Blutungsstörungen unter reiner Gestagen
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Blutungsstörungen unter reiner Gestagen
Teil 2: Management von Zusatzblutungen unter subdermalen Implantaten Hans-Joachim Ahrendt, Christian Egarter Östrogenfreie hormonale Kontrazeptiva haben eine Reihe von Vorteilen für die Anwenderin. Eine kontinuierliche Gestagen abgabe, z.B. bei subdermalen Implantaten, geht jedoch oft zu lasten eines regelmäßigen Blutungsgeschehens, da die Anwen dung üblicherweise ohne jede Anwendungspause erfolgt. Teil 1 dieses Beitrags (s. FRAUENARZT 4/2011) informierte über die Ursachen von Zusatzblutungen unter reinen Gestagen-Syste men. Im zweiten Teil werden die aktuellen Erkenntnisse zu den therapeutischen Optionen vorgestellt. Langzeit-Gestagensysteme zur hormonalen Kontrazeption haben sich neben den Kombinationspräparaten aus Gestagenen und Östrogenen seit 30 Jahren bei mehr als 20 Millionen Frauen bewährt (14). Insbesondere stellen sie für Frauen mit bereits erfülltem Kinderwunsch oder erst in fernerer Zukunft geplanter Schwangerschaft sowie für Frauen mit Compliance-Problemen eine gute Möglichkeit der sicheren Schwangerschaftsverhütung dar. Die reinen Gestagenpräparate weisen eine gleich gute kontrazeptive S icherheit auf wie die Kombinationspräparate. Ihr Pearl-Index liegt ebenfalls unter 1. Die hohe kontrazeptive Sicherheit der hormonalen Kontrazeptiva ist im Wesentlichen durch die Gestagene bedingt. Sie beruht einerseits auf der zentralen Hemmung der Achse Hypothalamus-Hypophyse-Ovar (Hemmung der Ovulation) und andererseits auf der hemmenden Beeinflussung der drei peripheren Parameter Zervix, Tube und Endometrium. Neben den intramuskulären und intrauterinen Gestagen-Langzeitpräparaten stehen auch subdermale Systeme in Form von Implantaten zur Verfügung. Subdermale Gestagen-Implantate Folgende subdermale Gestagen-Implantate sind für die hormonale Kontrazeption entwickelt worden (1, 12, 18): Norplant wird seit 1983 überwiegend in Südostasien zur Fami lienplanung angewandt. Es handelt sich dabei um sechs Stäbchen, die subdermal implantiert werden und Levonorgestrel freisetzen. Das Implantat ist für die Dauer von fünf Jahren vorgesehen. Die Anwendung bei mehr als 6 Millionen Frauen hat die Effektivität dieser Methode nachgewiesen. Jadelle gibt es seit dem Jahr 2000 auch überwiegend im asiatischen Raum. Es handelt sich hierbei um zwei Stäbchen, die auch Levonorgestrel freisetzen. Die Wirkdauer beträgt ebenfalls fünf Jahre. Fortbildung + Kongress Blutungsstörungen unter reiner Gestagen-Langzeitkontrazeption mit subdermalen Implantaten Fortbildung + Kongress schwache androgene Partialwirkung. Die kontrazeptive Sicherheit ist sehr hoch. Graesslin und Korver (2008) ermittelten bei einem Review von elf Studien von 1998 bis 2007 bei 24.100 Zyklen einen bereinigten Pearl-Index (PI) von 0,031. Im ersten Jahr der Anwendung betrug der PI 0,021, im zweiten Jahr 0,034 und im dritten Jahr 0,054. Implanon NXT 4 cm 2 mm Kern:37% Ethylenvinylacetat (EVA) Copolymer 60% Etonogestrel (68 mg) 3% Bariumsulfat Membran, die die Hormonfreisetzung kontrolliert: 100% EVA (0,06 mm) Vorteile der reinen Gestagen-Systeme Abb. 1: Zusammensetzung und Aufbau von Implanon NXT Uniplant ist ein Single-Implantatsystem, das für ein Jahr Nome gestrolacetat freigibt. Es wird seit den 1990er Jahren überwiegend in Ägypten und asiatischen Ländern bei Frauen in der Stillzeit implantiert. palpablem Implantat möglich. Darüber hinaus ist ein neuer Applikator entwickelt worden, der Fehleinlagen, insbesondere ein zu tiefes Einlegen, weitgehend verhindert. Klinische Studien mit Implanon NXT in 17 Ländern, einschließlich den USA, haben die verbesserte Einlage des Implantates mit dem neuen Applikator gezeigt und eine verbesserte Auffindbarkeit nachgewiesen (23–25). Das Implantat setzt anfänglich täglich 60–70 µg Etonogestrel frei und nach drei Jahren 25–30 µg. Es besteht eine schnelle Reversibilität. 100 Stunden nach Entfernung des Implantates ist kein Etonogestrel mehr nachweisbar (s. Abb. 2). Etonogestrel ist der aktive Metabolit des Desogestrel und besitzt eine Implanon ist ein 4 cm langes Stäbchen, das aus dem Kunststoff Evatane besteht und das Gestagen Etonogestrel über drei Jahre freigibt. Es befindet sich seit 1997 auf dem Markt und ist das einzige subdermale Kontrazeptivum, das in Deutschland zur Verfügung steht und seit dieser Zeit weltweit angewandt wird. Seit 2010 befindet sich das Implanon NXT auf dem Markt (s. Abb. 1). Dieses enthält neben dem Gestagen Etonogestrel auch 3% Bariumsulfat. Dadurch ist ein röntgenologischer Nachweis bei nicht Etonogestrel-Serumkonzentrationen mittlere Etonogestrel-Konzentration (pg/ml) 1.100 990 Vermeidung von östrogen bedingten Nebenwirkungen: −−Übelkeit, −−Ödeme, −−Gewichtszunahme, −−Mastodynie, −−östrogenbedingte Kopfschmerzen. Vermeidung von zyklusabhängigen Beschwerden: −−Hypermenorrhoe, −−Dysmenorrhoe, −−Pelvic Pain, −−prämenstruelles Syndrom (PMS), −−menstruelle Migräne. 880 Risikominimierung für: −−Endometriumkarzinom und Ovarialkarzinom, −−Schlaganfall, −−Myokardinfarkt, −−Thrombose. 770 660 550 440 330 220 110 0 0 50 100 150 200 250 300 Zeit nach dem Einlegen (Stunden) 1 3 5 7 9 11 13 15 17 19 Zeit nach dem Einlegen (Monate) 21 23 0 50 FRAUENARZT 52 (2011) Nr. 5 100 Zeit nach dem Entfernen (Stunden) Abb. 2: Konzentrations-Zeit-Profil im Serum für Etonogestrel während der zweijährigen Anwendung von Implanon und nach dem Entfernen bei 20 gesunden Frauen 494 Das subdermale Implantat hat alle Vorteile der reinen Gestagen-Präparate (3–5, 12, 18). Diese sind einerseits darin zu sehen, dass die östrogenbedingten Nebenwirkungen vermieden werden und sie auch bei Kontraindikationen für Östrogen-Gestagen-Kombinationspräparate anwendbar sind, und andererseits treten weniger zyklusabhängige Beschwerden auf. Anwendbarkeit u.a. bei folgenden Kontraindikationen für Östrogen-Gestagen-Kombina tionspräparate: −−Hypertonie, −−Thrombophilien, −−Z. n. Thrombose, −−Z. n. Herzinfarkt, −−Z. n. Schlaganfall, −−Lebertumore, −−Cholelithiasis. Anwendung möglich: in der Stillzeit. Zusätzliche Vorteile der nicht oralen Gestagen-only-Systeme (subdermales Implantat, intrauterines System, Depot injektionen): −−Umgehung des Magen-Darm-Trakts und der ersten Leberpassage, −−kontinuierliche Wirkstoffabgabe, −−keine regelmäßige Tabletteneinnahme, daher auch geeignet bei schlechter Compliance, −−hohe kontrazeptive Sicherheit. Blutungsverhalten unter Implanon Die subdermalen Implantate haben analog den anderen reinen GestagenSystemen den Nachteil, dass die Blutungen nicht vorhersehbar sind. Sowohl die klinischen Studien als auch die Erfahrungen im Praxisalltag haben gezeigt, dass individuell unterschiedliche Blutungsmuster bei den Implantat-Anwenderinnen auftreten. Dies können Phasen von längerer Amenorrhoe oder Oligomenorrhoe sein, zyklischen oder nichtzyklischen Blutungen, aber auch verlängerten Blutungen unterschiedlicher Stärke. Dies führt teilweise zu einer erheblichen Beeinträchtigung. Auch wenn derartige unerwünschte Zusatzblutungen nach längerer Anwendungszeit oft wieder sistieren oder sich durch therapeutische Interventionen beheben lassen, führen sie bei einigen Patientinnen zum Abbruch der Behandlung (33). Blutungsmuster entsprechend der Studienlage Entsprechend der Empfehlung der WHO erfolgt die Beurteilung der Blutungsmuster bei reinen GestagenSystemen, bei denen in der Regel „28-Tage-Zyklen“ nicht erkennbar sind, in Referenzperioden von jeweils 90 Tagen. Fortlaufend werden sie dann als Referenzperiode 1 (RP1), Referenzperiode 2 (RP2) usw. bezeichnet (8, 36). Da im ersten Monat der Anwendung bei allen hormonalen Kontrazeptiva gehäuft Zusatzblutungen auftreten, wird zusätzlich eine „verschobene Referenzperiode“ (RP 1, Tag 29 bis Tag 118) eingeschoben. Die Beurteilung erfolgt dann wie folgt: −−Amenorrhoe, −−seltene Blutungen/Spottings (B/S): eine oder zwei B/S-Episoden, −−weniger häufige B/S: drei bis fünf B/S-Episoden, −−häufige B/S: sechs oder mehr B/S-Episoden. Edwards und Moore fanden 1999 unter Implanon innerhalb der ersten drei Monate bei mehr als 50% der Frauen irreguläre Blutungen. Nach sechs Monaten waren es dann aber nur noch etwa 30%. Etwa 30% von diesen Frauen haben in den ersten drei Monaten verlängerte Blutungen, später nur noch 10–20%. Etwa 30% der Frauen sind unter Implanon mehr oder weniger lange amenorrhoisch (16). Andere Autoren (6, 35) fanden unter Implanon im Vergleich zu Norplant häufiger Amenorrhoen. Die Zahl verlängerter Blutungen ist bei beiden Implantat-Systemen etwa gleich hoch und wird mit zunehmender Anwendungszeit geringer. Mansour et al. (22) werteten elf Studien mit Implanon in Europa, Chile, den USA und Südafrika aus und fanden folgende Häufigkeiten von Blutungsmustern: Die mittlere Zahl der Blutungen und Spottings betrug 13 bis 16 Tage pro Referenzperiode über drei Jahre. Durchschnittlich traten in 22,2% Amenorrhoen auf, in 33,6% seltene Blutungen, in 6,7% häufige Blutungen und in 17,7% verlängerte Blutungen. In der verschobenen Referenzperiode (RP 1.1) wurden folgende Häufig Fortbildung + Kongress Blutungsverhalten unter Implanon in der verschobenen Referenzperiode 1.1 100 159 80 171 60 175 29–49 B/S-Tage 20 303 15–28 B/S-Tage 0–14 B/S-Tage 0 Abb. 3: Blutungsverhalten von Implanon in der verschobenen Referenzperiode (RP1.1) (22) keiten an Blutungsepisoden (entsprechend WHO) ermittelt (s. Abb. 3): −−0 bis 14 Tage B/S: 38% (n=303), −−15 bis 28 Tage B/S: 22% (n=175), −−29 bis 49 Tage B/S: 21% (n=171), −−≥ 50 Tage B/S: 20% (n=159). Prognose des zukünftigen Blutungsverhaltens Für die Beratung der Patientin in der frauenärztlichen Praxis ist es vor allem wichtig zu wissen, wie sich das Blutungsgeschehen in der Zukunft gestalten wird. Welche Blutungsmuster werden zu erwarten sein? Wie die Studien, aber auch die Erfahrungen der klinischen Praxis zeigen, treten die Zusatzblutungen vor allem in den ersten drei Monaten nach dem Beginn mit reinen Gestagensystemen auf, also auch nach der ImplanonEinlage. Die Auswertung dieser elf Studien belegt, dass sich bei vielen Patientinnen die zusätzlichen und verlängerten Blutungen nach etwa dreimonatiger Anwendung verbessern (s. Tab. 1). Etwa die Hälfte der Implanon-Anwenderinnen hat über alle drei Jahre eine normale Zahl an Blutungsepisoden. Der Anteil der Amenorrhoen beträgt im ersten Jahr durchschnittlich 19%, im zweiten Jahr 20% und im dritten Jahr 16%. 496 >50 B/S-Tage 40 FRAUENARZT 52 (2011) Nr. 5 Bei etwa 50% der Anwenderinnen mit häufigen und verlängerten Blutungen ist eine Verbesserung der Blutungen zu erwarten. Von den 171 Frauen, die in der verschobenen Referenzperiode (RP 1.1) 29 bis 49 Blutungstage aufweisen, hat etwa die Hälfte schon ab der Referenzperiode 2 weit weniger Blutungsepisoden (s. Abb. 4). Vorzeitiges Entfernen von Implanon wegen Blutungs störungen Bei 11,3% der Frauen wurde das Implanon wegen folgender irregulärer Blutungen vorzeitig entfernt (22, 23): −−4,2% häufiges Bluten, −−3,4% verlängertes Bluten, −−1,4% Spottings, −−0,9% starkes Bluten, −−0,8% Amenorrhoen, −−0,7% sonstige Blutungsprobleme. Ursachen für die irregulären Blutungen unter Implanon Die Ursachen für die irregulären Blutungen unter Gestagen-only-Präparaten im Allgemeinen und unter Implanon im Besonderen sind bisher noch nicht hinreichend bekannt. Sie scheinen das Ergebnis der Fluktua tion der ovariellen Östradiolsekretion und der kontinuierlichen Einwirkung des Gestagens auf die endometrialen Drüsen, das Stroma und das Gefäßsystem zu sein (18, 20, 22) (s. Teil 1). Durchbruchblutungen entstehen durch abnorme endometriale Blutgefäße, eingebettet in einem abnormalen endometrialen Umfeld. Obwohl im normalen Menstruationszyklus die Blutungen von Spiralarterien stammen, kommen die Durchbruchblutungen während der kontinuierlichen Gestagenanwendung von einem dichten Netzwerk von kleinen, dünnwandigen, dilatierten superfizialen Venen und Kapillaren. Dies führt zu einer gestörten endometrialen Angiogenese mit fragilen, dünnwandigen Blutgefäßen, Entwicklung des Blutungsgeschehens unter Implanon RP 1.1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 n 808 783 727 693 634 618 584 547 240 227 226 202 normal (%) (3–5 Blutungsepisoden) 39 39 34 39 38 41 42 47 41 44 43 52 Amenorrhoe (%) 10 19 25 23 21 21 21 17 18 17 15 12 häufiges/verlängertes Bluten(%) 38 27 23 22 22 20 19 18 21 20 20 19 Tab. 1: Entwicklung der Blutungsgeschehens unter Implanon über zwölf Referenzperioden (= 36 Monate, 3 Jahre) 100 100 159 90 80 80 70 171 60 60 50 40 175 40 30 20 10 0 20 RP 1.1 303 0 RP 2 RP 3 RP 4 RP 5 RP 6 RP 7 >50 B/S-Tage 29–49 B/S-Tage RP 8 15–28 B/S-Tage 0–14 B/S-Tage Abb. 4: Entwicklung des Blutungsverhaltens von 171 Frauen mit 29–49 Blutungstagen in RP 1.1 (22) einem Mangel an Perizyten, einer fehlerhaften Basalmembran, einer erhöhten Freisetzung von Zytokinen und Matrixmetalloproteinasen (MMP) sowie erhöhten Leukozytenzahlen im Endometrium. Das bedingt einen Verlust an extrazellulärer Matrix (18, 20, 31). Implanon-Anwenderinnen haben letztlich nach ein bis zwei Jahren der Anwendung ein schmales und inaktives Endometrium von meist weniger als 4 mm Dicke (27). Die Immunhistologie für Progesteronrezeptoren (PR), für Östrogen rezeptoren (ER) und vaskuläre endotheliale Wachstumsfaktoren (VEGF) zeigt in Endometriumbiopsien bei Anwenderinnen von Implanon eine Reduktion in den glandulären VEGF ohne eine Änderung der Endothelzelldichte und einen Anstieg der drüsigen PR (10). Therapeutische Optionen bei Blutungsstörungen unter Norplant und Implanon Zur Behandlung von Blutungsstörungen unter den gestagenhaltigen subdermalen Implantaten liegen verschiedene randomisierte Studien vor. Die meisten davon betreffen das Levonorgestrel abgebende Implantat Norplant. Für die Behandlungsoptionen von irregulären Blutungen unter dem Etonoge- strel abgebenden Implantat Implanon liegen nur zwei Studien vor (32, 33). Die Behandlungen zielen dabei ab auf −−ein Anheben der vaskulären Stabilität, −−eine Reduktion der vaskulär destabilisierenden Substanzen, −−ein Verbessern der epithelialen Integrität. Dabei wurden folgende präventive und therapeutische Optionen bei Zusatzblutungen unter Norplant und Implanon geprüft (2): −−Östrogene, −−Gestagene, −−Östrogen-Gestagen-Kombina tionspräparate (KOK), −−Antigestagene, −−Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR), −−Prostaglandinsynthese-Hemmer, −−Selektive Estrogen-RezeptorModulatoren (SERMs), −−Antifibrinolytika, −−MMP-Hemmer (Doxycyclin), −−Kombinationen verschiedener Wirkstoffe. Östrogen-Gestagen-Kombinationspräparate (KOK) versus Plazebo Unter der Behandlung mit nachfolgenden KOK reduzierte sich signifikant die Zahl der zusätzlichen Blutungstage: −−50 μg EE + 250 μg Levonorgestrel (LNG) über 20 Tage (7), −−30 μg EE + 150 μg LNG über 21 Tage (34). Gestagene versus Plazebo Zweimal 1 Tablette 0,03 mg LNG über 20 Tage bei Zusatzblutungen von mehr als acht Tagen reduziert signifikant die Zahl der Blutungstage (15). Anti-Gestagene versus Plazebo – Die Anwendung von 50 mg Mifepriston (einmalig zwei Tabletten mit je 25 mg) insgesamt sechsmal in Abständen von 28 Tagen reduziert die Zahl der Blutungstage: In den ersten drei Monaten ergab sich kein Unterschied zu Plazebo hinsichtlich der Zahl der Blutungstage und nach sechs Monaten wurden weniger Blutungs tage in der Gruppe mit Mifepriston registriert. Eine Beeinträchtigung der kontrazeptiven Wirksamkeit durch die Anwendung des Antigestagens Mifepriston ist nicht festgestellt worden (11). Evidenzbasierte Studien bei Norplant-Anwenderinnen – Eine prophylaktische Gabe von 100 mg Mifepriston oral jeweils zwei Tage führt zu einer signifikanten Reduktion der Blutungstage. Die erste Einnahme erfolgte bei der Neueinlage von Norplant mit einer Wiederholung alle 30 Tage (26). Östrogene versus Plazebo Östrogene induzieren die endometriale Epithelproliferation und können NSAR versus Plazebo Drei Studien zum Effekt von Nicht steroidalen Antirheumatika (NSAR, FRAUENARZT 52 (2011) Nr. 5 Fortbildung + Kongress somit wirksam durch Gestagene bedingte verlängerte Blutungen beseitigen. Die Therapie mit 50 μg Ethinylestradiol (EE) bzw. einem Pflaster mit Estradiol (100 μg/24 Std.) über 20 Tage führte zu einer Abnahme der Zahl der Blutungstage und der Blutungsstärke. Bei vielen Frauen verlängerten sich die blutungsfreien Intervalle (7, 15, 34). Vorhersagbarkeit des Blutungsverhaltens 497 Fortbildung + Kongress 498 NSAID) auf irreguläre Blutungen erbrachten bei Norplant-Anwenderinnen folgende Effekte: unter dem Etonogestrel abgebenden subdermalen Implantat Implanon überprüft. Ibuprofen: −−oral Ibuprofen 800 mg, dreimal 1 Tablette/die über fünf Tage, −−Effekt: Rückgang der Anzahl an Blutungstagen (15). In der Pilotstudie 2006 kamen sie zu folgenden Ergebnissen (32): Aspirin: −−oral Aspirin, 80 mg/die über 10 Tage (14). −−Effekt: keine Reduktion der Zahl der Zusatzblutungen. Prostaglandinsynthese-Hemmer versus Plazebo Der Prostaglandinsynthese-Hemmer Mefenaminsäure 500 mg (zweimal 1 Tablette Ponstan, Schweiz, über fünf Tage) führte in einer doppelblinden, plazebokontrollierten Studie mit 34 Frauen signifikant zum Stoppen der Zusatzblutungen und verlängerte die blutungsfreien Intervalle wesentlich (37). SERMs versus Plazebo Die Selektiven ÖstrogenrezeptorModulatoren (SERMs) stimulieren das Endometrium, nicht aber die anderen Gewebe. Unter dem SERM Tamoxifen trat jedoch keine signifikante Verbesserung bei irregulären Blutungen ein (38). Doxycyclin versus Plazebo Die Anwendung des Matrixmetalloproteinasen-Hemmers Doxycyclin (100 mg/zweimal 1 Tablette/die über fünf Tage) führte im Beobachtungszeitraum von 90 Tagen signifikant zu einem Rückgang der Zahl der zusätzlichen Blutungstage. Mifepriston versus Plazebo Die Anwendung des Antigestagens Mifepriston (25 mg zweimal 1 Tablette/die für einen Tag) gefolgt von einem Plazebo über vier Tage führte zu einer Verringerung um eine Blutungsepisode gegenüber Plazebo. Mifepriston plus Ethinylestradiol versus Plazebo Die Gabe von 50 mg Mifepriston am ersten Tag, gefolgt von 20 μg Ethinylestradiol an den nächsten vier Tagen führte signifikant zur Unterbindung von Zusatzblutungen. Antifibrinolytika versus Plazebo Die Anwendung von Tranexamsäure 500 mg (zweimal 1 Tablette Cyclokapron über fünf Tage) führte nach sieben Tagen zu einer Verminderung der Blutungsstörungen. Vier Wochen danach war jedoch der Anteil der Frauen mit Zusatzblutungen in der behandelten Gruppe (41%) größer als in der Kontrollgruppe (24%) (29). In der Hauptstudie 2009 wurden fünf Gruppen gebildet (33): −−Gruppe 1: Doxycyclin 100 mg über fünf Tage, −−Gruppe 2: Doxycyclin 100 mg + EE 20 μg über fünf Tage, −−Gruppe 3: Plazebo über fünf Tage, −−Gruppe 4: Mifepriston 25 mg ein Tag, danach EE 20 μg über vier Tage, −−Gruppe 5: Mifepriston 25 mg + ein Tag Doxycyclin 100 mg, danach Doxycyclin 100 mg über vier Tage. Evidenzbasierte Studien bei Implanon-Anwenderinnen Weisberg und Kollegen haben 2006 in einer Pilotstudie (32) und 2009 dann in der Hauptstudie (33) die Effektivität verschiedener Präparate und Wirkstoffkombinationen zur Behandlung von irregulären Blutungen In einer 90tägigen Vorphase wurden die Einschlusskriterien nach WHO (9) überprüft: −−verlängerte Blutungen: B/S von mehr als zehn Tagen Dauer, −−häufige Blutungen: mehr als vier Blutungsepisoden pro Referenz periode. FRAUENARZT 52 (2011) Nr. 5 Die Behandlungsphase verlief über eine 90-Tage-Referenzperiode: – Beginn der Behandlung: 2. Blutungstag, – erneute Behandlung: 28.–32. Tag, – erneute Behandlung: 56.–60. Tag. Die Ergebnisse dieser Studie stellten sich wie folgt dar: Stop der Blutungen: −−Gruppe 1: nach 6,4 Tagen, −−Gruppe 2: nach 6,4 Tagen, −−Gruppe 3: nach 6,4 Tagen, −−Gruppe 4: nach 4,0 Tagen, −−Gruppe 5: nach 4,4 Tagen. Blutungsfrei waren acht Tage nach Behandlungsbeginn: −−Gruppe 1: 66% der Probandinnen, −−Gruppe 2: 60% der Probandinnen, −−Gruppe 3: 70% der Probandinnen, −−Gruppe 4: 100% der Probandinnen, −−Gruppe 5: 97% der Probandinnen. Es gab keine signifikanten Unterschiede sowohl im Vergleich der verschiedenen Behandlungsgruppen als auch im Vergleich der Behandlungsgruppen zu Plazebo hinsichtlich −−der Zahl der blutungsfreien Tage nach der Behandlung, −−der Dauer der ersten Blutung nach der ersten Behandlung, −−der Zahl der Blutungstage und Blutungsepisoden in der 90-Tage-RP, −−der Zahl der Blutungstage und Blutungsepisoden in der 90-TageRP nach der Behandlungsphase. Beurteilung der Blutungen nach der Behandlung: Bei 75% der Frauen veränderte sich die Beurteilung der Blutungen nach der Behandlung. Diese unterschieden sich nicht signifikant zwischen den Gruppen. Vor der Behandlung fühlten sich 85% von den Blutungen belastet, nach der Behandlung waren es 58%. Konsequenzen für die Praxis Die Ergebnisse der Studien zeigen mehrere Ansätze für eine effektive Therapie von Blutungsstörungen unter Implanon. Basierend auf diesen Ergebnissen sowohl zu Implanon als auch zu Norplant können Frauen mit Zusatzblutungen zu einem gewissen Grad von diesen therapeutischen Interventionen profitieren. Mehrere Therapien versprechen dabei vor allem kurzfristig eine Besserung. Mifepriston in Kombination mit Ethinylestradiol und Mifepriston in Kom bination mit Doxycyclin sind an scheinend am besten geeignet, Zusatzblutungen unter Implanon zu stoppen. Mifepriston hat eine hohe Effektivität zur Verbesserung einer schnellen Reparatur des Endometriums unter Implanon. Dies war in beiden Gruppen mit Mifepriston der Fall. Auch die Untersuchungen von Morison et al. 2008 haben es bestätigt (28). Auch Glasier et al. (17) und Jain et al. (19) haben beschrieben, dass Mifepriston das Progesteron funk tionell hemmen kann, was zur Hochregulation von endometrialen Östrogenrezeptoren führt und eine positive Wirkung auf Blutungsmuster ähnlich einer exogenen Östrogenbehandlung bewirkt. Tetrazykline können dosisa bhängig die MMPs hemmen und damit den Zusammenbruch des Endometriums verhindern (30). Es kann davon ausgegangen werden, dass die Kombination des Progesteronrezeptor-Antagonisten (Mifepriston) mit der Hemmung der MMPs durch Doxycyclin und/oder der Kombination mit Ethinylestradiol bessere Effekte hinsichtlich einer schnelleren Reparatur bringt und damit zu einer rascheren Unterdrückung der Blutungen bei ImplanonAnwenderinnen führt. Die Daten der Pilotstudie und der Hauptstudie waren jedoch unterschiedlich. So zeigt der Vergleich der Ergebnisse der Pilotstudie (32) und der Hauptstudie (33) zur Behandlung von Blutungsstörungen unter Implanon innerhalb der beiden Plazebogruppen und innerhalb der beiden Doxycyclin-Gruppen unterschiedliche Ergebnisse. Das Muster der Reaktion war in beiden Studien für Mifepriston + EE sehr ähnlich. Aber es gab offenbar unterschiedliche Reaktionsmuster zwischen den beiden Studien für die Frauen in der Plazebogruppe und der Doxycyclin-Gruppe allein. Das ist ein Beleg dafür, dass noch Fragen bezüglich allgemeiner Empfehlungen für eine standardisierte Therapie offen bleiben. Dies betrifft u.a. die Dosis und die Zeitdauer der Anwendung von Doxycyclin. Tetrazykline hemmen die Matrixmetalloproteinasen dosis- und zeitabhängig. Möglicherweise bringt eine Anwendung von Doxycyclin 200 mg über zehn Tage bessere Ergebnisse als 100 mg über fünf Tage. Die Behandlung der Blutungen begann am zweiten Blutungstag. Zu diesem Zeitpunkt haben die Patientinnen noch keinen Leidensdruck und sehen auch keine Behandlungsnotwendigkeit. Demnach hat dieser frühe Beginn präventiven Charakter, müsste also bei allen Implanon- Anwenderinnen eingesetzt werden. Das lässt sich in praxi jedoch nicht umsetzen. Ebenso ist zu überprüfen, ob 50 mg oder gar 100 mg Mifepriston über zwei Tage, analog den Studien zu Norplant (11, 26), noch effektiver zusätzliche Blutungen unterdrücken. Mifepriston steht in Deutschland jedoch für diese Therapie nicht zur Verfügung. In den Studien wurde hinsichtlich der Einschlusskriterien keine Unterscheidung bei der Therapie innerhalb der ersten drei Monate und jenseits von drei Monaten gemacht. Für die frauenärztliche Praxis ist die Zeitdauer des Liegens des Implanons individuell sehr wichtig. Ebenso sollte eine sonographische Beurteilung der Endometriumdicke erfolgen. In einer neuen Studie haben Lukes et al. (21) ermittelt, dass die Anwendung von dreimal 1,3 g Tranexam säure (Lysteda, 2 Tabletten zu je 650 mg) während der Blutung Hyper- Fortbildung + Kongress menorrhoen und Zusatzblutungen vermindert. Diese Studien zugrunde legend und die eigenen praktisch-klinischen Erfahrungen berücksichtigend, werden nachfolgend Vorschläge zum Vorgehen in der Frauenarztpraxis gemacht. Es muss aber betont werden, dass viele der vorgeschlagenen Optionen „off label“ sind. Prävention von Zusatz blutungen unter Implanon Durch die richtige Auswahl der Implanon-Anwenderin können mög licherweise irreguläre Blutungen vermieden werden: −−Implanon ist für die subdermale, hormonale Kontrazeption zugelassen und sollte ausschließlich für diese Indikation eingesetzt werden. −−Implanon ist nicht indiziert bei Frauen mit irregulären Blutungen und submukösen Myomen in der Anamnese. −−Implanon ist im Gegensatz zum LNG-Intrauterinsystem nicht geeignet zur therapeutischen Anwendung bei Frauen mit Hypermenorrhoen und Zusatzblutungen. −−Eine dreimonatige Anwendung der östrogenfreien Pille mit 75 μg Desogestrel vor dem Einsetzen des Implanon scheint sich vorteilhaft auf mögliche spätere Zusatzblutungen auszuwirken. Allgemeine Empfehlungen zur Therapie von Zusatzblutungen unter Implanon Für die frauenärztliche Sprechstunde wird folgende Vorgehensweise vorgeschlagen: −−Beurteilung der Häufigkeit, Dauer und Stärke der Zusatzblutungen anhand eines Regelkalenders, −−Feststellung des Zeitpunktes, an dem Zusatzblutungen innerhalb der möglichen dreijährigen Liegezeit des Implantats auftreten, −−sonographische Beurteilung der Endometriumdicke und Ausschluss von intrauterinen Prozessen, Endometriose u.a. 500 FRAUENARZT 52 (2011) Nr. 5 Therapie irregulärer Blutungen Bei hohem Endometrium (>6 mm): −−1 Tablette Chlormadinonacetat über zehn Tage zusätzlich. Bei niedrigem Endometrium (≤6 mm): −−Option 1: Ethinylestradiol 25 μg einmal 1 Tablette über 21 Tage (ausschließlich bei Blutungen innerhalb der ersten drei Monate), −−Option 2: Tranexamsäure 500 mg (Cyklokapron, Deutschland, Österreich) dreimal 2 Tabletten über fünf Tage, −−Option 3: Mefenaminsäure 500 mg (Ponstan, Schweiz; Parkemed, Österreich) dreimal 2 Tabletten über fünf Tage, −−Option 4: oral Ibuprofen 800 mg dreimal 1 Tablette über fünf Tage, −−Option 5: Kombination von Doxycyclin 100 einmal 1 Tablette über zehn Tage plus Ethinylestradiol 25 μg einmal 1 Tablette über 21 Tage, −−Option 6: Kombination von 100 mg Doxycyclin einmal 1 Tablette über 10 Tage plus Tranexamsäure 500 mg (Cyklokapron, Deutschland, Österreich), dreimal 2 Tabletten über fünf Tage, −−Option 7: Kombination von 100 mg Doxycyclin einmal 1 Tablette über zehn Tage plus Mefenamin säure 500 mg (Ponstan, Schweiz; Parkemed, Österreich) dreimal 2 Tabletten über fünf Tage. Literatur 1. 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Christian Egarter Universitätsklinik für Frauenheilkunde Währinger Gürtel 18–20 1090 Wien Österreich