umgeknickt und mit einer dünnen (feuchten) Sehnenfaser umwickelt und somit an der richtigen Position am Schaft fixiert. Das erfordert anfangs Einiges an Geschicklichkeit und Geduld! Dann werden sie am anderen Ende provisorisch fixiert und an den überstehenden Federkielen stramm gezogen. Ist man mit der Position der Federn zufrieden, dann kann man beide Enden weiter mit Sehnenfäden festbinden. MIT Kleber erspart man sich das Umknicken der Enden, fixiert sie auf einer Seite mit Sehnenfasern, bestreicht die Kiele mit Kleber und presst diese an den Schaft. Dann die anderen Enden umwickeln, eventuell noch etwas stramm ziehen bis die Kiele satt aufliegen, dann endgültig mit Sehne fixieren. Mindestens einen Tag trocknen lassen! Besser länger. Überstehende Sehnenfasern nach dem Trocknen (z. B. mit einem Nagelzwicker) entfernen. Arbeitsschritte der Pfeilherstellung 1. Schneiden der Zweige: Pfeilschäfte werden am besten im Winter geschnitten, da zu dieser Zeit am wenigsten Saft in den Zweigen ist. Dies vermindert beim Trocknen die Gefahr des Verwindens des Schaftes oder des Aufsplitterns der Schaftenden. Die Länge der Pfeilschäfte sollte gut 15 cm länger gewählt werden. Die Zweige sollten schon vom natürlichen Wuchs her annähernd gerade und ohne Äste oder Knoten sein. 2. Zu Bündeln binden (bei Bedarf schon vorher über Hitze begradigen) à 10 bis 20 Stück und für 4 – 8 Wochen an einem trockenen Ort lagern. 3. Nach ca. 2 Monaten die Rinde von den Zweigen schaben. Dazu nimmt man am besten ein scharfes Messer oder eine Feuersteinklinge. 4. Mit einer Feile/Raspel (oder adäquaten Steinwerkzeug) wird nun der Länge nach Material abgetragen. Dabei den Schaft ständig drehen um eine gleichmäßig runde Form zu erreichen. Der Durchmesser des Rohlings sollte nun etwas über dem des fertigen Pfeiles liegen. Liest sich leicht, aber… 5. Danach die Pfeilschäfte wieder bündeln und für weitere 2 – 6 Monate an ihren trockenen, schattigen Platz zurücklegen. 6. Nach dem Austrocknen sind die Pfeilschäfte bereits deutlich härter geworden. Nun wird der Durchmesser auf das finale Maß reduziert. Dies kann wieder mit einer Klinge, einer feinen Raspel oder einem rauen Stein durchgeführt werden. Für die Kontrolle des Durchmessers empfiehlt es sich einen Knochen oder ein Stück Hartholz zu durchbohren und als Schablone zu verwenden. 7. Wenn man Jagdpfeile der Stämme aus den ‚Plains‘ machen möchte (erhabene Nocken), so kann man entweder das letzte Stück des Schaftes von Haus aus dicker lassen oder den Schaft die letzten 15 cm bis zur Nocke hin etwas verjüngen. 8. Danach den Schaft mit Schleifpapier glätten (220er – 320er) 9. Furchen machen. Bei vielen Indianerpfeilen sieht man entlang des Schaftes 2 bis 6 Kerben, welche vom Ende der Befiederung bis knapp vor die Spitze reichen. Lange Zeit war man sich über die Funktion dieser Rillen nicht im Klaren. Heute weiß man, dass die mit einem Stück Knochen oder Metall eingedrückten Längsfurchen dem Schaft größere Steifigkeit verleihen und dieser sich bei Temperaturänderungen nicht mehr so leicht verzieht. Verwendet wird dazu ein Rundholz mit einer Kerbe in die ein spitzes Stück Knochen (oder Metall) eingesetzt wurde. Den Schaft auf eine eben Unterlage auflegen und mit entsprechendem Druck die Längsrillen ziehen. 10. Nun die beinahe fertig gestellten Pfeilschäfte mit Fett/Öl bestreichen und nochmals über Hitze begradigt. Das Fett/Öl verhindert dabei, dass das Holz verkohlt bzw. erhält es für diesen Prozess die Wärme am Schaft länger. Die Temperatur beim Begradigen ist dabei so hoch, dass man den Schaft nicht mehr mit bloßen Händen anfassen kann; viele Originalpfeile haben daher auch Bissmarken, was so viel heißt wie, dass der Pfeilebauer die heißen Schäfte mit seinen Zähnen fixiert und mit seinen Händen gebogen hat. Man kann aber auch Topflappen dazu nehmen und die Pfeile übers Knie biegen. 11. Die ‚fertigen‘ Schäfte über Nacht auf einer geraden Oberfläche ‚rasten‘ lassen. (Bei Bedarf am nächsten Tag nochmals nachbiegen. Und am übernächsten Tag abermals…) 12. Sind die Schäfte nun wirklich gerade, dann nochmals mit 400er – 600er Schleifpapier abschleifen (oder, wer es authentischer möchte, mit getrockneten Schachtelhalmstängeln). 13. Die Schaftoberfläche mittels eines harten Knochens (oder einer kleinen Flasche) glätten. Das bringt nochmals einen merklichen Zuwachs an Festigkeit. 14. Die Nocken werden mit einem Messer (einer kleinen Feile, einer Keramiksäge) in die Enden geschnitten. Wo man die Enden macht, von der Wuchsrichtung aus gesehen oben oder unten, ist Geschmackssache. Es gibt sowohl Stämme, welche die Nocken in das untere Ende des Zweiges schneiden, als auch andere, die dies an das obere Ende verlegen. Wichtig ist lediglich, dass man an den Nocken alle scharfen Ecken und Kanten gründlich abschleift, damit die Bogensehne nicht durchgescheuert wird. Der Indianerbogen - Beispiel für die Herstellung eines Bogens der Indianer der Westküste – „Nimm einen Baum und schneide alles daran weg das nicht nach Bogen aussieht.“ „Wie man einen Bogen baut“, Indianerweisheit So einfach ist es nicht wirklich! Zumindest nicht für einen ‚Nicht-Indianer‘… Im Folgenden werden deshalb exemplarisch die groben Arbeitsschritte für die Fertigung eines kurzen, bemalten Flachbogens mit Sehnenbelag (sinew-backing) dargestellt (siehe Bild). Ausgangsobjekt ist eine Eibe mit ca. 15 cm. Durchmesser. Diese Form der Bögen war typisch für die Stämme der Westküste (z.B. Kalifornien), denen nachgesagt wurde, sie könnten die ‚besten‘ Bögen herstellen. Länge des Bogens Auch bei der Länge des Bogens ist es, ebenso wie beim Pfeil, abhängig für welchen Zweck der Bogen eingesetzt wird. Grundsätzlich kann man wieder davon sprechen, dass jene Indianer die zu Fuß jagten zumeist längere Bögen verwendeten (bis zu 1,80 m), wohingegen jene die vom Pferde aus jagten eher kürzere und somit leichter zu handhabende Bögen schossen (ca. 90 – 120 cm). Als Faustregel kann man auch sagen, dass der Bogen OHNE Sehnenbelag ca. 2 x die individuelle Pfeillänge + 10 – 20% sein soll, wohingegen der Kurzbogen MIT Sehnenbelag mit 2 x der Pfeillänge auskommt. Das Holz Beim Bogenholz waren natürlich auch die Indianer darauf angewiesen, welches Holz in ihrer unmittelbaren Umgebung wuchs. Am begehrtesten waren dabei das sehr harte ‚Osage Orange‘ (benannt nach den Osage-Indianern und der intensiv gelb-orangen Farbe des Holzes) und das Holz der Eibe (welches allerdings nur in höheren Lagen wuchs und daher oft über hunderte Kilometer gehandelt wurde). Ebenso Verwendung fanden Esche, Maulbeerbaum und Hickory. Geschnitten wurde das Holz üblicherweise im Winter, denn da war das Holz am trockensten. Trocknungszeiten Ist ein Stamm des gewünschten Holzes erst einmal geschnitten (geschlägert), so empfiehlt es sich, ihn trocken und schattig zu lagern und innerhalb der nächsten 6 Monate in Bogenrohlinge von ca. 5 Zentimeter Breite (sog. ‚Staves‘) zu spalten. Dies verringert die Trocknungszeit enorm. Um das wertvolle Holz vor Schädlingen zu schützen sollte die Rinde abgenommen werden und um Trocknungsrisse zu verhindern streicht man am besten die Schnittenden mit Holzleim, Farbe oder anderen nur teilweise luftdurchlässigen Mitteln ein. Bei den Trocknungszeiten selbst gibt es verschiedene Philosophien: Während die englischen Langbogenbauer für mindestens 4 – 7 Jahre Trocknungszeit plädierten, verarbeiten die Indianer ihre Rohlinge oft schon nach 2 Jahren. Manche Traditionalisten schwören aber gar auf Holz mit 15 – 20 Jahren Trocknungszeit! Wird ein Bogen mit einem Sehnenbacking versehen, so ist das Holz bereits nach einem Jahr Trocknungszeit verwendbar. Allerdings gibt es auch Indianer, die sogar das frisch geschlagene(!) Holz gleich zu einem Bogen verarbeiten und ihn danach ordentlich einölen. Der Nachteil ist dabei, dass man den Bogen sehr sorgfältig pflegen muss, da er sonst Trocknungsrisse bekommt und/oder sich im Laufe der nächsten Monate und Jahre verzieht. Auch wird er innerhalb des nächsten Jahres noch merklich härter, das heißt stärker, was ein Nachtillern erfordert. Mit einem Wort: Trocknungszeiten sind Ansichts- und Erfahrungssache! Ich empfehle als Faustregel 1 Jahr Trocknungszeit pro Zentimeter Durchmesser des Rohlings. Dies ist zugleich ein guter Weg um sich in Geduld, einer sehr selten gewordenen Tugend, zu üben! Wahre Bogenbauer erkennt man daran, dass sie dem Holz und seiner von der Natur vorgegebenen Verarbeitungszeit gegenüber den nötigen Respekt aufbringen. Vielleicht gibt es darum in unserer schnelllebigen und termingesteuerten Welt nur noch wenige Bogenbauer… Arbeitsschritte der Bogenherstellung: 1. Nach dem Schneiden und Trocknen des Holzes (siehe oben) wird es mit einer Axt und einer Klinge in die gewünschte Form gebracht. Das Hauptkriterium dabei ist es, jenen Jahresring, den man als Bogenrücken festgelegt hat, NICHT zu durchtrennen! Dies würde eine Schwachstelle provozieren und der Bogen könnte leichter brechen. (Ausnahme: Bei Bögen mit Sehnenbelag ist es nicht zwingend erforderlich den äußersten Jahresring zu erhalten. Die Aufgabe der Zugaufnahme übernehmen in diesem Fall die aufgeleimten Sehnenfasern.) 2. Dann werden Sehnen von Rentieren, Hirsch oder Büffeln getrocknet (ca. 2 Wochen), mit einem Stein oder Hammer geklopft und in feine Sehnenfasern aufgespalten. Sehnenverarbeitung 3. Als Bindemittel verwendeten die Indianer zumeist Haut- oder Fischleim. Besser (aber teurer) ist Letzterer. Gewonnen wird der Fischleim aus den getrockneten Fischblasen. Verarbeitet wurde dieser in früheren Tagen wie folgt: Eine Fischblase in den Mund nehmen, kauen und ordentlich einspeicheln. Wenn die Masse im Mund zähflüssig wird, dann in eine Steinschale spucken und warmhalten (= flüssig). Wem dies zu aufwändig (oder zu ekelig) ist, dem sei Fertighautleim aus dem Bastlergeschäft ans Herz gelegt! (Ich persönlich arbeite mit Hautleim und bin vollauf zufrieden damit!) 4. Soll der Bogen eine ordentliche Vorspannung haben, so sollte er (vorsichtig!) gegen seine Zugrichtung aufgespannt und während des gesamten Aufbringen des Sehnenbelages inklusive des Trocknens so belassen werden! 5. Den Bogenrücken etwas aufrauen, die Sehnenfasern zu kleinen Bündeln zusammenfassen, in den Leim tauchen und auf den Bogenrücken aufkleben. Dabei sollten die einzelnen Bündel versetzt voneinander aufgelegt und sehr sorgfältig glattgestrichen werden. Dies kann schon mal ein paar Stunden in Anspruch nehmen. 6. Nach einer Woche Trocknungszeit mit einer Raspel (oder einem rauen Stein) glätten und bemalen. 7. Zum Bemalen verwendeten die Indianer Naturfarben die sie aus diversen zerstoßenen Mineralien und getrockneten Pflanzen oder Tieren (z. B. Fischaugen = Schwarz!) gewonnen haben. Aufgetragen wurden die Farben einfach mit einem kleinen, flachen Stück Holz oder, bei künstlerisch veranlagten Bogenbauern, mit durch einen dünnen Federkiel gezogenen Fuchshaaren (= Pinsel!). Am häufigsten findet man bemalte Bögen bei den Stämmen der Westküste, bevorzugte Motive dort waren geometrische Figuren und Muster. Als häufigste Farben wurden Rot (Ocker), Schwarz (aus Fischaugen) und Grün (Beize aus wilden Zwiebeln) verwendet. Um ähnliche Farben zu erzielen hat es sich bewährt verdünnte Acrylfarben zu verwenden. Ockerfarbe Originalköcher um 1880 Originalköcher mit Perlenbestickung vor 1800 Pfeile aus verschiedenen Teilen der Welt Detailansicht: Kompositpfeil (für Fischfang) Mittel- oder Südamerika (um 1900) Beispielhafte Herstellung eines Kompositbogens Hier sieht man die Ausgangsmaterialien zur Herstellung eines Komposit- bogens. Darauf im Detail eingehen würde den Rahmen dieser Ausstellung sprengen! (Wer sich ernsthaft für Kompositbögen interessiert, dem sei das Buch ‚Kompositbogen, Geschichte & Herstellung‘ (siehe Anhang) ans Herz gelegt.) Man sollte u.a. wissen, dass die Wahl des Hornes sehr wichtig ist. Früher wurde hauptsächlich jenes von Steinbock, Schaf, Ziege, Mufflon aber auch Widder bzw. jenes mancher Rinderrassen verwendet. Allerdings war die Aufbereitung des Hornes dann sehr arbeitsintensiv, da die kurzen Hörner begradigt, gebogen, entfettet (bes. Rinderhorn ist sehr fett!) und übereinanderlappend montiert werden mussten. Um einen halbwegs funktionstüchtigen Kompositbogen herzustellen braucht es einige Jahre an Erfahrung im Bogenbau! Hier am Tisch sieht man ein vorbereitetes und ein bereits montiertes Horn (in diesem Fall vom Wasserbüffel), Sehnen (normalerweise vom Rentier, Hirsch oder Rind), Griffstück und Ausfallenden (Siyas) aus Eibe, Esche oder anderen Harthölzern und den Korpus aus Bambusholz. (Nomaden haben auch Birke verwendet, obwohl dieses funktionell eher minderwertig ist… Aber was findet man schon in der Steppe? Der Korpus ist aber auch nicht so wichtig wie das Horn oder gar der aufwändige Sehnenbelag!) Die Sehnen mussten getrocknet (mind. 2 Wochen), geklopft (bis zu 2 Stunden pro Sehne), aufbereitet und dann in mehreren (bis zu 7) Schichten sehr exakt und stets überlappend mit Fisch- oder Hautleim auf dem Bogenrücken geklebt werden. Die Trocknungszeiten belaufen sich zwischen den einzelnen Sehnenschichten auf mehrere Wochen, bis zur Endtrocknung auf 6 Monate bis zu 2 Jahren! „Der Kompositbogen ist der König der Bögen!“ Übrigens: Die ältesten gefundenen Kompositbögen sind um ca. 500 Jahre älter(!) als Ötzi! (Sibirien, ca. 3.800 v. Chr.) Und auf Felszeichnungen (u.a. Levante) dargestellte Bögen mit einem Alter von bis zu 5000 v. Chr. waren aufgrund ihrer Form ebenfalls nur in Kompositbauweise fertigbar. Skythischer Kompositbogen ‚Der Bogen des Odysseus‘ Stilrichtung: Skythisch Datierung: 6. Jh. v. Chr. Material: Holz; Horn; Sehne Dieser Kompositbogen ist eine Neuanfertigung die sich an griechischen Originalen orientiert. Er ist, wie sein Vorbild aus der Antike, aus einem Holzkern mit Horn- und Sehnenbelag aufgebaut, die Nockenenden sind als Greifvogelschnabel gestaltet. (Skythischer Bogenschütze, ca. 520-500 v. Chr.) Als Beigaben sind hier griechische Schienbeinschützer aus Bronze (Replikate), ein persisches Kurzschwert mit Ohrengriff (Original) sowie ein Pfeil mit Bronzespitze (Nachbau) arrangiert. Griechische Pfeilspitzen griech. Festland sowie Kolonien ca. 8. Jh. - 2. Jh. v. Chr. Oben: Skythische Tüllenpfeilspitzen Bronze, 7. - 2. Jh. v. Chr. (Urspr. Iranische Nomaden aus Südrussland; verwendeten Bronze – leichtere Verarbeitung - obwohl Eisen bereits seit dem 8. Jh. v. Chr. bekannt war) Unten: Tüllenpfeilspitzen aus Baktrien (Heute Nord-Afghanistan, Süd-Turkestan; ebenfalls von Skythen und Baktren besiedelt) Tibet / China Beigaben: Stiefel: Kinder- oder Frauengröße, um 1900 Helm: tibetischer Eisenhelm, Silbertauschierungen, um 1810 Goldhaube: traditionelle Kopfbedeckung einer ethnischen Gruppe in Tibet Sonstige Utensilien: Pulverhorn, ‚Medizinbeutel‘?, Greifvogelfächer (Schamane) Unten: Chinesische Repetier-Armbrust sowie div. Pfeilspitzen Tibetischer Komposit-Bogen Original, um 1800 Dieser Kompositbogen ist aus Horn, einem Holzkern sowie einem Sehnenbelag aufgebaut und mit Birkenrinde als Schutz gegen die Feuchtigkeit belegt. Zusätzlich finden sich noch Reste einer floralen Bemalung in Rot, Grün und Schwarz auf dem braunen Grund. Die Sehne ist aus gedrillter Natursehne (wahrscheinlich Yak) gefertigt und mehrfach repariert. In Tibet (und China) finden auch heutzutage immer noch kulturelle Treffen statt, in deren Rahmen Bogenschützen zum Wettstreit antreten. Dabei werden oft bis zu 200 Jahre alte Bögen (Familienerbstücke) verwendet, jedoch nicht mehr zur Gänze ausgezogen. Der Pfeil ist ebenso ein Original, hat eine dreiflügelige Bronzespitze und gehört zum ausgestellten Bogen. Detailansichten: Griff Sehnenbrücke Chinesische Pfeilspitzen (oben) Pfeilspitzen Knochen, Zungenschäftung vermutl. Liao-Dynastie (916 – 1125 n. Chr.) (unten) Pfeilspitzen Knochen; sog. ‚Pfeifende Pfeile‘ vermutl. Liao-Dynastie (916 – 1125 n. Chr.) Pfeilspitzen - China Feuerstein vermutl. Shang-Dynastie (1700 – 100 v. Chr.) Pfeilspitzen - China Querschneide- und Brandpfeilspitze vermutl. Liao-Dynastie (916 – 1125 n. Chr.) sowie Bronzespitzen aus der Wüste Gobi Pfeilspitzen - China Bronze vermutl. Han-Dynastie (206 v. – 220 n. Chr.) Chinesische Armbrustbolzen Alter: Han-Dynastie (206 v. Chr. – 220 n. Chr.) Material: Bronze (Spitzen) + Eisen (Schäftung) Oben: Abzug einer Armbrust (Bronze, um 220 v. Chr., Zeitalter des Kaisers Qin Shi Huang, der unterschiedliche Königreiche zum vereinten chinesischen Großreich zusammenschloss (Terrakotta-Armee, Beginn des Baus der Chinesischen Mauer etc.) Chinesische Repetier-Armbrust mit Mehrfachmagazin(!) (Nachbau) “Es kommt nicht auf die Größe an!” Gegenüberstellung zweier Pfeile deutlich unterschiedlicher Größe: Spitzen in Originalgröße 1. Eine mittelalterliche ‘Schwalbenschwanz-Spitze’, deren Funktion darin lag, Pferden große Wunden zuzufügen und somit Ritter (= Reiter) zu Fall zu bringen. Der Pfeil konnte aufgrund seiner mächtigen Spitzen nicht aus der Wunde gezogen, sondern musste ‘durchgestoßen’ werden, was verständlicherweise zumeist zum Tod des Reittieres führte. 2. Eine nur wenige Millimeter lange ‘skythische Bronzespitze’ mit Tüllenschäftung. Diese waren für gewöhnlich in Gift getaucht und konnten bereits durch geringe Verletzungen töten. (‘toxa’ – griech. ‘Gift’ stammt von den skythischen Bogenschützen; heute noch im lateinischen Namen für ‘Eibe’ = ‘taxus’) Pfeilspitzen aus Metall im Laufe der Jahrtausende Pfeilspitzen Bronze, Lurestan (älteste Region des Iran) 1./2. Jahrtausend v. Chr. Römische Pfeilspitzen bzw. Ballistaspitze, Kaiserzeit Mitteleuropa, 1. – 4. Jh. n. Chr. (rechts unten: Nägel römischer Infanterieschuhe, sog. ‚caligae‘) Pfeilspitzen hunnischer Völker Mittelasien ab dem 1. Jh. n. Chr. Dreiflügelige und Flache Schaftdorn-Pfeilspitzen Awaren ca. 6. Jh. n. Chr. Ungarische/Awarische Pfeilspitzen Schwarzmeerküste bis ungar. Tiefebene ca. 8. Jh. n. Chr. Wikinger-Pfeilspitzen (9. – 12. Jhdt.) Diverse Pfeilspitzen aus aller Welt (Originale) Pfeilspitzen Neolithikum (um 5.500 – 1.600 v. Chr., Zeitalter ´Ötzis´) Pfeilspitzen Bolivien (um 1.000 n. Chr.) Pfeilspitzen Sahara, Auswahl (ca. 2.000 – 6.000 J. alt) Pfeilspitzen Obsidian (Mexiko, neuzeitlich) Pfeilspitzen Afrika (Tillemsi, ca. 8.000 v. Chr.) Pfeilspitzen bronzezeitlich (Europa, um 2.000 – 800 v. Chr. Vorwiegend Bronzezeit, Rest Kelt-Iberer und Kelten in Mitteleuropa) div. Pfeilspitzen Nordafrika (um 3.000 v. Chr.) Pfeilspitzen Mesolithikum (um 8.000 v. Chr., Dänemark, sog. ‚Querschneider‘) Pfeilspitzen der sog. ‚Aterien-Kultur‘ (die ältesten erhaltenen Pfeilspitzen der Welt; um 18.000 – 40.000 v. Chr.) Der indische Bogen Stahlbögen, Indien, 18./19. Jhdt.; Zweiteilige, schraubbare Stahlbögen aus Damaszenerstahl mit außenseitig geometrischer, floraler und figürlicher, silbertauschierter Gravur. Breite ca. 90 cm. Allgemeines: Bögen aus Stahl Die Anfälligkeit der Kompositbögen gegen Feuchtigkeit führte in Indien wegen des feucht-warmen Klimas zur Entwicklung von Bögen aus Stahl. Die indischen Schmiede verfügten über das metallurgische Wissen, um geeignete Legierungen herzustellen. (Im ‚Agni Purana‘, einem indischen religiösen Text aus dem 9. Jahrhundert, werden bereits Bögen aus Metall erwähnt.) Die Bögen waren nicht so leistungsfähig wie herkömmliche Kompositbögen, aber bei feuchtem Klima haltbarer und auch sonst widerstandsfähiger. Stahlbögen konnten auch problemlos gelagert werden. Von adeligen Kriegern gebrauchte Stahlbögen wurden reich verziert. Die Pfeile waren oft sehr aufwändig gefertigt und mit Silbertauschierungen verziert. Beigaben: Ausrüstungsbestandteile der Kriegerkaste Indiens Rüstungsteile (Brustpanzer): Indisch, 18. Jh. Helm: sog. ‚Khula Khud‘, ca. 19. Jh. Säbel: sog. ‚Talwar‘, um 1800, Schild: Indisch, 18. Jh. Detailansicht Brustpanzer: Indisch, 18. Jh. Stahlbögen: Damaszenerstahl mit silbertauschierter Gravur (zerlegbar) Indischer Reflexbogen sog. ‚Mogul-Bogen‘ (auch ‚Krabbenbogen‘) Diese Form von Kompositbögen war die häufigste Variant in der Mogul-Zeit Indiens (Mogulreich von 1526 – 1858) Ihre Besonderheit ist der außergewöhnlich große Winkel an den Siyas, der dem Bogen auch das krabbenähnliche Aussehen verleiht. Erhaltungszustand: Die Bemalung, insbesondere am Griff, auf dem Rücken und den Graten größtenteils abgerieben und stellenweise stark abgeblättert. Unter der nun grünen Bemalung mit floralen, goldfarbenen Motiven ist (sind) eine (zwei?) ältere Bemalung(en) erkennbar. Stilrichtung: Indisch Datierung: 18. Jh. Maße: (gerade gemessen) L 58 cm, B 38 cm Material: Holz, Lack, Horn, Leder, Sehne, Tierhaut, Knochen Mongolischer Kompositbogen Stilrichtung: Mongolisch Datierung: um 1740 Material: Holz, Lack, Horn, Leder, Sehne, Tierhaut, Knochen Dieser Kompositbogen stammt aus den Steppen der Mongolei und ist an die 270 Jahre alt. Er ist aus einem Holzkern mit Hornbelag und Sehnenrücken aufgebaut und verfügt über Siyas (gekrümmte Bogenenden) aus Knochen. Erhaltungszustand: Die Bemalung teilweise abgerieben, aber noch in gutem Zustand. Auf dem schwarzen Grund wurde in den Farben Rot, Grün und Ocker ein florales Muster aufgebracht. Der beiliegende Köcher ist eine Neuanfertigung, die sich jedoch an den traditionellen Fertigungstechniken orientiert, und einem typischen Köcher der nomadischen Reitervölker entspricht. (Birkenrinde, Holz, Leder) Reflexbogen, ‚Osmanischer-Bogen‘ Stilrichtung: Osmanisch Datierung: um 1680 Maße: (über die Krümmung gemessen) L 82 cm Material: Holz; Lack; Horn; Leder; Sehne; Tierhaut; Knochen Dieser Kompositbogen dürfte aus der Zeit der 2. Wiener Türkenbelagerung stammen (1683), zumindest finden sich in diversen Museen (Hofjagd- und Rüstkammer, Badisches Landesmuseum Karlsruhe) nahezu bauidente Stücke aus dieser Zeit. Erhaltungszustand: Die Bemalung teilweise abgerieben, aber noch gut zu erkennen. Auf dem schwarzen Grund wurde in Goldfarbe orientalisches Zierwerk und typisches florales Blattmuster aufgebracht. Die Nockenkerben sind mit Leder ausgekleidet und ebenso bemalt. Beigaben: Scimitar (Säbel): Osmanisch, Original, um 1090 n. Chr. (!) Kreuzzüge Schild: Rundschild aus Leder, Originalbemalung, um 1700, evtl. früher Pfeilspitzen: mongolisch (1200 – 1700 n. Chr.) Japanisches Bogenschießen Rüstung (Yoroi), Bogen (Yumi), Köcher (Ya-zutso) und Pfeil(spitzen) Originale aus der späten Edo-Periode (um 1870) ‚Kyudo – der Weg des Bogens‘ so nennt sich die Kunst des Bogenschießens in Japan und wird als Methode der physischen, psychischen, moralischen und auch spirituellen Entwicklung gesehen. Das japanische Bogenschießen und dessen spirituellen Hintergrund auch nur ansatzweise zu beschreiben würde den Rahmen dieser Ausstellung sprengen. Ich beschränke mich deshalb an dieser Stelle lediglich darauf, das Interesse der Besucher zu wecken und sich selbst eingehender mit dieser Materie auseinanderzusetzen. Wer darüber nachlesen möchte, dem sei der Artikel von ‚Fritz Eicher‘ ans Herz gelegt, der sich in dem Buch ‚Reflexbogen‘ (siehe Literaturliste) mit diesem interessanten Thema sehr kompetent auseinandersetzt. Ebenso findet sich im Anhang an diese Abhandlung eine umfangreiche Literaturliste, die ich mir hierorts erspare. Was Sie hier (Abb. linke Seite) sehen: Vordergrund: Eine Original-Rüstung aus der Edo-Periode, um 1870. Rechts: Pfeilköcher/Transportbehälter ‚Ya-zutso‘. Hintergrund: Auswahl verschiedener Pfeile und Spitzen rituellen und praktischen Charakters (meist Originale) Es gibt (grob unterteilt) 5 unterschiedliche Pfeilarten: - Vier-Federpfeil (Karimata-ya, große, schwere Spitze um z.B. Rüstungen aufzubrechen) - Matopfeil (28-Meter-Schießen) - Makiwarapfeil (Übungsschießen auf Strohballen) - Entekipfeil (60-Meter-Schießen) - Distanzpfeile für das traditionelle Schießen auf 436 Meter! beigestellt: linke Seite: Kyudo-Bogen (Nachbau/Filmrequisite ‚The last Samurai‘) Ganz links: Katana (Nachbau) Originalpfeile späte Edo-Periode (um 1850) Übungs-, Kriegs- und Zeremonialpfeile Unterlage: sog. ‚Haitate‘ – gepanzerte Kriegshose der Samurai Darauf: Bogenbauerhandbuch (18. Jhdt.) Bogenschützenhandschuh (19. Jhdt.) Ritueller Wurfpfeil (neuzeitl.) „Wenn dein Bogen zerbrochen ist und du keine Pfeile mehr hast, dann schieße! Schieße mit deinem ganzen Sein.“ Zen-Weisheit Literaturliste: - Reflexbogen, Geschichte und Herstellung; Verlag Angelika Hörnig ISBN 978-3-938921-12-8 Geniales Buch mit etlichen interessanten Informationen, perfekten Recherchen und praktischen Tipps über Reflexbögen in unterschiedlichen Kulturen - Overstreet – Indian Arrowheads; Robert M. Overstreet, quasi die ‚Bibel‘ aller Pfeilspitzensammler; über 12.000 unterschiedliche Typen, Farben, Formen und Größen von (Pfeil)Spitzen der nordamerikanischen Ureinwohner der letzten 13.500 Jahre! Inklusive Preisinformationen. - Bows and Arrows oft he Native Americans; Jim Hamm, The Lions Press, ISBN 978-1-59921-083-4 Tolle Tipps aus der Praxis für authentische Nachbauten nordamerikanischer Pfeile, Bögen und Köcher. - American flintknappers; John C. Whittaker University of Texas Press, Austin; ISBN 978-0-292-70163-2 Geschichte und ausgesucht schöne Beispiele von Flintknapping-Produkten - North American Bows, Arrows and Quivers, An illustrated History Otis Tufton Mason; Skyhorse Publishing; ISBN 978-1-60239-115-4 Detailgetreue Zeichnungen einer Sammlung des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Sehr interessant!!! - Die Bibel des traditionellen Bogenbaus, Verlag Angelika Hörnig, ISBN 3980874354, 9783980874359 mehrere Bände – alle gut! Artikel zu den unterschiedlichsten Fragestellungen im Bogensport/-bau, vom Steinzeitbogen bis zum Laminatbogen. Echt geniale Bücher!!! - Roman Military Equipment, M. C. Bishop, J. C. N. Coulston Römische Militärausrüstung – DAS Buch dazu! U. a. Funde römischer Pfeilspitzen und der Versuch einer Einordnung in historische Epochen Zudem sind natürlich eine Unzahl von Quellen im Internetz zu finden! Ich möchte Ihnen jedoch die Freude nicht verderben und Sie selbst ‚googeln‘ lassen. Es geht doch nichts über ein Erfolgs- und Aha-Erlebnis für das man sich selbst bemüht hat! Schlagworte haben Sie nach der Lektüre dieser Broschüre wohl zur Genüge. Vielen Dank für die Unterstützung bei der Durchführung meiner Wanderausstellung an Frau Susanne Niebler und die Gemeinde Grossklein! Ohne deren menschliche und tatkräftige Hilfe wäre diese Ausstellung nicht möglich gewesen. Und recht herzlichen Dank auch an die Kulturabteilung der Stadtgemeinde Herzogenburg. Diese hat es mir ermöglicht auch ein Monat lang im Kulturzentrum ‚Reitherhaus‘ gastieren zu können! Peter Vohryzka, Amateur Im Sommer 2012